Meike Hartmann: Kreativní psani Nicht mehr lang und es sollte soweit sein. Ihr erstes Seminar seit Jahren, ach was, Jahrzehnten, und dann auch noch zu dieser ihr so geliebten Handhabung, dem kreativen Schreiben. Die Herausforderung lag für sie dabei weniger in der Sache selbst, als vielmehr in der Umsetzung irgendeines Stoffes in der ihr inzwischen nur noch halbfremden, deutschen Sprache. Geschrieben hatte sie über die Jahre hinweg genug und so manches Mal musste sie für diese bornierten Zeitungsfuzzis ideenreicher und somit auch ausschmückender sein, als es ihr lieb gewesen war. Aber irgendwoher musste das Geld ja kommen. Nur über gesellschaftliche Missstände zu schreiben, zahlte sich einfach nicht aus. Am Ende tangierten dererlei Tragödien die Allgemeinheit doch eher nur peripher und so musste dann zwischendurch auch ein kleiner, aber feiner Bericht über die Betthäschen eines renommierten Parlamentsabgeordneten oder auch der haarfarbige Fehlgriff eines mit Starallüren besetzten Gesangssternchens her. Tomaš und sie pflegten bei solchen Gelegenheiten dann immer sarkastisch zu sagen: Ja, ja, so sind sie… die Neunziger! Und auch ihrem Sohn mussten sie ja nicht gleich auf die Nase binden, dass sie das Geld für sein Studentenleben auch per Boulevard auf die Zahltische klatschten. Aber nun gut, die Zeit war ohne Umschweife fortgeschritten und sie hatten sich erlaubt, im neuen Jahrtausend mehr auf den Seitenpfaden des öffentlichen Lebens zu wandeln und von dort aus immer noch kritisch, aber weniger mitwirkend zu beobachten. Umso gespannter war sie nun auf den bevorstehenden Kurs. Ihre Alt-Abgewracktheit würde sicherlich nicht zur Ästhetisierung der Schreibgruppe beitragen. Bei der Vorstellung jedoch, sie könnte so wie die Kraterknolle in ihrem eigenen zerfurchten Gesicht als hässlich auffallender Makel die Mitschreiblinge durch ihre Spitzfindigkeit ein wenig aufmischen, huschte ihr ein verschmitztes Grinsen über das Gesicht. Der vieldeutige Sinn war schon immer ihr präferiertes Element gewesen. Wie stand es nun wohl mit den anderen Teilnehmenden? Mit welchen Vorlieben würden sie wohl in diesem phantasiefördernden Kolloqium erscheinen?