LITERATUR AUS ÖSTERREICH ► Literaturlandschaft Auswärtssiege, Sittenbilder, Bilderbögen Von Daniela Strigl Ein Streifzug durch Österreichs Literaturszene der Gegenwart: über die Erfolgswelle der österreichischen Autorinnen und Autoren, die Lust am Erzählen und die Liebe zur Sprache. Der im Jahr 2005 in Frankfurt zum ersten Mal vergebene Deutsche Buchpreis bescherte der österreichischen Literatur gleich einen Auswärtssieg: Arno Geigers Familiensaga „Es geht uns gut" kassierte Preis und Ruhm. Und ins Finale waren auch noch Friederike Mayröcker und Daniel Kehlmann vorgestoßen. 2006 hat mit Katharina Hacker C,Die Habenichtse") eine deutsche Autorin den Buchpreis gewonnen. Auffällig war, dass die Shortlist keinen einzigen österreichischen Namen aufwies, obwohl sich in der Vorauswahl noch fünf gefunden hatten. Österreichische Erfolgswelle_ Man hätte es verstehen können, hätten die Literaturfunktionäre Deutschlands sich hier der österreichischen Erfolgswelle entgegengestemmt. Vom Essaypreis der Leipziger Buch- f messe 2006 für Franz Schuh bis zum aus politischen Gründen dann doch nicht verliehenen Heinrich-Heine-Preis für Peter Handke zeigte sich allenthalben austriakische Vorherrschaft. Die deutschen Reaktionen schwankten zwischen Denunziation und umstandsloser Eingemeindung. Was von der Welt allzu groß wahrgenommen wird, muss vom Feuilleton auf Gartenzwergmaß gestutzt werden: Als Elfriede Jelinek 2004 den Nobelpreis erhielt, beeilte sich Iris Radisch sie in der „Zeit" zur „Regionalschriftstellerin" herabzustufen. Kein großer Unterschied, so gesehen, zwischen Hamburg und Mürzzuschlag, dem Geburtsort Jeli-neks, titelte die steirische Ausgabe der „Kronen Zeitung" i doch damals „Obersteirerin gewinnt Literaturnobelpreis". Die höchste internationale Anerkennung für Österreichs schwierigste Schriftstellerin kam zu einem Zeitpunkt, als man in Deutschland längst genug hatte von der rot-weiß-roten Selbst-bespiegelung im Lichte einer düsteren Vergangenheit. Bei Thomas Bernhard waren offenbar regionale Gewandung und weltliterarische Geltung noch unter einen Lodenhut zu bringen. Inzwischen aber reagierten deutsche Kritiker und erst recht Kritikerinnen zunehmend gereizt auf den Export nationaler Bauchschmerzen in das mit den eigenen Kreislaufproblemen beschäftigte Nachbarland. Überhaupt hatte man keine Lust mehr, sich mit einer Literatur anzustrengen, die für ihr erotisch-spielerisches Verhältnis zur Sprache berüchtigt war. All diese Träger des Georg-Büchner-Preises, der höchsten Auszeichnung für deutschsprachige Autoren, Albert Drach und H. C. Artmann, Ernst Jandl und Friederike Mayröcker und eben Jelinek hatten ja ihre liebe Not mit dem Simplen, auch mit dem simplen Erzählen. Dennoch schlägt das deutsche Feuilleton die erfolgreichen österreichischen Autoren wie Daniel Kehlmann, Arno Geiger und Tho- " mas Glavinic, die FOTO: HARALD SCHRÖDER Literaturlandschaft 4 LITERATUR AUS ÖSTERREICH sich in den letzten Jahren von Erzählboykott, literarischerTrauerar-beitund kollektiver Selbstzerf leischung mehr oder minder programmatisch verabschiedet haben, gern dem neuen deutschen Erzählwunder zu - wobei der in Wien lebende Kehlmann als Doppelstaatsbürger zu Doppelverwertung einlädt. Er hat mit dem Roman „Die Vermessung der Welt" das meistverkaufte Buch der letzten Jahre veröffentlicht. Die nicht minder ambitionierten und nicht minder begabten Autorinnen hat man dagegen noch nicht wirklich bemerkt. Keine „Frauenliteratur"_ Bettina Baläka zum Beispiel legte mit dem Roman „Eisflüstern" ein Buch vor, das man, wäre militärische Metaphorik hier nicht anrüchig, getrost einen Volltreffer nennen könnte: Die Geschichte eines Kriegsheimkehrers verknüpft Zeitgeschehen, psychologische Studie und Krimihandlung auf verblüffend souveräne Weise. Wenn man heute nach weißen Flecken im Geschichtsbild des Landes sucht, dann findet man sie nicht um 1938, sondern um 1918. Es gibt in der gegenwärtigen österreichischen Literatur wenigeTexte, die sich ernsthaft mit der Zäsur des Ersten Welt- „Die nicht minder ambitionierten und begabten Autorinnen hat man noch nicht wirklich bemerkt" kriegs, dem Zusammenbruch der k.u.k. Monarchie und dem Leben in der neuen Republik beschäftigen. Dies ist alles andere als „Frauenliteratur", in des Wortes einschränkender Bedeutung. Männlich sind hier nicht nur die bevorzugten Erzählperspektiven, „männlich" im Sinne herkömmli- ► Es geht uns gut: Österreichische Autorinnen auf Erfolgskurs FOTO: KARIN ROCHOLL eher Zuschreibungen ist auch die Autorposition. In „Eisflüstern" nimmt Baläka sich ein Stück österreichischer Weltgeschichte vor, ohne Zögern und Zimperlichkeit, und richtet es sich nach Bedarf zu. Krankheit nicht als Schuld, sondern als Schicksal, das jeden und jede treffen kann - davon handelt der raffiniert gebaute und sprachlich beeindruckende Roman „Über Nacht" der in Wien lebenden Südtirolerin Sabine Gruber. Es ist die Geschichte zweier Frauen, die nur scheinbar nichts miteinander zu tun haben; die eine lebt in Wien und bekommt nach jahrelangem Warten eine Niere gespendet, die andere lebt in Rom als Altenpflegerin, und ihr kommt ihr Gatte abhanden: Er betrügt sie - mit einem Mann. Ein Gigolo wie der Ich-Erzähler in Lilian Faschingers Roman „Stadt der Verlierer" lebt hingegen davon, dass er seine sexuellen Beziehungen als rein geschäftliche definiert. Kommt ihm die Liebe in die Quere, verheißt das nichts Gutes. Nicht zuletzt weil Lilian Faschinger sich längst einen Namen als Spezialistin für die literarische Vermählung von Leidenschaft und Verbrechen gemacht hat. Die „Stadt der Verlierer" ist natürlich Wien. Faschinger gestattet sich und ihren Lesern das Vergnügen, sich in einen kotzengroben, sexistischen Menschenfeind zu versenken und die Stadt der Walzer- und Heurigenseligkeit mit seinen Augen zu sehen. Wenig spektakulär kommt das Böse in Olga Flors „Talschluss" daher. Vor mehr als vierzig Jahren hat die Österreicherin Marlen Haushofer mit ihrem Roman „Die Wand" gezeigt, wie man eine weibliche Robinsonade als Parabel der Existenz ebenso wie als Gegenentwurf zu den Werten der Wiederaufbauzeit erzählen kann. Auch „Talschluss" steckt den Claim in der Einschicht ab: Hier ist es eine Familie, die auf der Alm eine Auszeit vom Stadtleben nimmt, um einen Geburtstag zu feiern. Es passiert zwar keine Katastrophe, aber es bricht eine Rinderkrankheit aus und lässt die Protagonisten im Talschluss festsitzen. Ins Gewand eines psychologisch fein gewirkten Familienromans hat die studierte Physikerin Flor eine radikale Kritik unserer Warenwelt gekleidet, die sie in ihrem folgenden Supermarktroman „Kollateralschaden" virtuos variiert. In „Talschluss" konzentriert sie sich auf den inneren Zerfall einer Familie, und das ist beklemmend genug. Der Talschluss wird zur Sackgasse, in die sich eine Gesellschaft begeben hat, die die „Seele" für ein entbehrliches Requisit verflossener Zeiten hält. In Angelika Reitzers beklemmendem Roman „unter uns" vollzieht sich die Auflösung der familiären Bande ganz offen; die lose freund- LITERATUR AUS ÖSTERREICH ► Literaturlandschaft schaftlichen Beziehungen der Menschen um die vierzig in prekären Arbeitsverhältnissen taugen nicht als Ersatz. Wie Olga Flor stellt Reitzer mit Akribie unsere Sprache bloß, die dazu dient, das Haarsträubende zu verschleiern. Schreiben übers Schreiben_ Auffällig ist wohl die Konjunktur, die Schriftstellerromane in den letzten Jahren in der österreichischen Literatur haben. Im Allgemeinen gelten sie als langweilig, weil ihre Helden den Mangel an äußeren Abenteuern durch ein reich ausgestattetes Seelenleben kompensieren. Am meisten gefürchtet sind wohl jene Schriftstellerromane, die von einer Schreibkrise handeln. Umso erstaunlicher, dass Margit Schreiners letzter Roman so unterhaltsam ist, denn „Haus, Friedens, Bruch" erzählt vom Schreib- und Existenzproblem einer Autorin, die als alleinerziehende Mutter einer pubertierenden Tochter in Linz lebt. Wie kaum jemand beherrscht Schreiner die Kunst, das ganz Schwere mit dem Leichten zu verquicken, es mit einem Dreh ins Sarkastische zu schärfen und zugleich zu entschärfen. Zum Beispiel die Schreibhemmung, die einer Schriftstellerin naturgemäß an die Nieren geht. Das Versagen am Schreibtisch führt ihr unbarmherzig die Konkurrenz vor Augen, schließlich muss sie „Tag fürTag gegen dreihundertdreißigtausend Neuerscheinungen pro Jahr anschreiben". So liest sie in den Literaturbeilagen „mit Entsetzen" von den neuen Werken der Kollegen und nimmt mit all den „Kunsthandwerksbüchern" das jüngste österreichische Erzählwunder (wie gesagt: ein männliches) aufs Korn: „Und die Jungs featuren sich noch gegenseitig! Da lobt der eine den anderen wer weiß wie über den grünen Klee, und jeder Insider weiß, dass die beiden beste Freunde sind." Ihren größten Erfolg hatte Margit Schreiner mit der Suada eines von seiner Frau verlassenen Mannes: mit dem Roman „Haus, Frauen, Sex". Der Schriftsteller, resümiert die Ich-Erzählerin da, sei von Natur aus ein „wehleidiges Wesen", doch er „wird zum Helden, wenn er schreibt. Weil dann macht er sich ran an all den Mist, den die anderen verschweigen, aus Angst, sich selbst preiszugeben." Thomas Glavinic in „Das bin doch ich": „Wer meine Bücher ablehnt, ist des Teufels" Von solcher Angst ist Thomas Glavinic gewiss frei - auch er hat mit „Das bin doch ich" einen selbstbezogenen, ja exhibitionistischen Roman geschrieben. Dass Schriftsteller über die Höhen und Tiefen des Schriftstellerdaseins schreiben, ist indessen nichts Neues, höchstens dass sie es so unverhüllt autobiographisch und selbstironisch tun. Eines aber ist „Das bin doch ich" sicher nicht: ein Schlüsselroman des Literaturbetriebs. Man braucht nämlich keinen Schlüssel, weil die Protagonisten entweder ihre eigenen Namen tragen oder nur spaßeshalber verfremdete. Wer immer hier nicht vorkommt, darf das als Auszeichnung betrachten: Fast alle Auftretenden werden mit einer gehörigen Portion Spott bedacht. Allerdings betreibt Glavinic eine noch rücksichtlosere Demontage an der eigenen Person. Gleich das erste Kapitel beginnt mit einer buchstäblichen Selbstentblößung: Der Held namens Thomas Glavinic zeigt sich nackt unter der Dusche, wo er wie stets den Blick auf seine Genitalien vermeidet, da er Angst hat, etwaige Schwellungen könnten auf Hodenkrebs hindeuten. Er spricht große Dichter-Wahrheiten gelassen aus: „Wer meine Bücher ablehnt, ist des Teufels." Er vergleicht sich ständig mit Freund Daniel (Kehlmann), der viel mehr Bücher verkauft und ihn darüber auch noch wenig zartfühlend per SMS auf dem Laufenden hält. Auf jeden Fall trinktThomas Glavinic zu viel, obwohl er sich eigentlich für einen „Anlasstrinker" hält, aber Anlässe gibt es in diesem Milieu genug - ein erschreckenderes, aber auch ein witzigeres Sittenbild der Wiener Kulturszene ist kaum vorstellbar. Große Romane_ Hohe Wellen hat das lang erwartete Opus Magnum des Vorarlbergers Michael Köhlmeier geschlagen. Die Hauptlast an durchlebter Geschichte hat in „Abendland" Carl Jacob Candoris zu tragen: Die fiktive Figur, ein angesehener Universitätsprofessor, wird von ihrem Autor an die Brennpunkte des historischen Geschehens geschickt -oder, wie Köhlmeier wohl klarstellen würde, sie lockt ihn ebendort hin. Candoris bewegt sich im Göttingen der Zwanziger- und im Moskau wie im Amerika der Dreißigerjahre, er wirkt im Nazi-Berlin als Spion in englischen Diensten, er verfolgt als Insider den Nürnberger Prozess. Aber auch sein Patenkind Sebastian Lukasser, der Schriftsteller, der von ihm gleichsam zum Biographieschreiben abkommandiert wird, kommt ganz schön herum: Geboren und aufgewachsen in Wien, Schulzeit in Innsbruck, Lissabon, Vorarlberg, Studium in Frankfurt, zur Zeit der Studentenbewegung, Lehrjahre in New York und North Dakota. Gerahmt wird das Ganze von Literaturlandschaft 4 LITERATUR AUS ÖSTERREICH Sebastians Besuch bei dem sehr alten Herrn in dessen Villa hoch über Innsbruck: „Abendland" ist auch der Schauplatz eines Lebensabends. Wo immer man hingreift, bekommt man den Zipfel einer Geschichte zu fassen und mit ihr gleich einen ganzen Erzählstrang, der den nächsten nach sich zieht. Das Lesevergnügen überwiegt und hilft über gelegentliche Durststrecken (775 Seiten!) hinweg. Der Aufwind für eine Literatur, die unter der Flagge eines lustvollen Erzählens segelt, soll nicht vergessen machen, dass auch die Tradition des sprachbewussten, ja sprachverliebten Schreibens nach wie vor lebendig ist: im Werk Peter Handkes etwa, der mit dem poetischen Reisebericht „Die Morawische Nacht" die selbstkritische Bilanz einer Schreibexistenz gezogen hat. Aber auch in den Büchern einiger hochbegabter Jüngerer wie Andrea Winkler, Andrea Grill, Julya Rabinowich, Anna Kim oder dem aus Brünn gebürtigen Michael Stavaric. Köhlmeiers Landsmann Arno Geiger, der sich in den letzten Jahren als eine der wichtigsten Stimmen der österreichischen Literatur profiliert hat, kommt aus ebendieser Schule eines quasi erotischen Verhältnisses zur Sprache. Hat er in seinen frühen Büchern gezeigt, was _er alles kann, so nimmt er sich in seinem großen Roman weise zurück. „Es geht uns gut" ist der in Österreich heimlich ersehnte Roman der Zweiten Republik und zugleich die Geschichte einer Familie. Der Titel trifft das kollektive rot-weiß-rote Lebensgefühl, die satte Behaglichkeit der Wirtschaftswunderknaben, zugleich kommentiert er ironisch das gar nicht so tolle Befinden der hier porträtierten Familienmitglieder. Ihren Ausgang nimmt die Geschichte von der Erbschaft eines eingefleischten Familienmuffels, dem seine Großmutter wie zum Hohn die Villa im Wiener Nobelbezirk vermacht hat. Ein Außenseiter wird mit seiner Kindheit, mit den Toten und der Nazizeit konfrontiert: Die Konstellation ist nicht neu, man denke anThomas Bernhards „Auslöschung". Neu ist, was Arno Geiger daraus macht: einen souverän schmucklosen, atmosphärisch intensiven Bilderbogen, in dem Politik und Zeitgeist unaufdringlich mit in den Blickwinkel des Privaten geraten. Aus der Masse an Zeit zwischen 1938, dem Jahr des Anschlusses, und 2001 präpariert der Erzähler, chronologisch vor- und zurückspringend, 21 Tage heraus. Das Schlaglicht, das auf sie fällt, erhellt, aus jeweils wechselnden Perspektiven, auch die Gemütslage der familiären Akteure. Noch einen Schritt weiter von der Fixierung auf Politisches entfernt sich der junge Grazer Autor Clemens J. Setz mit seinem aufsehenerregenden, in kühnen Sprachbildern schwelgenden Familienroman „Die Tradition des sprachbewussten, ja sprachverlieb ten Schreibens ist nach wie vor lebendig" „Die Frequenzen", einem in jeder Hinsicht gewaltigen Opus über zwei unter und an ihren Vätern leidende Jugendfreunde, deren Wege sich nach Jahren wieder kreuzen. Das Buch entwirft eine noch um einiges düsterere Welt als Glavinics Wunsch-Angst-Phantasie „Das Leben der Wünsche". Setz erhielt dafür den Bremer Literaturpreis 2010. Heuer ging der angesehene Preis wieder an Österreich: an Friederike Mayröcker für ihr unerhört jugendliches und zugleich tieftrauriges Buch „ich bin in der anstalt. fusznoten zu einem nichtgeschriebenen werk". Privatroman im Netz_ Die ungewöhnlichste Veröffentlichung der letzten Zeit stammt aber von Elf riede Jelinek: Sie hat ihr neuestes „Buch" im Internet publiziert, ein formales Experiment, aber auch ein Schritt der Demokratisierung von Literatur, am Verlagswesen vorbei: „Neid. Privatroman" verhandelt nach „Lust" und „Gier" die nächste der sieben Todsünden - und verrät mehr von der Privatperson Jelinek als die meisten früheren Texte. „Neid" führt uns und die in Scheidung begriffene Geigenlehrerin Brigitte K. in eine fast verlassene steiri-sche Goldgräberstadt: Politisch ist der Bezirk immer noch rot, wirtschaftlich ist er tot. Es geht um das Überleben des Menschen in der arbeitslosen Zeit, auch der Erzberg wird abgebaut, anders als früher, aber ausgedient hat er nicht, ein Schaubergwerk ist geplant. Selbst Tote versprechen Profit, und „Gestorben wird immer" - Jelinek sieht offenkundig „Six Feet Under". Ein Facelifting zur Fremdenverkehrsmustergemeinde soll helfen, die Jugend im toten Winkel soll sich aber auch eines Todesmarsches im Jahr 1945 erinnern, würdig, versteht sich. DieAutorin„E.J." führt hier einen Dialog mit ihren Lesern, kommentiert ironisch den Schreibvorgang. Der Netzroman in Fortsetzungen, ein Glossenwerk mit topaktuellen Anspielungen, ist auch insofern privat, als Jelinek das Zitieren daraus strengstens verboten hat. Nachlesen kann freilich jeder unter: www.elfriedejelinek.com. 0 ► Dr. Daniela Strigl ist Literaturwissen-schaftlerin, Literaturkritikerin und Jurorin beim Ingeborg-Bachmann-Preis. LITERATUR AUS ÖSTERREICH ► Literaturlandschaft Das „Österreichische in der Literatur Von Klaus Zeyringer Jedes Werk in deutscher Sprache als „deutsche Literatur" zu bezeichnen, ist kultur- und literarhistorisch keineswegs haltbar. Die Geschichte eines Landes sowie dessen politische und kulturelle Eigenart schlagen sich in entscheidendem Maße auch in seiner Literatur nieder. Nicht anders verhält es sich mit der österreichischen Literatur, die spätestens seit Anfang des 18. Jahrhunderts aus dem spezifisch österreichischen Kulturraum entstand. Drei Jahrhunderte nach den ersten deutlichen Äußerungen eines Österreich-Begriffes als umfassendes staatspolitisches Konzept, zwei Jahrhunderte nach der Gründung des Kaiserreiches Österreich, 150 Jahre nach Scheitern der „großdeutschen Lösung", mehr als 90 Jahre nach der Gründung der 1. Republik Österreich, fast 70 Jahre nach dem blutigen Ende des Holocaust-Gesamtdeutschland und nach der Gründung der 2. Republik Österreich kann kein Zweifel mehr an dem tragbaren literaturhistorischen Konzept „Österreichische Literatur" bestehen. Die Methode, jedwedes Werk in deutscher Sprache als „deutsche Literatur" zu bezeichnen, ist kultur- und literarhistorisch keineswegs haltbar. Wer sich bewusst ist, in welchen Interaktionen gesellschaftlicher, sozialer, politischer Natur die österreichischen Autoren verstrickt sind, dem sollte bewusst werden, dass gerade auf diesem Feld die Unterschiede zu anderen Kulturräumen und Literaturregionen aufgezeigt werden können. Die österreichische Eigenart Gewiss ist Literatur keine Sache des Geburtsscheines oder des Reisepasses, freilich können Zuordnungen an den Rändern oft diskutabel scheinen. Auf deutlich unterschiedliche Kontexte machte Ingeborg Bachmann 1955, im Jahr des Staatsvertrages, aufmerksam und meinte, für viele der „jungen österreichischen Schriftsteller" zu sprechen: „die politische und kulturelle Eigenart Österreichs - an das man übrigens nicht in geographischen Kategorien denken sollte, weil seine Grenzen nicht die geographischen sind - scheint mir zu wenig beachtet zu werden. Dichter wie Grillparzer und Hofmannsthal, Rilke und Robert Musil hätten nie Deutsche sein können". Ähnlich argumentierte 1983 Thomas Bernhard. Auf die Frage, wie er zu einer „spezifisch österreichischen Literatur" stehe, antwortete er in einem Interview: „Das ist gar keine Frage. Nehmen Sie die Aussprache, die Sprachmelodie. Da gibt es schon einen wesentlichen Unterschied. Meine Schreibweise wäre bei einem deutschen Schriftsteller undenkbar (...). Vergessen Sie auch nicht das Gewicht der Geschichte. Die Vergangenheit des Habsburgerreiches prägt uns. Bei mir ist das vielleicht sichtbarer als bei den anderen. Es manifestiert sich in einer Art echter Haßliebe zu Österreich, sie ist letztlich der Schlüssel zu allem, was ich schreibe." Literaturlandschaft 4 LITERATUR AUS ÖSTERREICH Eine Frage der Identität_ In der 1. Republik und noch stärker in der NS-Zeit beherrschte Josef Nadler mit seinen völkischen Vorstellungen den literarhistorischen Markt; sein starker Einfluss auf Generationen österreichischer Germanisten reichte bis in die Sechzigerjahre hinein. Die drei Bände der ersten Auflage seiner „Literaturgeschichte der deutschen Stämme und Landschaften" erschienen 1912 bis 1918, eine im Ansatz kaum veränderte „Literaturgeschichte Österreichs" veröffentlichte Nadler 1948. Die starke Wirkung des auf der Rassentheorie beruhenden Werks war einer der Gründe für die lange Zurückhaltung in der Frage der „österreichischen Literatur". Im Kontext der 2. Republik, die von Beginn an das Nationalbewusstsein stärken wollte und im Inland sowie in derTourismus-werbung auf dem Konzept der Kulturnation aufbaute, begann im Gefolge von Staatsvertrag und Neutralitätsgesetz (1955) eine Hochkonjunktur der Fragestellung „Gibt es eine österreichische Literatur?" - meist mit einer positiven Antwort. Der Bezug zwischen Österreich-Begriff und einer österreichischen Literatur galt als ein Element nationaler Identitätsbildung. In einerZeit, in der das Bekenntnis zur eigenen Nation auf dem staatlichen Erziehungsprogramm stand und auch entsprechende Aufnahme fand - 1956 waren fast noch die Hälfte der Österreicher und Österreicherinnen der Meinung, dass Österreich keine Nation sei, 1964 waren es gerade noch 15 Prozent und 1970 nur 8 Prozent -, wurde der heimischen Literatur eine restaurative Funktion zugeschrieben. Dies wiederum konterten ab den 1970er-Jahren immer mehr Autoren und Schriftstellerinnen, bis schließlich vor einigen Jahren, besonders von der jüngeren Generation, eine eher nüchterne Einstellung zum eigenen Staat zu wirken begann. Individuell statt typisch_ Nachdem 2005 Arno Geiger mit„Es geht uns gut" den zum ersten Mal vergebenen Deutschen Buchpreis erhalten, Daniel Kehlmanns „Die Vermessung der Welt" breite Anerkennung gefunden und den seit 1945 größten Verkaufserfolg eines Sprachkunstwerks aus der Feder eines österreichischen Schriftstellers erzielt hatte, lobte die „Neue Zürcher Zeitung" 2007 den „Jahrhundertherbst der österreichischen Literatur". Felicitas von Lovenberg äußerte in der„FrankfurterAllgemeinen Zeitung" den „Verdacht, dass die aufregendste, eigensinnigste und vielfältigste deutschsprachige Literatur derzeit aus Öster- reich kommt". In dieser Wintersaison 2007/08 sei eine „Flut an vielversprechenden Neuerscheinungen aus der Alpenrepublik" zu verzeichnen, „und insbesondere die neuen Romane von Michael Köhlmeier, Robert Menasse und Thomas Glavinic ließen Kritiker wie Buchhändler jubeln und ,Die Presse' vom ,Gold für Österreich' schwärmen." Der gut konzentrierte Blick betont die literarische Vielfalt: „Natürlich ist die Beschäftigung mit der unheimlichen Heimat' (...) nach wie vor für viele Schriftsteller entscheidend. Dass die österreichischen Autoren im langen Schatten der Wiener Gruppe ein ausgeprägtes Form- und Sprachbewusstsein entwickelten, ist oft bemerkt worden. Auch die Lust am Erzählen, die sich erst in den letzten Jahren so richtig Bahn gebrochen haben soll, wurde bereits gefeiert. Dennoch sind es nicht in erster Linie markante thematische oder stilistische Besonderheiten, die sich als ,typisch österreichisch' etikettieren ließen, sondern eher das Gegenteil: eine ausgeprägte Individualität, die sich ebendarin zeigt, wie auf Traditionen geantwortet, mit ihnen gespielt oder mit ihnen gebrochen wird." Man habe sich freigeschrieben, erklärt Karl-Markus Gauß der FAZ. Die historische Vergangenheit sorge für einen wacheren Blick, auch auf die Nachbarvölker, und bewirke die Erkundung einer „unbekannten Nähe". Felicitas von Lovenberg schließt mit der Feststellung von Norbert Gstrein, dass sich die jüngst erfolgreichen Werke eher an Vorbildern von anderswo, Faulkner oder Nabokov, Philip Roth oderVargas Llosa, orientieren. Die neueste österreichische Literatur sei „internationaler geworden, ohne dabei etwas aufzugeben". Eine Literatur geschiente: ŮCTEHEBICH n SfcIL LíSfl V Der hier abgedruckte Text ist ein Auszug aus dem Einleitungskapitel des Bandes „Eine Literaturgeschichte: Österreich seit 1650" von Klaus Zeyringer und Helmut Gollner, der 2012 im Studienverlag erscheinen wird. r®--1 ► Prof. Dr. Klaus Zeyringer ist Vorstand := des Deutsch-Departments an der Universitě Catholique 5 de l'Ouest, Dozent an der Universität Graz, Herausgeber S und Verfasser zahlreicher Publikationen zur österrei- 18 a. chischen Literatur sowie Literaturkritiker. £ I_ZI_I i LITERATUR AUS ÖSTERREICH ► Literaturlandschaft Literaturwunder Von Alexander Kluy Gibt es ein österreichisches Literaturwunder? Einige vorläufige Gedanken über ein Phänomen der Gegenwart. „Der österreichische Germanist W., der für seine Ausflüge in die höheren Regionen bekannt ist, stürzte gestern auf der Suche nach dem Österreichischen in der deutschsprachigen Literatur in die Gletscherspalte. Die höheren Regionen der österreichischen Literátu rlandschaft, die für ihren kärglichen Bewuchs und damit für ihre unausreichenden Halte- und Sicherungsmöglichkeiten bekannt sind, gleichen zur Zeit einer zerklüfteten, von schroffen Eiswänden durchstandenen Sprachwelt." 1982 leitete so der Schriftsteller Reinhard P. Gruber mokant eine alpine Literatursatire ein. Heute stellt sich die Situation anders da. Erfolge allüberall 2011 unter den fünf in der Sektion Belletristik für den Preis der Leipziger Buchmesse Nominierten: zwei Österreicher (Arno Geiger, Clemens J. Setz). 2011 unter den fünf Nominierten in der Kategorie „Roman" für den Friedrich-Glauser-Preis, den das Syndikat, die Autorengruppe deutschsprachige Kriminalliteratur, alljährlich vergibt: zwei Österreicher (Paulus Hochgatterer, Kurt Palm). Der Entdeckerverlag der 2010 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneten Autorin Melinda NadjAbonji: Jung und Jung in Salzburg. Der erste Preisträger des 2005 ausgelobten Deutschen Buchpreises: ein Österreicher (Arno Geiger). Der erfolgreichste jüngere Autor deutscher Zunge der letzten zehn Jahre außerhalb derSpannungs- und Unterhaltungssparte: Daniel Kehlmann - ein gebürtiger Wiener; sein Roman „Die Vermessung der Welt" - ein internationaler Bestseller. Die bedeutendste Literaturauszeichnung im deutschsprachigen Sprachraum, der Georg-Büchner-Preis, ging nach Österreich: 2009 (Walter Kappacher), 2008 (Josef Winkler), 2001 (Friederike Mayröcker), 1998 (Elfriede Jelinek) und 1997 (H. C. Artmann). Lässt sich diese aktuell im Literaturbetrieb, in den Verlagsprogrammen wie in den Verkaufslisten zu beobachtende Entwicklung - dass österreichische Autorinnen und Autoren derjüngeren und jüngsten Generation, zwischen Mitte 20 und Mitte 40, prominent sind und viel gelesen und gern verlegt werden - nicht als erstaunlich bezeichnen? Ein österreichisches Literaturwunder? Bettina Baläka. Thomas Ballhausen. Clemens Berger. Ann Cotten. Milena Michiko Flašar. Johannes Gelich. Thomas Glavinic. Anna Kim. Julya Rabinowich. Clemens J. Setz. Michael Stavarič.Thomas Stangl. Linda Stift. Bernhard Strobel. Cornelia Trávniček. Andrea Winkler. Diese impressionistische Liste ließe sich rasch um weitere Namen ergänzen, den 2011 debütierenden Tiroler Stefan Abermann etwa oder den Vorarlberger André Pilz. Welchen Faktoren ist die starke Präsenz dieser Autorinnen-Generation zuzuschreiben? Weniger wohl dem verbreitenden Buchhandel als dem produzierenden, den Verlagen. Österreich verfügt zwischen Innsbruck und Graz, Salzburg und Oberwart über viele mittelständische eigentümergeführte Verlagshäuser, die aufgrund ihrer überwiegend kleinteiligen Größe den Schwerpunkt auf Förderung und Akquisition junger Literaturlandschaft 4 LITERATUR AUS ÖSTERREICH Talente gelegt haben - somit zugänglicher für Debüts und gegenüber Experimenten aufgeschlossener sind als Großkonzerne. Die oft persönlich intensive Förderung kann allerdings bei entsprechend unterfüttertem Interesse nicht die Abwanderung österreichischer Autorinnen zu in München, Berlin oder Cöttingen beheimateten Verlagen verhindern. Hinzu kommen flankierend eine noch immer einigermaßen flächendeckende aktive Kulturberichterstattung in österreichischen Medien sowie Lesewochen und Festivals, deren Originalität, Nachhaltigkeit und Publikumsnähe, zu beobachten etwa bei „Sprachsalz" oder„Literaturim Nebel", mittlerweile das Ausland zu kopieren trachtet. ratur können weder der deutsche noch der Schweizer Kriminalroman konkurrieren. ► Die österreichischen Verlage bringen Talente, die Gäste Lokalkolorit auf die Frankfurter Buchmesse Ein entschiedenes Alleinstellungsmerkmal kennzeichnet seit Mitte der 1990er-Jahre ein wundersam aufgeblühtes Literaturgenre -den „schrägen" österreichischen Kriminalroman. Wolf Haas, Heinrich Steinfest, Thomas Raab und Alfred Komarek sowie rustikal-deftiger Kurt Palm und Manfred Rebhandl und ihre Protagonisten Brenner, Biermösel oder Simon Polt haben sich in diesem Genre einen wundersamen Status im Buchhandel wie beim Publikum erschrieben. Mit der ausgeprägten sprachlichen Eigenwilligkeit (Haas), dem Willen zum „slow crime" (Komarek) oder Heinrich Steinfests travestiehafter Fusion von Hoch- und Unterhaltungslite- Welt und Welthaltigkeit „Österreichische Literatur ohne Grenzen": Ganz bewusst wurde so die Gedenkschrift für den Wiener Ordinarius Wendelin Schmidt-Dengler überschrieben. Ebendieser Blick über die Grenzen kennzeichnet die jüngere österreichische Literatur. 1982 glaubte der Literaturwissenschaftler Gerd Müller noch postulieren zu können: „So lässt sich das, was spezifisch österreichisch' ist, nur kontrastiv im Vergleich zu dem erfassen, was italienisch' oder,deutsch' ist, nicht aber als absoluten Wert an sich." Die jüngere Schreib-Genera-tion ignoriert solche Versuche von Zuschreibung und Kontrastsetzung. Sie arbeitet sich nicht mehr wie Hans Lebert, Bernhard, Handke, Innerhofer, Elfriede Jelinek und noch Robert Menasse ab an einer als Alb empfundenen Heimat. Die Jüngeren reisen. Erforschen die Welt. Fahren nach Grönland wie Anna Kim, die Österreicherin mit südkoreanischen Wurzeln. Ähnlich wie Kim verfügen auch Flasar, Stavaric oder Rabinowich über einen multinationalen Familienhintergrund. „Warum ist es so schwierig zu akzeptieren, dass Abstammung und Identität nicht immer übereinstimmen müssen", schreibt Anna Kim. Vielleicht müsste die Frage nach einer österreichischen „Literaturwunder"-Generation, auf welche die ihr Zugerechneten wohl achselzuckend reagierten, anders formuliert werden. Nämlich: Wie viel „Österreichisches" ist noch in der österreichischen Gegenwartsliteratur? Wie viel Spurenelemente und Sprachliches, wie viel (katholisch-barocke) Manier und Tradition von Abraham a Sancta Clara bis Thomas Bernhard (und Alois Brandstetter)? Verdanken sich Erfolg und Breitenwirkung nicht vielleicht gerade einer Öffnung, einer Weltoffenheit über politische und landsmannschaftliche Schlagbaumgrenzen hinweg? „Der Germanist W., der vor zwei Wochen während der Suche nach dem Österreichischen in eine österreichische Gletscherspalte gefallen ist, wo er nachweislich das Österreichische gefunden hat, hat sich im Verlaufe seiner Forschungstätigkeit soweit von der Oberfläche fortbewegt, dass der germanistische Suchtrupp heute seine Zelte am Rande der Spalte abgebrochen hat." (Reinhard P. Gruber) ® ► Alexander Kluy ist Journalist, Autor und Kritiker in München und schreibt für deutsche, österreichische und Schweizer Zeitungen und Zeitschriften. LITERATUR AUS ÖSTERREICH ► Literaturlandschaft Dauerbrenner und Shootingstars Von Simone Kremsberger Der Bücherfrühling bietet eine Reihe österreichischer Neuerscheinungen. Die „Büchereiperspektiven" haben sich unter Kritikerinnen und Kritikern umgehört, welche Titel mit Spannung erwartet und gelesen werden können. „Als Kritiker haben einen natürlich die Neuerscheinungen von Thomas Clavinic und Arno Geiger zu interessieren" so Stefan Gmünder („Der Standard"). „Beide Autoren nehmen gesellschaftliche Themen auf, ersterer verhandelt im Roman ,Lisa'Themen wie Einsamkeit und Virtualität, Geiger setzt sich in ,Der alte König in seinem Exil' mit Alter und Demenz auseinander." „Der Patriotismus vieler Kritiker ist mir fremd, österreichische Neuerscheinungen interessieren mich nicht mehr als andere", sagt Cornelius Hell (Öl). Auch er verweist auf Geigers neues Werk -„weil der Autor darin eigene Erfahrungen mit seinem demenzkranken Vater verarbeitet; Literatur, die nicht nur fiktive Welten entwirft, interessiert mich besonders." Und die Buchhändlerin Anna Jeller gil eine „große Empff lung" für Geiger ab: setzt seinem Vater m sem Text, der nie sentimental, eher poetisch und biswe len auch sehr komisch ist, ein Denkmal zu Lebzeiten. Das Buch als Würdi gung eines Menschen, der durch die Alzheimerkrankheit sich selbst abhandenkommt, der aus der Welt gefallen ist. Gleichzei- tig regt die Lektüre sehr dazu an, sich selbst Gedanken darüber zu machen, was wirklich wichtig ist im Leben und was uns letztlich ausmacht." Wie Geiger war Clemens J. Setz für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert - und hat ihn gewonnen: „Mit seinen beiden - mehrfach ausgezeichneten - Romanen ,Söhne und Planeten' und ,Die Frequenzen' ist Clemens Setz |zum Shootingstar der jungen österreichischen Autoren geworden", sagt Thomas ' Keul von „Volltext". „Nach dem Wechsel zum Suhrkamp-Verlag legt er mit,Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes' jetzt seinen ersten Erzählband vor, mit dem er seinen Rang ein-Idrücklich unterstreicht." Auch Katja Gasser vom ORF zählt Setz zu den interessantesten jungen Autoren Österreichs - und ist außerdem gespannt auf das neue Werk „Du blutest, du blutest" von Michaela Falkner, „die ich ebenfalls zu den innovativsten, weil eigenwilligsten Kräften unter den jungen österreichischen Lite-, raten zähle." Zwei weitere Autorin-f nen und ihre Werke empfiehlt Stefan Gmünder: „den Essay ,Invasionen des Privaten' (in dem es um f Fremdheit und Integration geht) von Anna Kim und die,Herznovelle' von Julya Rabinowich, die ich für eine der sprachlich avanciertesten und interessantesten Autorinnen Österreichs halte." Su hrka mp ► Der Bücherfrühling bringt neue Literatur aus Österreich ekz bibliotheks service Standing Order Buch Romane und Schöne Literatur seit 1996 Österreichische Romane in der Standing Order SL Frühjahr 2011 Alois Brandsietter Zur Entlastung der Briefträger / DAS ~ EN- ÄDCHETfc ■ tun nut cuii THOMAS GLAVINK Als Standing-Order-Kunde bekommen Sie die wichtigsten Neuerscheinungen des Medien-rnarktes automatisch geliefert, sodass Sie sich im Bestandsauf bau ganz auf Ihre Nutzer und Ihre spezifischen Zielsetzungen konzentrieren können. Enger Kontakt zu unseren Kunden und langjährige Erfahrung in der Erstellung der ekz-Lektoratsdienste garantieren Ihnen die Praxisorientierung und ständige Weiterentwicklung des ekz-Angebots. Seit 15 Jahren nutzen unsere Kunden die Vorteile unserer Standing Orders: - Zeitersparnis - Aktualität - Individuelles Profil Die Titelauswahl der Standing Orders erfolgt in Salzburg. Dadurch können wir nicht nur auf den Bedarf österreichischer Bibliotheken besser eingehen, sondern auch sicherstellen, dass österreichische Verlage und österreichische Autoren für Standing Orders berücksichtigt werden. Im Frühjahr 2011 waren das u. a. die neuen Romane von Alois Brandstetter, Gabi Kreslehner und Thomas Glavinic. Als zusätzlichen Service erhalten unsere Standing-Order-Kunden mit „Belletristik im Blick" halbjährlich eine aktuelle Übersicht, die alle wichtigen Roman-Neuerscheinungen in knapper, übersichtlicher Form zusammenfasst. In der Standing Order Schäre Literatur bieten wir vier Größenordnungen an: Titel EUR I mini 12-13 300 klein 20-21 460 groß 40-42 900 rrsxi 60 1.250 Interessiert? Gerne senden wir Ihnen weitere Informationen oder die Titelliste der aktuellen Standing-Order-Auswahl zu. Ihr Ansprechpartner bei allen Fragen zu Standing-Order-Angeboten: Michael Eisl, Tel. 0662 844699-13, Eisl@ekz.at ekz.bibliotheksservice GmbH * Schumacherstraße 14 • 5020 Salzburg Telefon +43 662 844 699-0 * Fax +43 562 844 699-19 • info@ekz.at • www.ekz.at LITERATUR AUS ÖSTERREICH ► Neue Wege Die Textperformer Von Simone Kremsberger Poetry-Slams, Lesebühnen und Literaturperformances boomen. Viele junge Autorinnen und Autoren wollen nicht nur gute Texte schreiben - sie wollen sie auch performen und einen Draht zum Publikum spannen. Vorarlberg bis Wien bieten Lesebühnen jungen Schreibenden eine Plattform, um sich und ihre Texte zu präsentieren. Und seit einigen Jahren gibt es eine immer stärker präsente und vernetzte Poe-try-Slam-Szene in Österreich. Da schauten - und lauschten - die Beatniks, als Ernst Jandl 1965 in der Royal Albert Hall loslegte und sein Napoleon-Cedicht„Ode auf N" in die jubelnde Menge schnalzte. Englische und amerikanische Vertreterinnen der Beat-Generation hatten sich in London vor 7000 Zuhörerinnen und Zuhörern zur „International Poetry Reincarnation" versammelt. Jandls Vortrag kam beim Publikum trotz Sprachbarriere an. Der Grund: die Performance. Lesung mit Feuer Zur Präsentation von Literatur gehört auch der Vortrag. Manche Autorinnen und Autoren können es besser, andere tun sich schwerer. Wenn der Sessel knarzt, die Stimme schwankt und die Blätter rascheln, beginnt auch das Publikum unruhig auf den Sitzen zu wetzen. Wenn der Vortrag gelingt, derText ankommt und womöglich auch ein Funke überspringt, hat der Autor gewonnen: im besten Fall neue und treue Leserinnen und Leser. Einer, der das weiß, ist derTiroler Autor Robert Prasser. Schlichtes Ablesen entspricht nicht seiner Vorstellung eines Vortrags: „Es soll während der Performance so viel Spannung zwischen mir und dem Publikum erzeugt werden, dass aus mir und dem Text ein Maximum an Rhythmik, Energie und Emotion rausgesprochen, -geschrieben und -geflüstert wird." Vor allem junge Autorinnen und Autoren experimentieren gern mit performativen Lesungsformen. Gelegenheit dazu bieten verschiedene Formate: Literatur- und Theaterhäuser laden zu Literaturperformances. Von 3 Slam, Lesebühne und Performance_ Gerade Poetry-Slams, deren Ursprünge im Chicago der 1980er-Jahre liegen, haben sich zu einer beliebten Veranstaltungsschiene entwickelt, mit der sich sowohl junge Leute in Literaturhäuser als auch Literaturinteressierte in Bars locken lassen. „Ein Poetry-Slam ist eine offene Bühne mit Wettbewerbscharakter, die Vielfalt nicht nur zulässt, sondern einfordert", erklärt Mieze Medusa, die seit zehn Jahren in der Szene aktiv ist und als „Slam-Mama" gilt. „Ob Lyrik, Prosa, Spoken Word, Kabarett, Performance, Dialekt ... alles ist erlaubt, alles ist willkommen, was man in fünf Minuten mit ► Robert Prasser: „Ich fasse Literatur als sehr sinnlich und körperlich auf" 12 Neue Wege 4 LITERATUR AUS ÖSTERREICH Sprache und Stimme machen kann." Eine gute Slam-Performance mache eines aus: „Kontakt mit dem Publikum." Darum geht es auch bei den Lesebühnen, die sich in letzter Zeit nach Berliner Vorbild in Österreich etablieren. Ein Beispiel ist die Slam-Poetry-Lesebühne am Spielboden in Dornbirn. Der Unterschied zum Poetry-Slam: Hier wird „nur zum Vergnügen, also ohne Publikumsbewertung gelesen". „Es gibt keine Benotung, das Publikum darf seine Meinung spontan und unbürokratisch kundtun - ohne Aufzeigen. Sogar Instrumente und Requisiten sind erlaubt", wirbt die Linzer Lesebühne „Original Linzer Worte". „Performative Literatur salonfähig machen" ist das Ziel der Innsbrucker Lesebühne „Text ohne Reiter". „Der Literaturbetrieb ist in den letzten Jahrzehnten zu akademisch und etwas blutleer geworden", meint die Autorin Sigrun Höllrigl. „Slam-Poetry ist die Cegenbewegung dazu. Es ist eine lebendige Erneuerungsbewegung von unten mit Mitmach-Charakter und einem Naheverhältnis zur Musik. Die neuen performativen Leseformen schaffen es, wieder breitere und junge Publikumsschichten für Sprache und Literatur zu interessieren." Höllrigl ist die Initiatorin der Veranstaltungsreihe „Art Visuals & Poetry", bei der Visual Artists in einerText-Bild-Performance gemeinsam mit Autorinnen und Autoren auftreten. Die bisherigen Veranstaltungen in Salzburg und Wien lockten rund 200 Zuseherlnnen an. „Wir stehen jedoch noch ganz am Anfang. Es ist ein sehr junges Format." Generation Multitasking Regelrechte Happenings machen somit der Wasserglaslesung Konkurrenz. Doch entsteht hier auch „ernst zu nehmende" Literatur? Auffällig ist, dass sich viele der aktiven Slammerlnnen keineswegs auf bühnengerechte Häppchentexte beschränken. Mieze Medusa aka Doris Mitterbacher hat 2008 mit dem Roman „Freischnorcheln" debütiert, der zweite Roman ist in Arbeit. Robert Prasser stellt im Frühjahr - nach seinem Erstling „Strom" - seinen zweiten Roman mit nicht minder geladenem Titel, „Feuerwerk", vor. Ähnliches gilt für Kolleginnen und Kollegen: Mit Stefan Abermann und Nadja Bucher legen zwei Slam- und Lesebühnen-Erfahrene in dieser Saison ihre Romandebüts vor. Und umgekehrt finden auch Slam-Texte Eingang zwischen Buchdeckel. Die neuen jungen Textperformer sind vielseitig. „Multitasking", bringt es Mieze Medusa auf den Punkt. Buchtipps Neues von den Textperformern. ► Robert Prasser: Feuerwerk. Klever, März 2011 War das Buchdebüt „Strom" ein Austesten des eigenen Stils, so bleibt „Feuerwerk" dem entdeckten Rhythmus treu. Autor Robert Prosser ist auch auf Slams, Lesebühnen und Performances aktiv. ► Stefan Abermann: Hundestaffel. Skarabaeus, März 2011 Eine moderne Don-Juan-Geschichte. Der Debütroman von Stefan Abermann, Ö-Slam-Sieger 2008 und Gründer der Lesebühne „Text ohne Reiter". ► Nadja Bucher: Rosa gegen den Dreck der Welt. Milena, März 2011 Ein Putzfrauenroman mit schwarzem Humor. Das Debüt von Nadja Bucher, Slammerin und Mitglied der Lesebühne „Dogma Chronik Arschtritt". ► Mieze Medusa und Markus Kohle (Hg.): Mundpropaganda. Slam Poetry erobert die Welt. Milena, März 2011 Eine Anthologie der Slam-Poetry, herausgegeben von den beiden Slam-Pionieren Österreichs. Linktipps Hier wird geslammt und performt. ► Poetry-Slam-Portal Österreichs: www.poetryslam.at ► Art Visuals & Poetry: www.poetry.or.at „Natürlich verstehe ich Autoren, die nichts von Lesungen halten, sondern sich rein auf Schreiben und Publikation konzentrieren", meint Robert Prosser, „aber um es mal ganz platt zu formulieren: Da eine Note Musik braucht, warum nicht auch Literatur Performance?" Und wer die Aufnahmen aus der Royal Albert Hall gesehen hat, muss zugeben: Auch Ernst Jandl hätte wohl nicht für derartige Begeisterungsstürme gesorgt, wenn er die„Ode auf N" auf Papier ausgeteilt hätte. r® ► Mieze Medusa: „Das Publikum dazu zu bekommen, dass es dir zuhört - das ist die Kunst der Slam-Poetry" ► Dr. Simone Kremsberger ist Mitarbeiterin des Büchereiverbandes Österreichs und Redakteurin der „Büchereiperspektiven". 13 LITERATUR AUS ÖSTERREICH ► Neue Wege Dichter von der Schulbank Von Simone Kremsberger Im angloamerikanischen Raum haben sie Tradition, in den letzten Jahren haben Schreibschulen auch in Europa einen Boom erlebt. In Österreich gibt es von der Schreibwerkstatt bis zum Studium ein breites Angebot für lernwillige Jungautorinnen. Bereits vor 20 Jahren wurde die „Schule für Dichtung" in Wien gegründet. Eigene Erfahrungen bildeten für Christian Ide Hintze den Anstoß, eine solche Schule zu eröffnen: „Friederike Mayrö-cker hat sich mit mir getroffen und eine Stunde lang mit meinen Texten beschäftigt." Den Austausch mit Autorinnen und Autoren wollte er auch anderen ermöglichen: „Bei uns kann man lernen, wie interessante Autoren selber arbeiten." Das seien vor allem Autorinnen und Autoren, die grenzüberschreitend arbeiten, etwa mit anderen Medien und Technologien. Die berühmten Lehrer reichen von H. C. Artmann bis Nick Cave. Der oft geäußerten Kritik, dass Autorinnen und Autoren von Schreibschulen „alle gleich schreiben", begegnet Christian Ide Hintze gelassen: „Ich finde es gar nicht schlecht, wenn man als junger Autor einem großen Autor begegnet, dessen Methoden kennenlernt und nachzuahmen probiert. Dann kann man immer noch seinen eigenen Ton finden." Die Schule für Dichtung setzte sich auch für die Gründung des Bachelorstudiums Sprachkunst ein, das seit 2009 an der Universität für angewandte Kunst angeboten wird. Vorstand ist Robert Schindel, es lehren Profis von Sabine Scholl bis Gustav Ernst. Von erfahrenen literarischen Autorinnen und Autoren könne man vieles lernen, so Ernst: „Schreibhaltungen, sprachliche und literarische Sensibilität, Lösungs- und Gestaltungsmöglichkeiten, Darstellungsverfahren, das Wesen literarischer (Knochen-)Arbeit, Disziplin und Selbstkontrolle, Marktbedingungen, Kritik und Kühnheit." Und was muss man selbst mitbringen? „Lern- und Arbeitseifer, Ausdauer und starke Nerven,Talent und einen,brennenden Kern'." Schreiben lernen in Österreich ► Am Institut für Sprachkunst der Universität für angewandte Kunst kann man das Schreiben unter der Leitung von Robert Schindel studieren: http://angewandte.uni-ak.ac.at ► Die Schule für Dichtung unter Leitung von Christian Ide Hintze bietet reale und virtuelle Schreibklassen an: http://sfd.at ► Die Leondinger Akademie für Literatur von Gustav Ernst und Karin Fleischanderl bietet über ein Jahr hinweg Wochenend-Workshops mit Autorinnen und Kritikerinnen: www.kolik.at/akademie.php ► Wochenend- und Sommer-Schreibwerkstätten organisiert Robert Kraner in Langschlag im Waldviertel: www.schreibwerkstatt.at ► Das Projekt schreibzeit (Institut für Jugendliteratur, Österreichischer Buchklub der Jugend, Kaiser Verlag, Dschungel Wien) richtet sich an Autorinnen, die für Kinder und Jugendliche schreiben: www.schreibzeit.at ► Die Kulturinitiative uniT der Karl-Franzens-Universität Graz bietet ein Förderprogramm für szenisches Schreiben: www.uni-t.org. Mit uniT veranstaltet auch das Schauspielhaus Wien eine Schreibklasse für Jungdramatikerln-nen: www.schausDielhaus.at Neue Wege 4 LITERATUR AUS ÖSTERREICH Prozess und Entwicklung. Ein Versuch Schreiben fängt vielleicht dort an, wo sich ein Ich gegen die Welt stellt. Von Sandra Cugic ► Sprachkunst-Studentin Sandra Cugic über die Laboratorien des Schreibens Mein Schreiben hat heimlich angefangen, das Ich hat sich erst mal in der echofreien Stille verschanzt. Immer bedeutet: Ich habe geschrieben, als ich ein Kind war, als ich vom Gymnasium auf die Modeschule gewechselt bin und auch später, als ich, rastlos von McJob zu McJob wechselnd, Jeans verkauft, Telefonmarketing gemacht, mich als Messehostess, Empfangssekretärin etc. versucht habe. Ich habe geschrieben, als ich Assistentin am Theater war und parallel, drei Mal in Folge, an der Aufnahmeprüfung für Bühnenbild gescheitert bin. Ich habe mir damals geschworen, nie an einer Kunstuniversität zu studieren. Das heimliche Schreiben war - immer - mein Begleiter. Öffentlich zugeben zu schreiben, schien mir eine Anmaßung gegen den Rest der Welt, bedeutete zugeben zu glauben, etwaszu sagen zu haben und gehört werden zu müssen. Auch wenn ich noch daran zweifelte, hatte ich mich schon von dem Wunsch gehört und gelesen zu werden verführen oder hinreißen lassen und begonnen, Texte an Wettbewerbe zu schicken. Heute studiere ich, entgegen meinem Schwur, niemals an einer Kunstuniversität zu studieren, Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst. Womit wir bei der Frage nach Prozess und Entwicklung wären, danach, was die (universitäre) Beschäftigung mit Literatur und dem eigenen Schreiben mit und aus einem Schreibenden macht. Sich und seine Texte im Studium oder in Schreibwerkstätten und Tutorien auszusetzen, verändert und schärft den Blick auf das eigene Schreiben. Bedeutet verrissen, interpretiert, vielleicht ab und an gelobt zu werden, sein eigener Kritiker zu werden, bedeutet zu untersuchen, was das eigene Schreiben können, müssen, wollen soll oder vielleicht sogar nicht mehr darf, den Satzbau und die eigenen Gedanken zu sezieren, alles aufzubrechen und immer wieder zurück auf Anfang, sich von Befindlichkeiten und Berührungsängsten abzustoßen, im Rauschen der Antworten und Fragen neue Frequenzen zu finden. Schreibwerkstätten,Tutorien und Vorlesungen sind weniger„Schu-len" als vielmehr Laboratorien, in denen vor allem Austausch und Experiment stattfinden, in denen man sowohl dekonstruiert als auch inspiriert werden kann, in denen man lernt, die Stimmen voneinander zu unterscheiden, die eigene Stimme zu hinterfragen. Dazu kommt der Balanceakt, bei all dem den Spaß, die Dringlichkeit und Unruhe des Selbst nicht zu verlieren. Sich bei all den Stimmen immer noch, in Momenten, an das Schreiben in der geschützten Heimlichkeit zu erinnern und dorthin zurückzukehren. Ich denke, es gibt keine allgemeingültigen Erklärungen, auch wenn es verführerisch wäre, sie servieren zu können, Erklärungen dafür, was richtig ist und was falsch, somit die Lösung greifbar nahe zu haben, die erlösende, ordentliche Literatur. 0 ► Sandra Gugic, geb. 1976 in Wien, ist Autorin und hat bereits mehrere Auszeichnungen erhalten, u. a. das Staatstipendium für Literatur des BMUKK. Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien. Seit 2009 studiert sie Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst. LITERATUR AUS ÖSTERREICH ► Neue Wege Achtung: Das könnte ein Blogeintrag sein Von Cornelia Trávniček ► Wie sie als Bloggerin das Internet nutzt, schildert Jungautorin Cornelia Trávniček Seit 2010 bin ich auf einmal Bloggerin. Warum ich „auf einmal" schreibe? Weil ich vorher auch schon Bloggerin war, ganz einfach weil ich meinen Blog seit November 2008 „betreibe" (wie man so sagt), allerdings hat mich niemand jemals so tituliert. Erst ungefähr seit der letzten Buchmesse in Wien, für die ich auf der offiziellen Website schreiben durfte, ist die Tatsache scheinbar anerkannt. Allerdings: Ich sehe mich selbst gar nicht als Bloggerin - für mich ist das Bloggen rein eine Fortsetzung beziehungsweise eine Ergänzung meiner schriftstellerischen Tätigkeit. Und immer mehr Kolleginnen pflegen diese Form ebenfalls. Begonnen hat diese Art zu schreiben mit einem „Praxisbericht" für die Website www.literaturcafe.de, in dem ich meine damaligen Erfahrungen mit Literatur im Internet und dem Schriftstellerinwerden für andere zusammengefasst habe. Ich habe dann ^ nach den ersten allgemeinen Beiträgen mit Themen-Beiträgen = weitergemacht und eigentlich war ein Blog nur eine logische I Fortsetzung. Obwohl ich früher nie einTagebuch führen konnte, q. £ schaffe ich es nun schon das dritte Jahr mit meinem Weblog. Die š Blogtexte haben mich von meiner Tagebuchphobie befreit und stellen für mich eine Möglichkeit dar, Erlebnisse, Gedankengänge, Überlegungen und Erfahrungen in unregelmäßigen Zeitabständen mit Gleichgesinnten und Interessierten zu teilen, ohne Einschränkungen zu unterliegen. Ist es für Schriftstellerinnen nicht irgendwie geschäftsschädigend, Texte gratis in das Internetzu stellen? In diesem Fall denke ich nicht. Für die Texte auf meinem Blog würde ich selten Geld bekommen, dennoch gibt es einige Leute, die sie gerne lesen. Ich würde sagen, (m)ein Blog liegt irgendwo zwischen privatem Notizbuch und literarischer/journalistischer Arbeit und hat vor allem den Vorteil, dass auch kritische (und manchmal weniger fachbezogene) Gedanken schnell mit einer größeren Öffentlichkeit geteilt werden können, ganz ohne dafür länger nach einer geeigneten Veröffentlichungsmöglichkeit suchen zu müssen und vor allem ohne den Druck einer fixen Kolumne und einer vorgegebenen Zeichenanzahl. Ein Blog ist eine öffentliche Spielwiese. Auf einem Blog ist aber nicht nur Platz für Berichte und Gedankengänge, auch kleine literarische Formen finden immer wieder Eingang oder werden gar extra dafür geschaffen. Nicht zuletzt deshalb lese ich gerne die Blogs meiner Kolleginnen - da man so nicht nur auf dem Laufenden ist und Informationen bekommt, die in ihrer Fülle in keiner Literaturzeitschrift Platz finden würden, sondern auch köstliche Textminiaturen entdecken kann. Hätten Sie gemerkt, dass das hier ein Blogeintrag ist? Natürlich ist dieser Text kein richtiger Blogeintrag, weil er nicht in einem Blog zu finden ist. Aber er wurde genau so geschrieben, wie ich eben meist auf meinem Blog schreibe: http://frautravnicek.wordpress.com r®-:-1 ► Cornelia Travnicek, geb. 1987 in St. Pöl-I ten, ist Autorin und hat bereits mehrere Auszeichnungen, u. a. die Autorenprämie des BMUKK, erhalten. Zuletzt erschien ihr Erzählband „Fütter mich" (Skarabaeus). Neue Wege 4 LITERATUR AUS ÖSTERREICH Hier bloggt dein Autor! Ein Weblog oder Blog ist eine Art Tagebuch im Internet, das (meist) öffentlich eingesehen werden kann. Mit einsamem Tagebuchschreiben hat Bloggen aber wenig zu tun: In der „Blogosphäre" ist man vernetzt, die Blogs dienen zum Informations- und Meinungsaustausch. durchaus interaktive Möglichkeiten: Über Kommentare oder regelrechte Diskussionen können sich die Leserinnen mit dem Blogger oder der Bloggerin austauschen. Literaturinteressierte können sich auch auf Literaturblogs auf dem Laufenden halten. Informationen aus Literatur und Wissenschaft bietet etwa der „Duftende Doppelpunkt": http://literaturblog-duftender-doppelpunkt.at. „in|ad|ae|qu|at" ist ein Online-Magazin in Blogform über Literatur, Medien, Radiokunst und vieles mehr: www.zintzen.org. Auch immer mehr Autorinnen und Autoren nutzen Blogs, um mit ihren Leserinnen und Lesern in Kontakt zu treten. Sie berichten aus dem Schriftstelleralltag, lassen das Publikum live beim Entstehen eines Romans dabei sein oder kündigen einfach ihre kommenden Lesungen undTermine an. Dabei gibt es Drei Autorenblog-Tipps von Cornelia Trávniček: ► Markus Kohle: http://dum-blog.blogspot.com ► Andrea Stift: www.andreastift.at ► Martin Fritz: http://assotsiationsklimbim.twodav.net Tyrolia-Komplett-Service für Bibliotheken Sie erhaltet! Ihre Titel verleihfertig ohne zusätzliche Kosten oder Mehraufwand. Etikettierung (Barcode und/oder Signatur), sowie Foliierung übernimmt Tyrolia für Sie. Kooperation mit LITTERA Datenaustausch zwischen dem Tyrolia Onlineshop, sowie dem Bibliotneksverwaltungs-programm LITTERA. ihre Vorteile: • vereinfachter Medieneinkauf über den Tyrolia Onlineshop (www.tyrolia.at) • automatische Übernahme der bibliographischen Daten und Bearbeitung in LITTERA P.S. Wir freuen uns, Ihre Bestellung unverzüglich entgegenzunehmen und zu bearbeiten, unser Laster auf die schnellstmögliche Lieferung TYROLIA Kontakt: TYROLIA Buch - Papier Innsbruck, Maria-Trieresien-Strafte 15 Regina Stolze-Witting, regina.stotze-witting@tyrolia.at, 0512/2233-660 LITERATUR AUS ÖSTERREICH ► Neue Wege Der Download-Verlag Interview: Simone Kremsberger Ein Digitalverlag für Erstveröffentlichungen: Drei Kreative haben eine Nische gefunden und im Jänner dieses Jahres mcpublish gegründet. Fabian Burstein vom Verlagsteam im Interview. Büchereiperspektiven: Wie kamen Sie auf die Idee, einen Verlag für ausschließlich digitale Literatur zu gründen? Fabian Burstein: Wir wollten die neuen kulturellen Möglichkeiten des Web 2.0 nutzen - und zwar ohne dabei einfach nur Altbekanntes in ein neues Gewand zu stecken. Ein Digitalverlag gepaart mit dem Erstveröffentlichungsanspruch erschien uns in diesem Zusammenhang sehr erfolgversprechend. Welche Literatur eignet sich fürs digitale Format, welche nicht? Wir stecken im hochspannenden Prozess des anfänglichen Experimentierens - deshalb können wir noch keine allgemeingültige Aussage treffen. Nur so viel: Auch Künstler aus anderen Genres in die mcpublish-Autorenschaft aufzunehmen, war mit Sicherheit ^ eine gute Entscheidung. 5 c > £ War es schwierig, Autorinnen und Autoren für Ihre Idee zu q. £ gewinnen? Persönlichkeiten sofort begeistert waren, hat uns selber einigermaßen überrascht. Ausschlaggebend war sicher das Gesamtpaket mit gewissenhafter Betreuung und tollen Kommunikationsmitteln wie zum Beispiel die eigens gedrehten Kurz-Porträts. Umso glücklicher sind wir mit dem Start-Portfolio mit Kalibern wie André Müller und Michael Stavarič. Soll österreichische Gegenwartsliteratur künftig ein Fixpunkt im Programm sein? Definitiv. Hier wollen wir auch unsere avantgardistischen Ambitionen schärfen. Alle Titel im Literaturprogramm sind als EPUB, PDF und MP3 erhältlich - was spricht dafür, Textfassung und Hörbuch parallel anzubieten? Man muss Verwertungsmuster auf den Kopf stellen, um als neuer Player für spannende Impulse zu sorgen. Sowohl Hörbuch- als auch E-Book-Markt wachsen ... warum also unnötige Wartefristen einziehen. Zu einigen Titeln gibt es Soundtracks. Was verbirgt sich dahinter? Wir, die Gründer von mcpublish, sind in vielen Genres tätig - unter anderem als Komponisten und Musiker. Dieses Wissen setzen wir ein, um unseren Produkten ein weiteres Alleinstellungsmerkmal zu geben. Außerdem kommt diese Durchmischung der Kunstgattungen wahnsinnig gut bei unseren Kunden an. ► www.mcpublish.com r 0 Wir dachten, es würde schwieriger werden. Dass so viele profilierte ► Fabian Burstein ist Schriftsteller, Filmemacher und Grabredner und hat im Frühjahr den Facebook-Roman „Statusmeldung" (Labor Verlag) veröffentlicht. Mit Ramon Rigoni und Stefan Tauber von illuminati film bildet er das Team von mcpublish. Neue Wege 4 LITERATUR AUS ÖSTERREICH Hörbuch aus Österreich Interview: Simone Kremsberger Hörbücher haben sie immer schon geliebt, heute machen sie sie selber. Die Brüder Firit haben den Mono Verlag, einen Hörbuchverlag für österreichische Literatur, gegründet. Schauspieler und Verleger Till Firit im Interview. Büchereiperspektiven: Sie haben gemeinsam mit Ihrem Bruder einen reinen Hörbuchverlag gegründet. Wie kam es dazu? Till Firit: Schon als Kinder haben wir Hörbücher geliebt. Die Technik ist heutzutage für überschaubare Summen zu haben. Und mit der Interpretation von Texten bin ich täglich im Theater beschäftigt. Während meiner Zeit am Düsseldorfer Schauspielhaus konnte ich viele Sprecherjobs machen. Hier in Wien hatte ich nicht die Möglichkeit dazu und so kam eines zum anderen. Warum nicht einfach selber machen? Den Mono Verlag gibt es seit über zwei Jahren. Haben Sie damit eine Nische gefunden? Unter marktanalytischen Gesichtspunkten kann man wohl sagen: Ja. Verglichen mit Deutschland ist die Anzahl der Hörbuchverlage in Österreich verschwindend gering: ca. 500 in Deutschland, 10 in Österreich. Andererseits wird der Markt natürlich vom Nachbarn mitbedient. Und das Inte resse am Medium Hörbuch ist hier einfach geringer. Wir können uns jedenfalls darüber freuen, in der hiesigen Verlagslandschaft wahrgenommen zu werden. immer mal lesen wollte, ist in einer guten, spannenden Interpretation eine feine Sache. Im Repertoire finden sich Schnitzler, Kafka, Horväth, aber auch zeitgenössische Autoren wie Clemens Berger. Legen Sie Ihren Schwerpunkt auf österreichische Literatur? Das kann man so sagen. Ein Standortvorteil. Anfangs haben wir stärker darauf geachtet. Mittlerweile haben wir unsere Grenzen geweitet. Wir machen Literatur, die uns interessiert. Welche Projekte sind als nächste geplant? Mit Uli Grün („Alles ist Jazz") haben wir eine Wiener Autorin, die von den Nazis deportiert und ermordet wurde. Dann veröffentlichen wir den Roman „Streichelinstitut" von Clemens Berger als Hörbuch. Das dritte ist unser bisher anspruchsvollstes Projekt: ein Hörspiel, Joseph Roths „Hiob". Wenn wir die drei Produktionen im April fertig als CDs in den Händen halten, bin ich froh. © DMITRY NAUMOV/FOTOLIA.COM Was ist der Vorzug des Hörbuchs gegenüber dem (elektronischen) Buch? Der Konsum unterwegs ist wohl das entscheidendste Argument. Die Leute werden immer mobiler. Die technischen Möglichkeiten des Hörbuch-Hörens werden immer einfacher und gebräuchlicher. Mit dem MP3-Player kann man eine riesige Hörbuchsammlung dabei haben. Für viele Leute ist aber auch entscheidend, dass ihnen jemand die Inhalte schön aufbereitet. Ein Klassiker, den man schon ► www.monoverlag.at 0 ► Till Firit ist Schauspieler im Ensemble des Volkstheaters Wien. Gemeinsam mit seinem Bruder, dem Redakteur Ben Firit, hat er den Mono Verlag gegründet, den er mit Kai Jelinek leitet. LITERATUR AUS ÖSTERREICH ► Digitale Angebote Austrian Literature Online Digitales Handbuch der österreichischen Literaturgeschichte. Von Jana Sommeregger 20 Die Plattform „Austrian Literature Online" (ALO) macht österreichische Literatur im Internet zugänglich. Theodor HerzlsTagebücher, Bertha von Suttners Schriften, Franz GrillparzersTheaterstücke: All diese Dokumente können mittlerweile als Faksimiles online bestaunt werden. Seit 2002 digitalisieren die Universitäts- und Landesbibliothek Tirol, die Universitätsbibliothek Graz und die Johannes-Kepler-Universität Linz in einem Gemeinschaftsprojekt österreichische Bücher und Dokumente für das Portal „Austrian Literature Online" (ALO). Mehr als 15.000 literarische, historische und wissenschaftliche Dokumente können unter www.literature.at bereits abgerufen werden. Somit ist ALO derzeit neben der digitalen Zeitungssammlung ANNO („Austrian Newspapers Online", ein Projekt der Österreichischen Nationalbibliothek) die weltweit größte Bibliothek mit österreichischen Inhalten im Netz. Open Access_ Erste Überlegungen für das Portal, das sich der Open-Access-Bewegung verpflichtet fühlt, gehen auf das Jahr 1998 zurück. Der Prototyp entstand 1999, damit war man dem derzeitigen Digitalisierungstrend in Bibliotheken und auf dem Buchmarkt um gut zehn Jahre voraus. Im März 2002 ging ALO schließlich online - ganz ohne fixes Budget oder Regelfinanzierung, wie Günter Mühlberger, Leiter der Abteilung für Digitalisierung und elektronische Archivierung an der ULB Tirol, hervorstreicht. „ALO war der erste Versuch hierzulande, eine allgemeine digitale Bibliothek mit frei zugänglichen Dokumenten aufzubauen. Wir konnten uns damals noch nicht vorstellen, wie schnell und umfassend sich die Massendigitalisierung entwickeln würde. Durch die Entwicklungen der letzten Jahre sehen wir uns in unserem Projekt bestätigt", erzählt Mühlberger, der das Portal von der ersten Idee bis heute begleitet und betreut. Seit dem Start wird ALO von den beteilig- ten Institutionen - der UB Graz, der UB Innsbruck, dem Institut „Integriert Studieren" der Uni Linz sowie der ÖNB - befüllt. Die Datenbank umfasst neben Textdokumenten Grafiken, Ansichtskarten und mittelalterliche Manuskripte. Derzeit feilt die Projektgruppe von ALO an den Feinheiten der Datenbank. Die Browserkompatibilität und Volltextsuche sollen in Zukunft noch genauer funktionieren, die Indexierung durch Google und andere Suchmaschinen soll verbessert werden. Erstausgaben Das Herzstück der Sammlung sind österreichische Literatur und Frauenliteratur, weitere Schwerpunkte bildenTirolensia, Styriaca und Reiseberichte. Insgesamt reicht die zeitliche Spanne der angebotenen Dokumente vom 11. Jahrhundert bis in die Gegenwart. „Die Benutzer können mit ALO auf Werke zugreifen, die sonst nur schwer oder gar nicht zugänglich sind", so Mühlberger. Ein Mausklick genügt, und schon kann etwa in den wertvollen Erstausgaben von Rainer Maria Rilkes „Dui-neser Elegien" (1923) oder im brandrot gebundenen Plädoyer „Die Waffen nieder!'" (1889) der Friedensaktivistin Bertha von Suttner geblättert werden. Das Anwendungsprinzip von „Austrian Literature Online" ist einfach: Mittels Volltextsuche können alle Bücher, auch solche, die noch in Fraktur gesetzt sind, nach Stichworten durchsucht werden. Ein elektronisches Bücherregal, geordnet nach der Österrei V i Digitale Angebote 4 LITERATUR AUS ÖSTERREICH chischen Systematik für Öffentliche Bibliotheken, ermöglicht außerdem das virtuelle Stöbern in den Beständen. Alle Dokumente stehen entweder in digitalisierter Form (als eingescannte Buchseiten) oder als PDF zur Verfügung. Auf diese Weise kann ein authentischer Blick ins Buch geworfen werden: Paratexte, Illustrationen, Stempel, Anmerkungen und Satz bleiben erhalten. ► Die Sammlung bietet Alltagskultur (o.) und schöne Literatur wie Oswald von Wolkensteins Liederhandschrift B (Ii.] Alltaqskultur Mehrere Hundert Benutzerinnen besuchen täglich das Portal, laufend kommen Sammlungen und neue Dokumente dazu. Neben schöner Literatur aus dem 19. und 20. Jahrhundert bietet ALO aktuelle Diplomarbeiten, Dissertationen und Zeitschriften. Es stehen aber auch Sammlungen bereit, die sich um die Vermittlung historischer Alltagskultur bemühen. So werden hier Wissenschafterinnen, Geografie- oder Geschichtsinteressierte fündig - aber auch Alpin-Sportlerlnnen und Gourmets. Seit letztem Jahr wurden die Zeitschriften des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins mit 56 Jahrgängen eingespielt, und in der Sammlung historischer Kochbücher können sich Interessierte über Kochkünste vergangener Zeiten informieren und Rezeptideen aus der „Küchenmeisterey" des 16. Jahrhundert, dem „Bürgerlichen Wiener Kochbuch" (1927) oder dem Kochbuch der „Deutschen Dampffischerei-Gesellschaft" (o. J.) holen. Literarische Höhepunkte Anlässlich des dritten Geburtstages von ALO wurde die kostbare Liederhandschrift B von Oswald von Wolkenstein digitalisiert und in die Datenbank eingespielt. Die berühmteste Handschrift der UB Innsbruck stammt aus dem Jahr 1432. Mit der Digitalisierung wird den Besucherinnen von ALO Einsicht in einen Höhepunkt deutscher Lyrik des Spätmittelalters gewährt, inklusive aller Illustrationen und den Zeichen der Zeit. Besonders attraktiv für Literatur-Liebhaberinnen ist die Spezial-sammlung „Schöne Literatur aus Österreich: Die 1000 wichtigsten Bücher", die schon seit der Anfangsphase das Portal bereichert. Sie stellt Belletristik bis 1930 vor, welche die moderne österreichische Literaturgeschichte prägte. Hier finden sich Werke von Hugo von Hofmannsthal, Karl Kraus, Arthur Schnitzler, Betty Paoli u. v. m. Mit den digitalisierten Faksimiles wird ein atmosphärischer Einblick in die Zeit der Jahrhundertwende vermittelt und ein virtueller „Spaziergang" durch die Wiener Kaffeehausliteratur möglich. Dagegen wird in der„Tirolensia nova" benannten Sammlung zeit-genössischeTiroler Regionalliteratur seit den 1980er-Jahren vorgestellt. Sie umfasst rund 50 belletristische und lyrische Titel, darunter Romane und Erzählungen von Rosemarie Thüminger, Helmuth Schönauer, Walter Klier und Alois Schöpf. Somit ist der Bogen vom Mittelalter bis zur neueren Literatur schön gespannt - und das Portal ALO sozusagen ein digitales Handbuch der österreichischen Literaturgeschichte. 0 ► Mag.3 Jana Sommeregger ist Mitarbeiterin des Büchereiverbandes Österreichs. 21 LITERATUR AUS ÖSTERREICH ► Digitale Angebote Austrian Books Online Interview: Simone Kremsberger ÖNB-Ceneraldirektorin Johanna Rachinger über das größte Digitalisierungsprojekt österreichischer Literatur. Büchereiperspektiven: Mit „Austrian Books Online" wird der historische Buchbestand vom 16. bis zum 19. Jahrhundert digitalisiert und im Internet zugänglich gemacht. Welches Hauptanliegen verfolgen Sie mit dem groß angelegten Projekt? Johanna Rachinger: Die Partnerschaft mit Google ermöglicht es der Österreichischen Nationalbibliothek, ihren bedeutenden Altbestand zu digitalisieren und einem weltweiten Publikum online zugänglich zu machen. Das Projekt unterstützt somit eines der wichtigsten strategischen Ziele unseres Hauses, die Bestände uneingeschränkt und rasch einem größtmöglichen Benützerlnnenkreis zur Verfügung zu stellen. ► Johanna Rachinger möchte österreichische Literatur für ein weltweites Publikum zugänglich machen Für das Projekt sind Sie einen Vertrag mit Google eingegangen. Wie kam die Partnerschaft zustande? Wir sind von uns aus an Google herangetreten, nachdem wir gehört haben, dass bedeutende amerikanische Bibliotheken mit Google kooperieren. Wir haben drei Jahre verhandelt, weil wir ein für die Österreichische Nationalbibliothek bestmögliches Ergebnis erreichen wollten, was uns auch gelungen ist. Google hat kein Monopol auf die Inhalte und übernimmt sämtliche Kosten vom Transport über die Versicherung bis hin zur Digitalisierung. Außerdem müssen die Inhalte kostenfrei zurVerfügung gestellt werden. Inwiefern profitiert die Österreichische Nationalbibliothek, und welche Vorteile hat Google von der Kooperation? Der Vorteil für die Österreichische Nationalbibliothek liegt klar auf der Hand: Durch die Partnerschaft mit Google kann die Digitalisierung des historischen Buchbestandes in einem Umfang vorangetrieben werden, der andernfalls mit eigenen Mitteln undenkbar gewesen wäre. Wir reden von 600.000 Büchern und einem Volu- men von 40 Millionen Euro. Es handelt sich um die größte Public-private-Partnership, die es im Kulturbereich in Österreich jemals gab. Und Google kommt seinem Ziel, Bücher in allen Sprachen weltweit auffindbar und durchsuchbar zu machen, einen wesentlichen Schritt näher. 600.000 Werke werden digitalisiert. Welche Schätze befinden sich darunter? Die rund 44.000 Drucke des 16. Jahrhunderts gehören zum wertvollsten Bestand der Bibliothek. Neben weltberühmten Büchern wie der ersten vollständigen Übersetzung der Bibel ins Deutsche durch Martin Luther (1534) zählen dazu auch die ersten in Wien hergestellten Drucke, darunter das „Wiener Heiltumsbuch" von 1502, das nicht nur einzigartig ist, sondern auch eine der ältesten Darstellungen des Wiener Stephansdoms enthält. Aufgrund ihrer historischen Rolle besitzt die Österreichische Nationalbibliothek aber auch bedeutende und umfangreiche Bestände aus dem ost- und südosteuropäischen Raum. Nach der slowenischen Nationalbibliothek ist sie etwa die reichste Fundstätte südslawischer, vorwiegend slowenischer Reformationsdrucke. Die Österreichische Nationalbibliothek besitzt ebenso den ältesten Druckin bulgarischerSprache.Am umfangreichsten sind Werke in tschechischer Sprache vertreten. Außerdem zählt unser Haus zu den wenigen Institutionen außerhalb Ungarns, die bedeutende Hungarica-Bestände besitzen. Ab März werden die ersten Bücher eingescannt. Wie läuft das konkret ab? Bevor Bücher zum Scannen gelangen, sind einige Vorarbeiten zu leisten, darunter die Auswahl, Aushebung, ► Das Wiener Heiltumsbuch (1502) mit einer der ältesten Darstellungen des Stephansdoms Digitale Angebote 4 LITERATUR AUS ÖSTERREICH Vorbereitungen wie z. B. konservatorische Maßnahmen und ergänzende Katalogisierung, was angesichts der Anzahl der in Frage kommenden Bände einen großen Aufwand darstellt. Erst nach diesen Vorarbeiten werden die Bücher in das Digitalisierungszentrumtransportiert. Nach der eigentlichen Digitalisierung kommen sie wieder an ihren ursprünglichen Platz in den Regalen zurück. Wann kann man die ersten digitalisierten Bücher abrufen und wo findet man die Bücher im Netz? Die digitalen Kopien der Bücher werden mit dem Online-Katalog der Österreichischen Nationalbibliothek verlinkt. Im Laufe der nächsten sechs Jahre werden die digitalisierten Werke durch einen einfachen Klick über den Online-Katalog abruf bar gemacht. Es ist geplant, in Zukunft weitere digitale Services zu entwickeln und allen Benutzerinnen eine möglichst umfassende Arbeitsumgebung zum digitalen Bestand zur Verfügung zu stellen. Sämtliche im Rahmen des Projekts digitalisierten Werke der Österreichischen Nationalbibliothek werden auch über „Google Bücher" auffindbar und benutzbar sein. Geplant ist, die Werke auch über „Europeana" (www.europeana.eu), die Europäische Digitale Bibliothek, zugänglich zu machen. 600.000 Bücher werden eingescannt und online verfügbar gemacht ' Wer wird in erster Linie von den Büchern im Netz profitieren - Wissenschaftlerinnen oder auch „Nor-I malleserlnnen"? f Wissenschaftlerinnen, Studentinnen und alle anderen I Benutzerinnen der Österreichischen Nationalbiblio-' thek werden einen direkten Zugang zu Hunderttausenden, zuvor oft schwer auffindbaren und eingeschränkt benutzbaren Werken bekommen. Es ist zu erwarten, dass in Zukunft neue Werkzeuge und computerunterstützte Verfahren wie Text-Mining zu Analyse und wissenschaftlicher Erforschung zur Verfügung stehen werden. So werden etwa sprachgeschichtliche Forschungen auf ein riesiges Textkorpus zugreifen können. Literaturwissenschaftlerlnnen werden neue Möglichkeiten haben, z. B. literarische Einflüsse zu untersuchen, Historikerinnen werden mit neuen Instrumenten wichtige historische Quellen prüfen können. Das Projekt leistet damit einen großen Beitrag zur Unterstützung von Wissenschaft, Forschung und Unterricht. Welche weiteren Digitalisierungsprojekte planen Sie? Wir planen verstärkt den Ausbau unseres höchst erfolgreichen Zeitungsportals ANNO, aber auch die Weiterführung der Digitalisierung aller Plakate der Österreichischen Nationalbibliothek. Darüber hinaus definieren wir heuerweitere Digitalisierungsstra-tegien, die wir in den kommenden Jahren umsetzen wollen, und evaluieren zu diesem Zweck infrage kommende Sammlungsbestände, ich denke hier z. B. an die reichhaltigen Bestände der Kartensammlung. Wo ist die Grenze - was soll oder kann nicht digitalisiert werden? Einschränkungen finden sich einerseits im rechtlichen, anderseits im konservatorischen Bereich. Sowohl im Rahmen der Partnerschaft mit Google als auch bei unseren anderen Digitalisierungs-initiativen werden ausschließlich urheberrechtsfreie Werke digitalisiert. Der Vertrag zwischen der Österreichischen Nationalbibliothek und Google schließt die Digitalisierung von urheberrechtlich geschützten Werken explizit aus. Die zweite Einschränkung stellt in einigen Fällen der konservatorische Zustand einzelner Werke dar. Manche Werke können aufgrund ihres Erhaltungszustandes nicht digitalisiert werden. „Austrian Books Online" macht ein Stück österreichischer Kulturgeschichtezugänglich. Kommen wir noch zu einem ganz anderen Projekt: Mit einem Literaturmuseum soll österreichische Literaturgeschichte anschaulich werden. Wie stehen die Pläne hier? Unsere Planung zur innenarchitektonischen Gestaltung des Museums sowie Konzepte zur Bespielung des Hauses liegen bereits vor, auch die Finanzierung ist gesichert. Bis 2014 soll die Sanierung des Gesamthauses abgeschlossen sein, sodass wir das Museum 2015 eröffnen können. ® ► Dr. Johanna Rachinger ist Generaldirek-I torin der Österreichischen Nationalbibliothek. I_II_I 23 LITERATUR AUS ÖSTERREICH ► Digitale Angebote ► Digitale Bibliotheken bringen alte Texte und neue Medien zusammen Stöbern, schmökern, forschen Was Österreichs Archive und Bibliotheken online zu bieten haben. P Digitaler Lesesaal Der „Digitale Lesesaal" der Österreichischen Nationalbibliothek bietet Zugang zu den bislang digitalisierten Beständen: von Zeitungen über historische Dokumente bis zu Belletristik. Die Kernstücke bilden die umfangreichen Sammlungen ANNO und ALEX. ANNO (Austrian Newspapers Online) ist der virtuelle Zeitungslesesaal der Österreichischen Nationalbibliothek. Hier kann in historischen österreichischen Zeitungen und Zeitschriften geblättert und gelesen werden. Die Suche ist nach Datum oder Zeitungstitel möglich, an einer thematischen Suche wird gearbeitet. Über sechs Millionen Seiten sind bereits online. ALEX hingegen ist der digitale Lesesaal für Gesetze. In historischen österreichischen Rechts- und Gesetzestexten kann online geblättert, gelesen und gesucht werden. Für Schülerinnen, Studierende, Wissenschafterinnen und alle, die sich für die Wurzeln des heutigen Rechtsstaats interessieren. Geschichts- und Politikinteressierten bietet das Archiv 1848 Flugblätter, Textplakate und vieles mehr zur Revolution in der Habsburgermonarchie. Nicht nurTexte sind im digitalen Lesesaal erfasst: Im Bildarchiv Austria kann man zeithistorische Bilder betrachten - von Fotografien der Kaiserin Elisabeth bis zu Plakaten der Jahrhundertwende. 24 Digitale Angebote 4 LITERATUR AUS ÖSTERREICH Ein Schwerpunkt liegt auf feministischer Literatur: Cherchez la femme versammelt frauenspezifische Nachschlagewerke vor 1918, Frauen in Bewegung Dokumente der österreichischen Frauenbewegung von 1848 bis 1918. Hier kann man auch in historischen Frauenzeitschriften stöbern. Unter Frauenwerke finden Leserinnen und Leser Belletristik österreichischer Schriftstellerinnen von der Jahrhundertwende bis zu den 1930er-Jahren: Marie von Ebner-Eschenbach ist ebenso vertreten wie Rosa Mayreder. Weitere Schätze bergen diese Special-Interest-Sammlungen: 100 Frühdrucke des Esperanto versammelt Publikationen von 1887 bis 1900, darunter einige Unikate. Die Hofmeister Monatsberichte bieten Musikalienverzeichnisse. Alle unter: www.onb.ac.at/bibliothek/digitaler lesesaal.htm Zeitunglesen im Web auch Faksimiles, sind mit Volltextsuche ausgestattet und für die Öffentlichkeit mit kostenloser Registrierung frei zugänglich. Online-Editonen von „Fackel" und „Brenner" unter: www.aac.ac.at/apps digital editions.html ► arbeiter-zeitung.at Die „Arbeiter-Zeitung" bildet ein Stück Geschichte ab: Gegründet 1889 von Victor Adler als sozialistisches Zentralorgan, hatte sie Einfluss in ganz Europa und begleitete nach 1945 den österreichischen Wiederaufbau. Alle Ausgaben von 1945 bis 1989 wurden in einem Projekt von Kaltenbrunner-Medienberatung und der Agentur scharf_net mit dem Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität Klagenfurt in einem Web-Archiv zugänglich gemacht. Damit stehen erstmals retrodigitalisierte Ausgaben einerTageszei-tung über mehr als vier Jahrzehnte frei im Web zur Verfügung. Offenes Online-Archiv der „Arbeiter-Zeitung" unter: www.arbeiter-zeitung.at ► Austrian Academy Corpus Das AAC -Austrian Academy Corpus ist ein Projekt der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Texte zur deutschen Sprache und Literatur von 1848 bis 1989 werden digitalisiert, um sie philologisch zu bearbeiten, auszuwerten und zu interpretieren. Vorzeigeprojekte sind die berühmte Satirezeitschrift „Die Fackel" von Karl Kraus sowie Ludwig von Fickers Halbmonatsschrift „Der Brenner" als Online-Editionen. Sie bieten sowohl digitalenText als IM 5£.« - C—-— » — ■ EKlMt'AuJsabr w ärtra-Ausgabe Wbcitfr&iluna Je Hl ist Österreich Frei OUT* inhnrfb* Literatur zum Hören * Österreichische Mediathek Die Österreichische Mediathek, die im Vorjahr ihren 50. Geburtstag feierte, bietet einem breiten Publikum Zeitgeschichte in Bild und Ton. Eine Web-Edition, die viele Tausend AV-Medien umfassen soll, ist in Vorbereitung. LITERATUR AUS ÖSTERREICH ► Digitale Angebote Ein Highlight für Literaturliebhaberinnen sind die „Akustischen Galerien": In ihrem Wortarchiv bewahrt die Österreichische Mediathek wertvolleTondokumente aus den Bereichen Literatur, Kabarett und Literaturwissenschaft auf. Dabei handelt es sich vor allem um unveröffentlichte Aufnahmen von Autorenlesungen, Symposien und Interviews. Anhören kann man Lesungen von Friedrich Torberg, Ingeborg Bachmann, Peter Handke, Ernst Jandl und Friederike Mayröcker wie auch wissenschaftliche Vorträge von Anna Freud, Theodor W. Adorno oder Erwin Schrödinger. „Akustische Galerien" und vieles mehr unter: www.mediathek.ac.at Forschen im WWW ► Suchmaschine für wissenschaftliche Literatur Einen neuen Service für Studierende und Wissenschaftlerinnen bietet der Österreichische Bibliothekenverbund (OBV) mit einer umfassenden Datenbank für wissenschaftliche Literatur. Die Suchmaschine erfasst rund acht Millionen Titel und 500.000 inde-xierte digitale Dokumente aus über 80 bibliothekarischen Einrichtungen. Links führen zu online verfügbaren Inhalten (Volltexte, Inhaltsverzeichnisse, Abstracts) sowie bei Print-Ausgaben zu den jeweiligen Standorten in Wissenschaftlichen Bibliotheken Österreichs. Im Bereich „Hochschulschriften" kann nach österreichischen akademischen Abschlussarbeiten - teilweise bis auf Voll- textebene - recherchiert werden. Web-2.0-Funktionalitäten bieten schließlich Verknüpfungen zu Google Books, Wikipedia,Twitter, Facebook, MySpace und weiteren Social-Media-Diensten. Hier geht es zur Suchmaschine: http://search.obvsg.at/OBV jobv 1 UDi.g.Ui.ni.HÜ.HHI •«»«! + + _ ■ 3 ► Recherche-Tool für Nachlässe Die Österreichische Nationalbibliothek bietet Forscherinnen und Forschern ein Recherche-Tool für künstlerische und wissenschaftliche Nachlässe in Österreich. 6000 Nachweise zu Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur und Wissenschaft sind erstmals gesammelt auf einem Internetportal abrufbar. Auf Knopfdruck lässt sich herausfinden, wo Ingeborgs Bachmanns Nachlass oder Gerhard Roths Vorlass zu finden sind. Die Nachlässe werden inhaltlich und mit Angaben zu Umfang und zeitlicher Einordnung vorgestellt. Ein Personenlexikon bietet Kurzbiografien. Die wichtigsten Informationen zur Datenbank und ihrer Benützung werden auch in englischer und französischer Sprache bereitgestellt. Das Recherche-Tool finden Sie hier: http://opac.obvsg.at/nlv VvrzukhriT der hünsttcrifthari, wissorschaftlkhfln und kulttapaJIHitheii HdehlJuse In ÖJtemMth hnj»1cr at Arlklk, ] itrrrtr^r hciHlriiüc ml CiJl i irvtl-k-GJitioir l-hlrilrn. h> terra*« unteicuKi«) o* «ras Im Auftrag cf: 1 _t*Scli < 'i *-l it, VaUfM MC-] fciiMU«» d» tun * J.ii 'ji.u 4 ■ ■< am rr j -. - i :-. i. ■ 1 ■ ' ! ■ j IMVMIMfe Mar*. j (»EN mKim rulümilÄfc]**, Hill 26 Digitale Angebote 4 LITERATUR AUS ÖSTERREICH WerWieWas? Autorenlexikon im Netz Sie wollen mehr über einen Schriftsteller wissen? Sie suchen eine Autorin für eine Veranstaltung oder Hintergrundinformationen zu einem bestimmten Buch? Wir verraten, wo Sie Informationen zu Autorinnen und Autoren im Netz finden. Das Literaturhaus Wien bietet auf seiner Website eine Übersicht über österreichische Autorinnen und Autoren mit Informationen zu Biografie und Werk. Viele Schriftstellerinnen betreiben auch eigene Websites, zu denen verlinkt wird. ► www.literaturhaus.at fBuchmagazin - Österreichische Autorinnen) Auf einer gemeinsamen Plattform stellen sich österreichische Kriminalschriftstellerinnen mit Biobibliografie und Kontakt-miöglichkeitvor. Die Krimiautorinnen präsentieren sich auf einer eigenen Website mit Porträts, Informationen zu Neuerscheinungen und aktuellen Leseterminen. ► www.krimiautoren.at bzw. www.krimiautorinnen.at Schriftstellerinnen aus dem Bereich Kinder- und Jugendliteraturstellen sich auf der Website der IC Lesen vor. Hier finden Sie Kontaktmöglichkeit, Interviews, Leseproben, Bildergalerien und vieles mehr. ► www.ig-lesen.at/autorinnenportraets Und wie die Autorinnen und Autoren schließlich aussehen, können Sie aufliteraturfoto.net recherchieren. Der Fotograf Marko Lipus hat bereits viele österreichische Schriftstellerinnen abgelichtet. ► www.literaturfoto.net Seriöse und innovative Softwarelösungen für Bibliotheken! Erwerb über buchmedia Webshops^ bereits bei 21 TYROLIA Filialen aktiv edu.card Anbindung kombinierter Leserinnen- und Schülerinnenausweis Lieferung der Bücher: -mit Barcodes -mit Signatur -mit Foliierung möglich LITTERA Software & Consulting GmbH A-6067 Absam, Salzbergstraße 17 LITTERA LITTERA Bibliotheksverwaltung mit RFID Technolgie Service Nummern: Tel: 05 0765 000, Fax: 05 0765 118 Mail: office@littera.eu www.littera.eu LITERATUR AUS ÖSTERREICH ► Service Autorinnen-Pool für Bibliotheken Von Simone Kremsberger ► Spannende Veranstaltungen locken auch junge Leserinnen in die Bibliotheken Sie wollen Ihren Wunschautor oder Ihre Wunschautorin zu einer Lesung einladen? Wir unterstützen Sie dabei. Bibliotheken sind beliebte Lesungsorte. Speziell in der Woche von „Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek" von 17. bis 23. Oktober 2011 finden landesweit Veranstaltungen in den Bibliotheken statt. Damit Sie ein spannendes Programm von Romanlesungen über Sachbuch-Vorträge bis zu Workshops für Kinder und Jugendliche gestalten können, unterstützt Sie der Büchereiverband Österreichs mit einem Autorinnen-Pool. Renommierte österreichische Autorinnen und Autoren aus den Bereichen Belletristik, Sachliteratur und Kinder- und Jugendliteratur haben sich bereit erklärt, vermehrt für Lesungen in den Bibliotheken ^ zurVerfügung zu stehen. 5 c > £ ► Belletristik q. £ Im Belletristik-Pool finden sich namhafte Schriftstellerinnen von a. i Barbara Frischmuth bis Robert Schindel. Viele der Autorinnen und Autoren im Pool stellen heuer Neuerscheinungen vor: Friedrich Ach-leitner legt im Herbst neue Dialektgedichte vor. Sabine Cruber und Margit Schreiner veröffentlichen im August neue Romane. Im Pool befinden sich auch der junge Autor Clemens J. Setz, der für „Die Liebe des Mahlstädter Kindes" soeben mit dem Leipziger Buchpreis ausgezeichnet wurde, und Thomas Clavinic mit „Lisa" (siehe Kritikerumfrage auf S. 10). Mit Alfred Komarek, Bernhard Aichner und Eva Rossmann u. v. m. sind beliebte Krimiautorinnen an Bord. ► Sachliteratur Im Bereich Sachbuch ist Christian Mähr, dessen Porträt zwölf chemischer Substanzen „Von Alkohol bis Zucker" als Wissenschaftsbuch des Jahres ausgezeichnet wurde, im Pool (siehe Interview auf S. 35). Ebenso Susanne Scholl, die in „Allein zu Haus" die Schicksale von Menschen schildert, die in Österreich Hilfe vor Elend und Verfolgung in ihren Heimatländern suchen. Jakob Steinschaden, Autor von „Phänomen Facebook", bietet einen Vortrag über das wohl berühmteste soziale Netzwerk. Service 4 LITERATUR AUS ÖSTERREICH ► Kinder- und Jugendliteratur Neu ist der der Pool der Kinder- und Jugendbuchautorinnen. Kathrin Steinberger, ausgezeichnet mit dem Österreichischen Jugendbuchpreis, steht für Lesungen aus dem Rotkreuz-Roman „Die Brüder von Solferino" zur Verfügung (siehe Buchtipp auf S. 36). Patrick Addai bietet Lesungen mit Trommelmusik undTanz, Renate Habinger liest und zeichnet mit Kindern. Mieze Medusa, Profi in Sachen Poetry-Slam (siehe Beitrag auf S. 12/13), bietet Slam-Workshops für Jugendliche All diese Autorinnen und Autoren - und viele mehr-finden Sie im Autorinnen-Pool zu „Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek". Weitere Informationen auf der Website www.oesterreichliest.at. Wir beraten Sie gerne! „Wo Menschen sich willkommen fühlen Drei Autorinnen aus dem Pool über das Lesen und die Bibliotheken. ff Renate WelshJ Nach einer Lesung mit einer 3. Klasse sagte ein Bub:,Ich geh gern in die Bücherei, weil die Bib-li-o-the-karin' - mit Bib-li-o hatte er Schwierigkeiten, der Name Karin war ihm offenbar schon vorher vertraut gewesen - ,sich immer freut, wenn ich komm.' Ich glaube, dass es viele Bibliotheken gibt, wo Menschen sich willkommen fühlen, und an solchen Orten ist es auch leichter, sich für die Auseinandersetzung mit Büchern zu öffnen und miteinander ins Gespräch zu kommen. 4 Stefan Slupetzky | j j Büchereien sind die öffentlichen Wasserstellen der wirklich Literaturdurstigen, also jener, denen es nicht um den Besitz der Flasche, sondern um den Genuss des Inhalts geht. Schon deshalb ist man hier als vortragender Schriftsteller gut aufgehoben. \% Julya Rabinowich ff Allein die Erinnerung an mich, die, noch im ordentlichen Schüler-, aber leider noch Staaten- und taschengeldlosen Status voller Gier über die bunten Kinderbuchrücken fuhr, die ich mir alle, alle! ausborgen konnte und die mir damals Freund und Ansprache gewesen sind ... und mir nebenbei zum Rauriser Literaturpreis verhol-fen haben, da ich hauptsächlich beim Lesen Deutsch erlernte. % 29 LITERATUR AUS ÖSTERREICH ► Service Lesemonat Apri Vom Andersentag bis zum Welttag des Buches hat der Lesefrühling einiges zu bieten. Andersentag Mit dem Andersentag wird der „Lesemonat April" eingeleitet: Am Geburtstag des dänischen Märchendichters Hans Christian Andersen am 2. April wird der internationale Tag der Kinder- und Jugendliteratur gefeiert. In Schulen, Buchhandlungen und Büchereien wird gemeinsam gelesen, Autorinnen und Autoren kommen zu Besuch und mit Spielen, Rätseln und Animationen werden neue Zugänge zur Literatur entdeckt. Zum Andersentag werden acht besondere Bücher aus österreichischen Kinderbuchverlagen empfohlen. Auszüge daraus gibt es in einem Lesebuch, das an diesem Tag - neben Lesezeichen und Gewinnspiel-Foldern - in Buchhandlungen und Bibliotheken an junge Leserinnen und Leser verteilt wird. Welttag des Buches Höhepunkt des Lesemonats ist der Welttag des Buches am 23. April, mit dem die UNESCO das Buch und das Lesen fördern will. Zahlreiche Büchereien beteiligen sich mit Veranstaltungen. An diesem Tag werden in vielen Bibliotheken und Buchhandlungen Anthologien an die Leserinnen und Leser verschenkt. Der Band, der vom Schauspieler und Kabarettisten Wolfgang Böck mitherausgegeben wurde, steht unter dem Motto „Erlesenes Menü" und versammelt Texte von Altenberg bis Highsmith. Der Büchereiverband Österreichs beteiligt sich an beiden Aktionen in Kooperation mit dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels. Weitere Informationen: Informationen zum Andersentag, zu den Andersentag-Büchern und Cewinnspiel: www.andersentag.at Informationen zum Welttag des Buches, zum Geschenkbuch und Termine: www.welttag-des-buches.at 30 BÜCHER 11/ AS Ihr persönlicher Buchhändler Schulbuch, Bibliotheksausstattung/ Foliieren von Büchern, Tauch I iteratur und vieles mehr... Bücher AS Andreas Schornböck Roseggergasse 11 3001 Mauerbach Austria Tel.: +43 1 865 55 52 Fax: +43 1 865 55 52 - 11 Mobil: +43 664 925 88 74 E-Mail: office@buecheras.at www.buecheras.at LITERATUR AUS ÖSTERREICH ► Service Literatur zum Thema Von Simone Kremsberger Bruchlinien Die Vorträge des Germanisten Wendelin Schmidt-Dengler über österreichische Literatur prägten wohl ganze Generatio- Wendelin Schmidt-Dengler Bruchlinien VorlnHunqon zur □ntnrralchknchan Literatur 1945 bis 1590 Ree4{f$nz Vorlag nen werdender Literaturwissenschaftle-rlnnen. Mit Verve, bewährtem Schnell-sprech und schier enzyklopädischem Wissen zeichnete er die „Bruchlinien" in der Literaturgeschichte Österreichs seit 1945 nach und brachte seinen Zuhörerlnnen die Besonderheiten der österreichischen Literatur nahe. Wer den Vorlesungen des 2008 verstorbenen Professors, Vorstands des Wiener Germanistikinstituts und Leiters des Österreichischen Literaturarchivs nicht selbst beiwohnen konnte, kann sie nun nachlesen: 2010 erschien eine Neuausgabe seines Vorlesungsbandes. Darin findet sich die österreichische Nachkriegsli- teratur von Ilse Aichinger bis Christoph Ransmayr in beispielhaften Interpretationen der wichtigsten Werke, stets im gesellschaftspolitischen Kontext betrachtet. Ein geistreiches und zugleich unterhaltsames Werk, das Lust auf Literatur macht. Schmidt-Dengler, Wendelin : Bruchlinien : Vorlesungen zur österreichischen Literatur 1945 bis 1990 / Wendelin Schmidt-Dengler. - 3., korrigierte Aufl. - St. Pölten; Salzburg : Residenz-Verl., 2010 . - 559 S. ISBN 978-3-7017-3179-4 fest geb.: EUR 34,90 Österreichische Literatur seit 1945_ Der Germanist Klaus Zeyringer, ein fundierter Kenner der österreichischen Lite- Österreichische Literatur seit 1945 Überblicke, Einschnitte, Wegmarken Ergänzte und aktualisierte Neuausgabe ratur, bietet einen umfassenden Einblick in das literarische Geschehen Österreichs von 1945 bis in die Gegenwart. In einem Streifzug durch 60 Jahre Literaturgeschichte analysiert er die wichtigsten Tendenzen, Entwicklungen und Debatten sowie die Kontinuitäten und Einschnitte in der österreichischen Literatur. Der Band dient Studierenden, Wissenschaftlerinnen ebenso wie interessierten Laien als nützliches Nachschlagewerk und Grundlage zur Orientierung in der österreichischen Literatur der Zweiten Republik. Derzeit bereitet der Autor gemeinsam mit Helmut Gollner eine umfassende Literaturgeschichte Österreichs seit 1650 vor (siehe Vorabdruck auf S. 6/7). Zeyringer, Klaus : Österreichische Literatur seit 1945: Überblicke, Einschnitte, Wegmarken / Klaus Zeyringer . - Umfassend Überarb. Neuausg. -Innsbruck ; Wien [u.a.] : StudienVerl. , 2008 . - 570 S. ISBN 978-3-7065-4616-4 kart. : EUR 39,90 Literaturen der Minder-heiten und Migrantinnen Werke von Autorinnen mit einer anderen Muttersprache als Deutsch sind längst Teil der österreichischen Literatur. Der Sammelband rücktjene Literatur ins Zentrum, die lange als Randgruppenphänomen übersehen wurde: Texte, die in einem Service 4 LITERATUR AUS ÖSTERREICH Vluliehe HiihJirwliur»Em rur (ifcyiimrldircTJlui N-■ ■ ■'. i MirtltKrAVcrrwr Winlt.rfttcinCT■I I: .. t Und (k)cin Wort Deutsch ... L iIlT.lI.jIl':itiiTMintVrttL.-ir.irnuruf älinlkriVerlag Literaturzeitschriften Gegenwärtige Stimmen in der (österreichischen) Literatur. zwei- oder mehrsprachigen Umfeld entstanden sind, werden in Beispielen und im Überblick vorgestellt. Darüber hinaus finden sich Berichte über eine „multikulturelle" Theatergruppe, Migration und Film oder den Wettbewerb „schreiben zwischen den kulturen", in dessen Umfeld etwa Dimitre Dinev, Anna Kim und Julya Rabinowich hervorgetreten sind. Mit Begriffen wie „Migranten-" und „Minderheitenliteratur" wird vorsichtig umgegangen: Den Herausgebern geht es nicht um neue Schubladen, sondern um einen differenzierteren Umgang mit Literatur von Minderheiten und Migrantinnen und einen erweiterten Begriff der österreichischen Literatur. Und (k)ein Wort Deutsch ...: Literaturen der Minderheiten und Migrantinnen in Österreich / hrsg. von Nicola Mitterer und Werner Wintersteiner . - Innsbruck; Wien [u.a.] : StudienVerl. , 2009 . - 194 S. . -(Schriftenreihe Literatur; 23 ) ISBN 978-3-7065-4769-7 kart.: EUR 29,90 ► Manuskripte Rund um das „Forum Stadtpark" und die Literaturzeitschrift „Manuskripte" formierte sich in den 1960er-Jahren die Avantgarde. Die von Alfred Kolleritsch und Günter Waldorf edierte Literaturzeitschrift, die kürzlich ihr 50-Jahr-Jubiläum feierte, erscheint viermal jährlich mit Erstveröffentlichungen renommierter Autorinnen und Autoren. ► www.manuskripte.at ► Literatur und Kritik Die traditionsreiche Kulturzeitschrift wurde Mitte der 1960er-Jahre gegründet und wird heute von Karl-Markus Gauß und Arno Kleibel herausgegeben. „Literatur und Kritik" erscheint fünfmal im Jahr und bietet neben den essayistischen und feuilletonistischen „Kulturbriefen" Platz für Nachwuchsautorinnen und Literatur der mittel- und osteuropäischen Länder. ► www.omvs.at ► Wespennest Das „Wespennest" entwickelte sich im Wien der 1968er-Bewegung und definiert sich als „Zeitschrift für brauchbare Texte und Bilder". Die literarisch-essayistische Kulturzeitschrift wird von Walter Famler herausgegeben und erscheint vierteljährlich mit Beiträgen interna tionaler Autorinnen und Autoren. ► www.wespennest.at ► kolik Die Zeitschrift „kolik" will jener Literatur und jenem Diskurs über Literatur einen Ort geben, die nicht den Kriterien und den Anforderungen des Marktes entsprechen, „weil sie zu kritisch, zu polemisch, zu anspruchsvoll sind." Herausgegeben wird sie viermal jährlich von Gustav Ernst und Karin Fleischanderl. ► www.kolik.at ► Volltext „Volltext" ist eine sechsmal pro Jahr erscheinende Zeitung für Literatur und wird vonThomas Keul herausgegeben. Originalbeiträge und Vorabdrucke werden durch Interviews, Porträts, Reportagen und Rezensionen ergänzt, das Spektrum umfasst alle literarischen Gattungen. ► http://volltext.net j5p^"*~:^j* / ^3