In Geldgeschäften ist DIE ERSTE Spezialist Aber Geld allein ist nicht alles. DIE ERSTE ist auch aktiv in Fragen der Umweltgestal rung, des Wohnbaues, der Gestaltung von sozialen Einrichtungen und der Förderung und Erhaltung von Kunst und Kultur engagiert Unter anderem veranstaltet DIE ERSTE auch Ausstellungen in ihren Zweiganstalten und in der Tag und Nacht zugänglichen „Galerie DIE ERSTE" (Passage Hoher Markt - Landskrongasse). Um dem Künstler die Konfrontation mit dem Publikum zu ermöglichen. Um dem Publikum Kunst bequem zugänglich zu machen. KUNST UND KULTUR IN DER ERSTEN 4 Kleider machen Leichen Personen: KURT MONIKA BRIEFTRÄGER 1. POLIZIST 2. POLIZIST EINE LEICHE 261A001078 (Monika ist plötzlich freundlich zu Kurt, umschmeichelt ihn.) MONIKA: Kurti... KURT: Was kommt jetzt? MONIKA: Gar nix. - Ich mein' nur, was ich vorhin ge- sagt hab'... Du bist ja auch manchmal zornig. KURT: Aber gleich sagen, ich bin kein Mann! MONIKA: Heut' in der Nacht bitť ich Dich um Verzei- hung, - wie eine Sklavin. KURT: (deutet zur Couch) Pietät, Monika, Pietät! MONIKA: Nein! Das muß ich gleich sagen, Kurti. Weil Du bist ja ein Mann wie man ihn suchen kann und deshalb machen wir da noch einen Riß... KURT: Einen Riß? MONIKA: Mit einem anderen ging' das gar nicht... Weil wie Du den Vico Torriani und den Heinz Conrads nachmachen kannst, daist was dran. KURT: Bist überg'schnappt? Was red'st denn? MONIKA: Neunzehntausend Schilling, Kurti, paß' auf, neunzehntausend Schilling. Du ziehst ihr Gewand an, schminkst Dich, da ist's eh finster, der Briefträger merkt gar nix. KURT: Dasistja Wahnsinn, hör'auf, das istein Wahn- sinn, das geht nie! MONIKA: Geh, Kurti. Mir zu lieb'. Und Du kriegst die fünf Tausend er. KURT: Nein, das mach' ich nicht, und wenn Du sagst, ich bin feig und wenn Du sagst, ich bin kein Mann, nein, das mach' ich nicht. MONIKA: Aber sowas sag' ich doch nicht. Du bist nicht feig und Du bist ein Mann, aber Du bist eine ehrliche Haut, Du bist einfach ein zu guter Mensch und deshalb glaubst, das kann man nicht machen. - Und was haben wir davon? -Naja, wie Du glaubst. - Ich tät's ja, aber ich hab' nicht Dein Talent. - Wenn's ich so nachmachen könnt', wie Du... KURT: (ahmt eine alte Frau «ac/ľ.,) Und haben Sie die Milch in den Eiskästen gestellt, Frau Monika? Gestern ist sie nämlich sauer geworden... MONIKA: Nein! Wenn man die Augen zumacht, glaubt man, sie ist's, leibhaftig, sie ist's! - Eine Perücke hat s' auf ihrer Glatze, zwei hat s' drin im Schlafzimmer, da nehmen wir eine, und dann die Stimm', ein bißl heisriger und zittriger muß noch sein... KURT: Wenn das auffliegt! MONIKA: Gar nix kann passieren! Mit der Unterschrift, das ist auch ganz einfach. Da machst eine Kraxn hin, so (sie demonstriert es) - so, mit KURT: MONIKA: KURT: ihre verbogenen Finger hat s' eh nimmer schreiben können. So, gelt ja! Auf was ich mich da einlaß'! (Monika sucht Kleider im Schrank zusammen) Und nachher sagst immer: Danke Herr Briefträger! Und gibst ihm fünf Schilling Trinkgeld. (mit verstellter Stimme) Danke Herr Briefträger... - VORHANG - 2. SZENE (Kurt kommt aus dem Nebenzimmer, Monika hinter ihm. Erhält sich einen kleinen Spiegel vor, richtet sich noch ein Löckchen der weißen Perücke. Er trägt Frauenkleider, seinem Gesicht sind Runzeln und Falten aufgeschminkt. Monika zupft die Klei dung zurecht.) Gut! - Das Gesicht ist gut. Eine Kleinigkeit für einen Friseur. Ah, das kann nicht ein jeder Friseur. Was ein Friseur ist und kein Haarschneider, der kann das. Und jetzt mach' einen Buckl, die Hand' ein bißl vor,-der Stock... (Monika hebt den Spazierstock auf, erstarrt, blickt auf die Tote.) Jessas! Die Alte! (entsetzt) Lebt s' noch? Aber nein! Hörst, Du kannst einen erschrecken! Weg muß s' da, die muß weg da. Der Briefträger kann mir ja in der Kuchl das Geld geben. Das war' was Neues, das tat' ihm auffallen. Und die Küche kann man auch nicht so verdunkeln. - Nein, die muß weg da. Ich greif s nicht an. Hast einen Wurm in der Marille? Die beißt Dich doch nicht. Ich kann s' nicht einmal anschauen. Also geh her da. Nimm s' bei den Füßen. Nicht um alles in der Welt. Du willst ein Mann sein, ein Mann willst Du sein? Schleich' Dich! Verkriech' Dich wo! Ein so ein...Ach, was red' ich! (Die Türglocke läutet) MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: 9 KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: BRIEFTRÄGER MONIKA: BRIEFTRÄGER KURT: MONIKA: MONIKA: KURT: BRIEFTRÄGER KURT: Der Briefträger! (Kurtpanikartig ins Nebenzimmer ab, Monika geht ihm bis zur Türe nach.) Der Briefträger mit neunzehntausend Schilling. (Kurt kommt wildentschlossen wieder heraus, schließt krampfliaft die Augen, streckt die Hände von sich.) Führ' mich hin. (Monika führt ihn zur Leiche, legt seine Hände auf die Füße der Toten, nimmt diese dann unter den Achseln. Sie schleppen sie ins Nebenzimmer. Es läutet wieder. Monika und Kurt kommen zurück.) Da setz' Dich her, den Stock lehn' an den Sessel. (Kurt schnauft, wischt sich über die Stirne.) Halt' ihn auf. Mir rinnen die Falten aus dem Gesicht. (Kurt eilig ab ins Nebenzimmer, Monika ins Vorzimmer. Sie schließt vorsichtig die Türe hinter sich. Kurt kommt mit dem Spiegelchen, pudert sich das Gesicht, ist nicht zufrieden, geht wieder ins Nebenzimmer. Kurz darauf führt Monika den Briefträger herein.) Sie sind aber ein ganz ein Schlimmer! :Sie sind so sexy. Jetzt hören s' aber auf! Die Gnädige wird gleich da sein! :Na, und dann? - Sie wohnen ja da unterhalb. - Vielleicht hätť ich was zum Abgeben bei Ihnen. (Der Briefträger blickt Monika tief in die Augen, seine Hand wandert an ihrem Arm hoch, gleitet zum Busen. Kurt kommt, vergißt bei diesem Anblick, daß er sich verstellen soll.) Na, hallo! Jessas! (Monika stürzt auf Kurt zu, tut so, alsmüssesie ihn stützen.) Gnä' Frau! Ohne Stock! Halten s' Ihnen an der Tür' an, ich bring' gleich den Stock! (spielt nun alte Frau) Sowas seh' ich nicht gern', Herr Briefträger. Diejunge Frau ist verheiratet... Jaja, verheiratet, tut man sowas... (Monika bringt ihm den Stock, Kurt humpelt zum Tisch, setzt sich.) 'n Tag, küß' die Hand. Sowas seh' ich nicht gern... 10 BRIEFTRAGER:Na, was denn? War doch eh gar nix. Sie befinden sich im Irrtum, Frau Ministerialrat. Im Irrtum... MONIKA: Reden s' nicht soviel, sie versteht Sie ehnicht! BRIEFTRÄGER:Ist sie noch schwerhöriger geworden? MONIKA: Schrecklich, jaja, alt soll' man nicht werden. (Der Briefträger holt aus seiner Tasche eine Anweisung, reicht sie Kurt, dazueinen Kugelschreiber.) BRIEFTRÄGER:Na, was ist mit uns zwei, Schatzerl? MONIKA: Was erlauben Sie sich!? BRIEFTRÄGER:Pardon, Pardon, dann hab' ich Sie im Vorzimmer mißverstanden. KURT: Und Geld wollen Sie mir heut' keines geben? BRIEFTRÄGER: Aber sofort, gnä' Frau, sofort! Wenn Sie mir nur da unterschreiben. - (Zu Monika) Oder genieren Sie sich vor der? Hört doch nix, die Alte, nicht, Du Schrägen?! Stellen sich eh schon die Würmer draußen bei der Tür' an. -Ah nein, wenn ich so schau, die hat sich erfangen, schaut wieder gut aus. (Kurt fällt der Kugelschreiber zu Boden, der Briefträger und Monika bücken sich gleichzeitig, was er sofort dazu benützt, sie flüchtig zu streicheln, Monika schnellt daher hoch. Der Briefträger drückt Kurt den Kugelschreiber in die Hand.) BRIEFTRÄGER:Na Servus! (Kurt kritzelt auf die Anweisung.) MONIKA: Was ist denn? BRIEFTRÄGER:Die Hand' von der. Vorig'smal waren die Haut und Knochen, und jetzt! - Die hat ja Pratzen! (Kurt läßt die Hände unterm Tisch verschwinden.) MONIKA: Ach, das! - Das...das ist das Wasser. Sie ist schon angefüllt bis da her mit Wasser. BRIEFTRÄGER: Ah, deswegen! - Weil das Gesicht, das ist mir gleich so g'schwollen vor'kommen. - Da macht sie's nimmer lang. (Er holt das Geld hervor.) - Weil wenn das aufs Herz drückt, das Wasser, dann ist's aus. (Der Briefträger zählt laut 18972 Schilling auf den Tisch, verstaut die Anweisung.) BRIEFTRÄGER:Und jetzt...wie war's? Ich hätť was Schönes zum Abgeben in der Wohnung da unten! MONIKA: Schmeissen Sie's ins Briefkastl. KURT: Danke schön, Herr Briefträger. Danke schön. (Der Briefträger zögert, Kurt blickt ihn kurzan.) KURT: Auf ein Trinkgeld brauchen Sie nicht zu war- 11 ten, Sie haben sich schlecht benommen. Pfui, schämen Sie sich. Auf Wiederschauen. BRIEFTRÄGER:Könnt s' nicht blind auch noch sein?! MONIKA: Auf Wiederschauen. Sie finden eh allein den Weg. BRIEFTRÄGER:Auf Wiederschauen, spröde Schöne. - Bis zum nächsten Mal. (Briefträger ab. Kurt und Monika warten angespannt, bis man die Eingangstürezufallen hört, dann fällt Monika Kurt um den Hals.) Kurti! Großartig! Großartig! Du warst herrlich, einmalig! Aber am Anfang, da hätt'st uns bald verraten. Laßt Dich abtatscherln von dem. Du bist schon eine. Was für eine!? - Na, sag's schon! - Aufhalten hab' ich ihn müssen, wegen Dir! Mit der Brust? Was Du wieder g'sehen hast! - Da schau her! Neunzehn Tausender haben wir verdient, zwei Tausender in der Minute! Dafür tät'st noch mehr, ha? Mehr als die Brust hinhalten! Ich hau Dir gleich den Stock über den Schädel, Du kannst doch nicht mit mir reden, wie wenn ich eine Hur' war', Du gemeiner Kerl Du, Du gemeiner! Erschlag' mich nur, daß er dann alle Tag' was abgeben kann bei Dir, derPostkastlcasanova! Du bist mir zu blöd. Weil jetzt hättest Du was abgebenkönnen bei mir,aber Du bistzu blöd. An was Du denken kannst! Und da liegt eine Tote drin! Ich zieh' mich um, und dann holen wir den Doktor...{hatplötzlich einen erschrek-kenden Einfall, schreit) Du mit Deine verdammten Ideen! Wo ist denn das Geld von Ihrer Pension, wo ist das, werden s' fragen! Wer soll fragen? Der größte Blödsinn, der größte Blödsinn war das! Die war ja schon steif! Die ist vielleicht schon fünf Stunden tot! Das kennt der Doktor und dann? Wer hat kassiert, wenn sie schon tot war? Das fliegt alles auf! Wir gehen in den Häfen, so schnell können wir gar nicht schauen! (Monika hebt die Geldscheine hoch.) Kurti, verdienst Du neunzehntausend Schilling im Monat? Verdienst sie? Jetzt geht mir ein Licht auf! Du hast mich hineingelegt! Nicht einmal, alleweil soll ich MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: 12 MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: MONIKA: KURT: MONIKA: MONIKA: KURT: MONIKA: MONIKA: die Alte spielen! Du bist ja teppert! Schau Kurti, die geht doch keinem Menschen ab, die Alte, keinem Menschen. Zweimal in der Woche schaust beim Fenster hinaus, wegen die Nachbarn, und am Ersten kassierst. Aus. - Und wir haben ein herrliches Leben, wie wir's schon alleweil haben wollten! Du bist ein Teufel! Tu' ich wem was? Nehm' ich wem was weg? Naja, wenn man so denkt... Laß das, denken tu schon ich. Einen Dreck! Weil Du nicht an sie denkt hast! Bis zum nächsten Ersten ist die ja schon stinkert! Na, da bleiben kann s' nicht, das ist eh klar. Nein, ich laß' mich auf nix mehr ein, auf nix mehr! Komm' hilf mir. Heben wir den Tisch weg und die Sessel. (Kurt zögert, auf einen energischen Wink Monikas, hilft er ihr, Tisch undSesselvom Teppichzu heben und an die Wand zu stellen.) So, und jetzt tragen wir sie da herein. Ich soll s' nocheinmal angreifen?! (geht voraus ins Nebenzimmer) Stell' Dich nicht so patschert an. Mach' halt wieder die Augen zu. (Kun folgt ihr, dann tragen sie die Leiche herein, Monika dirigiert so, daß sie die Leiche schließlich an den Rand des Teppichs legen.) So, und jetzt rollen wir sie ein. Nein, das kann ich nicht, das kann ich nicht! (Monika macht sich seufzend allein an die Arbeit, rollt die Leiche in den Teppich ein.) Geh, neben der Tür' hängt ein Weihbrunnkessel, ein kleiner. Tu' ein paar Tropfen in ein Flascherl. (Kurt trottet willenlos zur Tür des Nebenzimmers.) Wenigstens ein bißl ein Begräbnis soll s' schon haben. VORHANG 13 3. SZENE (Kurt steht in Männerunterwäsche im Zimmer, Monika hat einige Frauenkleider über dem Arm hängen. Tisch und Sessel stehen wie am Anfang, der Teppich fehlt.) KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: Nein, nein! Ich will nimmer, ich kann nimmer! Ich versteh' Dich nicht, Kurti, ich versteh' Dich nicht! Ich zieh' das Gewand nimmer an. - Das ist wie...wie... Na, wie was? Ich weiß nicht. Aber ich weiß, was passiert, wenn Du es nicht anziehst. Sie tratschen schon im Haus. „Ich hab' die Frau Wirtz schon so lang nicht gesehen...ist sie krank?" - Die neugierigen Weiber die. Du mußt heute vormittag beim Fenster hinausschauen, wenn s' vom Einkaufen heimkommen. Bitte Monika, bitte, hören wir auf. Das geht nicht gut, ich sag' Dirs, das geht nicht gut. Es ist schon drei Monat gut gegangen, warum soll's nicht weiter gut geh'n? Ist doch eh alles in Ordnung. Gar nix ist in Ordnung, gar nix, ich spür das. Gib mir meine Hose! Gut, da hast Deine Hose, zieh Dich an und gehn wir zur Polizei. - Stellen wir uns. (Sie wirft ihm die Hose zu, Kurt steigt hinein.) Stellen wir uns. Und dann gehn wir in den Häfen, und 's Geld müssen wir auch zurückzahlen. Wenn 's nur ein End' hat. Ja, dann hat's ein End'. Vielleicht hängen s' uns gar noch einen Mord an. Mir machst Du keine Angst. Die sehn doch das, wenn sie sie ausgraben. Was weißt Du, was man noch sieht? An einem natürlichen Tod ist sie g'storben, das sieht man sicher noch. Wenn nicht einer auf die Idee kommt und sagt', wir haben sie erwürgt oder erstickt, mit einem Polster, das kann man nimmer sehn, aber uns kann man das zutrauen, werden s' sagen. Denen fallt dann mehr ein, als wir uns denken können. (Kurt reißt sich die Hose herunter, haut sie auf den Boden, trampelt darauf herum.) 14 KURT: Scheißdreck, verfluchter Scheißdreck.. .hörst hast Du sie...mit dem Polster? MONIKA: Bist teppert? Wo ich doch eh gewußt hab', sie macht es nimmer lang! KURT: Ganz schön hast Du mich hineingehetzt! MONIKA: Aber beim Geldausgeben, da bist dabei, da brauch' ich Dich nicht hineinhetzen, was!? -Geh, schau, Kurti, sei vernünftig, wegen der einen Stund' in der Woche! KURT: Weißt Du, was ich da mitmach' in der einen Stund'? Da steh' ich da beim Fenster und auf einmal hab' ich das Gefühl, sie liegt da hinten auf der Couch, und ich trau' mich nicht umdrehen. Und dann muß ich mich doch umdrehen und ich will eh nicht, aber ich muß mich auch noch da herlegen, so wie sie da gelegen ist. Und ich furcht' mich, Monika, ich furcht'mich! MONIKA: (streichelt ihn) Aber Kurti! KURT: Jetztlachst mich aus, gelt ja? MONIKA: Gar nicht, Kurti, gar nicht. Wenn Du so da- stehst wie die alte Wirtz, dann glaub ich auch: „Jessas, die ist auferstanden!" - und ich krieg' die Ganslhaut. Ich versteh' Dich schon, Kurti, Du lebst Dich so hinein, daß Dir selber unheimlich wird. Nein, und da lach' ich Dich nicht aus, Kurti, ich nicht, weil sowas bringt nur ein Genie zusammen. Ich bewundere Dich, Du bist ein Genie - und Du hast Angst vor Deiner eigenen Größe, Kurti. Das ist's! Überwinde Dich! KURT: Ah, Du meinst... MONIKA: Du bist ein Genie, Kurti! KURT: Gib her! (Monika gibt ihm dasKleid, er schlüpft hinein.) KURT: Schminkzeug, die Perücke, Schuh, Strumpf. MONIKA: Was brauchst Schuh und Strumpf, schaust eh nur beim Fenster hinaus? KURT: Wegen dem Gefühl, weißt, das brauch' ich, weil sonst kann ich die Stimm' nicht so verstellen. Und dann, für's nächste Mal richtest mir auch die richtige Wasch' her, Busnhalter und so. Ich mein', da bin ich dann noch viel besser. - Verstehst, ganz echt! - VORHANG- 15 4. SZENE (Kurt in der Kleidung von Frau Wirtz. Er lehnt beim geöffneten Fenster, redet hinaus.) KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: MONIKA: MONIKA: KURT: MONIKA: KURT: MONIKA: Danke der Nachfrag'. - Ich werd' auch schon siebenundachtzig. - Furchtbar, ja, - aber unter der Kälte leide ich noch mehr. - Nein, um Politik kümmer' ich mich nicht, weil sowas wie den Franz-Joseph gibt es nicht mehr. -Nein, ich hör' nicht besser, oder schon, weil ich mir so einen Apparat ang'schafft hab'. (Kurt hält einen Hörapparat hoch.) (Monika kommt) Jessas, hängst schon wieder beim Fenster ausse! AufWiedersehen! (Monika zieht ihn vom Fenter weg. Kurt taumelt. Monika schließt das Fenster.) Du übertreibst, Kurti. Jetzt steckst schon den ganzen Tag da heroben und schaust beim Fenster hinaus. - Sag', wird Dir das nicht zuwider? (Kurt humpelt zu einem Sessel, setzt sich ächzend.) Was verstellst Dich denn jetzt auch noch? Und die Leut' fragen schon, wo Du bist. Ich weiß schon gar nimmer, was ich sagen soll. (Kurt fummelt an dem Hörapparat herum, kommt nicht zurecht, schiebt ihn unwillig weg.) Wir brauchen doch wirklich keine Angst mehr zu haben, daß jetzt noch wer drauf-kommt. - Und mich vernachlässigst Du auch Kurti! - Hörst Du mir überhaupt zu?! (Sie legt ein paar Autoprospekte vor ihm auf den Tisch.) Und den kaufen wir uns! Weil -und jetzt hör' zu! Das geht ganz einfach mit Deiner Unterschrift. Mit keinem Ohrwaschl haben sie sich g'rührt, anstandslos haben s' mir's ausgezahlt, die zehntausend Schilling. - Kurti! Jetzt haben wir das Geld vom Spar- büchl auch noch! (starrt in den Prospekt) Jaja, fahren nach Ischl. Und nach Paris und nach Rom. Siehst es, jetzt genießen wir das Leben! Oder fliegen, nach Teneriffa... Und fliegen auch! Und heut' geh'n wir groß aus, zu den Spitzbuben, ha? Da können wir das alles bereden. Ich hab' ein neues Kleidl, schau, g'fallt's Dir? 16 KURT: Ein Mercedes, nicht schlecht. MONIKA: Und eine neue Wasch'. Willst Du's sehen? (Kurt blickt sie zum ersten Mal voll an, scheint sie auch verstanden zu haben.) KURT: Ich weiß nicht...ich bin so müd', ich bin so hin... MONIKA: Weil Du alleweil das alte Weib spielst. Ich hab Dir einen neuen Anzug gebracht...(Monika ab ins Vorzimmer, Kurt hantiert am Hörapparat, kommt wieder nicht zurecht. Monika kommt mit einer Anzugschachtel zurück.) MONIKA: Dunkelblau. Das paßt Dir so gut. - Geh, komm', heraus aus dem Kittel! Jetzt ziehst das an! (Monika zerrt Kurt vom Sessel hoch, zieht ihn aus, wobei sie zärtlich-aggressiv ist.) MONIKA: Ich möcht' Dich endlich wieder einmal als Mannseh'n! KURT: Was ist? - Auslassen! - Nein, nicht, nicht... MONIKA: Bist kitzlig? (Kurt steht im Unterhemd da. Monika kitzelt ihn, fährt ihm unabsichtlich zwischen die Schenkel, stutzt, greift fester zu, erschrickt.) MONIKA: Kurti, Kurti, was ist denn mit Dir? - Das, das kann ja nicht, das ist nicht wahr! KURT: Was ist denn? (Monika fällt auf die Knie, kriecht unter das Unterkleid, untersucht Kurt.) MONIKA: Das gibt's ja nicht! Kurti, verstell Dich nicht, mach' nicht solche Witz'! - Nein!! - Kurti!! Wo ist der Kurti?! MONIKA: (Monika springt auf, weicht entsetzt zurück. Kurt verzieht greinend das Gesicht.) Sie sind ja tot! Längst tot! KURT: Wie kann man mit einer alten Frau nur so umgehen!? - VORHANG - 5. SZENE (Kurt tappt, gestützt auf einen Stock, langsam durch das Zimmer, bleibt hie und da stehen, wischt gedankenverloren über ein Möbelstück, hebt eine Vase auf, stellt sie nieder. Es ist ein zielloses Tun. Die Türglocke schrillt. Kurt hört es nicht, humpelt zur Couch, setzt sich. Läuten. Kurt lauscht angestrengt, sinkt dann wieder in sich zusammen. Läuten. Kurt lauscht, schüttelt den Kopf, macht sich seufzend auf den Weg ins Vorzimmer, öffnet. {'J 17 Kurt spricht nun vornehmes Wienerisch, schleppend, ein wenig nasal.) 1. POLIZIST: Guten Tag. - Entschuldigen Sie bitte, wir brauchen noch ein paar Auskünfte von Ihnen, gnä' Frau. (Kurt kommt mit dem 1. und 2. Polizisten in Zivil ins Zimmer. Kurt setzt sich.) 1. POLIZIST: Ihre Angeben haben gestimmt. Wir sind Ihnen sehr dankbar. KURT: Werden sie jetzt eingesperrt? 1. POLIZIST: Keine Frage. -Aber warum, gnä'Frau, haben Sie das erst jetzt gemeldet? KURT: Jaja, Sie werden's nicht glauben, - auf die neunzig geh' ich schon. 1. POLIZIST: Natürlich glauben wir das. (Laut an Kurts Ohr) Warum erst jetzt?! KURT: Was? 1. POLIZIST: Na, den Mord! KURT: (deutet nach unten) Sie haben schon gestan- den? Diese . . . diese ... die treibt's. Die ganzeNacht war erwiederda, der Briefträger. Die ganze Nacht. Und deshalb hat der arme Kurti sterben müssen, damit sie's mit dem treiben kann. 1. POLIZIST: Ja, aber warum haben Sie vierzehn Monate gewartet? KURT: Der arme Kurti, der arme Kurti! 2. POLIZIST: Die ist doch stocktaub, Hans, schreib' ihr's auf. (1. Polizist holt, einen Notizblock hervor, schreibt etwas auf, gibt es Kurt. Der hält es nahe vor die Augen, dann weiter weg.) KURT: Aber unterschreiben tu' ich nix! (Der 2. Polizist entdeckt auf dem Buffet Brillen, reicht sie Kurt, der sie aufsetzt und den Zettel liest.) KURT: Weil, weil... Ich hab'jede Nacht davon ge- träumt, da sind's g'standen,... da... 2. POLIZIST: Was willst, auf die neunzig geht sie halt. (1. Polizist schreibt wieder etwas auf, Kurt liest es.) KURT: Na, geredet haben s', ganz offen geredet, wo- hin sie die Leiche bringen wollen. Weil sie haben geglaubt, ich bin taub. Aber ich hab' alles gehört und gesehen, alles. Die haben geglaubt, ich liege noch im Bett und seh' und hör' nix, aber ich hab' alles gesehen und gehört. Alles. - Der arme Kurti, der arme Kurti, heraufgelockt haben s' ihn und da, auf dieser 18 1. POLIZIST: KURT: KURT: 1. POLIZIST: KURT: KURT: KURT: MONIKA: 1. POLIZIST: MONIKA: 1. POLIZIST: KURT: MONIKA: 1. POLIZIST: MONIKA: 1. POLIZIST: MONIKA: 1. POLIZIST: MONIKA: 1. POLIZIST: MONIKA: 2. POLIZIST: MONIKA: 1. POLIZIST 2. POLIZIST 1. POLIZIST MONIKA: KURT: Stell', da, da haben's ihn umgebracht, umgebracht haben s' ihn, den armen Kurti. Wie?-Wie!? Da, auf dieser Stell', auf dieser Stelle, der arme Kurti... (1. Polizist versucht Gesten des Erschießens, Erstechens und Erwürgens zu mimen.) Sie, diese ... diese ... sie hat ihm schön ins Gesicht getan, dem armen Kurti, und er, der bestialische Briefträger, er hat ihn erwürgt, mit einer Schnur. - Ekelhaft! (1. Polizist gibt dem 2. einen Wink, der legt ein Päckchen auf den Tisch, öffnet es, ein Stück ramponierter Teppich kommt zum Vorschein.) (zeigt mit dem Finger darauf) Erkennen Sie das? Mein Teppich, mein schöner Teppich! - Da haben sie ihn eingerollt, den armen Kurti! (1. Polizist schreibt, Kurt liest.) Ja, da haben sie ihn eingerollt, eingerollt, gleich da. Damit sie's miteinander treiben können. (Die Eingangstüre wird aufgesperrt.) Der arme Kurti, so gern hat er seine Monika gehabt, so gern ... (Monika tritt ein, erschrickt.) Wer sind denn Sie? Und wer sind Sie? Ich bin bei der Frau Wirtz in Bedienung. Ah, hochinteressant! Frau Monika Sperl? Diese ... diese! - Ekelhaft! Was wollen Sie, sagen S' das gleich, sonst hoľ ich die Polizei. Die ist schon da. (Mit eleganter Bewegung präsentiert er seine Marke.) Polizei? - Was ist los? Wo ist Ihr Mann? Mein Mann? Nehmen Sie doch Platz, bitte... Na, wo ist er ? Ich weiß' nicht. Vielleicht draußen auf dem Laaerberg? (entsetzt) Laaerberg? Zwei Meter in der Erď? Am Laaerberg, zwei Meter in der Erd'? Eingegraben. Schauen Sie, gestehen Sie, wir wissen alles. Alles! (beugt sich vor, starrt Kurt an) Sag' doch, daß das nicht wahr ist, sag's, Du weißt es doch! Herausgekommen ist's! - An die Sonne ge- 19 bracht! Ihr habt geglaubt, ihr könnt da fidel leben, derweil der arme Kurti am Laaerberg vermodert! - Nix ist's, aus ist's! (kichert) MONIKA: Von der spinnerten Alten laß' ich mir nix an- hängen. Mein Mann ist verschwunden, nicht am Laaerberg eingegraben, - durchbrennt ist er mir. - Kann ich da was dafür!? 2. POLIZIST: Durchbrennt? - Auf einem fliegenden Teppich vielleicht? (2. Polizist hält Monika das Teppichstückunter die Nase. Monika sinkt seufzend in sich zusammen.) MONIKA: Auch gut. - Aber er ist schuld, es war alles seine Idee. 2. POLIZIST: Also Ihr Geliebter war die treibende Kraft? MONIKA: Aber nein! Seine Idee war's, seine! (Sie deutet auf Kurt) Das ist der Kurti! - Das war er einmal! 1. POLIZIST: Also die Wahnsinnige spielen Sie bei Gericht, da zieht das vielleicht, aber bei uns ist's finster mit der Tour. MONIKA: Es ist so, ich schwör's! Bei allem, was mir heilig ist. - Wegen ihrer Pension haben wir das getan. - Er, nein, sie da, das ist mein Mann, der Kurti, und sie, ich mein' die wirkliche Frau Wirtz, die liegt am Laaerberg. Und umgebracht haben wir sie auch nicht. 1. POLZIST: Sie machen mich noch bös', Frau Sperl. Was soll denn das? Hier sitzt die Frau Wirtz .. . MONIKA: Ja, jetzt, eine Frau, aber nicht die Frau Wirtz. Das war einmal der Kurti, und wenn sie dasitzt, kann er nicht am Laaerberg liegen. Dort liegt sie! 2. POLIZIST: Sehn S', jetzt haben Sie's selber gesagt: wenn sie dasitzt, muß das am Laaerberg jemand anderer sein! 1. POLIZIST: Geh', laß Dich nicht auf solche Blödheiten ein, Pepi! Schaun S', ich hab' eh Geduld mit Ihnen. Also noch einmal: Was wir am Laaerberg gefunden haben, das ist die Leiche eines vierzigjährigen Mannes. 2. POLIZIST: Wie alt war Ihr Mann, Frau Sperl ? MONIKA: (schluchzend) Nein, das gibt's doch nicht, die Leiche kann sich doch nicht auch noch verwandelt haben! KURT: Jetzt schaut sie! Jetzt hat sie's. Diese... diese ... so ein Wort nehm' ich nicht in den Mund. MONIKA: Ich bring' Dich um, ich bring' Dich um! 1. POLIZIST: (schreit) Rubel MONIKA: Aber das ist kein Mann, am Laaerberg. Von 20 1. POLIZIST: MONIKA: 1. POLIZIST: KURT: MONIKA: 1. POLIZIST: MONIKA: 2. POLIZIST: 1. POLIZIST: MONIKA: I.POLIZIST: MONIKA: KURT: MONIKA: 1. POLIZIST: KURT: den Kleidern muß doch noch was da sein! Was für Kleider? Na, das schwarze Kleid mit den Rüschen da und die braunen Damenschuh... Sie geben also wenigstens zu, daß Sie wissen, daß die Leiche am Laaerberg Frauenkleider angehabt hat? Und den feinen Briefträger, den hab' ich auch eingetunkt! Du Teufel! Aber wart', wart' nur! Ruhe! - Also, wie war das mit den Kleidern? Wie ich hereingekommen bin, ist sie da gelegen und war angezogen... Sagen Sie nicht immer „sie", das war er! Wer hat die Idee g'habt, ihm Frauenkleider anzuziehen? (verzweifelt) Sie hat s'ja schon ang'habt! Also schau'n S', daß Sie sich nicht noch weiter hineinreden, sag' ich Ihnen, wie es war. Das mit dem Kleid hätť eine falsche Spur sein sollen, wenn wir die Leiche zufällig finden. Keine schlechte Idee, weil wir hätten sicher auf eine Homosexuelleng'schichť getippt. Nur, wenn Sie geglaubt haben, man merkt nicht, daß da ein Mann drinsteckt, dann sind S' schön deppert, weil jeder Medizinstudent im ersten Semester kann nach tausend Jahren noch sagen, daß das ein Mann war. - So, und jetzt geh'n wir. - Pepi, Du holst den Briefträger. Kurti, ich bitť Dich, sag', wie es war! Ich kann doch nix dafür, daß das so gekommen ist mit Dir, was hätť ich denn tun sollen? Ich hab' Dich ja so gern' g'habt, hab' ein Erbarmen! Sagt sie schon wieder „Kurti" zu mir? Früher hat sie immer „Gnä' Frau" zu mir gesagt. Und der Briefträger, der hat den armen Kurti erwürgt. Von hinten, mit einer Schnur... Kurti, Du mußt doch noch immer der Kurti sein! Ich versteh' Dich ja, daß Du einen Zorn auf mich hast, aber warum mußt Du mir mein Leben deswegen zerstören, ich hab' doch niemand' umgebracht, schon gar nicht Dich, das weißt Du doch, Kurti! Gehn wir, gehn wir. (Die beiden Polizisten schleppen Monika hinaus.) (schreit ihnen nach, auch als sie schon aus der Wohnung sind) Jaja, jetzt reut es sie! Aber der arme Kurti 21 hat gerächt werden müssen! Umgebracht hat sie ihn, vermodert ist er! - Diese . . . diese Sau! Diese . . . diese Hur! Der arme Kurti vermodert und sie macht sich ein herrliches Leben! Aber der liebe Gott hat sie gestraft, die Hur und ihren Briefträger, die werden wissen, ihr ganzes Leben lang werden sie es wissen, daß man mit dem Kurti sowas nicht machen kann ... der arme Kurti... (Total erschöpft, aber von krampfhaftem Lachen geschüttelt, wankt Kurt zur Couch, fällt darauf bäumt sich auf, ist tot. Er liegt nun so, wie zu Beginn Frau Wirtz. Seine Hand baumelt über dem Boden.) ENDE