Das Stockholm-Syndrom 1. Wenn Opfer mit Tätern fühlen Je länger eine Geiselnahme andauert, umso wahrscheinlicher entwickelt sich ein erstaunliches psychologisches Phänomen. Entführt oder als Geisel genommen zu werden, ist nach Ansicht von Psychologen eine der schrecklichsten Erfahrungen, die Menschen machen können. Von einer Sekunde zur anderen sind Menschen ihren Entführern oder Geiselnehmern hilflos ausgeliefert. Das Stockholm-Syndrom, das fälschlich auch als „Helsinki-Syndrom“ bezeichnet wird, beschreibt einen Prozess, in dem die Geiseln eine positive emotionale Beziehung zu ihren Geiselnehmern aufbauen. Es handelt sich um eine komplizierte Beziehung, die unterschiedliche Stadien durchläuft und vielfältige Ausprägungen aufweisen kann. Wissenschaftlich untermauert ist dieses Syndrom allerdings nicht. 2. Banküberfall in Stockholm Im Jahr 1973 überfielen zwei mit Sonnenbrillen und schwarzen Perücken verkleidete Männer eine Stockholmer Bank und schossen wie wild um sich. Einer der Gangster rief: "The party has just begun!" Sie dauerte 131 Stunden. Die Bankräuber verbarrikadierten sich mit vier Bankangestellten vor der Polizei. Während der fünf Tage dauernden Geiselnahme war das Leben aller Beteiligten - Täter wie Opfer - in höchster Gefahr. Während der Geiselnahme verbündeten sich die Opfer mit den Tätern gegen die Polizei. Eine Bankangestellte verliebte sich sogar in einen der Täter. Ein neues Phänomen bekam seinen Namen: das "Stockholm-Syndrom". 3. Stockholm-Syndrom und dessen Folgen Geiseln empfinden gegenüber ihren Geiselnehmern nicht nur Angst und Hass, wie man es in einer solchen Situation erwarten würde. Stattdessen können diese Gefühle in Verständnis, Zärtlichkeit, gelegentlich sogar in Liebe umschlagen. Es ist eine automatische, unbewusste und emotionale Reaktion auf das Trauma ein Opfer zu sein. Für Außenstehende mag diese Reaktion auf den ersten Blick unverständlich erscheinen. Das Stockholm-Syndrom ist aber ein psychologischer Überlebensmechanismus. Diese unbewusste Bindung kann sogar nach dem Ende einer Geiselnahme weiter bestehen. Es gab sogar Fälle, dass sich Geiseln bei ihrer Befreiung vor die Entführer stellten und die Polizei als Bedrohung erlebten. Manche baten um Gnade für die Täter oder besuchten diese später im Gefängnis. Nach der Befreiung erleben die Opfer oft nur kurze seelische Entlastung. Noch lange nach dem traumatischen Erlebnis leiden die Geiselopfer an posttraumatischen Störungen wie Schlafstörungen, Alpträume, Angstzustände und Depressionen. Viele von ihnen meiden soziale Kontakte und werden immer an das schreckliche Erlebnis erinnert. Aufgaben zum Text: 1. Verbinden Sie die deutschen Ausdrücke mit ihren entsprechenden Äquivalenten: e Geisel vydat andauern chybně entführen vybudovat vztah ausliefern rukojmí fälschlich vykazovat eine Beziehung aufbauen unést e Ausprägung odůvodnit aufweisen specifika, charakter untermauern trvat, přetrvávat Beantworten Sie folgende Fragen: 1. Was ist eine Geiselnahme, erklären Sie den Begriff. 2. Wer macht so was? 3. Warum werden Menschen entführt? 4. Wie beurteilen die Psychologen eine Entführung? 5. Warum ist die Entführung so traumatisch für die Opfer? 6. Ist es ein Problem in den Büchern, oder wurde es auch bei uns zur Realität? 7. Was wird unter dem Begriff „das Stockholm-Syndrom“ verstanden? 2. Erzählen Sie anhand der Wortkette die Geschichte: 1973 – 2 Gangster – eine Bank in S. – Geiseln nehmen – sich verstecken – 131 Stunden – in Gefahr sein – sich verbünden – seltsame Beziehungen 3. Entscheiden Sie, ob folgende Behauptungen dem Text entsprechen, falls nicht, korrigieren Sie sie: R F 1. Geiseln haben vor ihren Entführern nur Angst. 2. Ihre negativen Gefühle können in positive umschlagen. 3. Die Außenstehenden haben viel Verständnis für das Verhalten der Geiseln. 4. Nach der Befreiung sind die meisten Opfer problemlos. 5. Sie leiden an vielen posttrraumatischen Störungen.