Thesen zum Ausspracheunterricht (weitgehend übernommen von Kelz 1992) 1)Kongruenz mit dem Muttersprachler ist ein unrealistisches Lernziel. Je nach Verwendungszweck der Sprache sind unterschiedliche Performanzgrade der Aussprache festzulegen. 2)Nur was richtig gehört wird, kann richtig gesprochen werden. Gleichzeitige und vorangehende Hörschulung ist Bedingung für eine effektive Ausspracheschulung. 3)Linguistische Konstrukte (z.B. das Phonem) sind ungeeignet für Zwecke der praktischen Ausspracheschulung. Lernzielgrößen müssen substantiell bestimmte, von den Lerner/-innen erfahrbare Einheiten sein. 4)Jede/-r Lernende lernt anders. Entsprechend der beobachtbaren Lernvarietäten sind unterschiedliche Übungsformen und Lernmodi in der Ausspracheschulung zu verwenden. 5)Aussprache muss im Anfangsstadium des Fremdsprachenunterrichts erlernt werden. Findet die Ausspracheschulung nicht rechtzeitig zu Beginn des Sprachenlernens statt, so schleifen sich „falsche Muster“ ein, die sich später so stark verhärten, dass sie kaum mehr korrigiert werden können. 6)Auch die Ausspracheschulung muss einer Progression folgen. Die Übung einzelner Laute, Akzent- und Melodiemuster darf nicht zufällig erfolgen oder sich nach einer undidaktischen Systematik richten. 7)Der/Die Lehrende ist in der Ausspracheschulung durch kein Medium zu ersetzen. Er hat die Aufgabe der Evaluation und muss zudem verschiedene Mittel – gekoppelt mit eigenen Entscheidungsprozessen – einsetzen. 8)Ausspracheunterricht gehört zwar in das Anfangsstadium, aber auch im Fortgeschrittenenunterricht kann/sollte Ausspracheschulung stattfinden. Neben den Möglichkeiten der korrektiven Phonetik spielen im Fortgeschrittenenunterricht ästhetische, stilistische, soziolinguistische und regionalspezifische Aspekte der Aussprache (insbesondere rezeptive) eine Rolle. 9)Ausspracheunterricht soll integriert stattfinden. Ausspracheunterricht sollte kein „Zuckerl“ am Anfang oder Ende von Unterrichtseinheiten oder Lehrwerklektionen sein, sondern mit den jeweils behandelten Themen sowie mit anderen Lehr-/Lernzielen verknüpft werden. 10)Ausspracheunterricht muss mit viel Sensibilität stattfinden. Die Aussprache unterscheidet sich in ihrer Natur von den anderen (Teil-)Fertigkeiten des Fremdsprachenlernens und versteht sich als unmittelbares und persönliches „Ausdrucksmittel“. Diese Aspekte sollten im Unterricht stets beachtet werden.