Hausfrau: Der neue Traumberuf Eva Winroither Wenn Tina M., 18 Jahre, von der Zukunft träumt, dann hat sie ein klares Bild vor Augen: Sie möchte einmal Kinder haben, vier hübsche blonde Kinder. Und während ihr Mann (natürlich ist sie verheiratet) in die Arbeit geht und das Geld nach Hause bringt, wird sie sich um den Nachwuchs kümmern: kochen, putzen, bügeln, und das vielleicht zehn Jahre lang, bis ihre Sprösslinge aus dem Gröbsten heraus sind. Auch wenn Tina M. wie ein wandelndes Klischee aus der Zeit unserer Großeltern klingt, ist sie nicht erfunden. Die 18-Jährige lebt im oberösterreichischen Wels, besucht eine berufsbildende höhere Schule, wird bald die Matura machen, vielleicht sogar studieren, kurz arbeiten gehen (wozu hätte sie sonst studiert?), aber dann – wenn alles nach ihren Vorstellungen verläuft – sich voll und ganz der Familie widmen. Karriere? Muss doch nicht sein! Tina M. scheint mit ihrem Denken gar nicht alleine zu sein. Vergangenen Montag präsentierte Wirschaftsminister Reinhold Mitterlehner (der sich auch Familien- und Jugendminister nennt) die vierte Ausgabe des „Jugendmonitor“, eine Studie, in der rund 800 Jugendliche zwischen 14 und 24 Jahren über ihre Einstellung zum Thema „Familie“ befragt wurden. Die Antworten ließen diesmal verwundert aufhorchen: Rund 55 Prozent der befragten Mädchen wollen lieber zu Hause bleiben und sich um den Haushalt kümmern, als Karriere zu machen, vorausgesetzt, der Partner verdient genug. 76 Prozent gaben an, mehr auf den Ausgleich zwischen Familie und Kindern als auf Karriere zu setzen, und 85 Prozent der Mädchen sind bereit, zugunsten der Familie Teilzeit zu arbeiten. „Wirklich überraschend, dass die traditionellen Rollenbilder in den Jugendlichen noch so stark verwurzelt sind“, sagt Motivforscherin Sophie Karmasin, die für die Durchführung der Studie verantwortlich war. „Die Einstellung unterscheidet sich kaum von denen der Eltern.“ Eine Diskrepanz sieht Karmasin nur zwischen Wunsch und Realität. „In Wahrheit bleiben Frauen natürlich seltener daheim. Auch weil sie es sich oft finanziell gar nicht leisten können.“ Sie glaubt, dass das Ergebnis auch die Überforderung der Frauen widerspiegelt: „Sie wissen, sie sollten Kinder kriegen und irgendwann ziehen sie sich aus Überforderung zurück.“ Haufrau ist daher vielleicht weniger ein Traumberuf als eher ein gefühlter Ausweg aus der Doppel- und Dreifachbelastung. Die Presse, 29. Mai 2011 „Väterkarenz ist schon etwas Exotisches“ Andrea Heigl Wien. Martin Schelm verdient, wie er selbst sagt, „zum Glück nicht zu viel, um in Karenz zu gehen.“ Bei drei seiner vier Kinder blieb der Sozialpädagoge zu Hause. Sein Umfeld, sagt Herr Schelm, habe sein Engagement bei der Kinderbeitreuung mit „wohlwollendem Erstaunen“ wahrgenommen. „Die meisten Männder sagen: Hey, cool, dass du das machst. Sie freuen sich für mich, viele sind fast ein bisschen neidisch. Gleichzeitig fällt jedem von ihnen mindestens ein Grund ein, warum sie selbst nicht zu Hause bleiben können. Insgesamt ist Väterkarenz aber schon noch etwas Exotisches.“ Tatsächlich ist das gröBte Hindernis für Männe der drohende Einkommensverlust. Laut einer Studie verdienen nur acht Prozent der Befragten weniger als ihre Partnerin. 62 Prozent der Männer könnten sich zwar grundsätzlich vorstellen, in Karenz zu gehen, gleichzeitig fürchten aber viele, dass die Auszeit den beruflichen Aufstieg hemmen könnte. In der Gruppe der Selbstständigen gibt es mit 21,9 Prozent aktuell den gröBten Anteil an Männern, die bei den Kindern zu Hause bleiben, gefolgt von den Bauern (19,4 Prozent). Beamte und Arbeiter liegen mit über acht Prozent knapp vor den Studenten (7,1 Prozent), das Schlusslicht bilden die Angestellten mit 2,3 Prozent. Insgesamt ergibt das eine Männerkarenzquote von 4,5 Prozent. Im Bundesländervergleich führen die Wiener Väter mit 8,5 Prozent, Schlusslicht sind die Vorarlberger (4,5 Prozent). Ob ein Mann bei seinen Kindern bleibt, sei nicht zuletzt eine Frage der Prioritäten., meint Martin Schelm: „Wir waren seit zehn Jahren nicht mehr im Urlaub, trotzdem möchte ich die Erfahrungen mit meinen Kindern keinesfalls missen.“ Er würde die Väterkarenz überhaupt gesetzlich verpflichtend vorschreiben. Gleichzeitig vermisst er die Wahlmöglichkeiten: „Viele Eltern, vor allem Alleinerzieher, werden gezwungen, schnell wieder in den Job zurückzukehren.“ Quelle: der Standard, 30.12.2010