Das österreichische Erbrecht Grundzüge des österreichischen Privatrechts Mag. Tanja Guggenberger 11. November 2016 2 • ErbRÄG 2015 • EuErbVO Aktuelles 3 • Grundbegriffe & System • Gesetzliche Erbfolge • Letztwillige Verfügungen • Erbvertrag • Pflichtteilsrecht • Verlassenschaftsverfahren • (EuErbVO) Übersicht 4 • Erbrecht im objektiven Sinn - Summe von Normen, die das Schicksal der Verlassenschaft regeln - §§ 531-824 ABGB und §§ 1249 ff ABGB • Erbrecht im subjektiven Sinn - absolutes Recht, die ganze Verlassenschaft oder einen bestimmten Teil davon (Quote) zu erwerben - § 532 ABGB - „Erbe“ Grundbegriffe I 5 • Verlassenschaft - alle Rechte und Verbindlichkeiten, die nicht mit dem Tod des Verstorbenen erlöschen zB. Steuerschulden, dingliche Rechte, Forderungen, Schulden, Dauerschuldverhältnisse… - § 531 ABGB - höchstpersönliche Rechte sind nicht vererblich zB. Persönlichkeits- und Familienrechte, Befugnis zur Berufsausübung, Führen akademischer Titel, Strafen… Grundbegriffe II 6 • Universalsukzession - gesamte vermögensrechtliche Position geht auf Erbe(n) über - Einantwortung - §§ 546 f ABGB • Singularsukzession - einzelne Verlassenschaftsgegenstände - Vermächtnis - § 535 ABGB Grundbegriffe III 7 • Privatautonomie im Erbrecht (Testierfreiheit) - Rechtsgeschäfte von Todes wegen - (einseitige) letztwillige Verfügung - (zweiseitiger) Erbvertrag • Pflichtteilsrecht - Einschränkung der Testierfreiheit - zwingendes Recht • Intestaterbfolge (gesetzliche Erbfolge) - dispositives Recht System 8 • Erbrechtstitel - Erbvertrag - Testament - Gesetz  § 533 ABGB  Stärke: Erbvertrag – Testament – Gesetz  Häufigkeit: Gesetz – Testament – Erbvertrag Berufungsgründe 9 • Erbfall = Tod des Verstorbenen (Entstehen der Verlassenschaft) • Erbanfall = Zeitpunkt, in dem das subjektive Erbrecht entsteht (idR Erbfall) - aufschiebende Bedingung (Hinausschiebung des Erbanfalls) - aufschiebende Befristung (bloß Erbschaftserwerb wird hinausgeschoben)  § 536 (1) ABGB Anfall des Erbrechts 10 • Berufungsgrund (Titel zum Erbrecht) - Erbvertrag - Testament - Gesetz • Erleben des Erbanfalls - § 536 (2) ABGB - Fiktion des § 22 ABGB für ungeborene Kinder - juristische Personen • Erbfähigkeit - Fähigkeit, eine bestimmte Erbschaft zu erwerben Voraussetzungen des Erbrechts 11 • Erb(un)fähigkeit - § 538 ABGB - Rechtsfähigkeit und Erbwürdigkeit - ex lege - kein Erb- und Pflichtteilsrecht bei Erbunwürdigkeit - Verzeihung möglich Erbunwürdig ist, wer - § 539 ABGB: gegen den Verstorbenen/Verlassenschaft gerichtlich strafbare Handlung (vorsätzlich/1 Jahr FS) begangen hat - § 540 ABGB: absichtlich die Verwirklichung des wahren Willens des Verstorbenen vereitelt oder zu vereiteln versucht hat Voraussetzungen des Erbrechts 12 Erbunwürdig ist, wer - § 541: Z 1 gegen den Ehegatten/eP/LG des Verstorbenen oder dessen Verwandte in gerader Linie eine gerichtlich strafbare Handlung begangen hat (vorsätzlich/1 Jahr FS) Z 2 dem Verstorbenen in verwerflicher Weise schweres seelisches Leid zugefügt hat Z 3 sonst gegenüber dem Verstorbenen seine Pflichten aus dem Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kinder gröblich vernachlässigt hat Voraussetzung: Verstorbener war nicht in der Lage, Beschränkung der Erbenstellung vorzunehmen Voraussetzungen des Erbrechts 13 Transmission = Erbrecht ist vererbbar (§ 537 ABGB) Transmittent = Erbe, dessen Erbrecht vererbt wird Transmissar = Erbe des Erben • Transmission im engeren Sinne - Vererbung des Erbrechts - bei Tod des Transmittenten - vor Abgabe einer Erbantrittserklärung • Transmission im weiteren Sinne - Vererbung - bei Tod des Transmittenten - nach Abgabe einer Erbantrittserklärung Vererbung des Erbrechts (Transmission) 14 • § 551 ABGB - Verzicht zu Lebzeiten - durch Vertrag - in Form eines Notariatsakt od. gerichtlichen Protokolls - keine einseitige Erklärung möglich - daher auch kein einseitiger Widerruf • Reichweite und Wirkung - Verzicht auf gesetzliches Erbrecht oder Pflichtteil oder beides - beseitigt den Berufungsgrund - Erbe fällt Erbschaft nicht an - nachträgliche Bedenkung aber gültig - mangels abweichender Vereinbarung: wirkt auch auf Nachkommen Der Erbverzicht 15 • Funktion - §§ 727 ff ABGB - subsidiär - mangels (gültiger) Erklärung d. letzten Willens (Testament/ErbV) - es wurde nicht über gesamtes Vermögen verfügt - Erben wollen/können nicht erben • Gesetzliche Erben - gewisse Verwandte - Ehegatte und eingetragene Partner - uU Lebensgefährte (außerordentliches Erbrecht) - Vermächtnisnehmer (außerordentliches Erbrecht) - wenn niemand vorhanden: Staat => Parentelsystem Die gesetzliche Erbfolge 16 • Ehegatte/eP - Ehegatten-/eP - Erbrecht in § 744 ABGB - Ehegatte/eP des Verstorbenen ist gesetzlicher Erbe - Umfang seines Erbteils abhängig davon, ob: - Verwandte des Verstorbenen vorhanden sind - wenn ja, welcher Parentel (Linie) sie angehören • Voraussetzung - Bestand einer aufrechten Ehe/eP - § 746 ABGB -Abs. 1: kein gesetzliches Erbrecht des geschiedenen Ehegatten bzw bei aufgelöster eP -Abs. 2: anhängiges Verfahren und Aufteilungsvereinbarung ≠ Lebensgefährte!!! Die gesetzliche Erbfolge Ehegatte/eP 17 • (gesetzliches) Vorausvermächtnis - § 745 Abs. 1 ABGB - Recht auf - Weiterwohnen in der Ehe- oder Partnerschaftswohnung und - Hausrat - Vorrang vor Pflichtteilsansprüchen - gegen Erben • Unterhaltsanspruch - § 747 ABGB - nach den Grundsätzen des § 94 ABGB bzw § 12 EPG - bis zur Wiederverheiratung/Eingehen einer neuen Partnerschaft - angemessene Bedürfnissen und mit Verlassenschaft begrenzt - Anrechnung sonstiger Zuwendungen - Anspruch geht den Gläubigern der Verlassenschaft nach Die gesetzliche Erbfolge Ehegatte/eP 18 • (gesetzliches) Vorausvermächtnis - § 745 Abs. 2 ABGB - Recht auf - Weiterwohnen in der gemeinsamen Wohnung und - Hausrat - ABER: - zumindest 3-jährige Haushaltsgemeinschaft mit Verstorbenen - Verstorbener war weder verheiratet noch in eP - Recht ist auf 1 Jahr befristet • Außerordentliches Erbrecht - § 748 Abs. 1 ABGB - wenn Verlassenschaft sonst erbenlos wäre - Voraussetzungen: - 3-jährige Haushaltsgemeinschaft mit Verstorbenen - Lebensgemeinschaft ist im Zeitpunkt des Todes noch aufrecht - Ausnahmen in Abs. 2 Die gesetzliche Erbfolge Lebensgefährte 19 • Außerordentliches Erbrecht der Vermächtnisnehmer - § 749 ABGB - wenn keine (gesetzlichen od. testamentarischen) Erben vorhanden - und kein außerordentliches Erbrecht des Lebensgefährten besteht - die von Verstorbenen bedachten Vermächtnisnehmer sind Erben • Aneignung durch den Bund - § 750 ABGB (bisher: „Heimfallsrecht“) - keine (gesetzlichen oder testamentarischen) Erben - kein außerordentliches Erbrecht des Lebensgefährten - kein außerordentliches Erbrecht der Vermächtnisnehmer - Verlassenschaft wird auf Antrag der Finanzprokuratur der Republik Österreich übergeben Die gesetzliche Erbfolge 20 • Allgemeines - um Anwendbarkeit der Regeln über gesetzl. Erbfolge auszuschließen - Rechtsgeschäfte von Todes wegen - (einseitige) letztwillige Verfügung - (zweiseitiger) Erbvertrag • Letztwillige Verfügung - Anordnung des Verstorbenen, wer seine Verlassenschaft bekommt - formgebunden - einseitig - nicht empfangsbedürftig - jederzeit widerruflich - höchstpersönliches Rechtsgeschäft => Letztwillige Verfügung mit Erbeinsetzung = TESTAMENT Die letztwillige Verfügung 21 • Allgemeine Gültigkeitsvoraussetzungen - Testierfähigkeit des letztwillig Verfügenden - Testierabsicht - Fehlen von Willensmängeln - Möglichkeit und Erlaubtheit der letztwilligen Verfügung - Einhaltung der vorgeschriebenen Form Die letztwillige Verfügung 22 • Altersmäßige Voraussetzungen - Unmündige Minderjährige (bis 14 Jahre) – absolut testierunfähig - Mündige Minderjährige (14 – 18 Jahre) – eingeschränkt testierfähig - Volljährige (ab Vollendung des 18. Lebensjahres) - testierfähig • Notwendige Einsichtskraft - wer den Inhalt und die Folgen seiner letztwilligen Verfügung verstehen und sich entsprechend verhalten kann • Sachwalterschaft - Bestellung eines Sachwalters wirkt sich nicht auf Testierfähigkeit aus - derzeitige Rechtslage aber noch § 568 ABGB Die letztwillige Verfügung I. Testierfähigkeit 23 - Testierabsicht des letztwillig Verfügenden muss gegeben sein - dh. er will letztwillige Verfügung treffen - Testierabsicht in vielen Fällen d. Testierunfähigkeit bereits ausgeschlossen - Testierabsicht kann aber auch bei testierfähigen Personen fehlen: zB: -Errichtung eines Testaments im Rahmen eines Theaterstücks auf der Bühne Die letztwillige Verfügung II. Testierabsicht 24 • Freiheit von List und Zwang - listige oder zwangsweise herbeigeführte letztwillige Verfügung ist anfechtbar • Irrtum - letztwillige Verfügung kann bei Irrtum angefochten werden - bei Erklärungs- oder Inhaltsirrtum ist Kausalität notwendig - bei Motivirrtum muss Motiv in letztwilliger Verfügung angegeben sein zB: Jemand setzt seine Geschwister als Erben ein, weil er glaubt, sie seinen pflichtteilsberechtigt Die letztwillige Verfügung III. Fehlen von Willensmängeln 25 • Möglichkeit - unmögliche letztwillige Verfügungen sind unwirksam • Erlaubtheit - § 879 ABGB - gesetzwidrige oder unsittliche Rechtsgeschäfte sind nichtig • Auslegung - Ziel: wahren Willen des Verstorbenen erforschen - favor testamenti Die letztwillige Verfügung IV. Möglichkeit und Erlaubtheit 26 • Allgemeines - Warnfunktion - Beweisfunktion • Private Formen - einhändiges Testament - fremdhändiges Testament • Gerichtliche Testamente - schriftlich - mündlich • Notarielle Testamente • Sonderformen - gemeinschaftliches Testament - Nottestament Die letztwillige Verfügung V. Formvorschriften 27 • Eigenhändiges (holographes) Testament - § 578 ABGB - Voraussetzungen - eigenhändig geschriebener Text - eigenhändig unterschrieben • Fremdhändiges (allographes) Testament - §§ 579 f ABGB - Voraussetzungen: - schriftlicher Text - Unterschrift des Verfügenden - schriftliche nuncupatio („mein Wille“) - 3 gleichzeitig anwesende Zeugen - Zeugenidentität muss aus Urkunde hervorgehen - Unterschrift der Zeugen - eigenhändiger Zusatz der Zeugen („als Zeuge“) Die letztwillige Verfügung V. Formvorschriften 28 • Schriftliches gerichtliches Testament - § 581 Abs. 2 ABGB - Schriftlicher Text (muss nicht eigenhändig sein) - eigenhändige Unterschrift - Übergabe an Gericht mit Erklärung, dass dies der letzte Wille sei - Gerichtsbesetzung: - 1 Richter & 1 Gerichtsbediensteter od. 1 Richter & 2 sonstige Zeugen - Aufnahme eines Protokolls • Mündliches gerichtliches Testament - § 581 Abs. 3 ABGB - letzter Wille wird mündlich erklärt und protokolliert - dann wird es wie ein schriftlich gerichtliches Testament behandelt • Notarielles Testament - § 583 ABGB - schriftlich oder mündlich - vor 2 Notaren oder 1 Notar und 2 Zeugen Die letztwillige Verfügung V. Formvorschriften 29 • Gemeinschaftliches Testament - § 586 Abs. 2 ABGB - Ehegatten/eP -wechselseitig -wechselbezüglich -gemeinsam • Nottestament - § 584 ABGB - aus Sicht des letztwillig Verfügenden droht - unmittelbar die begründete Gefahr, - dass er verstirbt oder Fähigkeit zu testieren verliert - bevor er seinen letzten Willen auf andere Weise erklären kann - mündlich oder schriftlich - vor 2 gleichzeitig anwesenden Zeugen - mündliche Anordnung nur gültig: übereinstimmende Zeugenaussage - gültig: bis 3 Monate nach Wegfall der Gefahr Die letztwillige Verfügung V. Formvorschriften 30 • Allgemeines - nur Zeuge, wenn letztwillig Verfügender das will und - Zeuge damit einverstanden ist - kein zufällig Zuhörender • Ausgeschlossene Personen - absolut unfähige Personen - § 587 ABGB - Personen unter 18 Jahren (Ausnahme Nottestament) - Personen, denen aufgrund einer Behinderung Fähigkeit fehlt - relativ unfähige Personen - §§ 587 f ABGB - Personen, die die Sprache des letztwillig Verfügenden nicht verstehen - Personen die befangen sind (siehe nächste Folie) Die letztwillige Verfügung Testamentszeugen 31 • Befangene Personen - Personen, die in der letztwilligen Verfügung bedacht werden - Testamentsvollstrecker, der für seine Tätigkeit eine Belohnung erhält - Angehörige des Bedachten: - Ehegatte/eP/Lebensgefährte bei aufrechter Ehe/eP/LG - Eltern - Kinder (auch Adoptivkinder) - Geschwister - Angehörige des Ehegatten/eP/Lebensgefährten des Bedachten: - Eltern - Kinder - Geschwister - gesetzliche Vertreter, Vorsorgebevollmächtigte, vertretungsbefugte Organe, Gesellschafter, Machthaber und Dienstnehmer bedachter Personen oder rechtsfähiger Gesellschaften => Schreiber des Testaments ist fähiger Zeuge (sofern nicht bedacht) Die letztwillige Verfügung Testamentszeugen 32 • Allgemeines - Aufhebung jederzeit durch letztwillig Verfügenden möglich durch: - Errichtung einer neuen Anordnung - Widerruf - Verlust der Angehörigenstellung Die letztwillige Verfügung Aufhebung 33 • Errichtung einer neuen letztwilligen Verfügung - § 713 ABGB Vermutung: - altes Testament verliert durch neues zur Gänze seine Gültigkeit - Außer: Verstorbener hat im neuen Testament etwas anderes verfügt - Vermutung gilt aber selbst dann, wenn im neuen Testament ein Erbe nur zu einem Teil eingesetzt wird - kommt neues Testament nicht gültig zustande, bleibt altes aufrecht - alte letztwillige Verfügung ohne Erbeinsetzung (zB Vermächtnis)? = im Zweifel nur durch ein neues Testament über gesamte Verlassenschaft aufgehoben (§ 713 Abs. 2 ABGB) - neue letztwillige Verfügung ohne Erbeinsetzung? = alte Verfügungen ohne Erbeinsetzung nur insoweit aufgehoben, als Widerspruch zu neuer besteht (§ 714 ABGB) - neue letztwillige Verfügung ohne Erbeinsetzung hebt altes Testament (= mit Erbeinsetzung) nicht auf => nebeneinander gültig Die letztwillige Verfügung Aufhebung 34 • Widerruf - §§ 717 ff ABGB - setzt Testierfähigkeit voraus (§ 718 ABGB) • Ausdrücklich - § 719 ABGB - für alle Testamentsformen möglich • Stillschweigend - §§ 721 ff ABGB - nur bei schriftlichen Testamenten möglich - Durchstreichen/-schneiden der Unterschrift - Vernichtung der Urkunde - Zufällige Vernichtung? • Zurücknahme eines öffentlichen, schriftlichen Testaments - kann einen konkludenten Widerruf darstellen (muss aber nicht sein) Die letztwillige Verfügung Aufhebung 35 • Aufhebung durch Verlust der Angehörigenstellung - § 725 ABGB - Auflösung der Ehe/eP/LG zu Lebzeiten des Verstorbenen: -davor errichtete letztwillige Verfügungen werden, soweit sie den früheren Ehegatten/eP/Lebensgefährten betreffen, aufgehoben Gleiches gilt für: - Aufhebung der Abstammung - Widerruf/Aufhebung der Adoption = gilt auch dann, wenn die Verwandtschaft erst nach Eintritt des Erbfalls entfällt - Zur Aufhebung der letztwilligen Verfügung kommt es auch dann, wenn gerichtliches Verfahren zur Aufhebung/Widerruf eingeleitet wurde Die letztwillige Verfügung Aufhebung 36 • §§ 604 ff ABGB - Einsetzung eines Erben für den Fall, dass Ersteingesetzter nicht erbt - Ersatzerbe geht den gesetzlichen Erben vor - aber nur, wenn Ersatzerbe Erbanfall erlebt - Ersatzerbschaft schließt Transmission ieS aus - Erbschaft fällt also Ersatzerben und nicht Erben des Ersteingesetzten an - es können beliebig viele Ersatzerben eingesetzt werden - sowohl nebeneinander - als auch nacheinander Ersatzerbschaft 37 • Anwachsung/Zuwachs - §§ 560 f ABGB - wenn kein Ersatzerbe vorhanden - Erbteil des Erben, der nicht zur Erbschaft gelangt geht an andere Erben - iZw entsprechend den Erbteilen der übrigen eingesetzten Erben - Transmission geht aber der Anwachsung vor!!! Anwachsung 38 • §§ 608 ff ABGB - Möglichkeit der Bestimmung einer Reihe von Erben - umfassender als die Ersatzerbschaft zB Verstorbener vermacht Urlaubswohnung an Ehefrau, ordnet jedoch an, dass sie nach ihrem Tod seinen Kindern zufallen solle - Vorerbe und Nacherbe - Beschränkung bei Nichtzeitgenossen - unbewegliche Güter: nur 1 Nichtzeitgenosse - bewegliche Güter: 2 Nichtzeitgenossen Nacherbschaft 39 • §§ 1249 ff ABGB - Vertrag zwischen Verstorbenem und Ehegatten/eP (Verlobten) - unwiderruflich - nur einverständliche Aufhebung möglich - Gültigkeitsvoraussetzungen: Verträge und letztwillige Verfügung -Notariatsakt und notarielles schriftliches Testament - keine Vertretung möglich - Bindungswille auf beiden Seiten notwendig - erlischt mit Auflösung der Ehe/eP - reines Viertel Erbvertrag 40 • §§ 647 ff ABGB - Singularsukzession - einzelne Verlassenschaftsgegenstände - gewillkürte und gesetzliche Vermächtnisse - Vermächtnisnehmer ist Erbschaftsgläubiger - schuldrechtlicher Titel gegen die Erben - Übergabe = Verfügungsgeschäft, Modus  Eigentumserwerb - Anfallstag und Zahlungstag • (gesetzliches) Pflegevermächtnis - § 677 ABGB - nahe stehende Personen des Verstorbenen - Pflege in den letzten 3 Jahren vor Tod - mind. 6 Monate in nicht bloß geringfügigem Ausmaß Vermächtnis 41 • § 603 ABGB - Vertrag unter Lebenden - wird aber erst mit Tod des Schenkenden erfüllt - alte Rechtslage: strittig, ob Vertragslösung oder Vermächtnislösung - ErbRÄG 2015: Vertragslösung - Konsequenz? - Beschenkter ist Verlassenschaftsgläubiger - geht daher Pflichtteilsberechtigten vor - Notariatsaktsform - Geschenkgeber hat sich kein Widerrufsrecht vorbehalten Schenkung auf den Todesfall 42 • §§ 756 ff ABGB - Einschränkung der Testierfreiheit - Pflichtteilsklage - Geldzahlungsanspruch • Pflichtteilsberechtigte Personen - Ehegatte/eP - Kinder des Verstorbenen - wenn diesen Personen auch bei gesetzl. Erbfolge Erbrecht zustünde - Umfang: Hälfte dessen, was nach gesetzlicher Erbfolge zustünde - Pflichtteil ist nach Wert der Verlassenschaft am Todestag zu berechnen - 4 % gesetzliche Zinsen bis zur Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs - Reine Verlassenschaft Pflichtteilsrecht 43 • Hinterlassung des Pflichtteils - Pflichtteilsanspruch ist prinzipiell Geldzahlungsanspruch - ABER: Anrechnung sonstiger Zuwendungen an Pflichtteilsberechtigen: zB: Erbeinsetzung, Vermächtnis, gesetzlicher Erbteil - Ehegatte/eP muss gesetzliches Vorausvermächtnis anrechnen lassen - Pflegevermächtnis gebührt aber neben dem Pflichtteil - Belastungen auf Zuwendung zur Deckung des Pflichtteils => bei Bewertung der Zuwendung zu berücksichtigen - wenn Zuwendung Pflichtteil nicht deckt: Pflichtteilsergänzungsklage Pflichtteilsrecht 44 • Anfall und Fälligkeit des Pflichtteilsanspruchs - Pflichtteilsanspruch entsteht mit Tod des Verstorbenen - ab Entstehung kann er abgetreten und verpfändet werden - Fälligkeit aber erst 1 Jahr nach Tod des Verstorbenen - bis dahin: gesetzliche Zinsen (4 %) - (reine) Stundung §§ 766 ff ABGB - durch letztwillige Verfügung des Verstorbenen - auf Antrag des Pflichtteilsschuldners - Verjährung - Kenntnisabhängige Frist: 3 Jahre - absolute Frist: 30 Jahre nach Tod des Verstorbenen Pflichtteilsrecht 45 • Hinzu- und Anrechnung bei Zuwendungen an Pflichtteilsberechtige unter Lebenden - Gleichbehandlung von Pflichtteilsberechtigen - Vergrößerung der Testierfreiheit - Anrechnungsmethode: Hinzu- und Anrechnung ≠ bei Zuwendungen von Todes wegen: nur Anrechnung - Hinzu- und Anrechnungspflichtige Leistungen in § 781 ABGB - Ausnahmen in § 784 ABGB -Hinzu- und Anrechnungsberechtigte Personen - jede Person, die zur Leistung des Pflichtteils verpflichtet ist - jeder übrige Pflichtteilsberechtigte Pflichtteilsrecht 46 • Berücksichtigung von Zuwendungen an nicht Pflichtteilsberechtigte - § 782 - Schenkungen (iSd § 781) an Dritte zu Lebzeiten des Verstorbenen - Absicherung des Pflichtteilsrechts - auf Verlangen eines Pflichtteilsberechtigten - Schenkungen in den letzten beiden Jahre vor Tod des Verstorbenen - bei Berechnung der Verlassenschaft hinzuzurechnen - Vermögensopfertheorie zur Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts - Schenkungen vor mehr als 2 Jahren sind nicht hinzuzurechnen - auf Verlagen der pflichtteilsberechtigten Nachkommen, Ehegatten/eP - Ausnahmen § 784 ABGB (wie vorher) Pflichtteilsrecht 47 • Haftung des Geschenknehmers bei Zuwendungen an Pflichtteilsberechtigte bzw an Dritte - reicht Verlassenschaft zur Deckung der Pflichtteile nicht aus  Zahlung des Fehlbetrags  aber keine Klage auf Herausgabe des Geschenks selbst - Ausnahme: Ausstattung - Haftung auf zugewendete Sache begrenzt - mehrere Geschenknehmer haften anteilig Pflichtteilsrecht 48 • §§ 752 ff ABGB - Unterscheiden zw. Anrechnung bei Kindern und beim Ehegatten/eP • Kinder - Gleichbehandlung - Anrechnung von Schenkungen zu Lebzeiten des Verstorbenen (§ 781) - Kinder können Anrechnung verlangen - Verstorbener kann Anrechnung erlassen - Hinzu- und Anrechnung • Ehegatte/eP - § 744 Abs. 2 ABGB - anrechnen was durch Ehe-/Partnerschaftspakt/Erbvertrag bekommt - nicht aber gesetzliches Vorausvermächtnis - Zuwendungen zu Lebzeiten sind nicht zu berücksichtigen - Verstorbener kann aber Gegenteiliges anordnen - es kommt nur zur Anrechnung, weil Werte in Verlassenschaft sind Exkurs: Anrechnung bei der gesetzlichen Erbfolge 49 • Enterbung - gänzliche oder teilweise Entziehung des Pflichtteils - nur durch gültige letztwillige Verfügung - Enterbungsgrund muss vorliegen - notwendiger Unterhalt nach § 777 ABGB bleibt aber • Enterbungsgründe - §§ 770 f ABGB - im Gesetz taxativ (erschöpfend) aufgezählt - hA: ausdehnende Interpretation aber möglich - Enterbung ohne Enterbungsgrund? - unrechtmäßig Enterbter von gesetzlicher Erbfolge ausgeschlossen - ihm bleibt nur der Pflichtteil Pflichtteilsrecht 50 • Enterbungsgründe § 770: - Pflichtteilsberechtigter kann enterbt werden wenn er: - gegen Verstorbenen gerichtlich strafbare Handlung begangen hat (vorsätzlich + mehr als 1 Jahr FS) - gegen Ehegatten/eP/LG oder Verwandte in gerader Linie, Geschwister des Verstorbenen und deren Kinder, Ehegatten/eP/LG sowie Stiefkinder gerichtlich strafbare Handlung begangen hat (vorsätzlich + mehr als 1 Jahr FS) - absichtlich Verwirklichung des wahren Willes vereitelt (versucht) hat - schweres seelisches Leid Verstorbenen zugefügt hat - familienrechtlichen Pflichten gröblich vernachlässigt - strafbare vorsätzliche Handlungen (FS lebenslang/20 J. verurteilt) Pflichtteilsrecht 51 • Enterbungsgründe § 771: - Enterbung in guter Absicht - verschwenderisch oder stark verschuldeter Pflichtteilsberechtigte wird zugunsten seiner Kinder enterbt - um zu vermeiden, dass Kindern (später) Erbe entgeht • Voraussetzungen und Auswirkungen - Enterbung kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen - in rechtswirksamer letztwilliger Verfügung - Ursächlichkeit des Enterbungsgrundes (wird vermutet) - Erbe muss bei Bestreitung durch Pflichtteilsberechtigten Vorliegen eines Enterbungsgrundes beweisen - Enterbung wirkt sich auf Nachkommen grundsätzlich nicht aus - Widerruf bedarf der Form einer letztwilligen Verfügung Pflichtteilsrecht 52 • Pflichtteilsminderung - Möglichkeit der Minderung des Pflichtteils auf die ½ - in Form einer letztwilligen Verfügung (auch konkludent möglich) - Voraussetzung: - zu keiner Zeit oder - über längeren Zeitraum hinweg  kein Naheverhältnis, wie es zwischen diesen Verwandten üblich ist - Außer: - Verstorbener hat Kontakt grundlos gemieden oder - berechtigten Anlass für fehlenden Kontakt gegeben  dann ist Pflichtteilsminderung nicht möglich - ist im Streitfall vom Erben zu beweisen -erhöht wie Enterbung Pflichtteil der übrigen Pflichtteilsberechtigten Pflichtteilsrecht 53 • Allgemeines - Außerstreitverfahren - Einleitung des Verlassenschaftsverfahren von Amts wegen - geteilte Zuständigkeit zwischen Gericht und Gerichtskommissär • Vorverfahren - Gerichtskommissär = Todesfallaufnahme - sichert gegebenenfalls die Verlassenschaft - übernimmt Urkunden – Kopien an Parteien/zur Erbfolge berufene • Verlassenschaftsabhandlung - Gerichtskommissiär fordert Erben auf zu erklären, ob sie - Erbschaft antreten wollen (Erbantrittserklärung) - Erbschaft ausschlagen wollen - gibt es widerstreitende Erbantrittserklärungen: - Einigungsversuch des Gerichtskommissiärs - ansonsten wird Akt dem Gericht vorgelegt => Gericht stellt Erbrecht der Berechtigten fest und weist übrigen ab - Einantwortung Verlassenschaftsverfahren 54 • Ruhende Verlassenschaft - § 546 ABGB - juristische Person • Unterbleiben der Abhandlung - Aktiva der Verlassenschaft übersteigen € 5.000 nicht - und Eintragung in öffentliche Bücher nicht notwendig - Erbe kann aber trotzdem Abhandlung beantragen • Testamentsvollstrecker - letztwillig Verfügender kann einen Testamentsvollstrecker bestimmen - dieser kann, muss aber nicht Aufgabe übernehmen - Entgelt nur, wenn ausdrücklich angeordnet ist Verlassenschaftsverfahren 55 • Erbantrittserklärung - gegenüber Gerichtskommissär abgegebene, unwiderrufliche Erklärung, eine angefallene Erbschaft anzutreten • Inhalt und Form - Berufungsgrund (Titel des Erbrechts) - Abgabe - mündlich (wird zu Protokoll genommen) oder - schriftlich => Unterschrift - Abgabe kann auch durch Vertreter erfolgen • Bedingte/Unbedingte Erbantrittserklärung - bedingt: Annahme einer Erbschaft unter einer Haftungsbeschränkung • Erbsentschlagung - Erklärung, eine bestimmte Erbschaft nicht anzunehmen • Änderung der Erbantrittserklärung Verlassenschaftsverfahren 56 • Erbschaftsklage - § 823 ABGB - Klage, mit dem der wahre Erbe sein Recht durchsetzen kann - gegen eingeantworteten Erben - gerichtet auf Herausgabe der Erbschaft - ist Klage erfolgreich: - Kläger erlangt rückwirkend Stellung eines eingeantworteten Erben - alle Rechte/Pflichten gehen auf ihn über - Verjährung - § 1487a ABGB - binnen 3 Jahren ab Kenntnis - unabhängig von Kenntnis: 30 Jahre Verlassenschaftsverfahren 57 • Erbfälle mit internationalem Bezug - Verstorbener mit Vermögenswerten in verschiedenen Staaten - wer ist für Abwicklung des Verlassenschaftsverfahrens zuständig? - welche Rechtsordnung kommt zur Anwendung => beide Fragen werden in der EuErbVO geregelt - seit 17.8.2015 in Kraft - ersetzt in Österreich die vormals einschlägigen - Verweisungsnormen des IPRG (Aufhebung der §§ 28 und 30 IPRG) - Zuständigkeitsbestimmungen in der JN • Zeitlicher und örtlicher Anwendungsbereich - zeitlich: Personen, die seit 17.8.2015 verstorben sind - örtlich: alle EU-MS außer Vereinigtes Königreich, Dänemark und Irland • Sachlicher Anwendungsbereich - Art. 1 Abs. 1 Rechtsnachfolge v. Todes wegen (zivilrechtliche Aspekte) - Art. 1 Abs. 2 EuErbVO: ausgenommene Rechtsbereiche EuErbVO 58 • Allgemeines Erbstatut - Art 21 Abs 1 EuErbVO - Recht des Staates, in dem Verstorbener im Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte - außer offensichtlich engere Verbindung zu anderem Staat (Abs 2) • Rechtswahl - Art 22 EuErbVO - Recht des Staates, dem man im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes gehört - mehrere Staatsangehörigkeiten: Recht eines dieser Staaten wählen - Rechtswahl muss entweder ausdrücklich in Verfügung von Todeswegen erfolgen oder sich daraus ergeben • Universelle Anwendung - Art 20 EuErbVO - das nach der EuErbVO maßgebliche Recht ist auch dann anzuwenden, wenn es nicht das Recht eines Mitgliedstaates ist EuErbVO Bestimmung des anwendbaren Rechts 59 • Zuständigkeitsregelung - Anknüpfung an gewöhnlichen Aufenthalt des Verstorbenen im Todeszeitpunkt - Art 4 EuErbVO - Zuständigkeit der Gerichte der Mitgliedstaaten, in dessen Hoheitsgebiet Verstorbener im Todeszeitpunkt gewöhnlichen Aufenthalt hatte - Art 5 EuErbVO - Vereinbarung bei Rechtswahl möglich - ohne Vereinbarung: Antrag einer Verfahrenspartei EuErbVO Regelung der Zuständigkeit 60 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!