November 2008 | ISSN 14359146 | G 10624 www.bundestag.de Kinderrepublik Deutschland Familienpolitik in Wandel Streitpunkt Europas Zukunft Nahaufnahme Gert Weisskirchen November 2008 Blickpunkt Bundestag 1 Inhalt Politik für Kinder Elterngeld, Krippenausbau oder das neue Unterhaltsrecht stehen für mehr als einen neuen Ansatz in der Fami­lienpolitik, sie stehen für einen tief greifenden gesellschaftlichen Wandel. BLICKPUNKT BUNDESTAG unternimmt eine Reise in die „Kinderrepublik Deutschland“ – und trifft dabei einige der wichtigsten Protagonisten. Friedenspolitik „Reden, reden, reden, damit nicht geschossen wird“ ist sein Credo für die Lösung von Konflikten. Der SPD-Abgeord­nete Gert Weisskirchen ist jemand, der unideologisch und pragmatisch die Welt besser machen möchte. Ihn beschäftigen die Krisenregionen rund um den Erdball wie Afghanistan, Irak – und jüngst Georgien. Europas Zukunft Wohin steuert Europa? Im BLICKPUNKT-Streitgespräch diskutiert Adam Krzemin´ski, Redakteur der Wochen­zeitung „Polityka“ und einer der besten Kenner Deutschlands in Polen, mit Gregor Gysi, Vorsitzender der Fraktion Die Linke. 2 Begegnungen im Parlamentsviertel an der Elbe 4 Titel Kinderrepublik Deutschland Familienpolitik im Wandel 12 Nahaufnahme Der Tauwettermacher Gert Weisskirchen 17 Experten Ist Schönheit wirklich alles, Frau Connemann? 18 Ansichtssachen Andacht 20 Streitpunkt Europas Zukunft Streitgespräch: Gregor Gysi und Adam Krzemin´ski 28 Im Blick Auf Odysseus’ Spuren Der Hammelsprung im Parlament 30 Menschen Ein Raum, geschaffen für den Dialog Kunst im Bundestag 34 Platz der Republik Abenteuer Politik Kindertag im Bundestag 35 Im Wortlaut Wer hat’s gesagt? 36 Parlamentsgeschichten Elegantes Vakuum Brasilien: Congresso Nacional www.bundestag.de Datenschutz im Informationszeitalter SPEZIAL Dieser Ausgabe von Blickpunkt Bundestag liegt das Spezial „Datenschutz im Informationszeitalter“ bei. Titelbild: Die Kinder der BLICKPUNKT-Titelgeschichte auf einem Spielplatz im Berliner Tiergarten (Foto: DBT/Werner Schüring) 4 12 20 Foto:DBT/WernerSchüringFoto:DBT/AnkeJacobFoto:ThomasKöhler/photothek.net Inhalt 2 Blickpunkt Bundestag November 2008 Begegnungen Den besten Überblick über die Attraktionen des Bürgerfests zum Tag der Deutschen Einheit 2008 hatte sicher diese Gruppe von Schauspielern auf Stelzen, die sich bei dem dreitägigen Fest in der Hamburger Speicherstadt unter das Volk mischte. Für die rund 550.000 Besucher gab es einiges zu erleben, zum Beispiel im Pavillon des Bundestages: Im „Forum Plenarsaal“ schlüpften die Gäste für eine halbe Stunde in die Rolle der Abgeordneten und erfuhren, wie die Volksvertreter arbeiten, wie Gesetze entstehen und wie eine Abstimmung funktioniert. Außerdem standen Bundestagsabgeordnete auf der Bühne Rede und Antwort, ein Quiz sorgte für Spannung, und im „Kommunikationsforum“ konnten sich die Besucher umfassend informieren – während die Kinder in der eigens eingerichteten Spielecke tobten. Im Parlamentsviertel an der Elbe Drei Tage lang hatte das Berliner Par­lamentsviertel einen Ableger an der Elbe. In der Hamburger Speicherstadt wurde das traditionelle Bürgerfest zum Tag der Deutschen Einheit gefeiert. Etwa 550.000 neugierige Menschen und alle staatlichen Institutionen aus Berlin waren dabei. Bei ihren Auftritten ging es oft um die Kultur. Denn die Hansestadt hatte dem Fest erstmals ein Motto gegeben. Das lautete „Kulturnation Deutschland“. Einigen Trägern dieser Kulturnation läuft man an diesen Tagen über den Weg. Zum Beispiel Michael A. Wenz, der mit schwarzem Zylinder und roter Frackjacke für eine Aufführung seines „Theaters 62“ aus Bremen wirbt. Wenz erzählt, er habe das Theater 1962 als 15-jähriger Schüler „mit null Mark“ gegründet. Wie auf jedem Bürgerfest spielt die Truppe wieder „Die Bremer Stadtmusikanten“. Wenz hat das grimmsche Märchen bearbeitet, er führt Regie, sorgt für die Maske und hat sich Bühnen­bild und Kostüme ausgedacht. Die Stadtmusikanten sind ihm zufolge das weltweit bekannteste Märchen. In Russland müssten es die Kinder der zweiten Klasse sogar auswendig lernen. Er sei mit seiner Truppe schon oft in Russland gewesen, zuletzt am Baikalsee. Wenz ist stolz darauf, dass sein Theater keine Staats­­gelder erhält. Er nimmt nicht, sondern gibt noch: Ehrenamtlich organisiert er Hilfsgütersendungen nach Osteuropa. Kulturnation Deutschland? Um staatliche Förderung geht es auch im Pavillon des Bundestages. Bei einer Matinee sitzen Vertreter der „Kulturnation Deutschland“ auf dem Podium: eine freie Journalistin, ein Politiker, Intendanten von staatlichen und privaten Bühnen, ein Liedermacher, ein Direktor eines öffentlich-rechtlichen Senders. Ähnlich wie Wenz betont Theaterintendant Corny Litt­mann, seine beiden Bühnen auf der Reeperbahn erhielten keine Subventionen. „Wir möchten kein Staatsgeld. Damit sind wir auch sehr glücklich.“ Er bemängelt, dass in Deutschland kaum noch eigentliche Kulturförderung stattfinde, sondern dass vor allem die Institutionen mit ihren Beamten finanziert würden. Foto:DBT/WernerSchüring Bremer Stadtmusikant in Hamburg: Theatermacher Michael A. Wenz auf dem Bürgerfest Foto:DBT/WernerSchüring November 2008 Blickpunkt Bundestag 3 Termine im Parlamentsviertel bis 23. November Fotoausstellung: „Bilder machen Leute – Die Inszenierung des Menschen in der Fotografie“ Die Ausstellung zeigt Arbeiten zur Geschichte der Fotografie in Rheinland-Pfalz. Diese reichen von Salzbildern aus den Anfängen der Fotografie bis zur digital erzeugten kunstfotografischen Serie der Gegenwart. Landesvertretung Rheinland-Pfalz, In den Ministergärten 6, täglich (auch am Wochenende) von 10 bis 20 Uhr 30. November, 11 Uhr Film: „Sobibor. 14. Oktober 1943, 16 Uhr“ Widerstand und Flucht eines 16-jährigen Zwangsarbeiters aus dem Vernichtungslager Sobibor, eine Dokumentation von Claude Lanzmann, Frankreich, 2001, 101 Min. Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Stauffenbergstraße 13–14, Eintritt frei 1. Dezember, 8 bis 14 Uhr Kindertag des Deutschen Bundestages Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren mit mindestens einer Begleitperson können an einer kindgerechten Führung durch das Reichs­tagsgebäude teilnehmen. (Letzter Eintritt 13 Uhr) Anmeldung: Deutscher Bundestag – Besucherdienst – Platz der Republik 1, 11011 Berlin, per Fax an (0 30) 2 27-3 00 27 oder per E-Mail: besucherdienst@bundestag.de 8. Dezember, 18.30 Uhr Vier, sechs oder neun Jahre: Wie lange gemeinsam lernen? Vortrag und Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Rainer Lehmann, Erziehungswissenschaftler, Humboldt-Universität Berlin, Sascha Steuer, bildungspolitischer Sprecher der Berliner CDU-Fraktion, Hans Peter Meidinger, Bundesvorsitzender Deutscher Philologenverband Konrad-Adenauer-Stiftung, Tiergartenstraße 35, Anmeldung unter kas- berlin@kas.de Begegnungen Das alles seien „polemische Gerüchte“, kontert Littmanns Kollege Peter Spuhler. Es gebe an deutschen Theatern überhaupt keine Beamten. Der Heidelberger Intendant nennt ein paar bemerkenswerte Zahlen: Das Anfangsgehalt eines deutschen Künst­lers nach einem Eliteabschluss betrage 1.550 Euro brutto. Er habe sechs freie Sonntage im Jahr, müsse Sonntags- und Feier­tagsarbeit ohne Zuschläge leisten. Trotzdem ist Deutschland für ausländische Künstler sehr attraktiv, wie die türkischstämmige Journalistin Mely Kiyak berichtet. Viele Menschen anderer Nationalität arbeiteten an deutschen Opern­häusern und Theatern. Kiyak vergleicht das mit Lebens­mitteln, von denen die meisten auch importiert seien. „Obst und Gemüse mit Migrationshintergrund“ nennt sie das. Kiyak spricht die Rolle der deutschen Sprache an. Obwohl es immer noch ein Bedürfnis nach nationalen Iden­titäten gebe, „werden wir im Radio zugeballert mit englischen Texten“. NDR-Hörfunkdirektor Joachim Knuth widerspricht. Die deutsche Sprache spiele in den Hörfunkprogrammen des NDR eine große Rolle. Allerdings sei für ihn Kultur weit mehr als die Betrachtung deutscher Kunstwerke oder deutscher Dramen. Heinz Rudolf Kunze, Musiker und Literat, erinnert sich. Als er vor 30 Jahren mit seinem Beruf angefangen habe, sei Englisch die Sprache der Popmusik gewesen. Mit seinen deutschen Tex­ten sei er damals fast allein gewesen. Keine Kultur ohne Geld Die Bedeutung der Kultur für den Zusammenhalt von Menschen unterstreicht Hans-Joachim Otto (FDP), Vorsitzender des Bun­destagsausschusses für Kultur und Medien. Schon vor der Einigung des Deutschen Reiches 1871 habe die Kultur die Menschen verbunden, nicht die politi­sche Macht. „Der Gedanke der kulturellen Einheit über Staatsgrenzen hinweg ist älter als der Kalte Krieg.“ Unter den Zuhörern ist auch Elke Foertsch aus Soltau, die von ihrer Schwiegertochter Mely Kiyak hierher eingeladen wurde. Sie sagt: „Ich fand es entsetzlich, dass so viel über Geld geredet wurde.“ Natürlich sei es unsere Wirklichkeit, dass vieles vom Geld abhängig sei. Aber Kultur wachse doch aus der Gemeinsamkeit, zum Beispiel auf Festen. Etwas anders sieht das Rika Schultz aus Bremerhaven. Die Erzieherin arbeitet in einem sozialen Brennpunkt. Um die Kinder dort an Bildung und Kultur heranzuführen, sei zweierlei nötig: erstens gute Pädagogen – und zweitens Geld. Klaus Lantermann ■ Deutschland ist für ausländische Künstler attraktiv, meint die Journalistin Mely Kiyak Foto:DBT/WernerSchüring Podiumsdiskussion „Kulturnation – zwischen Vision und Wirklichkeit“ (von links): Peter Spuhler, Mely Kiyak, Hans-Joachim Otto, Joachim Knuth, Heinz Rudolf Kunze und Corny Littmann Foto:DBT/WernerSchüring Rubrik 4 Blickpunkt Bundestag November 2008 Kinderrepublik Deutschland Familienpolitik im Wandel In der Familienpolitik hat sich innerhalb weniger Jahre ein Paradigmenwechsel vollzogen. Familienförderung zielt nicht länger vor allem darauf ab, Eltern finanziell zu stärken. Vielmehr legt die Große Koalition das Schwergewicht in der Familienpolitik heute auf eine verbesserte Vereinbarkeit von Kind und Karriere. Das Elterngeld, der Krippenausbau und das neue Unterhaltsrecht markieren den neuen Ansatz. Die Politik reagiert damit auf den gesellschaftlichen Wandel und beschleunigt ihn zugleich. Foto:DBT/WernerSchüring November 2008 Blickpunkt Bundestag 5 6 Blickpunkt Bundestag November 2008 „Die Schule macht mir Spaß. Ich habe sogar eine Urkunde als Rechenkünstler gekriegt. Außerdem lerne ich Sorbisch. Das sprechen manche Leute in Cottbus, wo ich wohne. Der Unterricht ist total leicht, und wenn wir an einem langen Tag sechs Stunden haben, finde ich das cool. Nur das Mittagessen ist teuer. Das sollte kein Geld kosten, damit alle Eltern es bezahlen können. Nach der Schule gehe ich immer draußen spielen. Ich finde es gut, dass es Wald und Badeseen in der Nähe gibt. Es sollte überall Spielplätze für Kin­der geben, wo sie Verstecken spielen und Fahrrad fahren können.“ Willy (7 Jahre) Titel ie „Familien stehen im Zentrum der Politik der großen Koalition“, sagt die Bundes­­kanzlerin. Diese Fest­­ stellung Angela Merkels während der Haushaltsdebatte im Bundestag zeigt, dass die Zeiten, in denen ein Kanzler Familienpolitik noch abschätzig als „Gedöns“ bezeichnen konnte, vorbei sind. Mit dem Elterngeld, dem Ausbau der Krippen und der Reform des Unterhaltsrechts haben Union und SPD auf den gesellschaftlichen Wandel in Deutschland reagiert und neue Akzente gesetzt. Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist das familienpolitische Leitmotiv der Koalitionäre. Denn hier, so wird Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen nicht müde zu erklären, habe Deutschland noch enormen Nachholbedarf. Zu Beginn der „neuen Fami­lienpo­litik“ stand die Erkenntnis, dass in Deutschland der Staat mit jährlich rund 185 Milliarden Euro zwar viel Geld für die Familienförderung ausgibt, aber dennoch Jahr für Jahr immer weniger Kinder geboren werden. Seit den 90er-Jahren dümpelt die Geburtenrate bei rund 1,3 Kindern pro Frau. Ein weiterer Missstand: Viele junge, oft gut ausgebildete Frauen fühlen sich vor die Entscheidung gestellt, ob sie Karriere oder Kinder wollen. Denn vor allem in den alten Bundesländern mangelt es an Betreuungsplätzen. Wie eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach zeigt, hätte jede zweite derzeit nicht berufstätige Mutter gern einen Broterwerb, vorzugsweise eine Teilzeitstelle. Doch vielerorts fehlt es an Krip­penplätzen und Ganztagsschulen. Nicht selten hapert es aber auch an der partnerschaftlichen Arbeitsteilung in der Familie. Denn selbst bei Doppelverdienereltern sind Erziehung und Betreuung der Kinder auch heute noch primär Frauensache, wie die AllensbachUmfrage zeigt. Die „neue Familienpolitik“, die schon von der früheren rot-grünen Regierung eingeleitet wurde und die CDUMinisterin von der Leyen mit Hochdruck und neuen Akzenten fortsetzt, bedeutet einen Paradigmenwechsel. Ging es früher in erster Linie darum, Familien finanziell unter die Arme zu greifen, ist jetzt das vorrangige Ziel, Eltern dabei zu unterstützen, selbst für den Unterhalt ihrer Kinder zu sorgen. D Mittagessen für alle Foto:DBT/WernerSchüring November 2008 Blickpunkt Bundestag 7 Kinder an die Macht? Initiative Kinderwahlrecht Seit Jahren wird in Deutschland über die Vor- und Nachteile eines Kin­­derwahlrechts diskutiert. Am 11. Sep-­ tember 2003 hatten Abge­ord­nete aller Fraktionen den Antrag „Mehr Demokratie wagen durch ein Wahl­recht von Geburt an“ in den Bundes­tag eingebracht. Sie forderten ein Wahlrecht für Kinder, das jedoch bis zu deren Volljährigkeit von den Eltern aus­zuüben sei. Der Antrag wurde ab­gelehnt. Im Juni 2008 star­teten 46 Abgeordnete einen erneuten Anlauf und forderten die Re­­gierung auf, ein Gesetz zur Ein­führung eines Kinderwahlrechts vorzulegen. Die Initiatoren wollen erreichen, dass die Politik künftig stärker die Interessen der nachwachsenden Generationen berücksichtigt. Altbun­des­präsident Roman Herzog, ein erklärter Befürworter des Kinder­wahlrechts, befürchtet angesichts des demografischen Wandels an­sonsten eine Übermacht der Älteren. Die Gegner sehen da­ge­gen ebenso wie das Bundesver­fas­sungsgericht eine Absenkung der bestehenden Al­ters­grenze beim Wahlrecht nicht als geboten an. Kinder selbst seien politisch nicht urteilsfähig. Den Eltern je Kind eine Zusatzstimme zu geben, verstoße wiederum gegen die demokratische Grundregel, nach der jeder Wähler nur eine Stimme habe. Die Kritiker, die bislang deutlich in der Mehrheit sind, verweisen zudem auf ganz praktische Probleme, wenn die Eltern in ihrer Wahlentscheidung nicht übereinstimmen. Das Elterngeld, das im vergangenen Jahr das bisherige Erziehungsgeld abgelöst hat, markiert diese veränderte Schwerpunktsetzung. Die neue Geld­leis­­ tung, die in den ersten zwölf Mo­naten nach der Geburt gezahlt wird, setzt bei der Berufstätigkeit von Vater und Mutter an. Denn es handelt sich um eine Lohnersatzleistung. Wer von beiden Elternzeit beantragt, erhält 67 Prozent seines letzten Nettoeinkommens, maximal 1.800 Euro. Wer vor der Elternzeit nicht erwerbstätig war, also vor allem Arbeitslose, Stu­den­ten und Hausfrauen, bekommt den Sockelbetrag von 300 Euro. Zwei Mo­na­te länger zahlt der Staat, wenn beide Elternteile Elternzeit beantragen. Die leise Revolution Um die beiden „Vätermonate“ wurde zu Beginn heftig gestritten. Vor allem innerhalb der CSU gab es Widerstand, von „Zwang zum Wickelvolontariat“ war die Rede. Inzwischen sind die Partnermonate jedoch auch bei CDU und CSU akzeptiert. In der Gesellschaft hätten die Vä­­ter­ monate„eineleiseRevolutionausgelöst“, meint Familienministerin von der Leyen. Und auch nach Einschätzung von Allens­bach-Chefin Renate Köcher „hat sich bei den Vätern spürbar etwas getan“. Den Wandel belegt der im Oktober veröffentlichte Elternzeitbe­richt der Bun­desregierung, der ein positives Gesamt­urteil der Bevölkerung und eine deutlich gestiegene Beteiligung der Väter an der Betreuung des Neugeborenen feststellt. Tatsächlich schnellte der Anteil der Väter, die wegen der Kindererziehung eine berufliche Auszeit nehmen, von 3,5 Prozent im Jahr 2006 auf 14 Prozent im laufenden Jahr in die Höhe. Den Männern fällt es offenbar leichter als früher, vor ihre Chefs zu treten und eine Babypause zu fordern – schließlich müssten sie ansonsten auf das staatliche Geld verzichten. „Mit den Partnermonaten schaffen wir eine Bewusstseinsänderung nicht nur bei den jungen Vätern, sondern auch in den Chefetagen der Unter­nehmen“, beobachtet die Vor­sitzende des Familienausschusses des Bundestages, Kerstin Griese (SPD). Allerdings beschränkt sich das Gros der männlichen Elternzeitler bisher auf die zwei Partnermonate, während die Mütter in der Regel zwölf Monate nehmen. Um diesen Unterschied zu verringern, will Familienministerin von der Leyen die Vätermonate weiter ausdehnen. Nicht alle Familien haben indes von der Reform profitiert. Gut die Hälfte der Eltern bekommt nur den Sockelbetrag von 300 Euro, zum Teil ergänzt durch einen Geschwisterbonus. Vor allem Hausfrauen, Arbeitslose und Studenten sind die Verlierer der Umstellung. Denn das frühere Erziehungsgeld in gleicher Höhe wurde zwei Jahre lang gezahlt. Mit dem Elterngeld will die Große Koalition erklärtermaßen erreichen, dass die Mütter schneller als bisher wieder in den Beruf zurückkehren. Zum einen braucht die Wirtschaft angesichts des Fachkräftemangels vor allem die qualifizierten Frauen. Zum anderen zeigt der im vergangenen Sommer von der Bundesregierung vorgelegte Armutsund Reichtumsbericht, dass Kinder nur selten in prekären Verhältnissen leben, wenn beide Eltern berufstätig sind. „Die beste Prävention von Kinderarmut ist die Erwerbstätigkeit der Eltern“, betont Familienausschussvorsitzende Griese. Auch die von Familienministerin von der Leyen gestartete „Krippenof­fensive“ dient dem Ziel, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern. Bis 2013 soll sich die Zahl der Betreuungsplätze für unter Dreijährige auf 750.000 verdreifacht haben. Bislang gibt es in den alten Bundesländern nicht einmal für jedes zehnte Kleinkind ein Angebot. In Ostdeutschland liegt die Quote dagegen schon heute bei rund einem Drittel. Diese Größenordnung soll in fünf Jahren bundesweit erreicht werden. Die starke Ausrichtung der Familienförderung auf berufstätige Eltern ist in der Koalition nicht unumstritten. „Wir dürfen die Menschen nicht in ein bestimmtes Familienmodell drängen“, warnt der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Johannes Singhammer. „Die Eltern sollen echte Wahlfreiheit haben und selbst entscheiden, wie sie ihre Kinder betreuen.“ Die Union hat denn auch durchgesetzt, dass Eltern, die ihre Kinder in titel Foto:DBT/WernerSchüring 8 Blickpunkt Bundestag November 2008 ge Sicht viel mehr noch als der Krippenausbau oder das Elterngeld die Familienwelt verändern wird. Der Gesetzgeber müsse auf den gesellschaftlichen Wandel reagieren, argumentiert SPD-Ministerin Zypries unter Hinweis auf die hohe Scheidungsrate und die Zunahme von „Patchworkfamilien“ und nicht ehelichen Lebensgemeinschaften mit Kindern. Immerhin sind laut Statistik bei jeder zweiten Scheidung Minderjährige betroffen. Und nur noch drei Viertel der Kinder wachsen heutzutage in einer klassischen Familie auf, bei der Vater und Mutter verheiratet sind. Dagegen leben 26 Prozent der Minderjährigen in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft oder bei einem alleinerziehenden Elternteil. Die Unterhaltsrechtsreform sieht vor, dass die finanziellen Ansprüche von Kindern stets Vorrang vor denen der geschiedenen Expartner haben. Im zweiten Rang folgen die Ansprüche der Mütter von kleinen Kindern, unabhängig davon, ob sie mit dem Unterhaltspflichtigen verheiratet sind oder nicht. Erst dann kommt der Expartner dran, der keine minderjährigen Kinder zu versorgen hat. Geschiedene müssen sich nach einer Erwerbstätigkeit umsehen, wenn ihr den ersten Jahren zu Hause selbst betreuen, ab 2013 ein Betreuungsgeld er­halten sollen. Die entsprechende Passage im „Kinderförderungsgesetz“ ist allerdings vage gehalten. Eine spätere Regierung soll die Details und die Höhe der Leis­tung regeln. Im Gespräch sind 150 Euro im Monat. Doch ob die neue Geld-­ leistung für Einverdienerfamilien wirk-­ lich kommt, steht in den Sternen. Denn nicht nur die SPD ist strikt dagegen, sondern auch FDP, Grüne und Die Linke. Die Kritiker des Betreu­ungsgeldes warnen, dass gerade bil­dungsferne Eltern lieber das Bargeld als den Krippenplatz nehmen würden – zum Nachteil ihrer Kinder. Vorrang beim Unterhalt Dass nicht mehr die Hausfrau, sondern die berufstätige Mutter im Zentrum der familienpolitischen Initiativen der Großen Koalition steht, zeigt noch eine weitere Reform, die von der Öffent­lichkeit bislang wenig beachtet wird: die Novellierung des Unterhaltsrechts. Unter dem Motto „Vorrang für die Kinder“ setzte Bundes­justizministerin Brigitte Zypries die tief­­- greifende Änderung durch, die auf lan­ Titel „Meine Mami sollte mehr Zeit für meine Schwester und mich haben und nachmittags nicht arbeiten müssen. Dann hätten wir häufiger Zeit, etwas Schönes zu machen. Und kein Papi sollte ohne Arbeit sein. Auf dem Schulhof müssten bessere und sichere Klettergerüste und Spielgeräte stehen. Dann würden die Pausen mehr Spaß machen, und kein Kind würde sich mehr verletzen. Bei uns zu Hause sollten alle Nachbarn nett zu uns Kindern sein und nicht schimpfen, wenn wir mal nicht so leise sind. Außerdem sollten alle Kinder in den Höfen und in den Wohnhäusern genügend Platz zum Toben und Spielen haben.“ Charlotte (7 Jahre) Platz zum Toben Foto:DBT/WernerSchüring November 2008 Blickpunkt Bundestag 9 titel jüngstes Kind drei Jahre wird. Bisher dauerte die Schonfrist mindestens acht Jahre. Damit hat der Gesetzgeber eheliche und nicht eheliche Kinder nicht nur beim Unterhalt, sondern auch im Anspruch auf Betreuung durch die Mutter rechtlich gleichgestellt. Denn die Drei-Jahres-Frist galt in der Vergangenheit nur für ledige Mütter. Die Reform erleichtert die Gründung einer Zweit- oder Drittfamilie. Reicht das Geld des Unterhaltspflichtigen nicht für alle, wird immer die jüngste Beziehung – wenn Kinder vorhanden sind – gegenüber den früheren begünstigt. Weil solche Mangelfälle nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind, zählt neben den Geschiedenen auch das Gros der Scheidungskinder zu den Verlierern der Reform: Wenn die Mutter – selten ist es der Vater – als Alleinerziehende weniger Unterstützung vom Expartner erhält und sie keinen oder nur einen schlecht bezahlten Job findet, steigen mit ihr auch die Kinder sozial ab. Mit dem neuen Unterhaltsrecht hat die Koalition das klare Signal gegeben, dass Mütter durch eine Ehe nicht mehr abgesichert sind, sondern nur durch die eigene Berufstätigkeit. Vollzeitmütter dürf­ten deshalb auch im Westen immer seltener werden. Und weit mehr Kinder als heute werden von klein auf bis ins Jugendalter ganztags betreut werden. Um diesen Trend auch durch entsprechende Angebote vor Ort zu fördern, stellt der Bund nicht nur für neue Krippen, sondern auch für zusätzliche Ganztagsschulen erhebliche Steuermittel zur Verfügung. Kampf gegen Kinderarmut Vor allem die SPD kämpft seit Langem dafür, einen größeren Anteil der staatlichen Familienförderung in den Ausbau der Kinderbetreuungsinfrastruktur zu stecken und dafür die finanzielle Unterstützung über das Kindergeld oder steuerliche Freibeträge einzufrieren oder gar zurückzuschrauben. Nur bei Sachleistungen, so argumentiert Bundes­finanz­­minister Peer Steinbrück (SPD), sei sichergestellt, dass die Mittel tatsächlich bei den Kindern ankämen und deren frühkindliche Bildung förderten. Kindergeld könne dagegen auch von den Eltern für Dosenbier oder Flachbildschirme zweck­entfremdet werden. Tatsächlich gibt Deutschland mit 0,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im internationalen Vergleich relativ „Ich gehe gerne in die Kita, weil da meine Freunde sind. Außerdem könnten Mama und Papa sonst nicht arbeiten, und wir hätten kein Geld. Ich kann schon Fahrrad fahren. Aber weil viele Autofahrer gar nicht auf uns Kinder achten, muss ich bei Einfahrten und Kreuzungen immer so aufpassen. Auf die Schule freue ich mich, weil ich dort Lesen und Schreiben lerne. Rechnen kann ich schon – bis 1.000. Und Englisch will ich auch lernen. Das braucht man, wenn man verreist, und ich war schon in vielen Ländern in den Ferien. Geschwister möchte ich keine haben. Sonst müsste ich ja mein Zimmer teilen.“ Moritz (5 Jahre) Endlich Englisch lernen Foto:DBT/WernerSchüring 10 Blickpunkt Bundestag November 2008 Titel Unterschiede von Kind zu Kind Finanzielle Förderung Foto:DBT/WernerSchüring Dem Kindergeld kommt innerhalb der Familienförderung eine herausragende Bedeutung zu. Mit rund 34 Milliarden Euro jährlich ist es die mit Abstand wichtigste Familienleistung. Für kommendes Jahr plant die Bundesregierung, das Kindergeld für die ersten beiden Kinder von derzeit 154 auf 164 Euro anzuheben. Für das dritte Kind steigt der Satz von 154 auf 170 und für jedes weitere Kind von 179 auf 195 Euro. Gleichzeitig steigt auch der Freibetrag für jedes Kind von derzeit 5.808 auf 6.000 Euro im Jahr. Innerhalb der Koalition ist das gut zwei Milliarden Euro teure Familienentlastungspaket umstritten. Für die Kindergelderhöhung hatte sich die Union stark gemacht, während die SPD zunächst Sachleistungen den Vorzug gab. Am Gesamtpaket stört viele Sozialdemokraten zudem, dass der geldwerte Vorteil der Freibeträge für die Bezieher höherer Einkommen größer ist als der Kindergeldbetrag. Jedes Kind müsse dem Staat gleich viel wert sein, fordert Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). In der Tat hängt die staatliche Fürsorge vom Geldbeutel der Eltern ab. Denn je nach Einkommen profitieren die Familien vom Freibetrag, dem Kindergeld oder dem HartzIV-Regelsatz für Kinder. Das meiste Geld bekommen die Bedürftigen. Hartz-IV-Empfänger erhalten für ein Kind bis zum Alter von 13 Jahren 211 Euro im Monat. Danach steigt der Satz auf 281 Euro und liegt damit deutlich über dem Kindergeldbetrag, den diejenigen Eltern erhalten, die selbst für den Unterhalt ihrer Kinder sorgen. Das Kindergeld kommt der breiten Masse der Familien in der Mitte der Gesellschaft zugute. Für Eltern, die über ein Jahreseinkommen von mindestens 62.800 Euro verfügen, ist es hingegen lukrativer, statt der Geldleistung den Steuerfreibetrag zu wählen. Unter dem Strich ergibt sich dann eine Steuerersparnis von maximal 203 Euro monatlich. Der Kölner Steuerrechtler Profes­sor Joachim Lang weist jedoch da­rauf hin, dass der Kinder­­ freibetrag im Ge­gensatz zum Kin­dergeld „keine Familienförderung darstellt“. Viel­mehr werde mit dem Freibetrag nur sichergestellt, dass das Existenzminimum eines Kindes – ebenso wie das jedes Erwachsenen – nicht besteuert wird. Dies verlangt die Verfassung. In dieser Sicht sind die Kinder aus wohlhabendem Hause somit die einzigen, die keine finanzielle Unterstützung vom Staat bekommen. Und auch das Kindergeld ist nur zu einem Drittel eine Sozialleistung. Zwei Drittel ergeben sich aus der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums. Entgegen der bisherigen höchstrichterlichen Rechtspre­­­chung wertet die SPD den Steuerfreibetrag als staatliche Familienförderung und fordert eine grundlegende Reform. Finanzminister Steinbrück plädiert für einen „Kindergrund­­­freibetrag“. Während die Steuerersparnis heute vom Haushaltseinkommen abhängt, wäre beim Grundfreibetrag die Ersparnis für alle Eltern stets gleich und entspräche der Höhe des Kindergeldes. Für den FDP-Finanzexperten KarlLudwig Thiele wäre eine solche Reform nichts an­deres als „eine Steuer­erhöhung zu Lasten der Familien“. Denn Eltern mit hö­he­ren Ein­­- kom­men müssten dann mehr Steuern als bis­her zahlen. November 2008 Blickpunkt Bundestag 11 Titel wenig für die Betreuungsinfrastruktur aus. In Frankreich mit seinem engmaschigen Betreuungsnetz ist diese Quote doppelt so hoch. Die skandinavischen Länder liegen zum Teil sogar noch darüber. Bei der finanziellen Förderung steht Deutschland dagegen mit 2,2 Prozent des BIP innerhalb der Europäischen Union gut da. Allerdings lassen sich alle skandinavischen Länder, Frankreich und Großbritannien insgesamt ihre Fami­lien mehr kosten als die Deutschen. Spitzenreiter ist Dänemark, wo vier Pro­zent der gesamten Wirtschaftsleistung für Fami­lien bereitgestellt werden. Die Union steht zwar hinter dem bereits beschlossenen Ausbau der Betreuungsinfrastruktur. Doch lehnen es CDU und CSU ab, im Gegenzug die finanzielle Familienförderung zurückzufahren und Eltern damit quasi in die doppelte Berufstätigkeit zu zwingen. Die Union verweist darauf, dass vor allem in Fami­lien mit drei und mehr Kindern eine doppelte Berufstätigkeit oft nicht möglich und auch nicht gewünscht werde. Auch aus diesem Grund will Familienministerin von der Leyen künftig Mehrkindfamilien mit einem nach der Familiengröße gestaffelten Kindergeld „Wenn ich groß bin, möchte ich in Italien am Meer wohnen und sechs Kinder haben. Ein Jahr war ich schon in Pisa, weil Papa dort geforscht hat. Am Anfang hab ich nix verstanden, nur basta, basta. Aber dann habe ich Freunde gefunden, und jetzt kann ich Italienisch. Das ist toll, denn mit einer anderen Sprache kann man Geheimnisse haben, die verstehen in Berlin nur meine italienische Freundin und ich. In Italien sieht man viele Omas, weil die Familie mehr zusammen ist. Das sollte hier auch so sein. Und es sollte genau so schön warm sein, damit man keine Strumpfhosen anziehen muss.“ Elisabeth (5 Jahre) Mehr Familie stärker als bisher finanziell unter die Arme greifen. Denn laut Armuts- und Reichtumsbericht haben die kinderreichen Familien neben den Haushalten von Alleinerziehenden und Arbeitslosen ein besonders hohes Armutsrisiko. Die SPD sieht dagegen auch bei Kinderreichen das Hauptproblem in der schwierigen Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Zur Bekämpfung der Kinderarmut halten die Sozialdemokraten deshalb ein verbessertes Betreuungsangebot sowie Sachleistungen wie kostenloses Schulessen oder Schulstarterpakete für bedürftige Kinder für zielführender. Trotz dieser Differenzen haben sich die Spitzen der großen Koalition jüngst auf ihre letzte familienpolitische Großtat für diese Legislaturperiode verständigt: Danach soll 2009 das Kindergeld um zehn Euro für das erste und zweite sowie um 16 Euro für jedes weitere Kind steigen. Die SPD hat im Gegenzug Schulstarterpakete für Hartz-IV-Kinder ausgehandelt. Trotz dieser Einigung verhehlen beide Seiten jedoch nicht, dass nach drei Jahren die Zeiten, in denen SPD und Union in großer Eintracht Familienpolitik gestaltet haben, jetzt vorüber sind. Dorothea Siems ■ Foto:DBT/WernerSchüring 12 Blickpunkt Bundestag November 2008 Nahaufnahme V ielleicht fing alles mit diesem Brief an. Im Jahr 1968 bekam Walter Ulbricht Post aus Heidelberg. Darin drohte ein 24-jähriger Juso dem Staatsratsvorsitzenden der DDR, alle Bezie­hungen zur FDJ sofort einzustellen, wenn die SED sich nicht öffentlich vom Einmarsch in die Tschechoslowakei distanzieren würde. Eine Antwort erhielt der junge Mann nicht. Vierzig Jahre später sitzt der Verfasser des Briefes in seinem großen, hellen Eckbüro Unter den Linden in Berlin, gegenüber erinnert das verlassene Aeroflot-Gebäude an den Zusammenbruch der Sowjetunion. Gert Weisskirchen ist heute außenpolitischer Spre­cher der SPD-Bundestagsfraktion. Irgendwo in den Papierbergen, die vom Schreibtisch auf die Besucherstühle, das Sofa, die Fensterbank ausgewichen sind, liegt auch ein Buch über das Jahr 1968. Weisskirchen hat das Jahr der Revolte anders erlebt als viele seiner Altersgenossen. Sein 1968 spielt nicht Der Tauwettermacher Gert Weisskirchen Sein halbes Leben lang sitzt Gert Weisskirchen schon im Bundestag, seit vielen Jahren widmet sich der SPD-Abgeordnete der Außenpolitik und beschäftigt sich dabei mit den Krisenregionen dieser Welt: Afghanistan, Irak und nun auch Georgien. „Reden, reden, reden, damit nicht geschossen wird“ – das ist sein Credo für die Lösung von Konflikten. Geprägt haben ihn dabei Erfahrungen aus einer ganz anderen Region. in Berlin, nicht in Paris, sondern in Prag: die sowjetischen Panzer, die den kurzen Prager Frühling beenden und die Demokratiebewegung überrollen. Wenig später sucht er den Kontakt zu Dissidenten in der Tschechoslowakei, aber auch in Polen, Ungarn und der Sowjetunion. An diesen Menschen bewun­dert er die Unbeugsamkeit, den Mut. „Wir Europäer müssen wissen: Freiheitssehnsucht ist etwas, das uns alle miteinander verbindet, und wenn die unterdrückt wird, müssen wir solidarisch sein.“ Das System, das diese Sehnsucht im Keim ersticken wollte, ist längst Geschichte, doch die Erfahrungen aus dieser Zeit haben Weisskirchen nicht losgelassen, prägen ihn bis heute. Was für ein merkwürdiger historischer Zufall: Vierzig Jahre nach dem Prager Frühling rollten wieder russische Panzer in ein kleines Land. Schnell wurde der Krieg in Georgien in einem Atemzug genannt mit den Ereignissen von damals, doch Weisskirchen hält von so einem Vergleich nichts. Die Schuld Foto:DBT/AnkeJacob „Die OSZE versucht immer wieder neu, Dinge in Gang zu setzen, Blockaden aufzuheben, Bremsen zu lockern.“ November 2008 Blickpunkt Bundestag 13 14 Blickpunkt Bundestag November 2008 Nahaufnahme an diesem Krieg sieht er nicht allein bei den Russen, auch die Georgier haben aus seiner Sicht zur Zuspitzung des Konflikts beigetragen. Der 64-jährige Bundestagsabgeordnete macht es sich nicht leicht, nicht nur bei diesem Thema. Er ist ein bedächtiger, nachdenklicher Redner, keiner, der Sachverhalte stets fernsehtauglich auf ein kurzes, griffiges Zitat zuspitzt. Hin und wieder macht er kurze Pausen, als wolle er während des Redens noch einmal kurz innehalten, um zu erspüren, ob er auch wirklich die richtigen Worte gewählt hat. Dann sagt er leise, aber bestimmt: „Wir haben hier eine Verletzung des Völkerrechts von zwei Seiten.“ Den Kaukasuskrieg und die darauf folgende Anerkennung der abtrünnigen georgischen Regionen Südossetien und Abchasien durch Russland sieht Weisskirchen als dramatischen Rückschritt. Wie diese Entwicklung aufgefangen werden könne, sei noch gar nicht zu sagen. Eingefrorene Konflikte Eine Antwort auf diese Frage sucht auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die sich der Friedenssicherung und dem Schutz der Menschenrechte verschrieben hat. Nach dem Kaukasuskrieg beschlossen die 56 Mitgliedsstaaten, deutlich mehr Militärbeobachter in die Region zu schicken. Doch die Verhandlungen über die Details der Mission platzten – weil OSZE-Mitglied Russland zu viele Einwände hatte und die Zustimmung verweigerte. Statt 100 Militärbeobachtern sind jetzt also gerade einmal 28 vor Ort. Und auch deren Arbeit wurde immer „Europa sollte auf jeden Fall an seiner Grundhaltung gegenüber Russland festhalten, und die heißt: Russland einbinden.“ November 2008 Blickpunkt Bundestag 15 Nahaufnahme Zur Person: Gert Weisskirchen wurde am 16. Mai 1944 in Heidelberg geboren. Nach einem Pädagogikstudium arbeitete er als Lehrer und als wissenschaftlicher Assistent an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, bevor er Professor für Sozialpädagogik in Wiesbaden wurde. Im Bundestag sitzt er seit 1976. Er ist Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und seit 1999 außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Außerdem ist er Mitglied der Grundwertekommission seiner Partei. Er ist verheiratet und hat eine Tochter. gert.weisskirchen@bundestag.de www.gertweisskirchen.de wieder massiv behindert. Von einem Scheitern will Weisskirchen, der in der Parlamentarischen Versammlung der OSZE sitzt, trotz allem nicht sprechen. Er weiß, dass Konfliktvermittler vor allem eines brauchen: Geduld. „Das ist das ständige Geschäft. Die OSZE versucht immer wieder neu, Dinge in Gang zu setzen, Blockaden aufzuheben, Bremsen zu lockern.“ Auf diesem mühsamen Weg solle die OSZE weitermachen, fordert Weisskirchen, und an der Lösung der „eingefrorenen Konflikte“ arbeiten: Südossetien, Abchasien, Transnistrien, Berg-Karabach. „Das Wichtigste bei diesen Konflikten ist immer, dass man redet, redet, redet, damit nicht geschossen wird“, sagt er. Wenn Weisskirchen in seinem Wahl­kreis Rhein-Neckar oder anderswo in Deutschland von seinem Engagement in der OSZE spricht, muss er seinen Zuhörern einiges erklären. Nur wenigen ist die Organisation überhaupt ein Begriff. In Osteuropa, Russland oder Zentralasien dagegen ist das ganz anders, das hat der Abgeordnete auf seinen Reisen immer wieder erlebt. In Kasachstan oder in Turkmenistan kenne jeder die OSZE, sagt er. Heute schafft sie es immer dann in die Schlagzeilen, wenn ihre Beobachter in den Ländern der früheren Sowjetunion neben Wahlurnen stehen und die Einhaltung demokratischer Standards einfordern. Aber das Vertrauen, das die OSZE in dieser Weltgegend genießt, hat noch viel tiefere Wurzeln: Schließlich ist sie aus der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit (KSZE) hervorgegangen, die maßgeblich zur Entspannung zwischen dem Westen und der Sowjetunion beigetragen hat und damit den Kalten Krieg beenden half. Dialog mit Russland Als der Georgienkonflikt das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen mit einem Schlag stark abkühlte, sahen viele schon einen neuen Kalten Krieg heraufziehen. Diesen Vergleich hält Weisskirchen für falsch, schon deshalb, weil heute nicht zwei Systeme gegeneinander stehen. Außerdem warnt er vor einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung – einer Situation, die Wirklichkeit wird, nur weil man sie herbeiredet. Von einem Kurswechsel gegenüber Russland rät der erfahrene Außenpolitiker eindringlich ab: „Europa sollte auf jeden Fall an seiner Grundhaltung gegenüber Russland festhalten, und die heißt: Russland einbinden.“ Das sei das Leitmotiv. Zugleich solle man Mos­kau Foto:DBT/AnkeJacob aber sagen, „was geht und was nicht geht“. Wenn Russland etwa im Völkerrecht eine Linie überschritten habe, dann müsse man das auch sagen. Über den richtigen Umgang mit Russland sind in Deutschland mit schöner Regelmäßigkeit Variationen der gleichen Kontroverse zu hören: Die einen fordern deutlichere Worte gegenüber Moskau und damit mehr kritische Distanz, die anderen favorisieren eine „Annäherung durch Verflechtung“, wie es Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier formuliert hat. Und wie hält es Weisskirchen mit Russland? Vielleicht ist es bezeichnend für ihn, dass er sich gerade nicht auf eine Seite schlagen will, sich nicht einem der beiden Lager zuordnen lassen will. Vor die Wahl gestellt, entscheidet er sich für eine „Mischung“: Er tritt dafür ein, Russland deutlich und auch öffentlich die Meinung zu sagen, wenn es um Pressefreiheit, Wahlrecht, die Lage der Nichtregierungsorganisationen und überhaupt die „Kernsubstanz von Werten“ geht (dabei mag er den Begriff Werte eigentlich gar nicht). „Aber auf der anderen Seite müssen wir die Türen offen halten oder wieder öffnen, damit man gemeinsam Räume neu betreten kann.“ Dieses vorsichtige Erkunden kennt Weisskirchen aus eigener Anschauung: In der DeutschRussischen Parlamentariergruppe, deren Vorsitzender er ist, wird der Dialog manchmal zur Gratwanderung. Beide Seiten sprechen dabei an, was ihnen am jeweils anderen Land missfällt. Beim letzten Treffen ging es aber auch darum, wie die Deutschen bei der Modernisierung Russlands helfen können. Neben den Beziehungen zu Russland arbeiten sich die Deutschen immer wieder am Verhältnis zu den USA ab. SPD-Fraktionschef Peter Struck empfahl Deutschland vor einiger Zeit eine „Äquidistanz“ zu Moskau und Washington. Damit kann Weisskirchen nichts anfangen: „Ich mag solche Formeln nicht, die in der Politik wenig helfen. Es kommt darauf an, was wir tun und wie wir es tun.“ Es gehe um die Lösung von Problemen. Weisskirchen plädiert generell für mehr Pragmatismus in der Politik, er ist einer, der ganz unideologisch und pragmatisch die Welt verbessern möchte. 16 Blickpunkt Bundestag November 2008 Kein Wunder, dass ihn Afgha­nistan in den vergangenen Wochen besonders beschäftigt hat. Die Entscheidung, das Mandat der Bundeswehr zu verlängern und noch mehr deutsche Soldaten an den Hindukusch zu schicken, macht er sich nicht leicht. Alles, was mit Mandaten zu tun habe, sei mit großen inneren Konflikten verbunden, sagt er. „Der Bundestag entscheidet hier über Leben und Tod.“ Man müsse sich bei solchen Entscheidungen immer wieder „hart und gewissenhaft prüfen“. Und so lässt der SPD-Abgeordnete indirekt genau die Zweifel anklingen, über die viele seiner Kollegen gar nicht erst reden wollen. Weil ihm die Zwischentöne, die Nuancen wichtiger zu sein scheinen als das Eindeutige, ist er eigentlich nie mit plakativen Aussagen in den Schlagzeilen gelandet. Obwohl nur ganz wenige Abgeordnete länger im Bundestag sitzen als Weisskirchen und er schon seit neun Jahren außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion ist, muss er nicht fürchten, häufig in Berlin auf der Straße angesprochen zu werden. Umso bemerkenswerter erscheint die Anerkennung, die Weisskirchen in Osteuropa für seine Arbeit erfährt – in Polen wurde er mit der Solidarnos´c´Gedenkmedaille ge­ehrt, Litauen zeichnete ihn mit einem Verdienstorden aus. Dem Osten Europas widmet er auch heute noch viel Aufmerksamkeit: Allein im Oktober standen Prag, Kiew und gleich zweimal Warschau in seinem Terminkalender. Kampf gegen Antisemitismus Als Ausgleich zur kraftraubenden Arbeit in der Politik geht Weisskirchen laufen: sechs Kilometer, dreimal in der Woche. In Berlin schafft er das leider nicht immer. Und selbst zu Hause im Wahlkreis wird es anscheinend oft spät, bis der Politiker Zeit fürs Laufen findet. Zur 40-jährigen Mitgliedschaft in der SPD schenkte ihm der Ortsverein Baiertal deshalb eine „Wegefindungsleuchte“ – für seine nächtlichen Joggingausflüge. Aber auch seine Tätigkeit als Honorar­professor ist für den Abgeordneten ein Gegen­ge­wicht zur politischen Arbeit. Der Kontakt mit den Studierenden erweitere das eigene Blickfeld, findet Weiss­kirchen, der an der Nahaufnahme Fachhochschule Potsdam An­gewandte Kulturwissenschaften lehrt. Im vergangenen Sommer hielt er eine Vorlesung über kulturelle Aspekte des Jahres 1968. Wenn 2009 ein neues Parlament gewählt wird, tritt Weisskirchen nicht wieder an. Das hat er seiner Frau versprochen. „Ich habe ja auch mein halbes Leben im Bundestag verbracht.“ Und bei ihm stimmt das tatsächlich: Genau seit 32 Jahren sitzt der 64-Jährige nun schon im Parlament. Seine Aufgabe als OSZE-Beauftragter zur Bekämpfung des Antisemitismus würde er aber gern noch länger ausüben, das ist ihm wichtig. Vor vier Jahren hat er eine große Antisemitismuskonferenz in Berlin organisiert und später mit durchgesetzt, dass auch die Regierungen sich innerhalb der OSZE des Themas annehmen. Um diese Arbeit fortführen zu können, hat er sich schon Unterstützung geholt: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Steinmeier wollen sich dafür einsetzen, dass sein Mandat verlängert wird, sagt er. Von der Politik verabschieden wird Weisskirchen sich also noch lange nicht. Claudia von Salzen ■ Foto:DBT/AnkeJacob November 2008 Blickpunkt Bundestag 17 Experten Ist Schönheit wirklich alles, Frau Connemann? N ein. Der Wunsch nach Schönheit ist so alt wie die Menschheit. Aber immer mehr Menschen – auch jüngere – wollen sich diesen Wunsch maßgeschneidert erfüllen und gehen dafür große Risiken ein. Mir und meiner Fraktion geht es um den Schutz dieser Patienten. Je nach Schätzung werden in Deutschland zwischen einer halben und einer Million Schönheitsoperationen jährlich durchgeführt. Die Dunkelziffer ist hoch, da Eingriffe von Ärzten ohne Facharztausbildung oder von Heilpraktikern ebenso wie der Schönheitsoperationstourismus im Ausland kaum erfasst sind. Von der Lidstraffung bis zur Fettabsaugung – der Markt blüht. Maßgeschneiderte Schönheit verspricht Glück und Erfolg. Aber nicht jeder Eingriff gelingt. Denn nicht alle Operateure sind ausreichend qualifiziert – und müssen es auch nicht sein. Die Approbation allein reicht nämlich schon, um sich selbst zum Schönheitschirurgen zu ernennen. Hier herrscht teilweise Wildwest pur. Leidtragende sind diejenigen, die nach einer missglückten OP einen physischen oder psychischen Schaden davontragen und deren Traum sich eben nicht erfüllt. Seit 2003 kämpfen wir als Fraktion deshalb für einen umfassenden Verbraucherschutz in diesem Bereich. Im Jahr 2007 gelang es uns, einen gemeinsamen Antrag der Koali­tions­fraktionen zu initiieren, der die Missbräuche im Bereich der Schönheits­oper­ationen gezielt verhindern soll. Wir brauchen eine Regelung für die bessere Beratung potenzieller Patienten und Vor­schriften für die Ausbildung von Operateuren. Nur entsprechend qualifizierte Ärzte sollten zukünftig solche Eingriffe vornehmen dürfen. Im Übrigen muss ein ausreichender Versicherungsschutz hergestellt werden. Anders als bei Rechtsanwälten wird die Zulassung eines Arztes bislang nicht an einen Nachweis einer Haftpflichtversicherung geknüpft. Darüber h­inaus setze ich mich für ein Verbot von nicht medizinisch indizierten Eingriffen an Minderjährigen ein. Wer sich nach reiflicher Überlegung für eine Schönheitsoperation entscheidet, sollte diesen Weg gehen können. Wichtig ist aber, dass die Patienten wissen, was sie tun, dass Ärzte umfassend aufklären, dass sie sorgfältig operieren, dass sie versichert sind und dass Kinder und Jugendliche nur dann behandelt werden, wenn ein medizinischer Grund vorliegt. ■ Politik heißt Detailarbeit. Viele Bundestagsabgeordnete bearbeiten ungewöhnliche Spezialgebiete. Hier werden sie vorgestellt. Zur Person: Gitta Connemann, Jahrgang 1964, Abgeordnete der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ist Rechtsanwältin und ordentliches Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales, im Ausschuss für Kultur und Medien sowie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. gitta.connemann@bundestag.de www.gitta-connemann.de Foto:DBT/studiokohlmeier 18 Blickpunkt Bundestag November 2008 Ansichtssachen Seit dem 12. Jahrhundert wird mit dem Begriff „Andacht“ das Denken an Gott assoziiert. Welchen Namen der trägt, danach wird in einer aufgeschlossenen Welt nicht gefragt. Im Deutschen Bundestag geben von 612 Abgeordneten 208 an, katholisch zu sein, 183 evangelisch, vier gehören dem islamischen Glauben an, 26 schreiben „konfessionslos“, eine bezeichnet sich als Atheistin und 190 schweigen zu dieser Frage. Der Raum im Reichstagsgebäude ist für alle da. Wer sich sammeln, besinnen, trösten, ermutigen, vergewissern, stärken will, kann hierherkommen und Zwiesprache halten. Dafür ist dieser Platz geschaffen. So ruhig, dass man erhört werden, so schön, dass man im Frieden sein kann. Ein Andachtsraum eben. Gäbe es ihn nicht, wäre es zu laut. Viele, die ihn das erste Mal betreten, ahnen plötzlich, dass genau dieser Kontrast zur anstrengenden, aufreibenden Welt ringsum die Möglichkeit gibt, sich zu erinnern: Das Leben ist kostbar und endlich. Es muss bedacht werden.  Kathrin Gerlof ■ A n d a c h t Foto:DBT/studiokohlmeier 20 Blickpunkt Bundestag November 2008 Foto:Picture-Alliance/OliverBerg November 2008 Blickpunkt Bundestag 21 Streitpunkt Durch den Finanzorkan mit Kurs auf Lissabon Europas Zukunft Vor wenigen Monaten noch sah sie düster aus – die Zukunft Europas: Der Verfassungsentwurf zur Stärkung der EU von den Bürgerinnen und Bürgern Frankreichs und der Niederlande gekippt, der aus der Not geborene Lissabon-Reformvertrag von den Iren abgelehnt, Streit und Ratlosigkeit unter den 27 Mitgliedsstaaten über Klimaschutz, Zuwanderung und die Beziehungen zu Russland. Doch dann kam der tiefe Schock der Finanzkrise. Gleichsam über Nacht erwies sich die EU als Glücksfall. Mit überraschender Handlungskraft und Stärke parierte sie die Krise. H ält der Impuls an? Wie ist es um die Zukunft Eu­ropas bestellt? Im Streit­ge­spräch von BLICK­PUNKT BUNDESTAG diskutieren darüber der polnische Publizist Adam Krzemi´nski und der Vorsitzende der Fraktion Die Linke im Bundestag Gregor Gysi. Beide stammen aus ehemals kommunistischen Gesellschaften. Doch ihre Sichtweise ist unter­ schiedlich. Eigentlich sollte das Topthema auf dem EU-Gipfel nicht die Finanzkrise sein, sondern eine Krise, die die EU schon seit Monaten lähmt und beschäftigt: Der Streit um den EU-Reformvertrag. Im Juni hatten die Iren mehrheitlich gegen diesen Vertrag gestimmt und so verhindert, dass er pünktlich 2009 in Kraft tritt. Auch in anderen europäischen Ländern setzten Zweifel am Reformwerk, Ärger über mögliche Demokratiedefizite sowie nationale Egoismen den Europaprotagonisten kräftig zu. Zwar haben die meisten EU-Regierungen den Vertrag ratifiziert, doch bei vielen Menschen nagen weiter Zweifel an dem gewaltigen Gebilde, das sich inzwischen vom Atlantik bis zur russischen Grenze erstreckt. „Zu anonym, zu wenig transparent“, heißt es bei vielen, die weniger Anweisungen aus Brüssel über die Form und Größe von Gurken, sondern konkrete Antworten erwarten auf ihre Fragen: Was will dieses Europa sein? Wo liegen seine Grenzen? Für welche Augen zu und durch? Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hat in seiner Amtszeit als Ratspräsident der Europäischen Union einige Turbulenzen zu bewältigen 22 Blickpunkt Bundestag November 2008 Sozialstandards setzt es sich ein? Wie steht es um die demokratische Beteiligung der Bürger? In Deutschland klagen in einer interessanten Kombination die Bundestagsfraktion Die Linke sowie der CSUBundestagsabgeordnete Peter Gauweiler vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Vertrag von Lissabon. Gauweiler, weil er befürchtet, dass sich die Bundesrepublik, ohne das Volk zu fragen, in einem europäischen Bundes­staat auflösen könnte wie ein Stück Zucker im Kaffee; die Fraktion Die Linke, weil sie den EU-Vertrag ohne Volks­abstimmung für ein undemokratisches „Europa der Regierungen“ hält und weil „von diesem Reformvertrag kein Frieden ausgeht“, wie Parteichef Lothar Bisky im Bundestag erklärte. Der Orkan der Finanz­krise hat nun viele Wolken und Nebelfelder über Europa verjagt. Unerwartete Klar­heit liegt über der EU. Nicht nur skep­tische Präsi­denten und Regierungs­chefs singen plötzlich ihr Loblied, auch viele Bürger erkennen mehr denn je den Nutzen eines geeinten Europa und eines starken Euro in einer globalisierten Welt. Die neuen Helden der EU – in erster Linie Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, Großbritanniens Pre­mier Gordon Brown und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel – wollen jedenfalls den gewonnenen Schwung nutzen. Mit neuer Hoffnung blickt man in Brüssel und vielen europäischen Hauptstädten auf die vielfältigen Bemühungen, den Lissabon-Prozess wieder flottzubekommen. Und der Blick geht noch weiter nach vorn: Nachdem die Europäische Union im Umgang mit der Finanzkrise Führung bewiesen habe, müsse Europa nun für einen „neuen Kapitalismus“ und für eine neue Ordnung der Weltfinanzen werben, heißt es. Große Ziele, wo doch noch nicht einmal das eigene Reformwerk vollendet ist. ■ Streitpunkt Das vereinigte Europa – Vision oder Illusion? Streitgespräch: Gregor Gysi und Adam Krzemi´nski Was sind in der heutigen Situation die Perspektiven, wo kann, wo soll es mit Europa hingehen? Im Streitgespräch von BLICKPUNKT BUNDESTAG begegnen sich zwei Europäer, die eines eint: Sie sind in einem Land des Ostblocks politisch groß geworden, der eine in Polen, der andere in der DDR. Adam Krzemi´nski ist Redakteur der Wochenzeitung „Polityka“ und einer der besten Kenner Deutschlands in Polen. Mit ihm diskutiert Gregor Gysi, Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Bundestag, die beim Bundesverfassungsgericht gegen den Lissabon-Vertrag geklagt hat. Blickpunkt Bundestag: Zukunft Europas – was ist Ihre Vision, Herr Krzemin´ski? Adam Krzemi´nski: Ich hoffe, dass Europa langfristig eine starke Entität wird, sich im globalen Wettbewerb durchsetzen kann und nicht mehr abhängig ist von den Egoismen der einzelnen Nationalstaaten, so wie wir das im 19. und 20. Jahrhundert erfahren haben. Blickpunkt: Herr Gysi – ist Adam Krzemin´skis Vision eine Illusion? Gregor Gysi: Wenn man in langen Zeiträumen denkt, nicht. Denn immer mehr Menschen in Europa erkennen: Wir verhindern – im Unterschied zu früheren Jahrhunderten – Kriege zwischen europäischen Staaten nur, wenn wir zusammenstehen. Und: Europa hat welt­ Lissabon-Vertrag Informationen der EU über den Lissabon-Prozess: europa.eu/lisbon_treaty i November 2008 Blickpunkt Bundestag 23 Streitpunkt weit nur ein Gewicht, wenn es in den großen Fragen einig ist. Krzemi´nski: So ist es. Blickpunkt: Die EU hat sich bei der Finanzkrise gerade als erstaunlich stark und handlungsfähig erwiesen. Sind wir also schon weiter, als Sie glauben? Gysi: Ganz klar: Die EU ist politisch wie ökonomisch unersetzbar. Das bedeutet nicht, dass man keine Kritik an ihren Strukturen und Inhalten haben darf. Alle, inklusive Frau Merkel, haben jetzt begriffen: Es geht nur international und europäisch – oder gar nicht. Das ist ein Fortschritt. Denn das war nicht immer so. Ich hoffe, dass die nervige Zeit des kleinkarierten Mistes dauerhaft vorbei ist. Krzemi´nski: Wie wichtig die EU heute ist, zeigen drei Punkte: Erstens der Balkan. Hätte das alte Jugoslawien die Chance erhalten, in die damalige EWG aufgenommen zu werden, wäre es später nicht zu den fürchterlichen Kriegen auf dem Balkan gekommen. Denn allein die Perspektive, zu Europa zu gehören, hat eine enorm disziplinierende Wirkung. Zweitens: Die EU hat 2004 während der orangenen Revolution in der Ukraine eine sehr konstruktive Vermittlerrolle gespielt und drittens in der Georgienkrise eine klare, gemeinsame und eindeutige Haltung gegenüber Russland gezeigt. Das beweist das gewachsene Gewicht der EU. Blickpunkt: Im Zuge der Finanzkrise scheint die EU auf eine neue Form der Markt­wirtschaft hinzusteuern – weg vom Neo­liberalismus und wieder mehr Dirigismus und europäischer Sozialstaat. Das müsste Ihnen, Herr Gysi, doch gefallen? Gysi: Die Logik zwingt zu diesem Kurs. Aber ob er sich auch dauerhaft durchsetzt, weiß ich noch nicht. Nach dieser Finanzkatastrophe müssen jedenfalls drei Dinge klar sein: Erstens: Der Neoliberalismus ist der falsche Ansatz. Zweitens: Wir brauchen ein Primat der Politik über die Finanzwelt und die Wirtschaft. Und drittens: Wir brauchen wieder eine bestimmende Rolle der Wirtschaft über die Finanzwelt. Und nicht umgekehrt. Wenn diese Zuständigkeiten klar wären, wäre das ein Gewinn für Europa und für uns alle. Foto:ThomasKöhler/photothek.net Rücken die Europäer näher zusammen? Gregor Gysi (links) und Adam Krzemi´nski 24 Blickpunkt Bundestag November 2008 Streitpunkt Krzemi´nski: Im Großen und Ganzen bin ich einverstanden. Mit einer Einschränkung: Die Idee des sozialen Europa wurde bei uns in den sogenann­ten Beitrittsländern oft als ein verschleierter Nationalismus angesehen, als Ver­such, unter diesem Etikett die eigenen Besitzstände gegen „die Bedrohung aus dem Osten“ zu schützen. Sowohl die CSU wie die Linke haben sich in Deutschland dieser Ängste bedient. Gysi: Wenn Sie, Herr Krzemin´ski, uns hier nationalen Egoismus vorwerfen, ist das eine sehr komplizierte Angelegenheit. Denn wenn die EU dazu führt, dass sich der Lebensstandard der Menschen in Deutschland reduziert und hier polnische Löhne bezahlt werden, dann fährt die NPD die Ernte ein. Wer das nicht will, muss dafür sorgen, dass keine Ängste entstehen, sondern sich die Standards in allen EU-Ländern schrittweise annähern – aber nach oben. Also möchte ich, dass die polnischen Löhne steigen und nicht die unseren sinken. Blickpunkt: Wenn sich jetzt in der EU einiges tut – in jeder Katastrophe liegt ja auch eine Chance – warum klagen Sie dann noch gegen den Lissabon-Vertrag? Gysi: Weil wir die EU stärken und auf ein solides Fundament stellen wollen. Wir sind nicht gegen einen Vertrag, wir wollen nur, dass er von den Völkern mitgetragen wird. Die EU darf nicht die Sache von 27 Regierungen sein, sondern muss von 27 Völkern getragen werden. Würden wir Volksentscheide durchführen, gäbe es in vielen Ländern eine Mehrheit gegen den Vertrag. Kein Wunder: Denn soziale Grundrechte werden ausgesprochen klein geschrieben. Das macht den Leuten Angst. Und was uns als Linke besonders stört, ist, dass die EU immer stärker militärisch zu einer Interventionsmacht ausgebaut wird. Das können wir nicht mittragen. Krzemi´nski: Solche Kritik wird bei uns in Polen von der Liga der polnischen Familie und bei den Nationalkatholiken geübt. Ich weiß nicht, ob sich Herr Gysi in dieser Nachbarschaft wohlfühlt. Die haben Angst davor, dass das wirtschaftlich noch schwache Polen seine frisch erworbene nationale Souveränität wieder verliert. Sie wollen das Land am liebsten unter einer Panzerung der nationalen Zuständigkeit bewahren. Das leuchtet vielen ein, dennoch halte ich sie für falsch, denn die Praxis lehrt uns, dass sich ein Land nur in einer Situation der notwendigen Anpassung an die äußeren Umstände reformiert. Gysi: Aber nicht durch eine Europa­po­litik von oben. Wir müssen die Völker mit­nehmen. Deshalb verlangen wir Volks­ent­scheide und Volksab­stimmungen. Sonst wird es kein Verständ­nis für Europa geben. Krzemi´nski: Das klingt schön, aber ich verstehe auch die Ängste anderer vor Foto:ThomasKöhler/photothek.net Zur Person: Gregor Gysi, Jahrgang 1948, ist seit 2005 neben Oskar Lafontaine Vorsitzender der Fraktion Die Linke. Bereits in der frei gewählten DDR-Volkskammer 1990 war der Rechtsanwalt Vorsitzender der PDS-Fraktion. Von 1990 bis 1994 führte er die Gruppe, von 1994 bis 1998 die Fraktion der PDS im Bundestag. gregor.gysi@bundestag.de www.gregor-gysi.de Zur Person: Adam Krzemin´ski, Jahrgang 1945, ist Publizist und Redakteur der polnischen Wochenzeitung „Polityka“. Der stellvertretende Vorsitzende der PolnischDeutschen Gesellschaft gilt in Polen als einer des besten Kenner Deutschlands. Für seine Verdienste um die deutsch-polnische Verständigung wurde er unter anderem mit dem Großen Bundesverdienstkreuz und dem Viadrina-Preis ausgezeichnet. „Wir sind nicht gegen einen Vertrag, wir wollen nur, dass er von den Völkern mitgetragen wird.“ Gregor Gysi November 2008 Blickpunkt Bundestag 25 Streitpunkt den Elementen der direkten Demokratie. Gerade in Deutschland hat sich ja in der Weimarer Republik gezeigt, wie sich das Volk fatal verirren kann. Noch ist die EU vielleicht ein Projekt von oben, der Eliten und Staaten. Dennoch sehe ich Elemente der Demokratisierung im LissabonVertrag. Sie mögen nicht ausreichend sein, sind aber doch ein Fortschritt. Wir in Polen haben 2004 sogar für eine Direktwahl des EU-Präsidenten plädiert, was ihm ein enormes Gewicht verliehen hätte. Schade, dass der Vertrag das nicht vorsieht. Gysi: Wollen wir uns beide für das Amt bewerben? Aber im Ernst: Bei Direktwahlen von Präsidenten bin ich vorsichtig. Ein direkt gewählter Präsident – ob in Deutschland oder in der EU – würde nur Enttäuschungen provozieren, wenn er nicht durch eine parallele Veränderung des gesamten Systems entscheidende Kompetenzen erhielte. Ich stimme Ihnen allerdings nachdrücklich zu, dass wir insgesamt – auch in Deutschland – Volksentscheide brauchen. Wir können die Leute nur mitnehmen, wenn sie auch etwas zu entscheiden haben. Blickpunkt: Sie sind in autoritären Regimen des Ostblocks politisch groß geworden, der eine in Polen, der andere in der DDR. Dennoch haben Sie eine unterschiedliche Sicht auf Europa. Wieso? Krzemi´nski: Polen und die DDR waren zwar strukturell vergleichbare Gebilde, aber die historischen Erfahrungen und damit auch die Ausblicke waren völlig anders. Wir in Polen haben schon 1978 gewusst, dass das polnische Modell am Ende ist. Allerdings hat man nicht mit einer Revolution der Solidarnos´c´ von unten gerechnet, sondern mit einer Reformbewegung von oben nach preußischem Modell. Und wir wussten oder ahnten auch, dass die Großmächte nicht ewig sind. Der Gedanke an Europa, die Chance, einmal mit dabei zu sein, war bei uns ein starker Wunschtraum und eine kalkulierbare Größe. In Deutschland, vor allem in der DDR, war das anders. Und weil die DDR durch den innerdeutschen Handel praktisch ein Teil der damaligen EG war, brauchte man keine strukturellen Veränderungen anzustreben. Gysi: Es gibt noch zwei weitere Unterschiede: Wegen ihrer Geschichte – erinnern wir uns nur an die vielen Teilungen – denken die Polen immer darüber nach, wie sie ihre Existenz sichern können. Deshalb der Drang in die EU, in die NATO, an die Seite der Amerikaner. Zweitens: Die Nation Polen war nie durch eine Veränderung der Gesellschaftsstrukturen gefährdet. Dagegen konnte die DDR nur existieren, solange sie einen anderen Weg ging als die Bundesrepublik. In dem Moment, in dem sie dieselbe Gesellschaftsstruktur annahm, musste sie aufhören zu existieren. Blickpunkt:WievielNationalstaatlichkeit darf es in Europa noch geben? Krzemi´nski: Polen hat sicher antiquierte nationale Sehnsüchte. Sie sind Kopien des gestorbenen 19. Jahrhunderts. Man will etwas nachholen, was damals nicht möglich war, weil es keinen polnischen Nationalstaat gab. In der Solidarnos´c´ gab es zwei Linien: Die eine war national gesinnt, die andere wollte die Flucht nach Europa. Man wollte in Europa aufgehoben sein. Inzwischen sind wir in der EU und in der NATO. Und prompt gibt es einen „Wir in Polen haben 2004 sogar für eine Direktwahl des EUPräsidenten plädiert.“ Adam Krzemi´nski Foto:ThomasKöhler/photothek.net 26 Blickpunkt Bundestag November 2008 Streitpunkt Rückfall mit dem Bedürfnis nach einem antiquierten Na­tio­nalstolz. Dahinter steckt aber vor allem der Wunsch, sich angesichts der Globalisierung und des raschen Wandels an Vertrautem festzuhalten. Gysi: Gerade deshalb müssen wir uns fragen: Wann wird es ein Gefühl geben, dass wir alle Europäer sind? Denn das ist – nicht nur in Polen – noch nicht richtig da. Wann werden wir mal eine europäische Fußballmannschaft haben? Krzemi´nski: Oder wann werden die Euro­päer bei Olympia ihre Gold­medaillen zusammenzählen? Europa wäre in Peking wirklich eine sportliche Super­macht gewesen! Blickpunkt: War es ein Fehler, im Vertrag auf Symbole, etwa auf Fahne und Hymne, zu verzichten? Krzemi´nski: Das ist empörend! Das ist ein wirklicher Rückfall. Gysi: Ja, das ist ein Manko. Aber es ist auszugleichen. Denn jede Art von Gemeinschaft braucht letztlich Symbole. Und die werden wir auch bekommen. Blickpunkt: Ist die EU zu abstrakt, zu wenig für den Bürger erfühlbar? Krzemi´nski: Wenn man sich in die juristischen Formeln des Lissabon-Vertrages vertieft, ja. Aber ich glaube, dass fast 20 Jahre nach dem Fall des Kommunismus Standpunkte der Fraktionen: und der Mauer gerade die junge Generation Europa verinnerlicht hat. Gysi: Ich sehe es ähnlich. Die nächste Ge­- neration wird viel unverklemmter mit Euro­pa umgehen als Leute, die wie ich DDRBürger, Bundesbürger und EU-Bür­­ger waren oder sind. Und diese Gene­ration wird die Frage beantworten, vor der wir uns drücken: Wollen wir nun die Vereinigten Staaten von Europa werden oder nicht? Krzemi´nski: Die werden kommen! Anders verfasst als die USA, aber sie werden kommen. Blickpunkt: Meine Herren, im nächsten Jahr sind Europawahlen, bei denen die Wahlbeteiligung oft erschreckend niedrig ist. Wie kann man Europa schnell neuen Schwung verleihen? Gysi: Die Menschen müssen spüren, dass Europa ihnen soziale Sicherheit gibt. Dazu brauchen wir eine andere Öffentlichkeit. Das Europäische Parlament spielt in unseren Medien kaum eine Rolle. Hinzu kommen muss eine deutliche Stärkung der Rechte des Parlaments. Krzemi´nski: Es stimmt, der Wurm in der europäischen Suppe ist die Öffentlichkeit. Die Medien, wir Journalisten, sind hier viel provinzieller geworden, als wir vor 20 Jahren waren. Europa gilt in den Redaktionen als nicht sexy und Auflagen steigernd. Das muss sich ändern. Das Gespräch führte Sönke Petersen. ■ Foto:ThomasKöhler/photothek.net November 2008 Blickpunkt Bundestag 27 Streitpunkt Muss beim Lissabon-Vertrag nachgebessert werden? Was sind die nächsten Schritte im Integrationsprozess? Welche Lehren können aus der Finanzkrise im Hinblick auf die Zukunft der EU gezogen wer- den? Wer zu früh aufgibt, verliert. Die CDU/CSU unterstützt daher die Fortsetzung des Ratifizierungsprozesses. Der Europäische Rat im Dezember wird zeigen müssen, mit welchen konkreten Schritten der Lissabon-Vertrag, den inzwischen 24 Staaten ratifiziert haben, auch in Irland noch in Kraft treten kann. Falls dies vor den Europawahlen 2009 nicht möglich sein sollte, müssen diese nach dem bislang gültigen Vertrag von Nizza durchgeführt werden. Das europäische Finanz- und Bankensystem muss krisenfester gemacht werden. Dazu gehören nicht nur eine verbesserte Aufsicht für grenzübergreifend tätige Banken­grup­pen, sondern auch strengere Eigenkapital- und Bilan­­zierungs­vorschrif­ten für die Banken. Die CDU/CSU unter­­stützt auch ein schärferes Risikomanagement für verbriefte Produkte. Die Finanzkrise darf jedoch nicht als Alibi für eine Abkehr vom Ziel der Haushaltskonsolidierung missbraucht werden. Die FDP hält an den Zielen des Vertrages fest. Unabhängig davon, ob er in Kraft tritt oder nicht, sind Integrationsschritte in folgenden Bereichen nötig: bei der gemeinsamen Außenund Sicherheitspolitik, der Stärkung des Binnenmarktes, bei der Klima- und Energiepolitik sowie in der Innen- und Rechtspolitik. Außerdem sind mehr Rechte für das Europaparlament und die nationalen Parlamente notwendig. Das gemeinsame Handeln der Europäischen Union war ein hoher Stabilitätsfaktor und ist Voraussetzung für die Überwindung der Krise. Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) und die Stärke des Euro haben sich bewährt. Jetzt müssen zügig gemeinsame Regeln und eine gemeinsame Aufsicht über den europäischen Finanzmarkt umgesetzt werden. Der Vertrag von Lissabon setzt auf eine marktradikale Wirtschaftspolitik, auf Sozial- und Demokratieabbau sowie eine Außen- und Sicherheitspolitik, die auf militärische Stärke setzt. Deshalb sagen wir Nein zu diesem Vertrag. Die Linke will eine soziale, friedliche und demokratische EU durchsetzen. Die EU braucht eine neue Verfassung, über die die Bürgerinnen und Bürger in Volksabstimmungen entscheiden können. Der Vertrag ist eine gute Grundlage für die dringend notwendige Reform der EU. Wir wollen aber eine grünere EUPolitik, und das ist eine Frage der politischen Mehrheiten. Grün heißt: das Klima wirklich schützen und nicht ständig vor der Industrielobby einzuknicken; nicht nur über das soziale Europa reden, sondern Mindestlohnregelungen einführen und Arbeitnehmerrechte absichern; Freiheit garantieren und Menschen schützen gegen Terror und Kriminalität, aber auch gegen wachsende Datensammelwut. Eine grundlegende Neuordnung des Finanzsystems ist notwendig. Die Wechselkurse müssen stabilisiert, Kreditver­briefungen und Hedgefonds verboten und eine Börsenumsatzsteuer muss eingeführt werden. Die Banken sollen der Realwirtschaft dienen, statt sie kaputt zu spekulieren. Hier­für brauchen wir klare Regelungen für den europäischen Banken­sektor, eine europäische Bankenaufsicht und die Austrocknung der Steueroasen. Nationale Alleingänge in einem Finanzbinnenmarkt sind fatal. Ohne Absprache die Sicherheit der Spareinlagen zu garantieren, war ein Riesenfehler von Irland und Deutschland. So etwas darf sich nicht wiederholen. Ein gemeinsames Vorgehen bei der Finanzmarktaufsicht und der Bekämpfung von Steuer- und Regulierungsoasen sowie eine abgestimmte Wirtschaftspolitik sind zentrale Aufgaben für die EU. Und sie muss mit einer Stimme bei den internationalen Ver­handlungen um die neue Finanzarchitektur sprechen. Der Vertrag von Lissabon stärkt die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union nach innen und außen und verbessert ihre demokratische Legitimation. Er ist Grundlage für die weitere Vertiefung des europäischen Integrationsprozesses und unverzichtbar. Jetzt kommt es darauf an, die Arbeiten an einem sozialen Europa voranzutreiben, um wirtschaftliches Wachstum mit sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit zu verzahnen. Die Finanzkrise macht deutlich, dass die weitere europäische Integration in einer globalisierten Welt unverzichtbar ist. Nur ein gemeinsames europäisches Vor­gehen war und ist geeignet, um die Krise einzudämmen. Gleichzeitig müssen wir auf internationale Verkehrs­regeln für die Finanzmärkte hinwirken, um künftigen Krisen vorzubeugen. Europa muss hierzu in internationalen Verhand­lungen und Gremien mit einer Stimme sprechen. Rubrik 28 Blickpunkt Bundestag November 2008 Im Blick Auf Odysseus’ Spuren Der Hammelsprung im Parlament Beim Hammelsprung stimmen die Abgeordneten mit den Füßen ab: Sie gehen durch Türen mit „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“. Bereits das 19. Jahrhundert kannte den kuriosen Ausdruck dafür, im Reichstag ab 1874 wird er zunehmend gebräuchlich. Das Verfahren hat sich bis heute behauptet – obwohl es schon einmal dem technischen Fortschritt geopfert werden sollte. 1977 im Bonner Bundestag: Hammelsprung bei der Abstimmung über das 28. Rentenanpassungsgesetz November 2008 Blickpunkt Bundestag 29 Im Blick W oher der Ausdruck „Ham­mel­sprung“ stammt und wie er Eingang in die Parlamente gefunden hat, ist nicht mehr eindeutig festzustellen. Vermutlich wurde er in den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts von einem Parlamentarier geprägt, den das Verfahren an das Zählen von Schafen erinnerte und der dabei vielleicht auch an einen „Leit­hammel“ denken musste. In Deutschland wurde der Hammelsprung erstmals im Reichstag des Norddeutschen Bundes (1867 bis 1870) angewendet. Der Reichstag des 1871 gegründeten Kaiserreichs übernahm diese Praxis. Gelegentlich ist zu lesen, der Begriff gehe zurück auf ein Intarsienbild im 1933 ausgebrannten Reichstagsgebäude, das an der „Ja“-Tür zum Plenarsaal angebracht war. Das Bild zeigte den Riesen Polyphem aus Homers „Odyssee“, wie er seinen vorbeiziehenden Schafen mit der Hand über die Rücken streift. Odysseus und seine Gefährten haben den geblendeten Zyklopen bekanntlich dadurch überlistet, dass sie sich am Bauch der Schafe festklammerten, die aus der Höhle des Riesen liefen. Doch die Bezeichnung Hammelsprung wurde bereits 1885 im Preußischen Abgeordnetenhaus verwendet und ist damit älter als das 1894 fertiggestellte Reichstagsgebäude. Möglicherweise ließ sich der Architekt Paul Wallot bei der Motivauswahl für die „Ja“-Tür bereits von dem Ausdruck inspirieren. An der „Nein“-Tür war der Berggeist Rübezahl beim Zählen seiner Rüben zu sehen. Der Bundestag verwendet den Hammelsprung seit 1950. Er kann vom Sitzungsvorstand angeordnet werden, wenn bei einer Abstimmung durch Hand­aufheben die Mehrheitsverhältnisse an­­­­ge-­ ­zweifelt werden, die Beschluss­fä­hig­­keit des Bundestages infrage steht oder ein Einspruch des Bundesrats vom Bundes­­ tag zurückgewiesen werden soll (sofern nicht namentliche Ab­stimmung verlangt wird). Beim Hammelsprung verlassen alle Abgeordneten den Plenarsaal. Gleichzeitig ertönt in allen Gebäuden des Bundestages ein schriller Signalton, zur Auf­for­derung an die Abgeordneten, in den Plenarsaal zu kommen. Dann werden bis auf die drei Abstimmungstüren alle Zugänge zum Plenum geschlossen. An diesen stellen sich jeweils zwei Schriftführer auf. Auf ein Glockenzeichen des Präsidenten hin betreten die Abgeordneten einzeln durch eine der drei Türen den Plenarsaal und werden dabei von den Schriftführern laut gezählt. Wenn ein Parlamentarier durch die „falsche“ Tür läuft, kann sein Ab­stim­mungsverhalten nicht rückgängig gemacht werden. 1962 unterlief dies dem CDU/CSU-Abgeordneten Hans Richarts, der in einer Abstimmung zur „Spiegel-Affäre“ beim Hammelsprung aus Versehen für den Antrag der SPD votierte. In den ersten Wahlperioden des Bundestages stimmten die Abgeordneten jeweils mehr als einhundert Mal per Hammelsprung ab. Später wurde das Verfahren zunehmend von namentlichen Abstimmungen abgelöst, bei denen anders als beim Ham­melsprung die Stimmabgabe jedes einzelnen Abgeordneten protokolliert wird. In der aktuellen Wahlperiode kam es bis Mitte Oktober 2008 zu fünf Hammelsprüngen. Zuletzt am 24. Sep­tem­ber 2008, als die Grünen die abwesende Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) ins Plenum zitieren wollten. Bei der Abstimmung per Handzeichen schien es eine Mehrheit für die Grünen zu geben, doch im Sitzungsvorstand wurde über das Ergebnis keine Einigkeit erzielt. Ein CDU/CSUParlamentarier beantragte den Hammelsprung. Das gab der Großen Koalition Zeit, genug Abgeordnete zusammenzutrommeln. Am Ende waren 249 Abgeordnete durch die „Nein“-Tür gelaufen und 64 durch die „Ja“-Tür – der Antrag der Grünen war damit abgelehnt. Im Jahr 1970, als der technische For­t­schrittsglaube noch nahezu unge­brochen war, schien es mit der Tradition vorbei zu sein. In den Plenar­saal des Bonner Bun­des­ages wurde der Abstim­mungscomputer „AEG 60-10-­Digi­­talrechner“ eingebaut, der den Ham­­mel­sprung durch eine elektronische Stim­m­ab­gabe vom Sitzplatz aus ersetzen sollte. Damit kein Abgeordneter für seinen fehlenden Sitznachbarn eine Stimme abgeben konnte, gab es in den Stühlen Druckkontakte, die erst ab einer Belas-­ ­­­­tung von 40 Kilogramm den Mecha-­ nis­mus aktivierten. Bei den Abstimmun­gen mussten die Abgeordneten eine Identi­tätsnummer eingeben und wählten dann zwischen „Ja“, „Nein“ und „Enthaltung“. Doch von Beginn an traten technische Probleme auf, sodass die Anlage 1973 zum letzten Mal benutzt und 1977 wieder ausgebaut wurde. Der Hammelsprung wird seitdem wieder regel­mäßig praktiziert. Ob das auf Dauer so bleiben soll, ist im Bun­destag umstritten. „Wenn man schnell und ohne großen bürokratischen Auf­wand die Mehr­heitsverhältnisse klären will, ist der Hammelsprung das ideale Ab­stimmungsverfahren“, ist der Vizefraktionschef der Unionsfraktion, Wolfgang Bosbach, überzeugt. Dagmar Enkelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion Die Linke, hält den Hammelsprung hingegen für überholt. „In fast allen anderen europäischen Parlamenten gibt es elektronische Abstimmungsanlagen“, sagt Enkelmann. „Warum soll es ausgerechnet in Deutschland unmöglich sein, eine solche An­lage fehlerfrei zu betreiben?“ Joachim Riecker ■ Abstimmungsverfahren sind in der Geschäftsordnung geregelt: www.bundestag.de/parlament (Rechtliche Grundlagen) i Der Zyklop Polyphem mit seinen Schafen auf einer Abstimmungstür im alten Reichstag Foto:Picture-Alliance/EgonSteiner Bild:CosmosVerlagfürKunstundWissenschaft(1897/1913) 30 Blickpunkt Bundestag November 2008 Ein Raum, geschaffen für den Dialog Kunst im Bundestag Andreas Kaernbachs Anliegen ist es, den Austausch zwischen Kunst und Politik zu fördern November 2008 Blickpunkt Bundestag 31 Menschen E s ist ein Bild wie ein Gedicht. „wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng“. Ein Bild wie eine Trauer: weiß, in ungleiche Gevierte geteilt durch einen Mast und eine Straße. Das Straßenschild am Mast befestigt. Fast schneeverweht der Name „Jüdenhain“. „Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends“. Der Dichter Paul Celan hat das Leichentuch mit Worten gewebt. Die Künstlerin Susan Hiller hat es abgebildet. Rund 300 Fotografien sind entstanden, auf denen Anwesenheit und Abwesenheit des jüdischen Lebens in Deutschland dokumentiert sind. Drei Bilder hat der Bundestag angekauft. Es sind die „Schneebilder“: Jüdenhain, Judengraben, Judengasse. Hier haben sie also gelebt. Und dann sind sie vernichtet worden. Fast alle. Die Fotos geben das nicht preis und lassen doch daran denken. Genau daran. Der Schnee deckt es nicht zu: „dein goldenes Haar Margarete dein aschenes Haar Sulamith“. Die Ausstellung „The J. Street Project“ ist seit dem 15. Oktober im Kunst-Raum des Marie-Elisabeth-LüdersHauses zu sehen. Dieser Aus­stellungsraum wurde im September 2005 eröffnet. Er ist das Ergebnis guter Über­legungen und eines Konsenses, der sich aus dem Wunsch nährte, die allmähliche Annäherung des Parlaments an zeitgenössische Kunst zu fördern. Der Kurator der Kunstsammlung des Deutschen Bundes­tages, Andreas Kaernbach, hat bei der Eröffnung des Kunst-Raumes gesagt, nun sei ein geistig und sinnlich erfahrbares Erscheinungsbild des Bundestages geschaffen worden, man habe sich eine Kunst-Agora im Parlamentsviertel geschaffen. Einen Ort des Dialoges. Es sei ein glückliches Konzept, das hier umgesetzt wird. Das war der Anfang, und so ist es geworden. Nun sind hier 303 Fotografien der britisch-amerikanischen Konzeptkünstlerin Susan Hiller zu sehen. Dazu eine Film- und Buchdokumentation, die das Alltagsleben in deutschen „Judenstraßen“ in 170 Orten zeigt. Solche Ausstellungsprojekte haben einen Vorlauf. Der beginnt mit einer Idee, die auf Taug­­lichkeit geprüft wird. Andreas Kaernbach, Kurator einer Sammlung und Sekretär eines Kunstbeirates des Deutschen Bundes­tages, in dem Abgeordnete aller Frak­tionen sitzen, hatte vor einiger Zeit vorge­schlagen, Arbeiten der Künstlerin Susan Hiller anzukaufen. Es ist eine seiner Aufgaben, derartige Vorschläge zu unterbreiten. „Es schien mir unerlässlich zu sein, Susan Hiller in unserer Sammlung zu haben, denn ihre Arbeiten sind sehr politisch. Und natürlich gut.“ Bei der ersten Beratung gab es noch keine Entscheidung. Als Kaernbach das Thema zum zweiten Mal zur Sprache brachte, schlug er vor, darüber nachzudenken, eine Ausstellung über „The J. Foto:DBT/studiokohlmeier Bilder einer Ausstellung: Andreas Kaernbach (Mitte) während der Aufbauarbeiten für „The J. Street Project“ „Es schien mir unerlässlich, Susan Hiller in unserer Sammlung zu haben.” 32 Blickpunkt Bundestag September 2008 Street Project“ zu machen. Es muss gute Gründe geben, wenn ein ganzer Beirat einer solchen Idee folgt. Warum Susan Hiller, warum diese Bilder, warum jetzt? „Es ist für uns wichtig, mit den Ausstellungen, die keine hausinterne An­­gelegenheit sind, sondern ein Angebot an die Öffentlichkeit, eine Brücke zu unserer Sammlung zu schlagen. Wir kau­­fen nicht an und sammeln nicht zum Selbstzweck. Wir wollen bildende Kunst, Künstlerinnen und Künstler fördern.“ In einem Kulturstaat ist Aufgeschlossenheit gegenüber dem Neuen in der Kunst oder der neuen Kunst geradezu Pflicht. Der Bundestag kommt dieser Verpflichtung nach und macht zugleich die Ergebnisse dieser Arbeit öffentlich: indem in allen Häusern Kunstwerke zu sehen sind, Aus­stellungen konzipiert, Führungen an­geboten, Bücher veröffentlicht werden und so ein Dialog stattfindet. Es gab also ein Ja des Kunst­beirates zu dem Vorschlag, Susan Hillers Projekt auszustellen. Damit begann für Andreas Kaernbach die Arbeit an der Umsetzung des Vorhabens. Zuerst natürlich galt es, die Künstlerin zu fragen, ob sie will, was der Bundestag möchte. Ja, doch ja, sie will. Wunderbar. Danach war ein Termin zu finden. Klingt einfach, ist nicht ganz so einfach. Ausstellungen werden vom Bundestagspräsidenten eröffnet. Also Abstimmung mit seinem Büro. Und auch sonst muss es ein guter Tag sein, in ausreichender Ferne gelegen, um alles zu schaffen, aber doch nicht in allzu ferner Zukunft. Dann die wichtigste aller Fragen: Wird es gelingen, alle 303 Fotos zur gleichen Zeit am gleichen Ort zu haben? In diesem Falle noch eine vergleichsweise einfache Aufgabe, denn es waren nur zwei Galerien zu kontaktieren. Bei der vorhergehenden Ausstellung mit Bildern des Malers Hans Jürgen Kallmann beispielsweise mussten Leihgeber von München über Ismaning, Wiesbaden bis Köln und Berlin angesprochen und entsprechende Archivrecherchen unternommen werden. Vielleicht ist die schönste Arbeit von allen darum anschließend die, sich Gedanken darüber zu machen, wie die eigentliche Ausstellung aussehen soll. Was werden die Bilder mit dem Raum, was wird der Raum mit den Bildern machen? Susan Hiller kam, um mit Andreas Kaernbach und einem vom Bundestag beauftragten Aus­stellungsarchitekten darüber zu reden. Dann traf sich Andreas Kaernbach mit einem Antiquitätenhändler, denn es sollte eine Installation der Künstlerin eingebunden werden ins Ausstellungskonzept. Die „Brandenburg-Suite“ besteht aus Möbeln, aufgeklappten Koffern, Bildern aus der Serie und symbolisiert den hastigen Aufbruch, die Flucht ins Ungewisse, die Vertreibung. Die Entscheidung für diesen KunstRaum, das erfährt der Kurator des Bundes­tages immer wieder, war eine Menschen Bild oben: Kurator Andreas Kaernbach im Gespräch mit der Künstlerin Susan Hiller; Bild rechts: Aufbau der Ausstellung im Kunst-Raum des Bundestages „Wir wollen bildende Kunst, Künstlerinnen und Künstler fördern.“ November 2008 Blickpunkt Bundestag 33 Menschen „The J. Street Project“ Ausstellung mit Werken von Susan Hiller Ort: Kunst-Raum im MarieElisabeth-Lüders-Haus, Zugang über die Spreeuferpromenade (Schiffbauerdamm) Öffnungszeiten: bis zum 11. Januar 2009 täglich außer Montag von 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei. www.kunst-im-bundestag.de i glückliche. Viele Künstler und Künstlerinnen sind begeistert. Sie wollen ihre Werke nicht einfach hingestellt oder hingehängt haben, es soll sich zur Kunst eine Idee gesellen, davon, wie die Kunst dargeboten wird. Und der Raum im MarieElisabeth-Lüders-Haus signalisiert die Ernsthaftigkeit des Anliegens. Er hat ein Gesicht, er ermöglicht Verschiedenheit. Susan Hiller hat alle 303 Aufnahmen dicht an dicht an eine zehn Meter lange, weiße Wand gehängt. Jedem Bild ist eine Nummer zugeordnet, an der gegen­überliegenden Wand sind die zugehörigen Namen von Städten und Orten zu lesen. „So wird das aussehen“, erklärte Andreas Kaernbach in einem Gespräch vor dem Aufbau der Ausstellung anhand eines Modells, das in seinem Arbeitszimmer auf dem Schrank stand und den Ausstellungsraum zeigt, wie er sich auf zwei Ebenen erstreckt, verbunden durch eine Treppe. „Auf der oberen Ebene werden die Bilder hängen, an der Seite wird das Buch auf einem Pult ausliegen, hier in dem fensterlosen Kabinettraum die Videoinstallation gezeigt.“ Das weiße, leere Modell verlangte Fantasie ab, aber doch, es ging. So wird es aussehen. 303 Fotos für eine Annäherung an die Vergangenheit. Vor einer Vernissage ist, wenn die grundlegenden Dinge einmal festgelegt werden konnten, noch sehr vieles zu bedenken. Ein Plakat muss entworfen und gedruckt werden, ein Flyer für die Einladungen. Andreas Kaernbach schreibt die Texte für alle Publikationen über die Ausstellungen des Bundestages selbst. Welche Musik soll zur Eröffnung der Ausstellung gespielt werden? Es kann passieren, es passiert, dass man eine Idee hat, und dann: „Ich hatte mir vorgestellt, Kantoralmusik aufführen zu lassen. Aber am 14. Oktober beginnt das jüdische Laubhüttenfest, das größte Freudenfest des jüdischen Jahres. Wir konnten also keine synagogale Musik auf unserer Vernissage spielen, weil alle Musikerinnen und Musiker bereits gebunden waren.“ Gespielt wurde dann ein Streichtrio des tschechischen Komponisten Gideon Klein. Er schrieb es im KZ Theresienstadt im Jahre 1944, neun Tage bevor er nach Auschwitz deportiert und dort am 27. Januar 1945 ermordet wurde. Andreas Kaernbach, der seine Ar­beit im und für den Deutschen Bundes­­tag übrigens am 9. November 1989 begann, denkt bereits über die nächsten Projekte nach. „The J. Street Project“ ist bis zum 11. Januar 2009 zu sehen. Bleiben werden drei „Schneebilder“, die dem Deutschen Bundestag gehören. Sie waren ja auch der Beginn von allem. Kathrin Gerlof ■ Fotos:DBT/studiokohlmeier 34 Blickpunkt Bundestag November 2008 M it geschlossenen Augen ertasten sie das Parlament. Zwei Dutzend Händepaare befühlen Wände und Giebel, wandern über das Dach und die Statuen darauf. Die Miniaturausgabe des Reichstagsge­bäudes ist eigentlich für Blinde gedacht. Der vierten Klasse der St.-Paulus-Grundschule in Berlin-Tiergar­ten verschafft sie zum Anfang ihrer Tour durch das Parlament aber einen guten Überblick. Es ist Kindertag, und im Bundes­tag herrscht die Akustik von drei Grundschulen und vier Freibädern gleichzeitig. Mehr als eintausend Kinder sind an diesem 6. Oktober zu Gast im Parlament. Die Führungen sind speziell für 6- bis 14-Jährige konzipiert. Vier Kindertage pro Jahr gibt es – und der Andrang ist groß. Platz der Republik Foto:DBT/AnkeJacob Zum Kindertag Für Schulklassen und Jugendgruppen wird eine frühzeitige Anmeldung empfohlen: per Post: Deutscher Bundestag, Besucherdienst, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, per Fax: (0 30) 2 27-3 00 27, per E-Mail: besucherdienst@bundestag.de Termine für die Kindertage 2009: 2. März, 8. Juni, 14. September, 30. November. Abenteuer Politik Kindertag im Bundestag Klara notiert das Wichtigste auf dem Klemmbrett. Zahl der Abgeordneten: 612. Höhe der Kuppel: 50 Meter. Sitze im Plenarsaal: blau. Michael Kresin vom Besucherdienst nimmt Klara und ihre Klasse mit auf eine Geschichts­reise. Er zeigt Graf­fiti russischer Sol­daten, die vom Ende des Zweiten Welt­­­kriegs zeugen. Die Schüler machen Handy­fotos, und eine Lehrerin,­des Russ­ischen mächtig, übersetzt die kyrillische Schrift. i Wie soll man das alles behalten? Eine junge Besucherin notiert Wissenwertes beim Kindertag im Bundestag Nächste Station ist der Andachtsraum, die Klasse stürmt ihn wie einen Schulbus. Trotz ihrer multikulturellen An­­mutung sind alle Kinder der St.-PaulusSchule getauft. Thy, deren Eltern aus Viet­nam kommen. Leonard, dessen Vater im Kongo geboren wurde. Und Winfried, halb Serbe, halb Russe. Routiniert erkundigen sie sich, wo das Weihwasser steht und ob hier auch geheiratet wird. Das nicht, erläutert der Besucherführer, dafür könnten aber ganz verschiedene Religionen den Andachtsraum nutzen. Eine Steinkante weist nach Mekka, die Orgel steht auch für den jüdischen Gottesdienst bereit. Ein Neunjähriger weist sich als Kunstkenner aus und identifiziert den Künstler Günther Uecker als Gestalter des Andachtsraums. Beim Stand der Kinderkommission (KiKo) informiert sich die Klasse über die Rechte von Kindern. Die KiKo-Vorsitzende Diana Golze (Die Linke) betont die Bedeutung des Kindertages. „Kinder begreifen dieses Haus und seine Bedeutung ganz anders als die Großen. Für sie ist zum Beispiel wichtig, wie schwer der Adler im Plenarsaal ist oder wie man sich so einen Tag als Politiker praktisch vorstellen muss.“ Auf der Besuchertribüne schreibt Klara auf, dass der Adler eine fette Henne ist und doppelt so hoch wie ein Drei-Meter-Sprungturm. Ein Mitschüler fragt, ob man sich auch selbst wählen kann. Eine andere erkundigt sich, ob Besucherführer Kresin auch dort unten bei den Fraktionen säße. „Da dürfen nur Abgeordnete rein.“ Ob er einer werden wolle? Kresin grinst und winkt mit Hinweis auf die langen Arbeitszeiten ab. Klara notiert: 60- bis 70-Stunden-Woche. Dann ist der Schreibblock voll, und der Kindertag geht zu Ende. Lydia Harder ■ November 2008 Blickpunkt Bundestag 35 Im Wortlaut D ieser Satz fiel an einem eisigen Februarabend des Jahres 1990 auf dem Roten Platz in Moskau – zwei Monate nach dem Mauerfall. Der Mann, der in der Nähe des Spasski-Tores des Kremls die frierenden Journalisten mit dem Wort vom Durchbruch richtig heißmachte, hatte nicht zu viel versprochen: Knapp eine Stunde später gab der deutsche Regierungschef im Internationalen Kongresszentrum bekannt, er sei sich mit seinem Ge­sprächs­partner einig, „dass es das alleinige Recht des deutschen Volkes ist, die Entscheidung zu treffen, ob es in einem Staat zusammenleben will“. Das hieß: In den Verhandlungen zwischen den beiden wichtigsten Politikern der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland war der wichtigste Grundstein für die deutsche Vereinigung gelegt worden. Fünf Monate später gaben die beiden Staatsmänner imKaukasus bekannt, sie seien sich jetzt auch einig, dass das wieder­ver­einig­te­ Deutschland volle Souveränität haben werde, damit auch Mitglied der NATO bleiben könne. Das hatten die Sowjets lange abgelehnt. Nun konnten die Verhandlungen der beiden deutschen Staaten mit den vier Siegermächten des Zweiten Weltkriegs erfolgreich abgeschlossen werden. Die Bundesrepublik und die DDR, die bereits seit 1. Juli durch eine Wirtschafts- und Währungsunion verbunden waren, schlossen einen Einigungsvertrag. Am 3. Oktober war Deutschland wieder ein geeinter Staat. Der Mann, der im Februar als Erster vom „Durchbruch“ gesprochen hatte, kannte den Umgang mit Journalisten aus dem Effeff. Der gebürtige Sudetendeutsche kam selbst aus diesem Geschäft, hatte als Pressemann an deutschen Botschaften fragt BLICKPUNKT BUNDESTAG an dieser Stelle und lädt Sie ein, interessanten Persönlichkeiten der Parlamentsgeschichte im Wortlaut wieder zu begegnen. In jeder Ausgabe präsentieren wir das Zitat eines Mitglieds des Bundestages, das in der Geschichte Deutschlands seine Spuren hinterlassen hat. Wer hat’s gesagt? Schreiben Sie uns die Lösung und gewinnen Sie eine Reise für zwei Personen nach Berlin. und im Bonner Kanzleramt gearbeitet. Als Pressechef der Olympischen Spiele 1972 in München hatte der kontaktfreudige und sprachgewandte Journalist die schwierige Aufgabe zu meistern, die Vertreter der Weltpresse über den Überfall einer palästinensischen Terrorgruppe auf die israelische Mannschaft und schließlich über die gescheiterte Befreiung der Geiseln zu informieren. 1972 trat er der CSU bei und zog vier Jahre später in den Bundestag ein. Nach seinen Auslandsaufenthalten lag es nahe, dass er sich der Entwicklungs- und der auswärtigen Kulturpolitik zuwandte. Sein poli­tischer Aufstieg führte ihn bis in die Bun­desregierung, wo er eine bis heute einmalige Dop­pelfunktion als Bundesminister für wirtschaftliche Zusam­menarbeit und als Leiter des Bundes­presseamtes im Minis­terrang ausfüllte. Nach dem Ausscheiden ausdem Kabinett wurde der bei den Journalisten beliebte Träger von flotten Fliegen Vizepräsident des Bundestages. Im November 1996 erlag er einem Herzinfarkt. Klaus Lantermann ■ Die Antwort schicken Sie als Fax, E-Mail oder per Postkarte an: BLICKPUNKT BUNDESTAG, c/o MEDIA CONSULTA Deutschland GmbH, Wassergasse 3, 10179 Berlin, Fax: (0 30) 6 50 00-1 92, E-Mail: blickpunkt@media-consulta.com. Einsendeschluss: 8. Dezember 2008. Unter den richtigen Einsendungen werden fünf Preise verlost. Der Hauptgewinn ist eine Reise für zwei Personen nach Berlin. Die Lösung des Rätsels in Ausgabe 03-2008 lautet: Wolfgang Mischnick. Eine Reise nach Berlin hat Bettina Kersting aus Schieder gewonnen. „Es gibt einen Durchbruch. Vom Kanzler wird eine wichtige Mitteilung erwartet.“ Wer hat’s gesagt? 36 Blickpunkt Bundestag November 2008 T ransparent, elegant, leicht – so wird die Architektur der brasilianischen Hauptstadt Brasilia gerühmt. Vor allem der Platz der drei Gewalten gilt als Höhe­punkt der Architektur, geschaffen 1960 vom Brasilianer Oscar Niemeyer: rechts der Präsidentensitz, links der oberste Gerichtshof und mittendrin in zwei Halbschalen der Kongress mit Abgeordnetenhaus und Senat. Foto­grafen lieben die schnee­weißen Schüsseln unter den dahinfliegenden Wol­ken. Doch der Ein­druck von Moderne und Leich­tigkeit täuscht ein wenig: Es gibt wenige Parla­mente, die so schwer zu überschauen und verwinkelt sind. Lange, teilweise unterirdische Gängeverbinden die Kammern des Kon­gresses mit dem zweitürmigen Ab­ge­ord­netenhoch­haus. Über­dimen­sio­nale Leder­sofas, von Nie­meyer entworfen, aber kaum zu benutzen, stehen im Halb­dunkel der Lobby. Der Senat ist vollständig in dunkelblauen Samt gekleidet. Der deutsche Fotograf Andreas Gursky hat die zweite Kammer porträtiert wie eine über allem schwebende, beleuchtete Muschel – und damit perfekt das Selbstverständnis der 81 Senatoren getroffen. Die werden auf acht Jahre gewählt und sind über das politische Tagesgeschäft erhaben. Mit „Ihre Exzellenz“ reden sie sich an, wer „Sie“ oder gar „Du“ benutzt, bekommt einen Verweis. Die Senatssitzungen gleichen meistens Ver­sammlungen eines Golfklubs. Die Politik wird vorher gemacht, in den Edelrestaurants der Hauptstadt, in den Villen der Lobbyisten oder – zur Not – auch mal in den Korri­doren vorm Senatsge­bäude. Im Abgeord­neten­haus dagegen geht es zur Sache: Im Halb­dunkel des Sitzungssaales schlägt kaum einer der 513 Abgeordneten seine Zeit mit Aktenstudieren tot. Der normale brasilianische Abgeord­nete steht im Plenum, hält ein Handy am Ohr und klopft seinen Gesin-­ ­n­ungsge­nos­sen auf die Schultern. Wer auffallen will, muss seine Redezeiten provokativ nutzen – brüllen und schimpfen, in Tränen ausbrechen oder philosophische Zitate gehören zum Re­per­toire. Auch hier wird die Politik in den Lobbys gemacht. Ein Abge­ord­neter drückt es so aus: „Meine Popu­la­ri­tät kann ich jeden Tag Congresso Nacional Die Kammern im Internet: www.senado.gov.br www.camara.gov.br i Parlamentsgeschichten Elegantes Vakuum Brasilien: Congresso Nacional Foto:Picture-Alliance/efeepa neu daran messen, wie oft ich auf dem Weg von meinen Büro in den Sit­zungs­saal begrüßt werde.“ Auch die zukunftsweisende Architektur hat nicht verhindern können, dass der Kongress in einer Sinn­krise steckt. Er verliert an Macht. Kaum ist eine neue Regierung installiert, versuchen Ab­ge­ordnete durch Partei­wechsel, einen Fuß in die Regierungs­koalition zu bekommen. Von den 513 Abgeordneten haben 223 schon mal ihre Partei gewechselt. Dennoch lässt sich das Parlament kaum zu einer stimmfähigen Mehrheit versammeln. Des­wegen regiert der Präsident meist per Dekret. Immer öfter fällt der Oberste Gerichts­hof politische Urteile, die eigentlich das Parlament entscheiden müsste. In­mitten der Niemeyer-Ästhetik versinkt der Kon­gress in einem politischen Vaku­um. „Architektur ist keine simple Frage der In­genieurskunst. Sie ist eine Mani­festation des Geistes, der Fantasie, der Poesie“, sagte Niemeyer einmal. Verständlich, dass der Meister von Brasilia enttäuscht war. Alexander Busch, Salvador ■ Impressum Herausgeber: Deutscher Bundestag, Referat Öffentlichkeitsarbeit Platz der Republik 1 11011 Berlin Chefredaktion: Britta Hanke-Giesers (Leiterin Referat Öffentlichkeitsarbeit), Michael Reinold Redaktion: Helmut Spörl (Leiter), Klemens Vogel, Birgit Lettenbauer bei MEDIA CONSULTA Deutschland GmbH Wassergasse 3, 10179 Berlin Telefon: (0 30) 6 50 00-2 20 Fax: (0 30) 6 50 00-1 92 E-Mail: blickpunkt@media-consulta.com Koordination: Michael Reinold, Sylvia Bohn (Referat Öffentlichkeitsarbeit) Telefon: (0 30) 2 27-3 78 68 Fax: (0 30) 2 27-3 65 06 E-Mail: michael.reinold@bundestag.de Beauftragte Agentur: MEDIA CONSULTA Deutschland GmbH Geschäftsführung: Dipl.-Kfm. 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