770 Quassowski. Die Genfer Abkommen über die Vereinheitlichung des Wechselrechts. Von Ministerialrat Quassowski, Berlin. I. Allgemeines. In der Zeit vom 13. Mai bis zum 7. Juni d. Js. hat in Genf, vom Völkerbund einberufen, in Verfolg der im Haag 1910 und 1912 abgehaltenen Konferenzen die dritte Wechselrechtskonferenz unter der verdienstvollen Leitung des holländischen Staatsrats und Universitätsprofessors Dr. Limburg getagt. Über die Vorarbeiten zu dieser Konferenz ist bereits eingehend berichtet worden.1) Im folgenden soll ein Überblick über die Arbeiten und das Ergebnis der Konferenz selbst gegeben werden. An der Konferenz haben 32 Staaten teilgenommen, nämlich: 2) Deutschland, Österreich, Belgien, Großbritannien, Brasilien, Columbien, Dänemark, Danzig, Ecuador, Spanien. Finnland, Frankreich, Griechenland, Ungarn, Italien, Japan, Lettland, Luxemburg, Norwegen, die Niederlande, Peru, Polen, Portugal, Rumänien, Siam, Schweden, die Schweiz, die Tschechoslowakei, die Türkei, Venezuela und Jugoslawien, ferner die Vereinigten Staaten von Amerika, die Beobachter entsandt hatten, und mit beratender Stimme der Wirtschaftsausschuß des Völkerbundes, die Internationale Handelskammer, das römische Internationale Institut zur Vereinheitlichung des Privatrechts. Schließlich waren Mitglieder des Sekretariats des Völkerbundes beteiligt. Die Verhandlungen führten zum Abschluß der folgenden drei Abkommen: ein Abkommen über, ein einheitliches Wechselgesetz, ein Abkommen über gewisse Grundsätze des internationalen Wechselprivatrechts, ein Abkommen über die Verstempelung von Wechseln. *) C her on, Albert: Vers l'unification du droit de change, Annales de Droit Commercial 192g Jahrgang 38 Heft 1; von Flotow: Der heutige Stand der Bestrebungen zur Vereinheitlichung des Wechselrechts, diese Z. 1, 68; Frentzel, Die Arbeiten der Internationalen Handelskammer auf dem Gebiet der Vereinheitlichung des Wechsel-und Sclieckrechts, diese Z. 1, 550; Hirsch, Ernst: Die Vereinheitlichung der wechseirechtlichen Kollisionsnormen, JW. 1930 S. 1337; Hupka, Joseph: Zur Revision des Haager Wechselrechts, Wien 1930; Die Haager Wechselrechts übereinkommen und der Völkerbund, diese Z. 4, 205; Strauß, Ludwig: Die Vereinheitlichung des kontinentalen Wechselrechts, Juristische Blätter 1928 S. 549; Die Vereinheitlichung des Wechselrechts, Gerichts-Zeitung 1929 S. 273; Wehli, Albert: Die Vereinheitlichung des Wechselrechts, Wien 1929; Wieland, Karl: Der Vereinheitlichung des Wechsel- und Scheckrechts entgegen? Zentralbl. f. Handelsrecht 1928 S.283; Das Wechselrecht im schweizerischen Entwürfe eines revidierten Obligationenrechts und die Wechselrechts-Vereinheitlichung, Zürich und Leipzig. s) In der der französischen Bezeichnung entsprechenden alphabetischen Reihenfolge. Die Genfer Abkommen über die Vereinheitlichung des Wecuselrechts. 771 Die beiden ersten Abkommen sind von 22 Staaten gezeichnet worden, nämlich von Deutschland, Österreich, Belgien, Brasilien, Columbien, Dänemark, Danzig, Ecuador, Spanien, Finnland, Frankreich/ Italien, Luxemburg, Norwegen, den Niederlanden, Peru, Polen, Portugal, Schweden, der Schweiz, der Tschechoslowakei und der Türkei. Das dritte Abkommen hat auch Großbritannien gezeichnet. Im übrigen war die Zeichnung noch bis zum 6. September 1930 möglich. Auch können Staaten, die nicht gezeichnet haben, den Abkommen beitreten. Die Abkommen sind zu ratifizieren. Sie bedürfen in Deutschland, da sie Gegenstände der Reichsgesetzgebung betreffen, der Zustimmung des Reichstags. Die Ratifikationsurkunden sollen vor. dem 1. September 1932 beim Generalsekretär des Völkerbundes niedergelegt werden. Die Abkommen treten 90 Tage nach dem Zeitpunkt in Kraft, in dem sieben Staaten, darunter drei ständig im Völkerbund vertretene Mitglieder des Völkerbundes, sie ratifiziert haben. Das wichtigste Ergebnis ist die in dem ersten Abkommen vereinbarte Übernahme der Verpflichtung zur Einführung eines einheitlichen Wechselgesetzes durch die vertragscídie^eiideiLStaateHi—Zir-die5^r^ragě~~děr~^volker-lung"IiäTífupka in dem schon erwähnten Aufsatz in dieser Z. 4, 205 ff. in eingehenden Ausführungen Stellung genommen. In zum Teil sehr temperamentvoller Art und Weise äußert er starke Befürchtungen für den Bestand des Haager Wechselrechts-Übereinkommens, den er durch das Eingreifen des Völkerbundes für gefährdet ansieht. Er wendet sich scharf gegen die in den Äußerungen des Wirtschaftsausschusses des Völkerbundes und dem Bericht der Völkerbundsachverständigen vom Jahre 1928 zum Ausdruck gelangte Tendenz7~nüf 'ein 'Mušférgesetž^zu schaffen/ das abzuändern und zu ergänzen den RaHämenfeh der einzelnen Länder freistehen sollte. Er erblickt hierin das Gegenteil jeder Vereinheitlichung, und die Zerstörung des großen im Haag eingeleiteten Werkes. Die Besorgnisse Hupkas waren zweifellos nicht unberechtigt. So wenig auch an dem Inhalt der Haager Wechselordnung von den einzelnen Staaten ausgesetzt wurde, politische Erwägungen ließen Bedenken gegen die Vereinheitlichung laut werden. Namentlich in Frankreich glaubte man in der Verpflichtung, einem internationalen Abkommen gemäß die Gesetzgebung auf einem rein internen Gebiet ohne die Möglichkeit von Abänderungen und Ergänzungen von Grund aus umgestalten zu müssen, eii^Schmälerung der Rechte des Parlaments erblicken zu sollen. Von den mehr pohtisch eingestellten "Stellen, wie dem Wirtschaftsausschuß des Völkerbundes, wurden diese Schwierigkeiten in besonderem Maße gewürdigt (v. Flotow a. a. 0. S. 70J. Auch im Schrifttum sind diese Bedenken stark betont worden (Wieland a. a. 0.). Schließlich machte sie sich auch der Sachverständigenausschuß des Völkerbundes in seinem Bericht vom Jahre 1928 zu eigen. Der Gedanke der Schaffung eines bloßen Mustergesetzes hatte somit immer mehr an Boden gewonnen, wurde gewissermaßen zur offiziösen Tendenz. Demgegenüber wurde von der Mehrzahl der Delegierten in Genf die Meinung vertreten, daß zu einem derart resignierenden Standpunkt keine Veranlassung vorliege. Es fiel das Wort von dem Defaitismus, der um sich gegriffen hätte. So hat erfreulicherweise die Konferenz es abgelehnt, ein bloßes Mustergesetz zu beschließen, sich vielmehr für die im Haag befolgte Methode entschieden, nämlich den Abschluß eines Abkommens, durch das sich die Vertragsstaaten zur Einführung eines einheitlichen Wechselgesetzes verpflichteten. Sogleich am ersten Tage der Konferenz zeigte es sich, daß die übergroße Mehrheit der Staaten diese stärkere Bindung zu übernehmen gewillt war. Es blieb nicht ohne Eindruck auf die Konferenzteilnehmer, wie die einzelnen Regierurigsvertreter meist mit großer Entschiedenheit sich in diesem Sinne aussprachen und damit zu erkennen gaben, wie stark der Vereinheitlichungswille bei fast allen Staaten \j -.. 1 AyJ'* *. ^ i . y. * 1 • 1 », ■ v- Xo'-Y ■ > ■ 772 Quassowskii war. So konnte der Präsident am Schluß des ersten Verhandlungstages feststellen: „La grande majorite des orateurs se sont declares favorables au systéme de la Haye", und ferner „ . . . dans les grandes lignes la trěs grande majorite des orateurs se sont prononcés pour le sj'steme de la Haye et le President croit pouvoir constater que c'est la ľopinion presque generale de la Conference", im weiteren Verlauf der Verhandlungen gelangte dieser . . Wille zur Bindung nach Art der im Haag befolgten Methode immer stärker zur Geltung, oder richtiger gesagt: man. ging von diesem Standpunkt als von einer selbstverständlichen Voraussetzung aus, und so war es schließlich auch selbstverständlich, daß er im Abkommen zur Anerkennung gelangte. Daß gewisse Sicherungen und auch Abschwächungen der völkerrechtlichen Bindung vereinbart sind, die im Haag nicht vorgesehen waren, ändert . nichts daran, daß man im Grundsatz die schon im Haag gewählte Methode befolgt hat. Wie erwähnt, sollen die Abkommen nur dann in Kraft treten, wenn sie von sieben dem Völkerbund angehorigen Staaten, darunter drei ständig im Völkerbundsrat vertretenen Staaten, ratifiziert sind. Hierdurch soll eine Sicherheit dagegen geschaffen werden, daß ein Staat oder einzelne wenige__Staaten im Interesse der Vereinheitlichung das Opfer einer Abänderung ihres einheimischen Wechselrechts"' bringen, ohne daß zugleich andere, und namentlich auch große Staaten, ebenfalls das einheitliche Wechselgesetz bei sich einführen. Die Abkommen können ferner nach einem Zeitraum von zwei Jahren seit dem Inkrafttreten mit einer Kündigungsfrist von 90 Tagen gekündigt werden. Das Abkommen über das einheitliche Wechselgesetz kann sogar im Falle eines dringenden Bedürfnisses mit sofortiger Wirkung gekündigt werden. Diese Erleichterungen in der Kündbarkeit der Abkommen, insbesondere des Abkommens über das einheitliche Wechselgesetz, sollen den Parlamenten den Entschluß der Ratifizierung erleichtern. Um diesen Zweck zu erreichen, war sogar angeregt worden, jedem Staat das Recht einzuräumen, sofort, also schon am Tage nach dem Inkrafttreten des Abkommens, dieses fristlos zu kündigen; man glaubte davon ausgehen zu können, daß ein Staat, der das einheitliche Wechselgesetz erst einmal bei sich eingeführt und damit ein auch für den inneren Wechselverkehr maßgebendes Recht geschaffen hätte, es nur aus zwingenden Gründen wieder aufheben werde. Diese Erwägung hat jedenfalls ihren berechtigten Kern, und es ist möglich, daß auch eine solche auf den ersten Blick etwas weitgehende Freiheit in der Kündigung doch den Fortbestand der Vereinheitlichung nicht gefährdet hätte. Immerhin ist die erzielte größere Einschränkung in der Kündigungsmöglichkeit zu begrüßen. Daß auch die so vereinbarte Kündigungsmöglichkeit gegenüber der im Haag eingegangenen Bindung noch erleichtert ist, dürfte andererseits einen Nachteil nicht bedeuten. Da das einheitliche Wechselgesetz auch für den inneren Wechsel- / verkehr gilt, kann sich plötzlich das unabweisbare Bedürfnis zu einer Ge- ■ setaesänderung ergeben. Hat man so, was die Art der völkerrechtlichen Bindung anlangt, die Haager Methode befolgt, so standen auch die sachlichen Verhandlungen unter dem Einfluß des Werkes vom Haag. Als Grundlage der Beratungen diente zwar der Entwurf, den der vom Wirtschaftsausschuß des Völkerbundes einberufene Sachverständigenausschuß aufgestellt hatte. Dieser Entwurf gab aber den Haager Text wieder, nur mit einigen Abänderungen und Ergänzungen. Es handelt sich bei diesem um 23 Abweichungen, wovon viele nur redaktioneller Natur waren, aber auch die übrigen meist nur unwesentliche Neuerungen bedeuteten (vgl. Hupka, diese Z. 4, 232 Anm. 1). Gerade daß der Sachverständigenausschuß, der sich seiner Aufgabe in 30 Sitzungen in eingehender Arbeit unterzogen hatte, so geringe Abweichungen vorschlug, liefert den überzeugenden Nachweis für die Güte Die Genfer Abkommen über die Vereinheitlichung des Wechseirechts. und die Lebensfähigkeit des Haager Werkes. Die Vortrefflichkeit der Haager Wechselordnung war es denn auch, die ihr für die Verhandlungen in Genf die überragende Autorität sicherte. Man war sich bewußt, daß alle die Probleme, die in Genf zur Erörterung standen, bereits im Haag so eingehend beraten und durchdacht worden waren, daß es schwer sei,- ihnen neue Seiten abzugewinnen und überhaupt etwas Besseres an die Stelle der im ■ Haag gefundenen Lösungen zu setzen. Schließlich blieb auch nicht unberücksichtigt, daß die Haager Wechselordnung als Vorbild für die Gesetzgebung ver^ schiedener Staaten, z. B. Polen, Jugoslawien, gedient hatte und daß andere Staaten, z. B. Brasilien, das Haager Abkommen bereits ratifiziert hatten oder, z. B. Deutschland und die Schweiz, seine Ratifizierung eingeleitet hatten. So ist es erklärlich, daß das in Genf beschlossene einheitliche Wechselgesetz der Haager Wechselordnung im wesentlichen entspricht, daß man sogar verschiedentlich in denjenigen Fragen zu den Beschlüssen vom Haag zurückkehrte, in denen die Sachverständigen eine andere Lösung vorgeschlagen hatten. Es sind dies u. a. -folgende Fragen: die Zulassung des Vollindossaments, auf der Vorderseite des Wechsels (Art. 13 EinheitlWechsGes.), die Wiederherstellung der Prüfungspflicht des zahlenden Schuldners entsprechend der Haager Fassung (Art. 40 EinheitlWechsGes.), die Zulassung des Protesterlasses durch den Indossanten (Art. 46 EinheitlWechsGes.), die Regelung der höheren Gewalt im Sinne der Haager Wechselordnung- (Art. 54 EinheitlWechsGes.), die Erfordernisse der Ausstellung eines Wechsels in mehreren gleichlautenden Stücken (Art. 64 Abs. 2 EinheitlWechsGes.), die Befugnis des Inhabers, die Übergabe mehrerer Stücke zu verlangen (Art. 64 Abs. 3 EinheitlWechsGes.). Soweit die Vorschläge des Sachverständigenausschusses als Verbesserungen erkannt wurden, fanden sie die Billigung der Konferenz, Abgesehen von Änderungen bloß redaktioneller Natur seien hier erwähnt: die Vorschrift, daß ein Zinsvermerk ohne Angabe des Zinssatzes als nicht geschrieben gilt (Art. 5 Abs. 2 EinheitlWechsGes.), die Vorschrift, daß die in einem Vollmachtsindossament enthaltene Vollmacht durch den Tod1 oder die Geschäftsunfähigkeit ■ des Vollmachtgebers nicht erlischt (Art. 18-Abs, 3 EinheitlWechsGes.), die Erhöhung des Hundertsatzes für die Verzinsung des rückläufigen Wechsels von 5 auf 6 (Art. 48 Abs. 1 Ziff. 2, Art. 49 Abs. 1 Ziff. 2 EinheitlWechsGes.), der Wegfall des Provisiohsanspruchs beim Rückgriff (Art. 48, 4g EinheitlWechsGes.). Eine besondere Forderung fanden die Arbeiten der Konferenz in dem Entwurf der Sachverständigen, der die Aufstellung von Grundsätzen über das internationale Wechselprivatrecht zum Gegenstande hatte. Außer einigen aus der Haager Wechselordnung übernommenen Bestimmungen hatten die Sachverständigen in verschiedenen Fragen, z. B. mit Bezug auf den Inhalt und die Wirkungen • der wechselrechtlichen Erklärungen, den Übergang der Provision, die Zulassung der Teilannahme und der Teilzahlung, den Verlust des Wechsels, ganz neue begründete Vorschläge ausgearbeitet, die eine brauchbare Grundlage für die Beratung und Beschlußfassung bildeten. War somit vor allem die Haager Wechselordnung maßgebendes Vorbild für die Konferenz, gaben daneben aber auch die verdienstvollen Arbeiten des Sachverständigenausschusses brauchbare Anregungen und Vorschläge, so hat auch die Konferenz aus ihrer eigenen Mitte Neues geschaffen.--Es sind hier u. a. zu erwähnen; die Aufstellung des Grundsatzes von der gegenseitigen Unabhängigkeit der einzelnen wechselrechtlichen Verpflichtungen (Art. 7 EinheitlWechsGes.), die Vorschriften über den Blankowechsel (Art. 10 EinheitlWechsGes.), die Anerkennung- der Gültigkeit des Inhaber-indossaments (Art. 12 Abs. 3 EinheitlWechsGes.), die Regelung der Voraussetzungen, unter denen Einwendungen des Wechselschuldners aus seinen Zeifachr. f. ausl, u. intern. Privatreobt. 4. Jahrg. 5] * ir (t. J •fc. ^ 774 • . Quassowski. Rechtsbeziehungen zu dem Aussteller oder einem früheren Wechselinhaber zugelassen sind (Art. 17 EinheitlWechsGes.), die Verlängerung der Vor-legungsfristen für Sicht- und Nachsichtwechsel von sechs Monaten auf ein Jahr (Art. 23, 24 EinheitlWechsGes.), die Bestimmungen über die Be-Zahlung von Wechseln, die auf ausländische Währung lauten (Art. 41 EinheitlWechsGes.). Im allgemeinen war ebenso wie in der grundsätzlichen Frage der Art der völkerrechtlichen Bindung so auch in den sachlichen Einzelfragen der ehrliche Wille und die ernste Bereitschaft erkennbar, zu einer möglichst weitgehenden Vereinheitlichung zu gelangen. Es zeigte sich sehr bald, daß die Delegationen sowie die Regierungen, die durch sie vertreten waren, nicht starr an der Gesetzgebung oder an der Rechtsübung ihrer Länder festhielten, sondern aufrichtig bemüht waren, Einigungsformeln zu finden. Nicht selten erlebte man es, daß Delegierte erklärten, sie legten weniger Wert darauf, wie eine Frage geregelt würde, als auf das Zustandekommen einer Einigung in der betreffenden Frage überhaupt. Man war auch bestrebt, nach Möglichkeit eine Vereinheitlichung zu erzielen, die über das im Haag Erreichte noch hinausging. Es ist gelungen, die Wechselklausel ohne den noch im Haager Abkommen vorgesehenen Vorbehalt als wesentliches Erfordernis des Wechsels aufzustellen. Ferner ist der im Haag vereinbarte Vorbehalt, Y Meß- und Marktwechsel zuzulassen, weggefallen. Auch auf die ebenfalls noch im Haager Abkommen vorgesehenen Vorbehalte, im Wege der Landesgesetzgebung Teilzahlungen zuzulassen und von der Einführung des Pfandindossaments abzusehen, hat man in der ausgesprochenen Absicht, eine möglichst vollständige Vereinheitlichung zu erreichen, verzichtet. Das Ziel einer Angleichung des kontinentalen Wechselrechts an das englisch-amerikanische Rechtssystem wurde nicht aus den Augen verloren. Hier lagen die wertvollen Arbeiten des Internationalen Instituts in Rom für die Vereinheitlichung des Privatrechts vor, das in eingehenden Ausführungen auf die Fragen hingewiesen hatte, in denen eine Annäherung der beiden großen Rechtssysteme erreichbar erschien (vgl, hierzu Rabel, diese Z. 3, 242 ff., 402 ff.; Ulmer daselbst 243 ff.). So blieb z. B. bei der Erörterung der Frage, ob der Wechsel am Verfalltag selbst vorzulegen ist, nicht unberücksichtigt, daß das englische Recht eine solche Vorschrift enthält; es kam hier zu einem entsprechenden Vorbehalt. Daß im Vordergrund der Verhandlungen der Gesichtspunkt einer Zusammenfassung der (kontinentalen Wechselrechte stand, ist wohl erklärlich. So sehr man auch eine Vereinheitlichung der beiden großen Systeme erstrebt, so kann sie doch — darüber konnte sich die Konferenz nicht hinwegtäuschen -— erst in ferner Zukunft erreicht werden. Jedenfalls wußte die Konferenz den hohen inneren Wert und die große praktische Bedeutung des anglo-amerikanischen Rechts zu würdigen und nahm den Rat und die Auskunft der Delegierten Großbritanniens und der Vereinigten Staaten von Amerika dankbar entgegen. Die Konferenz bemühte sich, gewisse leitende Grundsätze einzuhalten, damit die notwendige grundsätzliche Übereinstimmung zwischen den einzelnen Bestimmungen gewahrt bliebe. So war man bestrebt, die Gültigkeit des Wechsels und der wechsel-reehtlichen Erklärungen nach Möglichkeit zu wahren. Die Nichtigkeit wechselrechtlicher Erklärungen sollte im Interesse des Verkehrs, soweit wie angängig, eingeschränkt werden. Aus dieser Tendenz heraus beließ man es bei der schon im Haager Entwurf vorgesehenen Möglichkeit für den Bezogenen, . den Wechsel, der auf ihn indossiert war, weiter zu indossieren (Art. 11 Schlußsatz EinheitlWechsGes.). Ein auf Streichung dieser Vorschrift gerichteter Antrag, der damit begründet war, die Wechselverpflichtung sei infolge der Indossierung des Wechsels auf den Bezogenen infolge Kon- Die Genier Abkommen über die Vereinheitlichung des Wechselrechts. 775 fusion erloschen, wurde abgelehnt. Dem Bestreben, die Nichtigkeitsgründe zu beschranken, entspricht es auch, wenn das Inhaberindossament zwar nicht als solches zugelassen, jedoch nicht für unzulässig und nichtig erklärt ist, sondern als Blankoindossament gelten soll (Art. 12 Abs. 3 Einheit! WechsGes.). In der gleichen Richtung liegt es, daß man, entgegen dem Vorschlag der Sachverständigen, ein Vollindossament nicht deshalb, weil es auf die Vorderseite des Wechsels gesetzt ist, als nichtig behandeln will (Art. 13 EinheitlWechsGes.); man hat hier den Haager Text wiederhergestellt. Auch die Aufnahme einer dem Art. 85 Satz 3 der deutschen WO. nachgebildeten Bestimmung in das Abkommen über gewisse Grundsätze des internationalen Wechselprivatrechts dient dem gleichen Zweck. Obwohl grundsätzlich die Form des Wechsels sich nach den Gesetzen des Staates bestimmt, in dessen Gebiet die Erklärung unterschrieben ist, kann jeder vertragschließende Staat vorschreiben, daß eine Wechselerklärung, die einer seiner Staatsangehörigen im Auslande abgegeben hat, auf seinem Gebiet gegenüber anderen seiner Staatsangehörigen gültig ist, wenn die Erklärung nur die nach seinem Gesetz erforderliche Form wahrt (Art. 3 Abs. 3 Abkomm, über intern. WechselprivR;). So suchte man ferner nach Möglichkeit den Grundsatz von der Unabhängigkeit und Selbständigkeit der einzelnen wechselrechtlichen Erklärungen zur Geltung zu bringen. Er gelangte einmal darin zum Ausdruck, daß die Art. 7 und 68 der Haager WO. zusammengefaßt und verallgemeinert wurden.' Nach diesem neuen Art. 7 EinheitlWechsGes. soll die aus irgendeinem Grund herrührende Nichtigkeit einer Wechselunterschrift die Gültigkeit der übrigen wechselrechtlichen Erklärungen nicht berühren. Auch sonst hat man die Selbständigkeit der verschiedenen wechselrechtlichen Erklärungen betont. So ist ausdrücklich bestimmt worden, daß der Vermerk „ohne Protest", falls er von einem Indossanten oder einem Wechselbürgen auf den Wechsel gesetzt ist, nur dem gegenüber wirkt, von dem er herrührt (Art. 46 Abs. 3 Satz 1 EinheitlWechsGes.). Dieser Vermerk hat im übrigen eine verschiedene Bedeutung, je nachdem er vom Aussteller oder von einem Indossanten, bezw. Wechselburgen ausgeht. Im ersten Fall wirkt er als Protestverbot, d. h. die Kosten des dennoch erhobenen Protestes treffen den Inhaber. Im zweiten Fall hat er nur die Bedeutung eines Pro testerlasses, d. h. alle Wechselverpflichteten sind zum Ersatz der Kosten eines dennoch erhobenen Protestes verpflichtet (Art. 46 Abs. 3 Satz 2, 3 EinheitlWechsGes.) Man hat auch gegenüber Anregungen nach Abänderung daran festgehalten, daß die in einem Indossament enthaltene Frist für die Vorlegung eines Sichtoder Nachsichtwechsels zur Annahme oder für die Zahlung im Falle de? Vermerks „ohne Kosten" nur zugunsten des betreffenden Indossanten gilt (Art. 53 Abs. 3 EinheitlWechsGes.). Im Interesse der Sicherheit des Wechselverkehrs war man ferner bemuht, die Rechtsbeziehungen der Beteiligten zueinander möglichst nur nach dem äußeren. .Inhalt ..des Wechsels zu bestimmen und Umständen, die aus der Wechselurkunde nicht ersichtlich sind, nicht oder doch nur im Falle emei entsprechenden Beweisführung Einfluß einzuräumen. Der Satz ,.Quod non est in cambio, non est in mundo" wurde nicht nur häufig zitiert, sondern" ^dete^uBTlřuíunter die Grundlage für die getroffenen Entschließungen So erklärt sich die Aufstellung einer Vermutung, daß eine durchstnchene Annahmeerklärung unwirksam sei (Art. 29 Abs, I Satz 2 EinheitlWechsGes.). So hat man es vermieden, den aus dem Wechsel nicht ersichtlichen Wohnsitz des Wechselverpflichteten für das anzuwendende Recht als maßgebend zu erklären (vgl. Abkomm, über intern. Wechselpriv.R.). Auch suchte man dem Willen der Wechselbeteiligten nach Möglichkeit Geltung zu verschaffen, ein Grundsatz, der mit dem soeben besprochenen 51* 776 Q u a s s o'w s k i. -Grundsatz sich zwar bisweilen kreuzte, aber auch häufiig übereinstimmte. Aus. dieser Einstellung heraus soll entsprechend dem Vorschlag des Sachverständigenausschusses der Zinsvermerk ohne Angabe des Hundertsatzes ■als nicht geschrieben behandelt werden (Art. 5 Abs. 2 EinheitlWechsGes.). Es wurde dabei berücksichtigt, daß das Fehlen, des Hundertsatzes in dem meist formularmäßigen Zinsvermerk darauf schließen läßt, der Aussteller habe nur versehentlich die Durchstreichung des Zinsvermerks unterlassen, .eine - Verzinsung also gar nicht gewollt. Allerdings ist man bei diesen beiden Grundsätzen nicht bis zur letzten Konsequenz gegangen. So konnte man sich nicht entschließen, die Form und die Wirkungen der wechselrechtlichen Erklärungen den Gesetzen des Staates zu unterstellen, dem der als Ort der Unterzeichnung im Wechsel angegebene Ort angehört. Wenn der Geschäftsmann aus Berlin, der sich in Paris aufhält, hier einen Wechsel unter der Ortsangabe Berlin ausstellt, so bekundet er damit in aller Regel den Willen, seine wechselrechtliche Erklärung deutschem Recht zu unterstellen. Es hegt daher nahe, entsprechend diesem vermuteten Willen sowie in Übereinstimmung mit dem Äußeren ' des Wechsels deutsches Recht zur Anwendung zu bringen. Andererseits ist zuzugeben, und diese Erwägung war für die Konferenz ausschlaggebend, daß, wenn man jede fiktive Ortsangabe gelten lassen wollte, Mißbräuchen Tür und Tor geöffnet würde, insofern der Unterzeichner einer wechselrechtlichen Erklärung durch entsprechende Ortsangabe dasjenige Recht wählen könnte, das ihn am günstigsten stellt. Daher soll für die Form und die Wirkungen der wechselrechtlichen Erklärungen nicht der im Wechsel angegebene Ort, sondern grundsätzlich der Ort entscheidend sein, an dem die Erklärung-wirklich unterzeichnet worden ist (Art. 3 Abs. i, Art. 4 Abs. 2 Abkomm, über intern. WechselprivR.). Allerdings wird eine tatsächliche Vermutung dafür sprechen, daß der im Wechsel angegebene Ort auch wirklich der Ort der Unterzeichnung ist. Im praktischen Ergebnis wird es hiernach häufig doch auf die Anwendung des Rechts desjenigen Staates hinauskommen, in dem der im Wechsel angegebene Ort liegt. II. Das Abkommen über das einheitliche Wechselgesetz. Das Abkommen über das einheitliche Wechselgesetz enthält neben der eigentlichen Verpflichtung zur Einführung dieses Gesetzes und den Bestimmungen über das Inkrafttreten sowie die Kündigung als Anhang das einheitliche Wechselgesetz selbst und die Vorbehalte. A. Das einheitliche Wechselgesetz. Was zunächst das einheitliche Wechselgesetz anlangt, so ist sein sachliches Anwendungsgebiet das nämliche wie das der Haager Wechselordnung. Es gilt nicht nur für international umlaufende Wechsel, sondern auch für den inneren. Wechselverkehr. Bemerkenswert sind folgende, teils vom deutschen Recht oder von der Haager Wechselordnung abweichende, teils neuartige Bestimmungen. 1. Die vorbehaltlose Einigung über die Formerfordernisse des Wechsels ist bereits erwähnt. Fast einstimmig lehnte man den noch im Haager Entwurf vorgesehenen Vorbehalt ab, statt der Wechselklausel die Orderklausel genügen zu lassen. Die Wechselklause] gilt also, dem deutschen Recht entsprechend, uneingeschränkt und vorbehaltslos. 2. Eine gewisse Vereinfachung ist "dadurch erzielt, daß der gesetzliche Begriff des Domizilwechsels beseitigt worden ist (Art. 4 Einheit]. Vie Genier Abkommen über die Vereinheitlichung des Wechselrechts. 777 WechsGes.). Es ergab sich, daß dieser Begriff in den einzelnen Ländern yerschieden verstanden wird. Nach deutscher Auffassung liegt ein Domizilwechsel dann vor, wenn der Wechsel an einem anderen Ort als am Wohnort des Bezogenen zahlbar ist, ohne Rücksicht darauf, ob ein Dritter, bei dem die Zahlung zu leisten ist, angegeben worden ist oder nicht (Art. 24 deutsche WO.}. Nach französischer Auffassung ist ein Domizilwechsel stets bei einem Dritten zahlbar. Um nicht einzelne Länder zu zwingen, sich eine neue Begriffsbestimmung anzueignen, hat man auf eine, solche überhaupt verzichtet. In den Art. 22 Abs. 1 EinheitlWechsGes. (Art. 21 Abs. 1 der Haager WO.) und Art. 52 Abs. 1 EinheitlWechsGes. (Art. 51 Abs. 1 der Haager WO.) ist demzufolge der Begriff des domizilierten Wechsels nicht mehr verwendet worden. 3. Neu ist die gesetzliche Anerkennung des Blankowechsels. Es kann, wenn ein unvollständig ausgestellter Wechsel den getroffenen Vereinbarungen zuwider ausgefüllt wird, die Nichteinhaltung der Vereinbarungen dem Inhaber nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, daß er den Wechsel in bosem Glauben erworben hat oder daß ihm bei dem Erwerb eine-grobe Fahrlässigkeit zur Last gefallen ist (Art. 10 EinheitlWechsGes.). Die Bestimmung, wie sie . ähnlich in der Verordnung des Österreichischen Justizministeriums vom 6. Oktober 1853 (RGBl. S. 200) sowie in neueren Wechselkodifikationen, nämlich in Art. 2 Schlußabsatz des polnischen Wecbsel-gesetzes vom 14. November 1924 und § 16 Abs. 2 des jugoslawischen Wechsel-, gesetzes vom 29. November 1928, enthalten ist, regelt das Recht des Blankowechsels nicht vollständig, sondern behandelt nur den Fall der abredewidrigen Ausfüllung des Blankowechsels. Aus einer solchen können dem gutgläubigen Erwerber Einwendungen nicht entgegengesetzt werden. Die Regelung entspricht der bei uns in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannten Rechts-auffasbung, wonach, wenn ein als Biankett ausgestellter Wechsel nach der Ausfüllung in die Hände eines redlichen Erwerbers gelangt, der Wechselschuldner nicht einwenden kann, die Ausfüllung entspreche nicht der hierüber zwischen ihm und dem Wechselnehmer getroffenen Abrede (Staub-Stranz, Anm. 12 zu Art. 7). Ob das Recht zur Ausfüllung übertragbar ist, ob also, wenn das Biankett von dem ersten Wechselnehmer unausgefüllt an einen Dritten weitergegeben wird, dieser zur Ausfüllung befugt ist, wird ausdrücklich nicht entschieden. Man wird aber anzunehmen haben, daß, wie auch der Bericht feststellt, ein Schutz des gutgläubigen Erwerbers nach Maßgabe dieser Vorschrift auch dann bestehi:, wenn die abredewidrige Ausfüllung nicht von dem ersten Wechselnehmer herrührt, mit dem die Abrede geti often ist, sondern von einem späteren Erwerber. Für die Anwendung der Vorschrift macht es keinen Unterschied, ob wesentliche Erfordernisse des Wechsels abredewidrig ausgefüllt werden oder fakultative; sie greift z. B auch bei abredewidriger Ausfüllung eines Domizil- oder Zinsvermerks cm (vgl. Ulimann, Bank-Archiv XXIX. Jahrg. S. 430). So gebräuchlich der Blankowechsel in vielen Ländern ist, wird er in manchen Ländern, z. B. in Frankreich, nicht anerkannt, vielmehr der Mißbräuche wegen, die mit ihm getrieben werden können, abgelehnt. So erklärt sich der Vorbehalt für die Landesgesetzgebung, diese Vorschrift nicht einzuführen (Art. 2 des Anhangs „Vorbehalte"). 4. Neu ist ferner die Anerkennung der Gültigkeit des Inhaberindossaments. Es wird allerdings nicht als solches behandelt, vielmehr gilt es als Blankoindossament (Art. 12 Schlußabsatz EinheitlWechsGes.). Diese Vorschrift ist also nicht im Sinne der Zulassung des Inhaberindossaments zu verstehen, lehnt dieses vielmehr ab. Die Zulassung des Inhaberindossaments wäre im praktischen Erfolg der Einführung des Inhaberwechsels nahegekommen. Obwohl damit eine Annäherung an das 178 - Q u as s o w s ki. englisch-amerikanische Recht erreicht worden wäre, hat man diesen Schritt nicht getan. Ein Bedürfnis hierfür wurde nicht für vorliegend erachtet. 5. Beibehalten ist die dem Art. 74 der deutschen WO. entsprechende Vorschrift des Art. 15 Abs. 2 der Haager WO., wonach der Inhaber eines Wechsels, falls dieser einem früheren Inhaber irgendwie abhanden gekommen ist, nur dann zur Herausgabe des Wechsels verpflichtet ist, wenn er ihn in bösem Glauben erworben hat oder wenn ihm bei dem Erwerb grobe Fahrlässigkeit zur Last gefallen ist- (Art. 16 Abs. 2 EinheitlWechsGes.). Die Anregung, den Ausdruck „böser Glaube", weil er an sich unbestimmt sei und in den verschiedenen Fällen seiner Anwendung einen verschiedenen Inhalt habe, im Gesetz zu vermeiden und durch Kenntnis des betreffenden, genau zu bezeichnenden Mangels zu ersetzen (Hupka, Zur Revision des Haager Wechselrechts, S. 10), ist erörtert worden; ihr ist aber nicht stattgegeben. Wohl wäre eine Klarstellung nach dieser Richtung erwünscht gewesen, insbesondere dahingehend, was der böse Glaube oder der gute Glaube im einzelnen bedeutet und ob nur der gute Glaube bezüglich des mangelnden Eigentums oder auch mit Bezug auf die fehlende Verfügungsbefugnis, die fehlende Vollmacht, die Geschäftsunfähigkeit und dergl. heilende Wirkung hat.'■- Die Ansichten hierüber gingen aber weit auseinander, und es gelang nicht, eine einigende Formel zu finden. Nach deutschem Recht ist der Erwerber schon dann nicht in gutem Glauben, wenn ihm der Mangel im Recht des Veräußerers bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist {§932 Abs. 2 BGB.). Diese Begriffsbestimmung begegnete aber allgemeiner Ablehnung. Man hielt sie — wie zugegeben werden muß, nicht ganz zu Unrecht — insofern nicht für treffend, als bei bloßer, wenn auch.grobfahrlässiger Unkenntnis- nicht wohl von bösem Glauben gesprochen werden kann. Darüber hinaus wurde vielfach sogar auch die Kenntnis des Mangels im Recht nicht für ausreichend erachtet, um Bösgläubigkeit zu begründen. So hat man z. B. in děn nordischen Ländern bei dem Begriff des bösen Glaubens die dem Sprachgebrauch wohl auch entsprechende Vorstellung von einem moralisch nicht völlig einwandfreien Verhalten. Auch darüber gingen die Meinungen auseinander, auf welche Umstände der gute Glaube zu beziehen sei, um den Mangel des Erwerbsakts zu heilen. Übereinstimmung herrschte aber darüber, daß nur der böse Glaube oder die grobfahrlässige Unkenntnis mit Bezug auf das Recht des unmittelbaren Vormannes den rechtmäßigen Erwerb des Wechsels hindert, daß dagegen der böse Glaube oder die grobfahrlässige Unkenntnis mit Bezug auf das Abhandenkommen des Wechsels bei einem früheren Vormann, von dem ein späterer in nicht grobfahrlässiger Unkenntnis des Verlustes erworben hat, dem rechtmäßigen Erwerb nicht entgegensteht; denn in dem letzten Fall war der Vorerwerb bereits rechtswirksam erfolgt. Diese im Bericht festgelegte Auslegung kommt den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs entgegen, insofern, falls ein Rechtsmangel durch gutgläubigen Erwerb einmal geheilt ist, es hierbei auch mit Wirkung für den Rechtsnachfolger sein Bewenden hat. Dies ist auch die deutsche Rechtsauffassung, widerspricht dagegen der englischen Rechtsanschauung. . 6. In langwierigen und sehr eingehenden Beratungen wurde die Frage nach den Wechseleinreden erörtert. Die deutsche Wechselordnung beschränkt sich auf die Vorschrift, daß der Wechselschuldner sich nur solcher Einreden bedienen kann, die aus dem Wechselrecht selbst hervorgehen oder ihm unmittelbar gegen den jedesmaligen Kläger zustehen (Art. 82 deutsche -WO.). Es ist angesichts dieser'allgemein gehaltenen Bestimmung erklärlich, daß die Meinungen darüber auseinandergehen, unter welchen Voraussetzungen ■der Schuldner Einwendungen aus seihen Rechtsbeziehungen zu dem Aussteller oder einem früheren Inhaber dem Gläubiger entgegensetzen kann. Die Genfer Abkommen über die Vereinheitlichung des Wechselrechts. 779 Das Reichsgericht läßt solche Einwendungen nur zu, wenn Veräußerer und Erwerber arglistig zusammengewirkt haben, um den Schuldner um- seinen Einwand zu bringen (vgl. RGEntsch. Bd. 96 S. 191; Bd. in S. 202}. Im Schrifttum wird überwiegend die Kenntnis des Erwerbers von dem Bestehen der Einwendung für ausreichend erachtet, um sie zuzulassen (Staub-StranzAnm, 16 zu Art. 82; Bernstein, WO. S. 313 ff.). Nach dieser Richtung geht auch die Praxis der Instanzgerichte. Nach der Haager Wechselordnung sollten die Einwendungen nur bei betrügerischem Einverständnis zwischen Veräußerer und Erwerber, nach dem Vorschlag der Sachverständigen nur bei bösem Glauben des Erwerbers zugelassen sein. Die Konferenz hat sich keiner dieser Ansichten angeschlossen. Man ging von der Auffassung aus, daß, da kraft der Transportfunktion des Indossaments die Rechte aus dem Wechsel auf den Erwerber übergingen, Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem Schuldner und einem früheren Wechselinhaber das übergegangene Recht an sich nicht berührten und daher auch die bloße Kenntnis solcher Einwendungen dem Erwerber nicht schaden könnte. Daß die bloße Kenntnis solcher. Einwendungen schon die Annahme einer Arglist auf seiten des Erwerbers ohne weiteres rechtfertigte, ließ man, wohl mit Recht, nicht gelten. Man erachtete es daher für zu weitgehend, bei bloßer Kenntnis der Einwendungen diese zuzulassen. Dementsprechend wurde es auch abgelehnt, den bösen Glauben des Erwerbers als Grund für die Zulassung der. Einwendungen genügen zu lassen, da nach manchen Rechten, insbesondere nach deutscher Rechtsanschamlng; böser Glaube schon in der bloßen Kenntnis der betreffenden Tatsache liegt. Andererseits erschien es als zu eng, die Einwendung nur bei arglistigem oder betrügerischem Einverständnis oder Zusammenwirken zuzulassen. Man war der Meinung, daß es für den Ausschluß oder = die Zulassung der Einwendungen nicht sowohl auf das Verhalten des Veräußerers als vielmehr auf das Verhalten des Erwerbers ankomme. Man einigte sich auf eine mittlere Lösung, nämlich auf folgende Formulierung (Art. 17 EínheitlWechsGes.): „Les personnes actionnées en vertu de la lettre de change ne peuvent pas opposer au porteur les exceptions foňdées sur leurs rapports personnels avec le tíreur ou avec les porteurs antérieurs, ä moins que le porteur, en acquerant la lettre, n'ait agi sciemment au detriment du débiteur." Die deutsche Übersetzung wird zu lauten haben: „Wer aus dem Wechsel in Anspruch genommen wird, kann dem Inhaber keine Einwendungen entgegensetzen, die sich auf seine unmittelbaren Beziehungen zu dem Aussfeiler oder zu einem früheren Inhaber gründen, es sei denn, daß der Inhaber bei dem Erwerb des Wechsels wissentlich zum Nachteil des Schuldners gehandelt hat." 7. Die Bestimmung der Haager Wechselordnung über das Vollmachtsindossament ist, wie bereits erwähnt, ergänzt worden (Art. 18 EínheitlWechsGes.). Wenn sich diese Bestimmung auch darauf beschränkt, den Vollmachtsindossatar für berechtigt zu erklären, den Wechsel durch Vollmachtsindossament weiter zu indossieren, so bestand doch Übereinstimmung darin, daß ein von dem Vollmachtsindossatar auf den Wechsel gesetztes Indossament, auch wenn es nicht als Vollmachtsindossament bezeichnet ist, als solches gilt, also nicht etwa ungültig ist (vgl. Hupka, Zur Revision des Haager Wechselrechts S. n). Eine entsprechende Feststellung ist in dem Bericht enthalten. 8. Das dem deutschen Recht fremde Pfandindossament ist aus der Haager Wechselordnung (Art. 18) übernommen worden (Art. 19 EínheitlWechsGes.). Der Pfandindössatar hat alle Rechte aus dem Wechsel, jedoch hat ein von ihm ausgestelltes Indossament nur die Bedeutung eines Vollmachtsindossaments. Anregungen, dem Pfandindössatar auch das Recht zur Begebung des Wechsels durch Volliiidossament zu geben, ist im 780 Quassowski. Interesse des Wechselschuldners, dem auf diese Weise Einwendungen verlorengehen könnten, nicht entsprochen werden. Ber von den Sachverständigen empfohlene. Zusatz „sans prejudice du droit ducréancier gagiste de realisier le. gage a. ľéchéance de la creance" ist wieder gestrichen worden. Aus diesem Zusatz hätte man folgern können, daß der Pfand Indossatar befugt sei, nach Fälligkeit der pfandgesicherten Forderung den Wechsel durch Vollindossament weiter zu begeben. Bann hätte der Pfandindossatar den Wechsel vor Eintritt der Fälligkeit der pfandgesicherten Forderung nur durch Vollmachtsindossament, nach Eintritt dieser Fälligkeit auch durch Vollindössament begeben können. Biese Regelung hätte zur Rechts-uhsicherheit geführt; denn es wäre aus dem Wechsel selbst nicht ersichtlich gewesen, ob die Fälligkeit der pfandgesicherten Forderung eingetreten sei oder nicht, ob also das Indossament die Wirkung eines Vollindossaments habe oder nur als Volhnachtsindossament anzusehen sei. Mit der Beseitigung jenes Zusatzes soll zum Ausdruck gebracht werden, daß sich die Frage der Verwertung des mittels Pfandindossaments bestellten Pfandes, also des Wechsels, nach dem bürgerlichen Recht richtet. Obwohl man der in den meisten Ländern unbekannten Einrichtung des Pfandindossaments vielfach ablehnend gegenüberstand, glaubte man doch, wie schon erwähnt, auf den Vorbehalt, von . der Einführung des Pfandindossaments abzusehen, im Interesse der Vereinheitlichung verzichten zu sollen. Diesen Standpunkt liat man seinerzeit auch innerhalb der Internationalen Handelskammer vertreten (Frentzel, diese Z. i, 556). Ob das Pfandindossament bei uns Verbreitung finden wird, kann fraglich sein. Die Bestellung eines Pfandrechts am Wechsel geschieht gewöhnlich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Der Verkehr bedient sich aber auch zwecks Bestellung eines Pfandrechts am Wechsel des fiduziarischen Indossaments (Staub-Stranz Anm. 16 zu Art. 17). Dieses kann als verdecktes Pfandindossament angesprochen werden. Daß den Beteiligten die Möglichkeit eröffnet werden soll, sich statt des verdeckten eines offenen Pfandindossaments zu bedienen, ist als beachtens- und begrüßenswerte Neuerung anzusehen (so auch Wieland, Das Wechselrecht im schweizerischen Entwurf eines revidierten Obligationenrechts, und die Wechselrechtsvereinheitlichung S. 12). Die Rechtseínrichtung des offenen und verdeckten Pfandindossaments entspricht somit der Einrichtung des offenen und verdeckten Vollmachtsindossaments. 9. Teilannahme und Teilzahlungen sind in Übereinstimmung mit dem deutschen Recht (Art. 22, 38 deutsche WO.) und der Haager Wechselordnung (Art. 25, 38) zugelassen (Art. 26, 39 Einheitl. WechsGes.). Erwogen wurde hier eine Annäherung an das englische Wechsel-, recht, nach dem der Wechselinhaber berechtigt ist, Teilannahme und Teilzahlung abzulehnen. Auch wurde gegen die Zulassung der Teilzahlung der schon bei den Beratungen der Internationalen Handelskammer (vgl. Frentzel a. a. 0.) erörterte Einwand geltend gemacht, daß es bedenklich sei,, die Kassenboten zu ermächtigen, bei Teilzahlungen auf dem Wechsel den notwendigen Vermerk zu machen und die Teilquittung zu erteilen. Es setzte sich aber die Erkenntnis durch, daß die Zulassung von Teilannahme und Teilzahlung im Interesse der Garanten, nämlich der Indossanten und des Ausstellers, geboten sei, da diese sonst zu gewärtigen "hätten, ohne Rücksicht auf die Bereitwilligkeit des Bezogenen zur teilweisen Annahme oder Zahlung wegen der ganzen Wechselsumme im Rückgriffswege in Anspruch genommen zu werden. Ber im Haager. Abkommen noch vorgesehene Vorbehalt, Teilzahlungen im Wege der Landesgesetzgebung auszuschließen, ist, wie schon erwähnt, weggefallen. 10. Eingehend erörtert wurde die Frage, welche Wirkung die Streichung der Annahmeerklärung hat. Der Grundsatz mi'-r ■,-,- íl Die Genfer Abkommen über die Vereinheitlichung des Wechselrechts. 781 von der Unwiderruflichkeit der Annahmeerklärung, den die deutsche WO. im Art. 2i Abs. 4 aufstellt, ist bereits im Haag aufgegeben worden. Man ging damals davon aus> daß diese Vorschrift, wonach die einmal erfolgte Annahme nicht wieder zurückgenommen werden kann, zu Härten führen müsse. Gegen diese Vorschrift spricht aber auch, daß sie eine wenig klare und bestimmte Regelung enthält. Denn sie wird dahin ausgelegt, daß nur die „wirksam" erfolgte Annahmeerklärung nicht wieder zurückgenommen werden kann (Staub-Stranz Anm. 9 zu Art. 21). WaniL-db. -Annahme-,, erklärimj*^^^ ií^fí3em]jwěich.e 'Iheorie man~für die" Entstehung der We.ch§glyerprlichtung zu, solange der Wechsel noch nicht zurückgegeben ist (Art. 20 Einheitl. _■■■■—...... ' "" ' '"~—"<"<4>m.___ >T__^i________._.iii.iil|i-l.ilmiiUi.........1 /----—I.IT1I..I—----■ 'WechsGes.L_ Für diese Regelung war wptiprrfi^jnp^orfpr dip and pra TTtpottp von der JEntstehung der Wechselverpflichtung maßgebend, noch können -aúTThT irgendwelche Fol^rangen im Sinne" der MaBgebTichkeiť der einen oder der anderen Theorie gezogen werden. Dadurch, daß man die Haager Fassung ,,biffé . . . avant de s'etre dessaisi du titre" durch die Worte ersetzt hat ,,biffé . . . avant la restitution de la lettre", soll auch nur der_ jchein vermieden' werden,_jds^b_m2ari_eingr_T^eorieJ etwa der Auffassung, daßjjie, Wechselverpfüchtung mit dem AusderhaLd^eben_^^IWechsels eitstanden sei^^den^Voraugjgebeifv^o^ JJie Regelung hat eine für die Praxis wichtige ErgänziuTgerfahren. Es wird die Vermutung aufgestellt, daß die Streichung vor der Rückgabe bewirkt ist (Art. 29 Abs. 1 Satz 2 EinheitlWechsGes.}. Es entspricht dies dem Grundsatz, daß das Äußere des Wechsels entscheidet. Eine durchstrichene Annahmeerklärung gilt also dem Äußeren des Wechsels entsprechend als wirksam widerrufen. Wer sich darauf beruft, daß der in der Streichung zum Ausdruck gelangte Widerruf unwirksam sei, muß beweisen, daß die Durchstreichung erst nach der Rückgabe des Wechsels erfolgt sei. Die Vermutung wirkt sich, wenn der Wechselinhaber den Anspruch aus der Annahmeerklärung gegen den Annehmer geltend macht, gegen den Wechselinhaber aus. Er muß die gegen ihn sprechende Vermutung entkräften. Dagegen kann der Wechselinhaber, wenn er im Regreßwege gegen den Vormann vorgeht, die Vermutung für sich in Anspruch nehmen, wenn es sich darum handelt, die Verweigerung der Annahme darzutun. 11. In der Frage der Prüfungspflicht des zahlenden Wechselschuldners, nämlich in der Frage, inwieweit der Bezogene, der bei Verfall zahlt, prüfen muß, ob der, der ihm den Wechsel vorlegt, zur Empfangnahme der Zahlung berechtigt sei, ist man, wie schon erwähnt, zur Haager Wechselordnung zurückgekehrt. Die deutsche Wechselordnung enthält nach dieser Richtung nur die Vorschrift, daß der Zahlende nicht verpflichtet ist, die Echtheit der Indossamente zu prüfen (Art. 36 Satz .5 deutsche WO.). Nach Art. 40 Abs. 3 EinheitlWechsGes. wird, wer bei Verfall zahlt, von seiner Verbindlichkeit befreit, wenn ihm nicht Arglist oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Die Sachverständigen hatten demgegenüber vorgeschJagen, es solle eine Befreiung des Schuldners durch die Zahlung eintreten, falls nicht böser Glaube oder grobe Fahrlässigkeit bei ihm vorliegen. Man hielt jedoch die für diesen Vorschlag gegebene Begründung, eine Übereinstimmung zwischen dieser Vorschrift und der Regelung der Frage des gutgläubigen Erwerbes eines Wechsels (Art. 16 Abs. 2) herbeizuführen, nicht für stichhaltig. Es wurde erwogen, daß die Lage des Erwerbers eines Wechsels und die des auf Zahlung in Anspruch genommenen Bezogene" n ' T ' ' ' ' ' " ' ""' " ' '"' " "n T " Erwerb í Zahlung '■ < • 1 i •.'■*■.*. f. * ! C':< •* +'K)bA ÍW p*» . . - - t . ,4 -i C" ' 782 Quassowski. einer durch die Annahme übernommenen Verpflichtung verlangt; verweigert er die Zahlung, so hat er Klagerhebung und daneben Schädigung seines Ansehens und Kredits zu gewärtigen. Aus dieser Überlegung heraus ist es für gerechtfertigt erachtet worden, die Anforderungen an die Prü-fungspflicht des zahlenden Schuldners geringer zu bemessen als die Anforderungen an das Verhalten des Erwerbers eines Wechsels. Dem auf Zahlung in Anspruch genommenen Bezogenen soll — neben grober Fahrlässigkeit — nicht schon der böse Glaube, sondern nur Arglist schaden. Es ist auch erwogen worden, ob nicht die Zwangslage, in der sich der auf Zahlung in Anspruch genommene Bezogene befindet, weiter dazu führen muß, ihm die Verweigerung der Zahlung nur dann zuzumuten, wenn er imstande ist, den Mangel der Berechtigung des Wechselinhabers durch liquide Beweismittel zu beweisen (vgl. Hupka, Zur Revision des Haager Wechselrechts S. 18). Denn wenn der Schuldner auch Zweifel über die Berechtigung des Wechselinhabers hegt, ja selbst wenn er den Mangel der Berechtigung kennen sollte, so läuft er, wenn er keine Beweise hierfür in Händen hat, die oben gekennzeichnete Gefahr für sein Vermögen und seinen geschäftlichen Ruf. Man hat aber darauf verzichtet, diesen Gesichtspunkt im Gesetzestext zum Ausdruck zu bringen. Abgesehen von der Schwierigkeit einer Formulierung hielt man es nicht für angezeigt, eine derart ins Einzelne gehende Regelung zu treffen. Auch die schon erwähnte Autorität der Haager Wechselordnung hat hier mitgesprochen. Jener Gesichtspunkt, daß zugunsten des Schuldners der Mangel an liquiden Beweismitteln ins Gewicht fällt, ist im Bericht besonders erwähnt worden. Nach allem wird die Beibehaltung der Haager Fassung im Interesse der Sicherheit des Wechsel-Verkehrs, namentlich der reibungslosen Abwicklung des Bankverkehrs, zu begrüßen sein {vgl. Ulimann a. a. O. S. 430). 12. In der Frage der Bemessung der Vorlegung s - und Protestfrist, die zu den umstrittensten Problemen der Vereinheitlichung gehört (v. Flotow a. a. O. S. 73; Frentzel a. a. 0. S. 557), standen sich das deutsche und das französische System gegenüber. Die deutsche Regelung ist besonders praktisch und großzügig. Nach deutschem Recht kann sowohl die Vorlegung zur. Zahlung als auch die Protesterhebung am Zahlungstage und den beiden folgenden Werktagen erfolgen. Es braucht also der Wechsel nur einmal vorgelegt zu werden, nämlich gleichzeitig zur Zahlung und zur Protesterhebung; und zwar steht hierfür eine Frist von drei Tagen zur Verfügung. Nach französischem Recht gehört einem alten Rechtssatz zufolge der Fälligkeitstag dem Schuldner. Dieser braucht erst mit Ablauf des Fälligkeitstages zu zahlen; deshalb kann der Protest erst am folgenden Werktag erhoben werden. Da ferner die Verlegung zur Zahlung am Fälligkeitstag selbst erfolgen muß und die Protesterhebung nur an dem nächstfolgenden Werktag erfolgen kann, ist nach dem französischen System eine doppelte Vorlegung erforderlich, einmal zur Zahlung und einmal, zur Protesterhebung, und zwar steht für die Vorlegung zur Zahlung und für die Protesterhebung nur je ein Tag zur Verfügung. Beide Systeme sind in folgender Weise zusammengefaßt fArt. 38 Abs. 1, Art. 44 Abs. 3 Einheit]. WechsGes.). Man hat sich, und zwar ohne Vorbehalt, dahin geeinigt, daß die Protesterhebung außer an dem auf den Zahlungstag folgenden Werktag noch an dem zweiten Werktag erfolgen kann. Weiter ist — jedoch unter Vorbehalten — zugelassen, daß die Vorlegung zur Zahlung außer am Zahlungstag an den beiden nächstfolgenden Werktagen erfolgen kann, und die Protesterhebung am Zahlungstag ausgeschlossen. Die Regelung des einheitlichen Wechselgesetzes geht also dahin, daß der Wechsel am Zahlungstag und an den beiden folgenden Werktagen zur Zahlung vorgelegt werden kann und daß der Protest an den beiden auf den Zahlungstag fol- gei VO] erh Eil tag (Ai Re. ern Vei beh bes Rol Imi der ist. die Zah Lar W e Ein^ ordi gedi zahl deui in d zugi Zwa eine wäh der der eine nach Wäh in d wähl Anm und umst ■wend Eine Wäh; Zeit in de Bd. 3 wähn einer ausge entwe nach entscl Wech wähn ér die - 1 . - .*-■-,/ 'r*"«-—---------1 . ■ •L . * ' ' • ' \ - " Vi, ■ S "• ~ .- • . i, ■ -* " " * -' • •/ ' Í- '*■■*■; - ■ .." * .' - ■» ■ ■ mJ -"-»*.- ■ Die Genfer Abkommen über die Vereinheitlichung des Wechselrechts. 783 genden. Werktagen erfolgen muß. Der Wechsel braucht also nur einmal vorgelegt zu werden, nämlich gleichzeitig zur Zahlung und zur Protesterhebung, und zwar steht hierfür eine Frist von zwei Tagen zur Verfügung. Ein Vorbehalt ermöglicht es, die Protesterhebung auch schon am Zahlungstag selbst zuzulassen und damit zu dem deutschen Recht zurückzukehren (Art. 9 Anhang „Vorbehalte"). Ein zweiter Vorbehalt, der dem französischen Rechtssystem, übrigens auch dem anglo-amerikanischen Recht, entspricht, ermächtigt die Landesgesetzgebung, zu bestimmen, daß die Vorlegung am Verfalltag selbst erfolgen muß (Art. 5 Anhang „Vorbehalte"). Eine vorbehaltlose Einigung ist also in dieser Frage, die auch früher schon, insbesondere bei den Beratungen der Internationalen Handelskammer eine Rolle gespielt hat (Frentzel a. a. O. S. 557), nicht zustande gekommen. Immerhin ist zu berücksichtigen, daß die Vereinheitlichung der Bemessung der Vorlegungs- und Protestfrist wohl nur von untergeordneter Bedeutung ist. Im internationalen Verkehr trägt der Wechselinhaber regelmäßig nur die Sorge für die rechtzeitige Versendung des Wechsels zur Vorlegung zur Zahlung, während diese selbst am Zahlungsort stets durch eine mit dem Landesrecht vertraute Persönlichkeit erfolgt (v. Flotow a. a, O. S. 73). 13. Eine völlige Neuregelung hat die Frage der Zahlung von Wechseln in ausländischer Währung erfahren (Art, 41 EinheitlWechsGes.). Nach dem deutschen Recht, dem die Haager Wechselordnung entspricht, kann der Schuldner die in ausländischer Währung ausgedrückte Wechselsumme mangels Effektivklausel in der Landeswährung zahlen, und zwar umgerechnet nach dem Wert zur Verfallszeit (Art. 37 deutsche WO., Art. 40 Haager WO.). Eine Entwertung der Landeswährung in der Zeit zwischen Fälligkeit und Zahlung käme hiernach dem Schuldner zugute. Die Erfahrungen der Inflationszeit verlangten hier eine Änderung. Zwar soll nach der Entscheidung des. Reichsgerichts (Bd. 108 S. 337) bei einer Entwertung der Landeswährung derjenige Betrag in dieser Landeswährung zu zahlen sein, der in stabile Währung umgerechnet die Summe der stabilen Währung ergibt, die am Verfalltag dem inländischen Kurswert der im Wechsel bezeichneten ausländischen Wechselsumme entsprach. An eine solche mehrfache Umrechnung — der ausländischen Wechselsumme nach dem Kurs des Verfalltags in die Landeswährung, dieser in stabile Währung und schließlich des in stabiler Währung ausgedrückten Betrags in die diesem Betrag am Zahlungstag entsprechende Summe in Landeswährung — hat der Gesetzgeber zweifellos nicht gedacht (Staub-Stranz Anm. 2 zu Art. 37). Jedenfalls ist eine solche Auslegung zu fernliegend und die Gesetzesanwendung angesichts der mehrfachen Umrechnung zu umständlich, als daß man sie für den internationalen Verkehr hätte verwenden können. Hier war eine klare, unzweideutige Regelung geboten. Eine Bestimmung, wonach für die Umrechnung der in der ausländischen Währung ausgedrückten Wechselsumme nicht die Verfallzeit, sondern die Zeit der Zahlung maßgebend sein soll, hätte der Vorschrift des § 244 BGB. in der ihr vom Reichsgericht gegebenen Auslegung entsprochen (RGEntsch. Bd. 101 S. 312) und jedenfalls für den Fall einer Entwertung der Landeswährung zu einem befriedigenden Ergebnis geführt. Sie hätte aber im Falle einer Entwertung der ausländischen Währung, in der die Wechselsumme ausgedrückt ist, versagt, insofern sich der Schuldner durch Zahlung in der entwerteten ausländischen Währung hätte befreien können. Man hat sich nach eingehenden Beratungen schließlich für folgende neuartige Lösung entschieden. Der Schuldner eines in ausländischer Währung lautenden Wechsels kann mangels Effektivklausel die Wechselsumme in ■ der Landeswährung nach dem Wert zahlen, den sie am Fälligkeitstage hat; verzögert er die Zahlung, so kann der Inhaber die Umrechnung nach seiner Wahl zum 784 Qaasso wski. Kurse am Fälligkeitstage oder am Zahlungstag verlangen. Hier .geht das an sich dem Schuldner zustehende Wahlrecht, ob die Wechselsumme in der ausländischen oder in der Landeswährung zu zahlen ist, im Falle der Verzögerung der Zahlung auf den Gläubiger über. 14, Eine glatte Annahme ohne jede Erörterung fand die Vorschrift, daß der Wechselinhaber von dem Unterbleiben der Annahme' oder der Zahlung nicht nur seinen unmittelbaren Vormann, sondern auch den Aussteller benachrichtigen muß (Art. 45 EinheitlWechsGes.}. Diese Bestimmung bedeutet gegenüber dem geltenden deutschen Recht eine Erweiterung der Benachrichtigungspflicht, insofern nach unserem Recht die Mitteilung nur dem unmittelbaren Vormann gemacht zu werden braucht. Gegen die Erweiterung der Benachrichtigungspflicht waren aus Bankkreisen unter Hinweis auf die dadurch entstehende Mehrarbeit Bedenken erhoben worden. Demgegenüber war das Interesse des Rückgriffsschuldners, insbesondere des Ausstellers, an schneller Benachrichtigung von dem Notleiden des Wechsels zu berücksichtigen. Die Konferenz hielt die Benachrichtigungspflicht gegenüber dem Aussteller für eine Selbstverständlichkeit. . 15. Der Satz für die Verzinsung des rückläufigen Wechsels ist den Vorschlägen der Sachverständigen entsprechend auf 6 v. H. bestimmt worden (Art. 48 Abs. 1 Ziff. 2 EinheitlWechsGes.). Die Erfahrungen der Nachkriegszeit sprachen zwar eher gegen eine solche starre Festlegung. Sie war aber unvermeidlich, wenn man nicht auf eine Vereinheitlichung insoweit überhaupt verzichten wollte. Denn die Einführung eines gleitenden, etwa nach dem Bankdiskont zu bemessenden Zinssatzes hätte, wenn Willkürlichkeiten und Ungerechtigkeiten vermieden werden sollten, nur im Verhältnis zu den in dem betreffenden Lande wohnhaften Beteiligten gelten können. Jeder Staat kann aber für Wechsel, die in seinem Gebiet zugleich ausgestellt und zahlbar sind, an Stelle des Zinssatzes von 6 v. H. den gesetzlichen Zinsfuß "setzen (Art. 13 Anhang ,,Vorbehalte"). Dies braucht nicht der allgemein auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts maßgebende Zinsfuß, etwa der Verzugszinssatz, zu sein; der gesetzliche Zinsfuß kann auch der besondere für die Wechselforderungen geltende Zinssatz, bei uns also der gemäß dem Gesetz vom 3. Juli 1925 (RGBl. I S. 95) dem Reichsbankdiskont angepaßte Zinssatz, sein. 16. Entsprechend den Vorschlägen der Sachverständigen ist auch der Provisionsanspruch des Rückgriffsberechtigten in Wegfall gekommen (Art. 48, 49 EinheitlWechsGes.). Ein solcher Provisionsanspruch ist in einer Reihe von Ländern nicht üblich. Die Vertreter dieser Länder wandten sich gegen die Übernahme einer Einrichtung, für die ein Bedürfnis nicht vorliege und die zur Verteuerung des Wrechselrücklaufs führen müßte. Umgekehrt wurde von seiten anderer Länder darauf hingewiesen, daß es sich nach ihrem Recht bei der Gewährimg des Provisionsanspruchs um eine ständige Einrichtung handelte, die auch insofern gerechtfertigt erschiene, als die Provision die Vergütung für eine meist bankmäßige Tätigkeit bildete. Man erkannte die beiderseitigen Standpunkte an und einigte sich auf den Wegfall des Provisionsanspruchs im. einheitlichen Wechselgesetz mit einem Vorbehalt für die Einführung der Provision durch die Landesgesetzgebung (Art. 14 Anhang „Vorbehalte"). 17. Die Frage der Berücksichtigung der höheren Gewalt fand eine glatte und reibungslose Erledigung: die Haager Regelung wurde, von Einzelheiten abgesehen, einstimmig angenommen (Art. 54 EinheitlWechsGes.). Die Problemstellung, auf die es hier ankommt, ist bekannt. Die der älteren deutschen Praxis entsprechende., im Art, 813 des schweizerischen Obligationen- Die Genfer Abkommen über die Vereinheitlichimg des Wechselrechís. 7.85 rechts gesetzlich anerkannte Auffassung (vgl. Wieland, Das Wechselrecht im schweizerischen Entwurf eines revidierten Obligationenrechts und die Wechsehechtsvereinheitlichung S. 14), daß höhere Gewalt nicht von der Vorlegung und Protesterhebung zur Verfallszeit entbindet, der Inhaber daher seinen Regreßanspruch verliert, entspricht nicht dem heutigen Rechtsempfinden und hat schon auf den Haager Konferenzen keinen Vertreter gefunden. Vielmehr handelt es sich im wesentlichen darum, ob dann, wenn "die rechtzeitige Vorlegung des Wechsels oder die rechtzeitige Protesterhebung infolge höherer Gewalt unmöglich ist, sich die Vorlegungs- und Protestfrist um die Dauer der höheren Gewalt verlängern und die wechsehechtlichen Handlungen nach Wegfall des Hindernisses vorzunehmen sind oder sogleich ohne Vorlegung und Protesterhebung Rückgriff genommen werden kann. Im ersten Fall lastet das Risiko der höheren Gewalt auf dem Wechselinhaber, der, solange die höhere Gewalt anhält, nicht imstande ist, Rückgriff gegen Indossanten und Aussteller zu nehmen; im zweiten Fall trifft die Gefahr die Indossanten und den Aussteller, die eine Inanspruchnahme im Wege des Rückgriffs zu gewärtigen haben, ohne daß seitens des Wechselinhabers der Versuch gemacht zu werden brauchte, Zahlung durch den Schuldner zu erlangen. Sowohl für die eine als auch für die andere Regelung können Gründe rechtlicher und wirtschaftlicher Art angeführt werden und sind auch angeführt worden. Dafür, daß das Risiko dem Wechselinhaber aufzuerlegen ist, ließe sich nach dem Grundsatz „Casum sentit dominus" geltend machen, daß der Wechselinhaber der Träger des Wechselrechts ist, und ferner, daß der Schaden besonders kapitalkräftige Kreise, nämlich die Banken, namentlich die Großbanken, treffen würde. Die andere Regelung, bei der das Risiko dem Aussteller zur Last fällt, ließe sich unter dem Gesichtspunkt rechtfertigen, daß der Aussteller als der Urheber des wechselrechtlichen Verhältnisses auch die Gefahr zu tragen habe, und ferner, daß hierbei eine Verteilung des Schadens auf eine größere Zahl von Beteiligten — in Frage kommen insbesondere die Kreise des Handels und der Industrie eines Landes — erfolge. Die Haager Regelung, nach der bei einer höchsten dreißigtägigen Dauer der höheren Gewalt die Vorlegung und Protesterhebung innerhalb der sich verlängernden Fristen vorzunehmen sind, bei einer längeren Dauer der höheren Gewalt aber ohne Vorlegung und Protesterhebung Rückgriff genommen werden kann, faßte man als eine Kompromißlösung auf und gab ihr den Vorzug. Die Konferenz ging dabei davon aus, daß elementare Naturereignisse, wie Erdbeben, Überschwemmung und dergl., im allgemeinen den Verkehr nicht für längere Zeit als 30 Tage behinderten. In diesen Fällen könnte das Risiko, da es nur für eine Dauer von .30 Tagen in Betracht käme, unbedenklich dem Wechselinhaber auferlegt werden. In den Fällen der länger andauernden höheren Gewalt, also namentlich im Fall kriegerischer Ereignisse, glaubte man das Risiko dem Wechselinhaber nicht aufbürden zu können. Daraus, daß diese Regelung, und zwar einstimmig und ohne Vorbehalt, angenommen wurde, wird man allerdings nicht schließen können, daß man allseitig davon überzeugt gewesen wäre, sie allein sei die einzig richtige und zweckmäßige. Man gab ihr mehr in Anbetracht der Autorität der Haager Beschlüsse den Vorzug, Auch konnten die Länder, die die Haager Regelung bei sich eingeführt haben, insbesondere Österreich, das sie mit Gesetz vom 30. November 1912 (RGBl. S. 215) übernommen hat, sich auf die günstigen Erfahrungen berufen, die sie während des Krieges mit ihr gemacht hatten. Schließlich suchte man in dieser wichtigen Frage zu einer Einigung, und zwar zu einer vollständigen und vorbehaltlosen Einigung, zu gelangen, und dies schien auf der Grundlage der Kompromißlösung vom Haag am ehesten möglich. Eine durch die Ereignisse während des Krieges veranlaßte, im Haag absichtlich vermiedene Ergänzung hat der 786 Q u a s s o ws kí. Haager Text insofern erfahren, als der Erlaß von Moratorien ausdrücklich als ein Fall der höheren Gewalt angeführt wird. Ein für das Land des Zahlungsorts . angeordnetes Moratorium eines Vertragsstaates hindert also bis zur Dauer von 30 Tagen eine Regreßnahme gegen die in einem anderen Vertragsstaat, wohnhaften Garanten. 18. Die Bestimmungen über die Wechselabschriften sind durch folgende Vorschrift ergänzt worden (Art. 68 Abs. 3 EinheitlWechsGes.): „Enthält die Urschrift nach dem letzten vor Anfertigung der Abschrift darauf gesetzten Indossament den Vermerk: „Von hier ab gelten Indossamente nur noch auf der Abschrift" oder einen gleichbedeutenden,Vermerk, so ist ein später auf die Urschrift gesetztes Indossament nichtig." Der Vermerk bildet ein Gegenstück zu der sog. Arretierungsklausel. Er ist geeignet, die sonst bestehende Möglichkeit auszuschließen, sowohl den Wechsel selbst als auch die Abschrift mit einem wirksamen Indossament zu versehen. Auf diese Weise kann eine erhöhte Rechtssicherheit erzielt werden. B. Die Vorbehalte. Die Vorbehalte sind das notwendige Gegenstück zu der Übernahme einer Verpflichtung zur Einführung eines einheitlichen Wechselgesetzes. Das von dem Sachverständigenausschuß empfohlene System der Schaffung eines bloßen Mustergesetzes kannte keine Vorbehalte, da es den vertragschließenden Staaten ohnehin gestattet hätte, dieses Mustergesetz beliebig zu ändern und zu ergänzen. Jetzt, wo wieder ein einheitliches Wechselgesetz aufgestellt, ist, das einzuführen die Staaten, sich verpflichtet haben, ist man notwendigerweise auch mit Bezug auf die Vorbehalte wieder zu dem Haager System zurückgekehrt. Daß das einheitliche Wechselgesetz nicht lückenlos das gesamte Wechsehecht für jeden Staat umfassen kann, ist so selbstverständlich und in manchen Punkten so offensichtlich, daß es zum Teil gar nicht der Erwähnung bedurfte. Daß z. B. über die Form des Protestes die Landesgesetzgebung zu bestimmen hat, bedurfte "erst einer Klarstellung nicht. Mit Bezug auf die Zahl der Vorbehalte heißt es in dem Bericht; „La Conference a fait touš les efforts possibles pour réduire au minimum le nombre des reserves, mais eile a iinalement du accepter un nombre important de reserves afin de concilier les intéréts particuliers des parties contractantes et faciliter en méme temps la ratification des accords et leur entree en vigueur. c'est-ä-dire de porter le mouvement d'unification du droit en matiěre de lettre de change sur le terrain des realisations pratiques." Wenn hier von einer bedeutenden Anzahl von Vorbehalten gesprochen wird, so kann doch nicht an der Zahl der Vorbehalte der Umfang des NichtZustandekommens einer Vereinheitlichung gemessen werden. Die Liste der Vorbehalte ist nur mit Einschränkung eine Verlustliste der Rechtseinheit zu nennen. Manche Vorbehalte sind lediglich aufgenommen, um jeden Zweifel zu vermeiden. Sie sind unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Interessen des Staates unerläßlich und bedeuten weniger eine Beeinträchtigung der Rechtsgemeinschaft mit den anderen Staaten als einen Einbruch des öffentlichen Rechts in das private Recht, der in gleicher Weise dann erfolgt wäre, wenn es zur Vereinheitlichung nicht gekommen wäre. Hierher gehört der Vorbehalt zugunsten notwendiger Maßnahmen auf dem Gebiet der Devisengesetzgebung, ein Vorbehalt, der mittelbar zur Änderung der Bestimmungen über die Ausstellung und Zahlung von Wechseln in ausländischer Währung führen kann (Art. 7 Anhang „Vorbehalte"). Ebenso selbstverständlich wie unerläßlich im öffentlichen Interesse ist der Vorbehalt, Moratorien zu erlassen, durch die die Vorlegungs- und Protestfristen verlängert und die Ver- Die Genfer Abkommen über die Vereinheitlichung des Wechselrechts. 787 fallzeiten hinausgeschoben werden. Dieser Vorbehalt erscheint geeignet, gegebenenfalls die Härten zu mildern, die sich aus der Zulassung eines Rückgriffs nach dreißigtägiger Dauer eines Ereignisses höherer Gewalt für die Garanten ergeben können (Art. 22 Anhang „Vorbehalte"). Als eigentliche Vorbehalte,, die der Vereinheitlichung Abbruch tun, können auch solche nicht angesprochen werden, die nur die Randgebiete des Wechselrechts treffen und sie von der Vereinheitlichung ausnehmen. Da es sich hier meist um Fragen handelt, die eng mit dem allgemeinen bürgerlichen Recht zusammenhängen oder die überhaupt als solche bürgerlichrechtlicher Natur anzusehen sind, ist ihre Freilassung für die Vereinheitlichung des- Wechselrechts ohne besondere Bedeutung. Hier sind vor allem die Vorbehalte für die deutsche Wechselbereicherungsklage und die französische Provisionslehre (Art. 15, 16 Abs. 1 Anhang „Vorbehalte") zu nennen, ferner auch der Vorbehalt, eine Wechselbürgschaft auf besonderer Urkunde zuzulassen (Art. 4 Anhang „Vorbehalte"). Entgegen der Anregung der Internationalen Handelskammer nach Aufnahme einer Vorschrift, daß die Bürgschaftserklärung auf den Wechsel, auf eine Allonge oder auf eine besondere Urkunde gesetzt werde, hat man sich auf jenen Vorbehalt beschränkt. Denn es war davon auszugehen, daß, wie auch die Sachverständigen annahmen, die Wechselbürgschaft auf besonderer Urkunde kein eigenthcher wechselrechtlicher Akt ist, sondern außerhalb des wechselrechtlichen Verhältnisses bleibt. Um gleichwohl jeden Zweifel an der Zulassung dieser Einrichtung auszuschließen, ist ein entsprechender Vorbehalt aufgenommen. Die Länder, in denen die Wechselbürgschaft auf besonderer Urkunde üblich ist, legtezi auf ihre Beibehaltung Wert. Durch sie kann der Wechselunterzeichner dem Gläubiger eine zusätzliche Sicherung verschaffen, ohne, wie dies im Falle einer offenkundigen auf dem Wechsel selbst ver merkten Bürgschaft der Fall sein kann, die Gefahr zu laufen, daß das Vertrauen in seine Zahlungsfähigkeit erschüttert werde. Auch ermöglicht die Wechselbürgschaft auf besonderer Urkunde es dem Aussteller, mit einer und derselben Bürgschaft eine zusätzliche Sicherheit nicht nur für einen, sondern für mehrere oder alle von ihm ausgestellten Wechsel zu erbringen. Zu dieser Gruppe von Vorbehalten ist auch der Vorbehalt zu rechnen, wonach die Landesgesetzgebung im Falle des Rücktritts vor Verfall den in Anspruch genommenen Regreßverprlichteten Fristen einräumen kann (Art. 11 Anhang „Vorbehalte"). Bei diesen Fristen, die sich nicht über die Fälligkeitstermine hinaus erstrecken dürfen, handelt es sich nicht sowohl um eine Abweichung von den Bestimmungen des' Wechselgesetzes über den Rückgriff vor Verfall als vielmehr um eine Art gesetzlicher Stundung oder auch, je nach der Gestaltung im einzelnen, um einen Vollstreckungsschutz, also um Maßnahmen, die außerhalb des Wechselrechts liegen. An Vorbehalten im eigentlichen Sinne, also solchen, die eine Abweichung von den Bestimmungen des einheitlichen Wechselgesetzes zulassen, sind namentlich zu erwähnen der Vorbehalt, wonach im Wege der Landesgesetzgebung die Vorlegung des Wechsels am Zahlungstag vorgeschrieben und die Protesterhebung am Zahlungstag zugelassen werden können (Art. 5, g Anhang „Vorbehalte"), ferner die Vorbehalte, wonach beim Wechselrückgriff abweichend vom einheitlichen Wechselgesetz die Verzinsung der Wechselsumme geregelt und ein Pro Visionsanspruch zugebilligt werden können (Art. 13, 14 Anhang „Vorbehalte"). Auch der Vorbehalt, daß die Benachrichtigung von der Erhebung des Protestes anstatt durch den Wechselinhaber selbst durch den mit der Protesterhebung betrauten öffentlichen Beamten vorgeschrieben werden kann, ist hier zu nennen (Art. 12 Anhang „Vorbehalte"). Ei boll die Beibehaltung eines Verfahrens ermöglichen, das insbesondere bei den baltischen Staaten, die es von Ruß- 788 Q n a s s o w s k i. land übernommen haben, üblich ist. Der Vorbehalt, wonach der Protest durch einen von dem Bezogenen zu unterzeichnenden Vermerk auf dem Wechsel ersetzt werden kann (Art. 8 Anhang „Vorbehalte"), ist vielleicht der Anfang einer Lockerung der strengen FormvorSchriften, wie sie zum Teil befürwortet wird (Wieland, Das Wechsehecht im schweizerischen Entwurf eines revidierten Obligationenrechts und die Wechselrechtsvereinheitlichung S. 17). Die vertragschließenden Staaten haben sich, abgesehen von den im .öffentlichen Interesse vorgesehenen Vorbehalten, verpflichtet, die Bestimmungen, die auf Grund der Vorbehalte im Wege der Landesgesetzgebung erlassen werden, unbedingt oder unter gewissen, von ihnen selbst zu bestimmenden Bedingungen anzuerkennen. Diese Verpflichtung ist die selbstverständliche Folge der vertragsmäßigen gegenseitigen Zulassung des Erlasses von Sondervorschriften. Sie kann nicht dahin verstanden werden, daß entgegen Art. 30 EG.BGB, das ausländische Gesetz auch dann Anwendung finden müßte, wenn es gegen die guten Sitten oder gegen leitende Grundsätze des deutschen Rechts verstoßen würde. Auch die Grundsätze des internationalen Privatrechts, sowohl die allgemeinen als auch die in dem Sonderabkommen über gewisse Grundsätze des internationalen Wechselprivatrechts enthaltenen, werden durch diese Anerkennung nicht berührt. Ob ein im Rahmen eines Vorbehalts erlassenes Landesgesetz von einem der vertragschließenden Staaten anzuwenden ist, richtet sich also, falls es sich um privatrechtliche Bestimmungen handelt, nach diesen Grundsätzen. III. Das. Abkommen über gewisse Grundsätze des internationalen Privatrechts. Dieses Abkommen trifft Bestimmung darüber, welches Recht auf international umlaufende Wechsel anzuwenden ist. Es hat im Wechselverkehr zwischen den Staaten, in denen das einheitliche Wechselgesetz zur Einführung gelangt, nur für solche Fragen Bedeutung, die nicht Gegenstand der Vereinheitlichung sind, also soweit die Vorbehalte reichen und soweit es sich um Fragen handelt, die, wie die Wechselfähigkeit, die Wirkung der wechselrechtlichen Erklärungen, die bei Verlust oder Diebstahl des Wechsels zu treffenden Maßnahmen, außerhalb des Wechselrechts liegen. Soweit dieses Abkommen, wie z. B. im Art. 5, Bestimmungen' über Fragen enthält, die Gegenstand der Vereinheitlichung und auch nicht durch einen Vorbehalt gedeckt sind, hat das Abkommen zwischen den Staaten, die auch dem Hauptabkommen beitreten, keine Bedeutung. Es kommt insoweit nur dann zur Anwendung, wenn ihm Staaten beitreten, in denen das einheitliche Wechselgesetz nicht eingeführt ist. Das Abkommen beruht, wie erwähnt, zum großen Teil auf Vorschlägen der Völkerbundsachverständigen. Nach der von ihnen vorgeschlagenen Methode kam dem Abkommen eine erhöhte Bedeutung zu, denn im Falle der Schaffung eines bloßen Mustergesetzes wäre die Vereinheitlichung nicht so umfassend gewesen wie in dem nunmehr gegebenen Fall der Einführung eines einheitlichen Wechselgesetzes. Es wäre alsdann auch in allen den Fragen zur Anwendung gelangt, in denen zwar das Mustergesetz eine einheitliche Regelung vorgesehen hätte, die vertragschließenden Staaten sich aber an diese Regelung nicht gehalten hätten. Im einzelnen sind namentlich folgende Bestimmungen von Bedeutung. 1. Die Frage, nach welchem Recht sich die Wechselfähigkeit beurteilt, hat eine Regelung erfahren, wie sie in genau derselben Weise in dem Haager Abkommen vereinbart war und wie sie im wesentlichen dem deutschen Recht entspricht. Als Grundsatz gilt, daß die Gesetze des Staates mat stiir rege Heii dies< fähi Ver] spre verb deut Haa bere Vert Angí wem gen d Hat über Reel Es i: abge Gebi . gelte ergal Verti Aner würd Erör jener r e c setze sind, Forn Bezu Bede stand ErklE den ' schlä; lung, natio: norm Bedei Erklä gehör setzu] gangs Anm. Erklä unein; klärui vorscl im A1 Staat; Zeit -•■ « í Genfer Abkommen über Vereinheitlichung des Wechselrechts 789 maßgebend sind, dem der sich Verpflichtende angehört. Diese Vorschrift Stimmt mit Art. 84 Satz 1 der deutschen.WO. überein. Von'dieser Hauptregel werden zwei Ausnahmen gemacht. Einmal tritt an die Stehe des Heimatsrechts ein anderes Recht, wenn, das Heimatsrecht ausdrücklich auf dieses Recht verweist; sodann tritt das Heimatsrecht zugunsten der Wechselfähigkeit zurück, wenn diese nach den Gesetzen des Ortes besteht, wo die Verpflichtung übernommen wird (Art. 2 Abs. 1, 2). Diese Ausnahmen entsprechen den geltenden deutschen Kollisionsnormen (vgl. Art. 27 EG.BGB. verbunden mit Art. 7 Abs. r daselbst; Art. 1 .deutsche WO.; Art. 84 Satz 2 deutsche WO.). Was die zweite Ausnahme anlangt,, so ist, wie schon im Haag, nicht verkannt worden, daß ihre allgemeine Geltung zur Gefährdung berechtigter Interessen eines Vertragsstaates führen könnte. Es soll einem Vertragsstaat nicht zugemutet werden, Wechselverbindlichkeiten eines Angehörigen, der nach seinem Recht nicht volljährig ist, anzuerkennen, wenn sie jenseits seiner Grenzen eingegangen sind; es würden sonst zwingende Vorschriften des Heimatsrechts leicht umgangen werden können. Hat ein zwanzigjähriger Deutscher in der Schweiz eine Wechselverbindlichkeit übernommen, so soll für Deutschland kein Zwang bestehen, diese nach seinem Recht nicht wirksam eingegangene Verbindlichkeit als gültig anzuerkennen. Es ist daher jedem Vertragsstaat vorbehalten, die von seinen Angehörigen abgegebenen Wechselerklärungen als nichtig zu behandeln, wenn sie im Gebiet der anderen Staaten nur in Anwendung der am Verpflichtungsort geltenden Gesetze gültig sind (Art. 2 Abs. 3). Gegen diese Bestimmung ergab sich eine heftige Gegnerschaft,, die sich darauf stützte, daß durch diese den Vertragsstaaten vorbehaltene Freiheit, den Wechselverbindlichkeiten die Anerkennung zu versagen, die Sicherheit des Wechselverkehrs gefährdet würde und unlautere Machenschaften begünstigt würden. Nach langen Erörterungen gewann die Ansicht die Oberhand, daß im staatlichen Interesse jener Vorbehalt notwendig sei.. ,Daß die Form und die Wirkungen der wechselrechtlichen Erklärungen sich grundsätzlich nach den Gesetzen des Staates bestimmen, in dessen Gebiet die Erklärungen. abgegeben sind, ist schon erwähnt. Die Regelung entspricht, soweit es sich um die Form handelt, der Haager Wechselordnung (Art. 75 das.). Dieser mit Bezug auf die Form vorgesehenen Kollisionsnorm ist nur geringe praktische Bedeutung beizumessen, da die Formvorschriften im wesentlichen Gegenstand der Vereinheitlichung sind. Die für die Wirkung der wechselrechtlichen Erklärungen aufgestellten Kollisionsnormen sind neuartig; sie beruhen auf. den Vorschlägen der Sachverständigen. Allerdings sollte nach diesen' Vorschlägen grundsätzlich das Gesetz des Wohnsitzes entscheiden, eine Regelung, die wegen der Unbestimmtheit des Wohnsitzbegriffs im internationalen Verkehr zu erheblicher Unsicherheit geführt hätte. Der Kollisionsnorm über die Wirkung der wechselrechtlichen Erklärungen ist praktische Bedeutung beizumessen. Was zu den Wirkungen einer wechselrechtlichen Erklärung gehört, ist nur zum Teil Gegenstand der Vereinheitlichung. Es gehört, dazu außer der Art und dem Umfang der Haftung auch die Voraussetzung für die Erzwingung ihrer Erfüllung sowie die Gründe ihres Untergangs, insbesondere auch die Normen über die Verjährung (Staub-Stranz, Anm. 6 zu Art. 87). Daß für Form und Wirkungen der wechselrechtlichen Erklärungen der Satz „Locus regit actum" maßgebend ist, gilt aber nicht uneingeschränkt. Soweit er sich auf die Form der wechselrechthchen Erklärungen bezieht, ist eine Ausnahme insofern vorgesehen, als jeder Staat vorschreiben kann, daß eine Wechselerklärung, die einer seiner Angehörigen im Auslande abgegeben hat, auf seinem Gebiet gegenüber anderen seiner Staatsangehörigen gültig ist, wenn die Erklärung nur die nach seinem Gesetz Zeitaobr. f. ausl. u. internát. Frivatrecbt. 4. Jahrg. 52 790 Quassowski. erforderliche Form wahrt (Art. 3 Abs. 3). Diese Bestimmung lehnt sich an Art. 85 Satz'3 der deutschen WO. an; sie dient dazu, die Ungültigkeit wechselrechtlicher Erklärungen wegen Formmangels nach Möglichkeit zu beschränken (vgl. oben zu I). Auch von dem Grundsatz, daß die Wirkungen der wechselrechtlichen Erklärungen sich nach dem Ort der Abgabe der Erklärung richten, ist eine Ausnahme vorgesehen: die Wirkungen der Verpflichtungen des Annehmers eines bezogenen Wechsels .und des Ausstellers eines eigenen Wechsels bestimmen sich nach den Gesetzen des Zahlungsorts (Art. 4 Abs. 1). Dies entspricht den deutschen Rechtsgrundsätzen (Staub-Stranz, Anm. 8 zu Art. 87}. Die Fristen für die Geltendmachung des Rückgriffsanspruchs werden für alle Wechšelverpňichteten durch. das Recht des Ausstellungsorts bestimmt (Art. 5). Es handelt sich um die Ausschlußfristen, die in einigen Ländern, z. B. in Belgien, Frankreich und Italien, für die Verfolgung des Rückgriffsanspruchs vorgesehen sind. Durch die Anwendung eines einheitlichen Rechts mit Bezug auf diese Fristen wird vermieden, daß beim Rücklauf des Wechsels ein Indossant im Regreßwege haftbar gemacht werden kann zu einer Zeit, zu der er seinerseits wegen Ablaufs der gegen ihn laufenden Ausschlußfrist seinen Vormann, insbesondere den Aussteller, nicht mehr in Anspruch nehmen kann'. Im Verkehr zwischen den vertragschließenden Staaten hat jedoch diese Regelung keine Bedeutung, da das einheitliche Wechselgesetz mangels eines entsprechenden Vorbehalts die Bestimmung von Ausschlußfristen für die Geltendmachung des Rückgriffsanspruchs nicht zuläßt (ebenso Ulfmann a. a. 0. S. 431)! Dies wird in dem Bericht ausdrücklich festgestellt. Die Frage, ob der Inhaber eines Wechsels die zugrunde liegende Forderung erwirbt, soll sich nach dem Ausstellungsort richten (Art. 6). Es-hat nicht an Versuchen gefehlt, diese Frage zum Gegenstand der Vereinheitlichung zu machen. So war beantragt worden, dem Aussteller zu gestatten, die zugrunde hegende Forderung durch einen entsprechenden Vermerk auf dem Wechsel zu übertragen. Diese Bestimmung hätte im wesentlichen einer im schweizerischen Entwurf eines revidierten Obligationenrechts enthaltenen Vorschrift entsprochen (Art. 1032 Abs. 2 daselbst). Man wäre damit auch in gewissem Sinne der französischen Provisionslehre entgegengekommen, die bekanntlich durch Gesetz vom 8. Februar 1922 ihren Niederschlag in der Vorschrift des Art. 116 Abs. 2 des Code de commerce gefunden hat: „La propnete de la provison est transmise .de droit aux porteurs de la lettre de change." (Vgl. zur Provisionslehre: Hirsch, Der Rechtsbegriff der Provision im französischen und internationalen Wechsehecht; Wahl, diese Z. 4, 405 ff.) Es fehlt nicht an Stimmen, die der Lehre von dem Übergang der unterliegenden Forderung unter gewissen Voraussetzungen namentlich im Konkursfall und als Ersatz des fehlenden Akzepts und hier besonders für die nicht akzeptable Tratte Eingang in das deutsche Rechtssystem verschaffen wollen (vgl. Wieland, Das Wechselrecht im schweizerischen Entwurf eines revidierten Obligationenrechts und die Wechselrechtsvereinheitlichung S. n, 17). Es mag sein, daß die Entwicklung dahin geht. Einstweilen erschienen diese Fragen, die nicht eigentlich wechselrechtlicher Natur sind, noch nicht derart geklärt, daß man. sie zum Gegenstand einer internationalen Regelung hätte machen können. Dagegen wurde der praktische Wert des Vorschlags der Sachverständigen, für diese Frage eine Konfliktsnorm aufzustellen, allseitig anerkannt. Nur ist man in der Sache selbst dem Vorschlag der Sachverständigen, die den Zahlungsort entscheiden lassen wollten, nicht gefolgt, sondern hat auf den Ausstellungsort abgestellt. Damit ist, da Wechsel in der Regel den größeren Teil ihrer Laufzeit im Lande des Ausstellungsorts bleiben werden, über- Genfer Abkommen über Vereinheitlichung des Wechselrechts. 791 wiegend die Anwendung des inländischen Rechts gesichert. (vgl. Ullmann a. a. O. S. 432). Dabei ist aber auch berücksichtigt worden, daß das Vorrecht des Inhabers auf die Deckung (Provision) dem Ergebnis nach auf ein Konktirsvorrecht hinausläuft. Da das Land des Ausstellungsorts in aller Regel auch das Land des Orts der Konkurseröffnung sein wird, wird es somit auch überwiegend zur Anwendung des inländischen Konkursrechts kommen. Der schweizerische Entwurf eines revidierten Obligationenrechts stellt es sogar ausdrücklich auf den Ort der Konkurseröffnung ab (vgl. Wieland a. a. O. S. 19). Die Kollisionsnorm bezüglich der Frage, ob Teilannahme und Teilzahlung zulässig sind, gehört ebenfalls zu denen, die im Verhältnis zwischen den Staaten, die das einheitliche Wechselgesetz bei sich einführen, keine Bedeutung haben, da dieses die Frage einheitlich regelt. Maßgebend ist das Gesetz des Ausstellungsorts (Art. 7). Gegenüber Antragen, das Gesetz des Zahlungsorts für maßgebend zu erklären, ist mit Recht der Standpunkt vertreten worden, daß jene Frage in erster Linie eine solche ist, die das Verhältnis zu den Regreßverpflichteten, also letzten Endes den Aussteller berührt, und daß daher der Ausstellungsort maßgebend sein müsse. Der Haager Wechselordnung (Art. 76 daselbst) entspricht die Vorschrift, daß die Form des Protestes und der übrigen wechselrechtlichen Handlungen sowie die Fristen für die Protesterhebung sich nach den Gesetzen des Staates bestimmen, in dessen Gebiet der Protest zu erheben oder die Handlung vorzunehmen, ist (Art. 8). Neu ist wiederum und von den Sachverständigen vorgeschlagen die Vorschrift, daß das Gesetz des Zahlungsorts die Maßnahmen bestimmt, die bei Verlust oder Diebstahl des bezogenen oder eigenen Wechsel zu ergreifen sind (Art. 9). Daß hier der Zahlungsort für maßgebend erklärt ist, entspricht dem Grundsatz des deutschen Rechts insofern, als für das Aufgebotsverfahren zum Zweck der Kraftloserklärung eines abhanden gekommenen Wechsels das Gericht des Zahlungsorts zuständig ist (Art. 73 deutsche WO., § 1006 ZPO.). IV. Abkommen über die Verstempelung von Wechseln. Dieses Abkommen legt den vertragschließenden Staaten die Verpflichtung auf, ihre Gesetzgebung, falls diese entsprechende Bestimmungen noch nicht enthalten sollte, dahin zu ändern, daß die Gültigkeit wechselmäßiger Verpflichtungen oder die Ausübung wechselmäßiger Ansprüche nicht von der Einhaltung der Stempelvorschriften abhängig ist. Bisher ist der entgegengesetzte Grundsatz von mehreren der bedeutendsten Handelsstaaten, darunter solchen, mit denen Deutschland in starkem Wechselverkehr steht, mit Entschiedenheit festgehalten worden; er hat hier für die beteiligten Kreise vielfach zu ungerechten Härten geführt. Denn da sich eine genaue Kenntnis ausländischer Stempelvorscbriften nur schwer erlangen läßt, trifft die Strafwirkung, die in der Nichtigkeit ungenügend verstempelter Wechsel enthalten ist, häufig einen unschuldigen Inhaber. Bestimmungen dieser Art sind auch deshalb bedenklich, weil sie in den Wechselverkehr - Unsicherheit hineintragen und ihn dadurch hemmen. Entsprechend dem bei uns seit jeher geltenden Grundsatz, daß die mangelnde und unzureichende VerStempelung der Wechselurkunde keinen Einfluß auf ihre privatrechtliche Gültigkeit haben darf, haben sich auch die Staaten, deren Stempelrecht bisher auf einem anderen Boden stand, entschlossen, die fiskalischen Be- 52* 792 Quassowški. lange zugunsten der internationalen Verkehrssicherheit zurücktreten zu lassen. Der Gedanke, daß die Gültigkeit des Wechsels nicht von der Beobachtung der nationalen Stempelvorschriften abhängig sein soll, hat allerdings nach drei Richtungen hin eine gewisse Einschränkung erfahren. Einmal sind die Vertragsstaaten ermächtigt, vorzuschreiben, daß Ansprüche aus ungenügend verstempelten Wechseln auf ihrem Gebiet nicht eher geltend gemacht werden dürfen, als bis der hinterzogene Stempelbetrag nachgezahlt worden ist (Art. i Abs. 2 Satz 1). Sodann wird ihnen die Befugnis eingeräumt, die prozeßrechtliche Vorzugsstellung, die der Wechsel nach einzelnen Landesgesetzen, z. B. dem italienischen, einnimmt, davon abhängig zu machen, daß der Stempelbetrag schon bei der Ausstellung der Urkunde gehörig entrichtet worden ist (Art. 1 Abs. 2 Satz 2). Diese Einschränkungen sah bereits das Haager Abkommen vor (Art. 19 Abs. 2 daselbst). Hinzugekommen ist eine weitere Einschränkung. Die vertragschließenden Staaten können das Recht.zur Geltendmachung der Wechselansprüche auch bis zur Zahlung verwirkter Geldstrafen aufschieben (Art. 1 Abs. 2 Satz 1). Die Mehrheit der auf der Konferenz vertretenen Staaten hielt diese Einschränkung im öffentlichen Interesse und aus Gründen der Staatsautorität für notwendig. Das Abkommen über die Verstempelung von Wechseln hat auch Großbritannien gezeichnet. Für Großbritannien beschränkt sich aber die Verpflichtung aus diesem Abkommen auf die außerhalb des Landes zur Annahme vorgelegten, angenommenen oder zahlbaren Wechsel. Aber gerade mit Bezug auf Wechsel, die innerhalb Großbritanniens zur Annahme vorgelegt, angenommen oder zahlbar sind, hat das Abkommen praktischen Wert, weil es sich hauptsächlich bei ihnen um die international umlaufenden Wechsel handelt. V. Schlußbemerkung. Die Abkommen in ihrer Gesamtheit, vornehmlich das Abkommen über das einheitliche Wechselgesetz, stellen ein Gesetzgebungswerk von erheblicher wirtschaftlicher und rechtlicher Bedeutung dar. Zwar ist das anglo-amerikanische Recht in die Regelung nicht einbezogen worden. Zusammengefaßt zu einem einheitlichen Ganzen sind aber die kontinentalen Rechte, insbesondere das deutsche und das französische Rechtssystem, und nicht nur sie, sondern auch außereuropäische, insbesondere südamerikanische Rechte. Es handelt sich also'um ein neues, dem anglo-amerikanischen Recht gleichwertiges Welt wechselrecht, dessen im Haag geschaffene Grundlagen man in Genf erneuert hat. si Institut für ausländisches und internationales Privatrecht für r.' Herausgegeben in Gemeinschah mit Heinrich Titze Martin Wol££ ordentliche Professoren an der Universität Berlin wissenschaftliche Berater des Instituts Max Pagenstecher ordentlicher Professor an der Universität Hamburg Franz Schlegelberger Ministerialdirektor im Reichsjustiz- ministerium, Honorarprofessor an der Universität Berlin '&..\' von i -t i ordentlicher Professor an der Universität Berlin Direktor des Instituts Vierter Jahrgang 1930 I ;. !!.' - ■ j I * n Ji""" S.,:,V.-i *- * - Berlin und Leipzig 1930 Walter de Gruyter & Co. vormals G. J. Gösdien'sche Verlagshandlung / J. Gutlentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer / Karl J. Trübner / Veir & Comp. 69/7 6 9.2 8 1- 2 "4-4Ji USA-