P. Corneli Taciti De origine et situ Germanorum Cap. IX. Deorum maxime Mercurium colunt, cui certis diebus humanis quoque hostiis litare fas habent. Herculem ac Martem concessis animalibus placant. Pars Sueborum et Isidi sacrificat: unde causa et origo peregrino sacro parum comperi, nisi quod signum ipsum in modum liburnae figuratum docet advectam religionem. Ceterum nec cohibere parietibus deos neque in ullam humani oris speciem adsimulare ex magnitudine caelestium arbitrantur: lucos ac nemora consecrant deorumque nominibus appellant secretum illud quod sola reverentia vident. Götterwelt Von den Göttern verehren sie am meisten den Merkur (Wodan); sie halten es für geboten, ihm an bestimmten Tagen auch Menschenopfer darzubringen. Herkules (Donar) und Mars (Zio) stimmen sie durch bestimmte Tieropfer gnädig. Ein Teil der Sueben opfert auch der Isis. Worin der fremde Kult seinen Grund und Ursprung hat, ist mir nicht recht bekannt geworden; immerhin beweist das Zeichen der Göttin - es sieht wie eine Barke aus -, daß der Kult auf dem Seewege gekommen ist. Im übrigen glauben die Germanen, daß es der Hoheit der Himmlischen nicht gemäß sei, Götter in Wände einzuschließen oder irgendwie der menschlichen Gestalt nachzubilden. Sie weihen ihnen Wälder, Lichtungen und Haine, und mit göttlichem Namen benennen sie jenes geheimnisvolle Wesen, das sie nur in Ehrfurcht erblicken.[1] Cap. XV. Quotiens bella non ineunt, non multum venatibus, plus per otium transigunt, dediti somno ciboque, fortissimus quisque ac bellicosissimus nihil agens, delegata domus et penatium et agrorum cura feminis senibusque et infirmissimo cuique ex familia; ipsi hebent, mira diversitate naturae, cum idem homines sic ament inertiam et oderint quietum. Mos est civitatibus ultro ac viritum conferre principibus vel armentorum vel frugum, quod pro honore acceptum etiam necessitatibus subvenit. Gaudent praecipue finitimarum gentium donis, quae non modo a singulis, sed et publice mittuntur, electi equi, magna arma, phalerae torquesque. Iam et pecuniam accipere docuimus. 15. Die Gefolgschaft im Frieden Wenn sie nicht zu Felde ziehen, verbringen sie viel Zeit mit Jagen, mehr noch mit Nichtstun, dem Schlafen und Essen ergeben. Gerade die Tapfersten und Kriegslustigsten rühren sich nicht. Die Sorge für Haus, Hof und Feld bleibt den Frauen, den alten Leuten und allen Schwachen im Hauswesen überlassen; sie selber faulenzen. Ein seltsamer Widerspruch ihres Wesens: dieselben Menschen lieben so sehr das Nichtstun und hassen zugleich die Ruhe. Es ist bei den Stämmen Brauch (Landessitte), daß jedermann freiwillig den Fürsten (bzw. Gefolgsherren) etwas von seinem Vieh oder Korn überläßt; das wird als Ehrengabe angenommen und dient zugleich der Bestreitung des Notwendigen. Besondere Freude bereiten die Geschenke der Nachbarstämme, die nicht nur von einzelnen, sondern auch im Namen der Gesamtheit geschickt werden: erlesene Pferde, prächtige Waffen, Brustschmuck und Halsketten; wir haben sie schon dazu gebracht, auch Geld anzunehmen. ------------------------------- [1] Germania, Ursprung und Lage der Germanen von Publis Cornelius Tacitus. Übersetzt von Andreas J. Voight. [http://www.realhomepage.de/members/Der_letzte_Patriot/Tacitus_Germania.html]