Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein wurde in historischen Arbeiten von Golo Mann, Josef Janáèek und Josef Poli¹enský charakterisiert. Über Wallenstein schrieb allerdings auch der zum Rechtsextremismus zählende Erlanger Professor Hellmut Diwald (*1929, | 1993), Mitarbeiter der Verlage Grabert/Hohenrain, der in seinem Buch "Geschichte der Deutschen" (1978) behauptete, bei den im Konzentrationslager Dachau installierten Gaskammern würde es sich um Attrappen handeln, zu deren Bau das amerikanische Militär nach der Befreiung inhaftierte SS-Angehörige gezwungen hätte. Auch die Zahl der Toten im KZ Auschwitz-Birkenau wäre wesentlich geringer gewesen. Golo Mann: Wallenstein. Sein Leben. Fischer, Frankfurt am Main 1971 Josef Janáèek: Vald¹tejn a jeho doba. Praha 2003. Josef Poli¹enský und Josef Kollmann: Wallenstein, Feldherr des Dreißigjährigen Krieges. Köln 1997 Hellmut Diwald, Wallenstein, München 1969 (Hellmut Diwalds Geburtsort Schattau liegt in der Nähe von Znaim, das Buch ist im Bechtle Verlag erschienen) geb. 1583 auf dem Gut Herzmanic bei Arnau/Heømanicích u Jaromìøe. Seine Eltern waren Utraquisten. Beide verlor er früh: Sein Vater, Freiherr Wilhelm von Waldstein, Herr von Herzmanic, starb 1595. Seine Mutter Margaretha entstammte der relativ begüterten Familie derer von Smiøický und verstarb bereits 1593. Im Jahre 1607 diente Wallenstein als Kämmerer des jungen Erzherzogs Ferdinand am Wiener Hof und kämpfte dann gegen die Türken. 1609 heiratete der arme Adelige aus Böhmen eine der reichsten Frauen Mährens. Lukretia Nikessin von Landek entstammte dem niederen deutschen Adel, war verwitwet, kinderlos und etwas älter als Wallenstein. Als sie vier Jahre später starb, wurde Wallenstein Alleinerbe und verfügte über Mittel für den Aufstieg zum mächtigen Magnaten. Lukretia starb im 35. Lebensjahr, war nicht so alt war, wie manche Biographen behaupten. Sie muss zum Zeitpunkt der Heirat ungefähr 30 Jahre alt gewesen sein wie sie übrigens auch Leo Perutz im Kapitel Der Stern des Wallenstein in seinem Buch "Nachts unter der steinernen Brücke" beschhreibt. Diese sozial ungleiche Ehe wurde angeblich von dem Jesuitenpater Vitus Pachta eingefädelt. Literaturquellen, die offenbar nicht mit den Jesuiten sympathisieren, behaupten, dass Pachta diese Ehe nur vermittelt hat, damit Lukretias Güter nicht in protestantische Hände fallen. Sie erbte 1591 von ihrem Onkel Neke¹ von Landek seine Burg Lukov und Herrschaft Vsetín, allerdings nicht als Universalerbin, sondern nur für die Zeit ihres Lebens. Falls sie ohne Erben sterben sollte, sollte die Herrschaft ihrem Mann zufallen. Und da Arkleb von Víckov Lutheraner war wie sein Bruder Wilhelm von Víckov zu Bystøice (pod Hostýnem), der von der Witwe alles erben sollte, hätte sie Wallenstein nicht geheiratet, freuten sich die Katholiken über die Hochzeit. 1917, nach der Krönung Ferdinands zum böhmischen König, stellte Wallenstein 200 Reiter auf und zog in den Friauler Krieg, um für den Habsburger zu kämpfen. Venezianer belagerten damals die Festung Gradisca, die wegen Lebensmittelmangel nahe an der Kapitulation war. Wallenstein gelang es mit mit einem nächtlichen Angriff auf die Stellungen der Belagerer, dass ein anrückender Lebensmittelkonvoi den Belagerungsring durchbrechen und die Festung gehalten werden konnte. Der Dank des Kaisers war großzügig: Wallenstein wurde in den Grafenstand erhoben, zum Obristen ernannt und erhielt auf Empfehlung des Kaisers ein Regiment der Mährischen Miliz. Gerade mit diesem Kommando sollte Wallenstein später noch ins Gerede kommen. Er hat nämlich Mähren verraten, die mährische Ständekasse gestohlen und sie nach Wien gebracht, als Thurn mit seinen Truppen nach Mähren kam: Auf der Homepage von Klaus Koniarek steht dazu: "Die Truhen mit 96. 000 Gulden und beschlagnahmtes Kriegsgerät werden von Wallenstein in einem Gewaltmarsch am 5. Mai nach Wien gebracht. In Brünn erfährt Graf Thurn von dem Vorfall. Thurn . . . schickt sofort 1. 800 Reiter Wallenstein hinterher; zu spät. Die Mährischen Stände verweisen nach diesem Vorfall Wallenstein auf ewig des Landes und konfiszieren seinen Besitz. " Dem König war die Tat peinlich und er ließ die Truhen heimlich nach Olmütz zurückbringen. Trotzdem zählt ihn der Kaiser zu seinen Treuen und als er mit Maximilian von Bayern den Böhmen-Feldzug vereinbart, macht er Wallenstein zum General-Quartiermeister, der die Verpflegung des Heeres auf dem Böhmenfeldzug zu sichern hat. 1620 wird Wallenstein vom Kaiser zum "Militär-Gubernator des Königreiches Böhmen" ernannt, erhält seine ehemaligen Güter zurück und kauft neue - zum Fünftel ihres tatsächlichen Wertes - auf. Wallenstein wurde Mitglied des neu gegründeten Münzkonsortiums, das das Problem der knappen Staatsfinanzen lösen sollte. Golo Mann beschreibt ihre Methode folgendermaßen: "Aus einer Mark - das ist etwa ein halbes Pfund - Silber werden anstatt 19 Gulden 27 geprägt, dann 39, dann 47. Silber oder gute alte Münzen ins Ausland zu schaffen, wird streng verboten - Devisenkontrolle. Natürlich steigt der Preis des Silbers, das man mit der neuen, der "langen" oder "kleinen" Münze einkaufen muss. Der Witz ist aber, dass er nicht entsprechend schnell steigt, der Diskrepanz nicht alsbald nachkommt, die kaiserlichen Falschmünzer einen Vorsprung haben. Da liegt für den Fiskus die Möglichkeit des Gewinns. " Andere Mitlieder des Münzkonsortium waren Liechtenstein, Jacob Bassevi und der flämische Calvinist Hanns de Witte. Das Konsortium erhielt für 6 Millionen Gulden vom Kaiser das Recht, ab 1. Februar 1622 für den Zeitraum eines Jahres für die Länder Böhmen, Mähren und Niederösterreich Geld zu prägen. 1623 erfolgte eine Stabilisierung ("callada") und die Einwechslung der schlechten Münzen zu rund 10 % des Nennwerts. Da der Gütererwerb von beschlagnahmten Adelsgütern besonders in Böhmen zum Teil mit Hilfe der wertlosen Münzen durchgeführt wurde, gab es noch jahrzehntelang Rückforderungen des Ärars an die Nutznießer der Kipper-und-Wipper-Inflation, besonders an die Liechtenstein. Unter Kipper-und Wipper (kippen <> und wippen <>) versteht man unterwertige Scheidemünzen, für die man gute Münzen zu kaufen und in vielen kleinen Münzstätten erneut zu unterwertigem Kleingeld umzumünzen versuchte. Münzen wurden deshalb stets gewogen, um ihren Wert zu bestimmen. Münzen einer bestimmten Sorte wurde auf eine speziell für sie gefertigte Wippe gelegt. War das Geldstück vollwertig und gut, dann schlug die Wippe um. Es wurde abgekippt. War die Münze schlecht und unterwertig, dann wog sie nicht so viel wie eine vollwertige. Die Wippe schlug nicht um. Die Münze blieb liegen. Außer dieser Falschmünzerei musste der Krieg noch durch Bankiers finanziert werden. De Witte gewährte dem Kaiser und auch Wallenstein großzügige Kredite. Als sie ihren Rückzahlungsverpflichtungen nicht oder nur zögerlich nachkamen, geriet er zunehmend in große finanzielle Schwierigkeiten. Nach seinem Bankrott beging de Witte 1630 Selbstmord. Am 9. Juni 1623 heiratet Wallenstein, der nunmehr reichste Mann Böhmens, Isabella Katharina von Harrach, deren Vater ein einflussreicher Berater am kaiserlichen Hof war. Drei Monate nach der Heirat wird Wallenstein in den Fürstenstand erhoben. Sechs Monate später erhebt der Kaiser Friedland zum Fürstentum und zum Erblehn. Im Juni 1625 wird Wallenstein zum Herzog ernannt. Bis Ende 1623 hatte Wallenstein dem Kaiser 5,5 Millionen Gulden vorgestreckt und so auch diese Gunst erkauft. In Keplers Horoskop aus dem Jahre 1608 wird er folgendermaßen charakterisiert: "unbarmherzig, ohne brüderliche und eheliche Lieb, niemand achtend, nur sich und seinen Wolllüsten ergeben, hart über die Untertanen, an sich ziehend, geizig betrüglich, ungleich im Verhalten, meist stillschweigend, oft ungestüm auch streitbar, unverzagt, weil Sonne und Mars beisammen, sowie Saturnus die Einbildung verderbt, so dass er oft vergeblich Furcht hat. " Wallenstein war verschlossen, melancholisch, argwöhnisch, launisch, streitsüchtig und ohne Freunde, und fand im Horoskop die Realität bestätigt. Da sich die mecklenburgischen Herzöge nach 1625 dem Dänenkönig angeschlossen haben, wurden ihr Land und ihre Adelstitel auf Wallenstein übertragen. Wallenstein erhält die beiden Herzogtümer Mecklenburg (Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Güstrow), wird Herzog von Friedland und dem schleischen Sagan/Zaháò. Keine guten Erinnerungen auf Wallenstein hat Güstrow. Es war die Zeit der Pest, der Lebensmittelteuerun und der Erpressung durch die Truppen des neuen Herzogs. Kurz vor der geplanten Einweihung einer neuen reformierten Kirche in Güstrow ließ Wallenstein 1628 die Kirche zerstören und das Material zum Ausbau des Schlosses verwenden. Alle Güstrower waren froh, als er 1629 Güstrow für immer verließ. Wie groß die Angst der Bevölkerung vor fremden Truppen war, zeigt die heldenhafte Vertreidugung von Stralsund. Nur diese einzige Stadt wurde nicht erobert und konnte so bald zum Brückenkopf für die Schweden werden. Eine Armee von 8000 Mann und viel Artillerie belagerte im Mai die Hafenstadt, im Juli wurde sie abgebrochen. Damit mussten auch Pläne auf die Ausweitung der kaiserlichen Einflusssphäre auf den Ostseeraum aufgegeben werden. Der Eingriff Schwedens in den Krieg wurde durch das Restitutionsedikt des Kaisers aus dem Jahre 1629 beschleunigt, dem zufolge alle kirchlichen Güter, die seit 1552 in protestantischen Besitz gekommen waren, der katholischen Kirche zurückgegen werden sollten. Das bedeutete für die Protestanten 2 beschlagnahmte Erzbistümer, 12 Bistümer und 500 Abteien wieder dem katholischen Klerus übergeben zu müssen. Wallenstein lehnte es ab: den Kaiserlichen war er dadurch, den deutschen Fürsten durch seine Pläne zur Stärkung der kaiserlichen Zentralgewalt verdächtig. Deshalb gelang es dem neidischen Maximilian von Bayern, auf dem Reichstag in Regensburg 1630 Wallensteins Position als Oberbefehlshaber des gesamten kaiserlichen Heeres ins Wanken zu bringen. Der Kurfürst von Mainz beschwerte sich im Namen des Fürstenkollegiums und erklärte nachdrücklich, dass er die Wahl des Kaisersohnes, des Erzherzogs, zum Thronfolger Ferdinands nicht garantieren kann, solange Wallenstein Generalissimus bleibt. Kaiser Ferdinand entschloss sich Wallenstein zu opfern. Wallenstein zog sich in dieser zeit nach Prag bzw. nach Jièín zurück, steigerte die landwirtschaftliche Produktion durch Einführung der Lohnarbeit, betrieb Bergbau und ließ Manufakturen für die Produktion von Waffen und Uniformen einrichten und weigerte sich zuerst, dem Kaiser im neuen Krieg beizustehen. Noch während des Regensburger Reichstages im Sommer 1630 war nämlich der König von Schweden in Pommerm auf der Insel Usedom gelandet. Gustav Adolf sicherte sich vor der Landung in Pommern die Vorherrschaft über die Ostsee: Im Kampf mit Polen und Russland war es ihm gelungen, Karelien, Livland, Memel, Pillau und Elbing der schwedischen Krone anzuschließen. Solange Wallenstein Einfluss nehmen konnte, war ihm die Machterweiterung schwergefallen. Wallenstein unterstützte nämlich den Polenkönig militärisch im Kampf gegen die Schweden. Mit der Besetzung Pommerns, wie sie Gustav Adolf plante, sollte der Schlussstein seines Reiches gesetzt werden. Sein Ziel war zunächst ein schwedisches Ostseereich mit der sich daraus ableitenden wirtschaftlichen Überlegenheit durch die Beherrschung der Flussmündungen der Düna, Memel und Oder. Tilly, die einzige militärische Hoffnung des Reiches, war in der Schlacht bei Breitenfeld am 17. September 1631 von Gustav Adolf geschlagen und in der Schlacht am Lech (15. April 1632) tödlich verwundet worden. Bayern und Österreich waren Schweden ausgeliefert. 1632 standen die Schweden vor den Toren Münchens und die mit ihm verbündeten Sachsen vor Prag. Nach langem Zögern übernahm Wallenstein am 15. Dezember 1631 den Oberbefehl, zunächst nur für drei Monate. Wallenstein stellte in dieser Zeit alle Weichen für eine endgültige Rückkehr - zu seinen Bedingungen: mit unbeschränkten Vollmachten. Er zögerte einen direkten Angriff gegen Gustav Adolf hinaus, beschränkte sich darauf, die Sachsen aus Böhmen zu vertreiben und die Nachschubwege der Schweden zu bedrohen. Die Schweden ließ er in Bayern schlimm hausen. Um für eventuelle Verhandlungen u. a. mit Sachsen und Brandenburg gute Ausgangspostion zu schaffen, erwirkte er vom Kaiser die Aufhebung des Restitutionsediktes. Wallenstein wurde die Kurwürde angeblich versprochen. Ob es tasächlich die böhmische Krone war oder die brandenburgische oder Pfälzer Kurwürde, muss dahingestellt bleiben. Als Gustav Adolf vor der Wahl stand, nach Wien zu ziehen - mit Wallenstein im Rücken und ohne den Nachschub gesichert zu haben, oder sich wieder gegen Norden zu wenden. Bei Lützen, unweit von Leipzig am 16. November 1632 trafen die Schweden und Wallensteins Truppen aufeinander. Gustav Adolf hatte nur noch 16.000 kampffähige Männer. 4.000 Pferde waren auf dem Marsch verendet. Wahrscheinlich war es der entscheidende Fehler, den Wallenstein und seine Offiziere begingen, als sie annahmen, dass von den erschöpften Schweden kein Angriff zu fürchten ist. Als er von den heranrückenden Schweden erfuhr, war es schon zu spät, um Verstärkung zu holen. Wallenstein stellte seine Truppen nach alter spanischer Manier auf: das Fußvolk im Zentrum, vor diesem die Geschütze und die Reiterei auf den Flügeln. Da Pappenheims Kürassiere und dessen Fußtruppen fehlten, hatte Wallenstein zu Beginn der Schlacht nur höchsten 15.000 Mann zur Verfügung, die, wie er später zugab, auch noch schlecht bewaffnet waren. Um seiner Armee, oder besser gesagt das, was davon zur Verfügung stand, ein besseres Aussehen zu geben, ließ er die mit seinem Heer ziehenden Zivilisten aus der Stadt treiben, gab ihnen ein paar Standarten und ließ sie in losen Karrees vor der Front aufstellen, in der Hoffnung, dass sie die Schweden bei dem trüben Wetter als mächtige Reserve halten würden. Während Pappenheims Truppen in Halle plünderten, übergab ein eiligst dorthin entsandter Kurier Pappenheim den Befehl zum sofortigen Rückzug nach Lützen. Plündernden Soldaten Befehle erteilen ist undankbar, trotzdem gelang es Pappenheim mit 3000 Kürassieren Wallenstein zu Hilfe zu kommen, dabei erhielt Pappenheim einen Lungenschuss, an dessen Folge er erstickte. Ungefähr gleichzeitig wurde auch Gustav Adolf tödlich getroffen. Die Bilanz der Schlacht waren über 9.000 Tote und Sterbende. Für den schwedischen König als auch für seinen militärischen Gegner Wallenstein war es die letzte Schlacht; - Gustav Adolf starb auf dem Schlachtfeld, Wallenstein wird später ermordet. Wallensteins Schwäche nach dem Tod von Pappenheim äußert sich darin, dass er immer mehr von den (von der Wiener Hofclique gekauften) Austrologen und seinen wenig weitsichtigen Freunden und Beratern - seinem Schwager Trczka oder General Holk abhängig wird. Trczka, ein Schwiegersohn Harrachs und Herr auf Nachod, Neustadt, Opocno, Hermanitz, Smirice -- alles Güter, die meistens aus der Konfiskationsmasse von 1621 billig erkauft wurden, war keine große Persönlichkeit und Heerführer; Holk war ein Trinker und Grobian. Beide hatten nicht das Zeug, Wallenstein beim Heer beliebt zu machen. Wallenstein selbst schloss sich völlig von der Welt ab und ließ nur noch diese beiden vor. Wallensteins Stellung beim Heer wurde durch grausame Bestrafung der bei Lützen angeblich feigen Offiziere und durch rücksichtloses Rekrutieren untergraben, und zum erstenmal in seiner Laufbahn reichten seine Geldmittel nicht aus. Er verfiel auf den bewährten Ausweg, der schon andere Heere ruiniert hatte: er verkaufte Offizierspatente, ohne sich um die Eignung des Käufers zu kümmern. Der Kaiser wurde gegen Wallenstein misstrauisch, als der Generalissimus sich weigerte, im Dezember 1633, das von den Schweden besetzte Regensburg zurückzuerobern. Im November 1633 war diese Stadt durch die Truppen Bernhards von Weimar eingenommen worden. Die Bürger empfingen Bernhard mit Jubel. Die Regensburger war zumeist evangelisch und hassten die Bayerische Besatzung, die von ihnen monatlich 40.000 Gulden erpresste. Wallenstein wollte die Belagerung auf das Frühjahr verschieben, damit jetzt im Winter seine Soldaten nicht "crepieren und desperieren". Piccolomini unterstellte Wallenstein eine Verschleppungstaktik, um Zeit für Friedensverhandlungen zu finden. In dieser Situation drohte Wallenstein am 12. Januar in Pilsen mit seinem Rücktritt, sollten nicht alle Anwesenden eine schriftliche Erklärung unterschreiben, er solle im Amt bleiben. So kam das sogenannte erste Pilsener Revers zustande. Auch Octavio Piccolomini, der Verfasser des Gegengutachtens zum vom Kaiser geforderten Winterfeldzug zur Befreiung Regensburgs, unterzeichnete die Urkunde. Die Gegner Wallensteins am Wiener Hofe sahen in dem Pilsener Revers einen Beweis, dass der Feldherr seine Offiziere nicht auf den Kaiser, sondern auf seine Person schwören ließ. Es wurde eine Untersuchungskommission einberufen, um zu entscheiden, ob sich Wallenstein des Verrats und der Rebellion schuldig gemacht hatte. Mitglieder der Kommissionen waren der kaiserliche Berater Fürst von Eggenberg, Graf von Trauttmansdorff und der Wiener Bischof Anton Wolfrath. Sie sprachen Wallenstein schuldig. Ein nur abgesetzter oder gefangener Wallenstein hätte das Heer gespalten. Gallas und Piccolomini, denen auch Wallenstein vertraute, übernahmen die unwürdige Rolle, sich an die Spitze der Verschwörer zu stellen und wurden durch kaiserliche Erlasse rechtlich abgesichert. Gallas, Piccolomini, Colloredo, der Luxemburger Aldringer (Schwager des Gallas) und der Drahtzieher Francesco del Caretto , Marchese de Grana, erhofften alle eine Beförderung und eine Beute bei der Verteilung der Güter des Ermordeten. Die Belohnung blieb auch nicht aus. Matthias Gallas, Graf von Campo, (geb. 1584 Trient, | 1647 Wien) erhielt nach Wallensteins Ermordung dessen Herrschaft Friedland,die Stadt Reichenberg/Liberec und die Herrschaft Smiøice. Fürst Octavio Piccolomini d'Aragona, Duca d'Amalfi (*1599 in Florenz; | 11. August 1656 in Wien) war im Dreißigjährigen Krieg ein General Wallensteins und der Kommandeur seiner Leibgarde. Er war ein Malteser-Ritter und erwarb das Schloss Náchod, das ursprünglich dem Geschlecht Smiøiètí und seit 1623 Magdalena Trèka von Lípa, geb. von Lobkovitz, von der es 1629 ihr Sohn Adam Erdman kaufte. Die Piccolomini herrschten in Náchod bis 1783. Rudof Graf Colloredo, Großprior der Malteser Ritter und Landeskommandant bei der schwedischen Belagerung Prags 1648, erhielt nach dem Sturz Wallensteins von den konfiszierten Gütern Trczkas Schloss Opoèno. Graf Aldringer erwarb die Güter von Wilhelm Kinský, Kinskýs Prager Haus fiel dann Graf Gallas, Aldringers Schwager , zu. Karl Bonaventura Bucquoy erhielt nach der Schlacht auf dem Weißen Berg die Herrschaft von Nove Hrady/ Gratzen. Graf Reimbal Collalto, Präsident des Hofkriegsrates 1624 bis 1630, erhielt die Herrschaft Pirnitz/Brtnice, die Zdenìk z Vald¹tejna nach der Schlacht auf dem Weißen Berg konfisziert wurde. Trotzdem ist problematisch von einem Verrat Wallensteins zu sprechen. Söldner, auch die Offiziere, boten ihre Dienste demjenigen Feldherrn an, der zahlen konnte und von dessen Talent man siegreiche Schlachten und damit Beute erwarten durfte. Das Bild Wallensteins in der Literatur schwankt zwischen einem Inflationsgewinnler und abergläubischen Sonderling und einem potentiellen Vereiniger Deutschlands. Friedrich Schiller attestiert Wallenstein einen Willen, den verhängnisvollen Krieg zu beenden. Auch sonst sieht er eher seine Tugenden als Laster: Am Ende des vierten Buches seiner 1792 abgeschlossenen "Geschichte des Dreißigjährigen Krieges" heißt es: So endete Wallenstein in einem Alter von fünfzig Jahren sein tatenreiches und außerordentliches Leben; durch Ehrgeiz emporgehoben, durch Ehrsucht gestürzt, bei allen seinen Mängeln noch groß und bewundernswert, unübertrefflich, wenn er Maß gehalten hätte. (...) Die Tugenden des Herrschers und Helden, Klugheit, Gerechtigkeit, Festigkeit und Mut, ragen in seinem Charakter kolossalisch hervor; aber ihm fehlten die sanfteren Tugenden des Menschen, die den Helden zieren, und dem Herrscher Liebe erwerben. Auch bei Schiller glaubt jedoch Wallenstein zu Beginn des Dramas an ein 'Schicksal', das er durch die Astrologie zu ergründen sucht. " [. . . ] Auch des Menschen Tun Ist eine Aussaat von Verhängnissen, Gestreut in der Zukunft dunkles Land, Den Schicksalsmächten hoffend übergeben. "(Die Piccolomini V. 989-992) Für Wallenstein sind also die Taten der Menschen festgelegt, er meint durch die Astrologie das Geschick beherrschen zu können. Paradoxerweise verliert er jedoch gerade eine mögliche Handlungsfreiheit durch das Warten auf die 'Sternenstunde'. So entsteht im Laufe des Dramas mehr und mehr der Eindruck der Unabwendbarkeit der Ereignisse, die der Held nicht mehr dirigiert, sondern die ihn vielmehr beherrschen. Materialistisch betrachtet Wallenstein Alfred Döblin in seinem historischen Roman Wallenstein: " Das ungeheure Schicksal Böhmens riss mich hin, und dieser Wallenstein, den ich so sah: als einen böhmischen Renegaten, ganz und gar kein Schillerscher , - ein moderner Industriekapitän, ein wüster Inflationsgewinnler, ein Wirtschafts- und, toller Weise auch, ein strategisches Genie, eine Figur, die nur die Parallele Napoleons I. zulässt. " Döblin bezieht sich also bei der Gestaltung seiner Wallensteinfigur auf Schiller, wenn er sich auch von ihm lossagt. Er stellt sich nicht nur der Schillerschen Darstellung entgegen, sein Wallenstein steht auch der Geschichtsschreibung des neunzehnten Jahrhunderts gegenüber. Angefangen bei Schiller und fortgesetzt in der grossen Wallenstein-Biographie von Leopold von Ranke hatte der Herzog von Friedland eine positive Umwertung erfahren. Ranke versteht ihn trotz seiner egoistischen Handelsmotive als Vertreter der modernen Idee des Nationalstaates. Zwar erkennt er die ökonomische Seite in der Karriere Wallensteins, betrachtet sie aber gegenüber den historischen, staatsmännischen Entwürfen der Figur als nebensächlich. Döblin dreht dieses Bild, das er in der Geschichtsschreibung findet, förmlich um: In seiner Deutung Wallensteins rückt das 'Wirtschaftsgenie' in den Vordergrund, seine politischen Errungenschaften oder Ziele dienen letztendlich der Vergrößerung seines Reichtums und seiner Macht. Bereits bei Wallensteins erstem Erscheinen wird deutlich, dass er nicht daran denkt, Deutschland politisch zu reformieren. Erst mit der Schilderung seiner Tätigkeit in der böhmischen Inflation rückt er in den Mittelpunkt. Sein erster politischer Erfolg ist also nicht militärischer, sondern wirtschaftlicher Natur. Sein Geld öffnet ihm den Weg zu Landbesitz und Macht. Wallenstein wird gezeigt als ein moderner Politiker, der die Missstände seiner Zeit scharfsinnig erkennt, aber nichts tut, um sie zu verbessern, da er nur seinen eigenen Vorteil verwirklichen will. In dieser Schilderung Wallensteins als Finanzier betont Döblin den Aspekt der historischen Figur, die bei Schiller völlig fehlt, und der auch in der Geschichtsschreibung seiner Zeit kaum erst behandelt worden war. Er bietet somit einen anderen Schlüssel zur Figur Wallensteins als Schiller. Man kann also durchaus mit Wolfdietrich Rasch einverstanden sein, wenn dieser feststellt: "was die Figur des Feldherrn Wallenstein angeht, so steht sie bei Döblin dem historischen Wallenstein in vielem näher als etwa bei Schiller. " Ricarda Huch wendet sich in ihrer Studie aus dem Jahre 1915 gegen das herrschende Wallensteinbild, das in dem Herzog von Friedland den Herrscher und Diktator betont. Sie versucht zu zeigen, dass er vielmehr das Gegenteil von alledem gewesen sei. Die Gründe für Wallensteins Unfähigkeit, in entscheidenden Momenten zur Tat zu schreiten, kommen also nicht von außen, sondern von innen. Die äußeren Zeichen, wie die Astrologie, sind Ausdruck eines unlösbaren, inneren Konfliktes. Der Sternenglaube ist in der 'Charakterstudie' weniger gegenwärtig als in 'Der große Krieg in Deutschland', wo sich die Szenen, in denen Wallenstein mit Astrologen gezeigt wird, häufen. Dafür erfährt er hier eine Deutung. " Die innere Unsicherheit und Schwäche war der Grund von Wallensteins Beschäftigung mit Astrologie. [. . . ] Ebenso selbständig im Urteil wie unselbständig im Handeln hätte Wallenstein der Autorität überlieferter Dogmen und beliebiger Priester sich nicht unterworfen; die unerreichbaren und unbeirrbaren Sterne und ihr vorausgesetzter Zusammenhang mit dem menschlichen Schicksal verkörperten ihm eine ganze, übereinstimmende, aber unpersönliche Welt, die seinem Verstand einleuchtet und sein Gefühl nicht durch Forderungen belastete. " [157] Der Sternenglaube ist für Wallenstein eine Art Ersatzreligion.