3 Übungstypologie Übung macht den Meister. (Sprichwort) Erasmus von Rotterdam (1466 - 1536), berühmter Humanist und Verfasser bekannter theologischer und wissenschaftlicher Schriften, hat sich auch mit pädagogischen Themen beschäftigt. Da finden sich u. a. Ratschläge zum Fremdsprachenlernen, speziell zum Ausspracheunterricht: „Man kann sich am Papagei ein Beispiel nehmen. Häufig spricht dieser Vogel eine das „Papageienmethode" nach, was man ihm einübt, und er führt wiederholt das aus, was er einmal gelernt hat. Wenn er nicht gelchrsam ist, wird er mit dem Stock gezüchtigt, wenn er aber das wiederholt, was ihm gesagt wurde, bekommt er Futter als Belohnung. Man muß einen guten Lehrer hinzuziehen, der eine gute Sprache spricht; der muß wissen, wie er vorgehen soll: er muß bei Versuchen helfen, jedes Gelingen loben, aber beim Rückfall in alte Gewohnheiten häufig korrigieren." Kramer (1978), 216 Welche Empfehlungen von Erasmus von Rotterdam können noch heute aufgegriffen werden? Die „Papageienmethode", die uns zunächst nur amüsiert, ist doch im Grunde durchaus ernst zu nehmen. Das Wesentliche ist enthalten. So können wir Franz Josef Zapp und Konrad Schröder (1984, XXII) nur bestätigen, die ganz nüchtern feststellen: „Sieht man einmal vom Bereich der Medien ab, so gibt es sicher innerhalb der heutigen Fremdsprachendidaktik keinen Ansatz, keinen methodischen Trick, den man nicht bereits vor 1789 ausprobiert hätte." Es sind also immer wieder die alten Fragen, die uns auch in dieser Fernstudieneinheit beschäftigen, Fragen, die sich viele vor uns gestellt haben. Vielleicht gelingt es uns, einige zu beantworten. In diesem Kapitel betrachten wir das Instrumentarium an Übungen, das uns zur Verfügung steht, und versuchen, es systematisch zu ordnen. Hinweise auf eine Typologie phonetischer Übungen sind in der didaktischen Literatur schon vereinzelt zu rinden (vgl. zum Beispiel Diehng 1992; Segermann 1992; Häussermann/Piepho 1996). Im Unterricht, wie Hospitationen und Gespräche zeigten, und in Lehrwerken bzw. Materialien zur Ausspracheschulung ist von einer didaktischen Vielfalt allerdings noch nicht viel zu bemerken. /. Was assoziieren Sie mit dem Stichwort „Phonetikübung"? Welche persönlichen Erfahrungen haben Sie mit Phonetikübungen gemacht? Waren sie interessant, langweilig, peinlich, lustig? 2. Welche Übungsformen zur Phonetik kennen Sie? 3. Sehen Sie sich phonetische Übungen in Lehrbüchern an. Welche Übungsformen finden Sie dort? Listen Sie sie auf. Wie könnte man sie ordnen? ir stellen hier folgende Einteilung zur Diskussion: Hören Vorbereitende Hörübungen Eintauchübungen D i skriminationsübungen Identifikationsübungen Angewandte Hörübungen 1 (Aus-)Sprechen Vorbereitende Sprechübungen - Einfache Nachsprechübung - Kaschierte Nachsprechübung - Produktive Übungen Angewandte Sprechübungen - Vortragen/Lesen (eigener bzw. fremder Text) - Frei sprechen I esc Gliederung wird auch in den folgenden Kapiteln (3.1 und 3.2) zugrunde gelegt. Aufgabe 48 Aufgabe 49 Gliederung von Phonetikübungen 47 Hör- und Hör- und (Aus-)Sprechübungen (Aus-)Sprechübungen Hör- und Sprechübungen ergänzen und befruchten einander, sie bilden eine dialektische Einheit. Auch wenn man selbst spricht, hört man sich, meist unbewusst, zu. Der Weg führt vom Hören zum Sprechen und vom Sprechen zum Hören. In der folgenden Darstellung werden die Bereiche Hör- und Sprechübungen nur aus Gründen der Systematik getrennt. Im Unterricht können alle Sprechübungen als Hörübungen und alle Hörübungen als Sprechübungen genutzt werden, es kommt nur auf die jeweilige Übungsanweisung an. Das ist sogar sehr zu empfehlen, denn das in den Hörübungen vertraut Gewordene sollte in den Sprechübungen aufgegriffen und automatisiert werden. 3.1 Hörübungen „ Das Ohr ist die erste Lehrmeisterin der Sprache." (Herder) Ein intaktes Gehör vorausgesetzt, kann jeder hören, wie jeder sehen, riechen, fühlen oder atmen kann. Aber Hören ist mehr, als einen Klang - seien es Geräusche, Musik oder Sprache - wahrzunehmen. Hören ist Erkennen, Einordnen, Interpretieren. So wird eine Vogelstimme als Nachtigallengesang, ein Musikstück als Violinkonzert, ein Sprachklang als Sprache - Deutsch, Englisch, Swahili - erkannt. Dahinter stecken Hörerfahrungen, Hörfertigkeiten und Kenntnisse, denn nicht jeder könnte die Gehöreindrücke ohne weiteres so klassifizieren. Es gibt auch das berufsspezifische Hören, etwa wenn der Arzt einen Patienten abhört oder der Fahrer die Geräusche des Auto> deutet. Der Hörende entwickelt durch Erfahrung unterschiedliche Hörmuster, das gilt auch für die Sprache, für die Muttersprache und für Fremdsprachen. Die muttersprachigen Hörmuster (Klangbilder), die während der kindlichen Sprachentwicklung erworben werden, sind prägend. Beim Fremdsprachenlernen können sie unter Umständen den Zugang zu den fremdsprachigen Hörmustern versperren. Sie wirken wie ein Filter: Nur gewohnte, muttersprachige Klänge werden durchgelassen - die spezifisch fremden Klänge werden abgefangen. Durch ein spezielles Hörtraining ist es aber möglich, das Ohr für die fremdsprachigen Klänge zu sensibilisieren und neue Hörmuster zu etablieren: ,yPickering: Ichhabe mir einiges darauf eingebildet, vicrundzwanzig verschiedene Vokale aussprechen zu können, aber Ihre hundertdreißig schlagen mich. Ich kann nicht den kleinsten Unterschied zwischen ihnen hören. Higgins: Übung macht den Meister. Zuerst ist da kein Unterschied, aber hört man länger hin, findet man sie bald so verschieden wie A und B." Shaw (1990), 22f. unterschiedliche Arten Hören ist nicht gleich Hören, mindestens vier Arten kann man unterscheiden und von Hören trainieren: a) das verstehende Hören, das darauf gerichtet ist, inhaltliche Zusammenhänge aufzunehmen und zu verarbeiten. (Die verschiedenen Arten des verstehenden Hörens werden in der Fernstudieneinheit Fertigkeit Hören behandelt.) b) das phonologische oder phonematische Hören*, bei dem kleinste bedeutungsun-terscheidende Einheiten differenziert und identifiziert werden (z. B. Land -Rand). c) das phonetische Hören*, bei dem über die reine Bedeutungsunterscheidung hinaus bestimmte Klangmerkmale wahrgenommen werden (z. B. ob das R in Rand ein Reibe- oder ein Zungenspitzen-Ä ist). d) das funktionale oder analytische Hören*, das man als Lehrer beherrschen sollte, weil man damit vom Klang auf die - korrekte oder fehlerhafte - Lautbildung schließen und somit entsprechende Korrekturhinweise geben kann. Hörerfahrungen berufsspezifisches Hören unterschiedliche Hörmuster 48 3.1.1 Vorbereitende Hörübungen • Eintauchübungen Eine spezielle Art von Eintauchübungen, die manchem vielleicht ein wenig abwegig erscheint, wollen wir an den Anfang stellen. Es werden Texte vorgespielt oder vorgetragen, deren Klang eine suggestive Ausstrahlung hat. Der Inhalt ist dabei sekundär, er muss auch nicht unbedingt verstanden werden. Die Lernenden sollen in die Sprache eintauchen, in deren (Wohl-) Klang baden und auf diese Weise zum Nachahmen animiert werden. Erste lautübergreifende, klangliche Besonderheiten der neuen Sprache werden so erfasst, vor allem Rhythmus, Melodie, Pausen, Sprechtempo und andere intonatorische Merkmale. Sicher eignen sich diese Übungen nicht für alle. Aber einige Erprobungsversuche bestätigen: Manche Lernergruppen sind damit zu erreichen. So haben polnische Priester in einem Deutschkurs sehr gern und mit Gewinn Bibeltexte von der Kassette gehört. Für Eintauchübungen besonders geeignet scheinen also auch Texte zu sein, die den Lernenden von der Muttersprache her bekannt sind und denen sie jetzt in der Fremdsprache neu begegnen. Der Besuch einer fremdsprachigen Theatcraufführung mit Schülern wäre auch eine Art Eintauchübung. Hörtexte zum Einfühlen in den Klang der Sprache /. Was hallen Sie von Eintauchübungen? 2. Welche Texte scheinen Ihnen zum Eintauchen brauchbar zu sein '>. Texte lehnen Sie ab? Welche 3. Hören Sie vier Textbeispiele auf der Kassette. Welche davon würden Sie für Ihre Schüler wählen, wenn Sie diese Übungsart ausprobieren wollen? Kreuzen Sie bitte an und begründen Sie warum. Abzählreime (Hörbeispiel 22) Nein Q Warum ?_ Ja „Erziehung", Gedicht von Uwe Timm (Hörbeispiel 23) Ja i_ Nein Q Warum ?_ „Bitte ausweisen ", Prosatext (Hörbeispiel 24) Ja \_ Nein \_ Warum ?_ ,, Wie heißt das auf Deutsch? ", Lied (Hörbeispiel 25) Ja \2 Nein [_ Warum ?_ Natürlich kann man in Eintauchübungen nicht nur den „Gesamtklang" der Sprache präsentieren, sondern auch schon spezielle phonetische Themen aufgreifen, sie vorbereiten. Die folgende Übung aus der Phonothek (Stock/Hirschfeld 1996, 9) sowie die Anfangsübungen zu den Bausteinen im Kapitel 7 sind Beispiele dafür. Aufgabe 50 Hörbeispiele 22 - 25 Hinweis Hören Sie sich den Dialog in Hörbeispiel 26 an und versuchen Sie zu bestimmen, in welchen phonetischen Schwerpunkt er einführen soll. Aufgabe 51 Hörbeispiel 26 • Diskriminieren Beim Diskriminieren wird die Fertigkeit trainiert, fremdsprachige Klänge und Laute fremdsprachige Laute zu unterscheiden, zu differenzieren. unterscheiden Beispiel Nehmen wir an, die Lernenden haben Probleme, deutsche lange und kurze /t-Laute zu differenzieren. Zuerst müssen sie herausfinden, dass im Deutschen diese Unterscheidung existiert, dass sie wesentlich ist und dass sie bedeutungsdifferenzierend sein kann. Das wird an Wörtern bzw. Wortpaaren erläutert. 49 Aufgabe 52 Hörbeispiel 27 Hören (Hörbeispiel 27) undsehen Sie'sichvierBeispielefürDifferenzierungsübungen an. Vergleichen Sie das Übungsmaterial: Wo werden die Unterschiede zwischen langen und kurzen A-Lauten am besten deutlich? Welche Beispieltypen halten Sie für schwierig, welche würden Sie bevorzugen? a) Beliebige Beispiele: Fahne — Schwamm, an der Saale - in der Gaststätte b) Nonsens-Wörter: mahne - manne, baal - ball c) Familiennamen: Herr Kahne - Herr Kanne, Fräulein Maan - Fräulein Mann d) Minimalpaare*: Staat - Stadt, kam — Kamm Kontrastierung Hörtests Hinweis Literaturhinweis Aufgabe 53 Hörbeispiel 28 Beim Diskriminieren wird die Methode der Kontrastierung genutzt, die die Unterschiede klarer hervortreten lässt. Das kann z. B. durch die Gegenüberstellung von Einzclwörtern, von Familiennamen, von Nonsens-Wörtern geschehen. Hörtests Durch unterschiedliche Hörtests kann geprüft werden, ob die Differenzierung bzw. Identifizierung tatsächlich gelingt (siehe auch Kapitel 7). Wir stellen Ihnen dazu nur einige ausgewählte Testformen vor. Ausführlichere Angaben zu Hörtests finden sich bei Barry 1975 und bei Lado 1971. Wir vernachlässigen hier auch den genauen Unterschied zwischen Test und Übung und gehen davon aus, dass mit Testmatcrial auch geübt werden kann und umgekehrt. Hören Sie bitte Hörbeispiel 28. Lösen Sie die Testaufgaben a) - c) und überlegen Sie, welche Testformen Sie bei Ihren Schülern einsetzen würden. Test a) Sie hören einen der beiden Namen. Unterstreichen Sie ihn. 1. Frau Mühler - Frau Müller 3, Frau Möhler - Frau Möller 2. Frau Mühler - Frau Möhler 4. Frau Müller - Frau Möller Test b) Sie hören vier Paare von Familiennamen. Sind die beiden Namen jeweils gleich (=) oder ungleich (*) ? 1. 2. 4. Test c) Sie hören immer drei Namen. Zwei sind gleich, einer ist anders. Markieren Sie, an welcher Position (1, 2, 3) der ungleiche Name steht. 1 2 3 1. 3. 4. mit Namen üben Namen sind ein äußerst sensibler phonetischer Stoff. Bei Namen kommt es auch auf scheinbar minimale phonetische Unterschiede an. Hier können Abweichungen leicht zu Irrtümern und Verwechslungen führen. Deshalb müssen Namen mitunter sogar 50 buchstabiert werden. Das hat jeder von uns schon erfahren. Bei Namen genauer hinzuhören und deutlicher zu artikulieren, ist uns zur Gewohnheit geworden, ist sozusagen natürlich. Das lässt sich für die Phonetikübung gut nutzen. Namen haben noch einen anderen Vorteil. Sie sind Quasi-Nonsens-Material. Es gibt also keine Semantisierungsprobleme*. Verwendet man aber „echte" Wörter, schleichen sich bei Diskriminationsübungen leicht Beispiele ein, die weitab vom Wortschatzminimum rangieren. Solche Wörter müssten die Schüler dann einfach „schlucken", d. h. ohne Erklärung erst einmal hinnehmen (sonst bliebe man nämlich beim Semantisieren stecken). Aufgabe 54 Hörbeispiel 29 1. 2. 3. 4. 5. 6. Hören Sie bitte Hörheispiel 29 und lösen Sie dann die Aufgaben 1.4.1 und 1.4.2. Schätzen Sie ein: Wie schwer wäre die Übung für Ihre Schüler? Welche Wörter müssten Ihre Schüler „schlucken "? Konstruieren Sie selbst eine Diskriminierungsübung zu den Ö-U-Lauten. Verwenden Sie dafür Familiennamen. und 1.4.1 An welcher Position (1, (Kreuzen Sie bitte an.) 2, 3, 4) hören Sie das erste Wort wieder? 1 1.4.2 An welcher Position (1, 2, 3, 4) hören Sie das lange fy:J? (Kreuzen Sie bitte an.) 1 2 3 4 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. nach: üöbel u. a. (1985), 21 In Kapitel 7 „Phonetischer Baukasten " finden Sie auch zu vielen anderen Themen D i skriminations Übungen. Hinweis fremdsprachige Laute (wieder) erkennen • Identifizieren* Schwieriger als Laute und Klänge zu diskriminieren ist es, diese zu identifizieren, sie wieder zu erkennen. Deshalb empfiehlt es sich, beim Üben die Reihenfolge Diskriminieren Identifizieren möglichst einzuhalten. Beispiel Aufgabe 55 Hörbeispiel 30 Literaturhinweis Hörbeispiel 31 Nehmen wir an, die Lernenden haben verschiedene Diskriminationsübungen absolviert. Nun sollen sie ohne Kontrastierung einen Laut identifizieren. 1. Hören Sie Hörbeispiel 30 und lösen Sie die dazugehörige Aufgabe. Übung 2 (jj) Sie hören ein Wort. Markieren Sie bitte, ob es ein [c], ein [x] oder ein [j] enthält! [ff] M [j] (Chemie) 1 2 3 4 5 6 x Stock/Hirschfeld (1996), 135 2. Entwickeln Sie eine vergleichbare Übung für das Erkennen der Wortakzentsilbe. Schöne Vorschläge für solche Identifizicrungsübungen, die auch der Spiel- und Bewegungslust von Kindern entgegenkommen, finden sich bei Slembek (1986, 79 bzw. 1995, 86, Übung 3). Ein (guter) Schüler kann dabei die Lehrerrolle übernehmen und die Wörter vorsprechen: 3) Wann hört man (ö)? Eine Gruppe von Schülern stellt sich in einer Reihe auf. Wenn (ö) gehört wird, einen Schritt vorwärts gehen. Wer beim falschen Laut vorwärts geht, muß einen Schritt rückwärts gehen. Wörter Wetter Wert Wärter kennen können Öfen Affen Öffnen lesen lösen hören Herren können kennen löten loten Besen böse Löffel schön Keller Slembek (1986), 79 Arbeit mit Signalkarten Arbeit mit Bildern Für solche Bewegungsspiele sind die Klassenräume meist zu eng, aber im Freien, beim Spazierengehen lassen sich sicher viele Varianten finden. Ältere Schüler arbeiten auch gern mit Signalkarten. Jeder bekommt zwei, z. B. eine rote und eine blaue. Man verabredet: Rot ist lang, Blau ist kurz. Nun kann sich das Spie! wiederholen: König (rot), Söhne (rot), Töchter (blau) usw. (hier sind nur Einzelwörter möglich). Der Lehrer bekommt hierbei schnell einen Überblick, wer die Unterschiede sicher hört und wer Probleme hat. Bei Identifizierungsübungen kann man auch Bilder verwenden. Das ist eine methodische Abwechslung. Helfende oder verwirrende Informationen aus dem Schriftbild werden ausgeschaltet. Zwei Beispiele sollen das verdeutlichen. 52 /. Hören Sie bitte Hörbeispiel 32 und lösen Sie die Aufgabe. Nummerieren Sie das entsprechende Bild, wenn Sie ein Wort hören. 2. Stellen Sie die Wortpaare zusammen, die sich jeweils nur in einem Laut unterscheiden (Minimalpaare). Welche Paare können Ihre Schüler schlecht unterscheiden ? Aufgabe 56 Hörbeispiel 32 in anderes Beispiel stammt von Edith Slembek (1986), 17: Hörbeispiel 33 Slembek (1986), 117 isher waren die Beispiele für Übungen und Tests dieser Art aus dem segmentalen* ereich gewählt und betrafen einzelne Laute. Die Techniken können aber ebenso für sn suprasegmentalen Bereich, die Intonation, genutzt werden. Beispiele dazu finden ie im Kapitel 7, „ Phonetischer Baukasten ", Bausteine 2 bis 5, S. 101 ff. Hinweis 53 Aufgabe 57 Hörbeispiel 34 Ergebnisse kontrollieren Aufgabe 58 Definition Selbstversuch Probieren Sie diese Prozeduren gleich einmal an sich selbst aus. Hören Sie sich den folgenden Text in Hörbeispiel 34 an. Tragen Sie dabei die Satzzeichen ein und schreiben Sie die Satzanfänge groß. Bestimmen Sie dann die Melodie an den Satzzeichen (Markierung: fallend \, steigend T, gleich bleibend -*■). --,—_- Johannes Brahms war zu einem Abendessen eingeladen die schönsten Fleischstücke von Rind Schwein und Huhn wurden aufgetragen Brahms speiste mit gutem Appetit als Nachtisch servierte ihm die Tochter des Hauses Beethoven Mozart und auch Brahms auf dem Klavier nach dem Vortrag eilte die Mutter auf den Komponisten zu undfragte gespannt großer Meister welches Stück hat Ihnen am besten gefallen ruhig antwortete Brahms das Stück vom Rind nach: Stock/1 [irschfeld (1996), 51 Die in Kapitel 3.1.1 vorgestellten Übungsbeispiele waren in der Regel mit einer Aufgabe verbunden, deren Ergebnis der Lehrer - oder der Schüler selbst - mit der richtigen Lösung vergleichen kann. Wir halten das für sehr wichtig: Das identifizierende und diskriminierende Hören sollte immer kontrolliert werden. Es genügt nicht, Beispiele nur hören zu lassen und die Schüler dann vielleicht zu fragen, ob sie richtig gehört haben. Sicher sagen alle Ja, weil sie das glauben. Im Gruppenunterricht kann man mit einfachen Gesten Kontrollmöglichkeiten schaffen, bei der selbstständigen Arbeit mit der Kassette gibt es schriftliche Kontrollformen. Sehen Sie sich die Beispiele aus Kapitel 3.1.1 noch einmal an. Welche schriftlichen Kontrollmöglichkeiten für Hörübungen werden genutzt? Kennen Sie noch andere Formen? Schreiben Sie sie hier auf: - r\*kAZul&*v_ 3.1.2 Angewandte Hörübungen Diskriminations- und Identifikationsübungen sind vorbereitende Übungen. Sie sind wie Sie schon bemerkt haben, für phonetische Zwecke konstruiert. Die angewandten, d. h. kontextualisierten Übungen bilden die Brücke zu jenen Hörübungen, bei denen es nicht mehr um phonetische Details, sondern in erster Linie um den Inhalt geht (verstehendes Hören). Das zeigt sich auch in den Übungsanweisungen, in denen meist globalere Aufgaben formuliert sind, also keine, die speziell auf das Üben phonetischer Erscheinungen ausgerichtet sind. 54 Sehen Sie sich drei Beispiele für angewandte Hörübungen an und lösen Sie die dazugehörigen Aufgaben. Welche Übungsformen wären für Ihre Schüler geeignet? 1. Hören Sie die folgenden Sätze aus „Die Suche" (Hörbeispiel 36) und sprechen Sie sie nach. 1. Sind Sie müde? Z1 Ja, ich bin müde. ^ 2. Schlafen Sie? /* Nein, ich schlafe nicht. ^ 3. Sind Sie Student? 71 Ja, ich bin Student.^ 4. Sind Sie musikalisch? 71 Nein, ich bin nicht musikalisch.^ Eismann u. a. (1994), 216 2. Hören Sie das Diktat aus „Stufen 1" (Handbuch) (Hörbeispiel 36) und schreiben Sie mit. nach: Vordcrwülbccke/Vorderwülbecke (1986), 44 3. Hören Sie nun ein Beispiel für Lückendiktate aus „Die Suche" (Hörbeispiel 37). Ergänzen Sie bitte die fehlenden Buchstaben. Aufgabe 59 Hörbeispiel 35 Hörbeispiel 36 Hörbeispiel 37 Schreiben Sie. 1. „Ihre F „ ..rk 3. „Moment m eine Fr ge: 5. rten, bitte", s..... gt der M nn. 2. „ 1, das kostet 60 M rk". 4. „Ich bez W s kostet eine K rte für die Str. ch h .....le, ... ........ßenb be keine." ber ich h. ............n?" 1 be Eismann u.a. (1994), 219 Das Notieren, Ergänzen und Nachsprechen sind hier Kontrollformen (Rückmeldung), wobei die Auskünfte, ob adäquat gehört wird, nicht immer zuverlässig sind, da Abweichungen, die beim Nachsprechen und Aufschreiben auftreten, nicht notwendig durch falsches Hören bedingt sein müssen, sondern auch andere Ursachen haben können. Kontrollformen Nennen Sie Ursachen für Fehler beim Nachsprechen und Aufschreiben, die nicht auf Hörschwierigkeiten zurückzuführen sind. Aufgabe 60 Angewandte Hörübungen können auch umfangreicher sein als die oben angeführten Beispiele. Texte, Dialoge, Lieder, die einen bestimmten, vorher durch Diskrimination und Identifikation geübten phonetischen Schwerpunkt aufgreifen und gleichzeitig zum Hörverstehen hinführen, eignen sich ausgezeichnet für die selbstständige (kassettengestützte) individuelle Arbeit. Viele junge Leute konsumieren über Kopfhörer pausenlos Musik, das kann man z. B. auf sehr langen Bahnfahrten beobachten. Es könnten sehr gut auch deutschsprachige Lieder und Songs gehört werden, die ins Ohr gehen, die also wieder und wieder abgespielt werden. Begeistern Sie Ihre Schüler doch dafür, auch deutschsprachige Musik zu hören. Und warum nicht auch gesprochene Texte, die wirklich faszinieren? Empfehlung 55 Aufgabe 61 Hörbeispiel 38 Ein schönes Beispiel für Hörtexte dieser Art gibt Anne Vorderwülbeckc (1995,6/7) mit den Gesprächen mit Lunija. Das Hörbeispiel 38 enthält den ersten Dialog zwischen Jose und Lunija. Hören Sie bitte den Dialog in Hörbeispiel 38. In welcher Unterrichtsphase und in welcher Zielgruppe würden Sie einen solchen Hörtext einsetzen? Hörtexte finden „Hörstoff"? Jeder, der mehr lesen will, als im Lehrbuch steht, findet reichlich Material. Lesestoff ist da, aber Hörstoff? Nicht einmal das Wort gibt es. Sagen wir also: Hörtexte. Wie steht es um Hörtexte? Ja, das Angebot ist größer geworden, es gibt zu fast allen Lehrmaterialien Kassetten, es gibt sehr viele Märchen, Gedichte und Lieder, und es gibt schöngeistige Literatur auf Kassette (z. B. für Autofahrer) und auf CD. Aber steht diese Vielfalt allen Deutschlehrern zur Verfügung? Nein, wohl nicht, aber in den Katalogen des Goethe-Instituts kann man für unterschiedliche Lerngruppen geeignete Materialien finden. nachsprechen Aufgabe 62 Hörbeispiel 39 im Chor sprechen synchron mitsprechen Aufgabe 63 3.2 (Aus-)Sprechübungen 3.2.1 Vorbereitende Sprechübungen • Einfache Nachsprechübung Die häufigste Ausspracheübung ist die einfache Nachsprechübung, für viele Autoren immer noch die Phonetikübung schlechthin. Ein Mehr ist (leider, obwohl diese Übungsform auch nicht fehlen darf) oft gar nicht vorgesehen. Das Muster, vom Lehrer vorgesprochen, von der Tonkassette, vom Video oder vom Computer abgespielt, wird von den Lernenden wiederholt. Auch bei einfachen Nachsprechübungen sollte man nicht zu ganz beliebigem Material greifen, sondern mehrere Gesichtspunkte berücksichtigen. Hören Sie sich die Nachsprechübungen zu denA-Lauten im Hörbeispiel 39 an. Worin unterscheiden sich die Beispiele in a) und b)? Welche Übung ist für Deutschlernende günstiger? a) mit dem Fahrrad, auf der Straße, in die Stadt, bis zum Rathaus b) Kanne, schlafen, ab, Hand Schüler, die in der Lage sind, sich auf diese einfache Art die fremde Aussprache anzueignen, sind zu beglückwünschen. Sie haben ein gutes Ohr und sind imitatorisch begabt. Sie brauchen auch keine weiteren Hilfen. Meist aber sind einige Anstrengungen nötig. Das Nachsprechen gelingt in der Regel erst, wenn das Gehör in der Fremdsprache (schon) „funktioniert". Probleme treten auch auf, wenn das Muster (der Lehrer) eine Ausspracheform präsentiert, die der Schüler lieber nicht lernen sollte. Oder wenn zu viele unbekannte Wörter verwendet werden, über die der Schüler stolpert. Der Schritt vom Hören zum Nachsprechen ist also manchmal etwas steinig und schwierig. Wir möchtejn hier noch auf zwei weitere Übungsmöglichkeiten hinweisen: auf das Chorsprechen und auf das synchrone Mitsprechen. Welche Vor- und Nachteile hat Ihrer Meinung nach das Chorsprechen beim Üben der Aussprache? 56 Dem Chorsprechen vergleichbar ist das synchrone (halblaute) Mitsprechen - mit dem Lehrer oder mit dem Sprecher der Kassette. Es ermöglicht den Vergleich mit dem Muster besser als das Nachsprechen (im Chor). Vor allem lassen sich suprasegmentale Merkmale sehr gut und direkt vergleichen: das Sprechtempo, Pausen, Betonungen, Melodieverläufe. Das synchrone Mitsprechen setzt voraus, dass man den Text mehrmals gehört und sich die Klangmerkmale schon eingeprägt hat. Wenn das Nachsprechen (oder Mitsprechen) dann gut gelingt, muss der nächste Schritt - zum Sprechen, zum Lesen - gegangen werden. Auch das ist nicht ohne Schwierigkeiten, denn das Muster fehlt und es soll nicht mehr einfach reproduziert, sondern produziert werden. Dadurch verteilt sich die Konzentration auf sehr verschiedene Bereiche und die Aussprache verschlechtert sich wieder. Deshalb gibt es verschiedene \ ersuche, die Schüler über sanfte Schwierigkeitssteigerungen zur möglichst sicheren freien Anwendung zu führen. • Kaschierte Nachsprechübung Eine solche sanfte Schwierigkeitssteigerung stellt die kaschierte Nachsprechübung, eine Art Drillübung, dar. Worin unterscheidet sich die folgende — kaschierte - Nachsprechübung von den auf Seite 56 beschriebenen? Welche zusätzlichen Anforderungen werden an den Schüler gestellt? Wann hast du frei? Am Sonntag? - Ja, am Sonntag. Wann hast du Ferien? Im April? - Ja, im April. Wann kommst du aus der Schule? Mittags? - Ja, mittags. Wann gehst du zum Training? Um fünf? - Ja, um fünf. Ein schönes Beispiel für die kaschierte Nachsprechübung ist das Spiel von der ..Bärenjagd" aus der Rhythmuslokomotive (Endt/Hirschfeld 1995, 50). Hier wird ein Text nicht einfach nachgesprochen, sondern das Nachsprechen wird „getarnt": Es wird variiert, gespielt, es werden Begleitbewegungen und -geräusche gemacht. Hören Sie bitte Hörbeispiel 41 von der CD. Versuchen Sie jetzt, nachdem Sie die „Bärenjagd" angehört haben, selbst mitzumachen. Uberlegen Sie, ob und wann Sie diese Übung in Ihrem Unterricht einsetzen würden. • Produktive Übungen Bei den produktiven Übungen werden die Lernenden aufgefordert, Erfragtes selbstständig zu finden, also produktiv und kreativ zu werden. Die Anforderungen steigen gegenüber den Nachsprechübungen weiter an. Einfachste produktive Übungen nutzen die Verbindung von lexikalischen bzw. grammatischen und phonetischen Veränderungen, die für das Deutsche typisch sind. einfache produktive Übungsthema können z. B. die Ä-Laute sein, vor allem das vokalisierte R im Auslaut Übungen nach langem Vokal. Anstatt Paare im Plural und Singular vorzugeben, werden die Schüler aufgefordert, den Singular zu ergänzen. Hören Sie dazu das Hörbeispiel 42 auf der CD. Aufgabe 64 Hörbeispiel 40 Aufgabe 65 Hörbeispiel 41 die Tiere -___ die Uhren - _ Hörbeispiel 42 die Papiere - _ die Meere - die Türen - die Tore - Aufgabe 66 Entwickeln Sie eine ähnliche Übung für den Wechsel von [s] und [z]. Der Lernende hat hier nicht mehr nur nachzuahmen bzw. zu variieren, sondern er muss produktiv werden, sein Gedächtnis anstrengen, sein Wissen anwenden, Gelerntes wiedergeben. Hinzu kommt - in unserem konkreten Beispiel - die Schwierigkeit, auch den Artikel richtig zu nennen (das Tier). Die Suche nach dem richtigen Artikel kann schon eine Ablenkung von der phonetischen Schwierigkeit bedeuten. Das ist gewollt, denn mit dieser Übung ist bereits das freie Sprechen angepeilt, wo stets verschiedene Aspekte zusammenkommen und sich die Konzentration verteilt. Produktive Übungen können von solchen einfachen Umformungen bis zum Ergänzen'' Ersetzen von Wörtern oder Sätzen, zur Beantwortung von Fragen oder Übernehmen eines Dialogparts reichen. Anregungen dazu finden Sie im folgenden Beispiel und im Kapitel 7. Aufgabe 67 Hörbeispiel 43 /. In dieser Übung (Hörbeispiel 43) geht es um die Differenzierung von [k] und [gj. Lösen Sie die Aufgabe und sprechen Sie die Sätze. Übung 9 Groß oder klein? Bilden Sie aus den Wortpaaren Sätze! Hören Sie zum Vergleich die Beispiele vom Band! Vater/Kind -> Der Vater ist groß, das Kind ist klein. 1 Kurt/Kurtchen 2 Gans/Gänschen 3 Park/Garten 4 Berg/Hügel 5 Klavier/Geige 6 Kassel/Kleinkleckersdorf Wer das Kleine nicht ehrt, ist des Großen nicht wert. nach: Stock/Hirschfeld (1996), 117 2. Finden Sie weitere Beispiele. 3.2.2 Angewandte (Aus-)SprechÜbungen Sprachunterricht heute ist vorwiegend Sprechunterricht. Fremdsprachendidaktiker und -methodiker bemühen sich ebenso wie Lehrer und Schüler, das Sprechen vorrangig zu entwickeln, denn das ist der Wunsch und das Ziel vieler: Die fremde Sprache möglichst fließend zu sprechen. So existiert ein reiches Angebot an theoretischen Beiträgen zum Sprechen, und auch in Lehrmaterialien finden Lehrer und Schüler viele Anregungen und reichlich Material zur Entwicklung der ^> Sprechfertigkeit. (Hier sei auch auf die Fernstudieneiheit Fertigkeit Sprechen hinge- wiesen.) 58 Nur selten wird in diesem Zusammenhang aber reflektiert, dass Sprechen eben auch Vorbereitung Aussprechen ist und dass nicht wenige Lernende gerade damit ihre Schwierigkeiten des freien Sprechens haben. Wir können Sie so schlecht verstehen, hat mancher ausländische Student bedauernd nach seinem ersten Seminarvortrag zu hören bekommen, und wenn es schlimm kam, ist er wegen seiner Aussprache durchgefallen und hat deshalb keinen Seminarschein bekommen (vgl. Eggers 1992, 143ff.). In diesem Kapitel geht es nun, wie schon in Kapitel 3.1.2, um Übungen, die sich an elementare phonetische Hör- und Sprechübungen anschließen, die eine Brücke bauen zum Vorlesen, zum Vortragen, zum freien Sprechen. Auch hier steht noch die Entwicklung von Aussprachefertigkeiten im Mittelpunkt, also noch nicht das Gestalten eines Textes, seine inhalts- und hörerbezogene Interpretation. Aber die Übungsanweisungen sind nun globaler, sie bereiten komplexe Sprachtätigkeiten vor und sind nicht mehr nur auf den phonetischen Schwerpunkt ausgerichtet. Auf der Ebene des Lesens und Vortragens denken wir an Briefe, Zeitungstexte, Gedichte oder Prosa, auf der Ebene des Sprechens an Erzählen, Berichten, Beschreiben usw. In den folgenden Abschnitten wollen wir Beispiele für angewandte (Aus-)Sprechübun-gen geben und auf Probleme aufmerksam machen, die bei Deutschlernenden in der Anfangs- und in der Mittelstufe auftreten. • Vortragen/Lesen Lesen lernen Lettern sehen. Laute hören. Den Lettern Stimme geben. Silben stottern. Wörter stammeln. Sätze bauen. Abschnitte hinter sich lassen. Seiten überfliegen. Bücher verschlingen. Überlesenes nachlesen Nachgelesenes überdenken. Überdachtem zustimmen oder widersprechen. 1 Manz (1991), 287 Als unser Kollege Nirath Meunmany, ein junger Wissenschaftler aus Laos, bei seinen Untersuchungen (1992) herausfand, dass seine Probanden (Laoten) beim Vorlesen deutscher Texte mehr phonetische Fehler machten als beim freien Sprechen, wunderten wir uns alle sehr. Wir hielten Lesen für schwierig, aber wir hielten es immer für einfacher, als frei zu sprechen. Nun waren wir belehrt. Yorderwülbecke (1992a, 133) hält ein Erklärungsangebot für die Schwierigkeit des Vorlesens bereit. Sie ist doppelter Art: „Kodieren und Dekodieren, die bei den klassischen Fertigkeiten Hören, Sprechen, Lesen, Schreiben immer getrennt sind, fallen beim Vorlesen zusammen." Dass Vorlesen eine wichtige Gebrauchsform und nicht allein eine nützliche sprachliche Übung ist, weiß man seit langem. Aber es ist nicht allein eine Mitticrfertigkeit*, es wird nicht nur für Kontroll- und Übungszwecke gebraucht. Es kommt auch im Alltag recht häufig vor, dass jemand etwas vorzulesen hat: eine Adresse, ein Telegramm, einen Brief, ein Protokoll, eine Geschichte, auch ein Gedicht. In dieser Auffassung bestätigt uns Abercrombie (1974, 198): „Lautes Lesen ist weiter verbreitet, als man zunächst annehmen möchte." 59 Rückverweis Es gibt also genug Gründe, das vorbereitete wie das unvorbereitete Vorlesen im Unterricht fleißig zu üben. Sicher darf das Lesen nicht im Vordergrund oder Mittelpunkt stehen, es ist nur eine der zu entwickelnden Fertigkeiten. Außerdem sollten die Texte interessant und für den mündlichen Sprachgebrauch relevant sein - was literarische Texte nicht ausschließt! Bei der (phonetischen) Erarbeitung eines Textes (siehe Seite 61 Arbeit am Text) kann man verschiedene Eintragungen vornehmen. So ist es hilfreich, phonetisch schwierige Stellen, an denen man z. B. gerade gearbeitet hat, zu markieren. Auch sollten Pausen, Akzente und die Melodieverläufe vor den Pausen mögl ichst immer eingetragen werden (siehe Seite 61 Arbeit am Text). Beim Vortragen oder Vorlesen sollten sich die Schüler an einen oder mehrere Hörer wenden, also vom Blatt aufsehen (an den geeigneten Stellen) und den Blickkontakt suchen. eigene Texte vorlesen Eigener Text Hat's geschrieben, kann's nicht lesen, ist ein dummer Esel gewesen. (Schülerspruch) Einen Text, den man selbst in seiner Muttersprache geschrieben hat, wirkungsvoll vorzulesen, ist nicht leicht. Wie viel schwieriger ist diese Aufgabe in der Fremdsprache zu lösen! Eggers (1992, 143ff.) hat mitgeteilt, dass viele ausländische Studenten daran scheitern, ihre eigenen Referate zu verlesen. Hier will er Hilfe anbieten, und er entwickelt ein spezielles Sprechausdrucksprogramm, das die Lernenden befähigen soll, diese Aufgabe erfolgreich zu lösen. Intonationsübungen bilden den Schwerpunkt des Trainingsprogramms. Tonhöhenbewegungen, die Gliederung von Äußerungen und Akzentuierungen werden besonders geübt. Aufgabe 68 Hörbeispiel 44 1. Hören Sie einige Sätze (Hörbeispiel 44), die eine brasilianische Deutschlernende über das Goethe-Institut geschrieben hat. Sie liest ihren Text selbst vor. Notieren Sie, welche phonetischen Abweichungen vorkommen. 2. Welche anderen Probleme treten außerdem auf? Fremder Text fremde Texte vorlesen Eine weitere Schwierigkeitssteigerung stellt das Vorlesen geeigneter - bekannter und nicht bekannter - fremder Texte dar, wobei Fehler im grammatischen und lexikalischen Bereich hier wohl auszuschließen sind. Besonders geeignet sind sicher literarische Hinweis Texte, besonders Gedichte (siehe Kapitel 4.2.4). Die vorzulesenden Texte müssen inhaltlich genau erfasst und wiedergegeben werden. Didaktiker haben viele Methoden ausgeklügelt, mit denen das Textverständnis (verstehendes Lesen) überprüft werden kann: Multiple-Choice, Fragen beantworten, Textwiedergabe u. a. Eine klassische Form wird aber oft vergessen, nämlich das Vorlesen des Textes. Beim Vorlesen zeigt sich, ob und was der Lernende vom Text wirklich verstanden hat. Gleichzeitig wird das Vorlesen zum Prüfstein der erreichten phonetischen Fertigkeiten: >■ Rhythmus Wie weit gelingt es dem Lernenden, einen fremden Rhythmus zu realisieren? (den der fremden Sprache und den des fremden Autors) > Gliederung, Akzentuierung Erkennt der Lernende die inhaltlich zusammengehörenden rhythmischen Gruppen, macht er die Pausen an der richtigen Stelle - oder „zerhackt" er den Text in einzelne Wörter, womöglich in einzelne Silben? Erkennt er die Akzentwörter? >- Sprechmelodie Gelingt es dem Lernenden, die Melodie adäquat zu realisieren? >- Laute, Lautfolgen Welche Laute und Lautfolgen bereiten dem Lernenden beim Lesen Probleme? 60 Die Aufzählung belegt, dass beim Vorlesen das ganze Bündel phonetischer Fertigkeiten ins Spiel kommt. 1. Hören Sie bitte folgende Sequenzen auf der CD. Deutschlernende les en vor: - einen Brief von Bekannten (Hörbeispiel 45), - ein Gedicht von Brecht (Hörbeispiel 46), - eine Anekdote über Goethe (Hörbeispiel 47), - den Wetterbericht aus der Zeitung (Hörbeispiel 48). Können Sie die Muttersprachen der Sprecher erkennen (siehe auch Kapitel 2.2)? Notieren Sie, welche phonetischen Abweichungen besonders auffallen. Verwenden Sie dazu den Diagnosebogen aus dem Anhang 15.4, S. 198. Lassen Sie Ihre Schüler einen kurzen Text auf Tonband lesen. Hören Sie sich die Aufnahmen zu Hause an. Zu welchem Ergebnis kommen Sie? Aufgabe 69 Hörbeispiele 45 - 48 Rückverweis Arbeit am Text Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich die phonetischen oder Gcstaltungsmerk- Gestaltungsmerkmale male eines vorzulesenden Textes zu erarbeiten. Wenn man die Sprache schon gut erarbeiten beherrscht und Erfahrungen mit der Textvorbereitung hat, genügt es, bestimmte Eintragungen im Text nach eigenem Ermessen vorzunehmen: Pausen einzuzeichnen i z. B. kurze Pause I, längere Pause 11), Akzentwörter zu markieren (durch Unterstreichen), Melodieverläufe zu kennzeichnen (V, T), Laute, die Probleme bereiten können (z. B. Ä-Lautc, lange Vokale, der Ich-Laut, das H), zu unterstreichen. Das kann natürlich auch durch entsprechende Aufgaben des Lehrers in der Gruppe erfolgen. Ist der Sprachstand noch nicht so hoch oder gibt es Schwierigkeiten mit dem lauten Lesen, kann über einen Zwischenschritt die Aufmerksamkeit der Lernenden auf die sprecherische Umsetzung gelenkt werden. Der zu lesende Text kann, wenn er auf Kassette vorliegt, zur Einstimmung mehrmals vorgespielt werden. Selbstverständlich kann ihn der Lehrer auch vorlesen, dabei ist aber nicht gesichert, dass die Gestaltungs-nierkmale immer gleich bleiben. Der Lernende ist also erst einmal Hörer, er kann Stimmungen und Bedeutungen, aber eben auch Klangmerkmale besser erfassen als nur über den gelesenen Text. So können dann wiederum die entsprechenden Eintragungen m den Text erfolgen (siehe oben). Das Eintragen von Gestaltungsmerkmalen setzt mehrmaliges Hören voraus. Das hat einen nicht zu unterschätzenden Nebeneffekt: Durch diese konzentrierte Übungsphase und das häufige Wiederholen werden nicht nur Begriffe und Wendungen aus dem Text, sondern auch Rhythmen und Klänge gut eingeprägt und sind für lange Zeit abrufbar. Nach einer solchen Übungsphase können auch Texte ohne Hörbeispiel in Angriff genommen werden. • Frei sprechen Alle, auch Schüler, die ihre Fremdsprachenkenntnissc praktisch anwenden wollen, müssen phonetisch verständlich sprechen können, das ist in fast jeder Alltagssituation notwendig. Daneben gibt es besondere Anlässe zur freien Rede: Begrüßung, Gratulation, Dank usw. Nehmen wir an, diese Formen werden im Sprachunterricht geübt, dann fehlt doch sehr oft der phonetische Aspekt. Ausspracheabweichungen werden häufig bagatellisiert. Dafür mag der Lehrer gute Gründe haben. Er ist froh, dass der Schüler spricht, er will ihn nicht unterbrechen, und er will keine Hemmungen erzeugen. Die Korrektur kann und soll deshalb besser im Nachhinein erfolgen, auf der Basis von Korrekturmöglichkeiten Notizen (z. B. Abweichungen auf Folie sammeln, ab und zu gemeinsam mit den Schülern auswerten), besser noch mit Hilfe von Ton- und/oder Videoaufzeichnungen, die Lehrer und Schüler gemeinsam analysieren und diskutieren können. Hier kann auch der Rückverweis Diagnosebogen (siehe Kapitel 2.2, S. 25 und Anhang 15.4, S. 198) helfen. Hinweis Was in der freien Anwendung noch nicht gelingt, muss unter Umständen aufs Neue im 61 Detail geübt werden (also zurück zu vorbereitenden Sprechübungen). Man. - auch der einfache Hinweis auf Abweichungen und die Korrektur, manchmal c^- smm kritische Hinhören und Hinsehen (Monitoring). Aufgabe 70 Hörbeispiele 49 - 51 1. Hören Sie die folgenden Sequenzen aufder CD. Je eine Deutschien (aus Brasilien, Spanien und Polen) - gratuliert zum Geburtstag (Hörbeispiel 49), - erzählt vom Wochenende (Hörbeispiel 50), - spricht über sich (Hörbeispiel 51). 2. Was würden Sie mit diesen Deutschlernenden besonders üben? Man sollte nicht vergessen, dass viele Menschen auch in der Muttersprache Pr; r haben, frei zu sprechen, zumal in einer ungewohnten Situation. Vorbereiten.:; spracheübungen können helfen, Unsicherheiten abzubauen, sie machen aber aus zurückhaltenden Menschen natürlich keinen brillianten Redner. 62