6 Andere Unterrichtsmittel Außer den gedruckten Materialien (Büchern, Heften, Zeitschriften, Arbeitsblättern usw.), die im Sprachunterricht - und auch im Phonetikunterricht - bis heute immer noch den ersten Platz unter den Unterrichtsmitteln einnehmen, spielen viele andere Medien ebenfalls eine wichtige Rolle. Hier wären vor allem Audio- und Videokassetten zu nennen, die außerordentlich nützlich, im Phonetikunterricht heute nahezu unentbehrlich erscheinen. Es gibt inzwischen auch schon einige Computerprogramme, die all diese Komponenten miteinander verbinden (vgl. Franke 1996). Aber auch andere, oft viel einfachere Mittel, können in manchen Fällen gute Dienste leisten. 1. Welche speziellen Unterrichtsmittel stehen Ihnen für den Phonetikunterricht zur Verfügung und welche benutzen Sie? Auf welche könnten Sie verzichten? Warum? 2. Gehen Sie die Vorschläge in Kapitel 6.1-6.4 durch. — Welche der dort genannten Mittel haben Sie. in Ihrem Unterricht schon selbst erprobt? - Welche dieser Unterrichtsmittel können Sie empfehlen? Welche scheinen Ihnen für Ihre Lerngruppen ungeeignet zu sein? Welche würden Sie gern ausprobieren? Aufgabe 103 6.1 Gegenstände Kennen Sie auch die Sage von Demosthenes (384 - 322 v. Chr.)? Mit Kieselsteinen im Mund absolvierte der berühmte Grieche am tosenden Meer seine Ausspracheübungen, bevor er als Redner in Athen Erfolg hatte. Experimente mit Kieselsteinen wollen wir uns und unseren Schülern besser ersparen. Doch wie wäre es mit Semmeln, Breze(l)n, Brot? Eine Variante der Demosthenes-Methode hat Evelyn Frey (1995) entwickelt, sie wird als Phago-Phonetik bezeichnet. Die Schüler sollen mit möglichst vollem Mund sprechen, und zwar Zungenbrecher, also Sätze, die schon mit leerem Mund schwer zu artikulieren sind. Semmeln, Breze(l)n, Brot, nicht Schokolade (!) erweisen sich dafür als Mittel besonders geeignet. Frey beobachtete, dass die Lernenden mit Hilfe dieser Übungen ein sichereres Gefühl für die neuen Sprechbewegungen bekamen und dadurch Fortschritte erreichten. /. Probieren Sie diese Methode, wie in den folgenden Übungen beschrieben, zuerst selbst, dann mit Ihren Schülern aus. 2. Welche Einwände könnte man unter Umständen dagegen erheben? Hier einige Zungenbrecher: 1. Fischers Fritz fischt frische Fische, frische Fische fischt Fischers Fritz. 2. In Ulm und um Ulm und um Ulm herum. 3. Brautkleid bleibt Brautkleid und Blaukraut bleibt Blaukraut. 4. Zwischen zwei Steinen zischen zwei Schlangen." nach: Frey (1995), 31 Weitere Zungenbrecherfinden Sie in Aufgabe 72, S. 64. Aufgabe 104 87 Übung 62 Teilen Sie eine Semmel in kleine Stücke, und füllen Sie mit etwa einer halben , I Semmel Ihren Mund. Beginnen Sie aber nicht sofort mit dem Kauen oder ■ ^ ' Schlucken! Es geht um eine phonetische Übung, bei der Sie Ihre gute VT] Erziehung („Sprich nicht mit vollem Mund!") vergessen sollen und gerade mit möglichst vollem Mund versuchen sollen, einen Zungenbrecher zu sprechen. (Suchen Sie sich den aus, der Ihnen am besten gefällt.) Versuchen Sie, möglichst deutlich zu sprechen. Man muß Sie auch mit vollem Mund gut verstehen können! Übung 63 Sprechen Sie den Zungenbrecher noch einmal mit leerem Mund, Frey (1995), 32 Ein Taschenspiegel In gewissen Fällen wird es nützlich, vielleicht notwendig sein, die Bildung eines bestimmten Lautes oder einer Lautgruppe näher zu betrachten. Um sich die äußerlich sichtbaren Sprechbewegungen bewusst zu machen, nimmt man die Laute gewissermaßen unter die Lupe. Dazu kann man sie auch vorübergehend isolieren. Beispiele: Bei den Ö- und (7-Lauten verweist der Lehrer auf die notwendige Lippenrundung. Er spricht die Laute vor und zeigt, dass bei den E- und /-Lauten diese Rundung fehlt: Ö — E: lösen — lesen, Zölle - Zelle, Ü-I: Bühne — Biene, Küste - Kiste werden gegenübergestellt. Dabei können die Unterschiede (rund/nicht rund) zu Übungszwecken gern ein wenig übertrieben werden. Sehen und hören wir uns dazu folgende Übungen bei Slembek(1986, 79, Ü 1,2) (Hörbeispiel 73) an: Hörbeispiel 73 Übungen zum Hören: Iffi 1) Wortpaare /&:/ : [e:J, [e] Wann hört man (ö)? Durch Lippenrundung anzeigen. |§f| Möhre — Meere, können — kennen, lesen — lösen, Besen — böse, WM. Uli Höfe —Hefe, Kellner —Köllner, Wörter —Wetter, hell —Hölle ||| 2) Kurzes (ö) hören. §ffj; k';'ö! Höre auf den Unterschied! Bei welchem Wort muß man die Lippen runden? WM SÖCKCHEN SÄCKCHEN Slembek (1986), 79 Die ursprüngliche Hörübung wirdzur Nachsprechübung, die Lippenbewegungen werden mit dem Spiegel kontrolliert. Um die Lippenbewegungen des Gegenübers - des Lehrers, der Mitschüler - mit den eigenen zu vergleichen und sich selbst zu kontrollieren, benutzt der Lernende einen Spiegel. Achtung! Dieses Spiel mit dem Spiegel kann ganz zweckmäßig sein und sogar Spaß machen, aber nicht für alle ist die Methode geeignet. Für manche Asiaten wäre diese Prozedur äußerst peinlich. Für sie ist die Mundpartie als erogene Zone tabu. Sie wird lieber hinter einem. Fächer versteckt, als „frech" ins Blickfeld gerückt. 88 Man kann auch die Hand - mit der Innenseite nach unten - an das Kinn legen und die Unterscheidung von Ich-Lmt [c] und Sch [J] spürbar machen: Beim JcA-Laut geht ein deutlicher Lufthauch auf die Handoberfläche, bei Sch geht die Luft darüber hinweg und ist kaum zu spüren. Mit den Fingerspitzen Mit den Fingerspitzen lässt sich die Resonanz der Stimmlippen am Kehlkopf ertasten, z. B. beim stimmhaften S [z]: Sofie, Sarah, Susi Dagegen fehlt die Resonanz beim stimmlosen S [s]: Klaus, Hasso, Julius Auch der Ich-Lmt ist durch Fingerspitzenkohtakt am Kehlkopf bewusst zu machen. Der Unterschied ist spürbar bei der Gegenüberstellung von Ich-Laut und [j]. Wenn wir die Stimme, das Summen „ausschalten" oder flüstern, dann entsteht aus dem [j ] ein Ich- Laut Hinweis Ein Finger am Mittelkinn Der Ich-Laut [9], der allgemein als schwieriger Laut gilt, kann auch mit Hilfe dieser Methode eingeführt werden. Hier empfiehlt es sich, von einer Darstellung der Lautbildung auszugehen (siehe auch Kapitel 6.3). Der Schüler sieht: Die Zungenspitze befindet sich im engen Kontakt mit den unteren Schneidezähnen. Er versucht, diese Zungenposition nachzuvollziehen. Unterstützend wirkt dabei ein Finger am Mittelkinn, der von außen die Stelle markiert, an der sich die Zungenspitze innen befindet. Druck erzeugt Gegendruck — die Position wird so eher erfühlt und eingeprägt. Der Finger am Mittelkinn bzw. die Fingerspitze an der Unterlippe kann auch helfen, ungerundete* (z. B. /- und iT-Laute) von gerundeten* Vokalen (O-, U-, Ö-, Ü-Laute) zu unterscheiden. Bei den ungerundeten Vokalen wird die Unterlippe an die Zähne gedrückt, bei den gerundeten gemeinsam mit dem Finger nach vorn bewegt. 6.3 Bildliche Darstellungen Veranschaulichung im Phonetikunterricht? Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Phonetik ist etwas, was man hört und eigentlich nicht sieht. Eher müsste man wohl hier von „Veranhörlichung" sprechen. Allein, das Wort existiert nicht. Sprache sichtbar zu machen, siezuvisualisieren, ist ein alter Traum der Phonetiker, und die Experimentalphonetik* hat auf diesem Gebiet schon sehr viel geleistet. Doch sind diese Art Aufzeichnungen für den Sprachunterricht kaum geeignet, weil sie von Laien nicht interpretiert werden können, wie es uns das folgende Beispiel zeigt. tilfietimefl epwOcerwnl» töfcwW tfa- -t- -filH- -ai2- -n- -7. ) i„)| JET |o.5- "p.s, tot fo.« - . jo.i ■ " [l.a . ft.i ~7}iTT. Ii.i . Ii.4 Figure]. Tiered analysis of the test word times'. (Dies ist die in hu.de Te\m-™>. Turn. Huckvale(1995), 283 90