Ehegattensplitting (nach ARD) Geschichte des "Ehegattensplittings" 1958 hat der Bundestag das so genannte Ehegattensplitting verabschiedet. Damit wurde die aus der Weimarer Republik stammende Haushaltsbesteuerung abgelöst. Bei der Haushaltsbesteuerung hat der Fiskus die Einkommen der Ehepartner einfach zusammengelegt und durch zwei geteilt, unabhängig von den Einkommensverhältnissen der jeweiligen Ehepartner. Die Besteuerungsformel war zwar einfach, konnte jedoch auch zu einer ungerechten Besteuerung eines Ehepartners und vor allem gegenüber Alleinerziehenden führen. In den 50er Jahren klagten viele Ehepartner und Alleinerziehende vor dem Bundesfinanzhof, weil sie die ungerechte Besteuerung nicht weiter hinnehmen wollten. Daraufhin sah sich der Gesetzgeber veranlasst ein neues Besteuerungsmodell einzuführen. Das Bundesverfassungsgericht war nun gefragt, denn es musste ein Besteuerungsmodell gefunden werden, dass mit der Verfassung bzw. dem im Grundgesetz verankerten Gleichstellungsgrundsatz von Ehe und Familie vereinbar ist. Die deutschen Verfassungsrichter fanden im US-amerikanischen Steuerrecht ein Modell, dass auch auf Deutschland übertragen werden konnte. 1958 wurde das so genannte "Ehegattensplitting" eingeführt. So funktioniert das Ehegattensplitting: Der Kölner Rechts- und Steuerwissenschaftler Prof. jur. Joachim Lang erklärt dem ARD-Ratgeber Recht, wie das Ehegattensplitting funktioniert: "Die Einkommen der Ehegatten werden zusammengerechnet. Dann wird der zusammengerechnete Betrag durch zwei geteilt und dann wird auf den geteilten Betrag der Tarif (je nach Steuerklasse festgelegter Steuertarif, Anmerkung der Redaktion) abgelesen und dieser Tarifbetrag wird verdoppelt". So einfach ist das also, doch wie so oft ist die Realität viel komplizierter und manchmal auch ungerechter. Die Kritik am Ehegattensplitting: Familien- und Alleinerziehenden-Verbände, so wie einige politische Parteien, fordern seit Jahren eine dringende Reform des Ehegattensplittings. Einige wollen diese Besteuerung von Ehepartnern ganz abschaffen. Die am häufigsten geäußerte Kritik: Das Ehegattensplitting sei nicht mehr zeitgemäß, weil es die traditionelle Einverdiener-Ehe bevorzuge und die vielfältigen Formen der Lebensgemeinschaften in der heutigen Zeit nicht berücksichtigt. Das Ehegattensplitting führe auch dazu, das sich wegen der Besteuerung ein Teilzeitjob kaum noch lohnt. Eine weitere Kritik zielt auf die Bevorzugung der "Besserverdienenden". Steuervorteil vor allem für besserverdienende Ehepaare ohne Kinder: Der ARD-Ratgeber Recht fragte den Kölner Rechts- und Steuerwissenschaftler Prof. jur. Joachim Lang im Interview, wer eigentlich den größten Steuervorteil vom Ehegattensplitting hat. Seine Antwort: "Das Ehegattensplitting wirkt sich am meisten bei der Mittelstandsfamilie aus, wo nur ein Ehegatte verdient. Dann ist es nämlich so, dass das mittlere Einkommen, durch zwei geteilt wird und dadurch ergibt sich nämlich eine Steuerentlastung für die mittleren Einkommen." Zur Veranschaulichung hier einige Zahlen: Bei einem Jahreseinkommen zwischen ca. 40.000 und 55.000 Euro im Jahr, kann über das Ehegattensplitting ein Steuervorteil von über 9.000 Euro im Jahr erzielt werden. Voraussetzung ist allerdings, das nur ein Ehepartner arbeitet bzw. Einkommen bezieht. Das durchschnittliche Familieneinkommen liegt allerdings längst nicht so hoch. Die meisten Familien und Ehepaare verdienen ca. 30.000 Euro im Jahr. Der Steuervorteil über das Ehegattensplitting liegt hierbei gerade einmal bei knapp über 3000 Euro im Jahr. Die Rechenbeispiele geben nur eine grobe Richtung an, da bei der genauen Berechnung des Steuervorteils über das Ehegattensplitting die anzuwendende Grundsteuertabelle maßgeblich ist. Einen sehr geringen bis keinen Steuervorteil haben Ehepaare die beide berufstätig sind und etwa gleich viel verdienen. Bei gleichem Einkommen beträgt der Steuervorteil gleich null Euro. Ehepaare mit einem sehr unterschiedlichen Einkommen, zum Beispiel Paare bei denen einer nur Teilzeit arbeitet, sind zunächst einmal ebenfalls benachteiligt. Denn, bei dem Splitting zahlt derjenige, der weniger verdient, im Verhältnis zum besserverdienenden Partner, mehr Steuern für den geringeren Lohn. Die im Verhältnis ungleiche Besteuerung gleicht sich erst bei der gemeinsamen Veranlagung am Jahresende aus. Für den geringer Verdienenden ist das ein Nachteil, doch betrachtet man das gesamte Familien bzw. Ehe-Einkommen gleicht sich die "ungerechte" Besteuerung über den besserverdienenden Partner wieder aus. So sagen die Richter am Bundesfinanzhof. Alternativen zum heute praktizierten "Ehegattensplitting": Im Juni 2002 trafen sich Steuerexperten und Familienverbände bei der Friedrich Ebert Stiftung in Berlin, um über Alternativen und eine gerechtere Familienbesteuerung zu diskutieren. Auch Familienministerin Bergmann diskutierte mit. Sie ist der Meinung, dass das Ehegattensplitting vor allem bei der Familienbesteuerung zu einer ungerechten Bevorzugung der Spitzenverdiener ohne Kinder führt. Zudem würde das Ehegattensplitting der vielfältigen Lebensformen in der heutigen Zeit nicht mehr gerecht und müsste deshalb dringend reformiert werden. Kritik wurde auf der Veranstaltung laut, denn die Familienministerin musste sich den Kommentar gefallen lassen, warum sie denn bis heute keine Reform auf den Weg gebracht habe, schließlich hätte sie vier Jahre dazu Zeit gehabt. Die Familienministerin nahm dazu keine Stellung. Ein Richter des Bundesfinanzhofs machte daraufhin aufmerksam, dass das Ehegattensplitting immer wieder zum Wahlkampfthema gemacht wird und die politischen Parteien lautstark für eine Reform plädieren und nach den Wahlen dann doch nichts umsetzen. Immerhin gehören auch die Politiker zu den Spitzenverdienern und zählen zu dem Kreis, die am meisten von dem Ehegattensplitting profitieren. Der ARD-Ratgeber Recht wollte nun von Experten wissen, wie eine Reform denn aussehen könnte. Dr. Irene Dingeldey von der Universität Bremen (Zentrum für Sozialpolitik), schlägt im Interview mit dem ARD-Ratgeber Recht einen stufenweisen Abbau des Ehegattensplittings vor. Dabei will sie zuerst so genannte Kappungsgrenzen[1] bei den Besserverdienern umgesetzt sehen. Das heißt: Ehegatten und Familien mit einem Jahreseinkommen weit über dem Durchschnitt von 30.000 Euro im Jahr, sollen keine Steuererleichterungen über das Ehegattensplitting mehr erhalten. Mehrere Milliarden Euro würde das dem Staat jährlich bringen und die müssten dann allerdings auch gezielt in die Familienförderung mit einfließen. Zum Beispiel für einen Ausbau bei der Kinderbetreuung, damit Mütter auch verstärkt Vollzeit arbeiten können. Zudem könnte das Kindergeld aufgestockt werden. Dr. Dingeldey hält eine Reform der gesamten Familienförderung für notwendig. Nur mit einer Reform des Ehegattensplittings sei es nicht getan, denn vor allem Familien mit Kindern müssten stärker gefördert werden. Der Kölner Rechts- und Steuerexperte Prof. jur. Joachim Lang verfolgt einen anderen Ansatz. Im Interview mit dem ARD-Ratgeber Recht, spricht er sich für ein so genanntes "Familienrealsplitting" aus. Zitat: "Ich plädiere für das sogenannte Familienrealsplitting. Das heißt, das Einkommen wird so verteilt, wie die Zivilrechtlichen Unterhaltsverpflichtungen bestehen. Wir müssen im Grunde genommen das Zivilrecht als Maßstab dafür nehmen, wie das Einkommen steuerlich zu behandeln ist. Da sind die Unterhaltsansprüche gegenüber den Kinder mit einzubeziehen." Das Familienrealsplitting würde zumindest Familien mit Kindern steuerlich berücksichtigen. Bisher werden beim Ehegattensplitting Ehepaare mit und ohne Kinder gleicht behandelt. Das Familienrealsplitting beseitigt jedoch nicht die Bevorzugung der "Einverdiener-Ehe". Auch die ungleiche Besteuerung der Ehepartner wird damit nicht beseitigt, sondern gefördert. Das Familienrealsplitting macht allerdings einen Sinn, wenn neben den Unterhaltsleistungen auch die Erziehungszeiten und Haushaltsleistungen mit berücksichtigt werden. ------------------------------- [1] kappen: Spitze abschneiden:, stutzen: Dioe Finanzwúúnsche sind um einige Tausend Euro gekappt.