Lehrveranstaltung AUSSPRACHEDIDAKTIK Sandra Reitbrecht sandra.reitbrecht@phwien.ac.at Übungstypologie / Übungsabfolge für den Ausspracheunterricht 1. Einführung in die phonetische Thematik (z.B. durch Hörtext) 2. Hörkontrolle: phonologisches/phonetisches Hören a. Diskriminationsübungen (Laute unterscheiden) b. Identifikationsübungen (Laute (wieder-)erkennen) 3. Regelerschließung (Laut-Buchstaben-Beziehungen, Regeln mit Ler-ner/innen gemeinsam herleiten) 4. Imitationsversuche/Nachsprechen 5. Feedback durch die Lehrperson 6. Anbieten von Hilfen (Erklärungen, Visualisierungen, phonetische Gesten, Summen/Brummen, Klatschen/Klopfen und weitere körpermotorische Mittel, Anbahnungsübungen) 7. Automatisierung vom Nachsprechen zum freien Sprechen (häufige Reali-sierungsanlässe bieten, Komplexitätsgrad steigern, unterschiedliche Laut-kontexte berücksichtigen) (nach: Hirschfeld, Ursula / Reinke, Kerstin (2016): Phonetik im Fach Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Erich Schmidt Verlag Berlin. (Grundlagen Deutsch als Fremd- und Zweitsprache 1). Beispiele für die Übungstypen Hören Sie und sprechen Sie nach: lesen spazieren gehen klettern fernsehen segeln Tennis spielen Markieren Sie in jedem Fall, ob Sie zweimal dasselbe Wort (=) oder zwei verschiedene Wörter (≠) hören. 1. 3. 2. 4. Sie hören den folgenden kurzen Text zweimal. Markieren Sie alle langen E-Laute. Ich gehe am Abend gerne laufen. Das lässt mich den Stress in der Schule vergessen. Dann bin ich nämlich sehr müde und schlafe viel besser. Markieren Sie, welchen der beiden Namen Sie hören. Mehler Meller Behmer Bemmer Mehler Mieler Wesel Wiesel Sie hören den folgenden Text zweimal. Ergänzen Sie dabei die fehlenden Buchstaben: Ich löse g_rne R_tsel und trinke g_rne T__. Ich spiele auch T_nnis. Meine Freundin und ich fahren g_rne mit d_n R_dern Tour_n. Spielen Sie den folgenden Dialog. Schreiben Sie dann selbst einen Dialog und spielen Sie diesen vor. A: Was machst du gerne? B: Ich gehe gerne spazieren. Und du? A: Ich lese sehr gerne. Du auch? B: Nein, lesen gefällt mir nicht, aber segeln. Was machen Sie gerne? Sprechen Sie mit Ihren Kollegen und Kolleginnen über Ihre Hobbys. Achten Sie dabei auf die richtige Aussprache der e-Laute. Hilfen und Bewusstmachung · Erklärungen zur Lautbildung · Visualisierungen im Schriftbild o Markierungen der Akzentsilbe: __ für langen Akzentvokal . für kurzen Akzentvokal o Melodieverläufe durch Linienverläufe oder Pfeile o „Kugeloptik“ für Akzentuierungsschemata · IPA-Zeichen zur Lautdifferenzierung? · Abbildungen und Videos zur Lautproduktion o Vokaltrapez / Vokaldreieck o animierte Sagittalschnitte, siehe: Phonetics University of Iowa http://soundsofspeech.uiowa.edu/german/german.html o Videos (auch mit Anbahnungsübungen und körpermotorischen Unterstützungen), siehe: Aussprachetricks zum Lehrwerk Aussichten A1-B1 (Klett-Verlag, Kerstin Reinke) http://www2.klett.de/sixcms/list.php?page=lehrwerk_extra&titelfamilie=Aussichten&extra=Aussichten-O nline&modul=inhaltsammlung&inhalt=klett71prod_1.c.1688761.de&kapitel=1688762 · Körpermotorik und phonetische Gesten o Nachzeichnen von Melodiebewebungen o Unterstützung der Akzentsilbe durch Klopfen oder Klatschen o auch phonetische Gesten · Anbahnungsübungen (vom Bekannten zum Neuen) o vom i zum ü (Lippenrundung) o vom e zum ö (Lippenrundung) o vom s zum sch (Zurückziehen der Zunge) o vom j zum ich-Laut (stimmhaft vs. stimmlos) o vom Gurgeln zum r · Brummen oder Summen (als Schritt zwischen dem Hören und dem Nachsprechen) Beispielübungskonzept für die R-Laute im Deutschen Hören Sie in den folgenden Sätzen auf die R-Laute. Was fällt Ihnen auf? Barbara isst gerne Schaumrollen. Peter isst viel lieber Karottenkuchen. Karin isst auf keinen Fall Streuselkuchen, aber sehr gerne und vermehrt Gewürz-kuchen. Hören Sie die folgenden Wörter noch einmal. Markieren Sie die R-Laute, die Sie deutlich als Konsonant hören. Barbara Schaumrollen gerne Gewürzkuchen Karin Peter Karottenkuchen sehr lieber Streuselkuchen vermehrt Erschließen Sie die Regeln für die Artikulation der R-Laute ab. Position Beispielwörter [å] [Œ] Am Wort- oder Silbenanfang Barbara, Schaumrollen, Karin, Karottenkuchen X Nach einem/mehreren Konsonanten Streuselkuchen X In unbetonten Vorsilben (ver-, er-, zer-) oder der Endsilbe -er Peter, lieber, vermehrt X Nach kurzem Vokal Barbara, gerne, Gewürz-kuchen X (X) Nach langem Vokal sehr, vermehrt X Versuchen Sie nun, die Wörter aus der Tabelle korrekt auszusprechen. (Feedbackphase: Erklärungen, Anbahnung durch Gurgeln oder ach-Laut) Sammeln Sie Zutaten für Mehlspeisen mit R-Lauten und teilen Sie diese in konsonantische versus vokalische R-Laute ein. Gestalten Sie in einer Gruppe zu dritt Ihren Einkaufszettel für die Mehlspeisen. Für die Mehlspeisen brauchen wir Eier. Für die Mehlspeisen brauchen wir Eier und Karotten… Unterhalten Sie sich im Dreierteam über Ihre persönlichen Lieblingskuchen und -speisen. Zwei Personen unterhalten sich, die dritte achtet auf die richtige Realisierung der R-Laute und gibt Feedback. Lernzielverknüpfungen · Integration auf Ebene des Wortschatzes, des Inhalts und des Unterrichtsablaufes · aber auch grammatikalische Verknüpfungen: o ü- und ö-Laute mit Pluralbildung (z.B. ein Bruder – drei Brüder) o Wortakzent mit trennbaren Präfixen o Auslautverhärtung mit Pluralbildung (z.B. das Bad – die Bäder) o und andere… Analysekriterien für Phonetikübungen · Was ist das phonetische Lernziel der Übungsabfolge? · Beinhaltet die Übungsabfolge alle drei Schritte vom Hören zum freien Sprechen? · Um welche Übungstypen handelt es sich dabei konkret? · Welche Hilfen zur Produktion von Lauten und prosodischen Mustern werden geboten? · Werden auch Regeln bzw. Laut-Buchstaben-Beziehungen vermittelt? Wie? · Gibt es einen thematischen Rahmen für die Übungen (z.B. reisen, Gefühle)? · Sind die Übungen kommunikativ (relevant)? Gemeinsame Diskussion im Anschluss: Wie kann die Übungssequenz in den Unterricht integriert werden? Welche Ergänzungen/Anpassungen würden Sie vornehmen? Zu welchem Zeitpunkt der Abfolge würden Sie Hilfen anbieten? Zu welchem Zeitpunkt der Abfolge würden Sie Regeln erschließen (lassen)? Übungskonzepte ergänzen Anna sagt… Bei dieser Übung werden verschiedene Anweisungen gegeben. Je nachdem, ob die Anweisung ein zuvor festgelegtes phonetisches Merkmal (z.B. konsonantisches R, langes E) beinhaltet, muss die Anweisung auch pantomimisch ausgeführt werden. Phonetische Steckbriefe (mehrere Aufgabenschritte möglich) Hier geht es darum, Eigenschaften mit denselben phonetischen Merkmalen einer Person zuzuordnen, z.B. Wortakzent auf erster Silbe oder auf einer anderen Silbe. Kärnten, Klagenfurt, Paris, Normandie, Tennis, Segeln, Klarinette, Saxophon, Musik, Sport, ledig, verheiratet, telefonieren, Spaghetti, Bananeneis, Schnitzel, Pommes Marie Peter Höhepunkte beim Essen Siehe Kopie [Auch für diese Übung sind andere Themen denkbar. Zu beachten ist die Artikelverwendung im Deutschen bei der Entwicklung von alternativen Rastern.] Literatur a. DaF/DaZ und Aussprachedidaktik Barkowski, Hans / Krumm, Hans-Jürgen (Hg.) (2010): Fachlexikon Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. A. Francke Verlag Tübingen u. Basel. Dieling, Helga / Hirschfeld, Ursula (2000): Phonetik lehren und lernen. Goethe-Institut München. (Fernstudieneinheit 21). Europarat (2001): Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen. Langenscheidt Berlin ect. Hirschfeld, Ursula / Reinke, Kerstin (2016): Phonetik im Fach Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. (Grundlagen Deutsch als Fremd- und Zweitsprache 1). Erich Schmidt Verlag Berlin. (auch: Phonetik-Arbeitsblaetter.ESV.info) Hirschfeld, Ursula / Reinke, Kerstin (Hg.) (2007): Phonetik in Deutsch als Fremdsprache: Theorie und Praxis. Themenheft der Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 12:2, 2007. http://zif.spz.tu-darmstadt.de/jg-12-2/allgemein/jornal33.htm (ca. 40 Beiträge). Krumm, Hans-Jürgen / Fandrych, Christian / Hufeisen, Britta / Riemer, Claudia (Hg.) (2010): Deutsch als Fremd- und Zweitsprache. Ein internationales Handbuch. 2 Bände. Walter de Gruyter Berlin ect. (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft 35). ÖDaF-Mitteilungen 1/2012. Themenheft zur ÖDaF-Tagung 2011: Ausgesprochen unerhört. b.Übungsmaterialien mit Aussprachefokus Ausspracheübungen für spanische Deutschlernende. (auch für andere L1-Lerner/-innen) https://es.hueber.de/seite/pg_editorial_idiomas_aussprache_hes (Stand 19.6.2016). Behme-Gissel, Helga (2005): Deutsche Wortbetonung. Iudicium München. Caneau, Ilse (1992): Hören, Brummen, Sprechen. Handbuch. Klett Verlag München. Caneau, Ilse (1992): Hören, Brummen, Sprechen. Begleitheft. Klett Verlag München. Dieling, Helga / Hirschfeld, Ursula (2000): Phonetik lehren und lernen. Goethe-Institut München. (Fernstudieneinheit 21). Endt, Ernst / Hirschfeld, Ursula (1995): Die Rhythmuslokomotive. Goethe-Institut München. Fischer, Andreas (2007): Deutsch lernen mit Rhythmus. Schubert Verlag Leipzig. Frey, Evelyn (1995): Kursbuch Phonetik. Hueber Verlag Ismaning. Hirschfeld, Ursula / Reinke, Kerstin (2014): 44 Aussprachespiele. Klett Verlag Stuttgart. Hirschfeld, Ursula / Reinke, Kerstin / Stock, Eberhard (2007): Phonothek intensiv. Aussprachetraining. Langenscheidt Verlag Berlin und München. Hirschfeld, Ursula / Stock, Eberhard (Hg.) (2000): PHONOTHEK interaktiv. (CD-ROM). Langenscheidt München. Hirschfeld, Ursula / Reinke, Kerstin (1998): Phonetik Simsalabim. Langenscheidt Berlin u. München. http://simsalabim.reinke-eb.de/ (Online-Version; Stand 30.3.2016) Kaunzner, Ulrike A. (1997): Aussprachekurs Deutsch. Ein komplettes Übungsprogramm zur Verbesserung der Aussprache für Unterricht und Selbststudium. Groos Heidelberg. Laroy, Clement (1995): Pronunciation. Oxford University Press. Middleman, Doris (1996): Sprechen - Hören - Sprechen. Hueber Verlag Ismaning. Reinke, Kerstin (2011): Einfach Deutsch aussprechen. Phonetischer Einführungskurs. Schubert Verlag Leipzig. Reinke, Kerstin (2012): Phonetiktrainer A1-B1. Aussichten. Ernst Klett Sprachen Stuttgart. Rug, Wolfgang (2012): 77 Klangbilder gesprochenes Hochdeutsch. Schubert Verlag Leipzig.