SEMINARARBEIT Titel der Seminararbeit „Korpusanalyse zur Pluralverwendung französischer Lehnwörter“ Aperitif – Balkon – Ballon – Pissoir Verfasserin Alexandra Kroiss, BA Matrikelnummer: 1000869 Wien, im Juli 2014 Studienkennzahl lt. Studienblatt: Studienrichtung lt. Studienblatt: Betreuer: A 066 814 Masterstudium Deutsch als Fremd- und Zweitsprache Mgr. Tomáš Káňa, Ph.D. Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1.1. Problemvorstellung In der vorliegenden Arbeit befasse ich mich mit der Pluralverwendung der Gallizismen Aperitif, Balkon, Ballon und Pissoir im Deutschen, welche sowohl als s-Plural als auch als ePlural gebildet werden können. Die Idee für diese Arbeit kam mir beim Durchforsten eines Kochbuchs, in welchem ich auf eine Seite mit Rezepten für „Aperitife“ stieß und mir diese Pluralform als Sprecherin der deutschen (und auch der französischen) Sprache intuitiv als „falsch“ erschien. Anstatt dem Urheber des besagten Kochbuchs eine E-Mail zu schreiben, entschied ich mir dafür, dieses Thema zum Inhalt einer korpusbasierten Analyse zu machen, um festzustellen, ob mich meine Intuition getäuscht hat oder nicht. Da ich mich nicht nur auf Aperitife bzw. Aperitifs beschränken wollte, wählte ich weitere Lehnwörter aus dem Französischen bei denen dieses Phänomen in der Pluralverwendung ebenso auftritt: Balkon (Balkons/Balkone), Ballon (Ballons/Ballone) sowie Pissoir (Pissoirs/Pissoire). Ich beschränkte mich auf diese vier Lehnwörter, da zum einen die Verwendung der Singularformen sowohl im gesprochenen als auch im geschriebenen Deutsch nicht unüblich ist, zum anderen die Ausdrücke auch nicht zu veraltet sind, als dass sie in der heutigen Sprache nicht mehr zu finden sind. 1.2. Behandlung in Fachbüchern Als ersten Schritt untersuchte ich die allgemeine Pluralbildung französischer Lehnwörter im Deutschen, hierfür orientierte ich mach am Werk „Pizzas und Pizzen - die Pluralformen (un)assimilierter Fremdwörter im Deutschen“ von Wegener (2004). Bei französischen Lehnwörter (im Folgenden als Gallizismen bezeichnet) wird im Allgemeinen der s-Plural verwendet, welcher beispielsweise auch bei Anglizismen oder Akronymen verwendet wird. Die von mir gewählten Wörter werden im Französischen selbst auch mit einem s-Plural gebildet (apéritifs, ballons, balcons, pissoirs), der Assimilationsprozess erfolgt also in einer einstufigen Entwicklung, da der entsprechende s-Plural im Deutschen so gesehen nicht „neu kreiert“ wird, lediglich der assimilierte („eingedeutschte“) Plural (in diesem Fall der e-Plural), der ebenfalls für alle vier Formen vorhanden ist: Aperitife, Ballone, Balkone, Pissoire (vgl. Duden online). Abgesehen von der unterschiedlichen Orthographie unterscheidet sich der sPlural im Französischen von dem im Deutschen nur insofern, als dass das s-Suffix im Französischen nicht gesprochen wird und dass davon ausgegangen wird, dass der im Deutschen gebrauchte s-Plural von deutschen Sprechern ausgebildet wird (vgl. Wegener 2004: 51). Sayatz beschreibt in ihrem Artikel (2009: 68), dass der s-Plural bei Gallizismen bewirkt, dass die phonologische Grundform in allen Flexionsklassen stabil bleibt und ein nativer, silbischer Plural (also beispielsweise das ausgesprochene s-Suffix der entlehnten französischen Pluralform im Deutschen) vor allem dann wahrscheinlich ist, wenn das betroffene Wort beispielsweise im Wortschatz bereits phonologisch integriert ist. Im Zuge einer phonologischen Integration kann es zudem auch zu einer morphologischen Integration kommen und anstelle des s-Plurals könnte auch ein silbischer e-Plural gebildet werden. Dies ist am Beispiel von Balkon gut zu zeigen: wird das entlehnte Wort Balkon im Deutschen mit einem nasalierten Vokal ausgesprochen ([balˈkõː] oder [balˈkɔŋ]), bleibt der ursprüngliche sPlural enthalten ([balˈkõːs] oder [balˈkɔŋs]). Ist das Wort aber bereits so weit im Wortschatz etabliert, dass eine phonologische Integration stattfindet, was beim Beispiel Balkon eindeutig der Fall ist, da der Vokal zunehmend nicht mehr nasaliert wird ([balˈkoːn]), so kann es auch zu einer bereits erwähnten morphologischen Integration kommen: anstelle des s-Plurals wird ein silbischer Plural mit einem e-Schwa gebildet ([balˈkoːnə]). Auch Eisenberg (2011: 236) beschreibt die Entwicklung der Pluralformen Balkons und Balkone, er führt aber die Verwendung des e-Schwas nicht unbedingt auf ein Weglassen der Nasalierung in der Singularform zurück: „Viele Sprecher verwenden durchaus gemischte Singular- und Pluralformen, so dass die Singularform den Nasal hat und als Pluralform trotzdem Balkone erscheint“. Welche der Pluralformen (s- oder e-Plural) nun überwiegt, lässt sich auch mit Hilfe von Standardnachschlagewerken nicht eindeutig feststellen. In Folgenden erläutere ich kurz die für die vorliegende Arbeit verwendeten Gallizismen sowie deren Aussprache, Bedeutung, Herkunft und Grammatik (Pluralformen) (vgl. Duden online, Wiktionary): • Aperitif, der: Aussprache (IPA): [apeʀiˈtiːf] Bedeutung: appetitanregendes alkoholisches Getränk Herkunft: franz. apéritif = (Magen)öffner Plural: die Aperitifs [apeʀiˈtiːfs], auch: Aperitife [apeʀiˈtiːvə] • Balkon, der: Aussprache (IPA): [balˈkoːn], [balˈkɔŋ], [balˈkõː]  Bedeutung: Teil eines Gebäudes, der als Plattform ins Freie hinausragt Herkunft: franz. balcon = Balkengerüst Plural: die Balkons [balˈkõːs], [balˈkɔŋs], [balˈkõː]; Balkone [balˈkoːnə] • Ballon, der: Aussprache (IPA): [baˈloːn], [baˈlɔŋ], seltener: [baˈlõ] Bedeutung: Gummihülle, die mit Luft oder Helium aufgeblasen werden kann Herkunft: franz. ballon = großer Ball Plural: die Ballons [baˈlɔŋs], seltener: [baˈlõːs]; Ballone [baˈloːnə] • Pissoir, das: Aussprache (IPA): [pɪˈsoaːɐ̯] ̯ Bedeutung: Toilette für Männer mit Becken zum Urinieren im Stehen Herkunft: franz. pissoir Plural: die Pissoirs [pɪˈsoaːɐ̯s], Pissoire [pɪˈsoaːʀə] ̯ ̯ Es scheint, als wären die zwei Pluralformen bei Balkon, Ballon und Pissoir „gleichberechtigt“, einzig vor Aperitife steht die Bemerkung „auch“, was möglicherweise darauf schließen lässt, dass dieser Plural seltener verwendet wird. Zum Vergleich führte ich auch eine Abfrage im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS) durch, welches als Plural für Aperitif nur Aperitifs vorschlug, für die drei anderen Gallizismen jeweils die s- sowie die e-Pluralform; zudem wurde bei Balkon und Ballon die ePluralform als erstes angezeigt, bei Pissoir stand der s-Plural an erster Stelle. Auch im Variantenwörterbuch des Deutschen von Ammon et al. (2004) lassen sich bis auf Pissoir die übrigen drei Gallizismen mit Hinweisen auf die unterschiedliche Pluralverwendung und Aussprache in Österreich, Deutschland und der Schweiz finden. 1.3. Ziel der Arbeit Ziel meiner Arbeit ist es anhand einer Korpusanalyse herauszufinden, welche Pluralform der untersuchten Wörter im deutschen Sprachraum im Vergleich Deutschland, Österreich und Schweiz häufiger verwendet wird und auch zu zeigen, dass gängige Nachschlagewerke nicht immer die beste Quelle für bestimmte sprachliche Phänomene sind. 2. Methode 2.1. Korpusrecherche Die Korpusrecherche führte ich mit Hilfe des Deutschen Referenzkorpus (DeReKo), welches vom Institut für Deutsche Sprache entwickelt wurde; die Recherche selbst führt man eigentlich über den Korpusmanager COSMAS II durch 1. Meine Wahl fiel auf dieses Korpus, da es das momentan größte Korpus im deutschsprachigen Raum ist und zudem regelmäßig erweitert wird. Eine weitere Funktion dieses Korpus ist die Länderansicht (Deutschland, Österreich, Schweiz), in der die jeweiligen Ergebnisse aufgelistet werden können; diese Funktion unterscheidet das Korpus von anderen Korpora im deutschsprachigen Raum, da es das einzige mit dieser Funktion ist. Das Korpus ist entweder online oder als Download verfügbar, für beide Versionen muss lediglich ein Benutzerkonto angelegt werden. Ich bevorzuge die Online-Version des Korpus, da ich einfacher von mehreren Geräten (Computer, Smartphone, Tablet) gleichzeitig auf mein Benutzerkonto zugreifen kann, ohne extra eine Applikation installieren zu müssen. Nachdem man sich erfolgreich registriert und angemeldet hat kann gleich direkt mit der Recherche begonnen werden. Für meine Abfragen wählte ich das Archiv der geschriebenen Sprache (W) sowie alle öffentlichen Korpora des Archivs W (mit Neuakquisitionen). Unter Optionen kann zudem festgelegt werden, wie die Ergebnisse der Suchanfrage dargestellt werden sollen; wie bereits erwähnt, verfügt dieses Korpus über eine Länderansicht, welche ich für alle meine Suchanfragen auswählte. Des Weiteren kann festgelegt werden, ob und wie Häufigkeiten berechnet und angegeben werden sollen, ich verwende hierfür beispielsweise die Funktion relative Häufigkeit pro Million Worte (pMW). Eine Anzeige in Prozent ist zwar auch möglich, da die Ergebnisse meiner Suchanfragen aber meist sehr klein sind, ist hier die Auswahl pro Million Worte besser geeignet (vgl. Perkuhn/Keibel/Kupietz 2012: 79). Im nächsten Schritt werden die gesuchten Wörter in das Eingabefenster unter dem Punkt „Suchanfrage“ eingetippt. Da ich für meine Recherche lediglich einzelne Wortformen suche, benötige ich auch keine weiteren Symbole oder sonstige Abfrage-Zeichen. Beispielsweise gab ich für die Suche nach Aperitifs auch Aperitifs in das Eingabefeld ein und klickte auf Suche. 1 Institut für Deutsche Sprache (IDS): Das Deutsche Referenzkorpus (DeReKo): http://www1.idsmannheim.de/kl/projekte/korpora/ Anschließend werden Wortlisten vorgeschlagen, in diesem Fall Aperitifs, aperitifs und Apéritifs. Ich aktivierte alle Wortformen und kam direkt nach dem Klicken auf den ErgebnisButton auf die Liste mit den Ergebnissen: Die Ergebnisliste in Abbildung 1 ist nach relativer Häufigkeit aufsteigend sortiert. Durch das Klicken auf das Plus-Zeichen können die einzelnen Belege (Konkordanzen) angezeigt werden. Neben einer Präsentation der Ergebnisse in der Länderansicht besteht auch die Möglichkeit einer Textsorten- oder Themenansicht, welche ich für meine spätere Recherche wählte. Als weitere Funktion kann eine sogenannte Kookkurrenzanalyse durchgeführt werden, bei dem die häufigsten Verbindungen oder sprachlichen Chunks gesucht werden können, mit denen der gesuchte Begriff zusammen vorkommt. Diese Funktion wird durch einfaches Klicken auf Kookkurrenzanalyse aufgerufen, anschließend kann festgelegt werden, in welchem Kontext gesucht werden soll (Wörter links/rechts, etc.); hier ist die Beibehaltung der Standardeinstellung empfehlenswert. Als Beispiel verwende ich wieder Aperitifs und erhalte folgende Liste: Abb. : Aperitifs, Länderansicht Abb. : Aperitifs, Kookkurrenzanalyse (Ausschnitt) Der einzige Nachteil dieser Funktion ist, dass es wie bei der eigentlichen Korpusanalyse keine Länderansicht gibt, die Ergebnisse aber meiner Meinung nach trotzdem nicht uninteressant sind. Nach dieser Recherchemethode führte ich alle Suchanfragen meiner Arbeit (insgesamt acht) durch, welche ich im folgenden Kapitel präsentiere. 2.2. Ergebnisse Im folgenden Kapitel präsentiere ich die Ergebnisse der Korpusrecherche der jeweiligen Pluralformen der gewählten Gallizismen sowie einer Kookkurrenz-, Textsorten- und einer Themenanalyse. Um die Ergebnisse übersichtlicher zu gestalten, stelle ich in die jeweiligen Pluralformen (s-/e-Plural) der Gallizismen in einer Tabelle gegenüber. 2.2.1. Aperitifs vs. Aperitife Tab. 1 Ländervergleich (rel. Häufigkeit) Aperitifs D A CH 0,0424 pMW 0,0749 pMW 0,1190 pMW 0,0548 pMW Aperitife D CH 0,0025 pMW 0,0149 pMW 0,0034 pMW Textsortenansicht (rel. Häufigkeit) Enzyklopädie-Artikel (0,0435 pMW) undefiniert (0,0617 pMW) Bericht (0,0646 pMW) Interview (0,0982 pMW) Feuilleton (0,2092 pMW) undefiniert (0,0026 pMW) Enzyklopädie-Artikel (0,0035 pMW) Bericht (0,0117 pMW) Kookkurrenzanalyse Spirituosen, Alcopops, Digestifs, Cocktails, Liköre Cognacs, Alcopops Insgesamt ergab die Abfrage von Aperitifs einen Wert von 0,0548 pro Million Worte, im direkten Ländervergleich wird diese Form in den Belegen der Schweiz am häufigsten und in Deutschland am seltensten verwendet. Die Analyse der Textsorten ergab insgesamt fünf verschiedene Textsorten (Enzyklopädie-Artikel, undefinierte Textsorten, Berichte, Interviews und Feuilletons), wobei die Textsorte „Feuilleton“ gemessen an der relativen Häufigkeit am häufigsten vorkommt. Bei der Kookkurrenzanalyse wurden die häufigsten Verbindungen mit den Wörtern Spirituosen, Alcopops, Digestifs, Cocktails und Liköre festgestellt. Im Gegensatz dazu kommt die Form Aperitife laut Recherche nur in Belegen aus Deutschland und der Schweiz vor, insgesamt liegt die relative Häufigkeit bei 0.0034 pro Million Worte. Die genauere Betrachtung der Textsorten ergab drei verschiedene Textsorten, wobei neben Enzyklopädie-Artikeln und Berichten auch undefinierte Textsorten vorkamen. Die Kookkurrenzanalyse ergab Verbindungen mit den Wörtern Cognacs und Alcopops. 2.2.2. Balkons vs. Balkone Tab. 2 Ländervergleich (rel. Häufigkeit) Balkons A CH D 0,2591 pMW 0,3123 pMW 0,4032 pMW 0,3729 pMW Balkone A D CH 1,016 pMW 1,054 pMW 1,521 pMW 1,095 pMW Meldung (2,77 pMW) Fall (3,14 pMW) Beilage (3,44 pMW) Kolumne (3,73 pMW) Reportage (5,41 pMW) TippsService (16,46 pMW) Kontaktdaten (17,90 pMW) Anzeigetext (19,02 pMW) Gespräch (61,48 pMW) Terrassen, Vorgärten, Gärten, Fenster, Loggien, Erker, Wintergärten, Fassaden, schönsten, Dachterrassen Textsortenansicht (rel. Häufigkeit) Kommentar (0,76 pMW) Feuilleton (0,80 pMW) Dossier (1,33 pMW) Serie (1,59 pMW) Kolumne (1,86 pMW) Umfrage (3,87 pMW) TippsService (5,36 pMW) Gerichtsurteil (9,70 pMW) Buchauszug (56,40 pMW) Kookkurrenzanalyse Terrassen, Brüstung, Geländer, Anbau, Gärten, Vorgärten, Gartens, Terrasse, Fenstern, Außenseite Die Analyse von Balkons ergab insgesamt eine relative Häufigkeit von 0,3729 pro Million Worte, wobei die wenigsten Belege in Österreich und die meisten in Deutschland vorkommen. Bei der Analyse der Textsorten wählte ich die ersten zehn Belege in relativer Häufigkeit absteigend, da ansonsten die Tabelle zu unübersichtlich geworden wäre. Die am relativ häufigsten vorkommende Textsorte ist „Buchauszug“. Ebenso verhielt es sich bei der Kookkurrenzanalyse, auch hier wählte ich die ersten zehn Kookkurrenzen aus, die am häufigsten vorkommen. Dem gegenüber steht die Analyse von Balkone, welche insgesamt mit einer relativen Häufigkeit von 1,095 pMW häufiger vorkommt als Balkons. Aufgeteilt auf die drei Länder kommt Balkons in der Schweiz am häufigsten und in Österreich am seltensten vor. Hinsichtlich der Textsorten wählte ich auch hier wieder die zehn häufigsten aus, wobei die Textsorte „Gespräch“ an erster Stelle steht. Die Kookkurrenzanalyse fiel hier ähnlich wie die von Balkone aus, das in Kombination mit Balkons am häufigsten vorkommende Wort ist Terrassen. 2.2.3. Ballons vs. Ballone Tab. 3 Ländervergleich (rel. Häufigkeit) Ballons A CH D 0,862 pMW 1,224 pMW 1,644 pMW 1,486 pMW Ballone D A CH 0,216 pMW 0,979 pMW 2,558 pMW 0,563 pMW Plenarprotokoll (0,003 pMW) Meldung: Agenturmeldung (0,064 pMW) Feuilleton (0,084 pMW) Interview (0,098 pMW) Kommentar (0,114 pMW) Leserbrief (0,240 pMW) Enzyklopädie-Artikel (0,324 pMW) TippsService (0,383 pMW) undefiniert (0,616 pMW) Nacht, steigen, Himmel, Luftschiffe, flogen, liessen, stiegen, Segelflugzeuge, Ultraleichtflugzeuge, Motorsegler Textsortenansicht (rel. Häufigkeit) Kolumne (3,11 pMW) Kontaktdaten (3,58 pMW) Meldung (3,63 pMW) Rezension: Filmrezension (4,59 pMW) Überblick (6,05 pMW) Ratgeber (7,03 pMW) Historisches (9,12 pMW) Rezension: Musikrezension (13,39 pMW) Lokales (15,32 pMW) Kookkurrenzanalyse Vosges Naturpark, steigen, weitesten geflogenen, bunten, flogen, Himmel, bunte, fliegen, Helium gefüllte, stiegen Die relative Häufigkeit von Ballons liegt insgesamt bei 1,486 pMW und kommt am häufigsten in Deutschland und am seltensten in Österreich vor. Die Analyse der Textsorten ergab ebenso wie bei den vorherigen Beispielen zahlreiche Belege, aus denen ich auch die zehn häufigsten auswählte, wobei die am meisten vorkommende Textsorte mit 15,32 pMW „Lokales“ ist. Die Kookkurrenzanalyse ergab die meisten Verbindungen mit Vosges Naturpark, hiermit ist der Regionale Naturpark Ballons des Vosges (frz. Parc naturel régional des Ballons des Vosges) gemeint. Bei der Analyse von Ballone ergab die relative Häufigkeit einen Wert von 0,563 pro Million Worte, wobei die Form am seltensten in Belegen aus Deutschland und am häufigsten in Belegen aus der Schweiz zu finden ist. Die am häufigsten vorkommenden Textsorten fallen leider in die Kategorie „undefiniert“, die zweithäufigste Textsorte ist „TippsService“. Das am häufigsten vorkommende Wort mit Ballone ist Nacht und liegt nur kurz vor steigen und Himmel. 2.2.4. Pissoirs vs. Pissoire Tab. 4 Ländervergleich (rel. Häufigkeit) Pissoirs A D CH 0,0547 pMW 0,0704 pMW 0,2273 pMW 0,0838 pMW Pissoire A D 0,0014 pMW 0,0045 pMW 0,0036 pMW Textsortenansicht (rel. Häufigkeit) Enzyklopädie-Artikel (0,045 pMW) Meldung: Agenturmeldung (0,064 pMW) undefiniert (0,078 pMW) Interview (0,098 pMW) Porträt (0,151 pMW) Bericht (0,172 pMW) Meldung (0,213 pMW) Kommentar (0,360 pMW) Feuilleton (0,377 pMW) Serie (3,182 pMW) undefiniert (0,0035 pMW) Enzyklopädie-Artikel (0,0087 pMW) Kommentar (0,0189 pMW) Kookkurrenzanalyse Toiletten, WCs, BehindertenWC, Waschbecken, Sprechende, versenkbaren, Lavabos, Herren-WC, Herrentoilette, zwei sechs, vier (statistisch unspezifisch) Die Analyse des letzten Wortpaares ergab für Pissoirs eine relative Häufigkeit von 0,0838 pMW, die Form kommt am häufigsten in der Schweiz und am seltensten in Österreich vor. Die Textsortenanalyse ergab zahlreiche verschiedene Textsorten, wobei die häufigsten Belege in die Kategorie „Serie“ fallen. Auch die Kookkurrenzanalyse lieferte eine Vielzahl von Verbindungen, beispielsweise mit Toiletten, WCs oder Behinderten-WC. Pissoire kommt hingegen mit einer relativen Häufigkeit von 0,0036 pro Million Worte und auch nur in Österreich und in Deutschland vor, aus der Schweiz gibt es für diese Form keine Belege. Die Textsortenanalyse fiel leider nur sehr rar aus, insgesamt kamen drei verschiedene Textsorten vor, wobei eine davon „undefiniert“ ist. Ebenso verhielt es sich mit der Analyse der Kookkurrenzen, hier kamen lediglich sechs und vier heraus, welche aber laut Programm als statistisch unspezifisch gelten. 2.3. Auswertung Im direkten Vergleich der Ergebnisse lässt sich feststellen, dass die Pluralform Aperitifs mit einer relativen Häufigkeit von 0,0548 pMW deutlich häufiger vorkommt als die Form Aperitife, hier liegt der Wert lediglich bei 0,0034 pMW. Hinsichtlich der Verteilung auf die Länder überwiegt auch hier die Form Aperitifs, in Belegen aus Österreich kommt die Form Aperitife überhaupt nicht vor. Die Textsortenanalyse der beiden Formen brachte ähnliche Ergebnisse, ebenso wie die Analyse der Kookkurrenzen, da beide Formen allgemein im Kontext „Alkohol“ zu finden sind. Wenig überraschend sind auch die Ergebnisse der Analyse von Balkons und Balkone, hier überwiegt die e-Pluralform mit einer relativen Häufigkeit von 1,095 pMW, im Gegensatz dazu liegt der Wert bei Balkons lediglich bei 0,3729 pMW. Beide Formen kommen sowohl in Österreich, Deutschland und der Schweiz vor und in allen drei Ländern überwiegt insgesamt die Form Balkone. Hinsichtlich der Textsorten herrschte keine wirkliche Übereinstimmung, die Textsorte, in der die Form Balkons am häufigsten vorkommt ist „Buchauszug“, im Gegensatz dazu ist es bei Balkone die Textsorte „Gespräch“. Die einzige Textsorte, die in den zehn häufigsten zehn Textsorten beider Wortformen vorkommt, ist „Kolumne“. Dafür lassen sich Zusammenhänge hinsichtlich der Kookkurrenzen feststellen, das mit der jeweiligen Pluralform am häufigsten vorkommende Wort ist in beiden Fällen Terrassen, zudem kommen die Wörter Vorgärten, Gärten und Fenster(n) ebenfalls bei beiden Formen vor. Die Analyse von Ballons bzw. Ballone ergab, dass Ballons insgesamt mit einer relativen Häufigkeit von 1,486 pMW häufiger vorkommt als Ballone (0,563 pMW), interessanterweise kommt aber die Form Ballone in Österreich häufiger vor als Ballons, ebenso verhält es sich mit Belegen aus der Schweiz. In Deutschland überwiegt die Form Ballons deutlich mit einem Wert von 1,644 pMW vor Ballone mit lediglich 0,216 pMW. Die Textsortenanalyse brachte kaum Übereinstimmungen der Formen, lediglich die Textsorte „Meldung“ kommt bei beiden Formen vor, bei Ballone wird diese jedoch etwas genauer als „Agenturmeldung“ definiert. Hinsichtlich der Kookkurrenzen gab es auch einige Unterschiede, die am meisten vorkommende Kookkurrenz bei Ballons ist Vosges Naturpark, womit der bereits erwähnte Regionale Naturpark Ballons des Vosges in Frankreich gemeint ist, alle anderen Kookkurrenzen beider Formen aber Bezug auf die tatsächlichen Eigenschaften von mit Helium gefüllten Gummihüllen nehmen (steigen, flogen, Himmel, bunte, Luftschiffe). Bei den Formen Pissoirs und Pissoire überwiegt laut Recherche ebenfalls der s-Plural mit einer relativen Häufigkeit von 0,838 pMW, der Wert des e-Plurals liegt hier lediglich bei 0,0036 pMW. Zudem gibt es in der Schweiz anscheinend gar keine Pissoire und auch in Österreich und in Deutschland sind überwiegend Pissoirs zu finden. Die Textsortenanalyse fiel wenig überraschend für Pissoire nicht sehr üppig aus, so setzen sich die Belege insgesamt aus undefinierten Textsorten, Enzyklopädie-Artikel und Kommentaren zusammen. Dagegen brachte die Recherche zahlreiche Textsorten für Pissoirs, insgesamt kommen „Serien“, „Feuilletons“ und „Kommentare“ am häufigsten vor. Die Analyse der Kookkurrenzen ergab die häufigsten Verbindungen mit Pissoirs und Toiletten, WCs und Behinderten-WC, bei Pissoire wurden lediglich zwei Kookkurrenzen (vier, sechs) festgestellt, laut Programm handelt es sich aber aufgrund der wenigen Belege leider um statistisch unspezifische Ergebnisse. Zusammengefasst kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass insgesamt die Formen Aperitifs, Ballons und Pissoirs, also die Formen mit s-Plural, häufiger vorkommen als die Synonyme mit e-Plural, die einzige Ausnahme stellt die Form Balkone dar, welche laut Recherche häufiger als Balkons vorkommt. Dies ist möglicherweise auf die Tatsache zurückzuführen, dass der Gallizismus Balkon bereits derart im deutschen Wortschatz integriert ist, dass sowohl eine phonologische, als auch eine morphologische Integration der Pluralform stattgefunden hat (vgl. Sayatz 2009: 68; Eisenberg 2011: 236). 3. Fazit Anhand der Ergebnisse dieser Recherche lässt sich abschließend sagen, dass man sich nicht immer auf die Informationen in Wörterbüchern verlassen sollte, sondern durch Korpusrecherchen auch tatsächliche Beweise für die Verwendung bestimmter Wortformen finden kann. Die beste Methode wäre in einem weiteren Schritt die Ergebnisse mehrerer verschiedener Korpusrecherchen zu vergleichen, was aber leider im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht möglich war. Nichts desto trotz scheint diese Erkenntnis vor allem für die Verwendung im DaF/Z-Unterricht von Bedeutung, da bekanntlich ja eigentlich auf die Plurizentrizität der deutschen Sprache hingewiesen wird, beispielsweise hinsichtlich Küchenausdrücken (z.B. Austriazismen wie Erdäpfel, Obers, Paradeiser, etc.), aber nicht immer darauf, wo welche Form auch tatsächlich verwendet wird, da beispielsweise in Österreich nicht ausschließlich Erdäpfel und in umgekehrter Weise in Deutschland auch nicht ausschließlich Kartoffel verwendet wird. Weitere Vorteile elektronischer Korpora stellen zudem die Authentizität und auch die Aktualität der Texte dar, welche sowieso unumgänglich für einen gelungenen DaF/Z-Unterricht sein sollten. Auch wenn die von mir untersuchten Formen vielleicht nicht unbedingt Thema jedes DaF/ZUnterrichts sind, sollte diese Arbeit dennoch auf die Vielseitigkeit der Formulierungsmöglichkeiten mit besonderer Berücksichtigung auf Lehnwörter hinweisen und auch darauf, dass man sich nicht immer auf Wörterbücher verlassen muss, vor allem im digitalen Zeitalter sind solche Recherchemöglichkeiten fast nicht mehr wegzudenken. Möglicherweise lassen sich in naher Zukunft in Speisekarten österreichischer Restaurants nur mehr Aperitife und keine Aperitifs mehr finden, oder man kann in Deutschland nur mehr Wohnungen mit Balkons mieten, von welchen man in den Himmel aufsteigende Ballone beobachten kann, oder man findet auf öffentlichen Plätzen in der Schweiz keine Pissoirs mehr, sondern nur mehr Pissoire. Man darf auf jeden Fall gespannt sein. 4. Literatur- und Quellenverzeichnis AMMON, Ulrich / BICKEL, Hans / EBNER, Ebner u. a. (2004): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz und Deutschland sowie in Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol. Berlin: de Gruyter Verlag. EISENBERG, Peter (2011): Das Fremdwort im Deutschen. Berlin/New York: de Gruyter Verlag. PERKUHN, Rainer / KEIBEL, Holger / KUPIETZ, Marc (2012): Korpuslinguistik. Stuttgart: UTB-Verlag. SAYATZ, Ulrike (2009): Von Denkmälern und Denkmalen, Balkons und Balkonen, Anfängen dieses Jahres und diesen Jahres: Die Vermittlung von System, Norm und Variation in der Schule am Beispiel der Nominalflexion. In: SIEHR, Karl-Heinz & BERNER, Elisabeth (Hrsg.): Sprachwandel und Entwicklungstendenzen als Themen im Deutschunterricht: fachliche Grundlagen – Unterrichtsanregungen – Unterrichtsmaterialien. Universitätsverlag Potsdam, S. 65-82. WEGENER, Heide (2003): Normprobleme bei der Pluralbildung fremder und nativer Substantive. In: Linguistik online 16, 4/03, 119–157. WEGENER, Heide (2004): Pizzas und Pizzen – die Pluralformen (un)assimilierter Fremdwörter im Deutschen. In: Zeitschrift für Sprachwissenschaft 23/1, 47-112. Internetquellen: Deutsches Deutsches Referenzkorpus Wörterbuch (DeReKo): von https://cosmas2.ids-mannheim.de/cosmas2-web/ und Wilhelm Grimm (DWB): (Zugriff am 26. Juli 2014) Jacob http://woerterbuchnetz.de/DWB/ (Zugriff am 26. Juli 2014) Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS): http://www.dwds.de/ (Zugriff am 26. Juli 2014) DUDEN online : http://www.duden.de/ (Zugriff am 26. Juli 2014) Institut für Deutsche Sprache (IDS): Das Deutsche Referenzkorpus (DeReKo): http://www1.ids-mannheim.de/kl/projekte/korpora/ (Zugriff am 26. Juli 2014) Wiktionary Wörterbuch: http://de.wiktionary.org/wiki/Wiktionary:Hauptseite (Zugriff am 26. Juli 2014) Abbildungsverzeichnis