Medizinische Terminologie Die anatomische Vorlesung des Dr. Nicolas Tulp (Rembrandt, 1632) Dr. med. Yvonne Kammerer Institut für Humananatomie und Embryologie Universität Regensburg Medizinische Terminologie 2 Ziel der Vorlesung? Begriffe der medizinischen Fachsprache erkennen, analysieren und definieren. Beispiele: ˇIntegumentum commune ˇPerkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) Dr. med. Yvonne Kammerer Institut für Humananatomie und Embryologie Universität Regensburg Medizinische Terminologie 3 Die Grammatik Grundlage bilden die Regeln der lateinischen Sprache Hauptbestandteile der medizinischen Fachsprache: Šubstantive ˇAdjektive Ňumeralia Altgriechische Wörter werden latinisiert (d.h. auch lateinisch ausgesprochen: Alltagsbeispiele: Museum statt Museion, Aristóteles statt Aristotéles) Dr. med. Yvonne Kammerer Institut für Humananatomie und Embryologie Universität Regensburg Medizinische Terminologie 4 M. deltoideus, aber Pneuma ossei, aber Cheilitis am Wortende zweisilbig gesprocheneu/ei Liquor cerebrospinalis Unguentum leniens gesprochen wie kw/gwqu/gu Vertebra prominens, Vomergesprochen wie wv Articulatio sternocostalisvor Vokal gesprochen wie zi, sonst titi Substantia spongiosawerden getrennt gesprochensp/st Canalis mandibulae Corpus vertebrae Retinacula cutis Cervix dentis Circumferentia ... gesprochen wie k vor den dunklen Vokalen a, o, u sonst wie z gesprochen (vor e, i, y, ae, oe, eu) Cave: deutsche Schreibweise davon abhängig!!! Kanal, Korpus, Zervix, Zirkumferenz Karzinom (Carcinoma), Rekonvaleszenz (convalescere), c Caecum Foetor ex ore gesprochen wie ä bzw. ö, jedoch lang wie au und euae/oe Apophyse Calyx gesprochen wie ü (y kommt nur in latinisierten griechischen Wörtern vor) y Tuberculum majus Foramen jugulare i vor Vokal wird wie j gesprochen und soll auch so geschrieben werden; j wird im klassischen Latein nicht gebraucht j (= i vor Vokal) Buchstabe Regeln zur Aussprache Beispiel Dr. med. Yvonne Kammerer Institut für Humananatomie und Embryologie Universität Regensburg Medizinische Terminologie 5 Regeln zur Betonung (Auszug): Ligamentum Li-ga-men-tum (Trennung nach Sprechsilben) Ligamén-tum (2 Konsonanten auf Vokal) Apertú-ra (langer Vokal) Calcáne-us, Fóve-a, (2 Vokale) Epithé-li-um (Fließlaut) congéni-tus (kurzer Vokal vor Konsonant) Endokárd, Osteozýt (eingedeutscht) Dr. med. Yvonne Kammerer Institut für Humananatomie und Embryologie Universität Regensburg Medizinische Terminologie 6 Groß- und Kleinschreibung, Artikel Einworttermini Mehrworttermini das Corpus uteri die Articulatio radioulnaris distalis der Paries membranaceus das Caput die Scapula der Vomer Den deutschen Artikel des Fachbegriffes dem Geschlecht des lateinischen Wortes entnehmen! Dr. med. Yvonne Kammerer Institut für Humananatomie und Embryologie Universität Regensburg Medizinische Terminologie 7 Komposita: San-a-torium (heilen-Zugehörigkeitssuffix)eingedeutschte lateinische Begriffe a gastr-o-schisis (Bauch-Spaltung) hepat-o-duoden-alis (Leber-Zwöffingerdarm-gehörig) ocul-o-motorius (Auge-der Bewegung dienend) Griechisch Latein-Griechisch ,,neues Latein" o verm-i-formis (wurm-förmig)klassisches Lateini BeispielHerkunft/AbleitungBindevokal Dr. med. Yvonne Kammerer Institut für Humananatomie und Embryologie Universität Regensburg Medizinische Terminologie 8 Die für die medizinische Terminologie wichtigen Wortarten hodie (heute) inter (zwischen) ut (dass) heus (hallo) Adverb (Umstandswort) Präposition (Verhältniswort) Konjunktion (Bindewort) Interjektion (Ausrufewort) Partikeln (unveränderliche Wörter) capsula, -ae (Kapsel) externus, -a, -um (äußerer) noster (unser) tres (drei) Substantiv (Namenswort) Adjektiv (Eigenschaftswort) Pronomen (Fürwort) Numerale (Zahlwort) Nomina (deklinierbare Wörter) sanare (heilen) esse (sein) Verbum (Zeitwort) Kopula (Hilfszeitwort) Verben (konjugierbare Wörter) BeispielWortartHauptgruppe Dr. med. Yvonne Kammerer Institut für Humananatomie und Embryologie Universität Regensburg Medizinische Terminologie 9 Nomina: am Ausgang des Stammes bzw. an der jeweiligen Endung lassen sich in der Regel erkennen: (Geschlecht = Genus) Zahl = Numerus EndungWortstamm Fall = Kasus Deklination: Je nach ihrer Aufgabe (im Satz, im Begriff) werden Nomina verändert. Dr. med. Yvonne Kammerer Institut für Humananatomie und Embryologie Universität Regensburg Medizinische Terminologie 10 Vena pro dosi Vena Venam post mortem, post cenam Venae Venae Foramen venae cavae Vena Vena cava Beispiel (Sg.) Wodurch? Womit? usw. 6. Ablativ Fall der Anrede5. Vokativ Wen oder was?4. Akkusativ Wem?3. Dativ Wessen?2. Genitiv Wer oder was?1. Nominativ FrageFall Die in der medizinischen Terminologie benötigten Fälle. Die Deklination ist die Abwandlung des Nominativs eines Nomens in die anderen Fälle: Dr. med. Yvonne Kammerer Institut für Humananatomie und Embryologie Universität Regensburg Medizinische Terminologie 11 Die 5 Deklinationen der Substantive der lateinischen Sprache: 1. = a-Deklination Vena, -ae 5. = e-Deklination Facis, -i2. = o-Deklination Musculus, -i 4. = u-Deklination Processus, -s3. = Konsonantische und i-Deklination Caput, -itis Dr. med. Yvonne Kammerer Institut für Humananatomie und Embryologie Universität Regensburg Medizinische Terminologie 12 -arum-aeGenitiv -ae-aNominativ PluralSingular a-Deklination: Die Wörter der a-Deklination sind weiblichen Geschlechts, außer wenn sie männliche Personen bezeichnen (poeta, -ae). Foramina venarum minimarum Foramen venae cavae Genitiv Venae pudendaeVena saphenaNominativ PluralSingularBeispiel: vena, -ae die Vene saphenus, -a, -um verborgen pudendus, -a, -um zur Scham gehörend foramen, -inis (n) Loch minimus, -a, -um der, die, das kleinste Dr. med. Yvonne Kammerer Institut für Humananatomie und Embryologie Universität Regensburg Medizinische Terminologie 13 a-Deklination: weitere Beispiele: arteria, -ae f. die Arterie columna, -ae f. die Säule bucca, -ae f. die Backe, die Wange Columna renalis Niere = ren (lat.) Columna vertebralis Dr. med. Yvonne Kammerer Institut für Humananatomie und Embryologie Universität Regensburg Medizinische Terminologie 14 Warum müssen wir den Genitiv eines Substantivs kennen? Einige Mehrworttermini bestehen aus zwei Substantiven, wobei das zweite Substantiv im Genitiv steht: Beispiele der a-Deklination: Latein: Wörtlich: Besser: Caput costae Kopf der Rippe Rippenköpfchen (M.) levator costarum Heber der Rippen Rippenheber Angulus mandibulae Winkel des Unterkiefers Kieferwinkel -arum-aeGen. -ae-aNom. Pl.Sg. Übersetzungsregel: 1. Mehrworttermini wenn möglich mit einem deutschen Begriff übersetzen 2. Übersetzte von rechts nach links