STAUNEN UND GENIESSEN WelWwFrau ehern und auf unseren To-do-Listen. „Es ist noch viel schlimmer, als wir uns eingestehen möchten", konstatiert die Sozial- und Erziehungswis-senschaftlerin Marianne Gronemeyer, Autorin des Buches „Genug ist genug. Von der Kunst des Aufhörens". „Viele Menschen fühlen, dass es so nicht mehr weitergehen kann, aber kaum jemand zieht daraus die Konsequenz des Innehaltens. Der Versuch der Selbstbeschwichtigung steht im Vordergrund. Wir versuchen, durch ein Mehr vom Gleichen den Schrecken zu bannen." Unser Leben ist so komplex geworden, dass die Aufrechterhaltung dieser Komplexität enorm viel Energie verbraucht. LEBEN AUS DER KONSERVE Wir haben unsere Herzen an Dinge gehängt, die der Müll von morgen sind, und haben gleichzeitig den Bezug zu den Dingen verloren. Mobiltelefon, E-Mail und Social Media, alles Instrumente, die die Kommunikation vereinfachen sollten, haben sie ganz im Gegenteil verkompliziert und vervielfacht. Unsere Zeit ist streng getaktet, unsere Aufmerksamkeit in winzige Portionen zerhackt. Statt echter Begegnungen finden Stippvisiten statt. Wir unterbrechen persönliche Gespräche für Telefonate, Urlaube für den schnellen E-Mail-Check, konzentrierte Arbeitsprozesse für ein rasches „Gefällt mir" auf Facebook. Die Frequenz wird immer höher, das Tempo menschenunwürdiger. Wir haben keine Zeit, keine Muße dafür, Lebenslust und Freude aus uns selbst und aus dem Zusammensein mit anderen heraus zu generieren, etwa indem wir singen, musizieren, tanzen oder spielen. Wir hören CDs oder Hörspiele, lesen Bücher, gehen ins Kino, schauen fern, führen ein Leben aus der Konserve. Wir kaufen als Dienstleistungen zu, was früher selbstverständlich im Kreis von Familie, Freundinnen und Wir sind hilflos, zu erkennen, wann es genug ist Marianne Gronemeyer Nachbarschaft abgedeckt war, von der Kinderbetreuung über die Trauerbegleitung bis hin zum Catering fürs Geburtstagsfest. MEHR VOM FALSCHEN Ist es wirklich der „Puls der Zeit", der uns diese Geschwindigkeit aufzwingt, dieses Abgeschnittensein vom Natürlichen, vom Angemessenen und vom Lebensdienlichen? Können wir nicht aufhören, aussteigen, umkehren - oder wollen wir nicht? „Anfänge setzen Abbruche voraus. Der Vorwärtsdrängende will nicht innehalten und nicht abbrechen. Er betreibt lediglich die Fortsetzung desselben, auf einer jeweils höheren Stufe des Raffinements, und wenn es sich als das Falsche erweist, dann wird er eben das Falsche raffinieren, in der trügerischen Annahme, es werde im Zuge solcher Verfeinerung sich irgendwann schon zum Richtigen mausern. Das charakterisiert unsere Epoche, dass sie unablässig mit der Optimierung des Falschen beschäftigt ist", schreibt Marianne Gronemeyer in ihrem Buch. „Die Unfähigkeit, das Genüge zu erkennen, ist die fundamentale Hilflosigkeit des modernen, vom Wachstumsglauben geschwächten Menschen." DANKE, NEIN In einer Gesellschaft des ,„Geht nicht' gibt's nicht" sind uns wichtige Fähigkeiten abhanden gekommen. „Wir erleben uns als Macher unserer Existenz, haben die Kunst des Unterlassens und die Kunst des Leidens verkümmern lassen", meint die 1941 in Hamburg geborene Wissenschaftlerin, die ehemals als Haupt- und Realschullehrerin und auch in der Friedens- und Konfliktforschung tätig war. Die Illusion einer permanenten Optimierung, die negiert, dass Leiden zum Leben gehört, sei ein Zeichen der Verachtung des Menschlichen >> Empfohlen von Dr. Christine Reiler Für die natürliche Schönheit von innen Dr. Böhm® Haut Haare Nagel Tabletten Ausgewählte, hochwertige Mikronährstoffe für O schöne Haut 1 o kräftiges Haar O feste Fingernägel I www.dr-boehm.at 0412013 61