Leseförderung (Theorie und Praxis) Mag. Susanne Stadlmayr Vorläufermerkmale der Lese- und Schreibkompetenz  Intelligenz  Frühe Schriftkenntnis  Visuelle Aufmerksamkeit  Gedächtnis  Phonologische Bewusstheit ! Phonologische Bewusstheit  Gespür für den Klang der gesprochenen Sprache.  Förderung im Elternhaus, Kindergarten und Vorschule unbedingte Voraussetzung, z.B. Reime, Lieder, Silbenklatschen.  Wichtigstes Vorläufermerkmal des Schriftspracherwerbs.  Defizite in der phonologischen Bewusstheit führen fast immer zu einer späteren Lese- und Rechtschreibschwäche.  Bei früher Förderung kann der erfolgreiche Schriftspracherwerb weitgehend sichergestellt werden. 3 Stadien der Lese- und Rechtschreibentwicklung (nach Uta Frith) 1.) Logographisches Stadium  Erste Auseinandersetzung mit Schriftzeichen: Orientierung an markanten visuellen Hinweisen, z.B. Farbe, Form  Bewusstheit für Symbole als Inhaltsvermittler  Erkennen von Logos  Ganzheitliche Worterfassung, z.B. Mc Donalds  Pseudolesen über einen visuell-semantischen Weg 2.) Alphabetisches Stadium  Erlernen der Buchstaben und der Buchstaben- Laut Zuordnung > Umwandlung von Graphemen in Phoneme.  Wichtig: Benennung der Buchstaben über die Lautung: m statt em  Entdeckung des alphabetischen Prinzips: Erwerb einer neuen Kompetenz, die Metaphonologie „Lautbewusstheit“  Leseanfänger/innen lesen auf dem phonologischem Weg: Zusammenlauten von Buchstaben. 3.) Orthographisches Stadium  Anerkennung und Bedienung von Rechtschreibregeln.  Beim Lesen schwindet der Einfluss der Buchstabenanzahl.  Fixationszeiten werden kürzer.  Wörter werden zunehmend parallel erkannt.  Häufige Wörter werden schnell erkannt, weniger häufige über die Laut-Buchstabenzuordnung erlesen. Ziel: Etablierung des direkten Leseweges. Die 2 Lesearten: 1.) Der direkte Leseweg  Erfolgt über das lexikalische Gedächtnis.  Wörter haben direkten Zugang zu den semantischen Bereichen unseres Gehirns.  Ganzheitliche Worterfassung und Sinngebung, dann Rekonstruktion der Aussprache. luat eneir sdtuie eienr eihgsnecln unriiätsvet ist es elga, in whceler reeignlhofe die bsethucabn eines werots setehn. eniizg wtiihcg ist, dsas der erste und lztete bcahstube nciht vushcratet wedenr. den rset köennn wir ttodrzem ohne prbolmee lense. das liget dnara, dsas wir nicht jeedn bhcaesbutn eizlnen lnese, sneordn das wrot als gzsnae. Laut einer Studie einer englischen Universität ist es egal, in welcher Reihenfolge die Buchstaben eines Wortes stehen. Einzig wichtig ist, dass der erste und letzte Buchstabe nicht vertauscht werden. Den Rest können wir trotzdem ohne Probleme lesen. Das liegt daran, dass wir nicht jeden Buchstaben einzeln lesen, sondern das Wort als Ganzes. Buchstabentausch im Unterricht Webtipp: www.buchstaben-vertauschen.de Siebenschläfer leben länger, wo es weniger Nahrung gibt Forscher vergleichen Populationen in verschiedenen europäischen Ländern Wien - Auf Ergebnisse, die auf den ersten Blick paradox erscheinen, stießen Forscher beim Vergleich von Poeoptiaulnn des Seiesnbhäclrfes, eeins klenein ehorscipeuän Netagires, das mher als seeibn Montae des Jarehs im Wcaiesrthnlf vregrnibt. Und zawr stllete scih heuras, dsas Tiree in Gbeeiten mit rahetehlgciim Fnteabotruegt dteulich keürzr lbeen als shcole in Geeetibn, wo der Tscih wegenir üpipg gdkecet ist. Buchstabentausch im Unterricht Siebenschläfer leben länger, wo es weniger Nahrung gibt Forscher vergleichen Populationen in verschiedenen europäischen Ländern Wien - Auf Ergebnisse, die auf den ersten Blick paradox erscheinen, stießen Forscher beim Vergleich von Populationen des Siebenschläfers, eines kleinen europäischen Nagetiers, das mehr als sieben Monate des Jahres im Winterschlaf verbringt. Und zwar stellte sich heraus, dass Tiere in Gebieten mit reichhaltigem Futterangebot deutlich kürzer leben als solche in Gebieten, wo der Tisch weniger üppig gedeckt ist. Wenn der Kontext fehlt, ist es schon schwieriger – das Prinzip bleibt aber gleich Fmegensphrorarm Rverseeirsicuheneg Bceirkrsgzeiht ttalerient Gäzimmsteer Wtnadppehci 2.) Der indirekte Leseweg  Die Buchstaben werden entziffert und eine Aussprache abgeleitet.  Phonologisches Lesen: Visuelle Information wird in die Hörareale transportiert und im Geiste ausgesprochen, dann erfolgt die Sinngebung.  Leseanfänger/innen bedienen sich des indirekten Leseweges.  Schreibanfänger/innen bedienen sich einer lautgetreuen Schreibung, z.B Ur, Flukzoik, Bratfane, Sarlami Aus dem Aufsatz eines/r Lese- und Schreibanfängers/in Ains Tax kommd da pap ham un fint an fux inn hennaschdal. Denn hadd er mim Treschflegl derschlang. Grundlagen der Leseförderung nach dem Mehrebenenmodell des Lesens (Rosebrock/Nix 2009) Soziale Ebene: Anschlusskommunikation (peers, Schule, Familie) Der Austausch über das Gelesene bietet zum einen eine Intensivierung des Textverstehens und zum anderen bildet er einen starken Leseanlass. Subjektebene: Motivation und Wissen Einen Text zu verstehen, setzt Wissen voraus, einen Text verstanden zu haben, erweitert das Wissen. Nur Texte, die an das persönliche Bedeutungssystem anknüpfen, erwecken Reaktionen und fördern die Lesemotivation. Prozessebene: Kognitiven Anforderungen des Lesens Dimension der Textoberfläche (Ziel: Automatisierung des Lesens). Sinnentnehmendes Lesen: innere Repräsentation des Gelesenen (Bilder entstehen im Kopf), Genrewissen (z.B. um welche Textsorte handelt es sich – Wahrheitsgehalt etc.) und Anwendung von Lesestrategien. 5-Schritt-Lesestrategie vor dem Lesen - während des Lesens - nach dem Lesen Vor dem Lesen:  Schritt 1: Text überfliegen  Vermutungen über den Inhalt anstellen – Vorwissen aktivieren.  Auf Hervorgehobenes achten z.B.: Wortanfänge, fett Gedrucktes, Inhaltsverzeichnis überfliegen etc. Während des Lesens:  Schritt 2: Fragen formulieren  Überlege, ob der Text zu den W-Fragen Antworten gibt.  Es ist sinnvoll, diese Fragen (wer, was, wo, wann, wie) auf einem „Schummelzettel“ zu notieren.  Schritt 3: Gründlich lesen  Text in Sinnabschnitte einteilen.  Beantwortung der W-Fragen.  Unklare Abschnitte über den Sinnzusammenhang erschließen.  Unbekannte Wörter nachschlagen. Nach dem Lesen:  Schritt 4: Zusammenfassen  Den Inhalt der einzelnen Abschnitte in wenigen und eigenen Worten schriftlich zusammen und ev. visualisieren.  Schritt 5: Reflexion  Den Inhalt in mündlicher Form wiedergeben.  Das Gelesene beurteilen und eine Leseempfehlung abgeben. Prekäre Lesesozialisation  Ca. 25% der Schüler/innen (nicht gymnasialen Schulstufen) haben massive Lesedefizite.  Lesedefizite sind nicht eindimensional erklärbar, sondern ergeben sich aus komplexen Ursachen, z.B. dem sozialen Umfeld, den Lesebiografien, der Lesemotivation, Lesegewohnheiten etc.  Risikogruppen sind:  1.) Schüler/innen aus lese- und buchfernen Schichten.  2.) Schüler/innen mit mehrsprachiger Sozialisation, die erhebliche Sprachdefizite im Umgang mit der Zielsprache Deutsch haben.  Lesesozialisation der Risikogruppen ist bestimmt durch:  Fehlende Heranführung an literarische Medien im familiären Umfeld.  Mangel an Leseflüssigkeit.  Mangel an Kompetenz zur Textverarbeitung.  Motivationale Aspekte.  Die literarische Sozialisation dieser Gruppen ist geprägt von audiovisuellen Medien (Zeichentrickserien, Musikvideos etc.). Aspekte einer erfolgreichen Leseförderung  Leseförderung ist Aufgabe übergreifender Systeme (Politik, Gesellschaft, Schule, Eltern) und nicht einzelner Lehrpersonen.  Förderung der fächerübergreifenden und jahrgangsübergreifenden Leseförderung in der Schule (z.B. Lesepaten, Lesekonferenzen, Lesenächte etc.)  Leseförderung darf nicht als punktuelle Intervention verstanden werden. Ziel ist die Nachhaltigkeit (z.B. außerschulische Angebote).  Individualisierung der Leseförderung: Passung zwischen Leser/in und Text ist entscheidend (z.B. Verwendung unterschiedlicher Genres, Textsorten etc.). Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.