1. Die im Gericht tätigen Personen (Österreich) Richter, bei den Gerichten bestellte Staatsorgane zur Ausübung der Rechtspflege in Zivil- und Strafsachen. Sie sind ausgebildete Juristen, die in einem Dienstverhältnis zum Staat stehen, geregelt im Richterdienstgesetz. In Österreich besteht seit 1907 eine Richtervereinigung, die alle Richter umfasst. 2000 gab es rund 1700 besetzte Richterstellen. Berufsrichter: Ernennungsvoraussetzung sind österreichische Staatsbürgerschaft, der Abschluss des rechtswissenschaftlichen Studiums, eine neunmonatige Gerichtspraxis, ein vierjähriger richterlicher Vorbereitungsdienst und die erfolgreiche Ablegung der Richteramtsprüfung. In Handels- und Arbeits/ Sozialrechtssachen gibt es zusätzlich ehrenamtliche Laienrichter, die ohne juristische Ausbildung auf Grund ihrer besonderen Kenntnisse am Gerichtsverfahren beteiligt sind. Unabhängigkeit der Richter: Die zu Richtern ernannten Personen sind in der Ausübung ihres richterlichen Amtes unabhängig, d. h. weisungsfrei (Ausnahme: Justizverwaltungssachen). Die U. d. R. wird durch die Unabsetzbarkeit und Unversetzbarkeit der Richter gesichert. Schöffen: Als Laienrichter entscheiden S. gemeinsam mit Berufsrichtern über bestimmte Straftaten. Im Gegensatz zu Geschworenen urteilen S. sowohl über Schuld als auch über das Strafausmaß gemeinsam mit den Berufsrichtern. Schöffengericht, besteht aus 2 Berufs- und 2 Laienrichtern (Schöffen) und entscheidet in 1. Instanz über einzelne in der Strafprozessordnung aufgezählte Delikte und jene, die mit mehr als 5 Jahren Freiheitsstrafe bedroht und nicht dem Geschworenengericht zugewiesen sind. Das Urteil richtet sich nach der Stimmenmehrheit, bei Stimmengleichheit entscheidet die Meinung des vorsitzenden Berufsrichters. Geschworenengericht, entscheidet über alle Verbrechen und polititische Delikte, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bzw. mit einem Strafrahmen von mindestens 5 Jahren bis über 10 Jahren bedroht sind. Das G. besteht aus dem Schwurgerichtshof (3 Berufsrichter) und der Geschworenenbank (8 Laienrichter = Geschworene). Die Geschworenen entscheiden allein mit absoluter Mehrheit der Stimmen über die Schuldfrage aufgrund der vom Schwurgerichtshof gestellten Haupt-, Eventual- und Zusatzfragen. Ist dieser Wahrspruch nach einstimmiger Meinung der Berufsrichter falsch, kann er vom Obersten Gerichtshof überprüft werden und die Strafsache allenfalls einem anderen G. zur neuerlichen Entscheidung zugewiesen werden. Geschworener, unbesoldetes Laienamt zur Entscheidung über bestimmte schwere Straftaten. Die Ausübung ist nach dem Geschworenen- und Schöffengesetz Bürgerpflicht. Die Auswahl erfolgt durch Auslosung der in die Wählerevidenz aufgenommenen und zwischen 25 und 65 Jahre alten Personen. Nicht zu berufen sind bestimmte Kranke, Vorbestrafte, Regierungsmitglieder, Geistliche, Richter usw. Im Fall von unverhältnismäßiger persönliche oder wirtschaftliche Belastung ist Befreiung möglich. Laienrichter: Im Strafverfahren ist die Mitwirkung von juristisch nicht ausgebildeten Geschworenen und Schöffen verfassungsrechtlich vorgesehen. Sie werden aus der Wählerevidenz durch Zufallsverfahren ausgelost. Im Jugendstrafverfahren müssen L. Lehrer oder Erzieher sein. Zur unentgeltlichen Tätigkeit als L. ist jeder unbescholtene Bürger zwischen 25 und 65 Jahren verpflichtet. Bei unverhältnismäßiger Belastung sieht das Geschworenen- und Schöffengesetz Befreiungen vor. In diesem Zusammenhang scheint es erwähnenswert, dass Laienrichter auch in zivilgerichtlichen Verfahren eingesetzt werden. Fachkundige Laienrichter aus dem Handelsstand werden am Handelsgericht verwendet. In Arbeits- & Sozialrechtssachen werden jeweils fachkundige Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber, dem Berufsrichter zur Seite gestellt. Rechtspfleger, Gerichtsbeamte, denen zur Entlastung der Richter einfachere Geschäfte der Zivilgerichtsbarkeit 1. Instanz übertragen sind. Der Tätigkeitsbereich liegt v. a. im Mahn- und Exekutionsverfahren, im Privatkonkurs und im Führen von Grund- und Firmenbuch , in der Pfändung von beweglichem Vermögen etc.; sie sind gegenüber dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter weisungsgebunden; an ihn bzw. an die übergeordnete Instanz geht der Rechtszug. Gerichtsbeamte/ Vertragsbedienstete sind in den Geschäftsstellen (Gerichtskanzleien zu den einzelnen Abteilungen innerhalb eines Gerichtes) tätig. Sie sind zuständig für den Schriftverkehr der Gerichte mit den Parteien/ Parteienvertretern. In Strafsachen fungiert die Staatsanwaltschaft als vom Gericht getrennte, selbständige Behörde, die im Strafverfahren die Funktion des öffentlichen Anklägers wahrnimmt. Zum Staatsanwalt kann nur ernannt werden, wer auch die erforderlichen Voraussetzungen für das Richteramt hat (akademisches Studium, Ablegung der Richteramtsprüfung). Bei jedem Gerichtshof I. Instanz besteht eine Staatsanwaltschaft, bei jedem Gerichtshof II. Instanz eine Oberstaatsanwaltschaft und beim Obersten Gerichtshof die Generalprokuratur. Die Staatsanwaltschaft wird beim Bezirksgericht durch einen Bezirksanwalt, welcher in der Regel kein gelernter Jurist ist, vertreten. Der Amtstag Der Gesetzgeber hat in der Zivilprozessordnung (§ 439 ZPO) für die rechtsuchende Bevölkerung die Möglichkeit geschaffen, auch ohne Ladung oder ohne gerade anhängigem Rechtsstreit das Bezirksgericht aufzusuchen, um dort (unentgeltliche) Auskünfte oder Rechtsbelehrungen zu erhalten. Weiters können an den Amtstagen · Klagen mündlich zu Protokoll gegeben werden · Anträge eingebracht · sonstige Erklärungen abgegeben werden · Kläger und Beklagter erscheinen um einen Rechtsstreit anhängig zu machen oder darüber zu verhandeln Die Amtstage werden nur bei Bezirksgerichten zu bestimmten Tagen bzw. Stunden (mindestens einmal wöchentlich) abgehalten. Die Termine werden an der jeweiligen Amtstafel des BG kundgemacht, können aber natürlich auch telefonisch erfragt werden. Ist bereits ein Rechtsstreit anhängig, sollte der Amtstag aber nicht dazu "missbraucht" werden, um den jeweils zuständigen Richter um Ratschläge oder Tips hinsichtlich des weiteren Vorgehens in seiner Rechtssache zu befragen. Da der Richter als Organ der Rechtspflege zwangsläufig unparteilich sein muss, ist ein solches Vorgehen auch für diesen oftmals unangenehm und wird ohnehin ein ordnungsgemäßes Verfahren geführt, aufgrund dessen der Richter dann ein Urteil fällen wird. Sollte die Partei anwaltlich vertreten sein, so sollte man das Urgieren bei Gericht getrost dem Anwalt überlassen; wenn nicht, ist der Richter in den Verhandlungen ohnehin verpflichtet, die unvertretene Partei (auch in rechtlicher Hinsicht) anzuleiten und über die Möglichkeiten und Rechtsfolgen ihres Handelns zu belehren (sog. "Manuduktionspflicht") Exkurs: Die Gerichtstage Die Abhaltung von Gerichtstagen kann vom Justizministerium angeordnet werden. Es können bei diesen außerhalb eines Bezirksgerichtes alle richterlichen Amtshandlungen vorgenommen werden. Gerichtstage werden insbesondere zur Verhandlung in Arbeits- und Sozialrechtssachen (außerhalb Wiens) abgehalten. Richter in Deutschland Das Grundgesetz (GG) vertraut in Art.92 die rechtsprechende Gewalt den Richtern an. Sie wird sowohl von Berufsrichtern als auch von ehrenamtlichen Richtern ausgeübt. Berufsrichter müssen die Befähigung zum Richteramt haben (1. Staatsexamen nach dem Studium und 2. Staatsexamen nach der Referendarzeit). In der Regel handelt es sich um Richter auf Lebenszeit (nach 3-jähriger Assessorenzeit). Richter werden durch entsprechende Urkunden (§ 17 Richtergesetz ) ernannt. Ehrenamtliche Richter sind z.B. die Schöffen im Strafprozess oder die fachkundigen ehrenamtlichen Richter in den Kammern für Handelssachen, bei den Arbeits- oder Landwirtschaftsgerichten. In Strafsachen ist ein Berufsrichter nach § 22 StPO dann kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen, wenn er: · selbst durch die Straftat verletzt ist, · Ehegatte, Vormund oder Betreuer des Beschuldigten oder des Verletzten ist oder war, · mit dem Beschuldigten oder dem Verletzten verwandt oder verschwägert ist, · als Staatsanwalt, Polizeibeamter oder Verteidiger in der gleichen Strafsache schon tätig war, · als Zeuge oder Sachverständiger vernommen worden ist. Außerdem ist der Richter dann von der Entscheidung ausgeschlossen, wenn er befangen ist. Befangenheit liegt dann vor, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Ein solches Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Beschuldigten und dem Privatkläger zu (§ 24 StPO). Gemäß § 30 StPO kann sich ein Richter auch selbst wegen Befangenheit ablehnen. Ehrenamtliche Richter Ehrenamtliche Richter wirken an der Rechtsprechung mit vollem richterlichen Stimmrecht mit, stehen aber nicht in einem Dienstverhältnis als Berufsrichter und brauchen nicht die durch zwei juristische Staatsprüfungen erlangte Befähigung zum Richteramt zu besitzen. Nach § 45a DRiG führen die ehrenamtlichen Richter der Strafgerichtsbarkeit die Bezeichnung Schöffe, die e. R. bei den Kammern für Handelssachen die Bezeichnung Handelsrichter und die anderen ehrenamtlichen Richter (z. B. bei den Arbeitsgerichten und den Verwaltungsgerichten) die Bezeichnung ehrenamtliche Richter. Schöffe Der Schöffe ist die Bezeichnung für einen ehrenamtlichen Richter. Das Amt eines Schöffen ist ein Ehrenamt. Es kann nur von Deutschen versehen werden. Die Schöffen üben während der Hauptverhandlung das Richteramt in vollem Umfang und mit gleichem Stimmrecht wie die Richter beim Amtsgericht aus und nehmen auch an den im Laufe einer Hauptverhandlung zu erlassenden Entscheidung teil, die in einer Beziehung zu der Urteilsfällung stehen und die auch ohne mündliche Verhandlung erlassen werden können. Geschworene Geschworene hießen früher die e. R. beim Schwurgericht. Sie tragen jetzt wie die übrigen ehrenamtlichen Beisitzer bei den Strafgerichten die Bezeichnung Schöffe. Schöffengericht ist das bei den Amtsgerichte für die Verhandlung und Entscheidung der zu deren Zuständigkeit gehörenden Strafsachen, für die nicht der Strafrichter zuständig ist, gebildet. Es besteht aus dem Richter beim Amtsgericht als Vorsitzenden und zwei Schöffen. Rechtspfleger Beamter des gehobenen Dienstes. Sie nehmen selbständig die ihnen im Rechtspflegergesetz (RPflG) zugewiesenen Aufgaben wahr und sind nur dem Gesetz unterworfen In der Gerichtspraxis nehmen sie insbesondere zur Entlastung der Richter Aufgaben im Mahnverfahren, im Nachlassverfahren, in den Registerverfahren und in der Zwangsvollstreckung wahr. Nimmt ein Rechtspfleger ein Geschäft vor, das ihm durch das RPflG nicht übertragen war und auch nicht übertragen werden kann, so ist dieses unwirksam. Rechtspfleger durchlaufen eine 3-jährige Ausbildung und müssen eine Prüfung ablegen. In die Ausbildungszeit fällt ein 18-monatiger fachwissenschaftlicher Lehrgang. Rechtsanwalt Der Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege. Er übt kein Gewerbe, sondern einen freien Beruf aus. Nur ihm ist es gestattet, die umfassende und geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten vorzunehmen. Ein Rechtsanwalt muss die Befähigung zum Richteramt haben und durch die jeweilige Landesjustizverwaltung zugelassen sein. In Strafverfahren kann der Rechtsanwalt vor jedem Gericht in der Bundesrepublik auftreten. In Zivilverfahren kann er nur vor dem Gericht auftreten, bei dem er zugelassen ist (LG, OLG, BGH). Dies gilt nicht für die Amtsgerichte. In Zivilsachen kann ein Rechtsanwalt vor jedem Amtsgericht auftreten. Bei dem Rechtsverhältnis zwischen Anwalt und Mandant handelt es sich in der Regel um einen Geschäftsbesorgungsvertrag. Die Vergütung des Rechtsanwalts richtet sich nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO), sofern nicht eine davon abweichende schriftliche Honorarvereinbarung getroffen wird. Der Rechtsanwalt unterliegt der Schweigepflicht. Staatsanwaltschaft Ist die Strafverfolgungsbehörde und wird vorwiegend in Strafsachen tätig. Obwohl in der Praxis die Polizei vielfach von sich aus tätig wird, obliegt der Staatsanwaltschaft (StA) allein die Leitung der Ermittlungsverfahren. Sie allein darf eine Anklage erheben und diese im Strafverfahren vor Gericht vertreten. Außerdem obliegt der StA die Strafvollstreckung. Nach dem Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) soll bei jedem Gericht eine Staatsanwaltschaft bestehen. Das Amt der Staatsanwaltschaft wird ausgeübt: · bei dem Bundesgerichtshof (BGH) durch den Generalbundesanwalt und Bundesanwälte, · bei den Oberlandesgerichten (OLG) durch den Generalstaatsanwalt und Staatsanwälte, · bei den Landgerichten (LG) durch den (leitenden) Oberstaatsanwalt und Staatsanwälte, · bei den Amtsgerichten (AG) durch Staatsanwälte oder Amtsanwälte. Staatsanwälte müssen die Befähigung zum Richteramt haben (also die gleiche Ausbildung). Sie sind jedoch - anders als Richter - Beamte und somit weisungsgebunden und handeln stets im Auftrag des Behördenleiters (§§ 146, 147 GVG). Die Weisungsgebundenheit hat jedoch ihre Grenzen im Legalitätsprinzip und im Verbot der Verfolgung Unschuldiger. Amtsanwalt Ist ein Beamter des gehobenen Dienstes, der gewisse Aufgaben eines Staatsanwaltes wahrnimmt. Er darf nur am Amtsgericht beim Einzelrichter als Anklagevertreter auftreten. Meist bearbeitet ein Amtsanwalt Verkehrsdelikte und kleinere Straftaten. Gerichtsvollzieher Gerichtsvollzieher ist ein Beamter des mittleren Dienstes, der mit den Zustellungen, Ladungen und Vollstreckung betraut wird. Die wichtigste Aufgabe des Gerichtsvollziehers ist die Zwangsvollstreckung, soweit dafür nicht das Vollstreckungsgericht zuständig ist. 2. Gerichtsbarkeit Alle Gerichtsbarkeit geht in Österreich vom Bund aus. Die Urteile und Erkenntnisse werden im Namen der Republik verkündet und ausgefertigt. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Die Militärgerichtsbarkeit ist - außer für Kriegszeiten - aufgehoben. Die Todesstrafe ist seit 1950 abgeschafft. Die Richter sind in Ausübung ihres richterlichen Amtes unabhängig und an keinerlei Weisungen gebunden. Sie können weitgehend weder abgesetzt noch versetzt werden. Neben den Zivilgerichten und Strafgerichten, deren Instanzenzug bis zum Obersten Gerichtshof führen kann, bestehen noch der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof als Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts. Die Verhandlungen in Zivil- und Strafrechtssachen vor dem erkennenden Gericht sind mündlich und öffentlich. Ausnahmen bestimmt das Gesetz. Das Volk hat sowohl im Strafprozess als auch im Zivilprozess an der Rechtssprechung mitzuwirken: Bei den mit schweren Strafen bedrohten Verbrechen, die das Gesetz zu bezeichnen hat, sowie bei allen politischen Verbrechen und Vergehen entscheiden Geschworene über die Schuld des Angeklagten. Im Strafverfahren wegen anderer strafbarer Handlungen nehmen Schöffen an der Rechtsprechung teil, wenn die zu verhängende Strafe ein vom Gesetz zu bestimmendes Maß überschreitet. Laien und Berufsrichter entscheiden gemeinsam über Schuld und Strafe. In der Handelsgerichtsbarkeit und bei der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit fungieren in der Regel Laienrichter in den Senaten. Die Justiz ist von der Verwaltung in allen Instanzen getrennt. Gerichtsorganisation im Zivilverfahren (Österreich) Hier sind folgende Gerichte tätig: (202) Bezirksgerichte (außerhalb Wiens auch für Handelssachen zuständig) (16) Landesgerichte (außerhalb Wiens auch für Handelssachen- und Arbeits- und Sozialrechtssachen zuständig) (4) Oberlandesgerichte (=OLG) (Innsbruck, Linz, Graz, Wien) Oberlandesgerichte: Die 4 O. sind in Wien (für Wien, NÖ. und Bgld.), Graz (für Stmk. und Kä.), Linz (für OÖ. und Sbg.) und Innsbruck (für Ti. und Vbg.). Sie entscheiden über Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Gerichtshöfe 1. Instanz, des Handelsgerichts Wien, des Arbeits- und Sozialgerichts Wien und der Strafgerichtshöfe. (1) Oberster Gerichtshof (=OGH) (Wien) (1) Arbeits- und Sozialgericht (Wien) (1) Bezirksgericht für Handelssachen (Wien) (1) Handelsgericht (Wien) Oberster Gerichtshof, OGH, mit kaiserlichem Patent in der Nachfolge der Obersten Justizstelle als Oberster Gerichts- und Kassationshof 1850 in Wien errichtet. Seit 1918 nur noch OGH (geregelt im OGHG, BGBl. 1968/328 in der gegenwärtigen Fassung). Der OGH ist gemäß Verfassung die oberste Instanz in Zivil- und Strafsachen. Er entscheidet über Rechtsmittel gegen zweitinstanzliche Entscheidungen, über Nichtigkeitsbeschwerden gegen Strafurteile und zur Wahrung des Gesetzes sowie seit 1993 über Grundrechtsbeschwerden. In der Regel entscheidet der OGH in Senaten von 5 Richtern, von denen einer den Vorsitz führt, ausnahmsweise mit verstärktem Senat (11 Richter) bei Rechtsfragen von grundsätzlichen Bedeutung. Ordentliche Gerichte Gesetz vom 1. 8. 1895 RGBl 111 über die Ausübung der Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen (Jurisdiktionsnorm) § 1. Die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen wird, soweit dieselben nicht durch besondere Gesetze vor andere Behörden oder Organe verwiesen sind, durch Bezirksgerichte, Bezirksgerichte für Handelssachen, Landesgerichte, Handelsgerichte, durch Oberlandesgerichte und durch den Obersten Gerichtshof (ordentliche Gerichte) ausgeübt. Zulässigkeit des Rechtswegs ordentliche Gerichte Bezirksgericht Bezirksgericht für Handelssachen Landesgericht Handelsgericht Arbeits- und Sozialgericht Oberlandesgericht Oberster Gerichtshof Sondergerichte des öffentlichen Rechts Verfassungsgerichtshof Verwaltungsgerichtshof Sondergerichte des Privatrechts Schiedsgerichte Ausübung der Gerichtsbarkeit bei den ordentlichen Gerichten § 5. Bei den Bezirksgerichten wird die Gerichtsbarkeit durch einen oder mehrere Einzelrichter ausgeübt. § 7. (1) Bei den Landes- und Handelsgerichten wird die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen, sofern nicht andere Vorschriften Abweichendes anordnen, in erster und in zweiter Instanz durch Senate ausgeübt, die aus einem Vorsitzenden und zwei Mitgliedern bestehen. (2) Soweit die Senate der selbständigen Handelsgerichte und die Senate der Landesgerichte in Handelssachen (Handelssenate) über bürgerliche Rechtsstreitigkeiten in erster Instanz und über Berufungen gegen die in Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen gefällten Urteile der Bezirksgerichte nach den Vorschriften der §§ 480 bis 500 ZPO in zweiter Instanz entscheiden, wird die Stelle eines Mitglieds durch einen fachmännischen Laienrichter aus dem Handelsstand versehen. In allen anderen Fällen sind die Senate der Landes- und Handelsgerichte mit Richtern besetzt. § 8. (1) Bei den Oberlandesgerichten wird die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen, sofern nicht durch die Vorschriften über die innere Einrichtung und die Geschäftsordnung der Gerichte etwas anderes angeordnet ist, in Senaten von drei Richtern ausgeübt, von denen einer den Vorsitz führt. (2) Soweit die Oberlandesgerichte über Berufungen gegen die in Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelsrechtssachen gefällten Urteile der Landes- und Handelsgerichte nach den Vorschriften der §§ 480 bis 500 ZPO entscheiden, wird die Stelle eines Mitgliedes des Berufungssenates durch einen fachmännischen Laienrichter aus dem Handelsstande versehen. (3) In welcher Art die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen bei dem Obersten Gerichtshofe auszuüben ist, wird durch ein besonderes Gesetz bestimmt. Von der Gerichtsbarkeit in Streitsachen § 49.(1) Vor die Bezirksgerichte gehören Streitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche einschließlich der zum Mandatsverfahren gehörigen Streitigkeiten, wenn der Streitgegenstand an Geld oder Geldeswert den Betrag von 10. 000,- Euro nicht übersteigt, und diese Streitigkeiten nicht ihrer Beschaffenheit nach ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes Gerichtshöfen erster Instanz zugewiesen sind. (2) Ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes gehören vor die Bezirksgerichte: · Ehe- und familienrechtliche Streitigkeiten · Grenzstreitigkeiten · Besitzstörungsstreitigkeiten · Bestandstreitigkeiten · Streitigkeiten mit Wirten · Viehmängelstreitigkeiten Instanzenzug im Zivilverfahren Im österreichischen Zivilverfahrensrecht gibt es immer zwei Instanzen, manchmal sogar drei! Vorgesehen ist in der Regel ein dreistufiger Instanzenzug, der in der Praxis aber oftmals durch Rechtsmittelbeschränkungen nur 2-stufig ist. Bei den Gerichtshöfen gibt es neben den Einzelrichtern auch Senate. Übersteigt der Streitwert 50. 000 Euro, so entscheidet ein Senat, wenn dies eine der Parteien beantragt. In zweiter und in dritter Instanz entscheiden immer Senate. Im streitigen Zivilverfahren: 1.Instanz Bezirksgericht Landesgericht 2.Instanz Landesgericht oder Oberlandesgericht 3.Instanz OGH OGH In Handelssachen: (Kaufmann wird aus einem Handelsgeschäft/ Wechsel/ Produkthaftung/ nach dem AktG/ wegen unlauteren Wettbewerbes/ von anderem Kaufmann etc. geklagt) 1. Instanz Bezirksgericht für Handelssachen (Wien)/ Handelsgericht (Wien)/ Bezirksgericht in Handelssachen Landesgericht als Handelsgericht oder 2. Instanz Landesgericht Oberlandesgericht 3. Instanz OGH OGH Es richtet sich entweder nach dem eingeklagten Betrag (= „Streitwert“) oder nach der Sachmaterie, ob in erster Instanz ein Bezirksgericht oder Landesgericht zuständig ist. In Arbeits- und Sozialsachen: (Streitigkeiten aus Arbeitsverhätltnis oder mit Sozialversicherungsträger) 1. Instanz Arbeits- und Sozialgericht (Wien) /Landesgericht als Arbeits- und Sozialgericht 2. Instanz Oberlandesgericht 3. Instanz OGH Höchstgerichte Der Oberste Gerichtshof ist oberste Instanz in Zivil- und Strafrechtssachen. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Bescheide der Verwaltungsbehörden auf deren Rechtmäßigkeit. Der Verfassungsgerichtshof erkennt über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind. Der Verfassungsgerichtshof erkennt ferner über Kompetenzkonflikte * zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden * zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und allen anderen Gerichten, insbesondere auch zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und dem Verfassungsgerichtshof selbst, sowie zwischen den ordentlichen Gerichten und anderen Gerichten * zwischen den Ländern untereinander sowie zwischen einem Land und dem Bund Der Verfassungsgerichtshof stellt weiters auf Antrag der Bundesregierung oder einer Landesregierung fest, ob ein Akt der Gesetzgebung oder Vollziehung in die Zuständigkeit des Bundes oder der Länder fällt. Präsident, Vizepräsident und sechs weitere Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes ernennt der Bundespräsident auf Vorschlag der Bundesregierung. Für je drei weitere Mitglieder haben Nationalrat und Bundesrat Vorschlagsrecht. Gerichtsaufbau in Deutschland Ordentliche Gerichtsbarkeit Hierzu gehören alle bürgerlichen Streitigkeiten und die Strafsachen (§13 GVG). Die Bezeichnung »ordentliche Gerichtsbarkeit« erklärt sich historisch daraus, dass früher nur die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit mit Berufsrichtern besetzt waren und nicht nur mit Beamten, wie dies z.B. bei den Verwaltungs- und Finanzgerichten der Fall war, nur sie verfügten daher über die vollen Sicherungen der richterlichen Unabhängigkeit. Die ordentliche Gerichtsbarkeit wird von den Amtsgerichten, Landgerichten, Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof ausgeübt (§12 GVG).. § 13 GVG Vor die ordentlichen Gerichte gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind. Freiwillige Gerichtsbarkeit Sie ist Teil der zur ordentlichen Gerichtsbarkeit gehörenden Zivilgerichtsbarkeit. Das ihrem Verfahren zugrundeliegende Gesetz ist das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG). Es wird sowohl von Amts wegen als auch auf Antrag eingeleitet und hat vorwiegend rechtsgestaltende Funktionen (wie z.B. bei den Vormundschafts-, Nachlass-, Register- und Grundbuchsachen). Im Unterschied zum streitigen Zivilprozess, der durch den Verhandlungsgrundsatz und die Dispositionsmaxime geprägt wird, gilt im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Untersuchungsgrundsatz. Entscheidungen ergehen in diesem Verfahren durch Beschluss oder Verfügung, nicht durch Urteil; es gibt keine Parteien, sondern Beteiligte. Gegen die erstinstanzlichen Entscheidungen des Amtsgerichts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt, über die das Landgericht entscheidet. Amtsgericht (AG) Ist das Gericht, welches im Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit die unterste Stufe bildet. In Zivilsachen entscheidet ein Einzelrichter bei Streitigkeiten mit einem Streitwert von bis zu 5 000,- Euro (§ 23 GVG). In Wohnungs-Mietsachen und bei Wohnungseigentumssachen ist das Amtsgericht unabhängig vom Streitwert immer zuständig. Das AG ist weiterhin zuständig in Familien-, Kindschafts-, Betreuungs-, Konkurs-, Versteigerungs-, Vollstreckungs- und Nachlasssachen. Außerdem werden beim AG das Grundbuch und die Register geführt. Landgericht (LG) Im Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit steht das LG unter dem Oberlandesgericht und über dem Amtsgericht. · In Zivilsachen entscheidet das LG bei Streitigkeiten mit einem Streitwert von mehr als 5 000,- Euro (§§ 71, 23 GVG). - In zweiter Instanz entscheidet das LG über Berufungen der Urteile des Amtsgerichts. Die Entscheidungen werden von Kammern, die in der Regel mit drei Richtern besetzt sind, getroffen. Es gibt aber auch Kammern für Handelssachen, die mit einem Berufsrichter und zwei Laienrichtern besetzt sind. Oberlandesgericht (OLG) Im Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit stehen die OLG unter dem Bundesgerichtshof und über den Landgerichten. In Berlin heißt es Kammergericht, und in Bayern ist es das Bayerische Oberste Landgericht. Die Entscheidungen treffen Senate, die in der Regel mit drei Richtern besetzt sind. Die vorbereitenden Entscheidungen können auch durch Einzelrichter getroffen werden. · In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilsachen) entscheidet das OLG über Berufungen und Beschwerden gegen Urteile und Beschlüsse des Landgerichts. Das OLG entscheidet in Familiensachen und Kindschaftssachen auch über Urteile und Beschlüsse der Amtsgerichte. Bundesgerichtshof (BGH) Der BGH ist das oberste Gericht des Bundes im Rahmen der ordentlichen Gerichtsbarkeit . Der Sitz ist Karlsruhe. Die Entscheidungen treffen Senate, die in der Regel mit fünf Bundesrichtern besetzt sind; es gibt zwölf Zivilsenate. In wichtigen grundsätzlichen Rechtsfragen kann auch ein gemeinsamer großer Senat entscheiden, damit die Einheit der Rechtsprechung gewahrt wird. Der BGH ist Revisionsinstanz in Straf- und Zivilsachen. Außerdem bestehen Sondersenate z.B. in Anwaltssachen. In Mietsachen dienen die Rechtsentscheide des BGH ganz besonders der einheitlichen Rechtsprechung. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ist der BGH zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel der Revision gegen die Endurteile der Oberlandesgerichte sowie gegen die Endurteile der Landgerichte im Falle des § 566a ZPO sowie in bestimmten Fällen für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte. 3. Gerichtsorganisation im Strafverfahren (Österreich) In Strafsachen sind in Österreich folgende Gerichte tätig: (202) Bezirksgerichte Bezirksgerichte § 9. StPO 1. Den Bezirksgerichten obliegt: 1. das Strafverfahren wegen aller Vergehen, für die nur Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe angedroht ist, deren Höchstmaß ein Jahr nicht übersteigt, mit Ausnahme der Vergehen der Nötigung (§ 105 StGB), der gefährlichen Drohung (§ 107 StGB), der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§ 159), der fahrlässigen Beeinträchtigung der Umwelt (§ 181 StGB) und des fahrlässigen umweltgefährdenden Behandelns von Abfällen (§ 181c StGB) sowie mit Ausnahme der den Geschworenengerichten zur Aburteilung zugewiesenen Vergehen; 2. die Mitwirkung am Verfahren wegen Verbrechen und wegen anderer als der in der Z 1 angeführten Vergehen gemäß der Strafprozessordnung. 2. Das Verfahren führen bei den Bezirksgerichten Einzelrichter. Einzelrichter des Gerichtshofes der 1. Instanz Der Berufsrichter entscheidet über alle Verbrechen und Vergehen, die mit einer Freiheitsstrafe von höchstens fünf Jahren bedroht sind. (16) Landesgerichte ("Gerichtshof erster Instanz") teilweise auch tätig als Schöffengerichte entscheiden in der Besetzung von zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen. Dem Schöffengericht obliegt die Hauptverhandlung und die Urteilsfällung wegen alle Verbrechen und Vergehen die mit einer Freiheitsstrafe angedroht ist, deren Höchtsmaß fünf Jahre übersteigt. oder Geschworenengerichte Nach § 14 StPO obliegen dem Geschworenengericht folgende Verbrechen und Vergehen: 1. Überlieferung an eine ausländische Macht (§ 103 StGB). 2. Hochverrat (§ 242 StGB) und Vorbereitung eines Hochverrats (§ 244 StGB), 3. Staatsfeindliche Verbindungen (§ 246 StGB), 4. Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole (§ 248 StGB), 5. Angriffe auf oberste Staatsorgane (§§ 249 bis 251 StGB), 6. Landesverrat (§§ 252 bis 258 StGB), 7. Bewaffnete Verbindungen (§ 279 StGB), 8. Ansammeln von Kampfmitteln (§ 280 StGB), 9. Störung der Beziehungen zum Ausland (§§ 316 bis 320 StGB), …… alle anderen Verbrechen, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit einer zeitlichen Freiheitsstrafe, deren Untergrenze nicht weniger als fünf Jahre und deren Obergrenze mehr als zehn Jahre beträgt, bedroht sind. Gerichtshöfe zweiter Instanz § 15. StPO Die Gerichtshöfe zweiter Instanz entscheiden über Beschwerden gegen Beschlüsse der Ratskammer (§ 114), über Einsprüche gegen die Versetzung in den Anklagestand und über Berufungen gegen die Urteile der Geschworenengerichte und der Schöffengerichte sowie der Einzelrichter des Gerichtshofes erster Instanz; sie haben ferner die Aufsicht über die Wirksamkeit der Strafgerichte ihres Sprengels zu führen und über die Beschwerden gegen sie zu entscheiden, soweit nicht der Rechtszug ausdrücklich untersagt oder anders geordnet ist. Die Gerichtshöfe zweiter Instanz fassen ihre Beschlüsse, wenn nichts anderes vorgeschrieben ist, in Versammlungen von drei Richtern. Gerichtshöfe 2. Instanz Oberlandesgericht OLG enscheidet in der Besetzung von drei Berufsrichtern als Rechtsmittelinstanz über Berufungen gegen Urteile der Geschworenengerichte, Schöffengerichte sowie der Einzelrichter des Gerichtshofes der 1. Instanz. (1) Oberster Gerichtshof (=OGH) (Wien) OGH entscheidet in Besetzung von fünf Berufsrichtern oder als verstärkter Senat (elf Mitglieder). Seine Zuständigkeit erstreckt sich auf Nichtigkeitsbeschwerden, Grundrechtsbeschwerden etc. Er führt die Aufsicht über alle Strafgerichte. Oberster Gerichtshof § 16. StPO Der Oberste Gerichtshof hat über alle in dieser Strafprozessordnung für zulässig erklärten Nichtigkeitsbeschwerden, über Anträge auf Erneuerung des Strafverfahrens und nach Maßgabe der §§ 296 und 344 über Berufungen gegen Urteil der Geschworenengerichte und der Schöffengerichte zu entscheiden. Instanzenzug im Strafverfahren Der Strafprozess kennt in der Regel nur zwei Instanzen (vgl. Zivilprozess). Die Entscheidung der Rechtsmittelinstanz ist daher nicht mehr anfechtbar. Die Zuständigkeit zur Durchführung der Hauptverhandlung und zur Fällung des Urteiles in erster Instanz bestimmt sich im Strafverfahren teils nach der angedrohten Strafhöhe, teils nach der Art des Deliktes: 1. Instanz Bezirksgericht Gerichtshof 1. Instanz (Einzelrichter) Schöffengericht Geschworenengericht 2. Instanz Gerichtshof 1. Instanz OLG OGH OGH Gerichtsorganisation im Strafverfahren (Deutschland) Amtsgericht Ist das Gericht, welches im Aufbau der ordentlichen Gerichtsbarkeit die unterste Stufe bildet. In Strafsachen entscheidet ein Einzelrichter oder ein Schöffengericht Ø Strafrichter ist der für Strafsachen beim Amtsgericht zuständige Einzelrichter. Er entscheidet bei Vergehen, wenn sie im Wege der Privatklage verfolgt werden oder wenn eine höhere Strafe als Freiheitsstrafe von zwei Jahren nicht zu erwarten ist. Vgl. § 25 GVG. Ø Schöffengericht ist das bei den Amtsgerichten für die Verhandlung und Entscheidung der zu deren Zuständigkeit gehörenden Strafsachen, für die nicht der Strafrichter zuständig ist, gebildet. Es besteht aus dem Richter beim Amtsgericht als Vorsitzenden und zwei Schöffen. Vgl. §§ 28 ff. GVG. Landgericht In Strafsachen ist das Landgericht als erste Instanz zuständig, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren oder die Unterbringung in Sicherheitsverwahrung zu erwarten ist. Außerdem ist es als erste Instanz für eine Reihe schwerer Verbrechen (z.B. Mord) zuständig. · In Strafsachen entscheidet bei schwereren Straftaten das LG in erster Instanz, und zwar durch die großen Strafkammern (jeweils drei Berufsrichter, zwei Schöffen). - Die kleinen Strafkammern am LG (ein Berufsrichter, zwei Schöffen) sind für die Berufungen gegen Strafurteile des Amtsgerichts zuständig. Ø Schwurgericht ist die mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzte große Strafkammer des Landgerichts, die im Strafprozess für Kapitalverbrechen (z.B.Mord, Totschlag, Körperverletzung mit Todesfolge, Geiselnahme mit Todesfolge) zuständig ist. Vgl. §§ 74, 76 GVG. Oberlandesgericht ist eine Instanz der ordentlichen Gerichtsbarkeit unterhalb des Bundesgerichtshofs. Die Entscheidungen werden in Senaten getroffen, die in der Regel mit drei Richtern besetzt sind. In Strafsachen entscheidet das Gericht als Revisionsinstanz gegen Berufungsurteile des Landgerichts. In Strafsachen entscheidet das OLG als Revisionsinstanz gegen Berufungsurteile des Landgerichts; ferner im Rahmen der Sprungrevision gegen Urteile der Amtsgerichte. Bei bestimmten politischen Straftaten wie Terrorismus entscheidet das OLG jedoch auch in erster Instanz. Ø Strafsenate sind bei den Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof gebildet. Beim OLG sind die Strafsenate im ersten Rechtszug mit fünf Richtern einschließlich des Vorsitzenden, im übrigen mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt. Im ersten Rechtszug entscheidet der Strafsenat beim OLG u. a. bei Friedensverrat, Hochverrat und Landesverrat. Bundesgerichtshof Der Bundesgerichtshof besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten, den Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern. Es sind fünf Strafsenate eingerichtet. In Strafsachen ist das Gericht u.a. zuständig zur Verhandlung und Entscheidung über Rechtsmittel der Revision gegen Urteile der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug sowie gegen die Urteile der Landgerichte im ersten Rechtszug, soweit nicht die Zuständigkeit der Oberlandesgerichte begründet ist. Ø Auch die Strafsenate beim Bundesgerichtshof entscheiden in der Besetzung von fünf Richtern einschließlich des Vorsitzenden. 4. Zivilprozess (Österreich) Streitverfahren über zivilrechtliche Ansprüche (z. B. aus Mietrecht, Eherecht, Schadenersatzrecht). Dieser Teil der Gerichtsbarkeit ist hauptsächlich in Jurisdiktionsnorm (JN) und Zivilprozessordnung geregelt. Wichtigstes Nebengesetz ist das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz (1986). Das Verfahren wird nur auf Antrag (Klage) eingeleitet. Verfahrensgrundsätze: Öffentlichkeit (außer ehe- und familienrechtlichen Streitigkeiten), Mündlichkeit, Unmittelbarkeit (Beweisaufnahmen, das sind Parteieneinvernahme, Zeugen, Urkunden, Sachverständigen- und Augenscheinsbeweis, von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen nur vor dem erkennenden Richter). Der Grundsatz des beiderseitigen rechtlichen Gehörs steht im Verfassungsrang (Art. 6 Europ. Menschenrechtskonvention). Der Richter darf nur über das absprechen (entscheiden), was tatsächlich begehrt wird (Dispositionsgrundsatz), hat aber von sich aus für den Fortgang des Prozesses zu sorgen und kann auch von Amts wegen bestimmte Beweise aufnehmen (wichtig z. B.: Sachverständigenbeweis). Zuständigkeitsverteilung im Zivilverfahren Unter Zuständigkeit versteht man die Zugehörigkeit einer bestimmten Rechtssache zum Geschäftskreis eines bestimmten Gerichtes innerhalb von Österreich. Es gibt drei Arten der Zuständigkeit: * die sachliche Zuständigkeit: Welcher Gerichtstyp ist in erster Instanz zuständig? z.B. Bezirksgericht oder Landesgericht In erster Instanz sind im Zivilverfahren IMMER Bezirks- oder Landesgericht sachlich zuständig! * die örtliche Zuständigkeit: Zu welchem Gerichtsstand (zu welchem speziellen Bezirks- oder Landesgericht) ist die Rechtssache in örtlicher Hinsicht zugehörig? z.B. Bezirksgericht Liesing, Landesgericht für Zivilrechtssachen in Graz, Bezirksgericht Mödling * die funktionelle Zuständigkeit: Welches Organ der Rechtspflege hat einzuschreiten? z.B. Richter oder Rechtspfleger Die jeweilige Zuständigkeit der Gerichte wird bestimmt durch * gesetzliche Vorschriften * Parteienvereinbarung (! es gibt zwingende Vorschriften, die in manchen Fällen eine individuelle Vereinbarung ausschließen * durch richterliche Entscheidung (sog. Delegation, Ordination) Zuständigkeit kraft gesetzlicher Vorschriften Die sachliche Zuständigkeit eines bestimmten Bezirks- oder Landesgerichtes richtet sich entweder nach * primär der Beschaffenheit des eingeklagten Anspruches * sekundär dem Wert des eingeklagten Anspruches Nach der Beschaffenheit sind zuständig: Bezirksgerichte Landesgerichte Besitzstörung Bestimmte handelsrechtliche Streitigkeiten Streitigkeiten aus Miet- und Pachtverhältnissen ("Bestandsachen") Arbeits- und sozialrechtliche Streitigkeiten Familienrechtliche Streitigkeiten Streitigkeiten nach dem AtomhaftpflichtG, OrganhaftpflichtG Streitigkeiten zwischen Wirten und Gästen AmtshaftungsG, DatenschutzG Streitigkeiten wegen Viehmängeln Nach dem Wert sind zuständig Streitigkeiten mit einem Streitwert von Streitigkeiten ab einem Streitwert von Bis 10. 000,- Euro ab 10. 000,- Euro) Ansprüche, die in einem tatsächlichem oder rechtlichem Zusammenhang stehen oder von/ gegen mehrere Streitgenossen erhoben werden, werde zusammengerechnet. Besteht der Streitgegenstand nicht in einem Geldbetrag, hat der Kläger den Streitwert anzugeben. Es bestehen zahlreiche Sonderregelungen (z.B Ehescheidung öS 60.000,--, steuerlicher Einheitswert bei Liegenschaften, der auf die streitige Zeitperiode entfallender Zins etc.). Bei Klagen vor dem Landesgericht kann das Gericht den Streitwert überprüfen, wenn er als zu hoch gegriffen erscheint und sich bei richtiger Bewertung statt der Zuständigkeit des Landesgerichtes (des Senates) die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes (des Einzelrichters am Landesgericht) ergeben würde. Die Rechtssache ist dann abzutreten. In Arbeitsrechtsachen ist das Landesgericht an die vom Kläger vorgenommene Bewertung nicht gebunden. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich * nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten (=Wohnsitz, Firmensitz, gewöhnlicher Aufenthalt; unabhängig von polizeilicher Meldung!!!) d.h. eine Klage ist bei dem Gericht einzubringen, bei dem der Beklagte seinen "allgemeinen Gerichtsstand" hat * nach gesetzlichen Sonderregelungen a. Wahlrecht des Klägers ("Wahlgerichtsstände"): allgemeiner Gerichtsstand des Beklagten oder Gerichtsstand der Schadenszufügung Gerichtsstandes des Erfüllungsortes der Leistung Gerichtsstand des Störungsortes bei beweglichen Sachen bei Besitzstörungsklage Gerichtsstandes des Vermögens, wenn Person im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hat etc. b. Zwangsgerichtsstände: Der Kläger hat keine Wahlmöglichkeit, der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten ist irrelevant: Gerichtsstand für Streitigkeiten in Ehesachen (i.d.R. letzter gemeinsamer Aufenthalt) Gerichtsstand für Streitigkeiten über die (un)eheliche Vaterschaft (i.d.R. gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes) Gerichtsstand für Streitigkeiten um unbewegliches Gut (Sprengel, in der die unbewegliche Sache liegt) Wenn ein Unternehmer einen Konsumenten aus einer Erfüllungsortsvereinbarung, aus einem Wechsel, als Streitgenosse oder aus einer vorhergehenden Zuständigkeitsvereinbarung klagen will, so darf er das nur bei einem Gericht, in dessen Sprengel der Konsument seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seinen Wohnsitz oder seinen Beschäftigungsort hat. Zuständigkeit auf Grund (vorheriger) Parteienvereinbarung Auf Grund einer gesetzlichen Regelung in der Jurisdiktionsnorm (JN) ist es Vertragsparteien in bestimmten Fällen gestattet, sich vor Beginn eines Rechtsstreites einem oder mehreren Gerichten erster Instanz zu unterwerfen. Die Parteien können noch später (bis zum Beginn der mündlichen Streitverhandlung) übereinstimmend die Übertragung der Rechtssache an ein Gericht gleicher Art oder vom Landesgericht an das Bezirksgericht beantragen. Diese Vereinbarung muss sich entweder auf einen bestimmten Rechtsstreit oder auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis (nicht möglich in Arbeitsrechtssachen) beziehen. Diese Vereinbarung muss bei Unklarheiten dem Gericht in schriftlicher Form nachgewiesen werden. In örtlicher Hinsicht ist eine Gerichtsstandsvereinbarung grundsätzlich zulässig (Beschränkung beim Konsument!). Die Vereinbarung einer anderen sachlichen Zuständigkeit (Bezirksgericht statt Landesgericht, obwohl dieses wegen des Streitwertes oder wegen der Beschaffenheit des Anspruches zulässig wäre) ist nur vom Landesgericht zum Bezirksgericht möglich. Zuständigkeit auf Grund einer richterlichen Entscheidung Delegation = Übertragung eines Rechtsstreites von einem zuständigen Gericht an ein anderes bei Handlungsunfähigkeit des Gerichtes (z.B. alle Richter befangen) oder auf Antrag einer Partei, weil dies zweckmäßig erscheint Ordination = Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestimmt ein Gericht für örtlich zuständig, wenn sich für einen Rechtsstreit kein örtlich zuständiges Gericht findet. Gerichtsstand in Deutschland Sachliche und örtliche Zuständigkeit der Gerichte Es gibt eine Vielzahl von Gerichten, so dass juristischen Laien nicht immer klar ist, welches der Gerichte für einen Rechtsstreit zuständig ist. Bei der Frage der Zuständigkeit ist zwischen der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit zu unterscheiden. Sachliche Zuständigkeit Für zivilrechtliche Rechtsstreitigkeiten, also Streitigkeiten zwischen Privatpersonen oder Gesellschaften des Zivilrechts ist grundsätzlich die "ordentliche Gerichtsbarkeit" zuständig. Das sind erstinstanzlich die Amt- und Landgerichte. Arbeitsrechtsstreitigkeiten sind zwar auch zivilrechtliche Angelegenheiten. Hier gibt es aber eine Sonderzuweisung zu den Arbeitsgerichten. Für die meisten anderen zivilrechtlichen Streitigkeiten bleiben die ordentliche Gerichte zuständig. Ob erstinstanzlich das Amts- oder das Landgericht zuständig ist, hängt grundsätzlich vom Streitwert der Sache ab. Bei einem Streitwert bis zu einschließlich Euro 5. 000,- sind die Amtsgerichte erstinstanzlich zuständig, bei einem höheren Streitwert die Landgerichte. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch einige Ausnahmen, aufgrund derer die erstinstanzliche Zuständigkeit des Amts- oder Landgerichtes unabhängig von der Höhe des Streitwertes begründet wird. So gehören beispielsweise Streitigkeiten über Wohnraummiete (nicht Gewerberaummiete!) in der ersten Instanz immer vor das Amtsgericht. Gleiches gilt für familienrechtliche Angelegenheiten. Dagegen gehören z. B. wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten erstinstanzlich immer vor das Landgericht. a) Amtsgerichte Amtsgerichte sind sachlich zuständig für: 1. Streitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche bei einem Streitwert bis 5.000,- Euro. 2. Ohne Rücksicht auf die Höhe des Streitwerts für Ø Mahnsachen Ø Mietsachen Ø Streit zwischen Reisenden und Wirten Ø Viehmängel und Wildschaden Ø Aufgebotsverfahren (z. B. bei verlorenen Urkunden) Ø Familien- und Kindschaftsaschen Ø Zwangsvollstreckungssachen 3. die Amtsgerichte haben verschiedene Abteilungen, z. B. Nachlassgericht, Grundbuchamt, Handelsregister, Konkursgericht b) Landgerichte Landgerichte sind sachlich in 1. Instanz zuständig für Ø vermögensrechtliche Streitigkeiten über 5. 000,- Euro Ø alle nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten, soweit sie keine Famieliensachen sind Ø Handelssachen mit mehr als 5. 000,- Euro Streitwert Ø Klagen gegen den Fiskus in 2. Instanz zuständig für Ø Berufungen gegen Urteile der Amtsgerichte und Beschwerden gegen Beschlüsse der Amtsgerichte c) Oberlandesgerichte Die Oberlandesgerichte sind immer 2. Instanz; sie sind sachlich zuständig für Ø Berufungen und Beschwerden gegen Urteile und Beschlüsse der Familiengerichte Ø Berufungen und Beschwerden gegen Urteile und Beschlüsse der Landgerichte d) Der Bundesgerichtshof Er ist sachlich für die Revision zuständig gegen die Urteile und Beschlüsse der Oberlandesgerichte. Örtliche Zuständigkeit der Zivilgerichte Wenn geklärt ist, welches Gericht sachlich zuständig ist (Amts- oder Landgericht?), ist die örtliche Zuständigkeit zu klären. Die Frage ist also, welches der vielen Amts- oder Landgerichte zuständig ist. Vom Grundsatz her ist immer das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Wohn- oder Geschäftssitz hat. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch eine Vielzahl von Ausnahmen. Einige Beispiele: Für Streitigkeiten aus Wohn- oder Geschäftsraummietverträgen ist immer das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Mieträumlichkeiten belegen sind. Für Klagen aus unerlaubten Handlung (z. B. Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld aufgrund eines Verkehrsunfalles) ist immer das Gericht des Tatorts ausschließlich zuständig. Bei den örtlichen Zuständigkeit unterscheidet man zwischen dem allgemeinen, dem besonderen, dem ausschließlichen und den sonstigen Gerichtsständen. Eine Gerichtsstandsvereinbarung ist nur unter Kaufleuten möglich. Gegenüber privaten Personen sind Vereinbarungen über den Gerichtsstand meistens unwirksam. a) Der gesetzliche Gerichtsstand - falls er in einem Gesetz vorgeschrieben ist. b) Der allgemeine Gerichtsstand Der Gerichtsstand einer natürlichen Person ist an ihrem Wohnsitz. Hier kann jede Person klagen und verklagt werden. Der allgemeine Gerichtsstand einer juristischen Person ist am Sitz ihrer Verwaltung. c) Besondere Gerichtsstände Zum allgemeinen Gerichtsstand kann zusätzlich ein besonderer Gerichtsstand hinzutreten. Der Kläger kann den für ihn günstiger liegenden Gerichtsstand wählen. Ein besonderer Gerichtsstand besteht in Unterhaltssachen gegen den im Ausland wohnhaften Beklagten und bei Deliktsansprüchen. d) Der ausschließliche Gerichtsstand Ein ausschließlicher Gerichtsstand besteht, wenn er jeden anderen Gerichtstand ausschließt, z. B. in Miet- und Grundstücksangelegenheiten. 5. Von der Klagseinbringung bis zum Urteil letzter Instanz beim zivilgerichtlichen Verfahren (Österreich) Die Klagseinbringung Unter Berücksichtigung der Zuständigkeitsverteilung wird eine Klage von einem/ mehreren Klägern gegen einen (oder mehrere) Beklagte(n) eingebracht. Der Kläger hat - je nach Höhe des Streitwertes - für die Klagseinbringung Pauschalgebühren zu entrichten. Damit wird die Tätigkeit des Gerichtes der ersten Instanz "entlohnt". Diese Pauschalgebühren können als Gerichtskostenmarken in jeder Einlaufstelle erworben werden. Rechtsanwälte können die PG direkt an das Gericht überweisen. Die Pauschalgebühren betragen mindestens öS 220,-- und erhöhen sich je nach Streitwert. Die eingebrachte Klage/Antrag wird vom Richter geprüft, ob diese zur ordnungsgemäßen geschäftlichen Behandlung geeignet ist. Liegen Formfehler vor (z.B. Fehler bei der Parteienbezeichnung, Adresse, Fehlen der Anwaltsunterschrift bei Anwaltszwang etc.), wird die Klage zur Verbesserung zurückgestellt. Variante 1: Bezirksgericht zuständig/ Geldbetrag eingeklagt: Ist das Bezirksgericht zuständig, wird bei Klagen, die auf Bezahlung eines Geldbetrages gerichtet sind, vorerst ein schriftliches Vorverfahren ("Mahnverfahren") eingeleitet, auf Grund dessen ohne vorherige Anhörung des Beklagten oder Prüfung der Behauptungen des Klägers ein bedingter Zahlungsbefehl erlassen wird. Bedingung für dessen Wirksamkeit ist, dass dagegen kein Rechtsmittel ("Einspruch") erhoben wird. Wird innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung (Tag der Übergabe des Zahlungsbefehles durch den Zusteller oder 1. Tag der Hinterlegung, wenn der Beklagte nicht angetroffen wird; immer mittels Einschreibersendung!) * kein Einspruch gegen den Zahlungsbefehl erhoben, dann wird der Zahlungsbefehl "rechtskräftig und vollstreckbar" und es kann auf Grund dessen Exekution gegen den Beklagten geführt werden. Gegen den Zahlungsbefehl ist dann kein Rechtsmittel mehr zulässig; * verspätet Einspruch erhoben, dann wird der Einspruch als verspätet mittels Beschluss zurückgewiesen (gegen den das Rechtsmittel des Rekurses in Frage kommt, der aber meist aussichtslos ist) und der Zahlungsbefehl rechtskräftig und vollstreckbar. Gegen die Versäumung der Einspruchsfrist ist eventuell ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich, wenn die Frist ohne Verschulden des Wiedereinsetzungswerbers wegen eines unabwendbaren oder unvorhergesehenen Ereignisses versäumt wurde (binnen 14 Tagen ab Wegfall des Hindernisses, welches die Versäumung verursacht hat). * Einspruch erhoben, so wird das (ordentliche) Verfahren eingeleitet, bei dem erst geprüft wird, ob die Klagsforderung zu Recht besteht. Varinate 2: Bezirksgericht zuständig/ keine Geldleistung eingeklagt Die eingebrachte Klage/ Antrag wird vom Richter geprüft und bei Formfehlern eventuell an den Kläger zur Verbesserung zurückgestellt. Ansonsten wird die Klage dem Beklagten zugestellt und gleichzeitig der erste Verhandlungstermin ausgeschrieben, von dem der Beklagte und der Kläger verständigt werden. Variante 3: Landesgericht zuständig Im Verfahren vor dem Landesgericht (Streitwert über 10. 000,-- Euro oder Beschaffenheit des Streitgegenstandes) wird die Klage geprüft, gegebenenfalls zur Verbesserung zurückgestellt und dann * entweder eine Verhandlung ("erste Tagsatzung") anberaumt, wenn auf Grund der Klage (oder der beigelegten Urkunden) nicht zu erwarten ist, dass der Beklagte prozessieren will (Vergleich, Anerkenntnis etc.) * oder der Auftrag an den Beklagten erteilt, eine Klagebeantwortung mittels Schriftsatz (Frist: meist 4 Wochen) einzubringen. Die (öffentliche, mündliche) Verhandlung Die Verhandlungen sind im österreichischen Zivilverfahren öffentlich und mündlich. Sonderregeln bestehen im Eheverfahren (Verhandlungen nicht öffentlich, keine 1. Tagsatzung, Versöhnungsversuch) und in allen "außerstreitigen" Verfahren wie Verlassenschaftverfahren (Mitwirkung des Bezirksgerichtes, Rechtspfleger bis öS 1 Mio. zuständig), Vormundschafts- und Kuratelverfahren, Annahme an Kindes statt, Anerkennung der Vaterschaft, Sachwalterschafts-verfahren, Beglaubigungsverfahren etc. Nach Klagseinbringung wird vom Richter die mündliche Verhandlungen anberaumt. Sie dient zur Beweisaufnahme durch den Richter. Da eine Rechtssache in der Regel bei nur einem Verhandlungstermin nicht erschöpfend erörtert werden kann, wird diese in der Regel auf einen weiteren Termin erstreckt oder vertagt. Grundsätze des Beweisverfahrens: * Unmittelbarkeit: Beweise werden nur durch den erkennenden Richter aufgenommen, da sein persönlicher Eindruck am ehesten eine umfassende Aufklärung des Sachverhaltes gewährleistet (Ausnahme: Rechtshilfeersuchen an Richter eines anderen Gerichtes, weil Zeugen/ Gegenstände nicht (leicht) vor das erkennende Gericht gebracht werden können) * Amtswegigkeit: Die Beweisaufnahme wird auch dann von Amts wegen durchgeführt, wenn die Parteien oder deren Vertreter nicht anwesend sind. (Ausnahme: beide Parteien/ Vertreter erscheinen nicht - das Verfahren ruht und kann erst nach Ablauf von drei Monaten auf Antrag wieder fortgesetzt werden) * Konzentration: Das Verfahren soll konzentriert und schnell ablaufen; Beweisangebote können wegen Verschleppungsabsicht zurückgewiesen werden, Befristungen von Beweisen etc. Beweis wird erhoben durch: * Zeugen * Urkunden * Sachverständige * Parteienvernehmung * Augenschein Hat der Richter alle (angebotenen) Beweise erhoben und ist die Rechtssache "spruchreif", wird die (letzte) mündliche Verhandlung geschlossen. Die Parteienvertreter müssen nun ihre Kosten (Vertretungskosten, Gebühren) bekannt geben (="Kostennote legen"). Ruhen des Verfahrens: Ein mindestens dreimonatiger Stillstand des Verfahrens heißt "Ruhen": Erscheinen zu einem Verhandlungstermin beide Parteien nicht, so ruht das Verfahren kraft Gesetzes. Nach frühestens 3 Monaten kann jede Partei die Fortsetzung des Verfahrens beantragen. Ruhen kann auch für die Dauer von mindestens 3 Monaten von den Parteien vereinbart werden (evtl. außergerichtliche Einigung möglich). Ruhen des Verfahrens ist wegen der Amtswegigkeit nicht im Außerstreit-, Insolvenz- und Exekutionsverfahren möglich. Klage (Deutschland) Ist eine Prozesshandlung durch die der Kläger bei Gericht um Rechtsschutz nachsucht. Die Klage begründet das Prozessverhältnis zwischen den Parteien untereinander und zwischen den Parteien und dem Gericht. Unabhängig davon, ob die Klage zulässig oder begründet ist, ist sie Voraussetzung für ein Urteil. Durch das Urteil gewährt das Gericht entweder dem Kläger den begehrten Rechtsschutz, indem es der Klage entspricht, oder versagt ihm den Rechtsschutz durch Abweisung der Klage. Je nach dem Gegenstand, auf den sich das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers bezieht, unterscheidet man zwischen Leistungs-, Feststellungs- und Gestaltungsklagen und den entsprechenden Urteilen. Diese Unterscheidung gibt es nicht nur im Zivilverfahren (§ 253 ZPO), sondern auch im Verwaltungsstreitverfahren (§§ 42, 43 VwGO), dem Finanzgerichtsverfahren (§§ 40, 41 FGO) und dem Sozialgerichtsverfahren (§ 53 SGG). Die Erhebung der Klage erfolgt durch die Zustellung des entsprechenden Schriftsatzes. Die Klageschrift muss enthalten: · die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts, · die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, · einen bestimmten Antrag. Eine Klageschrift soll darüber hinaus den Streitwert angeben, weil meist davon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt. Bei einem Streitwert bis zu 5. 000,- Euro ist in der Regel das Amtsgericht zuständig. Bei höheren Streitwerten ist regelmäßig das Landgericht zuständig. Zustellung Zustellung ist ein gesetzlicher Vorgang, bei dem einer bestimmten Person Kenntnis oder die Gelegenheit zur Kenntnisnahme von einem Schriftstück verschafft wird. Die Zustellung erfolgt in aller Regel durch die Übergabe des Schriftstückes und kann an jedem Ort, an dem der Empfänger angetroffen wird, erfolgen. Meist bedienen sich die Zustellungsveranlasser der Post. Seitens des Gerichts kann die Zustellung auch durch den Gerichtswachtmeister erfolgen. Für Privatpersonen ist die sicherste Art der Zustellung die durch den Gerichtsvollzieher. Wird der Empfänger nicht angetroffen, so ist auch eine Ersatzzustellung an eine im Haushalt lebende Person oder durch Niederlegung bei der Post möglich. Zur Nachtzeit oder an Sonn- und Feiertagen ist die Zustellung nur durch besondere Erlaubnis des Gerichts (§ 188 ZPO) zulässig. Ist der Aufenthalt des Zustellungsempfängers unbekannt, kann die Zustellung auch in Form der öffentlichen Bekanntmachung erfolgen. Für die Zustellung im Ausland gibt es internationale Verträge. Über die Zustellung wird eine Zustellungsurkunde ausgefertigt. Bei der Zustellung von Anwalt zu Anwalt reicht die schriftliche Bestätigung des Zustellungsadressaten aus. Schriftliches Vorverfahren Nach Eingang der Klage bei Gericht hat der Richter zwei Möglichkeiten, das Zivilverfahren zu betreiben. Es wird entweder ein früher erster Termin bestimmt oder aber das schriftliche Vorverfahren angeordnet (§ 276 ZPO). Mit der Zustellung der Klage wird bei dieser Verfahrensart der Beklagte zugleich aufgefordert, binnen einer Notfrist von 2 Wochen zu erklären, ob er sich überhaupt gegen die Klage verteidigen will. Außerdem erhält er eine Frist von mindestens weiteren 2 Wochen zur Klageerwiderung. Weiterhin wird der Beklagte auf die Folgen der Versäumung hingewiesen. Der Haupttermin wird später anberaumt. Urteil Ist eine gerichtliche Entscheidung, für die besondere Formen vorgeschrieben sind. Ein Urteil ergeht in aller Regel auf Grund einer mündlichen Verhandlung und nach Beratung. Immer aber entscheidet ein Urteil über eine Klage (im Strafprozess über eine Anklage). Urteile werden grundsätzlich schriftlich abgefasst und enthalten das Rubrum (Urteilskopf), den Tenor (Urteilsformel) sowie den Tatbestand und die Entscheidungsgründe. Tatbestand und/oder Entscheidungsgründe können unter Umständen ganz wegfallen (z.B. im Zivilverfahren nach §§ 313a, 495a, 543 ZPO) oder abgekürzt werden (z.B. nach § 267 Abs.IV StPO). Urteile in arbeitsgerichtlichen, verwaltungsgerichtlichen, finanzgerichtlichen und sozialgerichtlichen Verfahren enthalten darüber hinaus auch noch eine Rechtsmittelbelehrung. Urteile ergehen »Im Namen des Volkes« und sind in Zivilverfahren binnen drei Wochen abgefasst zu den Akten zu bringen (§ 315 ZPO, § 275 StPO). Nach zivilprozessrechtlichen Grundsätzen gibt es verschiedene Arten von Urteilen, nämlich End-, Zwischen-, Vorbehalts-, Grund-, Teil-, Anerkenntnis- und Versäumnisurteile. Urteile sind Vollstreckungstitel, erwachsen in Rechtskraft und können in aller Regel mit Rechtsmitteln angefochten werden. Enthalten Urteile offensichtliche Schreibfehler oder ähnliche offensichtliche Unrichtigkeiten, so können sie berichtigt werden (§§ 319ff. ZPO). 6. Zuständigkeitsverteilung im Strafverfahren (Österreich) Strafbare Handlungen Den Strafgerichten obliegt die Verfolgung gerichtlich strafbarer Handlungen. Gerichtlich strafbar ist eine Handlung, wenn diese zur Zeit ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. In verschiedenen Gesetzen sind derartige mit Strafe bedrohte Delikte normiert (z.B. Strafgesetzbuch - StGB, Militärstrafgesetz, Suchtmittelgesetz - SMG, Waffengesetz, Verbotsgesetz, Finanzstrafgesetz, aber auch Mietrechtsgesetz, Telekommunikationsgesetz - TKG oder Zivildienstgesetz). Im Strafrecht unterscheidet man zwischen Vergehen (Strafdrohung bis 3 Jahre) und Verbrechen (Strafdrohung ab 3 Jahren), deren Verfolgung in Österreich den Bezirksgerichten, Gerichtshöfen, Geschworenengerichten als erste Instanz zusteht. Zuständigkeitsverteilung im Strafverfahren Unter Zuständigkeit versteht man die Zugehörigkeit einer bestimmten Rechtssache zum Geschäftskreis eines bestimmten Strafgerichtes innerhalb von Österreich. Es gibt drei Arten der Zuständigkeit: * die sachliche Zuständigkeit: Welcher Gerichtstyp ist in erster Instanz zuständig? z.B. Bezirksgericht, Gerichtshof Geschworenen- oder Schöffengericht * die örtliche Zuständigkeit: Zu welchem Gerichtsstand ist die Rechtssache in örtlicher Hinsicht zugehörig? z.B. Bezirksgericht Liesing, Landesgericht für Strafsachen in Wien, Bezirksgericht Mödling * die funktionelle Zuständigkeit: Welches Organ der Rechtspflege hat einzuschreiten? z.B. Untersuchungsrichter, Einzelrichter, Dreiersenat etc. Die jeweilige Zuständigkeit der Gerichte wird bestimmt durch * gesetzliche Vorschriften oder * durch richterliche Entscheidung (sog. Delegation durch das Oberlandesgericht) Zuständigkeit kraft gesetzlicher Vorschriften Die örtliche Zuständigkeit eines bestimmten Strafgerichtes richtet sich entweder nach * dem allgemeinen Gerichtsstand des Beschuldigten: * Gerichtsstand des Tatortes oder * Gerichtsstand des Wohnsitzes, Aufenthaltes des Beschuldigten oder der Betretung * gewöhnlicher Aufenthalt bei Verfahrenseinleitung im Jugendstrafrecht Es entscheidet das Zuvorkommen, welchem Gericht das Verfolgungsrecht zukommt. Bei Gefahr im Verzug sind auch an sich unzuständige Gerichte verpflichtet, erste Verfolgungshandlungen vorzunehmen. * Besondere Gerichtsstände: a. Gerichtsstand des Zusammenhanges bei mehreren Straftaten b. Wohnsitz, Aufenthalt oder Betretung bei Auslandstaten oder OGH bestimmt einen Gerichtsstand c. Jugendstrafsachen sind immer gemeinsam mit der Strafsache gegen einen Erwachsenen vor dem für Jugendstrafsachen zuständigen Gericht zu führen * Individuelle Gerichtsstände: z.B. Medienrecht Die sachliche Zuständigkeit richtet sich im Strafverfahren nach der Art des begangenen Deliktes und nach der Strafdrohung: Bezirksgericht Einzelrichter des Gerichtshofes 1.Instanz Schöffen-gericht Geschwore- nengericht Besetzung ein Berufsrichter ein Berufsrichter zwei Berufsrichter und zwei Schöffen drei Berufsrichter und acht Geschworene (Geschworenenbank) Straf- drohung Freiheitsstrafe bis 1 Jahr oder nur Geldstrafe 1 Jahr bis 5 Jahre größer als 5 Jahre lebenslange Freiheitsstrafe oder zeitliche Freiheitsstrafe von 5 bis 10 Jahren Art des begangenen Deliktes nur Vergehen weder Geschworenen- gericht noch Bezirksgericht ist zuständig z.B. gefährliche Drohung Freiheitsentziehung, Nötigung etc. z.B. räuberischer Diebstahl, Vergewalti-gung, Amtsmiss-brauch, Tötung auf Verlangen etc. politische Delikte, Mord, Totschlag 1. Instanz: Das Bezirksgericht entscheidet als erste Instanz immer durch Einzelrichter. Die Gerichtshöfe 1. Instanz üben ihre Tätigkeit entweder als Einzelrichter oder als Schöffengericht aus: * Einzelrichter * Schöffengericht: 2 Berufsrichter, zwei Schöffen, Vorsitz führt ein Richter Das Geschworenengericht setzt sich aus 3 Berufsrichtern und 8 Geschworenen zusammen. 2. Instanz: * Gerichtshof als Ratskammer (3 Richter) * Gerichtshof als Dreirichtersenat * Oberster Gerichtshof als Dreier- oder Fünfersenat, ausnahmsweise als sog. "verstärkter Senat" (= 11 Mitglieder) Zuständigkeit auf Grund richterlicher Entscheidung Delegation = Übertragung eines Rechtsstreites durch ein OLG/ den OGH von einem zuständigen Gericht an ein anderes aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen wichtigen Gründen (z.B. Handlungsunfähigkeit des Gerichtes bei Befangenheit aller Richter). Gerichtsstand in Deutschland Meint im Strafrecht die örtliche Zuständigkeit im 1. Rechtszug für die Untersuchung und die Entscheidung einer Strafsache. Von ihr hängt auch die Zuständigkeit der jeweiligen Staatsanwaltschaft ab (§ 143 Abs.I GVG). Man unterscheidet: · Hauptgerichtsstände (Tatort, Wohnsitz und Ergreifungsort); · subsidiäre Gerichtsstände (z.B. gewöhnlicher Aufenthalt, letzter Aufenthalt im Inland); · besondere Gerichtsstände (z.B. bei Pressesachen oder für zusammenhängende Strafsachen). Besetzung der Richterbank · Amtsgericht entscheidet im Regelfall mit 1 Berufsrichter (Strafrichter), seine Zuständigkeit erstreckt sich auf Vergehen und Verbrechen, wenn kein höheres Strafmaß als 2 Jahre Freiheitsstrafe zu erwarten ist. In schwereren Fällen entscheiden über alle Verbrechen und Vergehen 1 Berufsrichter und 2 Schöffen (Schöffengericht), wenn eine höhere Strafe als vier Jahren nicht zu erwarten ist. · Landgericht entscheidet - in Berufungsverfahren entscheidet kleine Strafkammer mit 1 Berufsrichter und 2 Schöffen. - in erstinstanzlichen Verfahren ist die große Strafkammer in der Besetzung mit drei Richtern und zwei Schöffen insbesondere für Straftaten zuständig, die eine Freiheitsstrafe von mehr als vier Jahren erwarten lassen, diese Kammer ist für schwerwiegende Staatsschutzdelikte zuständig; bei besonders schwerwiegenden Verbrechen (z. B. Mord, Totschlag, sexueller Missbrauch von Kindern und Vergewaltigung mit Todesfolge, besonders schwere Brandstiftung) entscheidet eine Strafkammer als Schwurgericht mit drei Richtern und zwei Schöffen. Spruchkörper beim Landgericht heißen "Kammer" (z.B. Strafkammer), beim Oberlandesgericht und den noch höheren Gerichten "Senat". · Oberlandesgericht entscheidet grundsätzlich mit drei Richtern, einschließlich des Vorsitzenden - in erstinstanzlichen Strafsachen in der Hauptverhandlung und bei der Schlussentscheidungen : 5 Richter, z.B. Landesverrrat, Völkermord - im ersten Rechtszug in politischen Strafsachen (§ 120 GVG), z.B. terroristische Gewalttaten - für die Revision gegen die Berufungsurteile des LG - für die Sprungrevision gegen amtsgerichtliche Urteile Strafrichter Oberbegriff für alle in Strafsachen tätigen Richter. Der Begriff kann aber auch den beim Amtsgericht als Einzelrichter tätigen "Strafrichter" bezeichnen (Gegensatz: Kollegialgerichte, nämlich Schöffengericht - beim Amtsgericht - , Strafkammer - beim Landgericht - und Strafsenat - beim Oberlandesgericht, beim Bayer. Obersten Landesgericht und beim BGH). Verbrechen - Vergehen Gemeinsamer Oberbegriff für beide: Delikt oder Straftat. · "Verbrechen" heißt eine Straftat, die mindestens mit Freiheitsstrafe von 1 Jahr bedroht ist, wobei es auf den Regelstrafrahmen ankommt. · "Vergehen", wenn die angedrohte Mindeststrafe unter 1 Jahr liegt. 7. Ablauf eines Strafverfahrens (Österreich) Die Beteiligten am Strafprozess Im Strafverfahren sind folgende Beteiligte in chronologischer Reihenfolge beteiligt: Der Beschuldigte Besteht der Verdacht, dass eine Person über 14 Jahre eine strafbare Handlung begangen hat, so wird diese ab Einbringung der Anklageschrift oder Einleitung der Voruntersuchung durch den StA als Beschuldigter bezeichnet. Die Stellung als Beschuldigter ergibt sich aus den zur Last gelegten Anschuldigungen. Das Gesetz bezeichnet ihn je nach Verfahrensart und Prozessstadium verschieden: a) Im Schöffen- und geschworenengerichtlichen Verfahren wird der Verdächtige zum Beschuldigten, wenn der Antrag auf Einleitung der Voruntersuchung oder die Anklageschrift eingebracht wurde. Nach Anordnung der Hauptverhandlung wird er zum Angeklagten; dies bleibt auch im Rechtsmittelverfahren. b) Im Verfahren vor dem Einnzelrichter oder vor dem Bezirksgericht heißt er in der ersten Instanz Beschuldigter, im Rechtsmittelverfahren wird er zum Angeklagten. Der Staatsanwalt Als öffentlicher Ankläger macht der Staatsanwalt den Strafanspruch des Staates geltend. Sobald dieser durch eigene Wahrnehmung oder Meldungslegung durch die Exekutive von einer strafbaren Handlung Kenntnis erlangt, hat dieser von Amts wegen zu verfolgen und das Erforderliche zu veranlassen. Die Staatsanwälte haben alle strafbaren Handlungen, die zu ihrer Kenntnis kommen und nicht bloß auf Verlangen des Verletzten oder eines anderen Beteiligten zu untersuchen und zu bestrafen sind, von Amts wegen zu verfolgen und daher wegen deren Untersuchung und Bestrafung durch das zuständige Gericht das Erforderliche zu veranlassen (§ 34 StPO). Der Privatankläger Eine zur Privatanklage berechtigte Person ist Partei des Strafverfahrens. Das Recht, innerhalb von 6 Wochen nach Kenntnis der Tat Privatanklage zu erheben, ergibt sich aus dem Strafgesetz (z.B. üble Nachrede, Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung, Verletzung des Briefgeheimnisses etc. sind Privatanklagedelikte). Der Privatbeteiligte Behauptet jemand, durch eine strafbare Handlung geschädigt worden zu sein, so kann er sich mit seinen zivilrechtlichen Ansprüchen (z.B. Schadenersatz, Herausgabe von Sachen) dem Strafverfahren anschließen. Wird der Angeklagte freigesprochen, so ist der Privatbeteiligte auf den Zivilrechtsweg zu verweisen (d.h. er hat die Möglichkeit, bei einem Zivilgericht als Kläger eine Klage gegen den angeblichen Schädiger zu erheben). Im Falle eines Schuldspruches sollte das Strafgericht auch über die Ansprüche des Privatbeteiligten entscheiden, was in der Praxis selten vorkommt - auch hier kommt es zu einer Verweisung des Geschädigten auf den Zivilrechtsweg. Strafprozessordnung Hauptverhandlung und Urteil 3. Öffentlichkeit der Hauptverhandlung (§§ 228 bis 231) 4. Amtsverrichtungen des Vorsitzenden und des Gerichtshofes während der Hauptverhandlung (§§ 232 bis 238) 5. Beginn der Hauptverhandlung (§§ 239 bis 244) 6. Vernehmung des Angeklagten (§ 245) 7. Beweisverfahren (§§ 246 bis 254) 8. Vorträge der Parteien (§ 255, 256) 9. Urteil des Gerichtshofes (§§ 257 bis 267) 10. Verkündung und Ausfertigung des Urteiles (§§ 268 bis 270) 11. Protokollführung (§§ 271, 272) 12. Vertagung der Hauptverhandlung (§§ 273 bis 276a) Beginn der Hauptverhandlung Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache durch den Schriftführer. Der Angeklagte erscheint ungefesselt, jedoch, wenn er in Untersuchungshaft ist, in Begleitung einer Wache. Die zur Beweisführung etwa erforderlichen Gegenstände, die dem Angeklagten oder den Zeugen zur Anerkennung vorzulegen sind, müssen vor dem Beginn der Verhandlung in den Gerichtssaal gebracht werden (§ 239 StPO). Beweisverfahren Nach der Vernehmung des Angeklagten sind die Beweise in der vom Vorsitzenden bestimmten Ordnung vorzuführen und in der Regel die vom Ankläger vorgebrachten Beweise zuerst aufzunehmen. Der Ankläger und der Angeklagte können im Laufe der Hauptverhandlung Beweismittel fallen lassen, jedoch nur, wenn der Gegner zustimmt (§ 246 StPO). Zeugen und Sachverständige werden einzeln vorgerufen und in Anwesenheit des Angeklagten abgehört. Sie sind vor ihrer Vernehmung zur Angabe der Wahrheit zu ermahnen. Sachverständige, die den Eid bereits abgelegt haben, und Zeugen, die im Vorverfahren beeidigt wurden, sind an die Heiligkeit des abgelegten Eides zu erinnern (§ 247 StPO). Vorträge der Parteien Nachdem der Vorsitzende das Beweisverfahren für geschlossen erklärt hat, erhält zuerst der Ankläger das Wort, um die Ergebnisse der Beweisführung zusammenzufassen und seine Anträge sowohl wegen der Schuld des Angeklagten als auch wegen der gegen ihn anzuwendenden Strafbestimmungen zu stellen und zu begründen. Einen bestimmten Antrag über die Bemessung der Strafe innerhalb des gesetzlichen Strafsatzes hat der Ankläger nicht zu stellen. Der Privatbeteiligte erhält zunächst nach dem Staatsanwalte das Wort. Dem Angeklagten und seinem Verteidiger steht das Recht zu, darauf zu antworten. Findet der Staatsanwalt, der Privatankläger oder der Privatbeteiligte hierauf etwas zu erwidern, so gebührt dem Angeklagten und seinem Verteidiger jedenfalls die Schlussrede (§ 255 StPO). Urteil des Gerichtshofes Nachdem der Vorsitzende die Verhandlung für geschlossen erklärt hat, zieht sich der Gerichtshof zur Urteilsfällung in das Beratungszimmer zurück. Der Angeklagte wird, wenn er verhaftet ist, einstweilen aus dem Sitzungssaal abgeführt (§ 257 StPO). Verkündung und Ausfertigung des Urteiles Unmittelbar nach dem Beschlusse des Gerichtshofes ist der Angeklagte wieder vorzuführen oder vorzurufen und ist in öffentlicher Sitzung vom Vorsitzenden das Urteil samt dessen wesentlichen Gründen unter Verlesung der angewendeten Gesetzesbestimmungen zu verkünden. Zugleich belehrt der Vorsitzende den Angeklagten über die ihm zustehenden Rechtsmittel (§ 288 StPO). Die Beteiligten am Strafprozess (Deutschland) Staatsanwaltschaft · Staatsanwaltschaften gibt es beim Landgericht (Behördenleiter: Leitender Oberstaatsanwalt), beim Oberlandesgericht (Generalstaatsanwalt) und beim Bundesgerichtshof (Generalbundesanwalt), in Bayern auch beim Bayerischen Obersten Landesgericht. · Zuständig v.a. für Ermittlungsverfahren, Erhebung und Vertretung der Anklage, Strafvollstreckung. · Der einzelne Staatsanwalt handelt stets in Vertretung oder im Auftrag des Behördenleiters (Weisungsbefugnis). Beschuldigter - Angeschuldigter - Angeklagter · " Person zum Beschuldigten Beschuldigter": Jemand, gegen den wegen Verdachts einer Straftat ermittelt wird. Der Gesetzgeber hat den Begriff des Beschuldigten nicht definiert. Definiert sind in § 157 StPO nur die Begriffe Angeschuldigter und Angeklagter. Sobald seitens der Polizei oder der Staatsanwaltschaft gegen eine Person ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist, wird diese Person zum Beschuldigten. · "Angeschuldigter": Ein Beschuldigter, gegen den bereits Anklage erhoben ist. · "Angeklagter": Ein Angeschuldigter, gegen den bereits die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet ist . Strafantrag - Strafanzeige · "Strafanzeige": Mitteilung des Verdachts einer Straftat mit der Anregung, deren Verfolgbarkeit zu überprüfen. Kann von jedermann bei Staatsanwaltschaft, Polizei oder Amtsgericht erstattet werden (§ 158 I 1. Variante StPO). · Zum "Strafantrag" wird die Anzeige, wenn Anzeigeerstatter die Strafverfolgung wünscht. Kann ebenfalls von jedermann gestellt werden. Davon zu unterscheiden: "Strafantrag" des Verletzten bei Antragsdelikten (§ 158 II StPO, § 77 StGB): Er stellt dann - aber auch nur dann - eine Voraussetzung der Strafverfolgung dar, wenn kraft Gesetzes die Strafverfolgung nur auf Strafantrag eintritt, z.B. bei Beleidigung. Antragsfrist: 3 Monate ab Kenntnis Ablauf des Strafverfahrens nach dem deutschen Recht Ein Strafverfahren läuft in vier Stufen ab. Die erste Stufe ist das Ermittlungsverfahren oder vorbereitende Verfahren. Die zweite Stufe ist das Eröffnungsverfahren des Gerichts. Bei der dritten Stufe handelt es sich um das eigentliche Hauptverfahren einschließlich des Rechtsmittelverfahrens bis zur Rechtskraft. Die vierte Stufe ist das Vollstreckungsverfahren. Ermittlungsverfahren Das Ermittlungsverfahren wird von der Staatsanwaltschaft oder der Polizei eingeleitet, entweder von Amts wegen oder auf Strafanzeige. In bestimmten Spezialgebieten sind auch sonstige Behörden zur Einleitung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren berufen (z.B. Steuerfahndung des Finanzamts). Die Untersuchungen sind neutral durchzuführen, d.h. nicht nur belastende, sondern auch entlastende Umstände sind zu berücksichtigen. "Herrin" des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ist die Staatsanwaltschaft. Sie kann selbst Ermittlungen vornehmen oder sonstige zuständige Stellen (meist die Polizei) damit beauftragen. Am Ende des Ermittlungsverfahrens entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob sie Anklage erhebt oder das Verfahren einstellt. Eröffnungsverfahren Nach Einreichung der Anklageschrift bei Gericht prüft der Richter, ob nach dem Ergebnis des vorbereitenden Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft der Angeschuldigte der angeklagten Straftat hinreichend verdächtig ist. Ist dies der Fall, so beschließt der Richter die Eröffnung des Hauptverfahrens. Anderenfalls beschließt der Richter die Nichteröffnung des Hauptverfahrens und begründet seinen Beschluss. Aus der Begründung muss sich ergeben, ob die Nichteröffnung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen erfolgt. Ein solcher Beschluss ist dem Angeschuldigten bekannt zu machen. Der Staatsanwaltschaft ist hingegen der Beschluss zuzustellen, weil sie sofortige Beschwerde einlegen kann. Hauptverfahren Es beginnt mit dem Eröffnungsbeschluss, mit dem die Anklage (auch teilweise) zugelassen wird. Das Hauptverfahren dauert bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens. Es endet also nicht bereits mit dem ersten Urteil, es sei denn, dieses wird rechtskräftig. Zum Hauptverfahren gehören auch alle Rechtsmittelinstanzen (Berufungsverhandlung und Revisionsverfahren). Der Beschuldigte heißt während des Hauptverfahrens Angeklagter. An das Hauptverfahren schließt sich im Falle einer Verurteilung das Vollstreckungsverfahren an. In dem Hauptverfahren entscheidet das Gericht über die Schuld des Angeklagten und über die Verhängung einer eventuellen Strafe. Das Kernstück dieses Verfahrensabschnittes ist die Hauptverhandlung. Zur Vorbereitung der Hauptverhandlung bestimmt der Vorsitzende des Gerichts einen Termin und ordnet die erforderlichen Ladungen an. Der Angeklagte ist mit dem Eröffnungsbeschluss zu laden. Die Ladung des Angeklagten erfolgt durch Zustellung. Zwischen der Zustellung der Ladung und dem Hauptverhandlungstermin muss mindestens eine Frist von einer Woche liegen Hauptverhandlung Hauptverhandlung ist gesonderten Beschluss, der mit dem Urteil verkündet wird. In der Hauptverhandlung wird der Sachverhalt endgültig aufgeklärt und festgestellt. Die Verhandlungsleitung erfolgt durch den Vorsitzenden (Richter). Er hat den anderen Verfahrensbeteiligten zu gestatten, Fragen an den Angeklagten, die Zeugen oder die Sachverständigen zu stellen. Nach § 241a StPO hat der Vorsitzende allerdings Zeugen unter 16 Jahren selbst (also allein) zu vernehmen. Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Danach stellt der Vorsitzende fest, ob der Angeklagte und sein Verteidiger anwesend und alle erforderlichen Beweismittel herbeigeschafft sind. Insbesondere stellt er fest, ob alle geladenen Zeugen und Sachverständigen erschienen sind. Danach verlassen die Zeugen (meist nach Belehrung über die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage und über die Strafbarkeit falscher Aussagen) den Gerichtssaal. Der Vorsitzende vernimmt den Angeklagten zur Person und über seine persönlichen Verhältnisse. Darauf verliest der Staatsanwalt die Anklageschrift, eventuell mit den im Eröffnungsbeschluss erfolgten Änderungen. Sodann weist der Vorsitzende den Angeklagten darauf hin, dass es ihm freistehe, zur Sache auszusagen. Ist er zur Aussage bereit, äußert er sich anschließend zur Sache. Nach der Vernehmung des Angeklagten erfolgt die Beweisaufnahme. Nach dem Schluss der Beweisaufnahme erhalten der Staatsanwalt und danach der Angeklagte bzw. sein Verteidiger die Gelegenheit zu ihren Schlussvorträgen (Plädoyer). Der Angeklagte erhält das letzte Wort. Die Hauptverhandlung schließt mit dem Urteil. Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Bei einer Geldstrafe sind die Anzahl und Höhe der Tagessätze aufzunehmen. Wird die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt, erfolgt eine Verwarnung mit Strafvorbehalt (Strafaussetzung) oder wird von Strafe abgesehen, so ist auch dies in der Urteilsformel festzuhalten. Im übrigen liegt die Abfassung der Urteilsformel im Ermessen des Gerichts. Der Urteilsformel folgen die Angaben der angewandten Paragraphen. Das Urteil ergeht im Namen des Volkes und wird durch Verlesung der Urteilsformel verkündet. Außerdem werden die Urteilsgründe ihrem wesentlichen Inhalt nach mitgeteilt. Wird die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt oder der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt, so trifft das Gericht diese Entscheidungen durch einen gesonderten Beschluss, der mit dem Urteil verkündet wird. 8. Rechtsmittel (Österreich) Rechtsmittel gegen das Urteil erster Instanz (Berufung): Ist eine Partei mit dem Urteil nicht einverstanden, steht ihr das Rechtsmittel der Berufung zu. Diese ist beim Gericht erster Instanz einzubringen, welches die Berufung dann an die zweite Instanz weiterleitet. Wirkungen der Berufung: -aufschiebende Wirkung: Das Urteil erster Instanz wird nicht rechtskräftig und vollstreckbar -aufsteigende Wirkung: Grundsätzlich ist für das Berufungsverfahren das im Instanzenzug übergeordnete Gericht zuständig -Zweiseitigkeit: Gegner des Rechtsmittelwerbers hat im Berufungsverfahren auch rechtliches Gehör durch die Möglichkeit der Einbringung einer Berufungsbeantwortung Im Rechtsmittelverfahren besteht Anwaltszwang! (=Berufungsschrift ist von einem Anwalt zu unterfertigen). Die Berufung muss mittels Schriftsatz vom Anwalt eingebracht werden. Die Berufung kann beim Gericht, das das Urteil erlassen hat, mündlich zu Protokoll gegeben werden, wenn nicht schon im erstinstanzlichen Verfahren Anwaltszwang bestand und an Gerichtsorten nicht wenigstes 2 Anwälte ihren Sitz haben (- daher nie in Wien!) Der Berufungswerber hat - je nach Höhe des Streitwertes - auch für die Berufung Pauschalgebühren zu entrichten. Damit wird die Tätigkeit des Gerichtes der zweiten Instanz "entlohnt". Diese Pauschalgebühren können als Gerichtskostenmarken in jeder Einlaufstelle erworben werden. Rechtsanwälte können die PG direkt an das Gericht überweisen. Berufungsfrist: 4 Wochen ab Zustellung Instanzenzug: Bezirksgericht-Landesgericht Landesgericht - Oberlandesgericht Vorsicht! Bei mündlich verkündeten Urteilen muss die Berufung angemeldet werden: * gleich nach Urteilsverkündung * innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung des letzten Verhandlungsprotokolles Nur wenn die Berufung angemeldet wurde, darf diese dann auch tatsächlich erhoben werden! Berufungsbeschränkungen: Die Berufung ist gegen Urteile I. Instanz jeder Art zulässig, gegen Ersturteile mit einem Streitwert € 2. 000,- nicht übersteigenden Streitwert jedoch nur wegen: Berufungsgründe 1. Nichtigkeit 2. wesentliche Verfahrensmängel 3. unrichtige Sachverhaltfeststellung 4. unrichtige rechtliche Beurteilung Das Berufungsverfahren (= Verfahren zweiter Instanz) Nach Einbringung der Berufung beim Gericht erster Instanz ordnet dieses an, dass die Berufungsschrift der gegnerischen Partei zugestellt wird. Diese kann dann binnen einer Frist von 4 Wochen ab Zustellung eine Berufungsbeantwortung einbringen. Die Berufungsbeantwortung dient der Widerlegung der Berufungsgründe. Berufungs- und Berufungsbeantwortungsschrift werden dann vom Erstgericht dem Berufungsgericht vorgelegt, das nach einem Vorverfahren (ist die Berufung überhaupt zulässig, rechtzeitig etc.?) ein Berufungshauptverfahren durchführt. Es gelten für dieses Verfahren die gleichen Grundsätze wie für das Verfahren erster Instanz, auf eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung können die Parteien aber verzichten (Regelfall!). Das Berufungsgericht entscheidet über die Berufung * mit Beschluss: - Urteil und Verfahren erster Instanz nichtig, Rechtssache wird an das zuständige Erstgericht zurückverwiesen; oder Klage war wegen Nichtigkeitsgrund nicht zulässig, Klage wird zurückgewiesen - Urteil wegen Verfahrensmangel aufgehoben, Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen - Berufung wird zurückgewiesen ("verworfen"), weil diese nicht zulässig ist * mit Urteil: Bestätigung oder Abänderung des Urteils erster Instanz Rechtsmittel gegen das Urteil zweiter Instanz (Revision) Gegen Urteile des Berufungsgerichtes steht (sehr eingeschränkt) das Rechtsmittel der Revision an den Obersten Gerichtshof zu. Die Revision kann nur erhoben werden, wenn * der Streitwert € 20. 000,- übersteigt - gilt nicht für familienrechtliche Streitigkeiten und für Bestandstreitigkeiten (Kündigung, Räumung, Bestehen eines Vertrages) und * die Entscheidung des Berufungsgerichtes sich mit einer Rechtsfrage, die zur Wahrung der Rechtssicherheit, der Rechtseinheit oder der Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, beschäftigt Die Aufgabe des OGH ist es, nur wesentliche Rechtsfragen zu prüfen, er hat eine Leitfunktion, weswegen der Zugang zum OGH auch beschränkt ist. Wirkungen der Revision: * aufschiebende Wirkung: Das Urteil erster Instanz wird im Umfang der Revisionsanträge nicht rechtskräftig und vollstreckbar * aufsteigende Wirkung: Für das Revisionsverfahren ist immer der Oberste Gerichtshof zuständig * Zweiseitigkeit: Gegner des Rechtsmittelwerbers hat im Revisionsverfahren auch rechtliches Gehör durch die Möglichkeit der Einbringung einer Revisions- beantwortung Im Revisionsverfahren besteht absoluter Anwaltszwang. Der Revisionswerber hat auch für die Revision Pauschalgebühren zu entrichten. Damit wird die Tätigkeit des Obersten Gerichtshofes "entlohnt". Revisionsfrist: 4 Wochen ab Zustellung des Berufungserkenntnisses Instanzenzug: Landesgericht - Oberster Gerichtshof Oberlandesgericht - Oberster Gerichtshof Der OGH entscheidet durch Beschluss oder Urteil. Bei Nichtzulassung der Revision durch den OGH hat der Rechtsmittelwerber die Möglichkeit der sog. "außerordentlichen Revision" an den OGH in der er darlegen muss, warum doch eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung ist. Die außerordentliche Revision ist auch gleichzeitig als Rechtsmittel gegen das Berufungsurteil auszuführen. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ist nach nationalem Recht unanfechtbar! Beachte aber: Möglichkeit der Anrufung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Rechtsmittel gegen Beschlüsse (=Rekurs) Der Rekurs ist das ordentliche Rechtsmittel gegen Beschlüsse der ersten oder zweiten Instanz. z.B.Besitzstörungsendbeschluss, Zahlungsaufträge, Beschluss über Sachverständigengebühren, Beschluss über Bewilligung der Verfahrenshilfe, Klagszurückweisung, Beschluss auf Erstreckung einer Verhandlung, Beweisbeschluss, Übergabe- oder Übernahmeauftrag im Bestandverfahren etc. Beschlüsse sind dann selbständig anfechtbar, wenn dies gesetzlich nicht ausgeschlossen ist. Ist dies der Fall, kann ein Beschluss eventuell mit der nächsten selbständig anfechtbaren Entscheidung angefochten werden (verbundener Rekurs). Eine Reihe von Beschlüssen sind jedoch unanfechtbar (z.B. Bewilligung der Wiedereinsetzung eines Verfahrens). Das Rechtsmittel des Rekurses hat in der Regel keine aufschiebende Wirkung, der Beschluss wird mit Zustellung oder Verkündung vollstreckbar, wenn er einen Leistungsbefehl enthält. Rekursfrist: 14 Tage (4 Wochen bei zweiseitigem Rekurs mit Rekursbeantwortung) Gegen Beschlüsse der 2. Instanz steht das Rechtsmittel des Revisionsrekurses an den OGH zur Verfügung (Streitwert über € 20. 000,- erstinstanzlicher Beschluss nicht zur Gänze bestätigt). Unzulässig ist der Revisionsrekurs * über den Kostenpunkt * in Besitzstörungsangelegenheiten * über Sachverständigengebühren * über Verfahrenshilfe Rechtsmittel im Strafverfahren Gegen die Urteile der Gerichtshöfe erster Instanz stehen nur die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung offen. Die Nichtigkeitsbeschwerde geht an den Obersten Gerichtshof, die volle Berufung an den Gerichtshof zweiter Instanz (§ 280 StPO). Die ordentlichen Rechtsmittel im Strafverfahren sind: 1. die Beschwerde gegen Beschlüsse 2. die Nichtigkeitsbeschwerde und die Strafberufung richtet sich gegen die Urteile der Kollegialgerichte (der Schöffen- ung Geschworenegerichte) und erfasst materielle wie formelle Fehler; über die Nichtigkeitsbeschwerde entscheidet Oberster Gerichtshof in einer Zusammensetzung von grundsätzlich 5 Berufsrichtern 3. die volle Berufung gegen die Urteile der Einzelrichter und Bezirksgerichte, die in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht angefochten werden können Rechtsmittel (Deutschland) Rechtsbehelfe - Rechtsmittel · "Rechtsbehelf": Gesuch, mit dem eine behördliche oder gerichtliche Entscheidung angefochten wird. Als Oberbegriff umfasst er auch das · "Rechtsmittel": Rechtsbehelf, auf den hin ein höheres Gericht die angefochtene Entscheidung nachprüft. Als "Rechtsmittel" bezeichnet man deshalb nur folgende Rechtsbehelfe: "Berufung": Eröffnet eine neue Tatsacheninstanz. "Revision": Eröffnet nur die Möglichkeit einer rechtlichen Überprüfung. "Beschwerde": Statthaft gegen Beschlüsse und Verfügungen. Instanzenzug: Die Berufung Die Berufung ist das Rechtsmittel gegen alle Urteile, die in 1. Instanz erlassen werden. Vor der 2. Instanz wird der Prozess in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nochmal neu geführt. Erstinstanzlich sind die Amts- oder Landgerichte zuständig. Die zweite Instanz bilden die Land- oder Oberlandesgerichte und drittinstanzlich ist der Bundesgerichtshof zuständig. Ist das Amtsgericht erstinstanzlich zuständig, so ist für Berufungen das Landgericht zuständig. Das gilt allerdings nicht für familienrechtliche Streitigkeiten. Da geht die Berufung vom Amtsgericht an das Oberlandesgericht. Berufungen gegen Entscheidungen der Landgerichte gehen an das Oberlandesgericht. Amtsgericht-Landgericht Landgericht -Oberlandesgericht Familiengericht – Oberlandesgericht In der Berufungsinstanz (2. Instanz) wird der Prozess völlig neu geführt. Alle Beweise müssen neu erhoben werden, und kein Richter darf mitwirken, der in der Vorinstanz schon einmal entschieden hat. Die Berufung kann nur eingelegt werden, wenn die Beschwer (d. h. die durch das Urteil einer Partei auferlegte Belastung 600,- Euro übersteigt. Die Beschwer darf nicht mit dem Streitwert verwechselt werden. Das ist beispielsweise für den Beklagten der Fall, wenn er zu einer Zahlung von mehr als 600,- Euro verurteilt wird oder beim Kläger, wenn ihm durch das Urteil von seiner Klagforderung mehr als 600,- Euro abgezogen werden. In nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten, z. B. Ehescheidung, ist die Berufung immer zulässig. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift beim übergeordneten Land- bzw. Oberlandesgericht eingelegt. Sie muss begründet werden und von einem bei diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Berufungsfrist: 1 Monat ab Zustellung des Urteils Die Revision Die Revision ist ein gegen Urteile zugelassenes Rechtsmittel, das nur auf eine Rechtsverletzung gestützt werden kann. Zulässigkeit: In vermögensrechtlichen Streitigkeiten muss die Revisionssumme von € 30. 000,- überschritten sein. Für die Revision gegen deren Entscheidung ist der Bundesgerichtshof zuständig. In Strafsachen: gegen die Urteile des LG und des OLG als Gerichte 1. Instanz gibt es keine Berufung, sondern nur die Revision, über die der BGH entscheideet. Instanzenzug: Landgericht -Bundesgerichtshof Oberlandesgericht-Bundesgerichtshof Revisionsfrist: 1 Monat ab Zustellung des abgefassten Urteils Die Revision kann ausnahmsweise auch anstelle der Berufung eingelegt werden, so dass die Berufungsinstanz entfällt (sog. Sprungrevision). Instanzenzug: Amtsgericht-Oberlandesgericht Landgericht -Bundesgerichtshof Die Beschwerde Die Beschwerde richtet sich nicht gegen Urteile, sondern gegen Beschlüsse des Gerichts oder gegen Verfügungen seines Vorsitzenden. In einem Berufungsverfahren kann eine falsche Anwendung des Rechts durch das erstinstanzliche Gericht gerügt werden. Es kann aber auch noch zu den Tatsachen verhandelt werden und - in gewissen Grenzen - neuer Sachverhalt vorgetragen werden. Dagegen können in einem Revisionsverfahren nur Rechtsfehler des Berufungsgerichtes gerügt werden. Als Sachverhalt muss von den Feststellungen des Berufungsgerichtes ausgegangen werden. Neuer Sachvortrag oder eine Änderung der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichtes sind ausgeschlossen. 9. Tätigkeit des Rechtsanwalts (Österreich) Sowohl im Zivil- als auch im Strafverfahren können (müssen) die Verfahrensparteien sich eines Rechtsanwaltes bedienen. Voraussetzung für die Berufsausübung als Rechtsanwalt sind nach österreichischem Recht: 13. das Studium der Rechtswissenschaften 14. Absolvierung des Gerichtsjahres 15. Berufstätigkeit in einer Rechtsanwaltskanzlei (dzt. 5 Jahre) 16. erfolgreiche Absolvierung der Rechtsanwaltsprüfung Sind diese 4 Voraussetzungen erfüllt, kann eine Eintragung in die bei der jeweiligen Landeskammer der Rechtsanwälte (RAK) aufliegenden Liste der Rechtsanwälte erfolgen. Erst ab diesem Zeitpunkt darf die Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" geführt werden. Im Strafverfahren besteht eine eigene Verteidigerliste beim jeweils zuständigen Oberlandesgericht, in die sich alle die Rechtsanwaltschaft wirklich ausübenden Rechtsanwälte als "Verteidiger in Strafsachen" eintragen lassen können. Andere bei Rechtsanwälten tätigen Juristen ohne absolvierte Rechtsanwaltsprüfung werden als "Rechtsanwaltsanwärter" bezeichnet. Diese sind berechtigt, auf Grund des absolvierten Studiums und ihrer Praxiserfahrung Verhandlungen zu verrichten und annähernd alle anderen Tätigkeiten im Klientenverkehr auszuüben, die ein eingetragener Rechtsanwalt auch ausübt. Rechtsanwaltsanwärter mit der "kleinen LU" (von der RAK ausgestellte Legitimationsurkunde) sind berechtigt, Verhandlungen vor Bezirksgerichten * im Zivilrecht: wenn der Streitwert 4. 000,- Euro übersteigt, siehe auch absoluter Anwaltszwang) * im Strafrecht mit einer Strafdrohung bis 1 Jahr zu verrichten. Die sog. "große LU" berechtigt den Rechtsanwaltsanwärter zur Vertretung bei allen anderen Verfahren. Die Tätigkeit des Rechtsanwaltes ist im Zivilverfahren die eines Beraters und Vertreters seiner Mandanten, im Strafverfahren die eines Beistandes (nie Stellvertreters!). Im allgemeinen umfasst die Tätigkeit eines Anwaltes die Vertretung vor Gericht oder Behörden, die Beratung (z. B. Vertragsgestaltung, Errichtung von Testamenten), oftmals auch den neuen Bereich der Mediation (Konfliktregelung im Vorfeld eines Rechtsstreites). Der Anwalt kann nach Unterfertigung einer entsprechenden Vollmacht durch den Klienten diesen vor allen österreichischen Gerichten und Behörden vertreten. Der Rechtsanwalt unterliegt keinem Kontrahierungszwang, d.h. er kann sich seine Mandanten aussuchen (Ausnahme: Pflicht-/ Amts- und Verfahrenshilfeverteidiger werden den Beschuldigten im Strafverfahren bei notwendiger Verteidigung ex lege beigegeben). Der Rechtsanwalt ist an seine Verschwiegenheitspflicht gebunden (Entschlagungsrecht im Verfahren!) und darf nie beide Parteien eines Rechtsstreites vertreten. In jedem Bundesland gibt es eine eigene Rechtsanwaltskammer (RAK). Die RAK ist eine berufliche Interessenvertretung. Bundesweite Angelegenheiten werden vom Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) koordiniert. Jeder Rechtsanwalt ist Mitglied in der Rechtsanwaltskammer seines Bundeslandes. Er unterliegt der Disziplinargerichtsbarkeit, die von Disziplinarräten und in letzter Instanz von der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission (OBDK) beim OGH ausgeübt wird. Derzeit gibt es in Österreich ca. 3.600 Rechtsanwälte und ca. 1.600 Rechtsanwaltsanwärter. Stand 1997: Wien ca. 1.400 - Burgenland ca. 40 - Niederösterreich ca. 270 - Oberösterreich ca. 440 - Salzburg ca. 300 - Steiermark ca. 360 - Kärnten ca. 200 - Tirol ca. 350 - Vorarlberg ca. 150 Rechtsanwalt (Deutschland) Der Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege. Er übt kein Gewerbe, sondern einen freien Beruf aus. Nur ihm ist es gestattet, die umfassende und geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten vorzunehmen. Jeder Jurist, der die Zweite Staatsprüfung (Assessorexamen) bestanden hat, kann die Zulassung als Rechtsanwalt beanspruchen. Ein Rechtsanwalt muss also die Befähigung zum Richteramt haben und durch die jeweilige Landesjustizverwaltung zugelassen sein. Die Zulassung wird auf Antrag durch die Landesjustizverwaltung erteilt. Auf sie hat grundsätzlich jeder Anspruch, der die Befähigung zum Richteramt erworben oder (Staatsangehörige der EG) die Eignungsprüfung bestanden hat, wenn nicht einer der Versagungsgründe des § 7 BRAO vorliegt (Unwürdigkeit, Berufsunfähigkeit, wegen körperlichen Gebrechens, Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter infolge strafrechtlicher Verurteilung). Zugleich mit der Zulassung zur Anwaltschaft ist die Zulassung bei einem bestimmten Gericht auszusprechen. Auch diese darf nur aus bestimmten gesetzlichen Gründen versagt werden, z. B. wenn der Ehegatte als Richter an dem Gericht tätig ist oder der Bewerber selbst innerhalb der letzten 5 Jahre dort tätig war. In Strafverfahren kann der Rechtsanwalt vor jedem Gericht in der Bundesrepublik auftreten. In Zivilverfahren kann er nur vor dem Gericht auftreten, bei dem er zugelassen ist (LG, OLG, BGH). Dies gilt nicht für die Amtsgerichte. In Zivilsachen kann ein Rechtsanwalt vor jedem Amtsgericht auftreten. Bei dem Rechtsverhältnis zwischen Anwalt und Mandant handelt es sich in der Regel um einen Geschäftsbesorgungsvertrag. Die Vergütung des Rechtsanwalts richtet sich nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO), sofern nicht eine davon abweichende schriftliche Honorarvereinbarung getroffen wird. Der Rechtsanwalt unterliegt der Schweigepflicht. Rechtsanwälte sind Berater ihrer Auftraggeber in allen Rechtsangelegenheiten. Allerdings hat die zunehmende Kompliziertheit der einzelnen Rechtsgebiete dazu geführt, dass sich auch Rechtsanwälte spezialisiert haben. Wenn sie sich auf einem bestimmten Gebiet fortgebildet haben, dürfen sie sich nach der Beibringung von Leistungsnachweisen als Fachanwalt bezeichnen und auch ohne eine solche Prüfung Schwerpunkte ihrer Tätigkeit angeben. Dagegen ist es ihnen verboten, um Kundschaft zu werben, etwa durch reißerische Zeitungsanzeigen oder übergroße Büroschilder. 10. Verfahrenshilfe (Österreich) Sowohl im Zivil- als auch im Strafverfahren besteht für Personen, die außerstande sind, ohne Beeinträchtigung des eigenen und des Unterhaltes für die Familie die (gesamten) Kosten eines Rechtsanwaltes zu tragen, die Möglichkeit, auf Antrag einen Rechtsanwalt beigestellt zu bekommen (Verfahrenshilfeanwalt" im Zivilverfahren; "Verfahrenshilfeverteidiger" im Strafverfahren). Im Zivilverfahren darf die Prozessführung im Falle der Bewilligung des Antrages aber nicht mutwillig oder aussichtslos erscheinen. Im Strafverfahren muss die Beigebung eines Verteidigers erforderlich sein (schwierige Sach- und Rechtslage, Anklageeinspruch, Rechtsmittel oder notwendige Verteidigung). Für den Nachweis der Problematik der Kostentragung durch den Antragsteller sind alle notwendigen Unterlagen (Einkommensbestätigung, Kontoauszug, Offenlegung der Vermögensverhältnisse etc.) dem Gericht vorzulegen. Von der Verfahrenshilfe, die die Beigebung eines Rechtsanwaltes (und anderer finanzieller Begünstigungen wie Befreiung von Gerichtsgebühren und Befreiung von Sachverständigengebühren im Zivilverfahren etc.) aus finanziellen Gründen seitens der Prozesspartei bedeutet, ist der absolute Anwaltszwang / die notwendige Verteidigung zu unterscheiden. Letzteres besagt, dass der Kläger / Beklagte / Beschuldigte vor Gericht durch einen Anwalt vertreten sein muss, widrigenfalls Säumnisfolgen ausgelöst werden. Absoluter / relativer Anwaltszwang im Zivilverfahren Bei absoluter Anwaltspflicht muss sich eine Partei durch einen Anwalt im Verfahren verteten lassen. Bei relativer Anwaltspflicht kann die Partei zwar selbst vor Gericht handeln, wenn sie sich aber vetreten lassen will, dann ist dies nur durch einen Anwalt (und nicht durch einen anderen Bevollmächtigten!) möglich. Absolute Anwaltspflicht besteht: * im bezirksgerichtlichen Verfahren, wenn die Wertzuständigkeit Euro 4. 000,.- übersteigt * im erstinstanzlichen Verfahren vor den Landesgerichten, sofern der Streitwert 4. 000,- Euro übersteigt * im Rechtsmittelverfahren Ausnahmen: 1. Tagsatzung, Erweiterung des Streitwertes im Laufe der Verhandlung auf über Euro 4. 000,- Vergleiche, (Zurücknahme des) Einspruchs im Mahnverfahren, Rechtsanwälte, Notare und Richter können sich immer selbst vertreten, etc. Relative Anwaltspflicht besteht: * im bezirksgerichtlichem Verfahren hinsichtlich vermögensrechtlicher Streitigkeiten, die in die Eigenzuständigkeit des BG fallen, wenn der Streitwert Euro 4. 000,- übersteigt und wenigstens 2 Rechtsanwälte ihren Sitz am Gerichtsort haben (in Wien sohin immer!) * im Gerichtshofverfahren in der 1. Tagsatzung, vor ersuchten Richtern etc. * in Ehesachen, wenn wenigstens 2 Rechtsanwälte ihren Sitz am Gerichtsort haben Die Partei kann im Zivilverfahren sohin selbst vor Gericht verhandeln (z.B. BG-Verfahren mit Streitwert unter Euro 4. 000,- ), sich durch einen Anwalt (verpflichtend bei abs./ relat. Anwaltszwang) oder durch einen anderen Bevollmächtigten vertreten lassen. Ein Bevollmächtigter muss selbst prozess- und postulationsfähig sein und dem Gericht seine Prozessvollmacht bei der ersten von ihm vorgenommenen Prozesshandlung urkundlich nachweisen (vgl. beim Rechtsanwalt und Notar genügt die Berufung auf die erteilte Bevollmächtigung!). Die Vollmacht erlischt bei Widerruf/ Kündigung oder durch Tod, Konkurs oder Verlust der Geschäftsfähigkeit des Bevollmächtigten. Notwendige Vertretung im Strafverfahren Im Strafverfahren muss der Beschuldigte/ Angeklagte in folgenden Fällen einen Verteidiger haben: * im Vorverfahren: · solange sich der Beschuldigte in U-Haft befindet · wenn eine Unterbringung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet werden soll · bei Jugendlichen immer außer im BG-Verfahren * in der Hauptverhandlung: · vor dem Einzelrichter, wenn eine drei Jahre übersteigende Freiheitsstrafe droht · vor dem Schöffen- und Geschworenengericht · bei Jugendlichen: im Einzelrichter-, Schöffen- und Geschworenenverfahren Als Verteidiger kann nur einschreiten, wer in der Verteidigerliste des OLG eingetragen ist. Dieser kann sein: * Wahlverteidiger (vom Beschuldigten ausgewählt und entlohnt) * Pflichtverteidiger (bei Verhängung der U-Haft sofort beizugeben) * Amtsverteidiger (bei notwendiger Verteidigung, wenn Angeklagter keinen Wahlverteidiger hat noch die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers beantragt hat) * Verfahrenshilfeverteidiger (auf Antrag oder von Amts wegen bei notwendiger Verteidigung) Prozesskostenhilfe in der BRD Prozesskostenhilfe ist die vollständige oder teilweise (etwa durch Bewilligung von Ratenzahlung) Befreiung einer einkommensschwachen Prozesspartei von den Prozesskosten. Um zu vermeiden, dass Parteien nur aufgrund ihrer finanziellen Lage berechtigte Ansprüche nicht einklagen können, sehen die §§ 114 ff der Zivilprozessordnung die Gewährung von Prozesskostenhilfe vor, wenn die Klage zumindest nicht aussichtslos oder mutwillig erscheint. PKH können sowohl der Kläger als auch der Beklagte eines gerichtlichen Verfahrens unter zwei Voraussetzungen erhalten: Der Antragsteller ist bedürftig und sein Rechtsmittel ist nach vorläufiger Einschätzung des Gerichts aussichtsreich. Die Prüfung der Bedürftigkeit wird vom Gericht vorgenommen. Dazu ist ein Formular zur "Erklärung über die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse" bei Gericht einzureichen. Diese Formular ist vollständig und wahrheitsgemäß auszufüllen. Soweit möglich sind alle Angaben durch entsprechende Belege (z. B. Gehaltsabrechnung, Kontoauszüge, Mietvertrag etc.) zu untermauern. Die Prüfung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung wird vom Gericht vorgenommen anhand der Klage beim Kläger oder der Klageerwiderung beim Beklagten. Ohne entsprechenden Schriftsatz bestehen also keine Aussichten auf PKH. Beigeordnete Rechtsanwälte können nur mit der Staatskasse abrechnen, haben aber keinen eigenen Vergütungsanspruch gegen den Mandanten. Dieser muss aber im Falle des Unterliegens in der Regel dem Gegner dessen entstandene Anwaltskosten ersetzen. Anwaltszwang in der BRD Hauptsächlich in Zivilverfahren gibt es den Anwaltsprozess. Anwaltszwang besteht immer dann, wenn der Prozess vor dem Landgericht oder einem noch höheren Kollegialgericht geführt wird (§ 78 Abs. I ZPO). In solchen Verfahren müssen sich die Parteien von einem bei diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. In Familiensachen besteht aber auch vor den Amtsgerichten (Familiengerichten) ein Anwaltszwang (§ 78 Abs. II ZPO). Im Strafprozess spricht man in diesem Zusammenhang von der notwendigen Verteidigung (§ 140 StPO). Vor den Zivilgerichten besteht teilweise Anwaltszwang. Dies bedeutet bei bestehendem Anwaltszwang, dass Erklärungen und Handlungen der Partei selbst oder eines Vertreters, der nicht Anwalt ist, keinerlei rechtliche Wirkung entfalten. Am Amtsgericht besteht grundsätzlich kein Anwaltszwang. Jede Partei kann sich also vor dem Amtsgericht selbst vertreten oder von einer beliebigen anderen Person (sofern diese voll geschäftsfähig ist) vertreten lassen. Empfehlenswert ist dies jedoch keinesfalls, da der juristische Laie die Spielregeln des Zivilprozesses nicht kennen und vor allem nicht hinreichend beherrschen kann. Dadurch kann der Prozess leicht verloren geben, da das Gericht der Partei auch nicht beratend und helfend unter den Arm greifen darf. Bei einer Reihe von familienrechtlichen Angelegenheiten besteht auch am Amtsgericht Anwaltszwang. Bei den Landgerichten, Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof besteht Anwaltszwang. Dabei kann auch nicht ein beliebiger Anwalt gewählt werden. Vielmehr muss der Anwalt bei dem jeweiligen Prozessgericht zugelassen sein. Ein Rechtsanwalt mit Kanzleisitz z. B. in Hamburg ist beim dortigen Landgericht zugelassen. Er kann nur dort und vor keinem anderen Landgericht auftreten. In den neuen Ländern besteht die Besonderheit, dass jeder bei einem Landgericht der neuen Länder zugelassener Anwalt vor allen Landgerichten der neuen Länder auftreten darf. Aufgrund eines am 17.12.1999 verabschiedeten Gesetzes können aber ab dem 1.1.2000 (oder einige Tage später - je nachdem, wann das neue Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird) alle an einem deutschen Landgericht zugelassene Anwälte bundesweit vor allen Land- und Amtsgerichten auftreten. Bei Verfahren vor den Oberlandesgerichten müssen die Anwälte bei dem jeweiligen OLG zugelassen sein. Um diese Zulassung zu erhalten, müssen sie seit mindestens 5 Jahren Anwalt sein. In einigen Ländern gelten mit der Singularzulassung weitere Besonderheiten. Verteidiger Der Verteidiger hat in einem Strafverfahren die Aufgabe, die Rechte des Beschuldigten umfassend zu wahren. Dabei hat er dazu beizutragen, dass alle für den Beschuldigten günstigen rechtlichen und tatsächlichen Umstände beachtet und dass die Verfahrensvorschriften eingehalten werden. Er darf zugunsten des Beschuldigten »einseitig« sein bis zu der Grenze, wo er sich selbst strafbar macht (z.B. wegen einer Begünstigung). Andererseits ist er aber auch Organ der Rechtspflege und hat im Zusammenwirken mit Gericht und Staatsanwaltschaft der Wahrheitsfindung zu dienen und darf diese somit nicht erschweren oder vereiteln. Nach § 138 StPO können Verteidiger die bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwälte und die Rechtslehrer an deutschen Hochschulen sein. Die Anwälte müssen also nicht bei dem Gericht, bei dem verhandelt wird, zugelassen sein. Ist die vom Beschuldigten ausgewählte Person weder Anwalt noch Hochschullehrer, so muss das Gericht dies genehmigen. Bei einer notwendigen Verteidigung kann eine solche Person nur neben einem Rechtsanwalt oder Hochschullehrer zugelassen werden. Verteidiger kann nicht sein, wer irgendwie an der Straftat des Beschuldigten beteiligt ist. Ø Ein Beschuldigter kann sich in jeder Lage des Verfahrens einen Verteidiger nehmen (Wahlverteidiger). Die Zahl der Verteidiger ist jedoch auf drei beschränkt (§ 137 StPO). Ø Ein Fall der notwendigen Verteidigung (Pflichtverteidiger) liegt insbesondere dann vor, wenn · die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Landgericht oder dem Oberlandesgericht stattfindet, · dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird, · das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann, · der Beschuldigte sich länger als drei Monate in U-Haft befunden hat und nicht mindestens zwei Wochen vor der Hauptverhandlung entlassen worden ist, · die Unterbringung oder Sicherungsverwahrung des Beschuldigten in Betracht kommt. Quellen: * Foregger Egmont, Bachner-Foregger Helene: Strafgesetzbuch. Manz Verlag 2002. * Foregger Egmont, Bachner-Foregger Helene: Strafprozessordnung. Manz Verlag 2002. * Mayr Peter G., Broll Hans: Zivilverfahrensrecht. Verlag Österreich 2002. * Pinter Donat: Rechtskunde. Hueber-Holzmann Verlag 1992. * Platzgummer Winfried: Grundzüge des österreichischen Strafverfahrens. Springer-Verlag 1997. * Seiler Stefan: Strafprozessrecht. WUV-Universitätsverlag 2002. * URL://www.gericht.at