XI. Spezifische Bedingungen in Zielsetzungen des Deutsch als Zweitsprache-Unterrichts1144 126. Beru sorientierter Deutschunterricht3118 1. Zur Entwicklung des Begriffs und des Arbeitsfeldes3119 2. Begriffsbestimmung und Unterrichtsformen3120 3. Teilnehmerorientierte Kursorganisation: Von der Bedarfsanalyse bis zur Evaluation3121 4. Komponenten des berufsorientierten Deutschunterrichts: Wortschatz, Grammatik3122 5. Schlüsselqualifikationen und Mehrsprachigkeit3123 6. Literatur in Auswahl3124 1. Zur Entwicklung des Begri s und des Arbeits eldes3125 Die Entwicklung des berufsorientierten Deutschunterrichts lässt sich in drei Phasen un-3126 terteilen, in denen sich die ökonomischen Rahmenbedingungen und in deren Folge3127 Sprachbedarf und Vermittlungskonzepte gewandelt haben. Dieser Prozess wurde beein-3128 flusst von einer rasanten Weiterentwicklung der Kommunikationstechnologie mit der3129 Möglichkeit zeitgleicher bzw. wenig zeitversetzter fremdsprachlicher Kommunikation.3130 Obwohl diese Entwicklungsphasen nicht im Sinne chronologischer Zäsuren klar abgrenz-3131 bar sind, kann man die Entwicklungsabfolge wie folgt verdeutlichen:3132 Tab. 126.1.3133 Ökonomische Didaktische Vermittlungsmethodik Entwicklung3134 Grundlagen 80er3135 Nationalökonomien, Fachsprachlich und Fachwortschatzorientierung Jahre3136 Import/Export formorientierter und Handelskorrespondenz Paradigma3137 Fremdsprachen- unterricht3138 90er3139 Europäischer Binnen- Verbindung von Pragmatisch angereicherte Jahre3140 markt, Entwicklung der Formorientierung und oder bestimmte „new economy“,3141 Pragmatik, Zertifikat Wirtschaftsdeutschkurse medial beschleunigte3142 Deutsch für den Beruf Kommunikation3143 (1995) Gegenwart3144 Globalisierte und Europäische Individualisierte, bedarfsregional-komplementäre3145 Referenzrahmen, basierte Trainingsformen Produktion und3146 Aufgaben- und und Kursdesigns, netzbasierte Interaktion3147 Bedarfsorientierung Qualitätsmanagement 2. Begri sbestimmung und Unterrichts ormen3148 Berufsorientierter (oder berufsbezogener) Deutschunterricht bezeichnet eine Zielperspek-3149 tive, die weder an ein bestimmtes Sprachniveau noch an eine bestimmte Schul- oder3150 Unterrichtsform gebunden ist. Das gemeinsame Merkmal aller Formen des berufsorien-3151 tierten Deutschunterrichts ist, dass er darauf abzielt, Lernende auf die kommunikativen3152 Anforderungen ihres fremdsprachlichen Handelns in beruflichen Kontexten vorzuberei-3153 ten. Die damit umrissenen Planungsvariablen verändern und erhöhen für die Lehrenden3154 126. Berufsorientierter Deutschunterricht 1145 die Kompetenzanforderungen im Bereich der Planung und Durchführung des Unter- 3155 richts im Vergleich zum allgemeinen Deutschunterricht. Dies gilt besonders dort, wo 3156 Unterrichtsziele spezifischer und inhaltlich anspruchsvoller werden und außerschulische 3157 Instruktionsszenarien innovatives Materialdesign und flexible Lernarrangements erfor- 3158 dern. Da die Ausbildung von Lehrkräften für dieses Arbeitsfeld in der Regel unzurei- 3159 chend ist, hat ERFA-Wirtschaft-Sprache, ein Arbeitskreis von Sprachenverantwortlichen 3160 in mehr als 50 deutschen Firmen, eigene Qualitätsmerkmale für Sprachtrainer veröffent- 3161 licht. 3162 Da berufsorientierter Deutschunterricht als Unterrichtsform nicht von allgemeinem 3163 Deutschunterricht abgrenzbar ist, sind auch seine Planungskonzepte, Materialien und 3164 die Lehrpersonalausbildung zuerst dem Forschungsstand der allgemeinen Fremdspra- 3165 chendidaktik und -methodik verpflichtet. Von Lehrkräften, die Sprachunterricht in der 3166 beruflichen Bildung oder in Firmen erteilen, werden also keine Kenntnisse spezieller Be- 3167 rufsfelder oder Fachsprachen erwartet, wohl aber die Fähigkeit des Umgangs mit den 3168 speziellen Sprachbedürfnissen konkreter Zielgruppen. Für Lernende des Deutschen als 3169 Zweitsprache, also Personen mit Migrationserfahrung und beruflichen Zielen im Ziel- 3170 sprachenland, steht der Aspekt der beruflichen Qualifikation oft im Mittelpunkt des 3171 sprachlichen Lerninteresses und damit auch stärker die berufssprachlichen Spezifika 3172 (Ohm, Kuhn und Funk 2007). Lernende, die Deutsch außerhalb des Zielsprachenlandes 3173 lernen, bereiten sich mehrheitlich eher unspezifisch auf fremdsprachliche Berufsanforde- 3174 rungen vor, wobei aber nicht zu übersehen ist, dass die Motivation zum Lernen der 3175 deutschen Sprache immer stärker von beruflichen Motiven bestimmt wird. Berücksichtigt 3176 man die vielfältigen Motivationen und differenzierten Formen global-komplementärer 3177 Produktion und Dienstleistung deutscher Firmen und einer ebenso vielgestaltigen Ar- 3178 beitsmigration, so verliert die für das Fach konstitutive DaF/DaZ-Unterteilung im be- 3179 rufsorientierten Deutschunterricht ihre Bedeutung. 3180 Die kommunikative Kompetenz eines Sprechers ist nicht teilbar in einen privaten und 3181 einen beruflichen Teil. Der überwiegende Teil der berufsinternen Alltagskommunikation 3182 besteht aus sprachlichen Handlungen, die weder berufs- noch berufssprachenspezifisch 3183 sind: Lernende verfügen zu Beginn des Erwerbs berufsbezogener Sprachhandlungskom- 3184 petenz in der Regel noch nicht über berufliche bzw. fachliche Kompetenz. Haben sie 3185 aber Berufserfahrung, so ergibt sich daraus auch eine größere Spezifik der beruflichen 3186 Kommunikationsanforderungen. Zusammenfassend kann man drei kurskonstituierende 3187 Bereiche unterscheiden: 3188 Planungsbereich 1: Berufsvorbereitender Deutschunterricht 3189 Ziel ist die allgemeine Vorbereitung auf die sprachlichen Anforderungen von Berufen 3190 allgemein. Zu dieser Kategorie gehören studienbegleitender Fremdsprachenunterricht 3191 ebenso wie DaZ-Unterricht in den berufsvorbereitenden Klassen der Berufsschulen und 3192 im weiteren Sinne jeder Sprachunterricht, in dem Deutsch mit teilweise beruflicher Moti- 3193 vation gelernt wird. Da die Lernenden in der Regel nicht über berufliches Fachwissen 3194 verfügen, müssen lexikalische und inhaltliche Anforderungen allgemeinverständlich und 3195 frei von beruflicher Spezifik sein. 3196 Planungsbereich 2: Berufsbegleitender Deutschunterricht 3197 Ziel ist die (bessere) Bewältigung der aktuellen oder zukünftigen sprachlichen Anfor- 3198 derungen in beruflichen Handlungskontexten. Hierzu gehören beispielsweise der ausbil- 3199 XI. Spezifische Bedingungen in Zielsetzungen des Deutsch als Zweitsprache-Unterrichts1146 dungsbegleitende Zweitsprachenunterricht im dualen System deutscher Berufsschulen3200 ebenso wie lehrgangsbegleitender Unterricht in Bildungsmaßnahmen. Ein großer Teil des3201 berufsbegleitenden Sprachunterrichts findet inner- und außerbetrieblich im Auftrag von3202 Betrieben statt, wobei die Bewältigung konkreter kommunikativer Anforderungen aus3203 der betrieblichen Praxis Anlass und Ziel von sprachlichen Lernvorgängen ist. In dieser3204 Unterrichtsform korrespondieren konkrete persönliche oder betrieblich vorgegebene3205 Zielstellungen verbunden mit klaren Zeitvorgaben mit einer in der Regel hohen Motiva-3206 tion. Betriebsinterne Fremdsprachenvermittlung wird in Abgrenzung zum schulischen3207 Lernen und in Betonung des handlungsorientierten Ziels zumeist als Training bezeichnet.3208 Planungsbereich 3: Berufsqualifizierender Deutschunterricht.3209 Ziel dieser Unterrichtsform ist es, die rechtlichen Voraussetzungen für einen Berufs-3210 oder Studienabschluss zu schaffen. Sprachunterricht ist hier Teil der Qualifikationsanfor-3211 derungen im Rahmen eins Studien- oder Ausbildungscurriculums. Sprachprüfungen sind3212 oft Bestandteil oder Voraussetzung eines Berufs- oder Studienabschlusses. In diesen Fäl-3213 len stehen weniger konkrete kommunikative Anforderungen eines Berufs als ein Lernziel-3214 katalog und oft eine Wortschatzliste im Zentrum. Oft wird ein externes Sprachenzertifi-3215 kat wie die Prüfung Wirtschaftsdeutsch verlangt.3216 Die drei Formen unterscheiden sich in Bezug auf Inhalte, Motivation, Ziele und Rah-3217 menbedingungen des Unterrichts erheblich. Im berufsvorbereitenden Unterricht sind die3218 fachsprachlichen Anforderungen flach und in Bezug auf unterschiedliche Berufsfelder3219 polyvalent zu halten, da subjektive, arbeitsmarktbedingte und technologische Verände-3220 rungen auch sprachliche Anforderungsprofile rasch verändern. Die Lernzielplanung hat3221 zudem zu berücksichtigen, dass sich berufliche Sprachverwendung stärker als in der Ver-3222 gangenheit in mündlicher und informell-schriftlicher Kommunikation manifestiert. Der3223 GER kann als Instrument zur differenzierten Planung und Beschreibung der fremd-3224 sprachlichen berufsbezogenen Handlungskompetenz dienen, da er sowohl in den Kann-3225 Beschreibungen Bezug auf die Verwendung der Fremdsprache in der Arbeitswelt nimmt3226 als auch den beruflichen Bereich zu den Lebensbereichen (Domänen) zählt, in denen3227 Sprache im Kontext sozialer Situationen verwendet wird (GER, 4.1.1). In der Broschüre3228 „Arbeitsplatz Europa“ ist, basierend auf den Kann-Beschreibungen des GER, niveauspe-3229 zifisch ausgeführt, welche Sprachhandlungen auf den einzelnen Niveaustufen und in ein-3230 zelnen Fertigkeitsbereichen von beruflicher Relevanz sind (DIHK u. a. 2007).3231 Für den Unterricht mit Sprachanfängern stellen ein sprachhandlungsbezogenes Trai-3232 ning, ein kultursensibler und lernerzentrierter kommunikativer Unterricht mit abwechs-3233 lungsreichen Arbeits- und Sozialformen die beste Grundlage für die Kommunikation in3234 beruflichen Kontexten dar. Darüber hinaus können eine Reihe konkreter curricularer3235 Gestaltungsmerkmale der beruflichen Motivation von Deutschlernern vom A1-Niveau3236 an Rechnung tragen:3237 Ϫ das Einbeziehen beruflicher Themen und Szenarien in die Sprachhandlungsplanung3238 auf allen Stufen,3239 Ϫ die bewusste Vermittlung von Arbeitstechniken und Lernstrategien von besonderer3240 beruflicher Relevanz, z. B. Umgang mit authentischen Texten, neuen Medien und gro-3241 ßen Mengen neuen Wortschatzes,3242 Ϫ die Thematisierung eines beruflich frequenten, fachlich polyvalenten grundlegenden3243 Wortschatzes schon im Anfangsunterricht.3244 126. Berufsorientierter Deutschunterricht 1147 3. Teilnehmerorientierte Kursorganisation: Von der Bedar sanalyse 3245 bis zur Evaluation 3246 Bedarfsanalysen als empirische Verfahren zur Identifizierung berufsbezogener Sprach- 3247 verwendungssituationen und der zu ihrer Bewältigung notwendigen sprachlichen und 3248 interkulturellen Qualifikationen bilden eine Grundlage institutioneller und individueller 3249 Kursplanung. Die Analyse kann sich auf den Sprachbedarf einzelner Personen, eines 3250 Unternehmens oder eines beruflichen Szenarios beziehen, auf das vorbereitet werden 3251 muss. Mourlhon-Dallies (2008: 198 ff.) unterscheidet zwischen Nachfrageanalyse, Be- 3252 darfsanalyse und systemischer Analyse. Mit der Nachfrageanalyse werden die Bereiche 3253 des kommunikativen Kontexts bzw. die konkreten Formen sprachlichen Handelns, wie 3254 sie sich aus der Sicht des Unternehmens darstellen, erfasst. Mit der Bedarfsanalyse wer- 3255 den berufliche Aufgaben unter dem Gesichtspunkt der sprachlichen Anforderungen er- 3256 fasst und gewichtet, die systemische Analyse umfasst die zur Verfügung stehenden zeitli- 3257 chen, materiellen und infrastrukturellen Ressourcen sowie die Voraussetzungen auf Sei- 3258 ten der Lernenden. Hyland verweist auf die Problematik der konkreten Erfassung dieser 3259 Informationen und den Unterschied zwischen Kommunikationsbedarf und subjektiven 3260 Lernbedürfnissen (Hyland 2009: 205). 3261 Bedarfsanalysen können mit Hilfe von Checklisten, Fragebögen, strukturierten Inter- 3262 views, Tests, Beobachtungen oder in Kombination dieser Elemente durchgeführt werden 3263 (vgl. Mourlhon-Dallies 2008: 198 ff.). Aus didaktischer Sicht ist besonders zu betonen, 3264 dass es nur dann sinnvoll ist, Daten zu erheben, wenn anschließend auf dieser Grundlage 3265 auch ein Sprachtraining aufgebaut werden kann. Das kooperative Erfassen von Daten 3266 mit den Kursteilnehmenden zusammen schafft gleichzeitig Lernzieltransparenz als wich- 3267 tigste Voraussetzung einer späteren Evaluation von Kursverlauf und -ergebnis. 3268 Die Bedarfsanalyse ist nur der Beginn einer kontinuierlich nötigen kooperativen Ent- 3269 scheidungsfindung in Bezug auf Inhalte und Arbeitsformen (Breen und Littlejohn 2000) 3270 Die berufsorientierte Kursplanung basiert auf der Vernetzung unterschiedlicher Informa- 3271 tionen mit den kommunikativen Anforderungen und muss die zur Verfügung stehenden 3272 finanziellen, zeitlichen, medialen und personellen Ressourcen sowie die aktuelle Metho- 3273 dendiskussion berücksichtigen. An die Phase der Bedarfsanalyse schließt sich die Konzi- 3274 pierung des Kurses mit der Auswahl der Kursinhalte an, die sich in Themen, Materialien, 3275 Aktivitäten und dem Umgang mit unterschiedlichen Texten an den real oder potenziell 3276 zu bewältigenden kommunikativen Handlungen in der Arbeitswelt orientiert. 3277 Da Lehrpersonal in berufsorientierten Kursen oft verstärkter Rechenschaftspflicht 3278 unterliegt, gehören systematische kursbegleitende (formative) Kursevaluationen ebenso 3279 zum Alltag wie abschließende (summative) Bewertungen und Einschätzungen des Lern- 3280 ergebnisses. 3281 Methodisch entspricht ein Gruppenunterricht mit vielfältigen kooperativen Arbeits- 3282 formen am ehesten den kommunikativen Szenarien beruflichen Handelns. Im berufsbe- 3283 gleitenden Unterricht ist auch das Einzeltraining (Wilberg 2002) ein zunehmender Teil- 3284 bereich des Sprachtrainingsmarktes. Hier wird ein einzelner Lernender mit einem spezi- 3285 fischen Sprachbedarf von einem Lehrenden betreut. Die Lernenden treten z. B. als 3286 Experten ihres Faches, als Kunden oder Studenten auf, so dass das Einzeltraining neben 3287 Rollen- und Lehr-Lernbewusstheit vor allem Improvisation und Flexibilität verlangt. 3288 Eine weitere Variante des berufsorientierten Deutschunterrichts ist das Sprachcoa- 3289 ching (vgl. Weber, Becker und Laue 2000: 160 ff.), ein auf eine Einzelperson oder Gruppe 3290 XI. Spezifische Bedingungen in Zielsetzungen des Deutsch als Zweitsprache-Unterrichts1148 zentrierter Beratungs- und Betreuungsprozess, der sich auf unterschiedliche Bedarfslagen3291 des Coachingnehmers beziehen kann, zeitlich begrenzt ist und vor allem als „Hilfe zur3292 Selbsthilfe“ dienen soll. Coaching begleitet das berufliche Handeln direkt am Arbeits-3293 platz, so dass Sprachprobleme von den Lernenden aufgezeigt und Lerninhalte aus den3294 konkreten Anforderungen des Arbeitsalltags entwickelt werden. Eine besondere Form ist3295 das Telefon-Coaching, das vor allem dann sinnvoll ist, wenn es um zielgerichtete sprach-3296 liche Nuancierungen und Effektivierungen oder die Registerwahl geht, d. h. es basiert3297 auf einem bereits vorhandenen fortgeschrittenen sprachlichen Können.3298 4.3299 Komponenten des beru sorientierten Deutschunterrichts: Wortschatz, Grammatik3300 4.1.3301 Wortschatz Im Mittelpunkt des berufsorientierten Deutschunterrichts standen traditionell Termino-3302 logie und das Lesen von Fachtexten. Der relativ geringe Anteil der Fachsprache in der3303 mündlichen Fachkommunikation, das Veralten fachlicher Wortschatzbestände innerhalb3304 nur weniger Jahre, die Problematik sachgerechter Auswahlkriterien aus umfangreichen3305 terminologischen Listen macht eine begründete Fachwortschatzauswahl per didaktischer3306 Reduktion unmöglich. Während deshalb der Erwerb spezifischen Fachwortschatzes3307 außer in berufsqualifizierenden, prüfungsvorbereitenden Kursen kein Ziel sein kann, sind3308 alle Strategien, die dazu dienen, Lernende auf den autonomen Umgang mit großen Wort-3309 schatzmengen vorzubereiten, systematisch zu trainieren, z. B.3310 Ϫ Erschließungsstrategien (auf der Wort-, Satz- und Textebene)3311 Ϫ Wortschatzverarbeitungsstrategien,3312 Ϫ Gebrauch von Nachschlagewerken,3313 Ϫ Bewusstmachung aller Möglichkeiten des mentalen Lexikons zur lexikalischen Koor-3314 dination,3315 Ϫ Strategien zur selbständigen Erweiterung von Wortfamilien und Wortfeldern,3316 Obwohl bisher weder ein Korpus der gesprochenen Sprache eines Berufs noch eines3317 Berufsfeldes vorliegt, kann davon ausgegangen werden, dass sowohl in kundenorientier-3318 ten Dienstleistungs- als auch in Handwerksberufen oder im Finanz- und Verwaltungsbe-3319 reich jeweils ein großer Teil des Wortschatzes berufsfeldübergreifend relevant und fre-3320 quent ist. Diese Wörter sind wegen ihrer beruflichen und umgangssprachlichen Polyva-3321 lenz im berufsvorbereitenden Unterricht von besonderem Interesse. Aus didaktischer3322 Sicht besteht hier erheblicher Forschungsbedarf. Im Hinblick auf die Gemeinsamkeiten3323 zwischen Berufen und Berufsfeldern ist zudem weniger auf den Bereich der meist fachbe-3324 zogenen Nomen als auf die Bereiche der Verben, die berufliche Handlungen beschreiben,3325 hinzuweisen. So sind beispielsweise die Verben der Bedeutungsbereiche3326 Ϫ quantitative Relationen (Vergleich, Zunahme, Abnahme)3327 Ϫ Definitionen (Gleichsetzung)3328 Ϫ Stoff- und Produktbeschreibungen (Differenzierung, Abgrenzung)3329 Ϫ Arbeitsanweisungen (sprachhandlungsbezogen, imperativisch)3330 126. Berufsorientierter Deutschunterricht 1149 in allen Berufsfeldern in hoher Frequenz und vielen Varianten vertreten. Angesichts der 3331 Wortschatzmengen sind zudem die Wortbildungsregeln (rezeptiv) Gegenstand der syste- 3332 matischen Wortschatzarbeit (Ohm, Kuhn und Funk 2007). 3333 4.2. Grammatik 3334 Das Bewusstmachen einzelner Strukturen ist nur sinnvoll, wenn die Kenntnis einer 3335 Struktur bei der Bewältigung eines beruflich-kommunikativen Handlungszusammen- 3336 hangs nützt, wenn Strukturen und Regeln in beruflichen Texten und Verwendungszusam- 3337 menhängen hoch frequent und breit anwendbar sind. Auf der Textebene stehen alle For- 3338 men pronominaler Referenz, berufstypischer Textstrukturen und der Bereich der Kon- 3339 nektoren im Mittelpunkt. Je nach kommunikativer Aufgabenstellung können darüber 3340 hinaus jene Strukturen, die der Präzisierung, der Verkürzung, der Generalisierung und 3341 der Differenzierung dienen, thematisiert werden. 3342 5. Schlüsselquali ikationen und Mehrsprachigkeit 3343 Seit Mitte der 1980er Jahre, befördert durch sich rasch verändernde berufliche Anforde- 3344 rungsprofile, wurde der berufliche Kompetenzbegriff mehr und mehr durch berufsüber- 3345 greifende Szenarien und transferierbare Schüsselqualifikationen ergänzt, was zu einer 3346 Konvergenz beruflicher und allgemeiner Bildung beitrug. Dies trägt der Tatsache des 3347 raschen Wandels methodischer, sozialer und arbeitstechnischer Aspekte von Berufen 3348 Rechnung. Sprachunterricht muss besonders zu den beruflichen Schlüsselqualifikationen 3349 „Eigenständiger Umgang mit Aufgaben“, „Entscheidungsfähigkeit“, „Kritikfähigkeit/ 3350 Selbstevaluation“, „Informationsverarbeitungskompetenz“, „Sozialverhalten/Teamfähig- 3351 keit“ und „Interkulturelle Kompetenz“ beitragen. Die Vorbereitung auf einen mehrspra- 3352 chigen beruflichen Alltag und auf die berufliche und sprachliche Weiterqualifikation tritt 3353 in den Vordergrund. Auch Migration und Globalisierung haben die Bedeutung mehr- 3354 sprachiger Arbeitsumwelten verstärkt. Monolinguale Szenarien verlieren an Bedeutung. 3355 Berufssprachliche Qualifikationsansätze müssen dieser Tatsache Rechnung tragen. 3356 6. Literatur in Auswahl 3357 Breen, Michael P. und Andrew Littlejohn (Hg.) 3358 2000 3359Classroom Decision-Making. Negotiation and Process syllabuses in practice. Cambridge: Cambridge University Press. 3360 DIHK, VDP, telc GmbG, Henkel KGaA (Hg.) 3361 2007 3362Arbeitsplatz Europa. Sprachkompetenz wird messbar. A Common European Framework of Reference for Language Learning and Teaching (CEF). DIHK. Online: http://www. 3363 duesseldorf.ihk.de/produktmarken/Publikationen/AusWeiterbildung/M6_ 3364 ArbeitsplatzEuropaSprache.pdf [29. 09. 2009]. 3365 ERFA-Wirtschaft-Sprache 3366 3367ERFA Qualitätskriterien Ϫ Referenzrahmen für Trainerinnen und Trainer. Online unter http://erfa-wirtschaft-sprache.de/index.php/ [15. 12. 2009]. 3368 XI. Spezifische Bedingungen in Zielsetzungen des Deutsch als Zweitsprache-Unterrichts1150 Europarat (Hg.)3369 20013370 Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen. Berlin: Langenscheidt.3371 Goethe-Institut und DIHT3372 19953373 DfB-Curriculum. München: Goethe-Institut. Hyland, Ken3374 20093375 Specific Purpose Programms. In: Catherine J. Doughty und Michael Long (Hg.), The Handbook of Language Teaching, 201Ϫ217. Malden: Wiley-Blackwell.3376 Kuhn, Christina3377 20073378 Fremdsprachen berufsorientiert lernen und lehren. Kommunikative Anforderungen der Arbeitswelt und Konzepte für den Unterricht und die Lehrerausbildung am Beispiel des Deut-3379 schen als Fremdsprache. Phil. Diss. Universität Jena.3380 Mourlhon-Dallies, Florence3381 20083382 Enseigner une langue a` des fins professionnelles. Paris: Didier. Ohm, Udo; Christina Kuhn und Hermann Funk3383 20073384 Sprachtraining für Fachunterricht und Beruf. Fachtexte knacken Ϫ mit Fachsprache arbeiten. Münster: Waxmann.3385 Van Avermaet, Piet und Sara Gysen3386 20063387 Language learning, teaching and assessment and the integration of adult immigrants. The importance of needs analysis. Online: http://www.coe.int/t/dg4/linguistic/Publications_3388 EN.asp [8. 12. 2009].3389 Schöpper-Grabe, Sigrid und Reinhold Weiss,3390 19983391 Vorsprung durch Fremdsprachentraining. Ergebnisse einer Unternehmensbefragung. Köln: Deutscher Institutsverlag.3392 Weber, Hartmut; Monika Becker und Barbara Laue3393 20003394 Fremdsprachen im Beruf. Diskursorientierte Bedarfsanalysen und ihre Didaktisierung. Aachen: Shaker.3395 Wilberg, Peter3396 20023397 One to One. A Teacher’s Handbook. Boston: Heinle. Hermann Funk, Jena (Deutschland)3398