Spätmittelalter (1254-1517) Mitte 13. bis 14. Jahrhundert: Nach einer Doppelwahl (1257 Richard von Cornwall[1] und Alfons X. von Kastilien und León) vermochte erst Rudolf I. von Habsburg (1273-91), der gegen Ottokar II. von Böhmen gewählt wurde und diesen 1278 auf dem Marchfeld besiegen konnte, die Königsmacht nach dem »Interregnum« (1254-73) wiederherzustellen. Er legte mit dem Erwerb der Herzogtümer Österreich, Steiermark und Krain im Osten den Grund für die habsburgische Hausmacht. Heinrich VII. von Luxemburg (1308-13) konnte 1311 Böhmen für seinen Sohn Johann erwerben; der Versuch, 1310-13 die Reichsmacht in Italien wiederherzustellen, brachte ihm die Kaiserkrone (1312), scheiterte jedoch durch seinen frühen Tod. In einer Doppelwahl 1314 wurden der Wittelsbacher Ludwig IV., der Bayer, (1314-47) und der Sohn Albrechts I., Friedrich III., der Schöne, von Österreich (1314-30) gewählt, den Ludwig 1322 bei Mühldorf am Inn bezwingen konnte. Ludwigs Ausgreifen nach Italien (1323) führte zur letzten großen Auseinandersetzung zwischen Kaisertum und Papsttum (Johannes XXII.). Der Luxemburger Karl IV. (1346-1378), gegen die rigorose Hausmachtpolitik Ludwigs gewählt, machte Böhmen zum Kernland des Reiches. Durch Gewinnung Schlesiens (1348) und Brandenburgs (1373) u. a. Gebiete stärkte er seine Hausmacht. Obwohl er sich 1356 in Arles zum König von Burgund hatte wählen lassen, überließ er dieses bald dem französischen Einfluss. 1355 wurde er zum Kaiser gekrönt. Die Goldene Bulle (1356), das wichtigste Reichsgesetz des Mittelalters, gewährleistete unzweifelhafte Königswahlen und schuf mit der Sicherung der Vorzugsstellung der Kurfürsten eine starke Klammer des Reichsverbandes. Der Erzbischof von Mainz als Kanzler für Deutschland hatte binnen 30 Tagen nach dem Tod des letzten Königs die Kurfürsten in Frankfurt am Main zusammenzurufen, um den Nachfolger zu küren. Die Kurfürsten hatten den Eid abzulegen, ihre Entscheidung „ohne jede geheime Absprache, Belohnung oder Entgelt“ zu treffen. Die Stimmabgabe erfolgte nach Rang: Der Erzbischof von Trier als Kanzler für Burgund, der Erzbischof von Köln als Kanzler für Reichsitalien, der König von Böhmen als gekrönter weltlicher Fürst und Erzschenk des Reiches, der Pfalzgraf zu Rhein (weil dessen Territorium im alten fränkischen Siedlungsgebiet lag) als Erztruchsess und bei Abwesenheit des Kaisers von Deutschland als Reichsverweser in allen Ländern, in denen nicht sächsisches Recht galt, der Herzog von Sachsen als Erzmarschall und Reichsverweser in allen Ländern, in denen sächsisches Recht galt, der Markgraf von Brandenburg als Erzkämmerer und - wegen der Möglichkeit des Stichentscheides durch seine Stimme - als Letzter der Erzbischof von Mainz als Kanzler für die deutschen Lande. Der Ritterstand verlor mit dem Ende der Kreuzzüge, der Festigung der Landesherrschaft und dem Aufblühen der Städte (13./14. Jh.) seine ständische und kulturelle Bedeutung. Doch waren ritterliche Ideale, Literatur und Lebensstil Leitbilder auch für das aufstiegsbeflissene Bürgertum. Spätmittelalterliche Religiosität und religiöse Literatur erlangten ihren Höhepunkt in der deutschen Mystik. Meister Eckart wird wird zum Vorbild für Johannes Tauler (1300-1361). Er war Mystiker, Dominikaner; Prediger und Seelsorger in Straßburg und Basel. Er setzte die Spekulationen Meister Eckharts in Anweisungen zu einem mit Gott vereinten Leben um. Wirkungsgeschichtlich wichtig ist besonders seine Betonung des "inneren Werkes" vor der äußeren Werkgerechtigkeit. Für das Entstehen des Taulerschen Predigtcorpus sind seine Seelsorge bei den Schwestern des zweiten und dritten Ordens der Dominikaner sowie die den Dominikanern eng verbundenen Beginen zu betonen. Die frühere Gotteserkenntnis aufgrund der Deduktion aus den Auctoritates wird bei Tauler von dem Ringen um die Wesenserfahrung Gottes, der Einung mit Gott verdrängt. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch die vermehrte Verbreitung platonischer Schriften. Außerdem bricht damals die Pest aus, zahlreiche Naturkatastrophen, der Prozeß gegen Meister Eckhart und die einsetzende Verfolgung der Beginen - sowie vermehrtes Auftreten häretischer und religiös überspannter Bewegungen. Seine Predigten haben die Umkehr und Hinwendung des Menschen zu Gott zum Inhalt. Die Beschauung Gottes wird erreicht durch Selbsterkenntnis. Die Emanation Gottes in die Seele erfolgt, indem Gott den Menschen teilhaben läßt an seinem Sein. Gott erschafft sich in der Kreatur. Eine eigentliche Wahrheit ist nur zu erlangen, wenn sie sogar die Vernunft übersteigt und mit dem Seelengrund eins wird. Die Mystik steht trotz der Kenntnis der Auctoritates auf dem anderen Pol als Universitäten. Die Wissenschaften fanden in den unter landesherrlichen Patronage errichteten Universitäten (Prag 1348, Wien 1365, Heidelberg 1386, Köln 1388, Erfurt 1392) Eingang. ------------------------------- [1] König (1257 bis 1272), *yWinchester 5.y1. 1209, yBerkhampstead Castle (bei Hemel Hempstead) 2.y4. 1272; Sohn des engl. Königs Johann ohne Land, am 13.y1. 1257 von den rhein. Kurfürsten gegen AlfonsyX. von Kastilien zum Röm. König gewählt und in Aachen gekrönt; seine Reg.zeit wird als »Interregnum« bezeichnet.