Arthur Rimbaud Ophélie Sur Tonde calme et noire ou dorment les étoiles La blanche Ophélia flotte comme un grand lys, Flotte tres lentement, couchée en ses longs voiles … - On entend dans les bois lointains des hallalis. - Voici plus de mille ans que la triste Ophélie Passe, fantôme blanc, sur le long fleuve noir, Voici plus de mille ans que sa douce folie Murmure sa romance `a la brise du soir. Le vent baise ses seins et déploie en corolle Ses grands voiles bercés mollement par les eaux; Les saules frissonnants pleurent sur son épaule, Sur son grand front reveur s'inclinent les roseaux. Les nénuphars froissés soupirent autor d'elle; Elle éveille parfois, dans un aune qui dort, Quelque nid, d'ou s'échappe un petit frisson d'aile; - Un chant mystérieux tombe des astres d'or. II O pâle Ophelia! belle comma la neige! Qui, tu mourus, enfant, par un fleuve emporté ! - C'est que les vents tombant des grands monts de Norwege T'avaient parlé tout bas de l'âpre liberté; C'est qu'un souffle, tordant ta grande chevelure, A ton esprit reveur portait d'étranges bruits; Que ton cœur écoutait le chant de la Nature Dans les plaintes de 'larbre et les soupirs des nuits; C'est que la voix des mers folles, immense râle, Brisait ton sein d'enfant, trop humain et trop doux; C'est qu'un matin d'avril, un beau cavalier pâle, Un pauvre fou, s'assit muet `a tes genoux! Ciel! Amour! Liberté! Quel reve, ô pauvre Folle! Tu te fondais `a lui comme une neige au feu; Tes grandes visions étranglaient ta parole El l'Infini terrible effara ton œil bleu! III - Et le Poete dit qu'aux rayons des étoiles Tu viens chercher, la nuit, les fleurs que tu cueillis, Et qu'il a vu sur l'eau, couchée en ses longs voiles, La blanche Ophélia flotter, comme un grand lys. K. L. Ammer Ophelia (1907) Auf stiller, dunkler Flut, im Widerschein der Sterne, geschmiegt in ihre Schleier, schwimmt Ophelia bleich, sehr langsam, einer großen weißen Lilie gleich. Jagdrufe hört man aus dem Wald verklingen ferne. Schon mehr als tausend Jahre sind es, daß sie, ein bleich Phantom, die schwarze Flut hinzieht, und mehr als tausend Jahre flüstert schon sein Lied ihr sanfter Wahnsinn in den Hauch des Abendwindes. Die Lüfte küssen ihre Brüste sacht und bauschen zu Blüten ihre Schleier, die das Wasser wiegt. Es weint das Schilf, das sich auf ihre Schulter biegt. Die Weiden über ihrer hohen Stirne rauschen. Im Schlummer einer Erle weckt sie hin und wieder ein Nest, aus dem ein kleines Flügelflattern schlägt. Die Wasserrosen seufzen, wenn sie sie bewegt. Ein Weiheklang fällt von den goldnen Sternen nieder. II Ophelia, bleiche Jungfrau, wie der Schnee so schön, die du, ein Kind noch, starbst in Wassers tiefem Grunde: weil dir von rauher Freiheit ihre leise Kunde die Stürme gaben, die von Norwegs Gletschern wehn. Weil fremd ein Föhn, der dir die Haare peitschte, kam und Wundermär in deinen Träumersinn getragen; weil in dem Seufzerlaut der Bäume und im Klagen der Nacht dein Herz die Stimme der Natur vernahm. Weil wie ein ungeheures Röcheln deinen Sinn, den süßen Kindersinn, des Meeres Schrei gebrochen; weil schön und bleich ein Prinz, der nicht ein Wort gesprochen, im Mai, ein armer Narr, dir saß zu deinen Knien. Von Liebe träumtest du, von Freiheit, Seligkeit; du gingst in ihnen auf wie leichter Schnee im Feuer. Dein Wort erwürgten deiner Träume Ungeheuer. Dein blaues Auge löschte die Unendlichkeit. III Nun sagt der Dichter, daß im Schoß der Nacht du bleich die Blumen, die du pflücktest, suchst, in deine Schleier gehüllt, dahinziehst auf dem dunklen, stillen Weiher, im Schein der Sterne, einer großen Lilie gleich. Epochen der deutschen Lyrik Herausgegeben von Walther Killy. Band 10. 2. Teil. Übersetzungen. Nach den Erstdrucken in zeitlicher Folge unter Mitarbeit von Rüdiger von Tiedemann herausgegeben von Dieter Gutzen und Horst Rüdiger. Erster Teil. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1977. ISBN 3-423-04163-3. S. 667-669. Alfred Wolfenstein Ophelia (1930) Auf dunkler Flut, wo Sterne ruhn, wie eine schmale Und lange weiße Lilie schwimmt Ophelia hin, Von fernen Wäldern, Jagden, Feiern kommen Hornsignale, In ihren Schleiern langsam schwimmt Ophelia hin. So ist es schon seit mehr als tausend Jahren, So zieht ihr bleicher Leib den Strom entlang, Zweistimmig tonen schon seit tausend Jahren Der Abendwind und ihres Wahnsinns sanfter Sang. Die Luft küßt ihre Brüste, und wie Bluten bauschen Die weiten Schleier sich, das Schilfrohr biegt Sich weinend nieder zu der hohen Stirn, die Weiden rauschen Auf ihre Schultern nieder, die das Wasser wiegt. Sie streift die Wasserrosen, seufzend hingekauert, Sie weckt im schlummernden Erlenbaum ein Nest Daraus ein kurzes Flügelflattern schauert, Indes Musik aus hohem Raum sich hören läßt. Ophelia, schön wie Schnee, dich hat als Kind Des Todes Fluß, Jungfräuliche, davongetragen, Weil Wind der Gletscher zu dir sprach, Norwegens Wind, Von herber Freiheit, ja, du solltest Freiheit wagen, Weil rätselhaft ein Hauch dein Haar durchfuhr, Wie eine Peitsche, und dich Träumerin erweckte, Weil du im Schall der Nacht die Worte der Natur Vernahmst, wenn dich das Ächzen großer Äste schreckte, Weil dir mit riesenhaftem Stöhnen rings das Meer Die allzu menschlich-süße Brust zerfetzte, Weil eines Morgens im April ein schöner blasser Herr, Ein armer Narr, sich stumm zu deinen Knieen setzte. Dein Wahnsinn war: zu lieben! frei zu sein! Das schluckte dich, wie Flammen Schnee aufsaugen, Der Traum fraß deine Sprache - Und der fürchterliche Schein Unendlichkeit verstörte deine blauen Augen. Ophelia 2 ff. Vgl. auch die Übersetzung von K. L. Ammer (S.573), die letzte Strophe des Originals hat Wolfenstein nicht übersetzt Ophelia Eine der Hauptfiguren in Shakespeares Tragödie Hamlet, Prince of Denmark, aus Trauer um den Tod ihres Vaters und aus unglücklicher Liebe zu Hamlet nimmt sie sich in geistiger Umnachtung in einem Fluß das lieben, zu ihrem Wahnsinn und ihrem Tod vgl. Hamlet 4, j und 4, 7, V 167-185. 29 f. ein schöner blasser Herr, Ein armer Narr Hamlet; vgl. Hamlet 3, 2, V. 108 ff. Epochen der deutschen Lyrik Herausgegeben von Walther Killy. Band 10. 3. Teil. Übersetzungen. Nach den Erstdrucken in zeitlicher Folge unter Mitarbeit von Rüdiger von Tiedemann herausgegeben von Dieter Gutzen und Horst Rüdiger. Erster Teil. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1977. ISBN 3-423-04184-6. S. 667-669.