Interkulturelle Perspektiven in der Sprachwissenschaft und ihrer Didaktik herausgegeben von Ulrike Reeg, Claus Ehrhardt und Ulrike A. Kaunzner Ulrike Reeg, Pasquale Gallo, Sandro M. Moraldo (Hrsg.) Gesprochene Sprache im DaF-Unterricht Zur Theorie und Praxis eines Lerngegenstandes Band 3 \ UNIVERSITA X WIEN Waxmann2012 Münster / New York / München / Berlin Waxmann2012 Münster / New York / München / Berlin 168 Anna Maria Curd und Grazia Zagariello WWW-Adressen Bück dich, Boss. Spiegel Online, 28.03.2011. Verfügbar unter: http://www.spiegel.de/kultur/tv/ 0,1518,753167,00.html. [24.05.11]. Deutschland sucht den Superstar. Verfügbar unter: http://www.rtl.de/cms/unterhal tung/superstar.html. [31.05.2011]. Malaysia findet den Super-Imam. Spiegel Online. Verfügbar unter: http://www. spiegel.de/panorama/0,1518,709450,00.html. [31.05.2011]. X Factor. Verfügbar unter: http://www.vox.de/cms/sendungen/x-factor.html. [31.05.2011]. X Factor. Verfugbar unter: http://www.xfactor.rai.it/dI/portali/site/page/Page-4717b9a9-a89c-4b29-b9ab-242000df66b9.html. [31.05.2011]. Gabriele Patermann Die Schulstunde als Talkshow - Ein unterrichtsmethodisches Konzept zur Förderung mündlicher Produktion und Interaktion im DaF-Unterricht Abstract Der folgende Beitrag geht von der Erfahrung aus, dass die Förderung der Sprechfähigkeit im Sinne einer Rede- und Gesprächskompetenz im DaF-Unterricht an italienischen Schulen und Hochschulen zu wenig Raum einnimmt und in ihrer Bedeutung als Schlüsselkompetenz zu wenig wahrgenommen wird. Nach einer kurzen Beschreibung dessen, was mündliche Kommunikationskompetenz eigentlich ausmacht, wird ein Lernkonzept vorgestellt, das sich an dem Format einer Talkshow orientiert und zum Ziel hat, sowohl kommunikative als auch soziale Fähigkeiten zu fördern. Das ursprünglich für muttersprachliche Lernende konzipierte Modell lässt sich auch in den Unterricht für DaF-Lernende integrieren und kann so eine motivierende Anregung sein, mündliche Produktion stärker zu fördern. II seguente contributo parte dall'esperienza che lo sviluppo della competenza orale, come competenza discorsiva, non occupa molto spazio nell'insegnamenfo del tedesco neue scuole e neue universitä italiane e non viene considerata come una competenza chiave rilevante. Dopo una breve descrizione di cid che significa con-cretamente competenza comunicativa, viene presentato un modello di apprendi-mento progettato in forma di un talk show con lo scopo di incentivare sia le com-petenze linguistiche sia le competenze sociali. Quesfo modello ideato per un per-corso didattico neue scuole tedesche sipuö facilmente adattare nell'insegnamento del tedesco come lingua straniera e offre uno stimolo motivante per incrementare la produzione orale. 1 Einleitung Trotz der wachsenden Bedeutung der mündlichen Kommunikation als Schliissel-kompetenz (vgl. Neuland & Liebman-Parrinello, 2005) und der besonderen Auf- 170 Gabriele Patermann Die Schulstunde als Talkshow im DaF-Unterricht 171 merksamkeit, die der Förderung der Rede- und Gesprächskompetenz in den DaF-Lehrwerken seit der Eiirfuhrung des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens fiir Sprachen zuteilwird, nimmt das anwendungsbezogene Üben der Sprechfertigkeit und das mündliche Interagieren der Lernenden in der konkreten Unterrichtspraxis des Deutschunterrichts an italienischen Schulen und Hochschulen immer noch zu wenig Raum ein. Dabei spielen Faktoren wie Sprechhemmungen und Sprechangst ebenso eine Rolle wie die nach wie vor an grammatischer Progression orientierten Lemtraditionen (Fischer, 2005) und die jeweiligen universitären und schulischen Rahmenbedingungen, die eine Umsetzung der geforderten Kompetenzniveaus eher schwierig gestalten (vgl, JägerrNied Curcio, Schlanstein, 2007, S. 391f.). Dennoch bleibt unbestritten, dass die zunehmende Internationalisierung in Beruf und Studium sowie der Anspruch einer stärkeren Praxisorientierung innerhalb der Fremdsprachenvermittlung es erforderlich machen, dass im Fremdsprachenunterricht die mündliche Kommunikationskompetenz der Lernenden stärker in den Vordergrund rückt und die Lernenden entgegen ihrer Lerngewohnheiten und der vorherrschenden Lerntraditionen diesbezüglich stärker gefordert werden. In diesem Beitrag soll ein Unterrichtskonzept vorgestellt werden, das zwar für den muttersprachlichen Unterricht entwickelt wurde, sich jedoch auch für den DaF-Unterricht eignet und im Rahmen eines Projekts zur Förderung mündlicher Produktion eingesetzt werden kann. Im Mittelpunkt steht dabei die Sprachhandlung Argumentieren. Die Lernenden sollen anhand einer authentischen Problemsituation zunächst verschiedene kontroverse Standpunkte rezeptiv erfassen, um dann schrittweise von der Reproduktion des dargebotenen Meinungsspektrums zur Formulierung einer eigenen Stellungnahme und deren Begründung sowie zum Austausch kontroverser Standpunkte zu gelangen. Den unterrichtsmethodischen Rahmen bildet die Simulation einer Talkshow, ein Format, das die Lernenden auf motivierende Art und Weise zu aktiver sprachlicher Produktion und zu interaktionalem Handeln anregen kann. 2 Mündliche Kommiinikationskompetenz als Lernziel Seit der kommunikativ-pragmatischen Wende im Fremdsprachenunterricht in den 1980er Jahren wird mit dem Erlernen einer Fremdsprache das Ziel verbunden, diese in realen Kommunikationssituationen adäquat anwenden zu können (vgl. Schatz, 2006, S. 16f.). Das Sprachkönnen wird dem Sprachwissen vorangestellt, was in der Ausbildung der vier Fertigkeiten seinen Niederschlag erfährt. Das Sprechen als Zielfertigkeit erhält dabei eine zentrale Bedeutung. Durch das Forschungsinteresse, das der Mündlichkeit in den letzten Jahren entgegengebracht wurde, hat das Sprechen als produktive Fertigkeit noch größere Beachtung erfahren und wurde mit neuen Aspekten angereichert, die beim Gelingen der mündlichen Verständigung eine wichtige Rolle spielen und im Fremdsprachenunterricht berücksichtigt werden müssen (vgl. Neuland & Liebman-Parrinello, 2005, S. 4ff.) Vor allem Untersuchungen aus dem Bereich der Gesprächsforschung haben deutlich gemacht, wie facettenreich sich Kommunikationskompetenz gestaltet, so dass das Lernziel Sprechfähigkeit ein „äußerst komplexes Ensemble verschiedene Teilfertigkeiten: Inhalt Form (Morphosyntax), Situationsbezug, Partnerangemessenheit, Artikulation, Intonation usw" darstellt (Storch, 20083, S. 217).1 Die damit angesprochene Mehrdi-mensionalität der Sprachbeherrschung findet auch in dem für den Unterricht richtungsweisenden Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GER) ihren Niederschlag, indem auf die verschiedenen Komponenten verwiesen wird, aus denen kommunikative Sprachkompetenz besteht: aus einer linguistischen, einer sosiolin-guistischen und einer pragmatischen Komponente (Europarat, 2001, S. 24f). Für die Unterrichtspraxis ergibt sich daraus die Notwendigkeit einer breit gefächerten Übungstypologie, die nicht nur das Einüben lexikalischer Mittel und morpho-syntaktischer Strukturen zum Ziel hat, sondern Kommunikation in ihrem interakti-onalen und situativen Rahmen, d.h. im Austausch mit anderen bezogen auf einen konkreten Kontext zum Inhalt hat. Dies beinhaltet, „dass im Unterricht Gesprächsanlässe geschaffen werden müssen, an denen die Lernenden sich nicht äußern, um Sprache einzuüben, sondern etwas von persönlicher oder sozialer Bedeutung zu sagen haben" (Bose & Schwarze, 2007, S. 8). 3 Argumentationsiahigkeit Das Einüben sprachlicher Handlungen wie eigene Meinung äußern und begründen, Standpunkte vertreten, Stellung nehmen, Argumente gegenüberstellen usw. gehören im Zeitalter des globalen Informations- und Meinungsaustauschs zu wichtigen 1 Die wissenschaftliche Analyse und Beschreibung von natürlichen Gesprächen hat u.a. gezeigt, dass das Miteinandersprechen nach konkreten Regeln und Prinzipien verläuft, die jeder Sprachgemeinschaft zugrunde liegen und die durch Sozialisierung erworben werden (vgl. Steinbach, 2007, S. 240). Was unter Gespräch zu verstehen ist und welche allgemeinen Merkmale die verschiedenen Gespräche kennzeichnen, hat Deppermann formuliert. Er nennt folgende Eigenschaften: Konstitutivität, d.h. Gesprächsereignisse werden von den Teilnehmern aktiv hergestellt, Prozessualität, d.h. Gespräche sind zeitliche Gebilde, sie entstehen durch Abfolgeaktivitäten, Interaktivität, d.h. Gespräche bestehen aus wechselseitig aufeinander bezogenen Beiträgen, Methodizität, d.h. Gesprächsteilnehmer benutzen typische Methoden (Strategien, Praktiken), mit denen sie Beiträge produzieren und interpretieren, Pragmati-zität, d.h. Gesprächsteilnehmer verfolgen bestimmte Zwecke (vgl. Steinbach, 2007, S. 241). Methodisch-didaktische Relevanz für die Entwicklung der mündlichen Kompetenz im Sinne einer Gesprächsfähigkeit besitzen vor allem folgende Aspekte: Sprecherwechsel, interaktive Sprecher- und Hörersignale, Routineformeln und Routinehandlungen, Korrekrur- und Reparaturverhalten (vgl. dazu Rieger, 2004, S. 397ff.). 172 Gabriele Patermann Die Schulstunde als Talkshow im DaF-Unterricht 173 kommunikativen Handlungen, die auch im DaF-Unterricht zur Anwendung kommen müssen. In den Mittelstufen-Lehrwerken neueren Datums2 werden meist Redemittel und Strukturen angeboten, die die Lernenden dazu befähigen sollen, „aktiv an formellen und informellen Diskussion teilzunehmen".3 Bose & Schwarze (2007) geben dabei zu bedenken, dass „Argumentieren keine instrumentelle Fähigkeit ist" und deshalb „nicht isoliert eingeübt und nicht ausschließlich fertigkeitszentriert behandelt werden [sollte]" (ebd., S. 17). Stattdessen muss die Vermittlung der Argumentationsfähigkeit nach Meinung der Autorinnen auf zwei Ebenen stattfinden: einer „verfahrensbezogenen" Ebene, die sich auf das Argumentieren an sich bezieht, und einer „sprachbezogenen", die auf die sprachliche Kompetenz ausgerichtet ist.4 Konkret bedeutet das: Gelehrt werden müssen sowohl Wissen über Argumentation, also die gesprächs-organisatorischen Verfahren als Verankerung des Argumentierens im Gespräch, als auch die Möglichkeiten der Realisation von Argumentieren auf der syntaktischlexikalischen Ebene, z.B. durch Kenntnis und Nutzung von Konnektoren. (ebd., S. 19) Schatz (2006) betont verschiedene Aspekte, die bei der konkreten Durchführung von Diskussionen im Fremdsprachenunterricht notwendig sind: Dazu gehört die Orientierung von Thema und Inhalt an dem Lebensbereich, an den Interessen und am Alter der Zielgruppe. Des Weiteren sollte die Lehrperson während der Diskussion mit Korrekturen eher zurückhaltend sein und Fehler eventuell zu einem späteren Zeitpunkt besprechen (vgl. ebd., S. 128). Eine besondere Bedeutung misst sie auch der Schulung des Hörverstehens bei: Zuhören bedeutet in diesem Zusammenhang sehr viel mehr als ,JHörverstehen". Es bedeutet, die Argumente der anderen, die möglicherweise eine konträre Meinung vertreten, anzuhören, sie ernst zu nehmen; es bedeutet, in der Antwort auf das zuvor Gesagte einzugehen, „Bezug nehmend" zu antworten. Es bedeutet aber auch, zugeben zu können, dass der oder die andere vielleicht die besseren oder vernünftigeren Argumente hat (ebd., S. 129). 2 Vgl. z.B. Daniels, Estermann, Kohl-Kuhn, Sander, Butler & Tallowitz. 2007. Mittelpunkt B2. Deutsch als Fremdsprache für Fortgeschrittene. Lehrbuch. Stuttgart: Klett. 3 Vgl. Kann-Bescbreibungen des GER für das B2-Niveau, S. 79f. 4 Die Autorinnen weisen in diesem Zusammenhang auch auf die kulturellen Unterschiede und Besonderheiten in Bezug auf Diskurskonventionen hin, zu denen beispielsweise der Umgang mit Nicht-Übereinstimmung, Widersprechen und Fragen der Höflichkeit gehören (vgl. ebd., S. ISf.). 4 Vorstellung des Lernkonzepts „Schulstunde als Talkshow" der Internetplattform „Planet Schule" Das Internetportal „planet-schule.de" ist ein Gemeinschaftsprojekt des Schulfemsehens des Südwestdeutschen und Westdeutschen Rundfunks und richtet sich in erster Linie an Lehrer und Schüler unterschiedlicher Jahrgangsstufen und Schularten in Deutschland. Es versteht sich als Informations- und Lernplattforrn, das aktuelles, mediengestütztes Lehr- und Lemmaterial für nahezu alle Unterrichtsfächer bereitstellt, um auf diese Weise zu einer kreativen und interaktiven Untemchtsgestal-tung anzuregen.5 Ein umfangreiches Angebot an themen- und fächerspezifisch geordneten Sendereihen, die auch im Fernsehen ausgestrahlt werden, kann kostenlos abgerufen und heruntergeladen werden. In einem so genannten „Wissenspool" finden sich Begleitmaterialien, die Hintergrundinformationen zu den jeweiligen Themen liefern und didaktisch-methodische Vorschläge für den konkreten Unterrichtsverlauf anbieten. Für einzelne Unterrichtsphasen können Arbeits-und Übungsblätter heruntergeladen werden. Zur Vertiefung des Themas werden Links und Literaturangaben aufgeführt. Unter der Rubrik ,JVIultimedia" sind Animationen, Trickfilme, Simulationen und weiteres medial aufbereitetes Material gesammelt, das zur Veranschaulichung der behandelten Themen dient. Ein „Lernpool" enthält interaktive Lemspiele für alle Altersstufen. Im Wissenspool des Portals findet sich nun das Lernkonzept „Schulstunde als Talkshow", das für den Politik-, Sozial- oder Deutschunterricht an Haupt- und Berufsschulen in Deutschland entwickelt wurde. Es bietet Lehrenden die Möglichkeit, ihren Unterricht nach dem Modell einer Diskussionsrunde im Fernsehen zu gestalten. Die Schülerinnen und Schüler diskutieren über Themen, die dem Erfahrungsbereich Jugendlicher im Alter von 16 bis 22 Jahren entstammen und auch eine gesellschaftspolitische Relevanz haben.6 Den Input zur Diskussion liefert ein ca. 15-minütiger, in mehrere Sequenzen unterteilter Film, der ein reales Problem einer realen Person schildert. Moderatorin und Journalistin Noah Sow trifft sich mit Jugendlichen, die sich gerade in einer Konfliktsituation befinden und eine wichtige Entscheidung treffen müssen. Sie spricht über die Probleme, lässt unterschiedliche Standpunkte zu Wort kommen, ohne eine persönliche Wertung abzugeben und stellt Lösungsmöglichkeiten vor.7 Die Klasse beschäftigt sich zunächst intensiv mit dem im Film dargestellten Problem, erörtert 5 Vgl. Startseite des Portals: http://www.planet-schule.de [04.06.2012], 6 Vgl. Beschreibung des Konzepts: http://www.planet-schule.de/sf7php/02_sen0 l.php?reihe= 826 [04.06.2012]. Es handelt sich u.a. um folgende Themen: Stark mit Anabolika? Schule oder Ausbildung? Ein Leben als Soldat? Deutschland. Mein Land? Alkoholsucht. Kann ich meinem Vater helfen? Privates im Netz: Chance oder Datenmissbrauch? 7 Die einzelnen Filme sowie sämtliche Vorschläge zur Unterrichtsgestaltung sind unter der in Anm. 6 genannten Adresse zu rinden. 1 174 Gabriele Patermann Pro- und Contra-Argumente der Entscheidungsfrage und stimmt über eine mögliche Lösung ab. Zum Schluss wird der sogenannte Lösungsfilm angeschaut, der die tatsächlich getroffene Entscheidung präsentiert und einen weiteren Diskussionsanlass bieten kann. Der Lehrer hat während der Diskussionsphase die Rolle eines Moderators inne, koordiniert die Schülerbeiträge und liefert nötige Hintergrundinformationen. Für den konkreten Unterrichtsverlauf können Arbeitsblätter und Begleitmaterialien eingesetzt werden, die gemeinsam mit der Bundeszentrale fiir politische Bildung entwickelt wurden und unterschiedlichen Zielsetzungen dienen. Das Talkshowkonzept soll in erster Linie einen handlungsorientierten Unterricht fördern, der den Lernenden zur aktiven Teilhabe am Unterrichtsgeschehen anregt.8 In der kontroversen Auseinandersetzung mit gesellschaftlich und politisch wichtigen Fragestellungen lernen die Schülerinnen und Schüler, ein Problem aus unterschiedlichen Perspektiven zu sehen und einen eigenen Standpunkt zu entwickeln. Darüber hinaus machen sie wichtige Erfahrungen demokratischen Handelns.9 5 Einsatz des Talkshowkonzepts im DaF-Unterricht 5.1 Auswahlkriterien Wie bereits oben angedeutet, handelt es sich bei dem Lernkonzept Schulstunde als Talkshow um eine Makromethode, die Lerneraktivitäten in den Mittelpunkt stellt und dem Lehrenden in der Regel eine Moderatorenrolle zuweist. Der vorgegebene Rahmen kann mit einer Vielfalt an Sozia!- und Interaktionsformen wie Rollenspiele, Pro-Kontra-Debatte, Interviews, Plenumsdiskussion10 usw. ausgefüllt werden und den Unterrichtsverlauf in verschiedene Phasen strukturieren wie z.B. Beobachtung, Recherchetätigkeit, Präsentation, Meinungsaustausch im Plenum. Dabei werden unterschiedliche Kompetenzen gefordert, die sich auf rezeptive und produktive Fertigkeiten beziehen und in authentische Situationen und Handlungsmuster eingebunden sind. Ein weiteres Kriterium für die Auswahl dieses Konzepts stellt das Thema dar. Aus der im Portal vorgeschlagenen Themenliste habe ich das Thema „Privates im Netz: Chance oder Datenmissbrauch?"11 ausgewählt, da es eine Problematik an- 8 Unterrichtsmaterialien zu den einzelnen Themen können als PDF-Datei bei der Zentralstelle für politische Bildung unter folgender Adresse heruntergeladen werden: http://www.bpb.de/ publikationenArZ5CGP,0,0,Die_Schulstunde_als_Talkshow.html [04.06.2012]. 9 Vgl. Lernzielbeschreibung: bttp://www.planet-schuIe.de/wissenspool/entscheide-dich/inhalty unterricht.html [04.06.2012], 10 Eine nützliche und kompakte Übersicht einer Vielzahl von Unterrichtsmethoden findet sich in: Mattes, 2011, S. 16. 11 Eine Auflistung der einzelnen Themenbereicbe ist verfügbar unter. http://www.planet-schule.de/sf/php/02_sen01.php?reihe=826 [04.06.2012], Die Schulstunde als Talkshow im DaF-Unterricht 175 spricht, die gerade für italienische Lernende an Schule und Hochschule äußerst relevant ist. Soziale Netzwerke wie z.B. Facebook erfreuen sich außerordentlicher Beliebtheit und private Daten werden oft sehr sorglos ins Netz gestellt.12 Die Lernenden bringen folglich als Nutzer dieser Netzwerke eine gute Erfahrungs- und Diskussionsgrundlage mit, und können durch die Auseinandersetzung mit diesem Thema interessante interkulturelle Erkenntnisse gewinnen. 5.2 Unterrichtsvoraussetzungen Um das Modell im DaF-Unterricht einsetzen zu können, sollten die Lernenden mindestens das Sprachniveau Bl besitzen. Auf dieser Stufe verfügen sie bereits über grundlegende Redemittel, die es ihnen gestatten, persönliche Meinungsäußerungen zu formulieren und die eigene Position zu begründen sowie in kurzen Diskussionen Stellung zu den Standpunkten anderer zu nehmen.13 Außerdem sollten in der Lemgruppe kooperative Lernmethoden nicht unbekannt sein. Von entscheidender Bedeutung ist es natürlich auch, möglichst alle Lernenden zu aktivieren. Die erfahrungsgemäß vorhandene Heterogenität in Bezug auf Sprachkenntnisse und aktive Beteiligung am Unterrichtsgeschehen muss in die Vorbereitung der Unterrichtseinheit einfließen und bei der Aufgabenstellung und Lernzielbestimmung berücksichtigt werden. Was die technischen und räumlichen Voraussetzungen betrifft, so sollte zur Durchführung der Talkshow für jede Kleingruppe ein Internetzugang zur Verfügung stehen und die Möglichkeit zur Umgestaltung der Sitzordnung bestehen. 12 Vgl. Artikel der Zeitung La Repubbtica vom 22. Juli 2011: Verfügbar unter: http://www. repubblica.it/tecnologia/201 l/07/22/news/italiani_poco_attenti_sul_web_il_16_vittima_di_ truffe-19468310/ [04.06.2012]. 13 Vgl. Europarat 2001, S. 79ff. Zur Wiederholung grundlegender Redemittel für Meinungsäußerungen kann beispielsweise die Übung aus dem Lehrwerk Begegnungen BI+ auf der Seite des Schubert-Verlags heruntergeladen werden: http://www.schubett-verlag.de/aufgaben/ arbeitsblaetter_b lM_arbeitsblatt_kap8-06.pdf [04.06.2012], Auf der Online-Seite des Lehrwerks Mittelpunkt B2 findet sich ein Plakat, das Redemittel für etwas anspruchsvollere Diskussionen enthält und als Lemhilfe im Unterrichtsraum ausgehängt werden kann. bttp://www2.klett.de/sixc^s/list.php?page^lehrwerk_extra&titeSfami!ie=Mittelpunkt&extra= Mittelpunkt-Online&inhalt=klett71prod_l.c.l 85053.de&modu]=mhaitsamrnlung&kapiteI= 185056%20i [04.06.2012]. Dabei sollte natürlich auch auf die situations- und adressatengerechte Verwendung der Diskursmittel hingewiesen werden. Vgl. dazu die Ausführungen von Schatz, 2006, S. 85ff. 176 Gabriele Patermann Die Schulstunde als Talkshow im DaF-Unterricht III 5.3 Inhaltliche Aspekte Das für die Talkshow ausgewählte Thema „Privates im Netz: Chance oder Daten-missbrauch?" setzt sich mit einem Gegenstand auseinander, der für Jugendliche von Interesse und Bedeutung ist. Der selbstverständliche Umgang mit dem Internet im Alltagsleben und die wichtige Rolle, die Online-Communities und verschiedene Plattformen für die Kommunikation junger Nutzer und Nutzerinnen spielen, wirft gleichzeitig die Frage nach Gefahren und Risiken auf und bietet Anlass zu gesellschaftlichen Diskussionen über verbesserte Datenschutzbestimmungen und einen kritischen Umgang mit dem Medium.14 Daran knüpft auch der hier aufgeführte Unterrichtsentwurf an. An einem Fallbeispiel soll zunächst grundsätzlich die Frage erörtert werden, ob und inwieweit die Veröffentlichung von privaten Daten im Netz ein Risiko darstellt und wie man sich als Nutzer vor Datenmissbrauch schützen kann. Der Einstiegsfilm berichtet von der 18-jährigen Berufsschülerin Su aus Mülheim an der Ruhr, deren Traum es ist, als Katalogmodel zu arbeiten. Im Internet ist sie auf verschiedene Portale gestoßen, die Amateurmodels die Möglichkeit bieten, auf sich aufmerksam zu machen. Um sich auf diesen Plattformen präsentieren zu können, muss sie allerdings eine Reihe von persönlichen Daten angeben und Fotos von sich veröffentlichen. Während Sus beste Freundin Anna sie in ihren Plänen bestärkt, beurteilt ihr Bruder Jeyanthan das Vorhaben sehr skeptisch und befürchtet, dass mit den veröffentlichten Daten und Fotos Missbrauch betrieben werden könnte. Su befindet sich daraufhin in dem Konflikt, dass sie einerseits nicht auf ihren Traum verzichten möchte, andererseits jedoch die Beziehung zu ihrem Bruder nicht gefährden will. Moderatorin Noah Sow versucht zwischen den Fronten zu vermitteln und mit den Beteiligten zu sprechen, um eine allseits befriedigende Lösung zu finden. Ein Besuch bei der Datenschutzbeauftragten für das Bundesland Nordrhein-Westfalen Bettina Gayk macht deutlich, dass die Befürchtungen von Sus Bruder durchaus berechtigt sind. Frau Gayk rät Su, auf keinen Fall private Daten wie Adresse und Telefonnummer ins Netz zu stellen, sondern eventuell ein Pseudonym zu benutzen. Nach dem Besuch in der Datenschutzbehörde trifft Su ihre Freundin Nicole, die Mitglied in verschiedenen sozialen Netzwerken ist und dort bedenkenlos Fotos von sich veröffentlicht. Auf Noah Sows Bemerkung, dass ihre Fotos bei einem zukünftigen Arbeitgeber eventuell auch negative Eindrücke hinter- 14 Vgl. dazu Medienpädagogischer Forschwigsveibuiid Südwest (Hrsg.) JIM-STUDIE 2011. Jugend, Information, (Multi-) Media. Basisutitersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland, S.33ff. Die Studie kann als PDF-Datei unter: http:// www.mpfs.de/index.php?id=l 1 [04.06.2012] heruntergeladen werden. Einen europaweiten Vergleich bietet ein europaweites Forschungsprojekt zum Thema Sicherheit im Netz, das unter: http://www.eukidsonIme.de [04.06.2012] abgerufen werden kann. lassen- könnten, reagiert Nicole sehr gelassen. Weiter geht es mit einem Besuch beim Modefotografen Dirk Beumer. Er sieht im Internet eine große Chance für junge Talente, Modelagenturen auf sich aufmerksam zu machen. Allerdings empfiehlt auch er, Fotos nicht unter dem eigenen Namen zu veröffentlichen. Nach Abwägung von pro und contra trifft Su ihre Entscheidung: Sie beabsichtigt ihre Fotos unter Pseudonym auf einer Modelplattform zu veröffentlichen, ohne jedoch persönliche Daten wie Geburtsdatum, Telefonnummer oder Adresse preiszugeben.15 5.4 Didaktische Schwerpunkte und allgemeine Zielsetzungen Die Behandlung des Themas im DaF-Unterricht kann sich zwar im Ansatz an den Unterrichtsmodulen für den muttersprachlichen Unterricht orientieren, muss aber auch gleichzeitig die Ausbildung der fremdsprachlichen Kompetenz ins Zentrum stellen. Deshalb wurde in diesem Beitrag hinsichtlich der dargebotenen thematischen Aspekte eine Auswahl getroffen, um Raum für die Überprüfung von Verste-hensleistungen sowie die sprachliche Vorbereitung einzelner Sprechhandlungen zu schaffen. Einen Schwerpunkt bildet zunächst die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Standpunkten des Films und die anschließende Bewertung der Positionen durch die Lernenden. In einem weiteren Modul sollen anhand von Lesetexten mit Hintergrandinformationen verschiedene Positionen zum Thema Datenschutz erarbeitet und in Form einer „Expertenrunde" zum Ausdruck gebracht und diskutiert werden. In diesem Zusammenhang können auch interkulturelle Unterschiede und Besonderheiten in Bezug auf die angesprochene Thematik (Datenschutzbestimmungen in Italien und Deutschland) sowie Merkmale des Diskussionsverhaltens (Gesprächs- und Höflichkeitsregeln) zur Sprache kommen. Bei der Festlegung der Lemziele im Einzelnen ergeben sich für den fremdsprachlichen Unterricht besondere Akzentuierungen. In der ersten Unterrichtseinheit steht beispielsweise die Schulung des Hörverstehens und die Reproduktion des Gehörten im Mittelpunkt. Durch Beobachtung des kommunikativen Verhaltens der am Gespräch beteiligten Personen werden auch interkulturelle Unterschiede und Besonderheiten in Bezug auf verbale und nonverbale Merkmale thematisiert. Die übergeordneten Lernziele, die mit der Talkshow-Methode verbunden sind, haben jedoch auch ihre Gültigkeit für den DaF-Unterricht: Schülerinnen und Schüler sollen über eine ihnen zugeteilte fiktive Rolle lernen, ein vorgegebenes Thema aus unterschiedlichen Perspektiven und unter verschiedenen Gesichtspunkten zu betrachten, wodurch ihre Urteils- und Handlungsfähigkeit gestärkt wird. In der vorgesehenen kontrovers geführten Diskussion machen Schülerinnen und Schüler 15 Vgl. Sendungsinhalt unter: http://www.planet-schule.de/wissenspool/entscheide-dich/inlialt' sendungen/privates-im-netz-chance-oder-datenmissbrauch.htmI# [04.06.2012]. 178 Gabriele Patermann Die Schulstunde ah Talkshow im DaF-Unterricht 179 Erfahrungen mit demokratischen Verfahren: „Sie informieren sich, tragen verschiedene Sichtweisen zusammen, tauschen Argumente aus, diskutieren und überzeugen durch sachliche Einwände" (Bundeszentrale für politische Bildung, 2010, S. 16). 5.5 Unterrichtsverlauf Der Unterrichtsentwurf sieht 2 Unterrichtsmodule für den Zeitraum von jeweils einer Doppelstunde vor. Bei Bedarf und je nach Leistungsniveau können die Unterrichtseinheiten auch durch zusätzliche Stunden erweitert werden.16 5.5.1 Unterrichtseinheit I Das Thema der Talkshow „Privates im Netz: Chancen oder Datenmissbrauch?" wird den Lernenden in Form einer Tafelanschrift präsentiert. Als Einstieg kann so bereits ein erster Impuls zu spontanen Äußerungen und Kommentaren gegeben werden. Danach erhält die Lerngruppe das Arbeitsblatt 1 „Wer sagt was?" (vgl. http://www.planet-schule.de) und sieht sich den Einstiegsfilm an, der aus mehreren Sequenzen besteht. Die erste Sequenz stellt Sus Problem dar und lässt bereits unterschiedliche Positionen dazu deutlich werden. Nach der Betrachtung der ersten Filmeinheit wird das Verständnis des Gehörten und Gesehenen anhand von gezielten Fragen und Erklärungen seitens des Kursleiters überprüft, wobei der Filmausschnitt gegebenenfalls noch einmal betrachtet werden kann. Die verschiedenen Positionen, die im Film zum Ausdruck kommen, werden auf dem Arbeitsblatt festgehalten. Die Gruppe stimmt nun darüber ab, wie sich die Protagonistin des Films ihrer Meinung nach entscheiden sollte und bildet jeweils eine Pro- und eine Kontra-Partei.17 Dabei sollen sich die Lernenden auch darüber austauschen, ob sie solche oder ähnliche Situationen kennen oder bereits selbst erlebt haben, welche Informationen sie im Internet veröffentlichen bzw. auf keinen Fall veröffentlichen würden. Jede Gruppe formuliert Argumente, die für bzw. gegen die Veröffentlichung von privaten Daten und Fotos im Internet sprechen und die an der Tafel festgehalten werden. Bei dieser Gelegenheit erfolgt eine Wiederholung und Erarbeitung von Redemitteln, die wichtig sind, um Zustimmung oder Ablehnung ausdrücken und den eigenen Standpunkt vertreten und begründen zu können. Im Anschluss an einen ersten Meinungsaustausch sehen die Lernenden den Ergebnisfilm. In dieser 16 Für den muttersprachlichen Unterricht sind für die Durchführung des gesamten Konzepts 4 Unterrichtseinheiten zu je 2 Doppelstunden vorgesehen. Da es sich hier um fremdsprachliche Lernende handelt, wurde eine thematische Auswahl getroffen, die sich auf zwei Aspekte bezieht: Analyse und Diskussion des im Film dargestellten Fallbeispiels und Thematisierung der Frage des Datenschutzes anhand einer „Expertenrande" (vgl. Kap. 5.4). 17 Möglich ist auch die Bildung einer dritten Gruppe, die aus den Unentschlossenen besteht. Vgl. Mattes, 2011, S. 116. Sequenz informiert Su sich darüber, ob die Veröffentlichung ihrer persönlichen Daten und Bilder möglicherweise Gefahren in sich birgt. Am Ende trifft sie ihre Entscheidung: Sie will ihre Fotos im Internet unter einem Pseudonym veröffentlichen. Nach der Rezeption des gesamten Videos vervollständigen die Lernenden nun das Arbeitsblatt 1 in Partnerarbeit und vergleichen ihre Ergebnisse im Plenum. Auf diese Art und Weise reflektieren sie die einzelnen Aussagen im Film noch einmal und festigen die vorher erarbeiteten Strukturen. Danach werden sie dazu aufgefordert, die verschiedenen Positionen einander gegenüberzustellen, wobei einzelne Kursteilnehmer die Rolle der Personen im Film übernehmen und an einem gesonderten Tisch Platz nehmen. Die Lehrperson übernimmt dabei die Funktion des Moderators während die restlichen Lernenden die Diskussion als Zuschauer verfolgen und gegebenenfalls aktiv eingreifen können. Ziel dieser Unterrichtseinheit ist es, kontroverse Standpunkte zu einem Thema zu entwickeln und sprachlich angemessen zu formulieren. Lernende sollen in die Lage versetzt werden, ihre Meinungen begründet zu vertreten und auf andere Meinungen eizugehen. Die im Film vorgeführten Stellungnahmen können dabei inhaltlich und sprachlich als Muster für eigene Argumente dienen. Die Übernahme einer konkreten Rolle mit konkreten Vorgaben erleichtert die Sprachproduktion und vermittelt Sicherheit bei der Anwendung von Strukturen und Redemitteln in der Fremdsprache.18 5.5.2 Unterrichtseinheit II Das zweite Unterrichtsmodul beleuchtet das Problem des Datenmissbrauchs und der Anonymität im Netz. Dazu soll eine „Expertenrunde" gebildet werden, die diskutiert, inwieweit es sinnvoll ist, einen elektronischen Personalausweis (ePA) zur Identifikation im Netz einzuführen. Die Lernenden sollen sich dabei „mit dem Widerspruch zwischen der Freiheit des Einzelnen bei der Nutzung des Internets und dem offenen Zugang zu Informationsquellen auf der einen Seite und dem Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Identitätsdiebstahl und Internetkriminalität auf der anderen Seite auseinandersetzen" (Bundeszentrale für politische Bildung, 2010, S. 16). Neben dieser inhaltlichen Zielsetzung kommen auch sprachliche Aspekte hinzu, die sich aus der Tatsache ergeben, dass es sich um eine nichtmuttersprachli-che Lemgruppe handelt. So müssen die einzelnen Rollen, die die Experten und Expertinnen einnehmen sollen, sprachlich zunächst erarbeitet und für eine Diskussi-onsnmde vorbereitet werden. Erstrebenswert ist es außerdem, nicht nur die einzelnen Redebeiträge unverbunden referieren zu lassen, sondern diese auch in Bezug zueinander zu setzen. Dabei sollten rhetorische Mittel und Diskussionsformeln 18 Vgl. dazu die Beschreibung der „Talkshow-Methode" auf der Internetseite der Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet e.V. [ZUM Internet e.V.]. Verfügbar unter: http:'; didaktik.zum.de/lin-klitzuig/kapitel/1144.htm [04.06.2012]. T 180 Gabriele Patermann auch mit dem Ziel verwendet werden, den gegenseitigen Bezug der Diskutanten zu ermöglichen und hervorzuheben.19 Als Einstieg dient wieder ein kurzer Film, der einem Infomodul zum ausgewählten Themengebiet entnommen ist.20 Darin wird über Vor- und Nachteile der Anonymität im Netz berichtet und die Tatsache hervorgehoben, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist, sondern jeder Intemetnutzer Spuren im Netz hinterlässt, die im Bedarfsfall rekonstruiert werden können. Das kann zwar einerseits bei der Aufdeckung von Identitätsdiebstahl und Internetkriminalität helfen, andererseits aber auch das Recht auf Meinungsfreiheit und offenen Zugang zu Informationsquellen unterhöhlen (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, 2010, S. 16). Nach der Klärung von Verständnisproblemen folgt ein kurzes Gespräch über die Inhalte des Films, wobei die Lernenden die im Film erwähnten Beispiele kommentieren. Im Anschluss bekommen sie das Arbeitsblatt 2 (vgl. http://www.planet-schule.de) ausgehändigt, die die Aussagen von vier Expertinnen und Experten zum Thema Elektronischer Personalausweis enthalten. Bevor sie sich mit den einzelnen Stellungnahmen beschäftigen, legen sie in einem gemeinsamen Unterrichtsgespräch fest, welche Diskussionsregem während der Expertenrunde gelten sollen.21 Danach erhält die Klasse den Auftrag, vier gleichgroße Gruppen zu bilden und jeweils mit Hilfe der Leitfragen im Arbeitsblatt einen Text zu bearbeiten. Jede Gruppe notiert die wichtigsten Aussagen schriftlich und benennt eine Vertreterin/einen Vertreter für die Expertenrunde. Die Runde sollte dabei an einem gesonderten, aber für die restlichen Gruppenmitglieder gut sichtbaren Platz stattfinden. Sie beobachten das Diskussionsverhalten, greifen aber auch durch Fragen und Kommentare aktiv ein.22 Die Moderation übernimmt die Kursleiterin oder der Kursleiter — im Idealfall jedoch ein Mitglied der Lerngruppe. Der Moderator führt in das Thema ein und stellt die Experten vor. Diese sollten dabei nicht nur ihre vorbereiteten Manuskripte 19 Dabei geht es auch um die Thematisierung kulturell geprägter Gesprächsstrategien wie z.B. die Frage, wie Gespräche eingeleitet oder beendet werden, welche Höflichkeitsregeln gelten usw. Hinzu kommen auch körpersprachliche Elemente wie Mimik und Gestik, Blickkontakt (vgl. Schatz, 2006, S. 41). 20 Verfügbar unter: http://ww.planet-schu!e.de/index.php?id=13514 [04.06.2012]. 21 Beispiele für solche Regeln können z.B. Sachlichkeit der Aussagen, Einhaltung der Redezeit, aktives Zuhören usw. sein (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, 2010, S. 16). 22 Die Beobachtung kann mittels eines Beobachtungsbogens erfolgen, in dem sowohl das Verhalten des Moderators, als auch der Diskussionsverlauf als solcher bewertet wird. Diese Methode ist als Möglichkeit zum Feedback gedacht und kann zu Veränderungen des Diskussionsverhaltens anregen. Ein Beispiel für die Gestaltung eines solchen Beobachtungsbogens findet sich bei Mattes (2011, S. 254). Im DaF-Unterricht können damit auch interkulturelle Unterschiede im kommunikativen Verhalten der einzelnen Länder erfasst und zur Sprache gebracht werden. Die Schulstunde als Talkshow im DaF-Unterricht 181 vorlesen, sondern sich auch argumentativ auf ihre jeweiligen Vorredner beziehen. Während des Meinungsaustausches können auch die Zuschauer zu Wort kommen. Zum Abschluss wird ein gemeinsames Resümee gezogen und den Experten ein Feedback erteilt. 6 Schlussbemerkung Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass mündliche Kommunikation eine zunehmend wichtige Rolle spielt, aber im konkreten Unterrichtsalltag als Fertigkeit zu wenig Berücksichtigung findet, wurde ein Konzept vorgestellt, das verdeutlichte, wie mündliche Sprechfähigkeit lernerzentriert und handlungsorientiert gefördert werden kann. Anhand von zwei Unterrichtsmodulen konnte exemplarisch vorgeführt werden, wie das fächerübergreifende Lernziel Gesprächsfähigkeit, das bereits seinen festen Platz in den Lehrplänen unterschiedlichster Schularten in Deutschland hat, auch im DaF-Unterricht in Italien als angestrebte Fertigkeit in den Unterricht integriert werden kann. Bereits ausgearbeitete Unterrichtsentwürfe und Projektbeschreibungen für den muttersprachlichen Unterricht bieten eine Fülle von Materialien und methodisch-didaktischen Anregungen an, die in modifizierter Form auch im DaF-Unterricht umgesetzt werden können. Auf diese Weise werden die Lernenden „aus der passiven Haltung geholt und kommen durch das Imitieren vorgespielter Modelle und die Inszenierung fiktiver Talkrunden zu einer authentischeren Kommunikation" (Fischer, 2003, S. 120). Bibliographie Bose, I. & Schwarze, C. (2007). Lemziel Gesprächsfähigkeit im Fremdsprachenunterricht Deutsch. In Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 12.2, 30. Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.). (2010). Entscheidung im Unterricht. Nr. 01/2010: Privates im Netz? PDF-Version. Verfügbar unter: http://www. bpb.de/shop/lemen/ entscheidung-im-unterricht/34233/privates-im-netz [04.06. 2012]. Daniels, A., Estermann, C, Köhl-Kuhn, R., Sander, L, Butler, E. & Tallowitz, U. (2007). Mittelpunkt B2. Deutsch als Fremdsprache für Fortgeschrittene. Lehrbuch. Stuttgart: Klett. Europarat (2001). Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen. Berlin: Langenscheidt. 382 Gabriele Patermann Die Schulstunde als Talkshow im DaF-Unterricht 183 Fischer, S. (2003). Was hat Motorrad fahren mit Deutsch Lernen zu tun? In GFL i/2003, 106-121 (online http://gfl-journal.com). Fischer, S. (2005). Sprechmotivation und Sprechangst im DaF-Unterricht. In GFL 3/2005, 30-45 (online http://gfI-journal.com). Jäger, D., Nied Curcio, M. & Schlanstein, L. (2007). 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