Das österreichische Erbrecht Grundzüge des österreichischen Privatrechts Mag. Tanja Guggenberger 3. November 2017 2 • ErbRÄG 2015 • EuErbVO Aktuelles 3 • Grundbegriffe & System • Gesetzliche Erbfolge • Letztwillige Verfügungen • Erbvertrag • Pflichtteilsrecht • Verlassenschaftsverfahren • (EuErbVO) Übersicht 4 • Erbrecht im objektiven Sinn - Summe von Normen, die das Schicksal der Verlassenschaft regeln - §§ 531-824 ABGB und §§ 1249 ff ABGB • Erbrecht im subjektiven Sinn - absolutes Recht, die ganze Verlassenschaft oder einen bestimmten Teil davon (Quote) zu erwerben - § 532 ABGB - „Erbe“ Grundbegriffe I 5 • Verlassenschaft - alle Rechte und Verbindlichkeiten, die nicht mit dem Tod des Verstorbenen erlöschen zB. dingliche Rechte, Forderungen, Schulden, Dauerschuldverhältnisse… - § 531 ABGB - höchstpersönliche Rechte sind nicht vererblich zB. Persönlichkeits- und Familienrechte, Befugnis zur Berufsausübung, Führen akademischer Titel, Strafen… Grundbegriffe II 6 • Universalsukzession - gesamte vermögensrechtliche Position geht auf Erbe(n) über - Einantwortung - §§ 546 f ABGB • Singularsukzession - einzelne Verlassenschaftsgegenstände - Vermächtnis (vgl gesetzliches Vorausvermächtnis) - § 535 ABGB Grundbegriffe III 7 • Privatautonomie im Erbrecht (Testierfreiheit) - Rechtsgeschäfte von Todes wegen - (einseitige) letztwillige Verfügung - (zweiseitiger) Erbvertrag • Pflichtteilsrecht - Einschränkung der Testierfreiheit - zwingendes Recht • Intestaterbfolge (gesetzliche Erbfolge) - dispositives Recht System 8 • Erbrechtstitel - Erbvertrag - Testament - Gesetz  § 533 ABGB  Stärke: Erbvertrag – Testament – Gesetz  Häufigkeit: Gesetz – Testament – Erbvertrag Berufungsgründe 9 • Erbfall = Tod des Verstorbenen (Entstehen der Verlassenschaft) • Erbanfall = Zeitpunkt, in dem das subjektive Erbrecht entsteht (idR Erbfall) - aufschiebende Bedingung (Hinausschiebung des Erbanfalls) - aufschiebende Befristung (bloß Erbschaftserwerb wird hinausgeschoben)  § 536 (1) ABGB Anfall des Erbrechts 10 • Berufungsgrund (Titel zum Erbrecht) - Erbvertrag - Testament - Gesetz • Erleben des Erbanfalls - § 536 (2) ABGB - Fiktion des § 22 ABGB für ungeborene Kinder - juristische Personen • Erbfähigkeit - Fähigkeit, eine bestimmte Erbschaft zu erwerben Voraussetzungen des Erbrechts 11 • Erb(un)fähigkeit - § 538 ABGB - Rechtsfähigkeit und Erbwürdigkeit - ex lege - kein Erb- und Pflichtteilsrecht bei Erbunwürdigkeit - Verzeihung möglich Erbunwürdig ist, wer - § 539 ABGB: gegen den Verstorbenen/Verlassenschaft gerichtlich strafbare Handlung (vorsätzlich/1 Jahr FS) begangen hat - § 540 ABGB: absichtlich die Verwirklichung des wahren Willens des Verstorbenen vereitelt oder zu vereiteln versucht hat Voraussetzungen des Erbrechts 12 Erbunwürdig ist, wer - § 541: Z 1 gegen den Ehegatten/eP/LG des Verstorbenen oder dessen Verwandte in gerader Linie eine gerichtlich strafbare Handlung begangen hat (vorsätzlich/1 Jahr FS) Z 2 dem Verstorbenen in verwerflicher Weise schweres seelisches Leid zugefügt hat Z 3 sonst gegenüber dem Verstorbenen seine Pflichten aus dem Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kinder gröblich vernachlässigt hat Voraussetzung: Verstorbener war nicht mehr in der Lage, eine Beschränkung der Erbenstellung vorzunehmen Voraussetzungen des Erbrechts 13 Transmission = Erbrecht ist vererbbar (§ 537 ABGB) Transmittent = Erbe, dessen Erbrecht vererbt wird Transmissar = Erbe des Erben • Transmission im engeren Sinne - Vererbung des Erbrechts - bei Tod des Transmittenten - vor Abgabe einer Erbantrittserklärung • Transmission im weiteren Sinne - Vererbung - bei Tod des Transmittenten - nach Abgabe einer Erbantrittserklärung Vererbung des Erbrechts (Transmission) 14 • § 551 ABGB - Verzicht zu Lebzeiten - durch Vertrag - in Form eines Notariatsakt od. gerichtlichen Protokolls - keine einseitige Erklärung möglich - daher auch kein einseitiger Widerruf • Reichweite und Wirkung - Verzicht auf gesetzliches Erbrecht oder Pflichtteil oder beides - beseitigt den Berufungsgrund - Erbe fällt Erbschaft nicht an - nachträgliche Bedenkung aber gültig - mangels abweichender Vereinbarung: wirkt auch auf Nachkommen Der Erbverzicht 15 • Funktion - §§ 727 ff ABGB - subsidiär - mangels (gültiger) Erklärung d. letzten Willens (Testament/ErbV) - es wurde nicht über gesamtes Vermögen verfügt - Erben wollen/können nicht erben • Gesetzliche Erben - gewisse Verwandte (siehe nächste Folie) - Ehegatte und eingetragene Partner - uU Lebensgefährte (außerordentliches Erbrecht) - Vermächtnisnehmer (außerordentliches Erbrecht) - wenn niemand vorhanden: Staat => Parentelsystem Die gesetzliche Erbfolge 16 © Ferrari Die gesetzliche Erbfolge 4. Parentel 4. Parentel väterlicherseits mütterlicherseits 4 Urgroßeltern 4 Urgroßeltern Großvater Großvater Großmutter Großmutter Tanten Onkel Vater Mutter Tanten Onkel Cousins Cousinen Schwestern Brüder Verstorbener Schwestern Brüder Cousins Cousinen Großcousins Großcousinen Nichten Neffen Töchter Söhne Nichten Neffen Großcousins Großcousinen Großnichten Großneffen Enkeltöchter Enkelsöhne Großnichten Großneffen Urenkeltöchter Urenkelsöhne 3. Parentel väterlicherseits 2. Parentel 1. Parentel 2. Parentel 3. Parentel mütterlicherseits 17 Die gesetzliche Erbfolge Verst. K K K K EK EK EK EKEK EK ¼ ¼ ⅛ ⅛ 1/16 EK 1/16 1/16 1/16 1. Parentel 18 Die gesetzliche Erbfolge 2. Parentel V M Verst. ½ ½ 19 Die gesetzliche Erbfolge 2. Parentel V HB M S Verst. S ½ 1/6 1/6 1/6 20 Die gesetzliche Erbfolge 2. Parentel 1/8 + 1/6 1/8 + 1/6 V HB M HB S Verst. S HS 1/8 1/8 1/6 21 Die gesetzliche Erbfolge 2. Parentel M Verst. ½ + ½ V 22 Die gesetzliche Erbfolge Adoption AK Verst. K K K K K 1/6 1/6 1/6 1/6 1/6 1/6 23 Die gesetzliche Erbfolge Adoption WV WM V M Verst. ½ + ½ 24 Die gesetzliche Erbfolge Adoption Verst. V MWV WM ½ ½ 25 Die gesetzliche Erbfolge Adoption V MWM Verst. ½½ 26 • Ehegatte/eP - Ehegatten-/eP - Erbrecht in § 744 ABGB - Ehegatte/eP des Verstorbenen ist gesetzlicher Erbe - Umfang seines Erbteils abhängig davon, ob: - Verwandte des Verstorbenen vorhanden sind - wenn ja, welcher Parentel (Linie) sie angehören • Voraussetzung - Bestand einer aufrechten Ehe/eP - § 746 ABGB -Abs. 1: kein gesetzliches Erbrecht des geschiedenen Ehegatten bzw bei aufgelöster eP -Abs. 2: anhängiges Verfahren und Aufteilungsvereinbarung ≠ Lebensgefährte!!! Die gesetzliche Erbfolge Ehegatte/eingetragener Partner 27 Die gesetzliche Erbfolge Ehegatte/eP Verst. K G 2/3 1/3 28 Die gesetzliche Erbfolge Ehegatte/eP Verst. KK G 1/31/3 1/3 29 Die gesetzliche Erbfolge Ehegatte/eP Verst. KK G 1/3 2/92/9 K 2/9 30 Die gesetzliche Erbfolge Ehegatte/eP V M Verst. G 1/6 2/3 1/6 31 Die gesetzliche Erbfolge Ehegatte/eP V M S Verst. G 1/6 2/3 + 1/6 32 Die gesetzliche Erbfolge Ehegatte/eP V M Verst. G 1/6 2/3 + 1/6 33 Die gesetzliche Erbfolge Ehegatte/eP 1/1 GV GM GV GM T V M O Verst. G 34 • (gesetzliches) Vorausvermächtnis - § 745 Abs. 1 ABGB - Recht auf - Weiterwohnen in der Ehe- oder Partnerschaftswohnung und - Hausrat - Vorrang vor Pflichtteilsansprüchen - gegen Erben • Unterhaltsanspruch - § 747 ABGB - nach den Grundsätzen des § 94 ABGB bzw § 12 EPG - bis zur Wiederverheiratung/Eingehen einer neuen Partnerschaft - angemessene Bedürfnissen und mit Verlassenschaft begrenzt - Anrechnung sonstiger Zuwendungen - Anspruch geht den Gläubigern der Verlassenschaft nach Die gesetzliche Erbfolge Ehegatte/eP 35 • (gesetzliches) Vorausvermächtnis - § 745 Abs. 2 ABGB - Recht auf - Weiterwohnen in der gemeinsamen Wohnung und - Hausrat - ABER: - zumindest 3-jährige Haushaltsgemeinschaft mit Verstorbenen - Verstorbener war weder verheiratet noch in eP - Recht ist auf 1 Jahr befristet • Außerordentliches Erbrecht - § 748 Abs. 1 ABGB - wenn Verlassenschaft sonst erbenlos wäre - Voraussetzungen: - 3-jährige Haushaltsgemeinschaft mit Verstorbenen - Lebensgemeinschaft ist im Zeitpunkt des Todes noch aufrecht - Ausnahmen in Abs. 2 Die gesetzliche Erbfolge Lebensgefährte 36 • Außerordentliches Erbrecht der Vermächtnisnehmer - § 749 ABGB - wenn keine (gesetzlichen od. testamentarischen) Erben vorhanden - und kein außerordentliches Erbrecht des Lebensgefährten besteht - die von Verstorbenen bedachten Vermächtnisnehmer sind Erben • Aneignung durch den Bund - § 750 ABGB (bisher: „Heimfallsrecht“) - keine (gesetzlichen oder testamentarischen) Erben - kein außerordentliches Erbrecht des Lebensgefährten - kein außerordentliches Erbrecht der Vermächtnisnehmer - Verlassenschaft wird auf Antrag der Finanzprokuratur der Republik Österreich übergeben Die gesetzliche Erbfolge 37 • Allgemeines - um Anwendbarkeit der Regeln über gesetzl. Erbfolge auszuschließen - Rechtsgeschäfte von Todes wegen - (einseitige) letztwillige Verfügung - (zweiseitiger) Erbvertrag • Letztwillige Verfügung - Anordnung des Verstorbenen, wer seine Verlassenschaft bekommt - formgebunden - einseitig - nicht empfangsbedürftig - jederzeit widerruflich - höchstpersönliches Rechtsgeschäft => Letztwillige Verfügung mit Erbeinsetzung = TESTAMENT Die letztwillige Verfügung 38 • Allgemeine Gültigkeitsvoraussetzungen - Testierfähigkeit des letztwillig Verfügenden - Testierabsicht - Fehlen von Willensmängeln - Möglichkeit und Erlaubtheit der letztwilligen Verfügung - Einhaltung der vorgeschriebenen Form Die letztwillige Verfügung 39 • Altersmäßige Voraussetzungen - Unmündige Minderjährige (bis 14 Jahre) – absolut testierunfähig - Mündige Minderjährige (14 – 18 Jahre) – eingeschränkt testierfähig - Volljährige (ab Vollendung des 18. Lebensjahres) - testierfähig • Notwendige Einsichtskraft - wer den Inhalt und die Folgen seiner letztwilligen Verfügung verstehen und sich entsprechend verhalten kann • Sachwalterschaft - Bestellung eines Sachwalters wirkt sich nicht auf Testierfähigkeit aus => Achtung: ab 1.7.2018 neues Erwachsenenschutzrecht (2. ErwSchG) Die letztwillige Verfügung I. Testierfähigkeit 40 - Testierabsicht des letztwillig Verfügenden muss gegeben sein - dh. er will letztwillige Verfügung treffen - Testierabsicht in vielen Fällen d. Testierunfähigkeit bereits ausgeschlossen - Testierabsicht kann aber auch bei testierfähigen Personen fehlen: zB: -Errichtung eines Testaments im Rahmen eines Theaterstücks auf der Bühne Die letztwillige Verfügung II. Testierabsicht 41 • Freiheit von List und Zwang - listige oder zwangsweise herbeigeführte letztwillige Verfügung ist anfechtbar • Irrtum - letztwillige Verfügung kann bei Irrtum angefochten werden - bei Erklärungs- oder Inhaltsirrtum ist Kausalität notwendig - bei Motivirrtum muss Motiv in letztwilliger Verfügung angegeben sein zB: Jemand setzt seine Geschwister als Erben ein, weil er glaubt, sie seien pflichtteilsberechtigt (sind sie aber nicht!) Die letztwillige Verfügung III. Fehlen von Willensmängeln 42 • Möglichkeit - unmögliche letztwillige Verfügungen sind unwirksam • Erlaubtheit - § 879 ABGB - gesetzwidrige oder unsittliche Rechtsgeschäfte sind nichtig • Auslegung - Ziel: wahren Willen des Verstorbenen erforschen - favor testamenti Die letztwillige Verfügung IV. Möglichkeit und Erlaubtheit 43 • Allgemeines - Warnfunktion - Beweisfunktion • Private Formen - einhändiges Testament - fremdhändiges Testament • Gerichtliche Testamente - schriftlich - mündlich • Notarielle Testamente • Sonderformen - gemeinschaftliches Testament - Nottestament Die letztwillige Verfügung V. Formvorschriften 44 • Eigenhändiges (holographes) Testament - § 578 ABGB - Voraussetzungen - eigenhändig geschriebener Text - eigenhändig unterschrieben • Fremdhändiges (allographes) Testament - §§ 579 f ABGB - Voraussetzungen: - schriftlicher Text - Unterschrift des Verfügenden - schriftliche nuncupatio („mein Wille“) - 3 gleichzeitig anwesende Zeugen - Zeugenidentität muss aus Urkunde hervorgehen - Unterschrift der Zeugen - eigenhändiger Zusatz der Zeugen („als Zeuge“) Die letztwillige Verfügung V. Formvorschriften 45 • Schriftliches gerichtliches Testament - § 581 Abs. 2 ABGB - Schriftlicher Text (muss nicht eigenhändig sein) - eigenhändige Unterschrift - Übergabe an Gericht mit Erklärung, dass dies der letzte Wille sei - gerichtliche Belehrung und Versiegelung - Gerichtsbesetzung: - 1 Richter & 1 Gerichtsbediensteter od. 1 Richter & 2 sonstige Zeugen - Aufnahme eines Protokolls • Mündliches gerichtliches Testament - § 581 Abs. 3 ABGB - letzter Wille wird mündlich erklärt und protokolliert • Notarielles Testament - § 583 ABGB - schriftlich oder mündlich - vor 2 Notaren oder 1 Notar und 2 Zeugen Die letztwillige Verfügung V. Formvorschriften 46 • Gemeinschaftliches Testament - § 586 Abs. 2 ABGB - Ehegatten/eP -wechselseitig -wechselbezüglich -gemeinsam • Nottestament - § 584 ABGB - aus Sicht des letztwillig Verfügenden droht - unmittelbar die begründete Gefahr, - dass er verstirbt oder Fähigkeit zu testieren verliert - bevor er seinen letzten Willen auf andere Weise erklären kann - mündlich oder schriftlich - vor 2 gleichzeitig anwesenden Zeugen - mündliche Anordnung nur gültig: übereinstimmende Zeugenaussage - gültig: bis 3 Monate nach Wegfall der Gefahr Die letztwillige Verfügung V. Formvorschriften 47 • Allgemeines - nur Zeuge, wenn letztwillig Verfügender das will und - Zeuge damit einverstanden ist - kein zufällig Zuhörender • Ausgeschlossene Personen - absolut unfähige Personen - § 587 ABGB - Personen unter 18 Jahren (Ausnahme Nottestament) - Personen, denen aufgrund einer Behinderung Fähigkeit fehlt - relativ unfähige Personen - §§ 587 f ABGB - Personen, die die Sprache des letztwillig Verfügenden nicht verstehen - Personen die befangen sind (siehe nächste Folie) Die letztwillige Verfügung Testamentszeugen 48 • Befangene Personen - Personen, die in der letztwilligen Verfügung bedacht werden - Angehörige des Bedachten: - Ehegatte/eP/Lebensgefährte bei aufrechter Ehe/eP/LG - Eltern - Kinder (auch Adoptivkinder) - Geschwister - Angehörige des Ehegatten/eP/Lebensgefährten des Bedachten: - Eltern - Kinder - Geschwister - gesetzliche Vertreter, Vorsorgebevollmächtigte, vertretungsbefugte Organe, Gesellschafter, Machthaber und Dienstnehmer bedachter Personen oder rechtsfähiger Gesellschaften => Schreiber des Testaments ist fähiger Zeuge (sofern nicht bedacht) Die letztwillige Verfügung Testamentszeugen 49 • Allgemeines - Aufhebung jederzeit durch letztwillig Verfügenden möglich durch: - Errichtung einer neuen Anordnung - Widerruf - Verlust der Angehörigenstellung Die letztwillige Verfügung Aufhebung 50 • Errichtung einer neuen letztwilligen Verfügung - § 713 ABGB Vermutung: - altes Testament verliert durch neues zur Gänze seine Gültigkeit - Außer: Verstorbener hat im neuen Testament etwas anderes verfügt - Vermutung gilt aber selbst dann, wenn im neuen Testament ein Erbe nur zu einem Teil eingesetzt wird - kommt neues Testament nicht gültig zustande, bleibt altes aufrecht Die letztwillige Verfügung Aufhebung 51 • Widerruf - §§ 717 ff ABGB - setzt Testierfähigkeit voraus (§ 718 ABGB) • Ausdrücklich - § 719 ABGB - für alle Testamentsformen möglich • Stillschweigend - §§ 721 ff ABGB - nur bei schriftlichen Testamenten möglich - Durchstreichen/-schneiden der Unterschrift - Vernichtung der Urkunde - Zufällige Vernichtung? Die letztwillige Verfügung Aufhebung 52 • Aufhebung durch Verlust der Angehörigenstellung - § 725 ABGB - Auflösung der Ehe/eP/LG zu Lebzeiten des Verstorbenen: -davor errichtete letztwillige Verfügungen werden, soweit sie den früheren Ehegatten/eP/Lebensgefährten betreffen, aufgehoben Gleiches gilt für: - Aufhebung der Abstammung - Widerruf/Aufhebung der Adoption = gilt auch dann, wenn die Verwandtschaft erst nach Eintritt des Erbfalls entfällt - Zur Aufhebung der letztwilligen Verfügung kommt es auch dann, wenn gerichtliches Verfahren zur Aufhebung/Widerruf eingeleitet wurde Die letztwillige Verfügung Aufhebung 53 • §§ 604 ff ABGB - Einsetzung eines Erben für den Fall, dass Ersteingesetzter nicht erbt - Ersatzerbe geht den gesetzlichen Erben vor - aber nur, wenn Ersatzerbe Erbanfall erlebt - Ersatzerbschaft schließt Transmission ieS aus - Erbschaft fällt also Ersatzerben und nicht Erben des Ersteingesetzten an - es können beliebig viele Ersatzerben eingesetzt werden - sowohl nebeneinander - als auch nacheinander Ersatzerbschaft 54 • Anwachsung/Zuwachs - §§ 560 f ABGB - wenn kein Ersatzerbe vorhanden - Erbteil des Erben, der nicht zur Erbschaft gelangt geht an andere Erben - iZw entsprechend den Erbteilen der übrigen eingesetzten Erben Anwachsung 55 • §§ 608 ff ABGB - Möglichkeit der Bestimmung einer Reihe von Erben - umfassender als die Ersatzerbschaft zB Verstorbener vermacht Urlaubswohnung an Ehefrau, ordnet jedoch an, dass die Wohnung nach ihrem Tod seinen Kindern zufallen solle - Vorerbe und Nacherbe - Beschränkung bei Nichtzeitgenossen - unbewegliche Güter: nur 1 Nichtzeitgenosse - bewegliche Güter: 2 Nichtzeitgenossen Nacherbschaft 56 • §§ 1249 ff ABGB - Vertrag zwischen Verstorbenem und Ehegatten/eP (Verlobten) - unwiderruflich - nur einverständliche Aufhebung möglich - Gültigkeitsvoraussetzungen: Notariatsakt + notarielles schriftliches Testament - keine Vertretung möglich - Bindungswille auf beiden Seiten notwendig - erlischt mit Auflösung der Ehe/eP - reines Viertel Erbvertrag 57 • §§ 647 ff ABGB - Singularsukzession - einzelne Verlassenschaftsgegenstände - gewillkürte und gesetzliche Vermächtnisse - Vermächtnisnehmer ist Erbschaftsgläubiger - schuldrechtlicher Titel gegen die Erben - Anfallstag und Zahlungstag • (gesetzliches) Pflegevermächtnis - § 677 ABGB - nahe stehende Personen des Verstorbenen - Pflege in den letzten 3 Jahren vor Tod - mind. 6 Monate in nicht bloß geringfügigem Ausmaß Vermächtnis 58 • § 603 ABGB - Vertrag unter Lebenden - wird aber erst mit Tod des Schenkenden erfüllt - alte Rechtslage: strittig, ob Vertragslösung oder Vermächtnislösung - ErbRÄG 2015: Vertragslösung - Konsequenz? - Beschenkter ist Verlassenschaftsgläubiger - geht daher Pflichtteilsberechtigten vor - Notariatsaktsform - Geschenkgeber hat sich kein Widerrufsrecht vorbehalten Schenkung auf den Todesfall 59 • §§ 756 ff ABGB - Einschränkung der Testierfreiheit - Pflichtteilsklage - Geldzahlungsanspruch • Pflichtteilsberechtigte Personen - Ehegatte/eP - Kinder des Verstorbenen - wenn diesen Personen auch bei gesetzl. Erbfolge Erbrecht zustünde - Umfang: Hälfte dessen, was nach gesetzlicher Erbfolge zustünde - 4 % gesetzliche Zinsen bis zur Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs Pflichtteilsrecht 60 • Hinterlassung des Pflichtteils - Pflichtteilsanspruch ist prinzipiell Geldzahlungsanspruch - ABER: Anrechnung sonstiger Zuwendungen an Pflichtteilsberechtigen: zB: Erbeinsetzung, Vermächtnis, gesetzlicher Erbteil - Ehegatte/eP muss gesetzliches Vorausvermächtnis anrechnen lassen - Pflegevermächtnis gebührt aber neben dem Pflichtteil - Belastungen auf Zuwendung zur Deckung des Pflichtteils => bei Bewertung der Zuwendung zu berücksichtigen - wenn Zuwendung Pflichtteil nicht deckt: Pflichtteilsergänzungsklage Pflichtteilsrecht 61 • Anfall und Fälligkeit des Pflichtteilsanspruchs - Pflichtteilsanspruch entsteht mit Tod des Verstorbenen - ab Entstehung kann er abgetreten und verpfändet werden - Fälligkeit aber erst 1 Jahr nach Tod des Verstorbenen - bis dahin: gesetzliche Zinsen (4 %) - (reine) Stundung §§ 766 ff ABGB - durch letztwillige Verfügung des Verstorbenen - auf Antrag des Pflichtteilsschuldners - Verjährung - Kenntnisabhängige Frist: 3 Jahre - absolute Frist: 30 Jahre nach Tod des Verstorbenen Pflichtteilsrecht 62 • Enterbung - gänzliche oder teilweise Entziehung des Pflichtteils - nur durch gültige letztwillige Verfügung - Enterbungsgrund muss vorliegen - notwendiger Unterhalt nach § 777 ABGB bleibt aber • Enterbungsgründe - §§ 770 f ABGB - im Gesetz taxativ (erschöpfend) aufgezählt - hA: ausdehnende Interpretation aber möglich - Enterbung ohne Enterbungsgrund? - unrechtmäßig Enterbter von gesetzlicher Erbfolge ausgeschlossen - ihm bleibt nur der Pflichtteil Pflichtteilsrecht 63 • Enterbungsgründe § 770: - Pflichtteilsberechtigter kann enterbt werden wenn er: - gegen Verstorbenen gerichtlich strafbare Handlung begangen hat (vorsätzlich + mehr als 1 Jahr FS) - gegen Ehegatten/eP/LG oder Verwandte in gerader Linie, Geschwister des Verstorbenen und deren Kinder, Ehegatten/eP/LG sowie Stiefkinder gerichtlich strafbare Handlung begangen hat (vorsätzlich + mehr als 1 Jahr FS) - absichtlich Verwirklichung des wahren Willes vereitelt (versucht) hat - schweres seelisches Leid Verstorbenen zugefügt hat - familienrechtlichen Pflichten gröblich vernachlässigt - strafbare vorsätzliche Handlungen (FS lebenslang/20 J. verurteilt) Pflichtteilsrecht 64 • Enterbungsgründe § 771: - Enterbung in guter Absicht - verschwenderisch oder stark verschuldeter Pflichtteilsberechtigte wird zugunsten seiner Kinder enterbt - um zu vermeiden, dass Kindern (später) Erbe entgeht • Voraussetzungen und Auswirkungen - Enterbung kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen - in rechtswirksamer letztwilliger Verfügung - Ursächlichkeit des Enterbungsgrundes (wird vermutet) - Erbe muss bei Bestreitung durch Pflichtteilsberechtigten Vorliegen eines Enterbungsgrundes beweisen - Enterbung wirkt sich auf Nachkommen grundsätzlich nicht aus - Widerruf bedarf der Form einer letztwilligen Verfügung Pflichtteilsrecht 65 • Pflichtteilsminderung - § 776 ABGB - Möglichkeit der Minderung des Pflichtteils auf die ½ - in Form einer letztwilligen Verfügung (auch konkludent möglich) - Voraussetzung: - zu keiner Zeit oder - über längeren Zeitraum hinweg  kein Naheverhältnis, wie es zwischen diesen Verwandten üblich ist - Außer: - Verstorbener hat Kontakt grundlos gemieden oder - berechtigten Anlass für fehlenden Kontakt gegeben  dann ist Pflichtteilsminderung nicht möglich - ist im Streitfall vom Erben zu beweisen -erhöht (wie Enterbung) Pflichtteil der übrigen Pflichtteilsberechtigten Pflichtteilsrecht 66 • Allgemeines - Außerstreitverfahren - Einleitung des Verlassenschaftsverfahren von Amts wegen - geteilte Zuständigkeit zwischen Gericht und Gerichtskommissär • Vorverfahren - Gerichtskommissär = Todesfallaufnahme - sichert gegebenenfalls die Verlassenschaft - übernimmt Urkunden – Kopien an Parteien/zur Erbfolge berufene • Verlassenschaftsabhandlung - Gerichtskommissiär fordert Erben auf zu erklären, ob sie - Erbschaft antreten wollen (Erbantrittserklärung) oder - Erbschaft ausschlagen wollen - gibt es widerstreitende Erbantrittserklärungen: - Einigungsversuch des Gerichtskommissärs - ansonsten wird Akt dem Gericht vorgelegt => Gericht stellt Erbrecht der Berechtigten fest und weist übrigen ab - Einantwortung Verlassenschaftsverfahren 67 • Ruhende Verlassenschaft - § 546 ABGB - juristische Person • Unterbleiben der Abhandlung - Aktiva der Verlassenschaft übersteigen € 5.000 nicht - und Eintragung in öffentliche Bücher nicht notwendig - Erbe kann aber trotzdem Abhandlung beantragen • Testamentsvollstrecker - letztwillig Verfügender kann einen Testamentsvollstrecker bestimmen - dieser kann, muss aber nicht Aufgabe übernehmen - Entgelt nur, wenn ausdrücklich angeordnet ist => in Österreich kaum von Bedeutung Verlassenschaftsverfahren 68 • Erbantrittserklärung - gegenüber Gerichtskommissär abgegebene, unwiderrufliche Erklärung, eine angefallene Erbschaft anzutreten • Inhalt und Form - Berufungsgrund (Titel des Erbrechts) - Abgabe - mündlich (wird zu Protokoll genommen) oder - schriftlich => Unterschrift - Abgabe kann auch durch Vertreter erfolgen • Bedingte/Unbedingte Erbantrittserklärung - bedingt: Annahme einer Erbschaft unter einer Haftungsbeschränkung • Erbsentschlagung - Erklärung, eine bestimmte Erbschaft nicht anzunehmen • Änderung der Erbantrittserklärung Verlassenschaftsverfahren 69 • Erbschaftsklage - § 823 ABGB - Klage, mit dem der wahre Erbe sein Recht durchsetzen kann - gegen eingeantworteten Erben - gerichtet auf Herausgabe der Erbschaft - ist Klage erfolgreich: - Kläger erlangt rückwirkend Stellung eines eingeantworteten Erben - alle Rechte/Pflichten gehen auf ihn über - Verjährung - § 1487a ABGB - binnen 3 Jahren ab Kenntnis - unabhängig von Kenntnis: 30 Jahre Verlassenschaftsverfahren 70 • Erbfälle mit internationalem Bezug - Verstorbener mit Vermögenswerten in verschiedenen Staaten - wer ist für Abwicklung des Verlassenschaftsverfahrens zuständig? - welche Rechtsordnung kommt zur Anwendung? => beide Fragen werden in der EuErbVO geregelt - seit 17.8.2015 in Kraft - ersetzt in Österreich die vormals einschlägigen - Verweisungsnormen des IPRG (Aufhebung der §§ 28 und 30 IPRG) - Zuständigkeitsbestimmungen in der JN • Zeitlicher und örtlicher Anwendungsbereich - zeitlich: Personen, die seit 17.8.2015 verstorben sind - örtlich: alle EU-MS außer Vereinigtes Königreich, Dänemark und Irland • Sachlicher Anwendungsbereich - Art. 1 Abs. 1 Rechtsnachfolge v. Todes wegen (zivilrechtliche Aspekte) - Art. 1 Abs. 2 EuErbVO: ausgenommene Rechtsbereiche EuErbVO 71 • Allgemeines Erbstatut - Art 21 Abs 1 EuErbVO - Recht des Staates, in dem Verstorbener im Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte - außer offensichtlich engere Verbindung zu anderem Staat (Abs 2) • Rechtswahl - Art 22 EuErbVO - Recht des Staates, dem man im Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes gehört - mehrere Staatsangehörigkeiten: Recht eines dieser Staaten wählen - Rechtswahl muss entweder ausdrücklich in Verfügung von Todeswegen erfolgen oder sich daraus ergeben • Universelle Anwendung - Art 20 EuErbVO - das nach der EuErbVO maßgebliche Recht ist auch dann anzuwenden, wenn es nicht das Recht eines Mitgliedstaates ist EuErbVO Bestimmung des anwendbaren Rechts 72 • Zuständigkeitsregelung - Anknüpfung an gewöhnlichen Aufenthalt des Verstorbenen im Todeszeitpunkt - Art 4 EuErbVO - Zuständigkeit der Gerichte der Mitgliedstaaten, in dessen Hoheitsgebiet Verstorbener im Todeszeitpunkt gewöhnlichen Aufenthalt hatte - Art 5 EuErbVO - Vereinbarung bei Rechtswahl möglich - ohne Vereinbarung: Antrag einer Verfahrenspartei EuErbVO Regelung der Zuständigkeit 73 • Überblick - Neugestaltung des bisherigen Sachwalterrechts - ab 1. Juli 2018 - Förderung der Selbstbestimmung - Aufwändiger Reformprozess - Ziel: Anzahl der gerichtlichen Erwachsenenvertreter (Sachwalter) reduzieren - flexiblere Vertretungsformen (4 Säulen): - Vorsorgevollmacht - Gewählte Erwachsenenvertretung - Gesetzliche Erwachsenenvertretung - Gerichtliche Erwachsenenvertretung Exkurs: 2. ErwSchG 74 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!