Man kann auch die Hand - mit der Innenseite nach unten — an das Kinn legen und die Unterscheidung von Ich-Laut [c] und Sch [J] spürbar machen: Beim JcÄ-Laut geht ein deutlicher Lufthauch auf die Handoberfläche, bei Sch geht die Luft darüber hinweg und ist kaum zu spüren. Mit den Fingerspitzen Mit den Fingerspitzen lässt sich die Resonanz der Stimmlippen am Kehlkopf ertasten, z. B. beim stimmhaften S [z]: Sofie, Sarah, Susi Dagegen fehlt die Resonanz beim stimmlosen S [s]: Klaus, Hasso, Julius Auch der TcA-Laut ist durch Fingerspitzenkontakt am Kehlkopf bewusst zu machen. Der Unterschied ist spürbar bei der Gegenüberstellung von Ich-Laut und [j]. Wenn wir die Stimme, das Summen „ausschalten" oder flüstern, dann entsteht aus dem [j] ein Ich-Laut Ein Finger am Mittelkinn Der Ich-Laut [9], der allgemein als schwieriger Laut gilt, kann auch mit Hilfe dieser Methode eingeführt werden. Hier empfiehlt es sich, von einer Darstellung der Lautbildung auszugehen (siehe auch Kapitel 6.3). Der Schüler sieht: Die Zungenspitze befindet sich im engen Kontakt mit I den unteren Schneidezähnen. Er versucht, diese Zungenposition nachzuvollziehen. Unterstützend wirkt dabei ein Finger am Mittelkinn, der von außen die Stelle markiert, an der sich die Zungenspitze innen befindet. Druck erzeugt Gegendruck - die Position wird so eher erfühlt und eingeprägt. Der Finger am Mittelkinn bzw. die Fingerspitze an der Unterlippe kann auch helfen, ungerundete* (z. B. I- und E-Laute) von gerundeten* Vokalen (O-, U-, Ö-, J7-Laute) zu unterscheiden. Bei den ungerundeten Vokalen wird die Unterlippe an die Zähne gedrückt, bei den gerundeten gemeinsam mit dem Finger nach vorn bewegt. 6.3 Bildliche Darstellungen Veranschaulichung im Phonetikunterricht? Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Phonetik ist etwas, was manhört und eigentlich nicht sieht. Eher müsste man wohl hier von „Veranhörlichung" sprechen. Allein, das Wort existiert nicht. Sprache sichtbar zu machen, sie zu visualisieren, ist ein alter Traum der Phonetiker, und die Experimentalphonetik* hat auf diesem Gebiet schon sehr viel geleistet. Doch sind diese Art Aufzeichnungen für den Sprachunterricht kaum geeignet, weil sie von Laien nicht interpretiert werden können, wie es uns das folgende Beispiel zeigt. I---"-— tlle^tiraiaß GpöftXei"inh tohan*/ Lb- -t- -all- -aI2- -« / Figure 1. Tiered analysis of the test word 'times'. (DiEs ist die Analyse ties Textwortes „Timc$") UliUmi...........eg*——«■ ■1. m 111--------...........-n-— Huckvale (1995), 283 Diese Art Abbildungen eignet sich gut für die Ausbildung in Experimentalphonetik, aber kaum als Hilfsmittel für den Fremdsprachenunterricht. Hier stützt sich der Lehrer zweckmäßig auf andere, einfachere Darstellungen, er benutzt z. B. Markierungen, Transkriptionszeichen, Abbildungen, Schemata u. a. Die Intonation veranschaulichen Für die Intonation steht bis heute kein einheitliches Transkriptionssystem zur Verfügung. So existiert in den Lehrmaterialien ein buntes Nebeneinander von ganz unterschiedlichen Markierungen, um Akzente, Melodieverläufe und Pausen bildlich darzustellen. Sehen wir uns dazu einige Beispiele an. 1. Prüfen Sie die unterschiedlichen Angebote, die in den Hörheispielen 74 — 77 gemacht werden, und lösen Sie die dazugehörigen Aufgaben. 2. Welche Markierungen könnten für Ihre Schüler hilfreich sein? Welche Markierungen lehnen Sie ab? Aufgabe 105 Hörbeispiel 74 Ii 1 Analyse Prosodie-Kurs (4) DER TON (Wiederholung und Ergänzung) Sprechen Sie die folgenden Sätze mit den Tönen, so wie sie angegeben sind: Geld hilft nicht gegen die Armut. Wer auf den Geldbeutel zielt, trifft das Herz nicht. Zähl nicht das Geld, eh du es im Sack hast. Wie sind Sie Millionär geworden? Wechseln Sie französisches Geld? Sie wollen französisches Geld wechseln? Wenn wir Glück haben, knacken wir den Tresor in 25 Minuten. —* ~\ Wieviel Zinsen muB ich bezahlen? Möchten Sie einen Kredit aufnehmen? Wir lösen alle Geldprobleme. Häussermann u. a. (1992), 102 91 Hörbeispiel 75 1. Intonation (I) Sprechmelodie Beim Sprechen geht die Stimme nach JobertLund nach lynjm.f a) Hören Sie zweimal. Markieren Sie die Intonation wie im Beispiel. 1. •-5- 2. - b) Hören Sie zweimal wie in a), und brummen Sie nach. c) Hören Sie jetzt den Dialog, 1. Entschuldige,wiehdßtdu? 2. Asiye. 3. Bist du aus ^ j chenland? IV 'n. ich bin Turkin 5. Ist Asiye dein Fa^'lienname? 6. Asiye ist mein ^orname. Asiiye. Bist du auTjGriejchenland? Ne\jn,^ich__bJrj_[Tü[|kJn. « Ist Asiye dein Familienname? Asiye ist mein Vorname. Hörbeispiel 76 Vorderwülbecke/Vorderwüibecke (1995), 17 Ich will heute in die Oper gehen. Er verkauft sein Auto. (—!) Sie kommt heute zu mir. Sie kommt heute zu mir. Tiefton Hochton . . . (nicht ins Kino) (das hätte ich nicht gedacht!) (nicht morgen) Hörbeispiel 77 Johansson (1994), 12 Übung 12 Sie hören Äußerungen, in denen normaler und großer Melodiefall gegenübergestellt werden. Sprechen und summen Sie bitte nach! — Nun geh schon. 1 2 3 4 5 Nun geh schon! Großer Molodiefall bei: * kontrastiver Akzentuierung, : • emphatischer Akzentuierung, » erregten oder gefühlvollen Äußerungen. Nun geh schon! :^öfvwiii: ab^!licht;geS©ft: ^Öife;^gefaj.if ml| icJt^Älw ;;i§in;;b^eye|l]c h döMNrfV Das ist ja wunderbar, ich freue mich. j Stock/HkscMeld (1996), 47f. 92 Die Artikulation veranschaulichen Viele Phonetiklehrbücher arbeiten mit Lautbeschreibungen, die durch bildliche Darstellungen illustriert werden, wie die beiden folgenden Beispiele zeigen. 1. Schauen Sie sich die Darstellungen an und versuchen Sie, die Lautbildung mit Hilfe der Beschreibung und der Abbildungen nachzuvollzie-hen. 2. Helfen Ihnen selbst diese und ähnliche Abbildungen, schwierige Laute besser zu erfassen? 3. Würden Sie Abbildungen dieser Art in Ihrem Unterricht verwenden? Beispiel 1 7.2.6.1. Gespannt-langes e Lautbeschreibung Das gespannt-lange e ist ein mittelhoher Vorderzungenvokal. Die Zunge wölbt sich daher im vorderen Bereich gegen den harten Gaumen, jedoch nicht so stark wie beim [i:]. Der Zahnreihenabstand ist relativ klein, jedoch etwas größer als beim [i:]. Ein leichter Lippenbreitzug (Mundwinkel nach außen) ist möglich. Der vordere Zungenrand hat Kontakt mit den unteren Schneidezähnen. Das Gaumensegel ist gehoben, [e:] wird mit relativ großer Artikulationsspannung und mit großer Präzision gesprochen. Abb. 29 Abb. 30 Rausch/Rausch (1992), 280 Beispiel 2 Irl IRI Aufgabe 106 Zimgenspitzeii-r Die Zungenspitze schlägt gegen die Zähne oder den Zahndamm. Zäpfchen-r Das Zäpfchen schlägt gegen den Zungenrücken. Stellen Sie sich vor, Sie würden mit einem Schluck Wasser gurgeln. Reibe-r Der hintere Zungenrücken wird gegen das Velum gedrückt und verschließt so den Nasalraum. Es entsteht eine Enge, in der das Reibe-r entsteht. Vokaiisiertes r: Das tiefe „Scbwa*" Steht das r in einer Silbe nach einem Vokal, so wird es stärker vokalisiert als r ausgesprochen; es entstehen also neue Diphthonge. MiddLeman(1996), 15 (Abbildung), 64f. (Lautbeschreibung) Die Abbildungen schematisieren natürlich stark und sind deshalb nicht ohne weiteres „lesbar". Für den einen mögen solche Bilder eher eine abschreckende Wirkung haben, für den anderen sind sie hilfreich, besonders dann, wenn die Bilder mehr zeigen, wenn sie näher „an der Natur" sind. Solche Bilder enthält z. B. Hans-Heinrich Wänglers Atlas deutscher Sprachlaute (1964). Wängler zeigt die Laute von verschiedenen Seiten auf verschiedene Art. Er stellt das lange, gespannte E so dar: 1»«™>*—-'----!- Wängler (1964), Tafel 18 Fotos von der Mundpartie von vorn und von der Seite werden ergänzt durch eine Röntgenaufnahme und ein Palatogramm* (das die Berührungsflächen der Zunge am Gaumen zeigt), die die sonst verborgenen Vorgänge im Mundraum sichtbar machen. Zur Verdeutlichung werden die Bilder auf eine Folie übertragen, die nun das Wesentliche hervorhebt. Diese Folien erhellen auch für den Laien, was mit einer einzelnen schematischen Darstellung nur schwer zu erfassen ist. Es versteht sich, dass eine genauere Beschäftigung mit der Physiologie, wie sie hier versucht wird, nur bei Problemlauten (z. B. .E-Laute, Ich- und Ach-Lmte) sinnvoll ist. Die Beispiele bei Rausch, Middleman und Wängler bilden eine bestimmte Phase der Lautbildung ab. Sie sind statisch. Was wir hier im Buch nicht darstellen können, sind Bilder, die die Sprechbewegung eines Lautes, einer Lautfolge vorführen. Solche Bewegungen können heute schon durch Computergrafiken wiedergegeben und didaktisch nutzbar gemacht werden (vgl. z. B. Franke 1996). 6.4 Ton-,Video- und Computertechnik Die phonetische Forschung und auch der Phonetikunterricht stützen sich traditionell auf Geräte und Apparaturen. Nicht immer sind in den Schulen technische Möglichkeiten vorhanden, aber dort, wo es sie gibt, sollten sie für Ausspracheübungen auch wirklich genutzt werden. Das gilt gleichermaßen für Sprech-, Vortrags- und Leseübungen. Ganz wichtig ist die Arbeit mit Kassettenrekordern, aber auch Videorekorder sind von Nutzen, wenn auch (noch) nicht so komfortabel zu bedienen. Die Faszination der Medien ist groß, und der Umgang mit Ton-, Video- und Computertechnik ist heute Kindern und jungen Leuten so vertraut, dass deren Einsatz im Sprachunterricht überaus angeraten, ja geboten erscheint. Die-Fremdsprache original ins Klassenzimmer zu holen, ein alter Traum, ist heute Wirklichkeit geworden, aber im Unterrichtsalltag dominieren häufig noch talkand chalk (Gerede und Kreide). Was aber hält manchen Lehrer davon ab, Ton-, Video- und Computertechnik für seine Ziele, speziell für den Phonetikunterricht, zu nutzen? Überprüfen Sie bitte Ihre eigene Einstellung. /. Sammeln Sie Argumente für den Einsatz von Ton- und Videotechnik speziell im Phonetikunterricht. Gibt es auch Argumente dagegen? 2. Welche technischen Geräte stehen Ihnen für den Unterricht zur Verfügung? Woran fehlt es Ihrer Meinung nach? 3. Machen Sie von Ihren Schülern regelmäßig Tonaufnahmen? Was spricht dafür? 4. Machen Ihre Schüler auch zu Hause Aufnahmen, die sie im Unterricht vorspielen oder die nur für Sie, den Lehrer, bestimmt sind? 5. Wie könnten Computerprogramme die Arbeit an der Aussprache unterstützen? Was können sie nicht leisten? Aufgabe 107 Stellen wir uns eine ideale Situation vor: > Audio- und Videorekorder, vielleicht sogar Computer, sind in der Schule oder im Klassenraum selbst, wo der Sprachunterricht stattfindet, vorhanden. Und sie sind intakt! >• Es gibt genügend Ton- und Videobänder für den Unterricht und Computerprogramme für die selbstständige Arbeit. > Es ist auch möglich, qualitativ gute Audio- und/oder Videoaufnahmen zu machen. > Die Schüler haben auch zu Hause Geräte, um weiter zu üben und eigene Aufnahmen anzufertigen. Diese oder ähnlich günstige Bedingungen animieren sicher Lehrer und Schüler, die Technik fleißig zu nutzen. Was aber, wenn günstige Bedingungen fehlen, wenn die Technik erst mühsam herbeigeschafft werden muss, wemi sie versagt, wenn es keine oder zu wenig Materialien auf Kassetten gibt, wenn die Klassen sehr groß sind, wenn der Lehrer gar nicht die Zeit findet, Aufnahmen von einzelnen Schülern anzuhören? Dann ist alles freilich viel schwieriger, aber als Ziel sollte doch angestrebt werden, im Phonetikunterricht mit diesen Medien zu arbeiten. Für die individuelle Arbeit sind sie besonders geeignet. 95