SCHREIBEN Z. Slechtova - 35214 In der Fremdsprachendidaktik gilt das Schreiben als vierte und zugleich schwierigste Zieltätigkeit neben und nach dem Sprechen, Hören und Lesen. Schreiben in der Fremdsprache unterscheidet sich in vielen Punkten von der muttersprachlichen Textproduktion. Zu allgemeinen Schreibproblemen kommen noch folgende Schwierigkeiten hinzu: a) orhographische Probleme (wie schreibt man das Wort XY?) b) grammatische Probleme (z. B. Welchen Artikel hat das Wort XY?) c) Wortschatzprobleme (wie heißt XY auf Deutsch?) d) textpragmatische Probleme (z. B. Welche Anrede soll ich im Geschäftsbrief verwenden?) Dementsprechend verläuft die Textproduktion wesentlich langsamer, mühsamer und bei weitem nicht so automatisiert wie in der Muttersprache. Linguistische und Lerntheoretische Grundlagen des Schreibens Schreiben ist ein äußerst komplexer Vorgang, für den sowohl logische Richtigkeit, als auch die Beachtung von formal-grammatischen Regeln. Auch beim Schreiben müssen die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten der Kommunikation beachtet werden: Man schreibt einem bestimmten Adressaten (Adressatenbezug), die Wahl der sprachlichen Mittel hängt von der Situation ab und schließlich das Produkt des Schreibprozesses soll die Regeln der jeweiligen Textsorte beachten. Praktische Kommunikationsfähigkeit wurde bevorzugt und meistens ist es Ziel des Fremdsprachenunterrichts. Dem Schreiben als Zieltätigkeit wurde also nur ein geringer Raum zugestanden. In der Unterrichtspraxis spielt es aber viel bedeutsamer Rolle - Lerner fertigen Notizen, bekommen Arbeitsblätter, lösen Aufgaben schriftlich usw. Das Schreiben genießt also weiterhin mehr den Status einer Mittlerfertigkeit als einer Zielfertigkeit. Schreiben als Mittlertätigkeit Wie es der Begriff schon ausdrückt, bedeutet das Schreiben als Mittlertätigkeit, dass das Schreiben als Instrument dient, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Hierzu gehören alle übenden Schreibaktivitäten, wie zum Beispiel schriftliche Lückentexte, Umformübungen, Diktate oder das Skizzieren eines Dialogverlaufs zur Vorbereitung eines Rollenspiels. z.B. ein Lückentext Es war einmal ein................, das in einem Haus in einer großen …................wohnte. Kommunikative Texte Worüber wüssten Sie gern mehr? Gibt es eigentlich Dinge, die man unbedingt wissen muss? Warum? Warum nicht? Bereiten Sie Notizen für kleinen Redebeitrag zu diesem Thema vor. Schreiben als Zielfertigkeit Der Gegensatz des Schreibens als Mittlertätigkeit ist das Schreiben als Zieltätigkeit. Hierbei werden Texte in der geschriebenen Sprache produziert, unterschieden werden muss jedoch zwischen realen und realisierten Schreibanlässen. Zu den realen Schreibanlässen gehören authentische Schreibaufgaben, d. h. der Lerner schreibt etwas Persönliches, zum Beispiel einen Brief oder eine Stellungnahme zu einem Thema. Daneben gibt es die simulierten Schreibanlässe, zu denen simulierte kommunikative Schreibaufgaben gehören. Es existieren drei didaktischen Hauptansätze: 1) der Ansatz des Freien Schreibens - Ziel dieses Ansatzes ist der freie, autonome und kreative Ausdruck in der Fremdsprache 2) der kommunikativ-funktionale Ansatz - hier geht es um das Erstellen von formal gebundenen Gebrauchstexten und die Vermittlung von Textsortenkenntnissen 3) der prozessorientierte Ansatz sowie zahlreiche Mischformen - Ziel ist eine Bewusstmachung der Komplexität des Schreibprozesses und die Vermittlung von prozessualen Hilfen und Schreibstrategien. Die Fertigkeit Schreiben sollte den Lerner befähigen: - Inhalte schriftlich zu fixieren - Informationen an Kommunikationspartner zu vermitteln - Texte zu strukturieren und Inhalte zu verknüpfen und dazu erforderlichen sprachlichen Mittel einzusetzen - Textsortenspezifische Merkmale und Schreibkonventionen der Zielkultur zu berücksichtigen. Kommunikatives Schreiben: 1) Adressantenorientierung (Was erwartet der Leser? Was möchte er von mir wissen?) 2) Schreibabsicht (Warum schreibe ich? Was will ich damit erreichen?) 3) Textfirnalita (Welche formalen Aspekte sind typisch für diese Textsorte?) 4) Thema – Inhalt (Was will ich mitteilen?) 5) Beziehungsaspekt (Welche Beziehung besteht zwischen mir und dem Adressanten?) KOMMUNIKATIVE TEXTSORTEN: Brief, E-Mail, SMS, Einladung, Lebenslauf, Bewerbung, Protokoll, Bericht, Anzeigen, Inserate, Werbung, Stellungsnahme, Kommentar, Kritik, Beschwerde, …. Linguistische Grundlagen Schreibdidaktik kann sowohl von sprachtheoretischen Erkenntnissen allgemeiner Art Untersuchungen der Textlinguistik Gebrauch machen. Die Textlinguistik untersucht, wie der im Rahmen einer Sprechhandlung produzierte Äußerung sprachlich hergestellt wird, genauer befasst sie sich mit den Sprachlichen Mitteln, durch die ein Text zum Text wird. Unterschied zwischen der gesprochenen und geschriebenen Sprache, wie auch von Ein weiteres gemeinsames Forschungsgebiet stellen Schreiber-Leser-Beziehungen, Wirkungsabsicht des Textproduzenten und nicht zuletzt klare Argumentationsmuster dar. Theoretisches Wissen über den Textzusammenhang (Kohärenz) und die sprachlichen Mittel der Kohäsion hilft dem Lernenden bei der eigenen Schreibproduktion. Sprechen vs. Schreiben Obwohl das Schreiben wie das Sprechen zu den produktiven Fertigkeiten gehört, handelt es sich um zwei sehr unterschiedliche Existenzweisen von Sprache. Die beim Sprechen vorhandenen Hilfsmittel wie Gestik und Mimik fehlen beim Schreiben ebenso wie der gemeinsame zeitliche und räumliche Bezugsrahmen von Sprecher und Hörer. Eine Gegenüberstellung von schriftlichen mit mündlichen Äußerungen in einem Gespräch zeigt unter anderem, dass für die geschriebene Sprachform besondere Anforderungen an die Explizitheit gelten. Vieles, was sich bei einem Face-to-Face-Gespräch aus der Situation ergibt, muss im Geschriebenen ausdrücklich und oft mit größerer Präzision formuliert werden. Auch nonverbale Kommunikationskanäle stehen nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Beim Schreiben steht viel mehr Zeit zur Verfügung als beim Sprechen, was eine viel größere Stressfreiheit ermöglicht. Bei mündlichen Äußerungen muss man häufig sofort reagieren und kann Fehler manchmal nicht wieder reparieren. Lernpsychologische Grundlagen Beim Schreiben werden mehrere Sinneskanäle aktiviert. Die Informationen werden dadurch effektiver eingeprägt und besser im Gedächtnis behalten. Das Schreiben wird – im Anfangsunterricht – vom inneren Sprechen begleitet. Eingeübte Schriftbilder werden beim Lesen schneller erfasst, Schriftbilder prägen sich beim Lesen ein. Die einzelnen Phasen des Schreibprozesses können beschrieben werden wie folgt: - Allgemeine Vorüberlegungen zu Textinhalt, Adressat(en) und Zielsetzung - Aktivierung von thematischem, Adressaten- und textuellem Wissen, - Ordnen und erstes Ausformulieren von Gedanken - (eventuell mehrmalige) Evaluation und Überarbeitung des bisher produzierten Textes in inhaltlicher, sprachlich-rhetorischer und textueller Hinsicht. Übungstypologie: Der Gesamtvorgang des Schreibens zerlegt in seine Teilprozesse: 1) Prewriting (Vorphase) - Material wird durch brainstorming oder Diskussion gesammelt, Vorüberlegungen zum Leser, zur Textsorte, zu Zweck des Textes werden angestellt, relevante Informationen werden ausgewählt 2) Writing (Schreibphase) - ein erster Entwurf, man fragt sich „was soll mitgeteilt werden“ 3) Revising (Revidieren) - das Geschrieben wird kritisch durchgesehen und reflektiert. 4) Editing (Edieren) - es erfolgen Korrekturen an der Oberfläche: Grammatik, Ortographie, Interpunktion 5) Postwriting (Anschlussphase) - es folgen Veröffentlichung und Reaktion der Leser (Bewertung/Benotung) Beispiele für Schreibübungen im Unterricht SCHREIBVORBEREITENDE ÜBUNGEN Zum Warmwerden: 1) Wortkette (der letzte Buchstabe des letztes Wortes bildet Anfangsbuchstaben des folgenden) KATZE -) ESEL -) LICHT -) TIER -) RAUM.... 2) Wortscrabble (aus Buchstaben eines Wortes werden neue Wörter gebildet) 3) Buchstabieren (einzelne Buchstaben des eigenen Namens, Landes oder eines Genstandes bilden das Gerüst für neue Wörter und Ideen) Süß ich mag Süßigkeiten USA habe ich besucht, als ich noch eine Studentin war Streit mag ich nicht... Auto ich hätte gern ein neues Auto Nase ich niese den ganzen Tag, wenn alles blüht Neu ich habe neulich ein neues Buch gekauft Australien in Australien leben Kängurus Alle Übungen können später als Grundlage für eigene kleine Lerner-texte dienen. Zum Ideenfindung und -strukturierung: Assoziogramms http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/f/f1/Pinwand-Mindmap.jpg/501px-Pinwand-Mindmap. jpg Zur Textkohärenz: Textrekonstruktion (aus auseinandergeschnittenen Wörtern, Sätzen, Absätzen oder Textteilen den Ausgangstext rekonstruieren lassen) TEXTPRODIZIERENDE ÜBUNGEN Schreiben eines Textes aus vorgegebenen Wörtern Schreiben Sie ein selbst erfundenes Märchen, das mit „Es war einmal ein ..“ beginnen und mit „Und da steht er immer noch!„ enden sollte. Benutzen Sie die folgenden Ausdrücke: Maus Ort Fußballspiel unbedingt Expedition Tropfen verteilen Reichtum Schreiben als quantitative und/oder qualitative Modifikation einer Textvorlage durch Kürzung/Erweiterung, Textsortenwechsel oder Perspektivenwechsel Rotkäppchen neu schreiben lassen – aus der Perspektive des Wolfs, der Tierschützers, etc. Schreiben mit Bildergeschichten Lerner schreiben den Anfang (1. Bild weglassen) oder das Ende einer Bildergeschichte (letztes Bild weglassen) http://www.oekoimpuls.de/fotos/gages/clown2.jpg Schreiben mit Bildern Was ist der größte Wunsch dieses Kindes? Wonach sehnt sich dieses Kind? Schreiben mit Reimen Dichter werden! Müssen sich Gedichte immer reimen? Ja! Versuchen Sie zu den angegebenen Texten einen Reim auszudenken. Sonne scheint, Kinder lachen, ….................................................................................................. .................. Kaufe, Junge, ein Stück Butter, ….................................................................................................. ................... Die Katze ist schon längst vermisst, ….................................................................................................. ................... Generell ist fast jede Übung auf jeder Niveaustufe einsetzbar, es geht darum, wie die Aufgabe gestellt wird. Vergessen Sie nicht, manche Schreibaufgaben so gestalten, dass sie durch Partner- oder Gruppenarbeit erfolgt werden können. Wie korrigiert man Lerner-texte? Bei kreativen Schreibaufgaben sind Fehler von untergeordneter Bedeutung. Bei formal gebundenen Schreiben im Rahmen einer standardisierten Textsorte ist es jedoch wichtig, dass der Text möglichst fehlerfrei ist. Zu guter Korrektur gehört auch eine positive Evaluation.