I Konrad Adenauer und Robert Schuman 1950 Bildnachweis: StBKAH Dokument 8 9. Mai 1950 Presseerklärung zum Schumanplan1 Ich bin heute in der Lage, Ihnen zwei sehr wesentliche Mitteilungen zu machen, Mitteilungen, von ganz außerordentlich großer Bedeutung für Deutschland und für Europa, und ich bitte Sie auch, aus der Anwesenheit meiner Kollegen im Kabinett zu dieser späten Stunde2 schließen zu wollen, dass wir die Bedeutung dieser Angelegenheit, die ich Ihnen vorzutragen habe, dadurch unterstreichen wollen. Ich habe Ihnen zunächst mitzuteilen einen Kabinettsbeschluss unserer Bundesregierung, der heute Mittag gefasst worden ist über den Beitritt in den Europarat3, und ich habe Ihnen dann mitzuteilen einen Beschluss des französischen Kabinetts von heute, den Sie durch Agenturmeldungen wohl zum großen Teil schon kennen, aber ich weiß nicht, ob Sie den vollständigen Wortlaut haben. Der vollständige Wortlaut ist so wesentlich, dass ich mir doch erlaube, ihn im zweiten Teil meiner Ausführungen trotz seiner Länge mitzuteilen. Diese beiden Beschlüsse, einmal der des französischen Kabinetts und dann der Beschluss des deutschen Kabinetts treffen zufällig zeitlich zusammen. Es sind keine irgendwelchen Verhandlungen vorausgegangen, insbesondere ist der Beschluss des französischen Kabinetts nicht für uns die Veranlassung gewesen, dem Bundestag zu empfehlen, der Einladung in den Europarat Folge zu leisten. Aber Sie werden im Laufe meiner Ausführungen doch entnehmen können aus dem Wortlaut des französischen Kabinettsbeschlusses, dass dieser Kabinettsbeschluss und das, was er vorschlägt, basiert auf der Mitgliedschaft zum Europarat, so dass man doch diese beiden Beschlüsse in ihren Zusammenhängen betrachten und untersuchen muss. Meine Damen und Herren! Wie Sie wissen, sind wir vor längerer Zeit eingeladen worden durch den Ministerausschuss des Europarates, als assoziiertes Mitglied einzutreten. I Die Frage unserer Mitgliedschaft zum Europarat ist im Bundestag oder, ich will mich genau ausdrücken, unter den politischen Parteien nicht irgendwie strittig gewesen bis zu dem Augenblick, als die Behandlung der Saarfrage4 uns Deutsche doch ganz außerordentlich verstimmt hat. Die Saarfrage - ich will sie nicht im einzelnen hier in Ihr Gedächtnis zurückrufen - hat doch zur Folge gehabt, dass insbesondere von der sozialdemokratischen Partei erklärt worden ist, dass ein Eintritt der Bundesrepublik Deutschland in den Europarat unter gleichzeitigem Eintritt des Saargebiets für uns Deutsche untunlich sei. Ich habe dann im Verlaufe der vergangenen Wochen mich, wie Sie wissen, mehrfach bemüht, irgendwelche Erleichterungen von den alliierten Regierungen für uns zu bekommen, nicht etwa, weil ich das als eine Bedingung - ich möchte das nochmals betonen - zu unserem Eintritt in den Europarat angesehen habe, sondern weil ich hoffte, durch eine solche Geste des Entgegenkommens doch im Bundestag für die Annahme der Einladung eine möglichst große Mehrheit zu erzielen. Ich hatte dann die Absicht, mit der Vorlage an den Bundestag ^u warten, bis etwa Juni, weil ich hoffte, dass durch Zeitablauf oder durch Eintritt irgend eines nicht vorgesehenen Ereignisses die Annahme der Einladung in den Europarat allgemeine Zustimmung in Deutschland finden würde. Ich bin glücklich, meine Damen und Herren, Ihnen mitteilen zu können, dass dieses unerwartete Ereignis eingetreten ist und das bildet nun den zweiten Teil meiner Mitteilungen. In der Zwischenzeit aber, noch ehe wir im Kabinett von dieser Entwicklung in Frankreich etwas gewusst haben, hatten sich ja die Verhältnisse in der internationalen Lage so verändert und so zugespitzt, dass die Westalliierten zur Einberufung der Londoner Konferenz5 geschritten sind. Auf dieser Londoner Konferenz werden die Einzelheiten der Deutschlandfrage, soweit ich darüber unterrichtet bin, keine Rolle spielen. Es wird erst, wie ich annehme, dann darüber gesprochen werden, nachdem diese Konferenz zu Ende gegangen ist, denn die Londoner Konferenz hat ein sehr großes und sehr wichtiges Programm zu erledigen. Aber immerhin: Die Frage Deutschland wird trotzdem auch auf der Londoner Konferenz implicite eine sehr große Rolle spielen. Ich glaube, dass auf dieser Konferenz es sich sehr wesentlich darum handein wird, in dem Kalten Kriege, in dem sich die beiden großen Mächtegruppen befinden, die gesamte Weitlage zu überprüfen und dass es sich weiter darum handelt, die Front des Westens in diesem Kalten Krieg standfest zu machen. Die europäische Entwicklung ist natürlich nur ein Teil bei den Überlegungen, die in London angestellt werden, aber die Entwicklung Europas wird eine sehr große Rolle bei diesen Überlegungen spielen. Der Europarat, meine Damen und Herren, darüber sind, glaube ich, sich alle einig, ist noch nichts Vollkommenes. Es ist der Anfang einer hoffentlich guten Entwicklung. Über ein Weiteres sind sich alle einig, dass der Europarat eine günstige Entwicklung nicht nehmen kann, ohne dass Deutschland Mitglied des Europarates ist. Und nun muss man, so glauben wir im Kabinett, meine Damen und Herren, bei der Betrachtung der Frage, ob wir der Einladung in den Europarat einzutreten, Folge leisten, einmal absehen von den Unstimmigkeiten, die vorangegangen sind, ehe die Einladung kam. Wir glauben auch, man muss davon absehen, nun zu prüfen: Bekommen wir dies, bekommen wir das, wenn wir in den Europarat eintreten. - Wir glauben, dass man die Frage des Europarates, unseres Eintritts in den Europarat, unter einem viel größeren und entscheidenderen Aspekt betrachten muss. Nach unserer Auffassung kann das Ziel der Entwicklung des Europarates nur eins sein: Ein föderatives Europa zu schaffen, das ein eminent friedlicher Faktor in der Welt sein muss. Sie wissen, wie die Weltlage ist. Sie wissen, dass sich diese beiden großen Mächte, Sowjetrussland auf der einen Seite, die Vereinigten Staaten von Nordamerika auf der anderen Seite, durch ideologische Gründe, durch ihre Entwicklung, durch ihre ganzen Auffassungen getrennt gegenüberstehen im Kalten Kriege, der, wie wir alle hoffen, niemals in einen anderen Krieg umschlagen wird, aber sie stehen sich gegenüber. Kein anderer Staat in der Welt ist stark genug, nach den beiden Kriegen, die wir erlebt haben, um mit diesen beiden Staaten konkurrieren zu können. Wenn diese akute Spannung des Kalten Krieges, die wir ja jetzt erleben, vorüber sein wird, so wird doch eine latente Spannung immer so lange vorhanden sein, als die Welt in Wirklichkeit nur regiert wird von diesen beiden ganz großen Mächten. 26 27 Nun muss es das Ziel sein, in dem Vereinten Europa eine dritte Kraft zu schaffen, eine Kraft, die bei weitem nicht so groß ist, wie diese beiden großen Mächte, auch niemals so groß sein kann, die aber doch immerhin so stark, wirtschaftlich und politisch so stark ist, dass sie, wenn latente Beziehungen sich in akute Spannungen zu entwickeln drohen, ihr Gewicht für die Erhaltung des Friedens in die Waagschale legen kann. Das ist nach unserer Auffassung das Ziel, das man, wenn man europäische Politik treibt, im Auge halten und verfolgen muss, also ein eminent friedliches Ziel, durch dessen Verfolgung erreicht werden soll, den Völkern der Welt einen dauernden Frieden zu geben. Ich habe eben gesagt, meine Damen und Herren, dass sich alle darin einig sind, dass ohne Deutschland dieser Europarat nicht sich weiter entwickeln kann, und nun müssen wir Deutsche die Frage stellen: Können wir, ich will zunächst einmal negativ mich ausdrücken, könnerNvir es vor unserem Gewissen und vor unserem Volk verantworten und vor Europa verantworten, dadurch, dass wir nicht in den Europarat eintreten, von vornherein die Entwicklung zum föderativen Europa zunichte zu machen oder, nun lassen Sie es mich positiv sagen: Haben nicht wir Deutsche die Verpflichtung, nachdem wir in der Vergangenheit - wesentliche Teile unseres Volkes - durch diesen Krieg große Schuld auf sich geladen haben, nunmehr unsere ganzen geistigen, sittlichen und wirtschaftlichen Kräfte dafür einzusetzen, dass dieses Europa wird und dass dieses Europa ein Element des Friedens auf der Welt wird? Ich glaube, meine Damen und Herren, wenn man sich so die Frage stellt, dann gibt es nur eine Antwort darauf. Und die ganze Sachlage ist so durch die Entwicklung der letzten Monate geworden, dass demgegenüber, so sehr wir es bedauern, dass diese Konventionen zwischen Frankreich und der Saarregierung geschlossen worden sind, doch der Eintritt des Saargebietes in den Europarat für uns unter keinen Umständen ein Hindernis sein kann, in den Europarat einzutreten. Naturgemäß, meine Damen und Herren, haben wir uns auch die Frage vorgelegt bei der Erörterung dieser Angelegenheit: Bedeutet der Eintritt in den Europarat nicht eine Entschließung zugunsten der Remilitarisierung Deutschlands? Sie werden morgen, meine Damen und Herren - lassen Sie mich das einschieben - eine Denkschrift der Bundesregierung bekommen. in der alles Material enthalten ist, auch, was über den Europarat und über den Atlantikpakt6 gesagt werden muss, und Sie werden darin auch finden die Gründe, die für den Eintritt sprechen und die Gründe, die gegen den Eintritt Deutschlands sprechen, so dass ich mich hier beschränken kann auf die Hervorhebung der wesentlichsten Gesichtspunkte. Ich möchte Ihnen doch mit aller Deutlichkeit sagen, dass der Atlantikpakt und der Europarat ganz verschiedene Zwecke verfolgen, einen anderen Mitgliederkreis umschließen und dass der Europarat einen eminent friedlichen Zweck verfolgt und kein Defensivbündnis ist. Ich darf auch wohl darauf hinweisen, dass der französische Staatspräsident Auriol7 und gestern oder vorgestern der Minister Schuman ausdrücklich erklärt haben, dass Frankreich absolut gegen eine Wiederaufrüstung Deutschlands und gegen die Wiederherstellung der Kriegsproduktionsmöglichkeiten in Deutschland ist, dass die englische Regierung ähnliche Erklärungen vor einiger Zeit abgegeben hat und dass demgegenüber Äußerungen von Privatpersonen in verschiedenen Ländern keine Bedeutung haben. Ich bitte Sie also, daran festzuhalten an dem, was ich gesagt habe, dass die Remilitarisierung Deutschlands durch den Eintritt in den Europarat in keiner Weise beschlossen ist. Wir haben uns naturgemäß weiter die Frage vorlegen müssen: Wie wird der Eintritt in den Europarat auf Berlin, auf die Sowjetzone, auf Sowjetrussland wirken? Wenn Sowjetrussland den Europarat in Ruhe betrachtet, dann wird Sowjetrussland, wenn es den Frieden will, darin ein Element des Friedens sehen müssen, - erkennen müssen, meine Damen und Herren. Es kann sein, dass die sowjetrussische Regierung irgendwie anders reagiert darauf, und es wurde nun eine Überlegung angestellt und eine Diskussion, die hin und her gegangen ist, die sehr lebhaft mich erinnert an die Diskussionen, die wir gehabt haben vor etwa zwei Jahren, als es sich darum handelte, den Parlamentarischen Rat einzuberufen, das Grundgesetz zu beschließen und im Anschluss daran die Bundesrepublik Deutschland ins Leben zu rufen. Auch damals sind Betrachtungen darüber angestellt worden, ob man nicht durch ein solches Vorgehen den deutschen Osten entmutige, ob man nicht den Eisernen Vorhang dadurch fester mache, ob man Berlin nicht dadurch 28 29 preisgebe. Nun, die Verfechter des Gedankens damals, dass die Rettung Berlins und die Rettung des deutschen Ostens zur Voraussetzung hat* dass der deutsche Westen wirtschaftlich und politisch erstarkt, haben hundertprozentig recht behalten. Wir wären, weder das Vereinigte Wirtschaftsgebiet8, das das zuerst getan hat und der Vorläufer der Bundesrepublik Deutschland gewesen ist, noch wir in der Bundesrepublik Deutschland wären in der Lage gewesen, Berlin die Hilfe zu gewähren9, die es in den Stand gesetzt hat, auszuhalten, wenn damals das Grundgesetz nicht geschaffen worden wäre. \ Und so glaube ich, meine Damen und Herren, dass man auch auf diese neue Sachlage auf Grund der Erfahrungen, die wir in diesen Jahren gehabt haben, dasselbe anwenden kann, denselben Grundsatz, dass, je stärker die Bundesrepublik Deutschland wird, wirtschaftlich und politisch, politisch jetzt auch international betrachtet, meine Damen und Herren, desto besser ist es für Berlin und für den deutschen Osten, und wir glauben, dass wir auf diesem Wege gerade auch für den deutschen Osten das Beste tun, was wir tun können. Nun, meine Damen und Herren, glaube ich weiter, Ihnen noch darlegen zu müssen, was wir uns für Deutschland nun im einzelnen im Laufe der nächsten Monate erhoffen: Ich möchte hier nichteinen großen Wunschzettel aufstellen. Ich möchte die ganze Frage unter den großen politischen Gesichtspunkten betrachtet wissen, die ich Ihnen eben dargelegt habe. Aber ich bin überzeugt und ich sage das nicht ohne Grund, meine Damen und Herren, dass, wenn wir Mitglied des Europarates sind, wir in Bälde auch ordentliches Mitglied des Europarates werden wie die anderen und dass wir auf dem gesamten Gebiete der Überwachung, des Besatzungsregimes, wesentliche Erleichterungen schon in Bälde werden erwarten können. Ich glaube, dass die Revision des Besatzungsstatuts10, wenn sie demnächst kommt, viel weitherziger und viel großzügiger sein wird, wenn wir Mitglied des Europarates sind, als wenn wir die Einladung nicht annehmen würden oder sie nicht beachten würden. Wir glauben im Kabinett, meine Damen und Herren, da die politische Entwicklung in den letzten Wochen, fast kann man sagen in den letzten 8 Tagen, sehr schnell vor sich gegangen ist, es sei richtig, wenn wir vor Beginn der Londoner Konferenz den Kabinettsbe- schluss fassten, den wir heute Mittag gefasst haben, und ihn der Öffentlichkeit mitteilen würden. Er lautet folgendermaßen „Der Zusammenschluss Europas unter Einbeziehung der Bundesrepublik Deutschland ist ein notwendiger Weg zur Erhaltung des Friedens und zur Wiederherstellung der deutschen Einheit. In der Absicht, diesen Zielen zu dienen, empfiehlt die Bundesregierung, die an die Bundesrepublik ergangene Einladung zum Eintritt in den Europarat anzunehmen." Der weitere Gang der Dinge wird nun der sein, dass eine Gesetzesvorlage dem Bundesrat und dem Bundestag zugeht, denn nach dem Artikel 49 des Grundgesetzes muss dieser Beitritt in den Europarat im Wege des Gesetzes beschlossen werden. Aber es ist doch wohl richtig, wenn dieser Beschluss des Kabinetts jetzt schon der Öffentlichkeit mitgeteilt wird. Und nun, meine Damen und Herren, komme ich zu dem zweiten Teil meiner Ausführungen, das ist der Beschluss des französischen Ministerrates, den der französische Ministerrat heute Vormittag gefasst hat. Dieser Beschluss, meine Damen und Herren, das möchte ich doch sehr nachdrücklich sagen, ist ein großherziger Schritt Frankreichs und seines Außenministers gegenüber Deutschland und gegenüber der europäischen Frage. Er ist zweifellos von der denkbar größten Bedeutung für die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich und für die ganze europäische Entwicklung. Dieser Beschluss, meine Damen und Herren, enthält nicht allgemeine Redensarten, sondern er enthält ganz konkrete und ganz präzise Vorschläge über eine Zusammenfassung der Produktionen von Kohle, Eisen und Stahl Frankreichs und Deutschlands unter ausdrücklicher Hervorhebung, dass alle anderen Staaten diesem Abkommen beitreten können. Meine Damen und Herren! Ich möchte auch noch ausdrücklich hervorheben, dass dieser Vorschlag auf der Basis der Gleichberechtigung beruht, so dass sogar, wenn die Deutschen und die Franzosen sich in dem vorgesehenen Gremium nicht einigen können, ein Schiedsrichter, der von beiden Teilen gewählt ist, die Entscheidung fällen soll. 30 31 Das ist, meine Damen und Herren, ein so eminent wichtiger Fortschritt in den deutsch-französischen Beziehungen, der dadurch eingeleitet wird, dass man ihn nicht nachdrücklich genug unterstreichen kann. Lassen Sie mich nun das Dokument Ihnen vorlesen, es sei denn, dass Sie es alle schon haben, ich glaube es aber nicht. Es ist ein sehr langes Dokument, und es ist gewiss auf den ersten Blick nicht in seinen ganzen Konsequenzen zu überschauen. Aber es ist ein Vorschlag, der konkret ist, der nicht nur allgemeine Redensarten enthält, und es ist ein weitgehender Vorschlag, und es scheint mir - und seit mehr als 25 Jahren hat mir dieses Ziel vorgeschwebt12 - es scheint mir die Zusammenlegung dieser Grundproduktionen wirklich eine echte Voraussetzung dafür zu schaffen, dass zwischen Frankreich und Deutschland in Zukunft jeder Konflikt ausgeschaltet ist. Darin erblicke ich die sehr große Bedeutung dieses Beschlusses der französischen Regierung. Unser Kabinett hat sich noch nicht damit beschäftigen können, weil ja erst in den Abendstunden dieser Beschluss des französischen Kabinetts, der heute Vormittag gefasst worden ist, der Öffentlichkeit mitgeteilt worden ist. Ich habe diese amtliche Mitteilung bekommen vor stark einer Stunde. Aber unser Kabinett wird sich in Bälde damit befassen, und, meine Damen und Herren, ich glaube bestimmt, es wird sich aus den Verhandlungen, die vorgeschlagen sind vonseiten der französischen Regierung mit uns, ein großer Fortschritt entwickeln für die Zukunft unserer beiden Länder und für die Zukunft Europas, und insbesondere darf ich noch einmal hinweisen auf die große Bedeutung, die die Erwähnung des afrikanischen Kontinents in diesem Vorschlage hat. Da bietet sich die Möglichkeit, neue Märkte, auf denen wir niemand - jetzt meine ich Frankreich und Deutschland, wenn ich sage „wir" - auf denen wir niemand zur Last fallen. Ich darf nochmals betonen, was ich eingangs sagte, dass wir bei unserem Vorschlag an den Bundestag nichts hiervon gewusst haben, so dass also nicht etwa wir durch diesen Vorschlag der französischen Regierung dazu bewogen worden sind, diese Empfehlung zu beschließen. Aber, meine Damen und Herren, insbesondere, wenn Sie das Dokument noch einmal in Ruhe durchlesen, werden Sie daraus ersehen, dass an sehr vielen Stellen Bezug genommen ist auf das zu schaffende Europa und auf die europäische Föderation und dass daher diese beiden Beschlüsse, die heute gefasst worden sind in Bonn und Paris, doch in einem inneren, in einem organischen Zusammenhang stehen. Quelle: Mitteilungen des Bundespresseamtes 466/50. 1 Robert Schuman (1886-1963), stieß als französischer Außenminister 1950 mit dem nach ihm benannten „Schumanplan" die Bildung der 1951 gegründeten Europäischen Gemeinschaftfür Kohle und Stahl an. 2 Die Pressekonferenz begann um 20:00 Uhr. 3 Der Europarat wurde 1949 als Vereinigung demokratischer Staaten in Europa gegründet. 4 Gleichzeitig mit der Bundesrepublik Deutschland sollte auch das Saarland, damals noch kein Teil der Bundesrepublik, Mitglied im Europarat werden. Diese Verbindung wäre nach Meinung vieler deutscher Politiker der Anerkennung der Abspaltung des Saarlandes von Deutschland gleichgekommen und wurde deshalb abgelehnt. 5 Vom 10. bis 13. Mai 1950 berieten sich auf der sog. „Londoner Drei-Mächte-Konferenz" die Außenminister Frankreichs, Großbritanniens und der USA. 6 Adenauer meint hier die 1949 gegründete NATO. 7 Vincent Auriol (1884-1966), 1947-1954 Staatspräsident Frankreichs. 8 Das Vereinigte Wirtschaftsgebiet, besser unter dem Begriff „Bizone" bekannt, war die Anfang 1947 gebildete wirtschaftliche Vereinigung der amerikanischen und britischen Besatzungszonen. 1948 kam faktisch noch die französische Besatzungszone hinzu („Trizone"). 9 Diese Aussage Adenauers ist im Zusammenhäng mit der Berlin-Blockade 1948/49 zu sehen. 10 Nach ihrer Gründung 1949 war die Bundesrepublik Deutschland noch keineswegs souverän. Die fortbestehenden Rechte der drei Besatzungsmächte (Frankreich, Großbritannien, USA) waren im Besatzungsstatut geregelt. 11 Hier verliest Adenauer die französische Note. 12 Adenauer hatte schon in zwanziger Jahren die Pläne einer Verflechtung der Kohle- und Stahlindustrien unterstützt (s. Dokumente 2 und 3). 32 33 Vorder- und Rückansicht des Konrad Adenauer verliehenen Internationalen Karlspreises. Heute Eigentum der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus, Bad Honnef-Rhöndorf Dokument 10 27. Mai 1954 Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen an Konrad Adenauer Ich bin tief gerührt, ich bin erfreut, aber ich gestehe es offen, ich bin auch etwas beschämt. Ich höre heute in diesem Räume soviel Gutes über mich, dass ich mir, zu Hause angekommen, einmal überlegen muss, was daran echter Kern und was oratorisches Beiwerk ist. Aber, meine verehrten Damen und Herren, in den Reden, die wir eben gehört haben, in der Rede des Oberbürgermeisters Heusch1, des Ministerpräsidenten Arnold2 und meines alten Freundes, des Grafen Coudenhove-Kalergi3, klang ein so echter und warmer Ton durch, der Gedanke und die Hoffnung und die Überzeugung, dass wir ein Europa schaffen werden. Und das wollen wir tun und, meine Damen und Herren, ich bin fest überzeugt, wir werden es auch erreichen. In dieser Stadt, meine Damen und Herren, die ja der Hauptsitz Karls des Großen gewesen ist und die die Krönungsstadt der deutschen Könige war, stehen wir im Herzen Europas, im Herzen des christlichen Abendlandes. Hier in Aachen liegt aufgeschlagen das Geschichtsbuch der europäischen Frühzeit, der Zeit, in der Europa noch eine einheitliche Ordnung besaß und der europäische Gedanke eine geistige, eine politisch konstruktive Macht bedeutete. Wer aus der Geschichte und den geschichtlichen Zeugnissen dieser Stadt Aachen zu lesen versteht, wird ihren europäischen Herzschlag fühlen. Dieser Blick in die Vergangenheit erfüllt uns Europäer von heute allerdings mit Wehmut. Europa hat in den Jahrhunderten seit der Zeit Karls des Großen sein europäisches Erbe vertan. In den Zeiten des Mannes, der dem Karlspreis seinen Namen und seine Idee gab, herrschte ein Austausch der materiellen und der geistigen Güter in Europa ohne alle Grenzen. Aber wie eben schon ausgeführt worden ist, unter seinen ersten Nachkommen begann sich das europäische Bild zu verdüstern. Persönlicher Eigennutz, ehrgeiziger innerer Streit, Angriffe der unruhigen Randvölker, die Anfänge der nationalen Verschiedenheiten, bewirkten ein immer stärkeres Gewicht der Teilreiche, unter denen die europäische Universalität des Abendlandes 44 45 r zerfiel. Es folgten Jahre und Jahrhunderte, in denen diese Idee verschwand und versank im Rauch der Schlachtfelder, im Lärm der Kanonen, j'm Aufschrei und im Blut der Europäer selber. Nach dem Ersten Weltkrieg ist das Bild Europas als Sehnsucht einiger weniger wieder aufgetaucht. Und es liegt mir besonders hier am Herzen, zu unterstreichen und zu bekennen, was damals gerade nach dem ersten Weltkrieg Graf Coudenhove-Kalergi, zunächst alleinstehend auf diesem Gebiete, geleistet hat. Das Grauen der Jahre 1933 bis 1945 vertrieb diese erste schwache Vision eines einigen Europa wieder. Und nun, nach einem neuen, noch furchtbareren Krieg steht sie wieder vor uns. Diesmal löste sie in Millionen Herzen Begeisterung, Hoffnung und auch schon manche europäische Tat aus. Überall zeigten sich schöne Ansätze. Allein die Tatsache, dass dieser Karlspreis geschaffen wurde und vier Förderern des Europa-Gedankens und der Europa-Politik, vier nicht-deutschen Europäern hier in Aachen verliehen werden konnte, beweist, dass es nach diesem zweiten Kriege nicht bei einem Europabekenntnis geblieben ist. Gerade dass diese vier ersten Träger des Karlspreises aus verschiedenen Ländern Europas stammen, ist ein Zeichen dafür, dass - bei aller Wahrung der nationalen Eigenart - die gemeinsame europäische Aufgabe erkannt und ihre Lösung versucht wird. Vor allem, meine Damen und Herren, dürfen wir aus der Verleihung des Preises an einen Franzosen im Jahre 19534 und an einen Deutschen im Jahre 1954 die Aufforderung an die Politiker und an beide Völker herauslesen, den zerstörerischen deutsch-französischen Gegensatz endgültig verschwinden zu lassen. Dadurch, meine Damen und Herren, würde das letzte große Hemmnis der Einigung Europas beseitigt werden. Ich darf für meine Person an dieser historischen Stätte die Versicherung wiederholen und von neuem geben, dass mir dieses Ziel nicht nur in der Vergangenheit Herzenssache war, sondern dass ich auch in Zukunft immer danach handeln werde. Der Weg nach einem vereinten Europa hat sich in den letzten zwölf Monaten als besonders steinig, schwer und mühevoll gezeigt. Aber das darf uns nicht enttäuschen und wird uns nicht enttäuschen, denn alle Wege zu wirklich großen Zielen sind schwer. Wir wollen uns nicht irre machen lassen, sondern unerschüttert und unerschütterlich weitergehen, immer näher miteinander in Einklang kommen, die Missverständnisse aufklären und beseitigen, auf allen Seiten Opfer bringen unter dem größeren Gesichtspunkt eines europäischen Ganzen. Ich habe - es wurde eben schon erwähnt - vor der Beratenden Versammlung des Europarats vor wenigen Tagen die Parlamentarier daran erinnert, dass das europäische Einigungswerk heute stärker bedroht ist als in den ersten Jahren unserer gemeinsamen Bestrebungen. Denn es besteht - man leugne das nicht und übersehe es nicht - denn es besteht die große Gefahr, dass sich angesichts der Verzögerungen unter den Völkern Ungeduld und Enttäuschung ausbreiten und damit eine der schönsten und zukunftsreichsten Ideen ihre Triebkraft verliert. Ich wiederhole diese Besorgnis heute an einer historischen Stätte, an der ein solches Stocken besonders schmerzlich empfunden würde. Tragen Sie alle dazu bei, dass der Europagedanke eine Volksbewegung bleibt und nicht mehr erlahmt. Wirken Sie durch eine kräftige europäische öffentliche Meinung auf die Politiker, auf die Parlamentarier, auf die Regierungen ein, wir sichern damit unsere eigene Zukunft. Gerade in Aachen wird man die Mahnung verstehen, dass Europa uns heute Schicksalsgemeinschaft ist. Dieses Schicksal zu gestalten ist uns übergeben. Das rufe ich von hier aus den Deutschen wie unseren europäischen Partnern über die Grenzen zu, über die Grenzen, über die von hüben und drüben in der Vergangenheit soviel Unheil gekommen ist. Möge aus dem Bewusstsein des gemeinsamen Erbes und der großen Tradition unseres europäischen Kontinents für uns alle eine bessere Zukunft erwachsen. Mögen aber auch alle, meine Damen und Herren, die an irgendeiner Stelle, in irgendeinem Lande Verantwortung tragen, dessen eingedenk sein, dass historische Möglichkeiten selten wiederkommen, wenn sie einmal versäumt worden sind. Quelle: Rede von Konrad Adenauer aus Anlass der Verleihung des Internationalen Karlspreises. In: 50 Jahre Internationaler Karlspreis zu Aachen 1950-2000. Aachen 2000. 63-64. 1 Hermann Heusch (1906-1981) war 1952-1973 Oberbürgermeister der Stadt Aachen. 2 Karl Arnold (1901-1959. CDU) war 1947-1956 Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. 3 Richard Graf Coudenhove-Kalergi (1894-1970) gründete 1923 die Paneuropa-Union, die älteste europäische Einigungsbewegung. 4 1953 erhielt den Karlspreis der Franzose Jean Monnet (1888-1979). der erste Präsident der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. 46 47 ! Atombomben praktisch nicht trennen. Der deutsche Versuch einer rein nationalen Atomregelung würde daher vom Ausland mit größtem Misstrauen aufgenommen werden. Insbesondere können wir, wenngleich selbstverständlich Deutschland nicht diskriminiert werden darf und die deutsche Forschung und Industrie möglichst freien Raum erhalten müssen, eine gemeinsame europäische Bewirtschaftung einzelner Stoffe nicht ablehnen, wenn sie aus Sicherheitsgründen erforderlich ist. Ich bitte, das vorstehend Dargelegte als Richtlinien der Politik der Bundesregierung (Art. 65 GG)5 zu betrachten und danach zu verfahren. Adenauer Quelle: Adenauer, Briefe 1955-1957, hrsg. von Hans-Peter Schwarz und Rudolf Morsey, bearb. von Hans Peter Mensing, Berlin 1998, Nr. 97. 1 Antoine Pinay (1891-1994), französischer Politiker, Ministerpräsident 1952-1953, Außenminister 1955-1956. 2 Paul-Henri Spaak (1899-1972), belgischer Politiker, vor 1950 dreimal Premierminister Belgiens. Spaak wurde auf der Konferenz von Messina (1. bis 3. Juni 1955) als Vorsitzender eines Ausschusses (sog. „Spaak-Kommission") bestellt, der einen Plan für einen gemeinsamen Markt zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden ausarbeitete. 3 S. Endnote 2. 4 Organization for European Economic Cooperation - Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die OEEC wurde 1948 als eine Vereinigung westeuropäischer Staaten gegründet, um an der Koordinierung der Marshallplan-Hilfe mitzuwirken. Sie wurde 1961 in die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) überführt, an der sich fast alle westlich orientierten Industrieländer beteiligen. 5 Nach Artikel 65 des Grundgesetzes bestimmt der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik der Bundesregierung. Dokument 12 25. März 1957 Ansprache vor der Unterzeichnung der Römischen Verträge Meine Herren! Unsere heutige Sitzung gilt der Unterzeichnung zweier Verträge1, deren Bedeutung weit über das Maß gewöhnlicher Verträge hinausgeht. Ich möchte zunächst Worte des Dankes sagen. Danken möchte ich der italienischen Regierung, der Stadt Rom und ihren Bürgern für die großherzige Gastfreundschaft, die sie uns gewähren. Europa hätte keinen bedeutsameren Rahmen für diese Konferenz finden können als diese seine ehrwürdigste Stadt. Wenn wir jetzt versuchen, für die gemeinsame Zukunft Europas die Grundlagen herzustellen, so ist uns das große gemeinsame Erbe, für das Rom immerwährendes Zeugnis ablegt, zugleich Mahnung und Hoffnung. Danken möchte ich sodann allen denen, die an der Herstellung der beiden Verträge mitgewirkt haben: den Delegationen der sechs Staaten und besonders den Delegationsleitern, den Sachverständigen, die in Brüssel und in jedem Mitgliedstaat an der Ausarbeitung der Verträge beteiligt waren, dem Generalsekretär der Konferenz2 und seinen Mitarbeitern. Sie alle haben viele Monate lang ihre besten Kräfte eingesetzt, um das große, ihnen gesteckte Ziel zu erreichen. Danken möchte ich schließlich und vor allem dem Manne, der diese Verträge zur Unterzeichnung vorgelegt bat: Herrn Präsident Paul Henri Spaak3. Ohne seine unermüdliche Schaffenskraft, ohne seine mitreißende Arbeitsweise, ohne seine Fähigkeit, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen, ohne seine Gabe, zur rechten Zeit das rechte Wort zu finden, wäre das Werk nicht gelungen. Die Brüsseler Regierungskonferenz trug während ihrer ganzen Dauer den Stempel seiner dynamischen Persönlichkeit. Ihm war der Erfolg beschieden, den er verdient hat. Dafür schulden ihm die europäischen Staatsmänner, dafür schuldet ihm ganz Europa Dank. Wenn ich die ehrwürdig schlichte Formel anwenden darf, mit der das alte Rom 50 51 die höchste Ehrung seiner Konsuln aussprach, so möchte ich sagen: Der Staatsmann Paul Henri Spaak hat sich um Europa wohlverdient gemacht. Nunmehr liegen uns die Verträge vor. Sie bedürfen noch der.Bestätigung durch unsere Parlamente, aber wir hoffen zuversichtlich, dass diese ihre Zustimmung geben werden. Diese Unterzeichnung bedeutet einen geschichtlichen Augenblick. Wir wollen um sicherlich nicht Vorschusslorbeeren winden. Allzu viel an Aufgaben liegt noch vor uns. Aber der Freude darüber, dass es uns vergönnt ist, den großen Schritt der Einigung Europas zu tun, der in der Unterzeichnung der beiden Verträge liegt - dieser Freude möchte ich doch Ausdruck geben, denn diese Freude wird von Millionen und Millionen unsere Völker geteilt, die in diesem Augenblick im Geiste bei uns sind. Noch vor kurzem schien die Einigung, die wir jetzt vertraglich festlegen, vielen nicht wahrscheinlich. Nach dem großen Anfang, der für immer mit den Namen der Präsidenten Schuman4 und de Gasperi5 verbunden ist, schien der Einigungswille Europas geschwächt. Noch die Brüsseler Verhandlungen wurden vielfach mit Zweifeln begleitet. Aber die Optimisten, nicht die Pessimisten, haben Recht behalten. In Verfolgung des Ziels, das schon der Vorspruch des Vertrags über die Kohle- und Stahlgemeinschaft6 bewiesen hatte, wird nunmehr für unsere sechs Staaten eine Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und eine Europäische Atomgemeinschaft geschaffen. Damit entsteht auf allen wesentlichen Gebieten des sozialen und wirtschaftlichen Lebens und auf dem zukunftsträchtigen Gebiet der menschlichen Entwicklung, dem Atom-Gebiet, über die bloße Zusammenarbeit hinaus ein echter europäischer Zusammenschluss, der die Gewähr der Dauer in sich trägt. Die Verträge sind umfangreich und verwickelt; die Fülle des modernen wirtschaftlichen und technischen Lebens hat das notwendig gemacht. Nicht alle Einzelheiten dieser umfangreichen Regelung, über die sich sechs Staaten einigen mussten, haben überall einstimmigen Beifall gefunden; das ist selbstverständlich. Wir dürfen nicht vor lauter Einzelheiten das wahrhaft Große des erreichten Fortschritts übersehen: Nur ein immer festerer Zusammenhalt unserer sechs Staaten gewährleistet uns allen die Sicherung unserer freiheitlichen Entwicklung und unseres sozialen Fortschritts. Natürlich genügt dazu nicht der Buchstabe von Verträgen. Sie müssen mit Leben erfüllt werden. An diese Aufgaben gehen wir mit Kraft und Vertrauen heran. Wir wissen dabei um den Ernst unserer Lage, aus der nur die europäische Einigung hinausführt. Wir wissen weiter, dass unsere Pläne nicht eigensüchtiger Natur sind, sondern das Wohl der ganzen Welt fördern Die europäische Gemeinschaft verfolgt nur friedliche Zwecke. Sie richtet sich gegen niemand. Sie ist gegenüber jedem Staat zur Zusammenarbeit bereit. Der Beitritt steht alten europäischen Staaten offen. Wenn ein Staat sich zum vollen Beitritt nicht in der Lage glaubt, so haben wir vorgesehen, mit ihm - insbesondere durch die Schaffung der Freihandelszone7 - auf andere Weise enge Zusammenarbeit herzustellen. Und mit allen Staaten der Welt wollen wir in der Gemeinschaft den freien Austausch der Güter pflegen und steigern, der der Tradition unserer Staaten entspricht. Der friedliche Fortschritt im Zusammenwirken mit allen ist unser Ziel. In der Überzeugung, dass wir dieses Ziel erreichen werden, liegt für uns Deutsche noch Anlass zu einer besonderen Hoffnung. Ein Tag wie der heutige lässt uns schmerzlich empfinden, dass es uns noch versagt ist, an dem vereinigten Europa als vereinigtes Deutschland teilzunehmen Aber unsere Hoffnung ist ungebrochen. Auch die 17 Millionen, die gewaltsam von uns getrennt sind, gehören nach Abstammung, Kultur und Selbstbestimmung zu unserem Europa. Wir vertrauen darauf, dass die Stimme des Rechts und der Freiheit und ihr Widerhall bei den freien Völkern sich im einigen Europa noch verstärken werden. So steht auch hier, wie überall, die europäische Einigung im Einklang und Zusammenhang mit dem umfassenderen Zielen einer friedlichen und guten Entwicklung. Indem Europa sich einigt, dient es nicht nur sich und seinen Staaten, es dient der ganzen Welt. In diesem Sinne unterschreiben wir die Verträge. In diesem Sinne werden wir an ihre Ausführung gehen. Quelle: Bulletin der Bundesregierung Nr. 59 (27.03.1957), 505f. 1 Am 25. März wurden in Rom (daher Römische Verträge) der Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und der Vertrag über die Europäische Atomgemeinschaft von Bei- 52 53 nisation gegründet. 2 Adenauer bezieht sich hier vermutlich auf den Start des ersten sowjetischen Satelliten („Sputnik-Schock") am 4. Oktober 1957. 3 Unter „Emanzipationsprozess" sind die Unabhängigkeitsbestrebungen der Kolonien v.a. in Afrika und Asien zu verstehen. 4 Svw. Brandrede. 5 Nachdem der Vorschlag einer Europäisierung des Saarlandes von der dortigen Bevölkerung abgelehnt worden war, kehrte das Saarland am 1. Januar 1957 nach Deutschland zurück. 6 Das Grenzabkommen beinhaltete geringfügige, praktischen Erwägungen entspringende Grenzveränderungen. 7 Paul-Henri Spaak (1899-1972), belgischer Politiker, vor 1950 dreimal Premierminister Belgiens. 8 Der sowjetische Staats- und Parteichef Josef Stalin starb am 5. März 1953. Konrad Adenauer und Charles de Gaulle in der Kathedrale von Reims 1962 © Bundesregierung Dokument 14 24. Mai 1963 „Ohne die deutsch-französische Freundschaft wird es niemals ein Europa geben" Ansprache vor der 7. Deutsch-Französischen Konferenz in Bad Godesberg bei Bonn Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren! Das Hauptthema Ihrer diesmaligen Konferenz lautet: „Die deutsch-französische Freundschaft und Europa." Dazu möchte ich in aller Kürze etwas sagen. Ohne eine deutsch-französische Verständigung wird es niemals ein Europa geben. Sicher, der Lauf der Zeit heilt manche Wunden. Es wird natürlich im Jahre 1963 nicht mehr dieselbe Stimmung zwischen Frankreich und Deutschland sein, wie sie im Jahre 1945 war. Damit sind aber die Wunden nicht geheilt und vernarbt. Ohne dass die Wunden, die diese beiden Völker sich gegenseitig im Laufe von vielen Jahrhunderten geschlagen haben, geheilt und vernarbt sind, gibt es eben keine Verständigung, und würde es kein Europa geben. Die europäischen Einrichtungen, die nach dem Kriege geschaffen sind, haben in erster Linie einen politischen Zweck gehabt. Das wird meist zuwenig berücksichtigt. Ich habe dabei besonders die Gründung der Montanunion im Auge und denke an den Brief, den mir der damalige französische Außenminister Robert Schuman1 schrieb und in dem er dem Sinne nach etwa ausführte, das Misstrauen zwischen dem französischen und dem deutschen Volke müsse aus der Welt geschafft werden. In Frankreich fürchte man, dass sich Deutschland eines Tages, wenn es sich erholt habe, an Frankreich rächen werde. Er schlage deswegen folgendes vor: Da - das gilt natürlich für die damalige Zeit - gegenseitige Aufrüstung oder Aufrüstung überhaupt sich am ehesten auf dem Gebiet der Stahl- und Kohlenproduktion zeige, solle eine Vereinigung geschaffen werden, vor allem zwischen 64 65 ! Frankreich und Deutschland, die es gestatte, dass Frankreich die deutsche Kohlen- und Stahlproduktion kontrolliere, und die umgekehrt Deutschland gestatte, die französische Kohlen- und Stahlproduktion zu kontrollieren. Damit sei die beste Grundlage dafür gegeben, um das gegenseitige Misstrauen aus der Welt zu schaffen. Ich glaube, wir sind auch jetzt noch Robert Schuman von Herzen dafür dankbar, dass er damals diese kühne Initiative ergriffen hat, die der Anfang des ganzen Versöhnungswerks zwischen Frankreich und Deutschland darstellte. Was den Wert dieser Aussöhnung angeht, so muss ich doch noch etwas weitergehen, und zwar muss ich auf das Verhältnis dieser beiden Länder zum zaristischen Russland zurückgehen. Wir müssen daran denken, dass lange Jahre eine Verbindung zwischen dem Deutschen Reich und dem zaristischen Russland2 gegen Frankreich bestanden hat. Wir dürfen nicht vergessen, dass schon ein Jahr, nachdem Bismarck entlassen wurde, der historische Besuch der französischen Flotte in Kronstadt3 stattfand, wonach in verhältnismäßig kurzer Zeit ein Vertrag zwischen Frankreich und dem zaristischen Russland und später dem sowjetischen Russland gegen Deutschland geschlossen wurde. Wenn ich auch nicht glaube oder es nicht für wahrscheinlich halte, dass es zu einem Kriege zwischen den großen nuklearen Mächten kommen wird, so wird auf alle Fälle der politische Druck von Osten her auf Westeuropa und in erster Linie auf die Bundesrepublik Deutschland sich für eine gar nicht abzusehende Zeit fortsetzen und auswirken und damit indirekt auch Frankreich dem großen Druck aussetzen. Daher war es so besonders wichtig, dass gerade die beiden Nachbarländer, Frankreich und Deutschland, diesen Freundschaftsvertrag4 schlossen, der es ausschließt, dass in Zukunft wieder Sowjetrussland mit Deutschland gegen Frankreich oder mit Frankreich gegen Deutschland Politik treibt. Ich glaube, dass Sowjetrussland die Bedeutung gerade dieses Vertrags im Hinblick auf die Rolle Sowjetrusslands sehr gut verstanden hat. Sie wissen, dass die Sowjetregierung gegen den Abschluss des Vertrags protestiert hat. Sie hat aus Anlass der Unterzeichnung des deutsch-französischen Vertrags bei der französischen Regierung erneut Protest eingelegt. In diesem Protest befindet sich ein Satz, der in den offiziellen Veröffentlichungen nicht enthalten ist, den ich Ihnen aber verlesen möchte: Die geographische Lage und die Geschichte - so sagt man in Moskau - machten aus Frankreich und Russland natürliche Verbündete, die sich in der Vergangenheit zu verständigen wussten und im Kampf gegen den deutschen Angreifer nie eine Rivalität kannten. Es wäre nicht übertrieben, zu behaupten, dass, wenn Frankreich und die Sowjetunion als die wichtigsten Mächte des europäischen Kontinents gemeinsam handelten, es niemand wagen könnte, die Karte Europas zu revidieren. Die freundschaftlichen Beziehungen Frankreichs und der Sowjetunion könnten ein Bindeglied zwischen West- und Osteuropa werden und zur Schaffung einer internationalen Zusammenarbeit beitragen. Sie ersehen daraus, meine Damen und Herren, dass dieser Vertrag, den Deutschland und Frankreich geschlossen haben, in dem ganzen politischen Gefüge, solange dieses in der bisherigen Weise beeinflusst wird durch den Druck der Sowjetunion oder ihrer Satellitenstaaten, also weit über die Grenzen unserer beiden Länder hinaus, von großer Bedeutung ist. Es war daher ein wirklich großer Tag, als der Deutsche Bundestag fast einstimmig diesem Vertrag zugestimmt hat. Es ist davon gesprochen worden, dass der Vertrag zunächst kritisiert worden sei und dass Befürchtungen laut geworden wären. Nun, der Abschluss dieses Vertrages verdient in Wahrheit die Kennzeichnung, ein geschichtlicher Vorgang zu sein. Man darf geschichtliche Vorgänge nicht mit gleichen Maßstäben messen wie politische Tagesereignisse. Ich meine z. B. das rein zufällige ungefähr zeitliche Zusammentreffen der Unterzeichnung des Vertrags in Paris durch Staatspräsident de Gaulle und mich mit den Schwierigkeiten, die im Verlauf der Verhandlungen über den Beitritt Englands zur EWG entstanden waren5. Diese völlige Aussöhnung ist nach meiner tiefen Überzeugung, einer Überzeugung, die nach dem Kriege 1914-1918 in mir entstanden ist, wirklich ein Ereignis von sehr großer geschichtlicher Tragweite. Ich glaube, dass niemand in der Welt Sorge zu haben braucht, dass durch den Abschluss dieses Vertrags oder durch die sich daraus ergebenden Folgerungen irgendwelche Schwierigkeiten für ein anderes Land entstehen werden. Dieser Vertrag dient dem Frieden zwischen Frankreich und Deutschland, dem Frieden in Europa und damit dem Frieden in der ganzen Welt. Das können 66 67 ! wir nicht oft genug betonen. Ich bin überzeugt davon, dass der Verlauf der Ereignisse und der Ablauf der Geschichte mir darin recht geben werden. Ich habe gestern einen Brief von Staatspräsident de Gaulle erhalten und möchte Ihnen einen Satz daraus vorlesen : „Obwohl die französische Regierung von der Verfassung tatsächlich nicht dazu verpflichtet ist, hat sie es für ratsam gehalten, unseren Vertrag dem Parlament zur Zustimmung vorzulegen, um damit die Tragweite und die Bedeutung auf die feierlichste Weise hervorzuheben." Diese Auffassung, die Präsident de Gaulle hier wiedergegeben hat, ist auch unsere Auffassung. Darum war es wirklich ein beglückender Tag, als der Deutsche Bundestag fast einstimmig diesem Vertrag seine Zustimmung gab. Meine Damen und Herren, da ich die Ehre habe, zu Ihnen zu sprechen, lassen Sie mich ein Wort zur EWG6 sagen. Als wir - ich kann hier auch von mir persönlich sprechen, da ich zu den Hauptinitiatoren der Römischen Verträge7 gehöre - diesen Vertrag schlossen, waren die Wirtschaften der EWG-Länder und der europäischen Länder überhaupt anders, als sie jetzt sind. Sie waren nicht so stark wie jetzt, und sie waren nicht so differenziert wie jetzt. Wenn sich dann bei Verhandlungen über eine weitere Harmonisierung dieser sechs Wirtschaften hier oder da Schwierigkeiten ergeben, so sollte man das nicht für eine Katastrophe halten, sondern es als eine natürliche Folgeerscheinung der ganzen Entwicklung ansehen. Dies darf aber das große Ziel nicht gefährden, und wird es auch nicht gefährden. Man wird diese Schwierigkeiten mit Ruhe und Geduld zu überwinden suchen, und man wird sie überwinden. Es ist eben schon - ich glaube von Herrn Furier8 - auf das hingewiesen worden, was bei der Unterzeichnung dieses Vertrags in Paris erklärt worden ist. Aus der gemeinsamen Erklärung des Präsidenten der Französischen Republik und des deutschen Bundeskanzlers möchte ich nur einige Sätze hier verlesen: „- in der Überzeugung, dass die Versöhnung zwischen dem deutschen und dem französischen Volk, die eine jahrhundertealte Rivalität beendet, ein geschichtliches Ereignis darstellt, das das Verhältnis der beiden Völker zueinander von Grund auf neugestaltet, - in dem Bewusstsein, dass eine enge Solidarität der beiden Völker sowohl hinsichtlich ihrerSicherheitalsauch hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung miteinander verbindet... - in der Erkenntnis, dass die Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern einen unerlässlichen Schritt auf dem Wege zu dem vereinigten Europa bedeutet, welches das Ziel beider Völker ist,..." Meine Damen und Herren, diese sehr überlegten Worte sollte man nie vergessen, wenn man über den deutsch-französischen Vertrag redet oder schreibt. Das Ziel ist, dieses Europa aufzubauen. Doch seien wir uns darüber klar, dass das nicht so schnell gehen wird, wie wir uns das im Jahre 1955 vorgestellt haben, weil alles viel komplizierter und viel differenzierter geworden ist. Aber vergessen wir auch niemals, dass zu allem großen politischen Geschehen Geduld gehört, und dass gerade wir Europäer, die wir ein vereintes Europa schaffen wollen, dieser Geduld bedürfen. Dann, glaube ich, wird das Werk fortschreiten. Sie, meine verehrten Damen und Herren, haben in Zukunft die Aufgabe, den Regierungen dabei zu helfen, damit diese Aussöhnung eine Aussöhnung der Völker wird. Das wird in Zukunft Ihre große Aufgabe sein, und ich bitte Sie von Herzen um Ihre Mitarbeit bei diesem großen Werk. Quelle: Bulletin der Bundesregierung, Nr. 91 (25.05.1963) 797. 1 Robert Schuman (1886-1963), Außenminister Frankreichs 1948-1953, einer der Gründungsväter des vereinten Europas. 2 Adenauer meint den RückVersicherungsvertrag zwischen dem Deutschen Kaiserreich und dem Russischen Zarenreich von 1887, den zu verlängern Kaiser Wilhelm II. sich weigerte 3 Mit dem Besuch der französischen Flotte im russischen Kriegshafen Kronstadt bei Sankt Petersburg 1891 wurden französisch-russische Verhandlungen eingeleitet, die 1894 zu einem gegen Deutschland gerichteten Bündnisvertrag führten. 4 Der deutsch-französische Freundschaftsvertrag (Elysee-Vertrag) wurde am 22. Januar 1963 von Konrad Adenauer und dem Präsidenten Frankreichs Charles de Gaulle unterzeichnet. 5 Am 16. Januar 1963 hatte Charles de Gaulle auf einer Pressekonferenz erklärt, dass er für einen Beitritt Großbritannien zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vorerst keine Möglichkeit sehe. 6 Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, gegründet von Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden am 25. März 1957 durch die „Römischen Verträge". 7 Siehe Endnote 6. 8 Hans Furier (1904-1975, CDU), MdB 1953-1972, Präsident des Europaparlaments 1960-1962, Präsident des Deutschen Rates der Europäischen Bewegung 1958-1966. 68 69 Konrad Adenauer am 16. Februar 1967 im Ateneo von Madrid © Ministerio de Informacion y Turismo (Spanien) Dokument 15 16. Februar 1967 Rede im Ateneo1 in Madrid Über europäische Geschichte, über europäische Kultur zu sprechen, würde gerade in Spanien so verlockend sein, weil Spanien eine große Geschichte hat, weil es Jahrhunderte hindurch mit den übrigen europäischen Ländern durch Politik, durch Kunst und Kultur auf das engste verbunden war, weil es europäische Kultur weithin ausgestrahlt hat. Aber die erste Hälfte dieses Jahrhunderts hat eine Entwicklung gebracht, die die Freiheit der europäischen Völker und damit die europäische Kultur in ihrem innersten Bestand bedroht, die eine völlige Entmachtung Europas, aller seiner Staaten, zur Folge haben kann. Darum möchte ich sprechen von dieser Gefahr und von dem, was wir tun müssen, um Europa zu retten. Wenn ich von Europa spreche, so meine ich damit alle in Europa liegenden Staaten, mit Ausnahme Sowjetrusslands. Sowjetrussland, ohne seine westwärts liegenden Satellitenstaaten, ist ein Großkontinent für sich. Wenn man von der Einigung Europas spricht, so kann man damit nicht an eine Vereinigung mit Sowjetrussland denken in der Art, wie die übrigen europäischen Staaten miteinander verbunden werden sollen. Sowjetrussland liegt teils in Europa, teils in Asien. Es ist mit seinen 22 Millionen qkm der Fläche nach der größte Staat der Erde, mehr als doppelt so groß wie Rotchina2 oder wie die Vereinigten Staaten. Eine Vereinigung der europäischen Länder mit Sowjetrussland würde einem Aufgehen Europas in Sowjetrussland gleichzusetzen sein. Eine Vereinigung nur mit dem westlich vom Ural liegenden Teil Sowjetrusslands würde sofort die Frage aufwerfen, was dann mit den in Asien liegenden Gebieten Sowjetrusslands werden solle, ob man etwa die Sowjetunion teilen wolle? Wir Europäer denken nicht daran, der Sowjetunion etwas derartiges zuzutrauen. Die Einigung Europas kann also nur die übrigen Länder Europas umfassen. Sie sind es auch, die in der größten Gefahr schweben, ihre Freiheit zu verlieren. 70 71 r Die Gefahr, in der die europäischen Völker schweben, wird klar, wenn man die Verteilung der Macht auf der Erde prüft und dabei feststellen muss, mit welcher Schnelligkeit der Verlust der europäischen Länder an Macht schon fortgeschritten ist. Ich werde versuchen, in einigen Sätzen die Machtverteilung in der Welt zu Beginn dieses Jahrhunderts, also etwa um 1900, zu schildern und dem die Lage in der Welt um 1960 gegenüberzustellen. Um 1900 wurde das politische Geschehen der Welt von Europa aus geleitet. Die europäischen Großmächte Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Österreich-Ungarn, Italien, Spanien und andere europäische Länder waren maßgebend für den Lauf dieser Politik. Die Vereinigten Staaten hatten zu Beginn dieses Jahrhunderts keine Außenpolitik. Das zaristische Russland war am Geschehen in Europa wohl interessiert, aber es hatte für sich allein keinen bestimmenden Einfluss darauf. Die großen Völker in Asien und Afrika, wie Indien, Japan, China und andere, beschäftigten sich kaum mit europäischen Angelegenheiten, oder sie waren europäische Schutzgebiete oder Kolonien. Auch die europäischen Völker hatten Differenzen miteinander, aber sie hatten immer doch auch ein Empfinden und ein Gefühl für die Bedeutung Europas und hüteten sich davor, diese Bedeutung Europas durch ihre Politik zu beeinträchtigen. Und nun die Machtverteilung auf der Erde sechzig Jahre später, etwa um 1960? An Macht und Einfluss stehen nunmehr an der Spitze die Vereinigten Staaten von Nordamerika. Sie haben eine Bevölkerungszahl von 179,3 Millionen, ein Gebiet von 9,3 Millionen qkm. Sie haben eine Truppenstärke von insgesamt 2,5 Millionen Mann. Ihnen folgt Sowjetrussland. Es hat ein Gebiet von 22,4 Millionen qkm. Es ist der bei weitem größte Staat der Erde. Seine Bevölkerungszahl ist 210 Millionen. Seine Streitkräfte betragen 2,7 Millionen Mann. Diesen beiden Riesenländern folgt als dritte Supermacht Rotchina. Ich muss hier betonen, dass bei Rotchina die Zahlenangaben zum Teil auf Schätzungen beruhen. Es hat eine Fläche von 9,7 Millionen qkm, etwas mehr als die Vereinigten Staaten und viel weniger als die Hälfte der Fläche von Sowjetrussland. Seine Bevölkerung schätzt man auf ca. 630 Millionen, seine Truppen auf 3 Millionen Mann. Wie sieht es in Europa aus? Sein gesamtes Gebiet, abgesehen von dem sowjetrussischen Teil, ist klein, insgesamt etwa 4,9 Millionen qkm. Aber Europa ist sehr dicht besiedelt, im Jahre 1960 von 425 Millionen Menschen, darunter 183 Millionen Erwerbstätige. Für die Schätzung des Wertes der Bevölkerung möchte ich Ihnen den Anteil Europas, der Vereinigten Staaten und der restlichen Welt an der industriellen Weltproduktion anführen. Im Jahre 1960 war der Anteil Europas an der Weltproduktion 27 Prozent, der Anteil der Sowjetunion 18 Prozent, derjenige der Vereinigten Staaten 33 Prozent und derjenige der restlichen Welt 22 Prozent. Wenn man auch an der materiellen Produktion die geistige Produktion nicht ohne weiteres ablesen kann, so kann man doch aus der immensen Produktion Europas auf eine den Europäern eigene große geistige Kraft schließen. Die körperliche und geistige Arbeit, die in Europa geleistet wird, ist für das Gedeihen und die Entwicklung der gesamten Welt unentbehrlich. Gegen Ende des großen Krieges trat ein Faktor auf, der wie kein anderer die Machtverhältnisse in der Welt bestimmt und damit auch den politischen und wirtschaftlichen Einfluss der Mächte oder Mächtegruppen. Das ist die Verwendung der Atomkraft im Kriege in ihrer unvorstellbaren Zerstörungsfähigkeit und weiter die Entwicklung der Trägermittel für diese schreckliche Waffe, seien es nun Raketen oder Flugzeuge. Zwei von den drei Supermächten, die Vereinigten Staaten und Sowjetrussland, verfügen über ein riesiges Arsenal an nuklearen Sprengsätzen, an Trägermitteln für den Einsatz der Sprengsätze über Meere und Kontinente hinweg. Frankreich besitzt als einzige kontinental-europäische Macht eine atomare Rüstung, die aber nicht sehr groß ist. Das gleiche gilt von Großbritannien. Rotchina baut eine Nuklearmacht auf. Ihre jetzige Stärke können wir nicht zuverlässig schätzen, ebenso wenig wie wir zuverlässig beurteilen können, wie schnell sie in Rotchina weiter aufgebaut werden kann. Zwischen den beiden Weltmächten, den Vereinigten Staaten und Sowjetrussland, finden nun Verhandlungen3 statt mit dem Ziele, die Produktion und den Besitz solcher Waffen zum ausschließlichen Privileg Sowjetrusslands und der Vereinigten Staaten zu machen. Darin liegt die größte Gefahr für die übrigen Völker in der ganzen Welt, insbesondere aber für das produktiv so außer- 72 73 ordentlich wertvolle Europa, die Gefahr, politisch und wirtschaftlich machtlos und einflusslos zu werden. Wegen seiner für die Welt unentbehrlichen Produktionskraft stehen die europäischen Länder, steht Europa in Gefahr, die Beute von Gegensätzen zwischen den Weltmächten oder infolge seiner geographischen Lage und seiner dichten Besiedlung im Kampfe zerstört zu werden. Die Gefahr für Europa ist viel größer, als die meisten Menschen sich vorstellen. Die Entwicklung seit dem letzten Kriege, insbesondere die Entwicklung der atomaren Waffen, und in ihrem Gefolge die Verhandlungen zwischen Sowjetrussland und den Vereinigten Staaten können für die europäischen Völker das Ende ihres politischen und wirtschaftlichen Einflusses bedeuten. Sie zwingen daher Europa zu einer politischen Einigung. Die Supermächte können über den Widerspruch eines einzelnen europäischen Landes hinweggehen. Die Stimme eines geeinten Europa muss von ihnen auch im eigenen Interesse beachtet werden. Was ist bisher geschehen, um unser Ziel, eine politische Einigung Europas zu erreichen? Ich beschränke mich bei der Beantwortung dieser Frage auf die Zeit nach 1945, obwohl schon in den zwanziger Jahren viele die Notwendigkeit eines europäischen Zusammenschlusses erkannt hatten. Ich denke dabei an Briand4. Ich erinnere mich meiner eigenen Überlegungen, die mich aus dem Erlebnis des Ersten Weltkrieges, an dessen Ende Deutschland völlig isoliert, ohne Freunde dastand, zu der Erkenntnis führten, dass Deutschland und Frankreich zusammenfinden müssten, um eine Einigung der europäischen Staaten vorzubereiten und zu ermöglichen, wenn Europa Glück und Gedeihen finden wolle. 1946 hat Winston Churchill in Zürich die Vereinigten Staaten von Europa und enge Partnerschaft zwischen Frankreich und Deutschland gefordert. Im Oktober 1948 traf ich zum ersten Mal mit Robert Schuman5, dem damaligen französischen Außenminister, zusammen, der im Mai 1950 den Plan einer europäischen Gemeinschaftfür Kohle und Stahl vorschlug. Sie wurde im April 1951 Wirklichkeit. Die Tage des Scheiterns der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft6 im Jahre 1954 gehören zu den tragischsten Stunden Europas nach dem Kriege, weil die Europäische Verteidigungsgemeinschaft, wäre sie zustande gekommen, uns damals schon die politische Einigung Europas gebracht haben würde. Nach ihrem Scheitern musste von vorne begonnen werden. Die im März 1957 unterzeichneten „Römischen Verträge" brachten dann die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die Europäische Atomgemeinschaft, denen die sechs Vertragspartner der Montanunion7 angehören. Diese Verträge, die ihre große Bedeutung auf dem wirtschaftlichen, sind von den sechs Partnern abgeschlossen worden in dem Bewusstsein, dass diese Verträge nicht die europäische politische Einigung ersetzen könnten. Allerdings hat sich schon 1950 bei den Verhandlungen über die Montanunion und später auch bei den EWG-Verhandlungen gezeigt, dass Großbritannien aufgrund seiner Verbindungen zu den Commonwealth8-Ländern nicht bereit und in der Lage war, einem echten Anschluss an Europa, mit der Übernahme aller damit verbundenen Pflichten, zuzustimmen. Sie wissen, dass der englische Premierminister Wilson9 zur Zeit mit den einzelnen Regierungen der sechs EWG-Staaten über die Bedingungen des Eintritts Großbritanniens in die EWG verhandelt. Wir müssen das Ergebnis dieser Verhandlungen abwarten. Eintritt in die EWG ist aber nicht dasselbe wie die Schaffung einer europäischen politischen Union. Ich möchte das sehr nachdrücklich betonen und ferner betonen, dass wir die politische Union vor allem brauchen. Aufgrund der Bonner Erklärung der sechs Regierungschefs10 vom 18. Juli 1961, mit der eine Kommission zur Ausarbeitung eines europäischen politischen Statuts eingesetzt wurde, entstand der sogenannte Fouchet-Plan I11. Im Januar 1962 lag ein neuer Entwurf vor, Fouchet-Plan II, bei dem eine Einbeziehung und Unterstellung der schon bestehenden wirtschaftlichen europäischen Institutionen unter die politische Gemeinschaft vorgesehen war. In diesem Punkt wurde der Plan später revidiert. Die Außenminister der Sechs haben sodann im April des gleichen Jahres über den neugefassten Fouchet-Plan II in Paris verhandelt. Vier der sechs Außenminister stimmten ihm zu. Die Vertreter Hollands und Belgiens verlangten für ihre Zustimmung die sofortige Einbeziehung Großbritanniens in die Verhandlungen. Um die dadurch eingetretene Stockung zu überwinden, hat der französische Staatspräsident im Einvernehmen mit dem deutschen Bundeskanzler, dem damaligen italienischen Ministerpräsidenten, der turnusmäßig dem Kreis der Regierungschefs präsidierte, vorgeschlagen, die sechs Re- 74 75 gierungschefs zur Beratung und Beschlussfassung nach Rom einzuladen. Italien lehnte ab, auf diesen Vorschlag einzugehen. Seit dem Jahre 1962 ruhen die Verhandlungen über die europäische politische Union, aber der Gedanke der europäischen Einigung und damit die damalige Vorlage ist nicht tot. Dafür hat die Entwicklung seit 1962 reichlich gesorgt. Ich meine, es müsste jedem, der an verantwortlicher Stelle steht, im Laufe dieser Jahre klar geworden sein, wie groß die Gefahr für Europa ist, und dass Europa nicht mehr die Zeit hat, geruhsam abzuwarten, bis vielleicht einmal die perfekte Lösung, die allen Partnerstaaten gleichermaßen gefiele, zustande kommt. In unserer Epoche dreht sich das Rad der Geschichte mit ungeheurer Schnelligkeit. Wenn der politische Einfluss der europäischen Länder weiterbestehen soll, muss gehandelt werden. Wenn nicht gleich die bestmögliche Lösung erreicht werden kann, so muss man eben die zweit- oder drittbeste nehmen. Wenn nicht alle mittun, dann sollen die handeln, die dazu bereit sind. Ich glaube, dass Frankreich und Deutschland den Kern der politischen Union Europas in Zusammenarbeit bilden können. Man sollte nicht allzu großen Wert auf die Form eines solchen Zusammenschlusses legen. Ob nun eine Föderation oder Konföderation entsteht, oder welche Rechtsform es immer sein mag: Handeln, Anfangen ist die Hauptsache. Ich bin nicht ohne Hoffnung. Gerade die letzten Wochen haben gezeigt, dass der deutsch-französische Vertrag, neu belebt, von beiden Partnern genutzt, ein Instrument sein kann, die europäische politische Einigung voranzubringen. Unser Ziel kann - das ist meine volle Überzeugung - nicht ein Europa der Sechs bleiben. Auch Spanien muss dazukommen. Spanien muss wegen seiner geographischen Lage, wegen seiner Geschichte, seiner Tradition, seines unersetzlichen Beitrags zur europäischen Kultur ein wesentlicher Bestandteil auch des kommenden geeinten Europa sein. Aber auch nach Osten müssen wir blicken, wenn wir an Europa denken. Zu Europa gehören Länder, die eine reiche europäische Vergangenheit haben. Auch ihnen muss die Möglichkeit des Beitritts gegeben werden. Europa muss groß sein, muss Kraft haben, muss Einfluss haben, um seine Interessen in der Weltpolitik zur Geltung bringen zu können. Was seit einiger Zeit in Rotchina12 vor sich geht, ist, eine letzte ernste Mahnung für Europa. Was dort auch geschehen mag, es wird eine ernste Bedrohung für die Sowjetunion sein und auch für das Russland westlich des Ural. Die Gefahr für Europa, die aus dem Fernen Osten herüberleuchtet, ist wahrscheinlich viel näher, als die meisten von uns glauben. Als ich noch Bundeskanzler war, habe ich mich immer wieder mit dem Problem Sowjetrussland - Rotchina beschäftigt, und zwar aufgrund von Gesprächen, die ich bei meinem Besuch in Moskau im Jahre 1955 mit Chruschtschow13 hatte; Chruschtschow hielt schon damals die chinesische Gefahr für sehr groß und nahm sie sehr ernst. Die durch die moderne Waffentechnik verursachte Überwindung auch sehr weiter Entfernungen bringt die Gefahren, die im Fernen Osten vorhanden sind, uns unheimlich schnell nahe. Ich glaube, eine Karte würde zeigen, dass die Entfernungen des Gebiets, in dem die Chinesen den nuklearen Krieg vorbereiten, zu den europäischen Großstädten, in der Luft gemessen, erschreckend wenig Sicherheit mehr bedeuten, wenn man sich den Aktionsradius der modernen Fernlenkwaffen vor Augen hält. Nach Zeitungsnachrichten hat die amerikanische Luftwaffe die Entwicklung eines Flugzeuges in Auftrag gegeben, das jeden Punkt der Erde innerhalb einer Stunde erreichen soll. Man darf nicht glauben, dass die politische Einigung Europas uns in Gegensatz zu den Vereinigten Staaten bringen würde. Das Gegenteil ist der Fall. John Foster Dulles14 und sein Nachfolger, Staatssekretär Herter15, haben immer wieder gedrängt, dass die politische Einigung Europas zustande käme. Die Interessen Europas und die der Vereinigten Staaten sind nicht immer identisch, und die europäischen Staaten müssen durch die Einigung Europas in die Lage versetzt werden, auch ihre Interessen zur Geltung zu bringen. Das Wesentliche und Grundsätzliche, die Erhaltung der Freiheit und des Friedens als die höchsten Güter der Menschheit, sind in den Vereinigten Staaten und in Europa in gleicher Weise Ziel der Politik. Lassen Sie mich zum Schluss zusammenfassend noch einmal eindringlich hinweisen auf die außerordentliche Gefährlichkeit der politischen Lage in unserer Zeit. Die Gefährlichkeit beruht einerseits in der Schnelligkeit, 76 77 mit der sich umwälzende Machtverschiebungen vollzogen haben und noch vollziehen. Sie liegt weiter in dem Vorhandensein von Supermächten, deren Bestehen die Gefahr in sich birgt, dass die übrigen Mächte zu mehr oder weniger Bedeutungslosigkeit verurteilt werden, sie werden Werkzeuge des Willens der ganz Großen. Sie liegt schließlich in der Unübersehbarkeit der Entwicklung Rotchinas. Diese Gefährlichkeit der Lage, die außerordentliche Schnelligkeit der Entwicklungen, zwingt Europa zu schnellem, entschlossenem Handeln, zwingt es zur schnellen politischen Einigung, um seine besonderen Interessen zu wahren, und damit seine Existenz als Faktor des Weltgeschehens zu erhalten. Wir sollten aber nicht nur diesen Zwang zum Handeln sehen, sondern auch die Chance, mit unserem Handeln Erfolg zu haben. Es ist zum Beispiel ermutigend zu beobachten, wie sich die immer noch im Werden und Entwickeln begriffene wirtschaftliche Zusammenfassung europäischer Länder zum Besten Europas ausgewirkt hat. Wenn die europäischen Länder oder auch nur ein großer Teil von ihnen in einer politischen Union geeint sind, wird ihre Stimme in der Weltpolitik gehört werden auch in den Fragen, die mit der nuklearen Waffe und der Verwendung der Atomkraft für friedliche Zwecke zusammenhängen. Die Verhandlungen, die zur Zeit zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion geführt werden, sind für Europa lebenswichtige. Ein nuklearer Krieg würde ein Flächenkrieg sein, der Europa wegen seiner großen Bevölkerungsdichte am meisten und verheerendsten treffen würde. In Europa wohnen im Durchschnitt 89 Menschen auf einem qkm, gegenüber 10 Menschen je qkm in der Sowjetunion, 21 Menschen je qkm in den Vereinigten Staaten von Amerika sowie 70 Menschen je qkm in Rotchina. Europa will helfen, die Gefahreines nuklearen Krieges zu beseitigen. Ehe Bindungen erfolgen, muss aber Europa wissen, worum es sich handelt: Im Interesse Europas ist es aber nicht möglich, ja geradezu absurd, dass nur nichtnukleare Mächte kontrolliert werden sollen, nukleare Mächte aber nicht. Wir können nicht kontrollierte Objekte der herrschenden nuklearen Staaten werden. [...] Nichts ist bezeichnender für die ganze Lage, als dass die Sowjetunion für sich die Kontrolle in größtem Umfange fordert, aber jede Kontrolle der Sowjetunion ablehnt. Die Europäer stehen in Gefahr, unter die Kontrolle der Russen hinsichtlich der Herstellung atomarer Kraft für friedliche Zwecke zu kommen. Diese Gefahr zeigt, wie dringend nötig die Schaffung einer europäischen politischen Union für alle europäischen Länder ist. Darum muss alles getan werden, so schnell wie möglich ein europäisches Statut, eine europäische politische Union zu schaffen, an deren Stimme auch die Superstaaten und das Weltgewissen nicht achtlos vorübergehen können. Quelle: AdenauerArchiv in der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus, StBKAH I 02., ma-schinenschriftl. Manuskript 1 Der „Ateneo" ist ein renommiertes Zentrum für Wissenschaft, Literatur und Kunst in Madrid. 2 Umgangssprachliche Bezeichnung für die Volksrepublik China. 3 Die Verhandlungen über die Nichtverbreitung von Atomwaffen führte 1968 zum Atomwaffensperrvertrag, der nur den USA, der Sowjetunion, Großbritannien, Frankreich und der Volksrepublik China die Entwicklung und den Besitz von Atomwaffen zugesteht. 4 Aristide Briand (1862-1932), setzte sich nach dem Ersten Weitkrieg als Außenminister Frankreichs zusammen mit seinem deutschen Amtskollegen Gustav Stresemann für einen deutsch-französischen Ausgleich ein. 5 Robert Schuman (1886-1963), Außenminister Frankreichs 1948-1953, einer der Gründungsväter des vereinten Europas. 6 Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft war ein Projekt, für die Länder des Schu-manplanes auch eine Verteidigungsgemeinschaft mit einer Europaarmee zu schaffen. Es scheiterte 1954 am Nein im französischen Parlament. 7 Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, der 1951 auf Initiative von Robert Schuman gegründete erste europäische Zusammenschluss zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden. 8 Politischer Zusammenschluss zwischen Großbritannien und seinen früheren Kolonien 9 Harold Wilson (1916-1995), 1964-1970 und 1974-1976 Premierminister Großbritanniens. 10 Regierungschefs von Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden. 11 Der französische Diplomat Christian Fouchet (1911-1974) legte 1961 (Fouchet-Plan I) und 1962 (Fouchet-Plan II) jeweils einen Plan für eine „Europäische Politische Union" vor. 121966-1976 fand in der Volksrepublik China die sog. „Kulturrevolution" statt, mit der Parteichef Mao Zedong gegen echte und vermeintliche politische Gegner vorging. Vorsichtige Schätzungen gehen von mehreren hunderdtausend Toten aus. 13 Nikita Chruschtschow (1894-1971), 1953-1964 Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, 1958-1964 Vorsitzender des Ministerrates der UdSSR, 1964 gestürzt. 14 John Foster Dulles (1888-1959), 1953-1959 Außenminister der USA (Secretary of State). 15 Christian Herter (1895-1966), 1959-1961 Außenminister der USA (Secretary of State). 16 Adenauer behandelt hier Verhandlungen über einen Atomwaffensperrvertrag (s. Fußnote 78 79