Der Dreißigjährige Krieg 1618-48 Frauenleben im Tross Bernhard R. Koerner (1998) http://www.teachsam.de/geschichte/ges_deu_konfess_1517-1648/drei_krieg_1618-48/drei_krieg_1618-48_txt_3.htm -------------------------------------------------------------------------------- Frauen spielten innerhalb der Lagergesellschaft frühneuzeitlicher Heere eine zentrale Rolle. Zumeist Angehörige der Unterschichten, wie Mägde, Ammen oder Aufwärterinnen, war ihnen ihre bisherige Existenz in Armut und Abhängigkeit so beschwerlich geworden, dass das Leben als Frau oder Gefährtin eines Soldaten als ein Ausweg erschien. Auf ihren Schultern beförderten sie die gesamte bescheidene Habe eines mehrköpfigen Soldatenhaushaltes. Sie gebaren Kinder, von denen nur die wenigsten die Strapazen der Heerzüge überlebten. Die zahlreichen Trossbuden, die zur Versorgung der Pferde und für die Beaufsichtigung der Viehherden verwendet wurden, stammten häufig aus Soldatenfamilien. Vielfach gerieten die 13 bis 15 Jahre alten Jugendlichen als Trommlerbuben und Pferdejungen ins unmittelbare Kriegsgeschehen. Frauen übernahmen weitgehend die Sanitätsversorgung, während Wundärzte in der Regel nur zur Behandlung der Offiziere eines Regiments, häufiger erst eines Armeestabes, zur Verfügung standen. Die Feldschere, die sich zumeist aus der Gruppe der Bader rekrutierten, fungierten als Knochensäger bei größeren chirurgischen Eingriffen. Frauen waren es aber auch, die Soldaten beim <> unterstützten. Da der Sold oft ausblieb, bildete die Beute ein unverzichtbares Element zur Existenzsicherung der Soldatenfamilien. In erster Linie war es der Kampf ums Überleben und weniger eine latente kriminelle Neigung, die den Soldaten zum Stehlen veranlasste. Hinzu kam die gesellschaftlich sanktionierte Vorstellung, dass eine herausgehobene Position in der Armee und ihrer Verwaltung sich für ihren Träger rentieren müsse. Diese Haltung ließ bei den Führungskadern aller Armeen des Dreißigjährigen Krieges eine Ausbeutungsmentalität zu Lasten des Landesherrn und der Truppe entstehen, die in vielen Fällen die Soldaten geradezu zum Plündern zwang. Insofern erscheint es auch nicht verwunderlich, dass buchstäblich alles, selbst das, was niet- und nagelfest war, von den Soldaten entwendet wurde. So stahlen sie die Weißwäsche, die vor den Städten auf der Bleiche lag, um sie gegen ihre zerlumpte Kleidung einzutauschen. Sie bemächtigten sich der Erntevorräte und des Viehs. beluden sich mit Hausrat und Mobiliar. Selbst Türen, Fensterrahmen und Dachsparren wurden aus den Bauernkaten und den Hütten der Vorstädte gebrochen, um vor allem in den kühlen und feuchten Frühlings- und Herbstnächten den Soldaten als Brennmaterial zu dienen. In einer zeitgenössischen Abhandlung wird das mühselige Leben der Frauen im Tross anschaulich beschrieben. Beladen mit "Watsäcken, Mänteln, Tüchern, Töpffen, Kesseln, Pfannen, Keerbesen, Anzug, grossen ungeheuren Taschen, Hanen und Hunden & c. Auch allerley Plunder, einem Hispanischen Maulesel nicht ungeleich", zogen sie ihrer Wege. Kein Wunder, dass der Tross der Armeen nur langsam folgen konnte. Die Entbehrungen, die in erster Linie Frauen und Kinder zu tragen hatten, dazu Entbindungen, ließen viele von ihnen vorzeitig an Entkräftung sterben. Kaum ein Soldat, der seine Gefährtin nicht im Laufe des Krieges verlor. Während die Männer in der Regel problemlos eine weitere Verbindung eingehen konnten, bedeutete der Verlust des Beschützers, sei es durch Tod oder Gefangennahme, für die Frau eine existenzielle Bedrohung. Waren sie bereits älter, hatten sie für mehrere Kinder zu sorgen oder keinen materiellen Vorteil aus ihrer vorangegangenen Beziehung ziehen können, was in der Regel nur bei verheirateten Paaren möglich war, bestand die Gefahr, dass sie in die sozial stigmatisierte Gruppe der ungeschützten Frauen absanken. Gelegenheitsarbeit,. Betteln oder Lagerprostitution wurde dann ihr Schicksal. (aus: Bernhard Koerner, "Die Soldaten sind ganz arm, bloss, nackend, ausgemattet" - Lebensverhältnisse und Organisationsstruktur der militärischen Gesellschaft während des Dreißigjährigen Krieges, in: Bußmann/Schilling (Hg.) o.J. (1998), S.289f.)