EBERHARD KARLS UNIVERSITÄT TUBINGEN Philosophische Fakultät Tübinger Zentrum für Archäologie Institut für Ur- und Frühgeschichte Schloss Hohentübingen ■ D-720.70 Tübingen Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters Prof. Dr. Martin Bartelheim Telefon: 0 70 71 ■ 29 72 406 Telefax: O 70 71 -29 5269 Email: martin.bartelheim® uni-tuebingen.de www.ufg.uni-tuebingen.de/ Tübingen, den 26.09.2016 Gutachten zur Habilitationsschrift von Petr Hrubý „Metalurgická produkční sféra a neagrární sídelní struktura v závěru přemyslovské éry na centrální Českomoravské vrchovině" In seiner Habilitationsschrift behandelt Petr Hrubý eines der klassischen mittelalterlichen Montanreviere Mitteleuropas mit seinem weithin bekannten Zentrum in Jihlava. Der auswertende Text ist mit 75 Seiten recht kurz, fußt aber auf einer Fülle von Dokumentationsmaterial, wie dies in dem reichen Illustrationsteil mit nahezu 200 Abbildungen deutlich wird. Nach einer allgemeinen Einführung in die Naturbedingungen der Českomoravská Vrchovina offenbart eine detaillierte Analyse der mittelalterlichen Aufsiedlung dieses für die böhmische Krone so wichtigen Wirtschaftsregion wie stark diese von der Suche nach Erzen, vor allem Buntmetallerzen gesteuert worden war (Kap. 1). Dieses fügt sich sehr gut in ähnliche Kolonisationstendenzen bis dato wenig besiedelter Bergregionen ein, wie Hrubys schöner Überblick über die europäische sowie zentralasiatische und vorderorientalische Silbergewinnung vom 10. bis zum 13. Jhd. n. Chr. zeigt (Kap. 2.1). Eindrücklich wird deutlich mit welch großer Geschwindigkeit Innovationen in der Montantechnologie große Distanzen selbst über Grenzen zwischen verfeindeten Territorien überwunden haben. Erhellend ist die detaillierte Darstellung der Entwicklung der Silbergewinnung im Zeitalter und den Territorien der Přemyslidenherrscher (Kap. 2.2-2.3) vor allem durch die enge Verknüpfung dieser für die hochmittelalterliche Wirtschaftsentwicklung so wichtigen Ressource mit der politischen Geschichte und „weltwirtschaftlichen" Ereignissen. Dies gelingt P. Hrubý sehr eindrücklich darzustellen wie auch den Aufbau und die Funktionsweise der für den geregelten Montanbetrieb unter herrschaftliche Kontrolle unablässigen Verwaltungsapparat. Zweifellos leistete dieser auch für die Gewinnung der vollständigen Territorialkontrolle über die Českomoravská Vrchovina für die Přemysliden wertvolle Arbeit (Kap. 3). In einem erstaunlichen Kontrast zum detailliert historisch dokumentierten Silbererzbergbau und der Verarbeitung des Metalls steht der geringe Kenntnisstand zur Goldgewinnung in jener Region. Trotz der ebenfalls reichlich vorhandenen Erzvorkommen liegt dies vor allem an der Gewinnungstechnik durch Seifnerei, die in erster Linie betrieben wurde und den wenigen bislang datierbaren Hinterlassenschaften dieser Tätigkeiten, wie Hrubys detaillierte Diskussion der bekannten Fundplätze eindrücklich zeigt. Die Bedeutung dieses Montanzweiges ist daher nur ungenau archäologisch zu fassen und auch über wirtschaftshistorische Quellen ist kaum eine erhellende Auskunft zu finden (Kap. 4). Die Jahrelange Praxis in der denkmalpflegerischen Tätigkeit im Raum Jihlava mit seinen vielen montanarchäologischen Denkmälern kommt P. Hrubý zu Gute, wenn er die Zeugnisse der Montantechnik, ihrer Funktionsweise und die technologische Peripherie der eigentlichen Bergbau-, Aufbereitungs-, Verhüttungs- und Verarbeitungseinrichtungen im Arbeitsgebiet beschreibt (Kap. 5). Dies ist zweifellos der Kernteil der Arbeit und hier ist auch der Hauptgewinn für die Forschung zu sehen, indem nun dieses für die Entwicklung des mittelalterlichen Silbermontanwesens in Mitteleuropa so wichtigen Reviers mit einem sehr nützlichen Dokumentationskorpus übersichtlich behandelt wurde. Eine Darstellung von Bergbaustädten und Siedlungen rundet dieses Konvolut ab, das eine Diskussion der Befundlage vor einem breiteren mitteleuropäischen Kontext enthält (Kap. 6). Einen interessanten Aspekt stellt die Behandlung der Umweltfolgen der Blütezeit des Bergbaus im 13. Jhd. dar, ein Phänomen, das auch in den übrigen klassischen Montanregionen des europäischen Mittelalters in ähnlicher Weise anstand. Hierzu liegen aus der Českomoravská Vrchovina einige Bodenaufschlüsse vor, die die Beeinträchtigung der Boden- und Wasserqualität gut archäologisch und pedologisch gut dokumentieren. Hier wäre es interessant gewesen, zu erfahren, inwiefern es aus dem Mittelalter der Region textliche Informationen zum Umgang mit der natürlichen Umgebung des Bergbaus gegeben hat, analog zu den Berichten von Zwistigkeiten zwischen Bergbau/Montanwesen und Glashütten aus dem böhmisch/sächsischen Erzgebirge um die Holzbestände dort. In seiner Arbeit beweist Petr Hrubý große montanarchäologische Kompetenz, die er bereits in einer großen Zahl von Publikationen zum behandelten Arbeitsgebiet, aber auch zum böhmisch-sächsischen Erzgebirge vorgelegt hat. Mit der zusammenfassenden Darstellung und der darüber gut erschließbaren Vorlage der montanarchäologischen Befundlage zu diesem wichtigen Montanrevier, die bislang nur über Einzelpublikationen zugänglich war, ist Hrubý einem Desiderat der Forschung nachgekommen. Die Arbeit erfüllt die Standardanforderungen an eine Habilitationsschrift. Es bleibt zu hoffen, dass sie bald adäquat publiziert vorliegt. Ich empfehle nachdrücklich der Fakultät die Annahme dieser Schrift als Habilitationsschrift. Seite 2/2