Gottfried Benn Prosa und Autobiographie in der Fassung der Erstdrucke Mit einer Einführung herausgegeben von Bruno Hillebrand Fischer Taschenbuch Verlag Dopplleben (1949) Teil I – Lebensweg eines Intellektualisten 355 Teil II – Doppelleben 395 I. Schatten der Vergangenheit Dieser Teil I erschien im Frühjahr 1934 in einem Essayband, der vergriffen ist. Ich habe nur einige wenige Sätze fortgelassen oder verändert, die sich auf eine der jetzigen Besatzungsmächte bezogen, übrigens keineswegs ausfällige oder beleidigende Sätze. Ich fahre nun fort. Ich blieb also 1933 in Deutschland und zwar zunächst in Berlin. Sofern dies Verbleiben in Deutschland einer Begründung bedarf – hier sind einige Begründungen. 1. Den Begriff der Emigration gab es damals in Deutschland nicht. Man wußte, Marx, Engels hatten sich ihrer Zeit nach London begeben, um ihre Stunde abzuwarten. In neuerer Zeit waren einige Spanier nach Paris gereist, um den politischen Verhältnissen in ihrer Heimat zu entgehen. Man kannte politische Flüchtlinge, aber den massiven, ethisch untermauerten Begriff der Emigration, wie er nach 1933 bei uns gang und gäbe wurde, kannte man nicht. Man kannte natürlich auch die russischen Emigranten, aber bei denen lag Flucht vor gegenüber Ermordetwerden, das war eine vitale Reaktion, kein gesinnungshafter Protest gegen eine andere Gesinnung – und wer war 1933 fähig und bereit, den 30. Januar in Berlin mit dem 8. November 1917 in Petersburg zu vergleichen? Wenn nun also Angehörige meiner Generation und meines Gedankenkreises Deutschland verließen, emigrierten sie noch nicht in dem späteren polemischen Sinne, sondern sie zogen es vor, persönlichen Fährnissen aus dem Wege zu gehen, die Dauer und die Intensität dieses Fortgehens sah wohl keiner von ihnen genau voraus. Es war mehr eine Demonstration als eine Offensive, mehr ein Ausweichen als eine Aktion. Emigration als Führerfronde war kein bei uns bekannter Begriff. Wobei mir übrigens einfällt, daß die meisten, die damals Deutschland verließen, keineswegs sich als Kameraden der russischen Emigranten fühlten, vielmehr im Gegenteil als Kameraden derer, vor denen jene flohn. Ich persönlich hatte keine Veranlassung, Berlin zu verlassen, ich lebte von 395 meiner ärztlichen Praxis und hatte mit politischen Dingen nichts zu tun. 2. Was heute die Staatsrechtslehrer, Politiker, Philosophen über die Angelegenheit denken, weiß ich nicht, aber daß sie überhaupt darüber argumentieren, beweist die Schwierigkeit der Position – ich jedenfalls und viele andere mußten die neue Regierung als legal zur Exekutive gekommen betrachten, Gegenargumente lagen eigentlich gar nicht vor. Der vom Volk gewählte Reichspräsident hatte, offenbar nach sehr schweren inneren Bedenken, die neue Regierung ernannt, sie war ihrer Zusammensetzung nach in keiner Weise totalitär, Zentrum und Konservative waren im Kabinett, der Reichstag bestand weiter, die Presse erschien, die Gewerkschaften waren noch im Gange. Ob der Reichspräsident ein kluger und weitsichtiger Mann war, oder ein unkluger und unweitsichtiger, wie man es heute behauptet, wurde damals nicht erörtert, es stand nirgends zur Diskussion. Auch hatte das Vorspiel zu diesen Vorgängen im Jahre 1932 mit einer Entscheidung des Reichsgerichts in Leipzig[1] geendet, eine höhere Instanz war in Deutschland hierzu nicht bekannt. Also, es war eine legale Regierung am Ruder, ihrer Aufforderung zur Mitarbeit sich entgegenzustellen, lag zunächst keine Veranlassung vor. 3. Das Parteiprogramm. Ich hatte es nie bis zu Ende studiert, war auf keiner der NS–Versammlungen gewesen, hatte weder vor noch nach 1933 eine NS–Zeitung oder –Zeitschrift abonniert, aber ich wußte natürlich, es enthielt unter seinen zahlreichen Punkten einen üblen antisemitischen, aber wer nahm politische Parteiprogramme ernst? Es gab, glaube ich, 22 Parteien, also ebensoviel Parteiprogramme, alle beschimpften sich untereinander und gegeneinander, sehr fein war keines, und wie sich dann später zeigte, das Seneca'sche qui potest mori, non potest cogi[2] –galt für keins. Daß die Parteiprogrammpunkte verwirklicht würden, das konnte man nach den Erfahrungen mit den politischen Verhältnissen überhaupt auf keinen Fall erwarten. Z. B. enthielt das NS–Parteiprogramm auch jenen Punkt: »Brechung der Zinsknechtschaft« – und die Zinsen spielten dann doch eine größere Rolle als je und die Kapitalien und Investitionen wurden reichlich verteilt und ausgenutzt und durch Schlösser und Brillanten ergänzt und 396 was gebrochen wurde, war etwas ganz anderes, aber nicht der Zins – also wörtlich konnte man diese Parteiproklamationen doch wirklich zunächst nicht nehmen, zunächst –dann allerdings, als sie ihre Rassentheoreme praktizierten, schauerten einem die Knochen, aber das war noch nicht 1933. Der Antisemitismus ist eine so ernste Frage, daß ich mir erlaube, ihm einige weitere Sätze zu widmen. Ein »Judenproblem« hatte ich nie gekannt. Es wäre völlig ausgeschlossen gewesen, daß in meinem Vaterhaus ein antisemitischer Gedanke gefaßt oder ausgesprochen worden wäre, ein Gedanke gegen ein Volk, aus dem Christus hervorgegangen war, und mein Vater hielt, um 1900, den »Vorwärts«, kein Stöcker'sches Blatt — den »Vorwärts« in einem Dorf Ostelbiens, damals ein starkes Stück! Auf der Schule, während des Studiums war es nicht anders. Auf der militärärztlichen Akademie, der ich meine Ausbildung verdanke, gab es nicht wenige »Mischlinge«, aber man erfuhr das erst nach 1933, als sie aus den Listen der Sanitätsoffiziere gestrichen werden mußten, vorher hatte sich niemand um diese Herkunftsfragen gekümmert. (Bei dieser Gelegenheit und nebenbei, ich hatte während meiner 2. Dienstzeit Gelegenheit, die Ehrenliste der im I. Weltkrieg gefallenen Sanitätsoffiziere einzusehen, die erst während der Nazizeit als Prachtband erschienen war, die Namen waren alphabetisch geordnet, und es fanden sich acht Cohns). In den entscheidenden Jahren hatte ich dann in Berlin viele jüdische Bekannte. Derjenige Arzt, dem ich körperlich und seelisch die meiste Hilfe verdanke, war eine jüdische Ärztin. Der einzige Mensch, der mir in den Jahren um 1930 wirklich nahe stand, mit dem ich am häufigsten meine damaligen Junggesellenabende verbrachte, der einzige, den ich vielleicht als Freund bezeichnen könnte, war ein Jude, auch während meiner Wehrmachtsjahre hielt das an und heute – von New York aus – ist es nicht anders. Betrachte ich das Judenproblem statistisch, würde ich sagen, während meiner Lebensperiode sah oder las ich drei Juden, die ich als genial bezeichnen würde: Weininger, Else Lasker-Schüler, Mombert. Als Talente allerersten Ranges würde ich nennen: Sternheim, Liebermann, Kerr, Hofmannsthal, Kafka, 397 Döblin, Carl Einstein, dazu Schönberg und dann kam die unabsehbare Fülle anregender, aggressiver, sensitiver Prominenten, von denen ich einige kennenlernte: S. Fischer, Flechtheim[3], Cassirer[4], die Familie Ullstein – meine Auswahl ist gering und unzulänglich, ich verkehrte nicht viel in hohen Kreisen. Von Büchern lebender jüdischer Autoren, die mich aufs stärkste beeindruckt haben und meinen inneren Weg bestimmten, nenne ich: Semi Meyer, Probleme des menschlichen Geisteslebens[5]; Erich Unger: Mythos, Wirklichkeit, Erkenntnis[6]; Levi-Bruhl: Das Denken der Primitiven[7]. Zusammenfassend: ich hatte nie daran einen Zweifel und bezweifele es auch heute nicht, daß die Periode meines Lebens, ohne den nichtarischen Anteil an der Zeit völlig undenkbar wäre. Der Glanz des Kaiserreichs, sein innerer und äußerer Reichtum, verdankte sich sehr wesentlich dem jüdischen Anteil der Bevölkerung. Die überströmende Fülle von Anregungen, von artistischen, wissenschaftlichen, geschäftlichen Improvisationen, die von 1918-193 3 Berlin neben Paris rückten, entstammte zum großen Teil der Begabung dieses Bevölkerungsanteils, seinen internationalen Beziehungen, seiner sensitiven Unruhe und vor allem seinem todsicheren Instinkt für Qualität. Alles dies durch politische Regelungen oder gar Gewaltmaßnahmen auslöschen oder gar ausrotten zu wollen oder zu können, erschien 1933 wohl nicht nur mir ausgeschlossen. Das hieß, Europa ausrotten, die Geschichte blockieren, den Kulturkreis destruieren – dies traute man 1933 keiner Macht der Erde zu. Das liberale Zeitalter, schrieb ich, konnte die Macht nicht sehen, sie sah ihr nicht ins Auge, sie sah von ihr weg, und in diese Bemerkung schließe ich mich ein. Dann aber sah es die Macht und ich sah sie auch. Das Vorstehende ist die Einleitung zu einem Thema, das ich in meiner Lebensgeschichte nicht umgehen will. Es handelt sich um jene Antwort an die literarischen Emigranten, die im Frühjahr 1933 durch Presse und Rundfunk ging, im In- wie Ausland besondere Beachtung fand und mir bis heute vorgehalten wird. Der Anlaß zu dieser Stellungnahme von mir war ein Brief von Klaus Mann gewesen, den ich im folgenden veröffentliche. Klaus Mann stand mir in gewisser Hinsicht nahe, besuchte mich gelegentlich, er war ein 398 Mensch von hoher Intelligenz, weitgereist, tadellos erzogen, von besten Formen und er hatte die schöne ausgestorbene Eigenschaft, bei Unterhaltungen dem Älteren immer einen gewissen Respekt einzuräumen. Diesen Brief hatte ich seit 15 Jahren nicht wieder gelesen und als ich ihn heute wieder vornahm, war ich vollkommen verblüfft. Dieser 27-jährige hatte die Situation richtiger beurteilt, die Entwicklung der Dinge genau vorausgesehen, er war klarerdenkend als ich, meine Antwort, aus der ich Teile anführen werde, war demgegenüber romantisch, überschwänglich, pathetisch, aber ich muß ihr zugute halten, sie enthielt Probleme, Fragen, innere Schwierigkeiten, die auch heute noch für uns alle akut sind, und auf die ich zu sprechen kommen werde. Ich veröffentliche den Brief auch als Ehrung für den Verstorbenen, für den ich trotz aller schweren Angriffe, die von ihm und seinem Kreise dann gegen mich vorgetragen wurden, immer ein freundliches Erinnern bewahrte. Die im Brief genannten Namen lasse ich fort, da sie zum Teil noch Lebende betreffen, die auch heute noch oder wieder eine öffentliche Rolle spielen. Dieser schöne Brief lautet: KLAUS MANN LeLavandou, den9.5.33. Lieber und verehrter Herr Doktor BENN erlauben Sie einem leidenschaftlichen und treuen Bewunderer Ihrer Schriften mit einer Frage zu Ihnen zu kommen, zu der ihn an sich nichts berechtigt, als eben seine starke Anteilnahme an Ihrer geistigen Existenz? Ich schreibe diese Zeilen nur in der Hoffnung, daß Sie mich als verständnisvollen Leser Ihrer Arbeiten etwas legitimiert finden, eine offene Frage an Sie zu richten. – In den letzten Wochen sind mir verschiedentlich Gerüchte über Ihre Stellungnahme gegenüber den »deutschen Ereignissen« zu Ohren gekommen, die mich bestürzt hätten, wenn ich mich hätte entschließen können, ihnen Glauben zu schenken. Das wollte ich keinesfalls tun. Eine gewisse Bestätigung erfahren diese Gerüchte durch die Tatsache, die mir bekannt wird, daß Sie – eigentlich als EINZIGER deutscher Autor, mit dem unsereins gerechnet hatte – Ihren Austritt aus der Akademie NICHT erklärt haben. Was mich bei der protestantischen . . . nicht verwundert und was ich von,.., der seine Rolle als der Hindenburg der deutschen 399 Literatur mit einer bemerkenswerten Konsequenz zu Ende spielt, nicht anders erwartet hatte, entsetzt mich in Ihrem Falle. In welcher Gesellschaft befinden Sie sich dort? Was konnte Sie dahin bringen, Ihren Namen, der uns der Inbegriff des höchsten Niveaus und einer geradezu fanatischen Reinheit gewesen ist, denen zur Verfügung zu stellen, deren Niveaulosigkeit absolut beispiellos in der europäischen Geschichte ist und von deren moralischer Unreinheit sich die Welt mit Abscheu abwendet? Wie viele Freunde müssen Sie verlieren, indem Sie solcherart gemeinsame Sache mit den geistig Hassensivürdigen machen – und was für Freunde haben Sie am Ende auf dieser falschen Seite zu gewinnen? Wer versteht Sie denn dort? Wer hat denn dort nur Ohren für Ihre Sprache, deren radikales Pathos den Herren. . . und . . . höchst befremdlich wenn nicht als der purste Kulturbolschewismus in den Ohren klingen dürfte? Wo waren denn die, die Ihre Bewunderer sind? Doch nicht etwa im Lager dieses erwachenden Deutschlands? Heute sitzen Ihre jungen Bewunderer, die ich kenne, in den kleinen Hotels von Paris, Zürich und Prag – und Sie, der ihr Abgott gewesen ist, spielen weiter den Akademiker DIESES Staates. Wenn Ihnen aber an Ihren Verehrern nichts liegt – sehen Sie doch hin, wo die sich aufhalten, die Sie Ihrerseits auf so hinreißende Art bewundert haben. Heinrich Mann, dem Sie wie kein anderer gehuldigt haben, ist doch mit Schanden aus eben derselben Organisation geflogen, in der Sie nun bleiben; mein Vater, den Sie zu zitieren liebten, wird in dem Lande nur noch beschimpft, für dessen Ansehen er in der Welt allerlei geleistet hat – wenn auch nicht so viel, wie seine neuen Herren nun wieder zu zerstören wußten. Die Geister des Auslands, die doch auch Ihnen wichtig gewesen sind, überbieten sich in den schärfsten Protesten – denken Sie doch an Andre Gide, der gewiß nie zu den platten »Marxisten« gehört hat, die Sie so schrecklich abstoßend fanden. Da sind wir ja wohl beim entscheidenden Punkt. Wie gut habe ich Ihre Erbitterung gegen den Typus des »marxistischen« deutschen Literaten (fatalster Vertreter:. . .) immer verstanden, und wie sehr habe ich sie oft geteilt. Wie blöde und schlimm war es, wenn diese Herren in der Frankfurter Zeitung, im Börsencurier oder in ihren verschiedenen Linkskurven Dichtungen auf ihren soziologischen Gehalt hin prüften. Das war ja wirklich zum Kotzen, und niemand hatte mehr unter denen zu leiden als ich. Mit Beunruhigung aber verfolgte ich schon seit Jahren, wie Sie, Gottfried Benn, 400 sich aus Antipathie gegen diese aufgeblasenen Flachköpfe in einen immer grimmigeren IRRATIONALISMUS retteten. Diese Haltung blieb rein geistig und hatte für mich eine große Verführungskraft, wie ich gestehe – aber das hinderte nicht, daß ich ihre Gefahren spürte. Als ich unlängst in der »Weltbühne« den Aufsatz über Sie und Ihre »Flucht zu den – ja: wenn ich genau nachdachte, fiel mir ein, daß ich eigentlich recht ähnliche Dinge ziemlich viel früher über Sie geschrieben hatte. Es scheint ja heute ein beinah zwangsläufiges Gesetz, daß eine zu starke Sympathie mit dem Irrationalen zur politischen Reaktion führt, wenn man nicht höllisch genau Acht gibt. Erst die große Gebärde gegen die »Zivilisation« – eine Gebärde, die, wie ich weiß, den geistigen Menschen nur zu stark anzieht –; plötzlich ist man beim Kultus der Gewalt, und dann schon beim Adolf Hitler. – Ist es nicht doch ein bißchen so, wie ein geistreicher Autor (KEIN »Marxist«) an dieser Küste neulich zu mir sagte: »Der Benn hat sich einfach so viel über den. . . geärgert, daß er schließlich Nazi darüber wurde.« Ich verstehe ja sehr gut, daß man sich ausgiebig über den . . . ärgern kann, aber doch nicht gleich bis zu dem Grade, daß man den Geist überhaupt darüber verrät. Mich könnte kein . . ., kein . . . je so weit bringen. Im Gegenteil: während der. . . heute Mittel und Wege findet, sich so ein bißchen fascistisch umzufrisieren – und vielleicht wird morgen schon bei ihm die »Nation« stehen, wo gestern das »Klassenbewußtsein« stand –, weiß ich nun so klar und so genau wie nie, wo mein Platz ist. Kein Vulgärmarxismus kann mich mehr irritieren. Ich weiß doch, daß man kein stumpfsinniger »Materialist« sein muß, um das Vernünftige zu wollen und die hysterische Brutalität aus tiefstem Herzen zu hassen. Ich habe zu Ihnen geredet, ohne daß Sie mich gefragt hatten; das ist ungehörig, ich muß noch einmal um Entschuldigung bitten. Aber Sie sollen wissen, daß Sie für mich – und einige andere – zu den sehr Wenigen gehören, die wir keinesfalls an die »andere Seite« verlieren möchten. Wer sich aber in dieser Stunde zweideutig verhält, wird für heute und immer nicht mehr zu uns gehören. Aber freilich müssen Sie ja wissen, was Sie für unsere Liebe eintauschen und welchen großen Ersatz man Ihnen drüben dafür bietet; wenn ich kein schlechter Prophet bin, wird es zuletzt Undank und Hohn sein. Denn, wenn einige Geister von Rang 401 immer noch nicht wissen, wohin sie gehören –: die dort drüben wissen ja ganz genau, wer nicht zu ihnen gehört: nämlich der GEIST. Ich wäre Ihnen dankbar für jede Antwort. Meine Adresse: Hotel de la Tour, SANARY s.m.(VAR) Ihr gez. Klaus Mann Dies ist der Brief, niemand wird ihn ohne Rührung lesen. Daß ich ihn trotzdem ablehnen mußte, zeigt die innere Bedrängnis, in der ich stand. Ich glaubte an eine echte Erneuerung des deutschen Volkes, die einen Ausweg aus Rationalismus, Funktionalismus, zivilisatorischer Erstarrung finden würde, die Europa dienen, dessen Bildung, seine kritischen Maßstäbe einschließen, Religionen und Rassen das lassen und sich zu Nutzen übernehmen würde, was das Beste an ihnen war. Aus meiner Antwort bringe ich zunächst aus dem Schlußteil unverändert zwei Abschnitte. Schließlich richtet sich aber Ihr Brief auch unmittelbar an meine Person. An diese richten Sie Fragen, Warnungs- und Prüfungsfragen hinsichtlich der Besonderheit ihres radikalen Sprachgefühls, das mir auf der anderen Seite nur Hohn und Spott eintragen würde, schließlich nach ihrer Verehrung bestimmter literarischer Köpfe, die jetzt auf Ihrer Seite sich befinden. Ich antworte Ihnen: ich werde weiter verehren, was ich für die deutsche Literatur vorbildlich und erzieherisch fand, ich werde es verehren bis nach Lugano und an das ligurische Meer, aber ich erkläre mich ganz persönlich für den neuen Staat, weil es mein Volk ist, das sich hier seinen Weg bahnt. Wer wäre ich, mich auszu-schließen, weiß ich denn etwas Besseres – nein! Ich kann versuchen, es nach Maßgabe meiner Kräfte dahin zu leiten, wo ich es sehen möchte, aber wenn es mir nicht gelänge, es bliebe mein Volk. Volk ist viel! Meine geistige und wirtschaftliche Existenz, meine Sprache, mein Leben, meine menschlichen Beziehungen, die ganze Summe meines Gehirns danke ich doch in erster Linie diesem Volke. Aus ihm stammen die Ahnen, zu ihm kehren die Kinder zurück. Und da ich auf dem Land und bei den Herden groß wurde, weiß ich auch noch, was Heimat ist. Großstadt, Industrialismus, Intellek- 402 tualismus, alle Schatten, die das Zeitalter über meine Gedanken warf, alle Mächte des Jahrhunderts, denen ich mich in meiner Produktion stellte – es gibt Augenblicke, wo dies ganze gequälte Leben versinkt, und nichts ist da als die Ebene, die weite, Jahreszeiten, Erde, einfache Worte–: Volk. So kommt es, daß ich mich denen zur Verfügung stelle, denen Europa, wie Sie schreiben, jeden Rang abspricht. Schließlich noch etwas, über das Sie im Ausland, wenn Sie das Vorstehende lesen, sicher Bescheid wissen wollen: ich gehöre nicht zu der Partei, habe auch keine Beziehung zu ihren Führern, ich rechne nicht mit neuen Freunden. Es ist meine fanatische Reinheit, von der Sie in Ihrem Brief so ehrenvoll für mich schreiben, meine Reinheit des Gedankens und des Gefühls, das mich zu dieser Darstellung treibt. Ihre Grundlagen sind dieselben, die Sie bei allen Denkern der Geschichte finden. Der eine sagte: die Weltgeschichte ist nicht der Boden des Glücks (Fichte); der andere: Völker haben bestimmte große Lebenszüge an den Tag zu bringen, und zwar völlig ohne Rücksicht auf die Beglückung des einzelnen, auf eine möglichst große Summe von Lebensglück (Burckhardt); der dritte: die zunehmende Verkleinerung des Menschen ist gerade die treibende Kraft, an die Züchtung einer stärkeren Rasse zu denken. Dazu: eine herrschaftliche Rasse kann nur aus furchtbaren und gewaltsamen Anfängen emporwachsen. Problem: wo sind die Barbaren des 20. Jahrhunderts (Nietzsche). Das alles hatte die liberale und individualistische Ära ganz vergessen, sie war auch geistig gar nicht in der Lage, es als Forderung in sich aufzunehmen und es in seinen politischen Folgen zu übersehen. Plötzlich aber öffnen sich Gefahren, plötzlich verdichtet sich die Gemeinschaft, und jeder muß einzeln hervortreten, auch der Literat, und sich entscheiden: Privatliebhaberei oder Richtung auf den Staat. Ich entscheide mich für das letztere und muß es für diesen Staat hinnehmen, wenn Sie mir von Ihrer Küste aus zurufen: Leben Sie wohl. Andere Partien meiner Antwort würde ich heute nicht mehr schreiben, sie sind romantisch, haben einen unangenehmen Schwung und sind erfüllt von einer Art Schicksalsrausch – ich bitte dieses Wort im Gedächtnis zu behalten, es stammt aus dem Arsenal eines Erfahreneren, ich komme gleich darauf zu sprechen. Alles in allem ist aber meine Antwort weniger ein Plädoyer für den N.S. als für ganz etwas anderes, und jetzt nähern wir uns dem Kernpunkt des 403 Problems: nämlich für das Recht eines Volkes, sich eine neue Lebensform zu geben, auch wenn diese Form anderen nicht zusagt, und ich analysierte die Methode, mit der sich eine solche neue Lebensform ankündet und durchsetzt trotz aller rationalen und moralischen Einwände gegen sie. Dieser Teil meiner Darlegungen ist auch heute aktuell und ich werde sie von neuem diskutieren. Die Stelle lautet: Aber, und so lautet meine Gegenfrage, wie stellen Sie sich denn nun eigentlich vor, daß die Geschichte sich bewegt? Meinen Sie, sie sei in französischen Badeorten besonders tätig? Wie stellen Sie sich zum Beispiel das 12. Jahrhundert vor, den Übergang vom romanischen zum gotischen Gefühl, meinen Sie, man hätte sich das besprochen? Meinen Sie, im Norden des Landes, aus dessen Süden Sie mir jetzt schreiben, hätte sich jemand einen neuen Baustil erdacht? Man hätte abgestimmt: Rundbogen oder Spitzbogen; man hätte debattiert über die Apsiden: rund oder polygon? Ich glaube, Sie kämen weiter, wenn Sie endlich diese novellistische Auffassung der Geschichte hinter sich ließen, um sie mehr als das elementare, das stoßartige, das unausweichliche Phänomen zu sehen; ich glaube, Sie kämen den Ereignissen in Deutschland näher, wenn Sie die Geschichte nicht weiter als den Kontoauszug betrachteten, den Ihr bürgerliches Neunzehntes-Jahrhundert-Gehim der Schöpfung präsentierte, – ach, sie schuldet Ihnen ja nichts, aber Sie ihr alles, sie kennt ja Ihre Demokratie nicht, auch nicht Ihren vielleicht mühsam hochgehaltenen Rationalismus, sie hat ja keine andere Methode, sie hat ja keinen anderen Stil, als an ihren Wendepunkten einen neuen menschlichen Typ aus dem unerschöpflichen Schoß der Rasse zu schicken, der sich durchkämpfen muß, der die Idee seiner Generation und seiner Art in den Stoff der Zeit bauen muß, nicht weichend, handelnd und leidend, wie das Gesetz des Lebens es befiehlt. Natürlich ist diese Auffassung der Geschichte nicht aufklärerisch und nicht humanistisch, sondern metaphysisch, und meine Auffassung vom Menschen ist es noch mehr. Und damit stehen wir vor dem Kern unseres alten Streites: Ihr Vorwurf, ich kämpfte für das Irrationale. Treten wir nun zurück von Klaus Mann und mir im Jahre 1933 – schreiben wir das heutige Datum, es gibt etwas, das sie beide verbindet, es ist: das Dilemma der Geschichte. Die Geschichte! Das Abendland betet sie an. Bezieht aus ihr den größten Teil seiner Standardideologien: Tapferkeit, Ehre, Virtus, Vaterland(sverrat), Mannesmut, Treue, Selbstbe- 404 hauptung, wer rastet, der rostet – allen Gewalten zum Trotz sich erhalten – die ganzen Jiu-jitsubegriffe des Nationalismus. Auch innerhalb des weitverzweigten philosophischen und künstlerischen Gewebes der letzten Jahrtausende liegen diese Worte und Vorstellungen als Kernbegriffe vor: Wallenstein, Tellheim, Prinz von Homburg, in Frankreich der Jean d'Arc-Mythos, in England die Königsdramen, bei den Hellenen die Perser, der Parthenonfries, die Ilias – d'Annunzio's Fiume – und wie steht es mit den Drei Grenadieren von Heinrich Heine?[8] Was ist Pindar, der die Olympioniken besingt, – die Nibelungen, die Edda, die Alexanderschlacht und Platons Staat? Hinter allem steht eine einheitliche Figur: der Mann, der sich für eine geschichtliche Idee einsetzt, siegt und fällt, steht die Tapferkeit des Mannes, oft die gesetzesverleugnende, moralumschaffende Tapferkeit des Mannes – so kam es auf uns. Gehen wir den beiden Quellen unseres Bildungsbesitzes nach, bestätigt sich diese These: das Römertum, keinesfalls das Ideal reiner Menschlichkeit vertretend, sondern allein das der Größe des neuentstehenden Rom, und das Griechentum, auf das wir unseren Humanismus zurückführen –(Humanismus als der Gedanke an den Adel des Menschen, Bultmann, – der griechische Weg zum Menschen, den wir als Humanismus bezeichnen, Werner Jäger, – das griechische Bildungsideal, das wir weitertragen, Eduard Norden) – also diese Griechen, was schrieben sie dem Äschylos auf seinen Grabstein? Nichts vom Dichterischen, keinen Vers aus seinen Tragödien –: Marathons Hain noch spricht von der Kraft des ruhmreichen Streiters – sie gedachten seiner allein als des Marathonkämpfers. Und Europa fand es der Bewunderung wert. Marathon, die Tapferkeit, die Virtus, also die Geschichte, der wir mit Salamis die Entstehung und mit Tours und Poitiers die Erhaltung des Abendlandes verdanken – wie ist ihr Weg? Die Ostindische Kompanie, die Bastille, Cortez –welches ist die Methode, die zu Resultaten führte? Wir müssen es kurz und modern ausdrücken: sie verfährt nicht demokratisch, sie verfährt mit Gewalt. Aber damit treten wir schon wieder vor eine neue unlösliche Frage, nämlich was heißt eigentlich Gewalt, wo beginnt sie, was bestimmt ihr Wesen? Auch Geburt ist Gewalt, auch Eiszeit ist Gewalt. 405 Auch Ticrschlachten ist Gewalt. Verbrecher ausrotten ist Gewalt. Jeder Verkehrspolizist ist Gewalt. Jede Ordnung ist Gewalt. Also das Nicht-Sanfte und Nicht-Kontemplative ist vorhanden und geht seinen Weg und von da ist nur ein Schritt zu der Frage, könnte sich der Geist überhaupt erhalten, formen, seine Bahnen ziehen ohne diesen Kontrapunkt? Das Dilemma der Geschichte! Es wird noch größer, wenn man seine Betrachtungen von einer weiteren Perspektive nicht zurückhalten kann: wenn die Religion der Demut und des Hinhaltens der linken Wange, nachdem die rechte genügend geschlagen ist, wenn das Christentum unbezweifelbar mit seinen Religionskämpfen, Kaiser- und Papstkriegen, 30-jährigen Krieg, Inquisitionen, Hexenprozessen, Edikten, Hussiten, Calvin weit mehr Menschen als Opfer forderte als die beiden letzten Weltkriege zusammen – was'dann? Es ist unlösbar. Man kommt den Dingen mit Gedanken nicht mehr nahe. Das Vaterland, der Krieg, die Macht – ich kann es mir nicht versagen, auf der Suche nach Zeugen und Vorbildern des Verhaltens gegenüber diesen Fragen den von mir mein Leben lang gefeierten und hochverehrten Thomas Mann in die Diskussion zu ziehen. Vor mir liegt sein Lebensabriß, erschienen 1930 in der »Neuen Rundschau«, Juniheft. Es handelt sich um sein Verhältnis zum Krieg 1914–1918. Da lesen wir: Ich teilte die Schicksalsergriffenheit eines geistigen Deutschtums, dessen Glaube soviel Wahrheit und Irrtum, Recht und Unrecht umfaßte und so furchtbaren, ins Große gerechnet aber heilsamen, Reife und Wachstum fördernden Belehrungen entgegenging. Ich habe diesen schweren Weg zusammen mit meinem Volke zurückgelegt, die Stufen meines Erlebens waren die des seinen und so will ichs gutheißen. So will er's gutheißen! Also nichts von Pazifismus. Ferner lesen wir: Die Betrachtungen eines Unpolitischen waren ein Gedankendienst mit der Waffe, zu welchem, wie ich im Vorwort sagte, nicht Staat und Wehrmacht, sondern die Zeit selbst mich eingezogen hatte. Eingezogen! Dann reiste er in das besetzte Brüssel, um einer Aufführung seiner Fiorenza in einem durch die Deutschen besetzten Theater beizuwohnen. Frühstückte beim deutschen Gouverneur im Kreis seiner Offiziere, schmucker und liebenswürdiger Leute, ein Kammerherr redet ihn später brieflich Herr Kriegskamerad an. Nach 1918 erlebte er den Verfall einer 406 unzweifelhaft echten, wenn auch politisch unberatenen und historisch irrigen Erhebung, er durchlebt das widerwärtig entnervende Gefühl des Ausgeliefertseins an die Fremden. Und dann folgt der sehr bemerkenswerte Satz: »Das Gefühl epochaler und zeitalterscheidender Wende, die auch in mein persönliches Leben unweigerlich tief eingreifen mußte, war von Anfang an sehr stark in mir gewesen, es war der Grund des Schicksalsrausches, der meinem Verhältnis zum Krieg den deutsch-positiven Charakter verlieh.« Seltsam erregende Sätze! Ich erlaube mir, einige dieser Wendungen mit Stellen aus meiner Antwort an die Literarischen Emigranten in inhaltliche Beziehung zu setzen. Im übrigen bin ich sicher, daß Thomas Mann keinen dieser Sätze heute korrigieren oder zurücknehmen würde. Es nützte ja auch nichts. Die Probleme bleiben bestehen. Ein Künstler, ein Geist, ein hochkultivierter Mann, seiner Natur nach unpolitisch und Antimilitarist, wird mit in diesen Mahlstrom hineingezogen und muß ihn bestehen. Eine definitive Antwort weiß er weder für sich noch für uns andere, sein Verhalten ist düster, notgedrungen oder, um einmal ein Wort zu gebrauchen, das ich nicht sehr liebe: tragisch. Demgegenüber sind eigentlich die Schilderungen Goethes über seine Teilnahme an Schlacht– und Kriegshandlungen von Heiterkeit erfüllt, einseitig persönlich und noch ohne Vorkenntnis von den vernichtenden Perspektiven, in die die Urenkel dann gelangen sollten. Ja, sie wurden vernichtend oder sagen wir lieber, sie wurden immer komplizierter. Politische Apathie wird verurteilt, aber politische Handlungen sind nur möglich unter Macht- und Expansionsaspekten. Nun sagen die Fachleute, die Macht solle in die Hände der Besten gelangen, der Aristoi, darum gehe der Kampf. Aber wer sind die Aristoi?[9] Jeder wird sich etwas anderes darunter vorstellen. Und wie verfahren die Aristoi, wenn sie an die Macht gelangt sind? Und will man sich orientieren, sieht man, es gab und gibt so viele Staaten, die das schufen, was auch bei uns als Ziel vorschwebt: Innerlichkeit und Kultur, aber diese Staaten hatten ganz andere Aristoi als unseren Philosophen vorschweben würde. Immer wieder also und überall das persönliche affektbestimmte konstitutionelle Motiv und danach dann die Qualifikation und die Ausrichtung der 407 Werte. Oder was soll man zu folgendem Erlebnis sagen: in diesem Sommer besuchte mich ein deutscher Emigrant, er ist Professor der Philosophie in USA. Wir unterhielten uns zwei Stunden, auch über Politik. Dabei sagte er: es geht eben nirgends mehr ohne Diktatur, das erfordern die Verhältnisse. Ich war konsterniert, dies von einem Amerikaner zu hören, der Deutschland wegen einer Diktatur verlassen hatte. Ich bat ihn um nähere Erklärung. Er zögerte, sagte dann: es gibt eben gute und schlechte Diktaturen, und er bezog die östliche mit ein. Gute und schlechte Diktaturen – nein, da kann ich nicht mehr mit, da stehn wir wieder im Aufmarschgebiet der Ideologien und gab es je eine, die sich nicht für die beste der Welten hielt? Man kann schon gar nicht mehr darüber nachdenken. Manchmal hat man schon das Gefühl, mit dem Gedanken ist es vorbei. Jeder Gedanke ruft sofort seinen Gegengedanken hervor, man denkt ihn, man schreibt ihn und im selben Augenblick ist schon der Gegenstoß da und reißt ihn um. Man vergleiche die Blätter am Baum: so dünn und zart sie sind, solange Sommer ist, reißt sie kein Sturmwind ab, kein Wolkenbruch, aber im Herbst fallen sie von selber. Im Dialektischen ist offenbar Herbst, die Gedanken fallen vom Atemzug des eigenen Schöpfers, er erzeugt sie und er verschlingt sie in das Aufgehobensein, in einen Dunst. Wenn Dinge sehr lange gedacht werden, fallen sie ins Nichts. So die Dinge der Macht und des Geistes, der Ordnung und des Chaos, des Staates und der Freiheit. Man muß anhalten, sonst fällt man selber mit. Ich will daher nur noch auf einige konkrete Punkte aus dem Brief von Klaus Mann eingehen, zunächst auf den Vorwurf, daß ich in der Akademie blieb. Es handelt sich um die damalige Preußische Akademie der Künste, der 1926 eine Abteilung für Dichtkunst angegliedert worden war. Etwa 25 der bedeutendsten Schriftsteller dichterischer Richtung und Substanz waren die Mitglieder. Als ich 1932 hineingewählt wurde, war Max Liebermann Präsident der Gesamtakademie, Heinrich Mann Abteilungs-Präsident für die Dichtung. Die Wahl war damals eine außerordentliche Ehre, die größte, die einem Schriftsteller innerhalb des deutschen Sprachraums zuteil werden konnte. Die Aufgabe der Akademie bestand in Ausstellungen, Konzerten, Vor– 408 tragsabenden, Gutachten für den Kultusminister, Verleihung von Preisen und Unterstützung verdienter Künstler. Die Lage im verworrenen Frühjahr 1933[10] war nun so, daß nach dem Fortgang der berühmtesten Träger der Abteilung hier ein knappes halbes Dutzend Mitglieder zurückblieb, die sich dem Ansturm gewisser völkischer und volkhaft ausgerichteter Autoren gegenübersahen, die die alte Gruppe eliminieren und alle kulturellen Positionen besetzen wollten. Uns hielten sie alle mehr oder weniger für Kulturbolschewisten. Die Vorgänge spielten sich für uns im Dunkeln ab, niemand wußte, woran er war, und es standen nicht nur ideelle Fragen zur Debatte, sondern auch materielle. Nicht für mich, ich habe nie einen Pfennig aus irgendeinem dieser Fonds bezogen oder irgendwelche anderen Vorteile gehabt. Aber die Akademie hatte einen Etat, Personal, Sekretäre, Angestellte, die ihr Gehalt weiter beziehen wollten; Loerke erhielt als Sekretär der Abteilung für Dichtung ein Gehalt, das für ihn wichtig war (natürlich nicht so wichtig, daß es ihn zu irgendwelchen Konzessionen innerer Art je hätte bewegen können); Stucken[11] bekam einen monatlichen Ehrensold, ohne den er nicht leben konnte; Fulda[12] wollte aus persönlichen Gründen wissen, woran er war und wie weit die Aggression gegen die als gefährdet anzusehenden Mitglieder schon vorgeschritten war. Also hielten wir zusammen, besonders auch im Hinblick darauf, daß die Verhandlungen mit den abwesenden Mitgliedern, die vom Gesamt–Präsidenten, der damals Max von Schillings[13] war, geführt wurden, noch nicht abgeschlossen waren und noch manche Hoffnung in uns übrig ließen. Bei dieser Lage nahm ich im Auftrag der hiesigen Mitglieder an einer Sitzung bei Rust teil, der der Kurator der Akademie geworden war. Da saß ich als einziger und wenig angesehener Vertreter der Belasteten, den, wie ich wußte, Rust wegen seiner gelegentlichen Mitarbeit an der »Weltbühne« schon auf dem Strich hatte, recht schweigsam da und hörte mir an, wie die neue Front sich ihrer kolossalen internationalen Beziehungen rühmte und ganz Europa in ihre Strömungen einzubeziehen sich anheischig machte. In der Diskussion gebrauchte ich einmal die Wendung von veränderten politischen Verhältnissen, Rust lief rot an und: es handelt sich nicht um politische Veränderungen gen, sondern um eine geschichtliche Wende, verwies er mich. Unmittelbar nach dieser Sitzung traf ich mich verabredungsgemäß mit den alten Mitgliedern, es waren soweit ich' mich erinnere Loerke, von Molo, Stucken, Fulda, in einem Lokal, und ich berichtete ihnen von dem niederschmetternden Eindruck, den die Zusammenkunft auf mich gemacht hatte. Damit endete meine persönliche Tätigkeit für die Akademie. Dann nahm ich, wie alle anderen noch hier gebliebenen Mitglieder, an der Sitzung vom 6./7. Juni 1933 teil, die Rust eröffnete und Herr von Schillings leitete. Johst und Blunck wurden zu Vorsitzenden gewählt und lauter neue Senatoren ernannt. Ich blieb völlig im Hintergrund, doch erinnere ich mich sehr deutlich, wie es einige der neuen Mitglieder kaum über sich gewinnen konnten, mir bei der Begrüßung die Hand zu geben. Seit dieser Sitzung habe ich nichts mehr von der Akademie gesehen und gehört. Ob sie getagt hat, was sie getan hat, weiß ich nicht. Ich will noch hinzufügen, daß ich im Sommer 1933 zunächst von ihr beauftragt war, aus Anlaß des Todes von Stefan George eine Gedächtnisrede auf ihn zu halten, ich hatte sie fertig, aber mein Auftreten wurde untersagt. Ich weiß nicht von wem, ich habe mich auch nie darum gekümmert. Also schon 1933 war es mit mir in dieser Hinsicht aus. Ich stelle das Vorstehende so ausführlich dar, weil Klaus Mann ferner in seinem Roman Mephisto, den er mir 193 7 mit einer reizenden und melancholischen Widmung zusandte, und der mich auch erreichte, und der ja bekanntlich in gewisser Weise ein Schlüsselroman ist, auch mich einführt und glossiert. Nämlich als jenen höchst anspruchsvollen, schwer begreifbaren, auf dunkle Art hinreißenden Lyriker namens Pelz, dessen Körperlichkeit er auch unverkennbar treffend nach mir schildert. Dieser Pelz also, angeblich Vizepräsident der Akademie, von Haus aus ein wenig weltfremd, wie der Autor bemerkt, wurde nun sehr schnell gesellschaftsfähig und gewandt und ging in Hendrikshall und in allen Häusern der Prominenten aus und ein, in denen der Whisky und die Marmelade direkt aus London bezogen wurden, wo man in Geld schwamm und es toll herging. Das alles, muß ich bemerken, ist eine dichterische Freiheit des Autors. Ich ging nirgends aus und ein, wurde auch nirgends eingeladen, betrat kein Ministerium und kein Palais, keine Soiree 410 und keinen Empfang, besuchte keine der Veranstaltungen der Reichskulturkammer und auch nie den Tag des Buches in Weimar oder sonstwo. Außer Rust in jener Sitzung war die höchste Parteiinstanz, mit der ich zu tun hatte, der Blockwart, wenn er an der Korridortür die mannigfachen Kollekten einkassierte. Ich fasse zusammen: ich behaupte, daß viele von denen, die damals blieben und ihre Posten weiterführten, es darum taten, weil sie hofften, die Plätze für die, die fortgegangen waren, freihalten zu können, um sie ihnen zu übergeben, wenn sie wiederkamen. Ich sage das nicht aus Verteidigungsgründen für mich und andere, dafür ist die Zeit vorbei, sondern ich berichte die Tatsache, daß es so war. Es ist nicht so, daß man uns nicht glauben kann. Wir waren nicht alle Opportunisten. Wir haben genau so unsere inneren Überlegungen gehabt, unsere Hoffnungen und dann unsere Zweifel durchgekämpft und dann mit unseren inneren und äußeren Niederlagen bezahlt wie jene, die sich von uns trennten. Wir haben uns in dieser Form erlebt, jene in einer anderen. Immer alles gewußt zu haben, immer recht behalten zu haben, das alleine ist nicht groß. Sich irren und dennoch seinem Inneren weiter Glauben schenken müssen: – das ist der Mensch, – sagt einer meiner Drei alten Männer – und jenseits von Sieg und Niederlage beginnt sein Ruhm. Der Ruhm nämlich, das auf sich genommen zu haben, was der uns zugemessene Teil, was die Moira, man kann natürlich auch sagen der Zufall und die Gelegenheit, uns bestimmte. Opportunismus ist das nicht. Aus Opportunismus erhält sich kein schöpferischer Mensch. Man muß tiefere und verfänglichere Schichten aufsuchen, um zu Urteilen zu gelangen. Und wenn Döblin mich jetzt öffentlich und privat einen Schuft nennt, so weiß ich wirklich nicht, warum, und er muß das mit sich alleine abmachen. Aber noch einen Gedanken muß ich aussprechen, er ist mir zu oft gekommen, wenn ich an 1933 zurückdachte: wenn die, die dann Deutschland verließen und noch heute so sehr auf uns herabsehen, so klug und weitsichtig waren, wie es Klaus Mann ja ohne Zweifel war und wie es viele von den anderen vielleicht auch waren – warum haben sie das Unheil nicht von sich und von uns abgewendet? Ihnen gehörte die Öffentlichkeit, die Öffentlichkeit hörte ihnen 410 zu, sie hatten Beziehungen zu Braun, Severing[14], Brüning, ihnen standen Teile der prominenten Presse zur Verfügung, ebenso Theater, gewisse Botschaften und internationale Gremien, aber außer dem berühmten Vortrag von Thomas Mann in der Berliner Philharmonie 1932 entsinne ich mich keiner tatsächlichen Aktion von ihrer Seite – warum haben sie, wenn sie Bescheid wußten, das Unheil nicht abgewendet von sich, von uns, von Europa, von der ganzen Welt, konnten vielleicht auch sie die Macht nicht sehen, wie ich das unter Nr. 3 dieser Vorbemerkung darstelle oder sollte das dann Kommende doch tatsächlich unabwendbar, eine Art Geologie, gewesen sein? ------------------------------- [1] Durch Notverordnung enthebt Reichskanzler Papen die geschäftsführende sozialdeokratische preußische regierung Braun ihres Amtes und wird selbst Reichskommissar für Preußen. Dadurch wird der SPD-einfluss in Verwaltung und Polizei beseitigt. [2] Wer sich davonzumachen weiß, ist nicht bedrückbar. Meistehs in Bezug auf Selbstmord, hier auf die emigration. [3] ein deutscher Kunsthändler. 1913 eröffnete er in Düsseldorf eine eigene Galerie; Ableger in Frankfurt, Köln und Berlin folgten. 1921 siedelte er nach Berlin über, wo er die Kunstzeitschrift Der Querschnitt gründete. Zu den von ihm vertretenen Künstlern gehörten Pablo Picasso, Georges Braque, Paul Klee, George Grosz, Max Beckmann, Peter Janssen, Arno Breker, Aristide Maillol u.a. [4] Paul Cassirer führte die Galerie und den Kunsthandel weiter, während Bruno Cassirer den Verlag behielt, mit dem er in die Derfflingerstraße 15 in Berlin-Tiergarten umzog. Beide Verleger beschränkten sich gegenseitig bis 1908 auf ihren jeweiligen Unternehmensbereich. Nach der Trennung brach Bruno Cassirer den Kontakt zur "Secession" ab, wohingegen Paul weiterhin Mitglied war und 1912 Präsident der Gesellschaft wurde. Allerdings unterstützte B. die Vereinigng weiterhin moralisch durch seine 1902 gegründete Zeitschrift Kunst und Künstler. Die Aufteilung des Unternehmens hatte eine nachhaltige Konkurrenzsituation der beiden Verleger zur Folge, die sich besonders in den ersten Jahren der von Paul Cassirer ins Leben gerufenen "Pan-Presse" bemerkar machte. Dennoch ergänzten sich ihre Verlagsprogramme zum Teil (speziell im Kunstbuchbereich) und viele Künstler wie Karl Walser, Rudolf Großmann, Hans Meid aber auch Liebermann und Slevogt waren weiterhin bei beiden Verlagen tätig. 1903 trat Christian Morgenstern als literarischer Lektor in den Verlag ein, unter dessen Leitung die Zeitschrift Das Theater erschien. Hier wurden insgesamt vier Bücher des Dichters zu dessen Lebzeiten und fünf weitere aus seinem Nachlass herausgegeben.1936 erschien das letzte Buch im Verlag Cassirer. Am 25. Februar 1937 wurde jüdischen Verlegern die Mitgliedschaft in der Reichsschrifttumskammer (RSK) entzogen. [5] Der Geist ist mannigfaltiger als die Welt. Die Welt ist grau und öde und eintönig, der Geist aber ist bunt und belebt und voller Gegensätze. Unser Geist also selbst ist es, der uns die Welt farbig macht. Unser Geist also selbst ist es, der uns die Welt farbig macht. Die stumpfeste Einseitigkeit beantwortet er noch mit einem Gefühl, das Leben ins Tote bringt. Aber unser Geist ist unsere Welt, und wir sehen die Welt selbst in bunter Farbenpracht, wir hören sie in einer verschwenderischen Fülle tönender Formen, wir tasten und greifen einen erstaunlichen Reichtum an Gestaltungen. Meyer, Semi: Probleme der Entwicklung des Geistes. Die Geistesformen. Leipzig 1913. hier: S. 26. Enthusiastisch begrüßen Benns Rönnefigur und »modernes Ich« die Schrift Semi Meyers. In der Novelle Die Insel findet Rönne durch Semi Meyer einen Ausweg aus der Sackgasse, in die ihn die Erkenntniskritik des Positivismus geführt hat.Dabei eröffnet den Ausweg nicht der Gedanke des Reichtums der Sinnenwelt, sondern der Gedanke vom Schöpferischen, das sich, Semi Meyer zufolge, in diesem Reichtum manifestiert. Sinnenwelt und geistige Welt sind eine Schöpfung, heißt es bei Semi Meyer, und dieser Begriff des Schöpferischen setzt den Bezug zu einer unverfügbaren Wirklichkeitsdimension voraus, die alle konstruktiven Elemente übergreift und übersteigt. Wie erläutert Semi Meyer nun diese schöpferische Entstehung der geistigen Welt? Wir nehmen Rönnes Lektüre zum Leitfaden unserer Explikation. [6] (1887-1950) was a Jewish philosopher As a young man he was one of the founder members of the literary Expressionist movement in Germany. (cf. Richard Sheppard, Die Schriften des Neuen Klubs, 1908-14, Hildesheim,1980,83). Unger's contributions to journals of the day were frequently sought after. (cf. Manfred Voigts, Vom Expressionismus zum Mythos des Hebraertums, Wurzburg: Koenigshausen und Neumann, 1994). His book, ‘Wirklichkeit, Mythos, Erkenntnis’ (‘Reality, Myth and Cognition’) is an early work, yet his preoccupation with myth is still seen in a later essay: ‘The Natural Order of Miracles’, the English version of which appeared in The Journal of Jewish Thought and Philosophy. Here Unger writes: “A genuine myth handles one unit: religion, science, politics, social every day life and extends [and is constrained by] the concepts of order and apprehension of natural experience. This is the source of its rational aspect. As distinct from this, the poetic myth is either pure art or, at least, half religion, half art”. The first World War saw Unger in Switzerland, where he made new friends, among them Walter Benjamin who admired his work and also sought his literary collaboration (cf. G.Scholem, Walter Benjamin. Briefe. Frankfurt-am-Main, 1966). In the 1920's, Unger provided an intellectual forum for a group of young and distinguished scholars who regularly discussed their ideas on science, politics and philosophy. Die Dichtung entspringe aus dem Mythos, indem sie dessen Kern umwuchere, aber den Mythos durch ihre Imagination iherseitsablöse. Die einstige mythscjhe Realität were in eine wissenschaftliche Form und eine dichterisch-transzendentale Form aufgespalten, die aber beide im Grunde, also im mythischen Sein, komplemnetär, also einheitlich seien. Dichtung ist Myathosersatz und stellt seine eigen Wirklichkeit dar. [7] Lucien Lévy-Bruhl (1857 – 1939): - französischer Philosoph - Er lehnte den Begriff einer psychischen Einheit ab und meinte, dass primitives Denken qualitativ unterschiedlich ist von logischem Denken. Es ist nicht unterschiedlich, weil es unlogisch ist, sondern weil es „prä-logisch“ ist. Lévy-Bruhl schrieb 6 Bücher über „primitives Denken“. In „Das Denken der Naturvölker“ teilte Lévi-Bruhl das menschliche Denken in nur 2 Kategorien: 1. primitive Mentalität: denkt logisch in Alltagssituationen, kann aber nicht logisch im Abstrakten denken. Z.B.: in „primitiven“ Gesellschaften kann die Seele mit dem Schatten einer Person gleichgesetzt werden. 2. höhere Mentalität Für Lévy-Bruhl unterscheidet sich primitives Denken von logischem Denken auch dadurch, dass es ein Produkt von kollektivem, nicht individualistischem Denken ist. Er bezieht sich auf die „kollektiven Repräsentationen“. Er unterschied zwischen Gesellschaften mit und ohne Schrift. Der "primitive" Mensch fühle eine mystische Identität mit seinem Totem, er fühle eine Identität mit dem Tier oder dem Gegenstand, in dem er seine Aussenseele lokalisiert hat, er fühle eine Identität mit dem Ding, das er gemacht hat, dem Fetisch. Daher habe er eine "prälogische Mentalität", und diese sei für uns prinzipiell unverständlich. [8] Nach Frankreich zogen zwei Grenadier', Die waren in Rußland gefangen. Und als sie kamen ins deutsche Quartier, Sie ließen die Köpfe hangen. Da hörten sie beide die traurige Mär: Dass Frankreich verlorengegangen, Besiegt und zerschlagen das große Heer Und der Kaiser, der Kaiser gefangen. Da weinten zusammen die Grenadier' Wohl ob der kläglichen Kunde. Der eine sprach: »Wie weh wird mir, Wie brennt meine alte Wunde!« Der andre sprach: »Das Lied ist aus, Auch ich möcht mit dir sterben, Doch hab ich Weib und Kind zu Haus, Die ohne mich verderben.« »Was schert mich Weib, was schert mich Kind, Ich trage weit bessres Verlangen; Laß sie betteln gehn, wenn sie hungrig sind - Mein Kaiser, mein Kaiser gefangen! Gewähr mir, Bruder, eine Bitt': Wenn ich jetzt sterben werde, So nimm meine Leiche nach Frankreich mit, Begrab mich in Frankreichs Erde. Das Ehrenkreuz am roten Band Sollst du aufs Herz mir legen; Die Flinte gib mir in die Hand, Und gürt mir um den Degen. So will ich liegen und horchen still, Wie eine Schildwach', im Grabe, Bis einst ich höre Kanonengebrüll Und wiehernder Rosse Getrabe. Dann reitet mein Kaiser wohl über mein Grab, Viel Schwerter klirren und blitzen; Dann steig ich gewaffnet hervor aus dem Grab - Den Kaiser, den Kaiser zu schützen!« (laut Heine 1816, wohl aber erst 1819 entstanden) [9] Aristoi were members of the aristocracy and regarded as closer to God. [10] 40 Künstler, unter ihnen Ernst Barlach, Ricarda Huch, Käthe Kollwitz, Max Liebermann, Heinrich Mann, Thomas Mann und Arnold Schönberg, werden zum Austritt genötigt oder ausgeschlossen. [11] Stucken, Eduard, Schriftsteller, * Moskau 18. 3. 1865, † Berlin 9. 3. 1936; Assyriologe und Ägyptologe; bevorzugte in seinem literarischen Werk exotische, mythische und fantastische Stoffe. In dem Romanepos »Die weißen Götter« (4 Bände, 1918–22) schilderte er den Untergang der Aztekenkultur. Wissensnetz [12] Ludwig Fulda , Schriftsteller. Am 15. Juli 1862 in Frankfurt am Main geboren, gestorben am 30. März 1939. Von 1926 bis 1933 Mitglied der Preußischen Akademie der Künste, Berlin, Sektion für Dichtkunst. 933 Mitglied der Preußischen Akademie der Künste, Berlin, Sektion für Dichtkunst. zweiter Präsident der "Freien Bühne" (verhalf Sudermann und Hauptmann zum Durchbruch), 1906 und 1913 Vortragsreisen in den USA, Gutachtertätigkeit u. a. im Blasphemieprozeß gegen Heyse (1902) und in A. Holz’ Streit um die Urheberschaft mit J. Schlaf, im Prozeß um Schnitzlers "Reigen" (1921), 1923-1928 erster Präsident des deutschen PEN-Zentrums, 1933 (trotz nationaler Gesinnung) aus der Akademie ausgeschlossen, 1939 Suizid in Berlin. Des Esels Schatten. Satire. Stuttgart 1921 Der Vulkan. Komödie. 1922 Die Geliebte. Komödie. 1923 Die Gegenkandidaten. Komödie. Stuttgart 1924 Die Durchgängerin. Drama. Stuttgart 1925 Karneval des Lebens. Gesammelte Gedichte. 1925 Filmromantik. Drama. Mühlhausen 1926 Höhensonne. Drama. Stuttgart 1927 Bunte Gesellschaft. Novellen. Stuttgart 1927 Fräulein Frau. Drama. Berlin 1930 Die verzauberte Prinzessin. Drama. Berlin 1930 Der neue Harem. Drama. Stuttgart 1932 Die Karriere. Drama. Berlin 1932 [13] ein deutscher Komponist, Dirigent und Theaterintendant.übernahm er im Jahre 1932 das Amt des Präsidenten der Preußischen Akademie der Künste und trat damit die Nachfolge Max Liebermanns an. Vom März 1933 bis zu seinem Tode war von Schillings Intendant der Städtischen Oper Berlin. Max von Schillings war Gegner der Weimarer Republik und erklärter Antisemit. Als Nachfolger Max Liebermanns wurde er 1932 „in einem Akt vorwegnehmender Anpassung“ (laut Akademie der Künste 1996) von den Mitgliedern zum Präsidenten der Preußischen Akademie der Künste zu Berlin gewählt und amtierte dort bis zu seinem Tode im Juli 1933. Während seiner Amtszeit begannen die erzwungenen Austritte und Ausschließungen bedeutender jüdischer und unangepasster Künstler aus der Akademie der Künste [14] Amtsenthebung des Ministerpräsidenten Braun und des Innenministers Severing.