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Portmann 1991: 179-222). 92 18 Schreiben Der didaktische Stellenwert des Schreibens In der Geschichte der Fremdsprachendidaktik lassen sich in Bezug auf das Schreiben grob vier Stadien ausmachen. Die Grammatik-Übersetzungsmethode präsentiert die fremde Sprache als Lexik und Grammatik. Der Arbeitsmodus ist schriftlich, ohne dass damit eine sprachgebrauchsbezogene Überlegung verbunden wäre. Ziel des Lernens ist die Lesekompetenz, das Schreiben bleibt (wie auch das Sprechen und Hören) weitgehend unbeachtet. Mit den Reformmethoden und dem Audiolingualis-mus kommen zwei Aspekte in die Diskussion, die die Didaktik seit Langem prägen: Die Brauchbarkeit des Gelernten für die Kommunikation wird zum Dreh- und Angelpunkt der Vermittlung gemacht. Und analog zur Muttersprache wird das Primat der Mündlichkeit auch für die Fremdsprache postuliert und Automatisierung zum Leitkonzept: Die fremde Sprache soll spontan gebraucht werden. Das diskursive Schreiben als nichtmündlicher und reflektierter, also nichtautomatisierter Sprachgebrauch wirkt in diesem Kontext disfunktional und bleibt weitgehend unbeachtet. Die kommunikative Didaktik behält die grundlegenden Vorgaben bei, analysiert die kommunikativen Bedürfnisse aber genauer und ergänzt die Förderung der mündlichen Kompetenzen von Anfang an durch die von Lesekompetenzen und, in gewissem Ausmaß, auch von einfachen Formen kommunikativen Schreibens. Die noch junge Schreib- und literacy-Forschung schließlich hat das hergebrachte Bild der Fertigkeiten und des Verhältnisses von Mündlichkeit und Schriftlichkeit verändert (vgl. dazu die Beiträge in Bausch et al. 2007 sowie Art. 20). Zwei Punkte sind besonders hervorzuheben. ► Für schulgewohnte Lernende ist der schriftliche Modus in gleicher Weise ,natürlich' wie der mündliche, wie sich in der Fülle schriftlicher Unterlagen in fast jedem Unterricht zeigt. Der audiolinguale Fokus aufs Mündliche beruht auf einer artifiziellen Einschränkung von Lernpotenzialen und von didaktischen Ressourcen. ► Pragmatisch zeigt sich der Einfluss der Schriftsprache in allen Formen „konzeptionell schriftlichen" Formulierens auch im Sprechen (Koch/Österreicher 1994). Jedes Gespräch, in dem Themen verhandelt und Standpunkte bezogen werden, ist zwar mündlich, sprachlich und kognitiv aber geprägt von Wendungen und Konzepten, die aus dem schriftlich-textuellen Bereich stammen. Vor diesem Hintergrund wachsen der Auseinandersetzung mit Texten, besonders dem Schreiben, neue Bedeutungen zu, auch in einem Unterricht, der primär der Förderung der mündlichen Fertigkeiten gewidmet ist, sofern er sich nicht auf die Bewältigung praktischer All-tagssituationen beschränkt (Portmann-Tselikas/Schmölzer-Eibinger 2008). Der Beitrag des Schreibens zum Lernen In dieser zuletzt angesprochenen Perspektive trägt das Schreiben als sprachlicher Ausdruck von Gedanken gegenüber Leserinnen und Lesern unter verschiedenen Gesichtspunkten Relevantes zur Bildung sprachlicher und kommunikativer Kompetenzen bei. Didaktisch ermöglicht es eine effiziente Individualisierung und Intensivierung des Sprachkontakts der Lernenden. Kommunikativ erlaubt es den Lernenden schon früh, relevante und vorzeigbare Beiträge zur Kommunikation zu gestalten und Formu- 93 Ill Skills und Kompetenzen lierungen zu erproben, auf die sie später im Mündlichen zurückgreifen können. Diese Vorarbeit ist möglich dank der langsamen und aufmerksamen Sprachverarbeitung beim Schreiben, die bereits beherrschte sprachliche Elemente und Strukturen mit noch wenig beherrschten in Kontakt bringt und weiterführende Verbindungen erzeugt, die im spontanen mündlichen Sprachgebrauch kaum zustande kommen. Zugleich führt die Aufmerksamkeit beim Schreiben fast notwendig zu einer Beschäftigung mit Fragen der sprachlichen Form und ihrem Beitrag zur Bedeutung von Äußerungen (zur Wichtigkeit dieses Aspekts Swain 1995 und die Beiträge in Doughty/Williams 1998). Schreiben fördert so die Verfügbarkeit und Integration der Sprachmittel wie auch die Einsicht in Lücken und Grenzen der individuellen Kompetenz. Dort, wo Schreibkompetenzen zum Ziel des Spracherwerbs zählen, ist das Schreiben natürlich der wichtigste Weg zum Schreibenlernen, und vor allem in Situationen zweitsprachigen Lernens gehört das Schreiben mit zu den zentralen Instrumenten der Sicherung von Sachver-stehen und Sachlernen (vgl. Schmölzer-Eibinger 2008; -> Art. 12). Felder der Schreibdidaktik Es gibt viele Versuche, die Vielfalt der Texttypen und Schreibformen zu kategorisieren. Nimmt man schriftliche Übungen aus (diese dienen nicht der Formung von Gedanken und ihrem sprachlichen Ausdruck für Leserinnen und Leser), so legen sich vier Grundunterscheidungen nahe: 1. Formen des personalen, kreativen, experimentellen und literarischen Schreibens. Diese figurieren meist nicht im Katalog der Lernziele von Sprachkursen, sondern dienen der freien Erprobung der sprachlich-textuellen Potenziale der Schreibenden und der Intensivierung und Strukturierung des Lernprozesses. Sie gehen in den Kreislauf der Kommunikation innerhalb der Lernergruppe ein, und sie schulden ihre konkrete Gestalt primär den Erfahrungen und Qualitätskriterien, die die Lernenden selber zur Geltung bringen, weniger den Anforderungen, die zielsprachlich an solche Texte gestellt werden. 2. Spezifisch schulische Formen des Schreibens (Erörterung, Interpretation, Kommentar etc.) mit ihren institutionsinternen Definitionen und Normen. 3. Formen des Schreibens meist von Sachtexten, die im Zielfeld des Unterrichts stehen und normierten Anforderungen zu genügen haben. Es geht hier um Fragen wie die Gestaltung von Anrede und Abschluss von Privatbriefen oder die Kriterien, denen Protokolle, Bewerbungsschreiben, Seminararbeiten u.a. unterliegen. In Kursen für Studierende und in vielen Kursen für bestimmte Berufsgruppen definieren diese Anforderungen weitgehend die didaktische Agenda. 4. Schreibübungen sind Formen der Vertextung, die vor allem im Hinblick auf die Anforderungen von Punkt 2 und 3 dazu dienen, sprachliche und strukturelle Merkmale im textuellen Zusammenhang erkennbar, verstehbar und reproduzierbar zu machen. Schreibübungen dieser Art sind etwa das Rekonstruieren (z.B. im Dicto-Comp), Imitieren und Variieren von Texten, das Transponieren von Inhalten in Texte eines anderen Typs usw. Solche Übungen sind auch für Texte unter Punkt 1 denk- 94 18 Schreiben bar und dort, wo nach einer Intensivierung des Ausdrucks gesucht wird, vielleicht sogar unvermeidlich. Schreibdidaktische Orientierungspunkte Wesentliche Orientierungspunkte für die Schreibdidaktik sind (vgl. Kern 2000, Hor-nung2002): ► Handlungsorientierung: Schreiben als kommunikatives Handeln ist auf überzeugende situative Einbettung angewiesen (-► Art. 13). Einschlägige Konzepte sind z.B. im Rahmen des aufgabenorientierten Unterrichts ausgearbeitet worden (vgl. Nunan 2004; -> Art. 44). Mit zur Handlungsorientierung gehört das Konzept der .Integration': Schreiben kann letztlich nicht isoliert behandelt werden, sondern nur im Verbund mit Lesen, mit der Diskussion von Themen, der Reflexion der Schreibresultate in Bezug auf deren Sprache und Form etc. (--> Art. 20). ► Lernerorientierung: Einen Text verfassen ist ein ausgesprochen schreibergesteuerter Prozess. Je mehr es gelingt, beim Schreiben das Wissen, die Kompetenzen, Interessen und Kommunikationsbedürfnisse der Schreibenden anzusprechen, desto größer ist die Chance auf deren Engagement. .Schreibberatung' kann dazu beitragen, die Aufgabe deutlicher zu strukturieren und die individuellen Ressourcen effizienter zum Einsatz zu bringen (Pospiech 2005). ► Prozessorientierung: Schreiben ist ein Operieren mit Gedanken, ihrem sprachlichen Ausdruck und einer entstehenden textuellen Struktur. Phasierung der Schreibarbeit (z.B. durch kooperative Vorbereitung, Planung, Überarbeitung) kann die dabei entstehende Komplexität reduzieren, die Aufmerksamkeit auf spezifische Aspekte der Aufgabe fokussieren und zu einem besseren Gelingen der Arbeit beitragen (vgl. Krings 1992). ► Produktorientierung: Ziel des Schreibens ist ein sprachlich korrekter, verständlicher und möglichst ,guter' Text. Was ein guter Text ist, lässt sich schlecht erklären, aber an gelungenen Exemplaren hervorragend zeigen. Je mehr Normen ein bestimmter Text zu erfüllen hat, desto unabdingbarer werden Vorbildtexte, an denen sich die Schreibenden sprachlich und textuell orientieren können, besonders auch dort, wo kulturspezifische Besonderheiten im Spiel sind (vgl. die Studien von Audrey 2008, Hüttner 2007, Zhu 2005; --» Art. 37). ► ,Scaifolding': Die Schreibarbeit kann durch Übungen und Schreibübungen vorbereitet werden, sie kann aber auch durch Hilfsmittel anderer Art gestützt werden: durch Vorgaben inhaltlicher oder textueller Art, durch Listen von Sprachmitteln, durch die Forderung, gewisse Wörter, Formulierungen oder Textelemente zu benützen, durch die Aufgabe, bestimmte Effekte zu erzielen usw. Alle diese .Gerüste' liefern inhaltliche, sprachliche oder textuelle Anhaltspunkte und erleichtern so die Koordination von Gedanken, sprachlichem Ausdruck und textueller Strukturbildung. 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