Urteils nicht freiwillig heraus, kann Max einen Gerichtsvollzieher mit der Vollstreckung beauftragen, der die Waschmaschine der Frieda wegnimmt und sie dem Max aushändigt. Nur in ganz seltenen Fällen lassen die Prozessordnungen eine Durchbrechung der Rechtskraft zu. Sie geschieht durch eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Sie ist unter anderem dann zulässig, wenn der Kläger ein Urteil durch Prozessbetrug erschlichen oder ein Zeuge falsch ausgesagt hat. 5. Kostentragung und Prozesskosten hi If e Die Kosten eines Prozesses fallen grundsätzlich der Partei zur Last, die unterlegen ist. Sie muss sowohl die Gerichtskosten bezahlen als auch die Kosten des Prozessgegners und ihre eigenen Kosten. Die Hohe der Gerichts- und Rechtsanwaltskosten ist nach dem Wert der Sache, um die es in dem Verfahren geht (sog. Streitwert) gestaffelt und bei den Streitwerten des täglichen Lebens geringer als z. B. in England und vielen anderen europäischen Rechtsordnungen. Sie wird trotzdem von den Beteiligten oft unterschätzt und kann bei niedrigen Streitwerten und einem Streit durch zwei Instanzen leicht den geltend gemachten Anspruch übersteigen. Das gilt vor allem dann, wenn nicht nur Gerichts- und Anwaltskosten, sondern auch Kosten eines Sachverständigen anfallen. Manche Prozessordnungen sehen vor, dass Beteiligte Kostenvorschüsse zu leisten haben, damit ihnen das Kostenrisiko rechtzeitig vor Augen geführt wird. Beispiel: Der Radfahrer R ist von der Autofahrerin A angefahren worden. Für die Reparatur seines Rennrads musste er 600 € aufwenden. A zahlt trotz mehrerer Mahnungen nicht, weil sie meint, R sei zu schnell gefahren. Wenn R die A auf Zahlung von 600 € verklagt, muss er an die Gerichtskasse einen Kostenvorschuss von 105 € einzahlen. Dabei handelt es sich um die Gerichtskosten, die anfallen, wenn die Klage des R abgewiesen wird. Wenn der Richter ein Sachverständigengutachten zum Unfallhergang für erforderlich hält, wird er für die Kosten des Sachverständigen einen weiteren Vorschuss (mindestens 300-600 £} anfordern. Wenn die Klage abgewiesen wird, muss R nicht nur die Reparatur seines Fahrrads selbst bezahlen, sondern auch die Gerichts- und Sachverständigenkosten. Wenn A einen Anwalt genommen hat, muss R auch die Kosten ihres Anwalts bezahlen. Allerdings soll die Verfolgung eines begründeten Anspruchs oder die Verteidigung gegen eine Klage nicht daran scheitern, dass ein Beteiligter die Kosten nicht aufbringen kann. Wirtschaftlich schwache Beteiligte können deshalb Prozesskostenhilfe erhalten. Sie brauchen die Gerichts- und ihre eigenen Anwaltskosten dann entweder gar nicht oder nur in (nach der Hohe ihres Einkommens gestaffelten) Monatsraten zu bezahlen. Prozesskostenhilfe erhält die wirtschaftlich schwache Partei nur für Prozesse, die Aussicht auf Erfolg haben. Diese Vorschrift dient auch dem Schutz der wirtschaftlich schwachen Partei. Geht der Prozess nämlich verloren, muss sie trotz der Prozesskostenhilfe die Kosten des Gegners in voller Höhe bezahlen. 111. Der Zivilprozess 1. Ablauf eines Zivilprozesses Der Zivilprozess beginnt damit, dass der Kläger gegen den Beklagten Klage hebt. In Bagatellfällen (mit einem Streitwert von nicht mehr als 750 €) und Nachbarschaftsstreitigkeiten muss der Kläger zunächst versuchen, sich mit dem Beklagten in einem außergerichtlichen Schlichtungsverfahren zu einigen. Hat diese Schlichtung keinen Erfolg, reicht er einen Schriftsatz bei Gericht ein, in dem er den Sachverhalt aus seiner Sicht schildert, die ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel nennt und einen bestimmten Antrag stellt: auf die Zahlung einer Geldsumme oder eine andere Leistung, zu der das Gericht den Beklagten verurteilen soll (§ 253 ZPO). Über diesen Antrag darf das Gericht nicht hinausgehen, auch wenn es der Meinung ist, dass der Kläger mehr zu beanspruchen hätte (§308 ZPO). Das Gericht übersendet die Klage an den Beklagten und entscheidet sich gleichzeitig für eine der beiden Verfahrensmöglichkeiten: Entweder rindet sogleich ein „früher erster Termin" statt, zu dem die Beteiligten geladen werden, oder ein „schriftliches Vorverfahren", im letzteren Fall wird dem Beklagten eine Frist zur schriftlichen Erwiderung auf die Klage gesetzt. Hierauf kann der Kläger wiederum einen Schriftsatz einreichen. Soweit ein Sachverständigengutachten erforderlich erscheint, kann es das Gericht schon jetzt einholen. Dann wird ein „Haupttermin" bestimmt, in dem der Prozess nach Möglichkeit erledigt werden soll. In diesem Termin stellen die Parteien ihre Anträge, werden die Zeugen vernommen und gibt das Gericht Hinweise, wie es den Fall beurteilt. Das Gericht soll in diesem Termin auch versuchen, eine gütliche Einigung, z. B. durch Abschluss eines Vergleichs, zu erreichen. Bleiben in diesem Termin Fragen ungeklärt, kann ein neuer Termin bestimmt werden. Normalerweise soll der Prozess jedoch in diesem Haupttermin abgeschlossen werden. Sieht der Richter die Sache für hinreichend geklärt an, schließt er die mündliche Verhandlung. Das Urteil ergeht allerdings meist nicht sofort, sondern in einem besonderen Termin. Es wird den Parteien mit einer schriftlichen Begründung zugestellt. Erscheint eine Partei - meist ist es der Beklagte - zur mündlichen Verhandlung nicht, kann gegen sie ein Versäumnisurteil ergehen. Dies ist mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör vereinbar, da jede Partei mit der Ladung ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen wird. Das Versäumnisurteil ist aber keine endgültige Entscheidung. Die säumige Partei kann einen besonderen Rechtsbehelf, den Einspruch, einlegen. Es findet dann eine weitere mündliche Verhandlung statt. Beispiel: Im Prozess zwischen R und A hat das Gericht Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. A kommt aber nicht. Der Richter entscheidet den Prozess, indem er von der An- I /"t Neuntes Kapitel: Das Verfahrensrecht nähme ausgeht, das Vorbringen des R sei richtig, und A habe keine Einwendungen erhoben. Er gibt der Klage also statt. A kann nun aber innerhalb der gesetzlichen Frist Einspruch einlegen und ihre Einwendungen wiederholen. Es wird dann ein weiterer Termin bestimmt. Wenn A zu diesem Termin erscheint, wird ihr Vorbringen berücksichtigt. Kommt A wieder nicht, bleibt es bei dem Ver Säumnisurteil. Beim Amtsgericht können die Parteien selbst erscheinen oder sich von Rechtsanwälten vertreten lassen. Das Urteil wird durch einen Einzelrichter gesprochen. Beim Landgericht besteht dagegen Anwaltszwang, d. h., die Parteien sind verpflichtet, einen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung zu beauftragen. Sie können zwar selbst an der Verhandlung teilnehmen und müssen dies tun, wenn das Gericht es anordnet. Anträge kann aber nur der von der Partei beauftragte Anwalt stellen. Anders als früher gibt es heute auch im Zivilprozess vor dem LG und dem OLG keine örtlichen Beschränkungen mehr. Wer bei irgendeinem LG zugelassen ist, darf bei jedem LG tätig werden; wer bei einem OLG zugelassen ist, darf vor jedem OLG auftreten. Nur vor dem BGH gilt noch der Grundsatz, dass in Zivilsachen nur ein Rechtsanwalt verhandeln darf, der bei diesem Gericht zugelassen ist. Am Landgericht entscheidet eine Kammer aus drei Berufsrichtern, die das Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen auf einen Einzelrichter übertragen kann. Eine Ausnahme besteht in den so genannten „Handelssachen", vor allem Streitigkeiten zwischen Kaufleuten aus Handelsgeschäften. Hier entscheidet eine Kammer, die aus einem Berufsrichter und zwei Laienrichtern besteht, die aus den an diesem Ort tätigen Kaufleuten gewählt werden. Die Laienrichter haben das gleiche Stimmrecht wie die Berufsrichter. 2. Der Beibringungsgrundsatz Im Zivilprozess stellt das Gericht die für den Ausgang des Verfahrens entscheidenden Tatsachen nicht von Amts wegen fest. Der Richter muss darauf hinweisen, welche Tatsachen er für erheblich hält und wer sie beweisen muss. Es ist aber Sache der Parteien, diese Tatsachen dann zu behaupten und geeignete Beweise für sie anzubieten, z. B. einen Zeugen zu benennen, ein Sachverständigengutachten anzubieten, eine Urkunde vorzulegen oder die Einnahme eines Augenscheins anzubieten. Tun sie dies nicht, wird die entsprechende Tatsache nicht berücksichtigt. Dem Richter ist es nicht gestattet, Tatsachen in Zweifel zu ziehen, von deren Richtigkeit beide Parteien ausgehen, oder Beweise darüber zu erheben. Dies ist der so genannte Beibringungsgrundsatz. Beispiel: Der Hühnerbrater H verlangt von dem Großhändler G Schadensersatz von 800 C, weil G ihm vertragswidrig 500 Brathähnchen nicht geliefert habe, die er auf dem sog. Turmfest braten wollte und mit einem Gewinn von je 1,60 C hätte verkaufen können. G räumt ausdrücklich ein, dass H dies hätte tun können, verteidigt sich aber damit, dass er von einem Der Strafprozess I /3 vereinbarten Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht habe. Der Richter R weiß, dass das Turmfest wegen Regens ausgefallen ist, weil er es selbst besuchen wollte. Er darf aber die Klage nicht deshalb abweisen, weil dieser Umstand von keiner Seite behauptet worden ist. Er muss deshalb dem Vorbringen des G nachgehen und - wenn es sich als unzutreffend herausstellt - der Klage stattgeben. Dagegen ist es ausschließlich Sache des Gerichts, die rechtliche Seite des Falles zu klären. Die Parteien und ihre Anwälte können rechtliche Ausführungen machen, müssen dies aber nicht. Das Gericht ist verpflichtet, die Parteien darauf hinzuweisen, wenn sie beide von einer falschen Rechtsauffassung ausgehen. Es darf keine Überraschungsentscheidung treffen. Beispiel: Emma hat bei Luigi in Siena zwölf Paar italienische Schuhe bestellt, aber nicht bezahlt, weil sie angeblich mangelhaft sind. Im Prozess haben Emma und Luigi über die angeblichen Mängel gestritten, wobei beide vom deutschen Recht ausgegangen sind. Wenn der Richter der Meinung ist, es sei italienisches Recht anzuwenden, muss er in der mündlichen Verhandlung darauf hinweisen. Er darf Emma und Luigi nicht im Urteil mit dieser Ansicht überraschen. IV. Der Strafprozess Im Strafprozess ist die Erhebung der Anklage grundsätzlich Sache der Staatsanwaltschaft. Das Legalitätsprinzip (vgl. Kap. 7 Abschn. IL 1.) verlangt, dass der Staatsanwalt jede Straftat verfolgt, von der er Kenntnis erlangt, wenn er das Verfahren nicht nach der Strafprozessordnung (z. B. wegen Geringfügigkeit) einstellen darf. Nur für einige weniger bedeutende Straftaten (z. B. Beleidigung) besteht die Möglichkeit, dass der Staatsanwalt das öffentliche Interesse ablehnt und es dem Geschädigten überlässt, die sog. Privatklage zu erheben. In allen anderen Fällen erhebt der Staatsanwalt Anklage, wenn er der Meinung ist, dass ausreichend Beweise für die Verurteilung des Angeklagten vorhanden sind. Wenn das Gericht der gleichen Meinung ist, lässt es die Anklage zu und bestimmt einen Termin zur Hauptverhandlung, in der die Anklageschrift verlesen wird und die Beweise erhoben werden. Der Staatsanwalt ist dabei verpflichtet, sowohl den für die Schuld des Angeklagten sprechenden Indizien als auch den für seine Unschuld sprechenden nachzugehen. Der Angeklagte kann seinerseits Beweismittel anbieten, denen das Gericht nachgehen muss, wenn es sie für entscheidungserheblich hält. Ist der Sachverhalt hinreichend geklärt, folgen das Plädoyer des Staatsanwalts und die Gegenausführungen des Angeklagten oder seines Verteidigers. Der Angeklagte hat in jedem Fall das letzte Wort.Er kann sich vor jedem Strafgericht selbst vertreten, aber auch einen Rechtsanwalt mit seiner Verteidigung beauftragen. Nur bei besonders schweren Straftaten bestellt das Gericht dem Angeklagten von sich aus einen Verteidiger (sog. Pflichtverteidiger). Das Urteil wird beim Amts- i / u Neuntes Kapitel: Das Verfahrensrecht gericht entweder von einem Berufsrichter oder vom Schöffengericht gesprochen, das aus einem Berufsrichter und zwei Laienrichtern (Schöffen) aus der Bevölkerung besteht, gesprochen. Auch hier haben die Laienrichter das gleiche Stimmrecht wie der Berufsrichter und entscheiden sowohl über die Schuldfrage als auch über das Strafmaß. Beim Landgericht entscheidet - je nach dem angeklagten Delikt - die Kleine oder die Große Strafkammer, die jeweils mit Berufs- und Laienrichtern besetzt ist. Über die Aburteilung von Kapitalverbrechen entscheidet die Große Strafkammer als Schwurgericht. „Geschworene", die als Jury über die Schuldfrage ohne Mitwirkung von Berufsrichtern entscheiden, gibt es im heutigen deutschen Strafprozessrecht nicht mehr. Bei der Berufung und Revision im Strafprozess besteht die Besonderheit, dass sie vom Staatsanwalt sowohl zuungunsten des Angeklagten eingelegt werden kann, wenn er den Freispruch für unrechtmäßig oder die Strafe für zu niedrig hält, als auch zugunsten des Angeklagten, wenn der Staatsanwalt die Strafe für zu hoch hält. Dies erklärt sich daraus, dass das Gericht an den Antrag des Staatsanwalts nicht gebunden ist, sondern auch darüber hinausgehen kann. Im Strafprozess gilt nicht der Beibringungsgrundsatz, sondern der Untersuchungsgrundsatz. Das bedeutet, dass der Richter hier verpflichtet ist, alle Tatsachen zu ermitteln und Beweise zu erheben, die er für erforderlich hält. Er ist also an die vom Staatsanwalt und vom Angeklagten angebotenen Beweismittel nicht gebunden und kann von sich aus weitere Zeugen laden oder Akten zum Verfahren beiziehen. Der Strafprozess 177 Skizze 1: Organe der Rechtsprechung • Berufsrichter o Laienrichter 1) Straf richtet Schöffengericht 4) Strafsenat (Revisionsinstanz) Strafsenat (1. Instanz) erweitertes Schöffengericht 5) Einzelnerer 2) Kleine Strafkammer Große Strafkammer (auch als Schwurgericht) 3) Einzelrichter Zivilkammer Kammer für Handelssachen Zivilsenat 6} s. 3. Kapiteln 1 f Oberste Gerichtshöfe des Bundes