Was ist CLIL? Copyright: Eurydice Das Interesse an alternativen Methoden zur Vermittlung von Sprachen und damit auch zum Verständnis fremder Kulturen ist seit jeher groß gewesen. In der Antike gab es zum Beispiel Vorschläge, eine andere Sprache und damit gleichzeitig auch eine andere Kultur im Zielsprachenland zu lernen. Im Mittelalter waren viele Menschen mehrsprachig, wobei bekannt ist, dass mit Ausnahme des Lateinischen keine Sprache systematisch in der Klosterschule oder einer anderen Bildungseinrichtung gelernt wurde. Fremdsprachen wurden, fast wie die Muttersprache, gelernt, indem man sie in der Interaktion mit Muttersprachlern benutzte, meist, um den eigenen Handels- und Berufsinteressen nachgehen zu können. Ähnlich trugen die Gouvernanten in den Adelshäusern und den reichen Bürgerfamilien im 18. und 19. Jahrhundert dazu bei, dass ihre Zöglinge Fremdsprachenkenntnisse entwickelten: die Gouvernante benutzte ihre Muttersprache, das Französische, um die Kinder zu unterrichten, und diese erwarben – auf „natürliche“ Weise – diese Sprache als Fremdsprache oder häufig sogar als Zweitsprache, indem sie sich ihrer bedienten, um Inhalte der Geschichte, der Geographie oder anderer Fächer zu lernen. In gewisser Weise unterliegt schon in der Antike und im Mittelalter, mehr aber noch im 18. und 19. Jahrhundert dieser Art des sprachlichen und interkulturellen Lernens das Grundprinzip des bilingualen Sachfachunterrichts, eine Fremdsprache und ein Sachfach integriert zu lernen, indem man sich der Fremdsprache als Arbeitssprache bedient. Alternative Methoden des Sach- und Fachlernens Seit geraumer Zeit gibt es in der ganzen Welt Schulen, in welchen alle Schulfächer nicht in der Landessprache, sondern in einer der großen Kultursprachen unterrichtet werden. Die deutschen Auslandsschulen, die französischen Gymnasien, die britischen Internatsschulen und seit einiger Zeit auch die Schulen, die von den europäischen Institutionen für die Kinder ihrer Mitarbeiter eingerichtet werden, sind moderne Beispiele für vom traditionellen Fremdsprachenunterricht abweichende alternative Methoden des Sprach- und Sachfachlernens, die sich des Grundprinzips des bilingualen Unterrichts, der Integration von Fremdsprache und Sachfach bedienen. Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass die gerade genannten Schulen fast ausschließlich den Charakter von Eliteschulen haben, wobei sich der Begriff Elite nicht nur auf hohe intellektuelle Fähigkeiten der Schüler, sondern auch auf die finanziellen Möglichkeiten bezieht, welche Eltern haben, um ihre Kinder auf diese Schulen zu schicken. Eine solche Auslese hat über einen langen Zeitraum hinweg dazu geführt, dass nur wenigen jungen Menschen der Weg zu dieser zweifellos attraktiven Lernform offen stand. Durch die Etablierung so genannter bilingualer Zweige an normalen Regelschulen (Gymnasien und Realschulen) insbesondere in Deutschland und Österreich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das bilinguale Sachfachlernen für Schüler aller Gesellschaftsschichten möglich. Die Sprachenpolitik der Europäischen Union (jeder Bürger der EU soll neben seiner Muttersprache wenigstens zwei Gemeinschaftssprachen sprechen) hat dazu geführt, dass der bilinguale Sachfachunterricht inzwischen in ganz Europa auf große Zustimmung stößt. Vielzahl der Begriffe Die Zahl der Begriffe, mit welchen das didaktische Konzept bezeichnet wird, ist erstaunlich groß. Der deutsche Begriff Bilingualer Sachfachunterricht, der eigentlich mehrdeutig ist, findet sich auch als Formel Gebrauch der Fremdsprache als Arbeitssprache, was auf eine etwas andere Perspektivierung verweist. Im englischsprachigen Kontext finden sich Begriffe wie Teaching Content through a Foreign Language, Dual Focussed Instruction, Bilingual Content Teaching oder gar Content Based Language Teaching. Auch diese Bezeichnungen machen deutlich, dass das Grundkonzept des bilingualen Lernens unterschiedlich interpretiert wird. Im letzten Jahrzehnt hat sich im englischen und französischen Sprachraum ein Begriff durchgesetzt, der in immer stärkerem Maße zur Bezeichnung des Konzeptes verwendet wird: Content and Language Integrated Learning (abgekürzt: CLIL) bzw. Enseignement d’une Matière par l’Integration d’une Language Etrangère (abgekürzt EMILE). Zwar wird im deutschsprachigen Raum weiterhin offiziell der Begriff Bilingualer Sachfachunterricht verwendet, jedoch finden sich inzwischen auch Versuche, den englischen Begriff CLIL ins Deutsche zu übertragen (zum Beispiel Integriertes Fremdsprachen- und Sachfachlernen). Es ist sicherlich zu begrüßen, dass trotz der schon in den Begriffen erkennbaren Vielfalt in der Interpretation des Konzeptes sich ein einheitlicher Name abzuzeichnen beginnt, der es erlaubt, den Ansatz unvoreingenommen zu betrachten. Allerdings erfordert dies auch eine Definition, die die in den Begriffen angelegte Vielfalt angemessen einbezieht. Eine solche Definition wurde schon Anfang dieses Jahrhunderts vorgelegt (vgl. Marsh & Langé 2002) und im Eurydice-Bericht der Europäischen Union (vgl. Eurydice-Bericht 2006) leicht modifiziert vorgestellt. Sie lautet wie folgt: The acronym CLIL is used as a generic term to describe all types of provision in which a second language (a foreign, regional or minority language and/or another official state language) is used to teach certain subjects in the curriculum other than the language lessons themselves. (Eurydice 2006: 8) Instrument zur Förderung von Fremdsprachen Die Definition betont, dass in einer CLIL-Schule nicht der gesamte Unterricht, sondern Fachunterricht in einer Reihe von Fächern in der Fremdsprache durchgeführt wird. Dies unterscheidet CLIL von den oben genannten Auslandsschulen und den Schulen der Europäischen Union, in welchen der gesamte Unterricht in einer anderen Sprache durchgeführt wird. Außerdem grenzt sich CLIL so auch vom kanadischen Immersionsunterricht ab, in welchem häufig ebenfalls der gesamte Unterricht in einer anderen Sprache durchgeführt wird, ohne dass Vorsorge für die Entwicklung der fremdsprachlichen Kenntnisse der Schüler getragen wird. Fremdsprachenunterricht findet in Immersionsklassen nicht statt; der CLIL-Unterricht hingegen wird zum einen von einem normalen – zum Teil erweiterten – Fremdsprachenunterricht begleitet, zum anderen findet im CLIL-Unterricht selbst auch Sprachunterricht statt, insbesondere wenn es die Vermittlung des Sachfachs erforderlich macht. Das bedeutet also, dass der CLIL-Unterricht wirklich ein integrierter Sprach- und Sachfachunterricht ist. Die Sachfächer, welche die Definition nicht genauer spezifiziert, sind – das ist aus dem Eurydice-Bericht und aus anderen Befragungen bekannt – weitgehend geistes- und sozialwissenschaftliche Fächer, also Geschichte, Geographie, Sozialkunde. Es werden aber durchaus auch naturwissenschaftliche und musische Fächer in einer anderen Sprache unterrichtet. Nicht auf die traditionellen Fremdsprachen beschränkt Von großer Bedeutung in der Definition ist, dass die CLIL-Sprachen nicht auf die traditionellen Fremdsprachen beschränkt sind, sondern auch Minderheitssprachen, Regionalsprachen oder andere offizielle Sprachen des Landes sein können. Die Definition macht damit deutlich, dass CLIL nicht nur ein sprachenpolitisches Instrument zur Förderung von Fremdsprachen, insbesondere des Englischen, ist, sondern auch dazu dienen kann, Sprachen zu fördern, die nur von wenigen Menschen gesprochen werden. Geographisch definierte Minderheitssprachen wie das Sorbische in Deutschland oder das Bretonische in Frankreich fallen genau so darunter wie Minderheitssprachen, die in angrenzenden Ländern Mehrheitssprachen sind, so zum Beispiel das Französische im Aosta-Tal oder das Deutsche in Elsass-Lothringen. Auch sozial definierte Minderheitssprachen können durch CLIL gefördert werden; ein Beispiel ist das Türkische in Deutschland, das in einer Reihe von Berufsschulen benutzt wird, um Fächer wie Wirtschaft zu unterrichten. Andere offizielle Landessprachen werden zum Beispiel in der Schweiz durch CLIL-Unterricht gefördert. Bandbreite des CLIL-Unterrichts. CLIL eignet sich ebenso für die Primarstufe wie für die Sekundarstufe und den tertiären Bereich. In einer Reihe europäischer Länder werden einzelne Lernbereiche schon in der Grundschule in einer Fremdsprache unterrichtet. In der Sekundarstufe findet sich CLIL am häufigsten, ist aber auch in Deutschland nicht auf das Gymnasium beschränkt. Und viele Berufsschulen bedienen sich dieses didaktischen Instruments, um Sachfach- und Sprachlernen miteinander zu verbinden. Schließlich ist darauf zu verweisen, dass die Länge des CLIL-Unterrichts ganz verschieden sein kann: es gibt Programme, die nur wenige Wochen dauern; andere Angebote reichen bis zu sechs Jahren. Abschließend soll noch auf einen Aspekt hingewiesen werden, der in der auf „Neutralität“ bedachten Definition nicht deutlich wird. Bisher war das didaktische Konzept, das CLIL unterliegt, weitgehend „Eigentum“ der Fremdsprachenlehrer. Das überrascht nicht, ist es doch gerade der hoch kompetente Erwerb der Fremdsprache im Rahmen dieses Ansatzes etwas Faszinierendes, hinter dem der Erwerb der Inhalte des Sachfachs ein wenig zurück zu bleiben scheint. Bis vor nicht allzu langer Zeit hat sich auch die Sachfachdidaktik kaum mit dem CLIL-Ansatz beschäftigt, ihn sogar weitgehend abgelehnt, weil sie für das Sachfach keinen Mehrwert zu erkennen vermochte und sich nicht zum Erfüllungsgehilfen des Fremdsprachenunterrichts machen lassen wollte. In den letzten Jahren hat sich allerdings ein Meinungswandel vollzogen, insbesondere weil in Empfehlungen und Richtlinien deutlich gemacht wurde, dass der bilinguale Sachfachunterricht auf den Prinzipien der Sachfachdidaktik basiert und der Erwerb von Inhalten des Sachfaches für ebenso wichtig erachtet wird wie der Erwerb der Sprache. Außerdem konnte in ersten empirischen Untersuchungen (etwa Lamsfuß-Schenk 2002) gezeigt werden, dass auch das Sachfach vom Unterricht in der Fremdsprache profitiert. Literatur zum Thema Lamsfuß-Schenk, S. (2002): „Geschichte und Sprache – Ist der bilinguale Geschichtsunterricht der Königsweg zum Geschichtsbewusstsein?“ In Breidbach, S., Bach, G. & Wolff, D. (eds.): Bilingualer Sachfachunterricht: Didaktik, Lehrer-/Lernerforschung und Bildungspolitik zwischen Theorie und Empirie. Frankfurt: Lang, 191-206. Marsh, D. (2002): CLIL/EMILE – The European Dimension: Actions, Trends and Foresight Potential. Bruxelles: The European Union. Dieter Wolff ist emeritierter Professor für Anwendungsbezogene Sprachverarbeitung an der Bergischen Universität in Wuppertal. Zu seinen letzten größeren Veröffentlichungen zum Bilingualen Sachfachunterricht gehört der zusammen mit David Marsh herausgegebene Sammelband: Diverse Contexts - Converging Goals: CLIL in Europe, Frankfurt: Peter Lang 2007 Copyright: Goethe-Institut e. V., Online-Redaktion Haben Sie noch Fragen zu diesem Artikel? Schreiben Sie uns! [LINK] online-redaktion@goethe.de November 2007 Bilinguale Module – Ein Modell für den integrierten Fremdsprachen- und Sachfachunterricht Copyright: Colourbox Früher Fremdsprachenunterricht, Foto: Insa Korth/ddp Mit dem Ziel, mehr Schülerinnen und Schülern bilingualen Sachfachunterricht anzubieten, wurde in den letzten Jahren das Modell bilingualer Module entwickelt. Die Verwendung einer Fremdsprache in Unterrichtsfächern wie Geographie, Geschichte oder inzwischen auch in naturwissenschaftlichen und künstlerisch-musischen Fächern findet in verschiedenen Formen statt. Das wohl bekannteste Modell sind die bilingualen Züge. Insgesamt bieten 700 Schulen in Deutschland in ihrem regulären Angebot durchgehenden bilingualen Sachfachunterricht an. In bilingualen Schulen wird zu Beginn die Fremdsprache mit erhöhter Stundenzahl unterrichtet. Ab der 7. Klasse wird die jeweilige Fremdsprache im Wechsel in verschiedenen Fächern verwendet. Das Abitur kann mit einem Zeugnisvermerk über die bilinguale Schulausrichtung oder an einigen Schulen als deutsch-französischer Abschluss "Abi-bac" abgelegt werden. Zentrales Ziel des Modells der bilingualen Züge ist die Förderung der sprachlichen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Zumeist werden besonders sprachinteressierte Schülerinnen und Schüler in bilingualen Schulen angemeldet. Der Leistungsanspruch an die Schülerinnen und Schüler ist relativ hoch. Inhaltliche Öffnung des Sachfachs Mit dem Ziel, mehr Schülerinnen und Schülern bilingualen Sachfachunterricht anzubieten, wurde in den letzten Jahren das Modell bilingualer Module entwickelt. Bilinguale Module stellen eine Zusammenstellung von Texten, Abbildungen und anderen Materialien sowie Aufgaben für den Einsatz von mindestens zwei Arbeitssprachen im Sachfachunterricht dar. Module werden in einzelnen Unterrichtsphasen eingesetzt. Dabei geht es darum, Schülerinnen und Schüler mit (verschiedenen) Sprachen in Kontakt zu bringen und sie zum (erneuten) Sprachenlernen zu motivieren. Bilinguale Module nehmen Inhalte zum Ausgangspunkt, bei denen besonders gut unterschiedliche Sichtweisen auf das Thema behandelt werden können. Das Ziel ist also weniger die Erhöhung des Sprachniveaus der Schülerinnen und Schüler, als viel mehr eine inhaltliche Öffnung des Sachfachs und die Einbeziehung neuer Themen. Da bilinguale Module in regulären Kursen eingesetzt werden, ist nicht immer mit gleichen Sprachkenntnissen der Schülerinnen und Schüler zu rechnen. Insofern wird immer auch die Ausgangssprache Deutsch verwendet. Ziel ist auch, die Fachsprache in beiden Sprachen zu entwickeln. Große Flexibilität Ein Strukturmerkmal des Modulkonzeptes ist seine Anpassung an standortspezifische Rahmenbedingungen. Auch wenn nur die Hälfte des Kurses die Arbeitssprache gelernt hat, können Module eingesetzt werden, indem z.B. eine weitere Fremdsprache wie Englisch oder die gemeinsame Ausgangssprache Deutsch integriert werden. Module können dabei auch die Muttersprachen der Schülerinnen und Schüler aufgreifen. Die Einbeziehung der Sprache sollte thematisch begründet sein. Wenn es um das Thema Verfassung oder Menschenrechte geht, kann man Texte aus verschiedenen Ländern in den jeweiligen Sprachen einbeziehen. Module bereichern den Unterricht durch anderssprachige Originaltexte, die einzelne Lerner verstehen und ihrer Lerngruppe vermitteln können. Die Lernenden lesen (zum Teil selbst recherchierte) Texte in verschiedenen Sprachen zum gleichen Thema. Diese Module werden „Europamodule“ (Krechel 2000) oder „Sprachmittlermodule“ (Abendroth-Timmer 2002) genannt. Während die Europamodule überwiegend Schulfremdsprachen einbeziehen, berücksichtigen Sprachmittlermodule die Herkunftssprachen der Lernenden. Eine Minimalvariante bilingualen Modulunterrichts ist das „Begegnungssprachenmodul“, das für einen Kurs mit sehr geringen Kenntnissen in der Arbeitssprache gedacht ist. Man präsentiert zunächst zentrale Begriffe in zwei oder mehreren Sprachen und erläutert sie auf der Basis ihrer jeweiligen kulturellen Hintergründe. In einem Pädagogikkurs zum Thema „Siècle des lumières – Aufklärung“ würde dann nicht mit komplexen langen Texten in der Fremdsprache gearbeitet, sondern in einer ersten längeren Phase würden Begriffe in der Ausgangs- und der Fremdsprache in ihrer Bedeutung verglichen. Eine weitere Modulform ist das „Sprachfamilienmodul“. In diesem Fall arbeiten Lernende, die beispielsweise über Französischkenntnisse verfügen, gemeinsam mit Lernenden, die Spanischkenntnisse haben, an spanischen Texten. Die Lernenden entdecken ihre Lesekompetenzen in einer weiteren und ihnen bisher nicht bekannten Sprache, was motivierend wirken kann. Zugleich erleben sie die gegenseitige Hilfe bei der Texterschließung als positive Kompetenzerfahrung. Bei sprachenhomogenen Gruppen bietet sich das reguläre „Bilinguale Modul“ an. Materialien werden so aufeinander abgestimmt werden, dass die deutschen Materialien die fremdsprachigen Texte inhaltlich vorentlasten. Die Ausgangs- und Fremdsprache werden im Unterricht abgewechselt, wobei die Fremdsprache einen besonderen Stellenwert hat. Hier ist vorstellbar, dass ein einführender Text auf Deutsch verwendet wird, der die Lernenden mit den Inhalten vertraut macht. Eine Maximalvariante für sprachenhomogene Gruppen kann als „Mehrsprachigkeitsmodul“ bezeichnet werden. Dabei würde ein Sachverhalt aus mehreren Perspektiven präsentiert, wobei die Sprache in Abhängigkeit vom Text wechselt. Bilinguale Module nicht nur in der Schule einsetzbar In den meisten Bundesländern ist das Englische verbindliche erste Fremdsprache in der Grundschule. Zur Förderung weiterer Sprachen kann es gewinnbringend sein, auf das Modulkonzept zurückzugreifen. Die Lernenden erfahren dabei Sprache in Handlungskontexten, wobei im Primarbereich zum Beispiel musisch-künstlerische Arbeitsgruppen und zusätzliche Sportkurse denkbar sind, die zum Beispiel von Muttersprachlern erteilt werden können. In den Sekundarstufen I und II gibt es sicherlich die vielfältigsten Umsetzungsmöglichkeiten: Schülerinnen und Schüler zeigen eine grundsätzliche Bereitschaft zum Erwerb von Sprachen in der Schule und zur Erprobung neuer Lernformen. In der Sekundarstufe II können in Profiloberstufen, die es zum Beispiel im Bundesland Bremen gibt und in denen die Schülerinnen und Schüler festgelegte Fächerkombinationen wählen müssen, sprachlich homogene Gruppen gebildet werden. Auf diese Weise können regelmäßig Module eingesetzt werden. Eine Erprobung bilingualer Module erscheint weiterhin in berufsorientierten Kursen der Erwachsenenbildung Erfolg versprechend, wenn ein deutlicher berufsspezifischer Anwendungsbezug gegeben ist und die Module abgeschlossene Lerneinheiten darstellen. Förderung von Autonomie und Kompetenzerfahrung Damit der Einsatz von Modulen gelingt und die Schüler ihre Motivation behalten, ist es wichtig, das sachfachliche Handlungsziel und die gewohnte sachfachspezifische Unterrichtsmethodik beizubehalten. Zugleich aber führen bilinguale Module in sprachlich heterogenen Gruppen zum verstärkten Einsatz von Gruppenarbeitsphasen. Diese fördern – wenn die Lehrperson die Gruppenarbeit organisatorisch unterstützt – die Autonomie und Kompetenzerfahrungen der Schülerinnen und Schüler. Der sprachliche Aufwand sollte in einem ausgewogenen Verhältnis zum inhaltlichen Ertrag steht. Die Lernenden richten bei der Beurteilung dieses Aufwands ihr Augenmerk besonders auf den Wortschatz sowie auf grammatische Strukturen. Im Umgang mit Fachtexten ist daher eine Thematisierung und Weiterentwicklung von Lesestrategien sehr wichtig. Texte, die aufgrund sprachlicher Einfachheit und weniger aufgrund inhaltlicher Tiefe ausgewählt werden, demotivieren eher. Für Lehrende besteht die Schwierigkeit und die Chance von Modulen darin, immer neu auf Lerngruppen reagieren zu müssen. Die Materialbasis ist derzeit noch gering, so dass mit einem erhöhten Aufwand zu rechnen ist. Inzwischen gibt es jedoch entsprechende Ausbildungsangebote in der universitären Lehrerbildung, in Studienseminaren sowie der Lehrerfortbildung. Mit Konzepten für die Lehrerbildung beschäftigt sich das Comenius-Projekt MEMO. Dagmar Abendroth-Timmer ist Professorin für Didaktik der romanischen Sprachen an der Universität Bremen und für die universitäre Ausbildung von Französisch- und Spanischlehrer/inne/n für den Schuldienst zuständig. Derzeitige Forschungsschwerpunkte: Bilingualer Sachfachunterricht, frühbeginnender Fremdsprachenunterricht, Mehrsprachigkeitsdidaktik, Transkulturalität, Sprachenpolitikforschung, Motivationsforschung, Lernmaterialanalyse, Lehrerforschung, Forschungsmethoden. Copyright: Goethe-Institut e. V., Online-Redaktion Haben Sie noch Fragen zu diesem Artikel? Schreiben Sie uns! [LINK] online-redaktion@goethe.de Dezember 2007 Einige didaktisch-methodische Prinzipien von CLIL Bilingualer Unterricht; Copyright: picture-alliance / dpa Die ursprünglichen Überlegungen, eine allgemeine Didaktik des bilingualen Sachfachunterrichts zu entwickeln, werden inzwischen eher zwiespältig beurteilt. Zwar gibt es einige grundlegende Merkmale, durch die eine Methodik-Didaktik von CLIL charakterisiert werden kann, bilingualer Unterricht wird aber auch durch Merkmale bestimmt, die jedes spezifische Sachfach in den Unterricht einbringt, sodass man zwischen einer allgemeinen CLIL-Didaktik und einer sachfachspezifischen Komponente innerhalb dieser Didaktik unterscheiden sollte, d.h. also einer Komponente, die auf das spezifische Sachfach zugeschnitten ist, das in der Fremdsprache unterrichtet wird. Für die sprachliche Seite von CLIL (d.h. in welcher Sprache das Sachfach unterrichtet wird), gilt diese Feststellung in geringerem Maße, obwohl fremdsprachendidaktische Ansätze sich häufig - allerdings bedingt durch unterschiedliche Lehrtraditionen - im Hinblick auf die spezifische Fremdsprache von einander unterscheiden. So kann es auch im Folgenden nur darum gehen, typische Merkmale einer allgemeinen CLIL-Didaktik herauszuarbeiten, die allen Kombinationen von Sachfach und Sprache innewohnen (vergleiche in diesem Zusammenhang auch Jansen O’Dwyer 2007). Gleichzeitige Förderung von Sachfach- und Sprachwissen Für jede Form von CLIL-Unterricht ist es didaktisch-methodisch von zentraler Bedeutung, auf welche Weise man zu einer integrierten Form von Sachfach- und Spracharbeit gelangen kann. Wie für jede Form von institutionalisiertem Lernen stellt sich jedoch auch für den CLIL-Unterricht die Frage, wie die schulischen Lernprozesse methodisch-didaktisch angemessen gefördert werden können. Diese didaktische Kernfrage stellt sich im Kontext von CLIL sogar auf eine doppelte Weise: es geht um die gleichzeitige Förderung von Sachfachwissen und Sprachwissen. In der Fremdsprachendidaktik ist im letzten Jahrzehnt immer deutlicher herausgestellt worden, dass schulische Lernprozesse nur in geringem Maße durch den Lehrer beeinflusst werden können; ähnliche Überlegungen finden sich inzwischen auch in den Didaktiken einer Reihe von geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächer, z.B. in der Didaktik der Geschichte. Statt dessen wird immer mehr die Forderung erhoben, Lernprozesse durch eine angemessene Ausgestaltung der Lernumgebung zu fördern. Wenn Lernende aktiv miteinander in einer angemessenen Lernumgebung arbeiten, in welcher sie sich bewusst und emotional mit den Lerngegenständen auseinandersetzen, dann, so wird argumentiert, werden Lernprozesse in höherem Maße gefördert als in traditionellen Formen von Unterricht, an welchen vielleicht der Lehrer aktiv, die Lernenden aber nur reaktiv beteiligt sind. Solche Lernumgebungen werden zwar schon seit geraumer Zeit in der Fremdsprachendidaktik und auch vereinzelt in den Sachfachdidaktiken diskutiert, aber in den Unterricht - und leider auch in den CLIL-Unterricht - ohne große Begeisterung seitens der Lehrer eingebracht. Ich beziehe mich hier vor allem auf Formen der Partner-, Gruppen- und Projektarbeit. Diese kooperativen Arbeitsformen verbinden sich mit dem didaktischen Prinzip der Lernerautonomie, das die konzeptuelle Grundlage aller neueren didaktischen Ansätze darstellt. Auf die Lernumgebung kommt es an Es ist genau dieses Konzept einer modernen, auf konstruktivistischen Prinzipien basierenden Lernumgebung (vergleiche Wolff 2002), das nach Auffassung der CLIL-Didaktik auch den Anforderungen eines integrierten Sachfach- und Fremdsprachenunterrichts am ehesten gerecht wird. Eingebettet in eine solche Lernumgebung ist es am besten möglich, gleichzeitig Sachfach- und Spracharbeit zu leisten. Der bilinguale Sachfachunterricht ist zunächst einmal Sachfachunterricht, d.h. das Sachfach stellt die Inhalte bereit, mit welchen sich der Lernende auseinander zu setzen hat. Die Inhalte des Sachfaches sind Realien im Sinne der Realiendiskussion des frühen 20.Jahrhunderts, d.h. Inhalte, die sich auf die wirkliche Welt beziehen. Anders als die häufig fiktiven Inhalte des Fremdsprachenunterrichts bewirken diese Inhalte eine echte kognitive, bewusste und emotionale Auseinandersetzung und damit auch optimale Lernprozesse. Weil die Inhalte des Sachfachs Realien sind, eignen sie sich auch besser als die Inhalte des Fremdsprachenunterrichts für moderne Formen des gemeinsamen Lernens wie Gruppen- und Projektarbeit. Gemeinsame in der Kleingruppe erarbeitete Inhalte aus Geographie oder Geschichte befördern den Lernprozess des Einzelnen, steigern die Motivation für die Auseinandersetzung mit diesen Inhalten und involvieren den Lernenden stärker in den Lernprozess. Ein solcher Ansatz erfordert natürlich die Herausbildung von Lernerautonomie, d.h. der Fähigkeit zum selbstständigen Arbeiten, die wiederum im Kontext von Gruppen- und Projektarbeit entwickelt wird (vgl. hierzu auch Dam 1994). Frage nach der Integration von Inhalt und Sprache Mit diesen Ausführungen ist natürlich die zentrale Fragestellung noch nicht beantwortet. CLIL-Unterricht wurde bisher nur als moderner Sachfachunterricht beschrieben, wie er auch in der Muttersprache stattfinden könnte. Die Frage nach der sprachlichen Seite von CLIL und vor allem nach der Integration von Inhalt und Sprache erfordert weitere Überlegungen. Sprache spielt in jedem Sachfachunterricht eine zentrale Rolle. Auch muttersprachlicher Geschichts- oder Biologieunterricht arbeitet in hohem Maße mit Sprache. Mit Hilfe von Sprache werden Sachfachkonzepte an die Lernenden herangetragen, Sprache wird benötigt, um Beobachtungen an und Beschreibungen von Sachverhalten durchführen zu können, Sprache ermöglicht den Gedankenaustausch zwischen den Lernenden und die Diskussion über kontroverse Erkenntnisse. Nicht von ungefähr wurde schon in den achtziger Jahren in der englischen Fachdidaktik festgehalten, dass jeder Unterricht Sprachunterricht sei. Das mit language across the curriculum bezeichnete Konzept, das alle Unterrichtenden dazu aufrief, Sprache in ihrem Unterricht transparent zu machen, stellt indirekt auch für den CLIL-Unterricht eine didaktische Grundlage dar. Denn wenn man ein Sachfach in einer anderen als in der Muttersprache der Lernenden unterrichtet, spielt das Bewusstmachen von sprachlichen Produkten und Prozessen eine noch wichtigere Rolle. Repertoire an Sprachhandlungen erforderlich In einer modernen CLIL-Didaktik steht die Fremdsprache zwar nicht im Mittelpunkt des Unterrichts; jedoch stärker noch als im muttersprachlichen Sachfachunterricht wird auf die Sprache abgehoben, wird sie dem Lernenden transparent gemacht. Dabei sollten nicht terminologische Aspekte im Vordergrund stehen, wie man das ursprünglich für den CLIL-Unterricht gefordert hatte. Viel wichtiger erscheint bei der Spracharbeit die Entwicklung eines Repertoires an Sprechhandlungen, die im Sachfachunterricht eine zentrale Rolle spielen. Dieses lässt sich für alle Sachfächer, ob sie nun naturwissenschaftlich, sozialwissenschaftlich oder geisteswissenschaftlich orientiert sind, bestimmen. Für diese Sprechhandlungen muss der Schüler sprachlich ausgestattet sein, um selbstständig handeln zu können. Wenn der Unterricht in einer Fremdsprache stattfindet, muss die sprachliche Ausstattung hierfür auch in der Fremdsprache bereit gestellt werden. Zu diesen Sprachhandlungen gehören die folgenden: · beschreiben mit den Teilhandlungen identifizieren, definieren, klassifizieren. · erklären mit den Teilhandlungen exemplifizieren, elaborieren, reduzieren. · bewerten mit den Teilhandlungen argumentieren, nachweisen. · Schlussfolgerungen ziehen mit den Teilhandlungen erschließen, erklären. Diese Handlungen, die sich den Sprachfunktionen zuordnen lassen, werden in der Muttersprache bzw. im bilingualen Sachfachunterricht in der Fremdsprache sprachlich umgesetzt, sie dienen jedoch der Arbeit mit den Inhalten des Sachfachs und gewinnen damit auch einen hohen Grad an Realität. Dadurch, dass sie den Lernenden bei der Arbeit mit Sachfachinhalten bewusst gemacht und von ihnen als notwendig angesehen werden, werden sie auch gelernt. Akademische Interaktionsfähigkeit Entscheidend bei der sprachlichen Förderung ist also die Herausbildung sprachlicher Fähigkeiten, die sich auf die Arbeit mit dem Sachfach beziehen. Ein Beispiel soll dies deutlicher machen. Sachfacharbeit ist in hohem Maße auf die Arbeit mit Texten bzw. Dokumenten ausgerichtet, bezieht aber auch andere Materialien, z.B. Bilder, Graphiken, Filme mit ein. Die Lernenden müssen sprachlich auf den Umgang mit solchen Materialien vorbereitet werden. Das heißt, dass ihre Lesefähigkeiten stärker ausgebildet werden müssen als etwa im traditionellen Fremdsprachenunterricht, in welchem die mündliche Interaktion eine größere Rolle spielt. Das Lesen von Texten und Dokumenten ist an Lesestrategien gebunden, die den Lernenden vermittelt werden müssen. Die Arbeit mit Bildern, Graphiken und Filmen erfordert andere Strategien, die ebenfalls erarbeitet und im Hinblick auf die sprachliche Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse gefördert werden müssen. Die Beschreibung des Bildes einer geologischen Formation erfordert z.B. Strategien, mit Hilfe derer die wichtigen Merkmale dieser Formation erkannt werden können, gleichzeitig aber müssen diese Erkenntnisse aus ihrer konzeptuellen in eine sprachliche Form überführt werden können. Sprachliche Förderung erfolgt also immer angebunden an die Aufgabenstellungen des Sachfachs, sie bestimmen, welche sprachlichen Prozesse und Strategien, aber auch welche sprachlichen Mittel in den Unterricht eingebracht werden. Im weitesten Sinne geht es um die Förderung einer akademischen Interaktionsfähigkeit im Sinne von Cummins' CALP-Konzept (cognitive academic language proficiency). Während im Fremdsprachenunterricht vor allem in den ersten Jahren das gefördert wird, was Cummins als BICS bezeichnet hat (basic interpersonal communication skills), bezieht sich der bilinguale Sachfachunterricht von Anfang an auf die Herausbildung der akademischen Interaktionsfähigkeit. Code-Switching ist gefragt Abschließend zu diesen Überlegungen sei noch eine methodische Anmerkung zur Verwendung von Mutter- und Fremdsprache im bilingualen Unterricht gemacht. In den Anfängen von CLIL wurde analog den Prinzipien des damaligen Fremdsprachenunterrichts die methodische Forderung erhoben, der bilinguale Sachfachunterricht solle streng einsprachig vorgehen, d.h. die Muttersprache dürfe im Klassenzimmer keine Verwendung finden. Heute ist man anderer Ansicht: die Bedeutung der Muttersprache bei integrierten fremdsprachlichen und sachfachlichen Lernprozessen wird nicht mehr in Frage gestellt, insbesondere seit man erkannt hat, dass Prozesse des code-switching, die im bilingualen Klassenzimmer häufig zu beobachten sind, bisher aber methodisch nur selten Beachtung fanden, von großer Bedeutung von Sprachlern- und Sprachbewusstmachungsprozessen sind (vgl. hierzu vor allem Wannagat). Literatur zum Thema Cummins, J. (1987): “Bilingualism, language proficiency and metalinguistic development”. In: Homel, P., Palij, M. & Aaronson, D. (eds.): Childhood Bilingualism: Aspects of Linguistic, Cognitive and Social Development. Hillsdale, NJ: Erlbaum. Cummins, J. (1992):"Heritage language teaching in Canadian schools". Journal of Curriculum Studies 24, 281-86. Dam, L. (1994): "How do we recognise an autonomous classroom." Die Neueren Sprachen, 93, 503-527 Jansen O’Dwyer, E. (2007): Two for One: Die Sache mit der Sprache. Bern: h.e.p. Verlag Wannagat, U. (Arbeitstitel, erscheint 2008/2009): Bilingualer Sachfachunterricht und EMI (English as Medium of Instruction): Ein Vergleich zwischen Deutschland und Hong Kong. Fremdsprache Deutsch Zeitschrift für die Praxis des Deutschunterrichts Heft 40 | 2009 Zweiklang im Einklang - Integriertes Sprachen- und Fachlernen (CLIL) ______________________________________________________________________________________________ Auszug CLIL - Sprache als Vehikel oder „Zweiklang im Einklang?“ ______________________________________________________________________________________________ Von Kim Haataja Die vorliegende Ausgabe von Fremdsprache Deutsch widmet sich einem Thema, das in der gegenwärtigen Fachdiskussion über eine zeit- und zielgerechte Entwicklung schulisch-institutioneller (Sprach-)Bildungsangebote eine überaus zentrale Rolle einnimmt. Die Rede ist von Content and Language Integrated Learning (CLIL), vom Bildungsansatz des integrierten Sprach- und Fachlernens. […] CLIL - Worum geht es? Hinter CLIL verbirgt sich ein Bildungsansatz, in dessen Kern ein sogenannter Dualfokus auf eine Verschmelzung von (Fremd-)Sprachen und weiteren sogenannten nicht-linguistischen Inhalten in Bildungskontexten steht. Kurzum: Über den Fremdsprachenunterricht hinaus - und damit bei der Vermittlung und Besprechung weiterer Fachinhalte - wird zumindest teilweise eine andere Sprache als die Erstsprache (L1) der Lernenden als Arbeits- und Kommunikationssprache eingesetzt. Inzwischen gilt es als nachgewiesen, dass hiervon sowohl die jeweiligen Lernenden als auch die Lehrpersonen in vielerlei Hinsicht profitieren können: Neben der Erlangung weiterführender Fertigkeiten in der jeweiligen Zielsprache geht man von einer natürlichen und begünstigten Entwicklung interkultureller Handlungskompetenzen aus sowie von der Erweiterung der Erstsprachenfertigkeiten um neue, vergleichende Betrachtungsperspektiven. Als weitere Vorteile hat man u.a. auf den Erwerb von vielfältigeren und mehrdimensionaleren Fachkenntnissen durch das Heranziehen einer weiteren Arbeitssprache inklusive entsprechender Lernmaterialien und Darbietungsformen in CLIL-Umgebungen hingewiesen. Der CLIL-Ansatz - Wo kommt er her? Ebenso wie die Vorteile des Ansatzes mittlerweile auch in breiteren Kreisen bekannt sind, weiß man, dass die ihm unterliegenden Grundprinzipien alles andere als neu sind. Bereits in der Antike ist man ja mit Griechisch nach demselben Prinzip verfahren, und über eine ähnliche Funktion hat ferner Latein im Mittelalter verfügt sowie Französisch in Bildungskontexten der höheren gesellschaftlichen Schichten im 18. und 19. Jahrhundert. Auch in unserer Zeit kennt man die Prinzipien der sogenannten immersiven Spracherziehung spätestens seit den Erfahrungen mit Erfolgen der „French Immersion“ in Kanada oder ihrer europäischen Adaptationen. […] Die Terminologie - Was alles ist CLIL? Insbesondere aufgrund der geschichtlichen Entwicklung des Ansatzes als einer aus Praxiserfahrungen entstandenen und weiter erwachsenden „bottom-up“-Bewegung sind in Europa heute zahlreiche verschiedene Varianten des integrierten Sprach- und Fachlernens anzutreffen. Die dem CLIL charakteristische kontextuelle Elastizität erlaubt vielfältige, u.U. auch sehr kontextspezifische Formen zur Anpassung und Implementierung des Ansatzes. Neben den oben angesprochenen Vorteilen sind es auch gerade diese Verhältnisse, die das Potential des CLIL ausmachen und eine seiner größten Stärken als einem Bildungsansatz der Zukunft darstellen. Die Kehrseite hierzu ist lediglich, dass mit den unterschiedlichen Implementierungsformen auch die Anzahl der Definitionen konstant ansteigt, mit welchen man auf CLIL Bezug nimmt. In Europa kursieren heute regelmäßig sicher mehr als 20 Begriffe, die sich inhaltlich teils überschneiden, teils aber auch eine für einige Zusammenhänge durchaus wichtige Grenzziehung ermöglichen. So wie sich das Akronym CLIL in den letzten 10 bis 15 Jahren in der gesamteuropäischen Fachdiskussion als Oberbegriff etabliert hat, bietet es sich auch in unserem Zusammenhang an, das Akronym CLIL ggf. in der deutschen Übersetzung (z.B. integriertes Sprachen- und Fachlernen) als Oberbegriff zu wählen, seine verschiedenen Varianten als Subtypen des CLIL aufzufassen und deren kontextgebundene sowie auch kontextuell begründete Definitionen als solche zuzulassen und beizubehalten. Die Verwendung von CLIL als Oberbegriff erscheint für unsere Zwecke insofern als besonders zeitgerecht und angebracht, als es den Schwerpunkt des schulischen (und teils außerschulischen) Wissenserwerbs auf die Lernperspektive setzt und ferner den für sämtliche CLIL-Kontexte charakteristischen Dualfokus des Unterrichts (auf Sprache und Fachinhalt) treffend ausdrückt (Haataja, 2009). Als deutsche Übersetzung eignet sich im vorliegenden Fall der Begriff „Integriertes Sprachen- und Fachlernen“ auch u.a. deshalb, weil er sowohl formal als auch inhaltlich eine verhältnismäßig unkomplizierte und angemessene Übersetzung des englischsprachigen Akronyms CLIL anbietet. […] Deutsch als CLIL-Sprache Im Kontext der gesamteuropäischen CLIL-Diskussion ist Deutsch als Zielsprache vergleichsweise neu. Auch wenn die kombinierte Vermittlung von Fachinhalten und Deutsch als Fremdsprache (etwa im Zusammenhang mit den Deutschen Auslandsschulen) eine beachtenswerte Tradition hat, ist Deutsch als Fremdsprache insgesamt in den bisherigen CLIL-Diskussionen nur marginal berücksichtigt worden. Selbstverständlich haben die entsprechenden Aktivitäten und Publikationen relevanter Institutionen (etwa der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen und des Goethe-Instituts) zur Wahrnehmung des Deutschen als CLIL-Sprache prinzipiell beigetragen. […] Mit dem vorliegenden Themenheft soll einerseits an die Diskussionen und Erfahrungen angeknüpft werden, die bereits im Heft 30 der Fremdsprache Deutsch (Goethe-Institut, 2004, vgl. auch Leisen, 2003) unter dem Titel „Deutsch in allen Fächern“ präsentiert wurden, andererseits wollen wir die Gunst der Stunde nutzen und über diesen Rahmen hinausgehen: Es gilt, das Potential des integrierten Sprachen- und Fachlernens als einen Bildungsansatz der Zukunft zu erkennen, auf die Kompetenzorientierung des schulisch-institutionellen Wissenserwerbs hinzuweisen sowie den Stellenwert von Pflege und Stärkung der Sprachenvielfalt in der Schulerziehung zu unterstreichen - und dies bei besonderer Berücksichtigung des Deutschen als Fremd-, Zweit- und Unterrichtssprache (oder kurz: Deutsch als CLIL-Sprache, und zwar sowohl in einem deutschsprachigen als auch einem nicht-deutschsprachigen Lernumfeld). Einen besonderen Ausgangspunkt bieten uns hierbei die Anregungen, Erfahrungen und Ergebnisse aus der erstmaligen internationalen Erhebungsstudie zum integrierten Sprach- und Fachlernen auf Deutsch. CLILiG: Eine europäische Erhebungsstudie zum integrierten Sprach- und Fachlernen auf Deutsch Angestoßen durch die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Untersuchung zum schulischen Erwerb des gesprochenen Deutsch (L2) bei L1-Finnisch an finnischen Schulen wurde im Jahr 2004 die Vorbereitung der erstmaligen internationalen Erhebungsstudie zum integrierten Sprach- und Fachlernen auf Deutsch in die Wege geleitet. Um der terminologischen Transparenz willen sowie im Bemühen um eine stärkere Berücksichtigung des Deutschen als Fremdsprache in der gegenwärtigen sprachenübergreifenden CLIL-Diskussion wurde die Studie in Anlehnung an das bereits vor allem im europäischen Raum etablierte Akronym CLIL englischsprachig betitelt: So wurde aus der Erhebung zum integrierten Sprach- und Fachlernen auf Deutsch die CLILiG-Studie - eine europäische Kooperation zum Content and Language Integrated Learning in German. Trotz einer überaus stark auf das Deutsche als Ziel-, Arbeits-, Zweit-, und Fremdsprache fokussierten Ausrichtung der Studie hat sich das englischsprachige Akronym CLILiG alsbald für diesen Rahmen als eine gelungene Variante erwiesen, und zwar nicht zuletzt wegen der leichten Adaptier- und Handhabbarkeit sowie der bereits angesprochenen kontextuellen Elastizität der Definition. […] Wie es für die Natur einer Erhebungsstudie charakteristisch ist, bestand das wichtigste übergeordnete Ziel auch in der CLILiG-Studie gerade darin, bereits bestehende Formen und Foren der transnationalen Zusammenarbeit zum Thema zu festigen. Ferner galt es, neue Regionen, Instanzen und Individuen für den Ansatz zu sensibilisieren und über ihn zu informieren. Zudem war - besonders in den elf beteiligten Ländern - eine einführende Bestandsaufnahme und Bedarfsanalyse zum künftigen Entwicklungspotential des CLILiG in sowohl internationaler als auch nationaler Hinsicht durchzuführen. Da die Hintergründe und Methoden sowie die Ergebnisse und Folgen der Erhebung an anderen Stellen (Haataja, 2007a, 2007c, 2008) ausführlicher besprochen worden sind, werden hier lediglich die wichtigsten Ergebnisse der Studie beleuchtet. Anschließend sind die vom Projektkonsortium vorgeschlagenen Desiderata zur künftigen Entwicklung und Erforschung des deutschsprachigen CLIL zusammenzufassen - und dies im Sinne einer Brücke zu den weiteren Beiträgen im vorliegenden Heft. Datenerhebung und Ergebnisse der CLILiG-Studie - ein Kurzüberblick Auf der Grundlage umfassender Situationsbeschreibungen (s. z.B. Haataja, 2006, 35-69) zum Status quo der schulischen Fremdsprachenvermittlung bei besonderer Berücksichtigung des Deutschen als Fremdsprache sowie der bestehenden bzw. geplanten deutschsprachigen CLIL-Angebote in den teilnehmenden Ländern, wurden für die Zwecke der Erhebung zahlreiche, je nach Zielgruppe unterschiedlich profilierte Fragebögen angefertigt (a.a.O., 77-131). Die Situationsbeschreibungen sowie die Gespräche, Workshops und Präsentationen (sowohl auf den Projekttagungen als auch auf weiteren thematisch angrenzenden internationalen Konferenzen) hatten ergeben, dass an dieser Stelle im Sinne einer erstmaligen internationalen Erhebung zum Thema, vor allem die folgenden vier Bereiche als primäre Erhebungsbereiche der Studie berücksichtigt werden müssen: 1. Bildungspolitische und institutionelle Rahmenbedingungen, 2. Vorschulerziehung, Schule und Unterricht, 3. die Lehrerausbildung sowie 4. die Lehrerfortbildung. Eine Vielzahl unterschiedlicher Adressaten in den einzelnen Erhebungsbereichen wurde mittels Fragebögen, Telefoninterviews, persönlicher Gespräche oder einer Kombination dieser Befragungsweisen um eine Stellungnahme zum heutigen Stand bzw. zum künftigen Einführungs- und Entwicklungspotential des integrierten Sprach- und Fachlernens auf Deutsch gebeten. Das Ergebnis in den teilnehmenden Ländern war ein Überblick über den heutigen Stand sowie über die künftigen Entwicklungsbedürfnisse und -möglichkeiten des deutschsprachigen CLIL. […] Nach dieser Bestandsaufnahme bleibt nun auch die Herausforderung bestehen, eine konkrete Umsetzung der erkannten Entwicklungsbedürfnisse zu sichern und für die Systematisierung und Nachhaltigkeit der Fördermaßnahmen zu sorgen. Gerade aus diesen Gründen (und im Bemühen um eine weitere Festigung der durch die CLILiG-Studie entstandenen Kooperationsplattform) wurden in der Endphase der Studie Empfehlungen für Themen aufgelistet, die vor dem Hintergrund der hier erzielten Ergebnisse bereits in der nächsten Zukunft in die Fördermaßnahmen des deutschsprachigen CLIL Eingang finden sollten. Auf diesem Entwicklungsweg stellen auch das vorliegende Heft an sich sowie vor allem die dafür gewonnenen spezifischen Fachbeiträge keinen unwesentlichen Schritt dar. […]