Leistungskurs Gt-sthichte (Sachsens Abiturprjlmii; IWi Aufgabe A JVí 1: Gustav Freytag1 in seinem Werk „Bilder aus der deutsehen Vergangenheit": Als die Freiwilligen des Jahres 1813 im Felde lagen, war ihre Hoffnung, einst in dem befreiten Vaterland mit ihren Freunden als Bürger zu leben, die Freiheit, den Frieden, das eroberte Glück genießend. So schrieben sie ihren Lieben in die Heimat. Aber es ist zuweilen leichter, für die Freiheit zu sterben als für sie zu leben. (...) 5 Jetzt ist eine Zeit gekommen, wo nicht selten schuldlose und gute Männer verfolgt werden, nicht nur um ihrer Handlungen willen, auch weil man bei ihnen Absächten und Entwürfe voraussetzt. (...) Es ist ein trauriges Blatt der deutschen Geschichte. Die unabhängigen Charaktere, zogen sich verstimmt von dem engherzigen Regiment zurück, weiches jetzt in den 10 meisten Staaten Deutschlands begann, die gemeine Mittelmäßigkeit trat wie im Anfange des Jahrhunderts wieder an das Steuer. (...) Es war nicht Preußens Schuld, daß die Hoffnung des Volkes auf einen neuen deutschen Staat vereitelt wurde. Aber eine andere Schuld lud die Regierung auf sich. Der König hatte versprochen, seinem Volke eine Verfassung zu geben. Wenn je ein í 5 Volk, hatte sich das preußische das Recht auf einen Anteil am Staatsleben errungen. Aus tiefer Niederlage hatte es seinem Könige den Staat wieder emporgehoben. Hätte der größte Staat Deutschlands durch gesetzliche Formen die Möglichkeit einer politischen Entfaltung seiner Kraft erhalten, so wäre jeder verständige Preuße sehr bald befriedigt worden. Presse und Tribüne hätten allmählich in dem loyalen Volke 20 das Gefühl des Gedeihens und eines sichern Fortschritts verbreitet, offen hätten die Gegensätze einander bekämpft; auch die, welche für Deutschtand mehr forderten, als jetzt zu erreichen war, hätten sich eng an Preußen angeschlossen. Der Charakter der Deutschen hätte sich von Schwächen befreit, welche ihm durch ein ganzes Menschenalter anhängen sollten. Auch durfte der Staat selbst die Teilnahme des Volkes 25 nicht mehr entbehren, wenn er nicht in die alte Unkraft, die ihn vor wenigen Jahren dem Untergange nahe gebracht, zurückfallen sollte. Es war jetzt, wo neue Ideen um das Leben rangen, wo in Hunderttausenden leidenschaftlicher Anteil an dem Staat aufgeblüht war, für die Krone selbst eine Verfassung die sicherste Stütze. Denn die Preußen waren nicht mehr ein einsichtsloses und willenloses Volk, über dessen 30 Schicksal ein einzelner selbstwillig verfügen mag. (...) Aber es kam die Heilung. Nach und nach und wieder auf einem Umwege, mit kurzen Anläufen und Rückschlägen, im ganzen seit 1830 ein unaufhaltsamer Fortschritt. Denn zu derselben Zeit, in welcher die Julirevolution wieder in weiten Kreisen ein Interesse an dem Staate rege machte, begann auf anderen Gebieten neue Entwicklung 35 deutscher Volkskraft. (...) In dem Getöse und der Verwirrung des Jahres 1848 begannen die Stämme des deutschen Volkes vereint den Kampf um eine neue politische Gestaltung des Vaterlandes. Die Reichsversammlung von Frankfurt dürfen wir schon jetzt als eine charakteristische Bitdung unseres Lebens auffassen, welche in solcher Würde und 40 maßvollen Besonnenheit nur in Deutschland möglich war. Nicht als Resultat, sondern als Beginn des höchsten Kampfes, als einen großartigen dialektischen Prozeß, in welchem die Nation Bedürfnisse und Sehnsucht zu einer politischen Idee, zum Wollen und Entschluß abklärte. Was 1815 noch undeutliche Phantasie einzelner gewesen war, wurde durch sie zu einer formulierten Forderung des Volkes, um 45 welche seitdem die Bewegung in auf- und absteigenden Wellen daherwogt. (...) 96-1 Aber der gesamte politische Streit der Gegenwart, der Kampf gegen die Privilegien, die Verfassungsfragen, die deutsche Frage, sie alle sind im letzten Grunde nur innere preußische Fragen. Und die letzte Schwierigkeit ihrer Lösung liegt zunächst in der Stellung, welche das preußische Königshaus zu ihnen einnimmt. An dem Tage, wo 50 die Hohenzollern sich warm und willig den Bedürfnissen der Gegenwart hingeben, wird ihrem Staate die langentbehrte Empfindung der Stärke und Gesundheit kommen, von da wird die Führung der deutschen Interessen, die oberste Leitung des deutschen Volkes ihnen fast mühelos, wie von selbst zufallen. Das wissen Freunde und Feinde. 1 Gustav Freytag (1816-1895), Kulsurhistoriker und Schriftsteller. Die „Bilder aus der deutschen Vergangenheit" (5 Bde, 1859-1867) sind sein kulturgeschichtliches Hauptwerk Aus: Gustav Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit, Bd. 3, Leipzig, o. /,, S. 616ff. Aufgaben: 1 Skizzieren Sie die innenpolitische Entwicklung im Deutschen Bund vom Wiener Kongreß bis zur Wahl der Nationalversammlung 1848. 8 BE 2 Erarbeiten Sie aus M 1, wie Gustav Freytag die einzelnen Stationen der deutschen Geschichte beurteilt. Bestimmen Sie davon ausgehend den politischen Standort des Verfassers. 12 BE 3 Prüfen Sie, inwieweit die Frankfurter Nationalversammlung „Bedürfnisse und Sehnsucht" der Nation „zu einer politischen Idee, zum Wollen und Entschluß abklärte" (2. 42f.). 12 BE 4 In M 1 heißt es, „... der Kampf gegen die Privilegien, die Verfassungsfragen, die deutsche Frage, sie alle sind im Grunde nur innere preußische Fragen. Und die letzte Schwierigkeit ihrer Lösung liegt zunächst in der Stellung, weiche das preußische Königshaus zu ihnen einnimmt." (Z.46ff.) Untersuchen Sie diese Aussage anhand der historischen Entwicklung vom Scheitern der Frankfurter Nationalversammlung 1849 bis zur Reichsgründung 1871. 14 BE 5 Erörtern Sie, ob sich mit der Verfassung von 1871 die Hoffnung Gustav Freytags auf einen „Anteil am Staatsleben" (Z. 15) für das Volk erfüllt hat. 14 BE 60 BE 96-2 96-3 Leistungskurs Geschichte (Sachsen): Abiturprüfung 2000 Ersttermin - Aufgabe A M 1: Flugblatt der Deutschnationalen Schriftenvertriebsstelle Berlin, den 27. März 1929 Die Verhandlungen über eine endgültige Regelung der deutschen Kriegstribute geben hervorragenden Mitgliedern des amerikanischen Volkes Gelegenheit, ihre gewichtige Stimme im Sinne einer endlichen Befriedung Europas und damit der Welt in die 5 Waagschale zu werfen. Diese Befriedung wird nur erreicht, wenn die endgültige Regelung den Grundsätzen der Vernunft und Gerechtigkeit entspricht und der Leistungsfähigkeit Deutschlands angepaßt wird. Sie wird nur erreicht, wenn Deutschland nicht die Möglichkeit genommen wird, Hüter der Kultur zu bleiben, wie es im gleichen Sinne auch die Vereinigten Staaten von Amerika nicht nur selbst wieder sein wollen, 10 sondern auch uns gönnen werden zu sein. Die äußeren und inneren Feinde des deutschen Volkes behaupten noch immer, Deutschland, und insbesondere seine rechts eingestellten Kreise, die mit dem unklaren Schlagwort „reaktionär" belegt werden, hätten den Krieg verschuldet. Die Aufklärungsarbeit namhafter Gelehrter [...] und das umfangreiche Aktenmaterial der geöff-15 neten Archive hat aber die Gültigkeit des Wortes bestätigt, das Hindenburg auf dem Schlachtfeld von Tannenberg prägte: „Mit reinen Herzen sind wir in den Krieg gezogen, und mit reinen Händen haben wir das Schwert geführt." Die Deutschnationalen wissen die Bestrebungen des Staatssekretärs Kellogg, durch einen Pakt alle Völker zur Ächtung des Krieges zu veranlassen, wohl zu würdigen. Wir 20 sympathisieren mit diesen Bestrebungen. Wenn wir uns trotzdem entschlossen haben, der Ratifizierung des Kelloggpaktes unsere Zustimmung zu versagen, dann geschah das, weil wir den unerträglichen Status quo, wie ihn der Versailler Vertrag geschaffen hat, nicht freiwillig anerkennen können. Der Versailler Vertrag hat das deutsche Reich seiner Hoheitsrechte beraubt und will 25 es zu einer Kolonie der Alliierten degradieren. Wir halten einen gerechten Frieden für angebracht, der Deutschland die tatsächliche Gleichberechtigung unter den Völkern gewährt. Wir wollen, daß das von Präsident Wilson verkündete Selbstbestimmungsrecht der Völker auch für das deutsche Volk Gültigkeit erhält. Jeder neue Vertrag aber, der den Status quo von heute zur Grundlage hat, schafft eine 30 moralische Stütze für den Versailler Vertrag. Wir wollen keinen Krieg; aber wir wollen unser Recht und unsere Freiheit Deutschland ist nicht in der Lage, die bisherigen Lasten aus eigener Kraft zu tragen. Nur die Anleihen, die ihm - in der Hauptsache von Amerika - gegeben wurden, ermöglichen die Zahlung der Tribute an die Alliierten. Aus eigener Kraft hat Deutsch-35 land seit dem Dawes-Pakt nichts zu zahlen vermocht. Zur Zeit zahlen also die Amerikaner die Tributlasten Deutschlands. Sie sind es, die -sicherlich ohne bösen Willen, aber tatsächlich - den Militarismus Frankreichs finanzieren, den Engländern ihren Flottenbau ermöglichen. Sie sind es, die auch dem Marxismus in Deutschland die Mittel in die Hand geben, staatssozialistische und wirt-40 schaftssozialistische Experimente zu machen. 2000-1 Unter der Last der mit Hilfe der Anleihen bezahlten Tribute verarmt Deutschland immer mehr. Es ist eine Lüge, daß Deutschlands Wohlstand wächst, so wie es eine Lüge ist, daß Deutschland zahlungsfähig sei. Die wachsende Last der Schulden gefährdet schließlich die Anleihen selbst sowie die deutsche Währung. Amerika hat also 45 auch mit Rücksicht auf das in Deutschland angelegte Kapital kein Interesse daran, die Jahreszahlungen über die Leistungsfähigkeit Deutschlands zu legen. [...] Nur eine gerechte Endlösung gibt dem deutschen Volke die Möglichkeit, die Aufgaben zu erfüllen, die ihm seine geographische Lage zuweist: den Schütz der zivilisierten Welt vor dem Bolschewismus - eine Aufgabe, in der eigentlich die gebildeten, 50 einsichtigen und fortschrittlichen Elemente der Welt zusammenstehen sollten. Treibt man es durch eine unvernünftige Politik und durch untragbare Lasten zur Verzweiflung, so treibt man es dem Bolschewismus in die Arme. Dann erst ist Deutschland in Gefahr. [...] Unsere Sache ist die Sache aller derjenigen Elemente, die den Kampf gegen das Chaos 55 wollen. Macht man uns durch eine unvernünftige Regelung der Tributlasten den Kampf unmöglich, dann bricht das Chaos über Deutschland und damit über Europa herein und bringt schließlich die ganze zivilisierte Welt in Gefahr. Denn der Bolschewismus und Sozialismus ist nicht eine Besonderheit Rußlands, sondern eine seelische Erkrankung der industriellen Menschheit, die unter Umständen 60 auch über den Ozean springt wie die Grippe. „Unsere Sache ist eure Sache!" (gez.) Alfred Hugenberg (Rechtschreibung und Zeichensetzung folgen der Vorlage) Aus: Flugblatt Nr. 517 a der Deutschnationalen Schriftenvertriebsstelle. In: Johannes Hohlfeld (Hrsg.): Dokumente der deutschen Politik und Geschichte von 1848 bis zur Gegenwart. Bd. 3:1919-1933, Berlin 1973, S. 227-229 Aufgaben 1 Stellen Sie die Rolle des Deutschen Kaiserreiches in der internationalen Politik von 1890 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges dar. Erarbeiten Sie die Kernaussagen aus M 1 und leiten Sie daraus Absichten Hugenbergs ab. „Der Versailler Vertrag hat das Deutsche Reich seiner Hoheitsrechte beraubt und will es zu einer Kolonie der Alliierten degradieren." (Z. 24/25) Prüfen Sie, inwiefern diese Einschätzung Hugenbergs für die Zeit der Weimarer Republik zutreffend ist. Beurteilen Sie die Auffassung des Autors zur Kriegsschuldfrage. Beziehen Sie in Ihre Darlegungen verschiedene historische Erklärungsansätze zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs ein. Skizzieren Sie die internationalen politischen Rahmenbedingungen zwischen 1945 und 1955 und die Auswirkungen auf Deutschland. 10 BE 12 BE 12 BE 14 BE ' 12 BE 60 BE 2000-2 2000-3 Leistungskurs Geschichte (Sachsen): Abiturprüfung 2005 Ersttermin - Aufgabe A M1: Adolf Hitler beim Stapellauf des Schlachtschiffes „Bismarck", 14. Februar 1939 Deutsche! Nach einem tiefen Zusammenbrach und Verfall hat der Nationalsozialismus die Nation hochgerissen und zu gewaltigen innen- und außenpolitischen Erfolgen geführt. Ich glaube, aber gerade im Zeichen dieser Zeit verpflichtet zu sein, deren in tiefster Dank-5 barkeit zu gedenken, die durch ihr einstiges Wirken mit die Voraussetzungen gegeben haben auch für das heutige größere Deutschland. Unter all den Männern, die es beanspruchen können, ebenfalls Wegbereiter des neuen Reiches gewesen zu sein, ragt einer in gewaltiger Einsamkeit heraus: Bismarck. Das Leben dieses heroischen Mannes ist die Geschichte eines Zeitalters. [...] 10 Nach [...] Jahren beruft ihn ein charaktervoller König zur Führung Preußens und zur Leitung der auswärtigen Angelegenheiten. Und nun erfolgt im Zeitraum von knapp acht Jahren die Erhebung Preußens von der im Schatten habsburgischer Politik liegenden zweitrangigen Stellung zur Vormacht in Deutschland und endlich als Bekrönung die Gründung eines neuen Deutschen Reiches. 15 Es lag dies nicht - wie spätere Einfaltspinsel behaupteten - im Zuge der Zeit oder der Zeitereignisse, sondern es war dies das Ergebnis des Wirkens einer gottbegnadeten einmaligen Erscheinung. Und dieser Kampf um ein neues Deutsches Reich war ein Kampf gegen alle auch denkbaren inneren Kräfte und deren Widerstände. Liberale und Demokraten hassen den 20 Junker, Konservative beschwören noch 1867 den König, sich von diesem verderblichen Neuerer, Revolutionär und Vernichter Preußens zu lösen. Kirchenpolitiker wittern in ihm die Aufrichtung einer Reichsgewalt, die ihnen verhaßt ist, und bekämpfen ihn deshalb mit verbissener Zähigkeit. Dem Marxismus erscheint er als der Stabilisator einer Gesellschaftsordnung, die es am Ende unternimmt, die Sozialprobleme zur Lö- 25. sung zu bringen, ohne eine Welt in Brand zu stecken. Der Egoismus verbohrter kleiner Dynasten verbindet sich mit den Interessen machtgieriger Länderpolitiker. Der Ehrgeiz zügelloser Parlamentarier mobilisiert die Presse und verhetzt das Volk. [...] Auf Schritt und Tritt erheben sich die Nullen vor dem einzigen Genius der Zeit. Es ist ein Riesenkampf, den vielleicht nur derjenige ermessen kann, der selbst einer solchen 30 Welt von Widerständen entgegenzutreten gezwungen war. Was wir an diesem seltenen Manne nun bewundern, ist die ebenso große Einsicht und Weisheit wie die gewaltige Entschlußkraft, die ihn vor jedem feigen Ausweichen bewahrte. Dreimal drückte ihm das Pflichtbewußtsein das Schwert in die Hand zur Lösung von Problemen, die seiner heiligsten Überzeugung nach durch Majoritätsbe-35 Schlüsse nicht gelöst werden konnten. Wofür ihm aber alle Deutschen zu unauslöschlichem Danke verpflichtet sind, ist die Wandlung, die dieser Riese an sich selber vornahm. Er hat durch seine innere Entwicklung vom preußischen Politiker zum deutschen Reichsschmied nicht nur das Reich geschaffen, sondern die Voraussetzungen gegeben 40 für die Errichtung des heutigen Großdeutschlands. Er hat aber damit trotz allen Hemmungen auch den Grundstein gelegt für den nationalsozialistischen Einheitsstaat, 2005-1 • I denn er schuf den Anfang der sich dann zwangsläufig fortsetzenden Überwindung der psychologischen Stammes- und Ländervorurteile und Interessen. Da, wo sein Kampf aber erfolglos blieb, mußte er scheitern, weil es ihm am Instru-45 ment mangelte, einen solchen Kampf bis zur letzten Konsequenz durchzuführen. Sein Widerstand gegen die politisierende Zentrumspriesterschaft wurde genau so von innen her gelähmt, wie sein Versuch, den Marxismus mit allen Mitteln aus dem deutschen Volke auszurotten. Seine Erkenntnis der Notwendigkeit, durch eine große soziale Gesetzgebung die rein sozialistischen Probleme von Staatswegen zu lösen, war bewun-50 derungswürdig. Allein es fehlten alle Vorstellungen über die Möglichkeiten einer auch propagandistisch wirkungsvollen Durchführung - und vor allem - es fehlte ihm jenes weltanschaulich fundierte Instrument, das einen solchen Kampf allein auf lange Sicht hätte erfolgreich beenden können. So ergab sich die Tatsache, daß dieser Mann alle staatlichen Probleme seiner Zeit dank seinem Genius und seiner überragenden charak-55 terlichen tapferen Haltung mit den damals gegebenen staatlichen Mitteln gelöst hat, daß sein Versuch, die überstaatlichen Gewalten aber mit staatlichen Mitteln zu bekämpfen, oder gar zu brechen, zu keinem Erfolg führen konnte. Das Zweite Reich endete, wie er es selber in quälenden Ahnungen kommen sah. Er, dem die deutsche Nation alles verdankte, der nach endlosen Zeiten deutscher Schmach 60 und Schande den Namen unseres Volkes wieder zur höchsten Achtung erhob, der dem Kaiserreich die Macht und Stärke, durch den kolonialen Besitz weltweite Verbindungen gab, wurde schlecht belohnt. Seine Entfernung aus dem Amte und die spätere Haltung gewisser politisch feindseliger Kreise sind ein schmachvolles Kapitel nationaler Undankbarkeit. Die Vorsehung hat sich gerechter erwiesen, als es die Menschen 65 waren. Fürsten und Dynastien, politisierende Zentrumspriester und Sozialdemokraten, Liberalismus, Länderparlamente und Reichstagsparteien sind nicht mehr. Sie alle, die das geschichtliche Ringen dieses Mannes einst so erschwerten, haben seinen Tod nur wenige Jahrzehnte überlebt. Der Nationalsozialismus aber hat in seiner Bewegung und in der deutschen Volksgemeinschaft die geistigen, weltanschaulichen und organisato- 70 tischen Elemente geschaffen, die geeignet sind, die Reichsfeinde von jetzt ab und für alle Zukunft zu vernichten. Im sechsten Jahre nach der nationalsozialistischen Revolution erleben wir heute den Stapellauf des dritten, nunmehr größten Schlachtschiffes unserer neuen Flotte. Als Führer des deutschen Volkes und als Kanzler des Reiches kann ich ihm aus unserer 75 Geschichte keinen besseren Namen geben, als den des Mannes, der als ein wahrer Ritter ohne Furcht und Tadel Schöpfer eines Deutschen Reiches war, dessen Wiederauferstehung aus bitterster Not und dessen wunderbare Vergrößerung uns die Vorsehung nunmehr gestattet. Deutsche Konstrukteure, Ingenieure und Werkarbeiter haben den gewaltigen Rumpf 80 dieses stolzen Riesen zur See geschaffen. Mögen sich die deutschen Soldaten und Offiziere, die die Ehre besitzen, dieses Schiff einst zu führen, jederzeit seines Namensträgers würdig erweisen! Möge der Geist des Eisernen Kanzlers auf sie übergehen, möge er sie begleiten bei all ihren Handlungen auf den glückhaften Fahrten im Frieden, möge er aber, wenn es je notwendig sein sollte, ihnen mahnend voranleuchten 85 in den Stunden schwerster Pflichterfüllung! Mit diesem heißen Wunsch begrüßt das deutsche Volk sein neues Schlachtschiff „Bismarck". Rechischreibung und Zeichensetzung folgen der Vorlage Aus: Domarus, Max: Hitler - Reden und Proklamationen 1932-1945, Teil H, Dritter Band, 4. Auflage, Leonberg 1973, S. 1077-1080 Aufgaben: 1.1 Erarbeiten Sie aus M 1 die Beurteilung Bismarcks durch Adolf Hitler und ordnen Sie die Rede in den historischen Zusammenhang ein. 1.2 Weisen Sie die Ideologiegebundenheit von Hitlers Aussagen (M 1) zu Bismarck und seiner Zeit nach. 2 In M 1 (Z. 65 ff.) werden Gegner Bismarcks genannt. Erläutern Sie anhand von zwei Beispielen aus M 1 (Z. 65 ff.) das Verhalten des Obrigkeitsstaates zur Zeit Bismarcks gegenüber seinen Gegnern. 3 Hitler äußert sich in M 1 zu Feinden des Nationalsozialismus. Stellen Sie Mittel und Methoden zur Unterdrückung der von den Nationalsozialisten zu „Reichsfeinden" erklärten Personengruppen dar. 4 Hitler bezeichnet das Deutsche Reich als alleiniges Werk Bismarcks. (M1,Z. 15-17) Beweisen Sie anhand von ausgewählten Leistungen der nationalen und liberalen Bewegung im 19. Jahrhundert, dass das deutsche Reich keineswegs das alleinige Werk Bismarcks war, wie es Hitler in M 1 (Z- 15-17) behauptet. 12 BE 10 BE 12 BE 12 BE 14 BE 60 BE 2005-2