Deutsche Geschichte im Überblick http://www.deutsche-staedte.de/geschichte/index.html nach von Heinrich Pleticha + nach lemo http://www.dhm.de/lemo Eine Teilung stand am Beginn des langen Weges der Deutschen zu einer Nation. Ludwig der Fromme, der schwache Sohn Karls des Großen, hatte das mächtige Reich des Vaters nur noch mühsam zusammenhalten können, und unter den Enkeln des großen Kaisers brach es dann auseinander. 843 einigten sich diese drei nach langen Streitereien in dem heutigen Verdun: Lothar, der Älteste, erhielt die Kaiserwürde, dazu Italien und einen verhältnismäßig schmalen Streifen, der von den Alpen im Süden bis nach Friesland im Norden reichte. Das Land westlich davon fiel an Karl den Kahlen. Aus ihm ging das spätere Frankreich hervor. Östlich des Rheins aber, bis zur Elbe, Saale und Donau erstreckte sich das ostfränkische Reich Ludwigs des Deutschen. Ein Vierteljahrhundert später wurde die Grenze dieses Reiches noch einmal geringfügig nach Westen verschoben. Dann blieb sie als Grenze zwischen Frankreich und Deutschland unverändert das ganze Mittelalter hindurch bestehen, nicht nur als politische Trennungslinie, sondern mit kleinen Abweichungen auch als Sprachgrenze. Der Westen sprach das aus dem Latein hervorgegangene Französisch, der Osten dagegen die "Volkssprache", die "Lingua theodisca", wie sie im Gegensatz zum Latein des gelehrten Klerus genannt wurde. Karl der Kahle Karl der Kahle, aus einer Handschrift, die für ihn selbst zwischen 842 und 869 von Liuthard in goldener Unzialschrift verfaßt worden ist Das neue ostfränkische Reich hatte damit eine eigene Sprache und seine eigenen Könige. Schwache Könige allerdings, die sich weder im Innern durchsetzen, noch die drohenden Gefahren an den Grenzen abwenden konnten. Normannen im Norden, Sarazenen im Süden, Mährer und Ungarn im Osten und Südosten bedrängten die Grenzen und fielen mit fester Regelmäßigkeit in das Reich ein und plünderten. Die Uneinigkeit im Innern erleichterte noch diese Raubzüge; denn zwischen den adeligen Geschlechtern tobten Fehden[1] und Blutrache. Niemand trauerte daher dem Aussterben des karolingischen Herrscherhauses nach, das mit dem Tod des achtzehnjährigen Ludwig IV. im Jahr 911 erlosch. Noch einmal wählten die Großen des Reiches mit dem Frankenherzog Konrad einen nahen Verwandten der Karolinger, aber der neue König hatte es in den wenigen Jahren seiner Regierung nicht leicht; denn zu mächtig waren inzwischen die Stammesherzöge geworden. Konrad I. war ein glückloser Herrscher, aber ein weitschauender Politiker. Noch auf dem Sterbebett empfahl er, den mächtigsten seiner früheren Gegner, den Sachsenherzog Heinrich, zu seinem Nachfolger zu wählen. Die Sage erzählt, dieser habe die Nachricht von seiner Wahl beim Vogelfang erhalten, doch sah die Wirklichkeit weit prosaischer aus. Nur der Adel aus Sachsen und Franken wählte ihn, während sich die Süddeutschen abseits hielten. Fast schien es, als sollten die Stammesherzöge mächtiger bleiben als der König. Trotzdem gilt 919, das Jahr der Thronbesteigung Heinrichs, zu Recht als das Geburtsjahr des ersten deutschen Reiches ("Regnum Teutonicum"). Trotz verschiedener Schwächen bleibt dieses Reich auch über Jahrhunderte hinweg bestehen und wird zu einem entsprechenden politischen Faktor in Mitteleuropa. Das Königtum gewann nicht nur an Ansehen, sondern half mit bei der Formung des Reiches und damit der deutschen Nationen. Nur hundert Jahre regierten die Könige aus dem sächsischen Stamm, aber diese Zeit bildete eine wichtige Phase mittelalterlicher deutscher Geschichte. Heinrich I. erreichte, was seinem Vorgänger nicht gelungen war: er setzte die königliche Gewalt gegenüber den Herzögen durch und fügte die deutschen Stämme in dem neuen "Regnum Teutonicum" - dem Reich der Deutschen - zusammen. Auf dieser Leistung konnte sein Sohn Otto I. weiterbauen, der einzige deutsche König, dem die Geschichte den Beinamen "der Große" verlieh. Energisches Vorgehen im Innern wie an den Grenzen des Reiches kennzeichnen seine Regierung. So bannte er 955 in der Schlacht am Lechfeld bei Augsburg für immer die Bedrohung des jungen Reiches durch die Ungarn. Gegenüber den Herzögen festigte er die königliche Gewalt, und 962 ließ er sich in Rom zum Kaiser krönen. Es war die Geburtsstunde des "Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen"; denn von nun an blieb die römische Kaiserkrone den deutschen Königen vorbehalten, zugleich aber verbanden sich deren Schicksale eng mit Italien und dem Papsttum. Ein wechselvolles Auf und Ab, ein gelegentliches Miteinander und weit häufigeres Gegeneinander von Kaiser und Papst kennzeichnen die Geschichte des Mittelalters, und noch heute schwelt der alte Streit um Wert und Unwert deutscher Italienpolitik. Otto I. hatte, wie es schien, durch sein energisches Vorgehen in Rom ein klares Nebeneinander von Papst und Kaiser geschaffen. Aber schon ein Jahrhundert später sollte sich zeigen, daß diese Ordnung keineswegs klar genug abgegrenzt war, sondern sich in das Gegenteil verkehrte. Den sächsischen Königen folgte das fränkisch-salische Geschlecht. Die beiden ersten Herrscher aus diesem Haus führten Deutschland zu machtvoller Größe. 1033 gewann Konrad II. im Westen das Königreich Burgund, das nun zusammen mit dem Reich und Italien den dritten Teil des römisch-deutschen Imperiums bildete. "An Konrads Sattel hängen Karls Steigbügel" sagten die Zeitgenossen und verglichen ihren Kaiser mit Karl dem Großen. Sein Sohn und Nachfolger Heinrich III. vollendete das Werk des Vaters und hielt vor allem in Italien energisch Ordnung. So ließ er gleich drei rivalisierende Päpste absetzen und den Bamberger Bischof Suidger zu ihrem rechtmäßigen Nachfolger wählen. Auch die beiden nächsten Päpste kamen aus Deutschland und waren Schützlinge Heinrichs. Als dieser aber, erst neununddreißigjährig, 1056 starb, änderte sich die politische Lage schlagartig. Sein Sohn Heinrich IV. war ein sechsjähriges Kind und abhängig von den deutschen Fürsten. In Italien schien für das Papsttum nun die Stunde gekommen, sich aus der kaiserlichen Bevormundung zu lösen. Als 1073 Gregor VII., ein ungemein energischer ehemaliger Mönch, in Rom den Stuhl Petri bestieg, bahnte sich die entscheidende Kraftprobe zwischen dem römischen Papst und dem deutschen Kaiser an[2]. Gregor wollte das Papsttum von jedem Einfluß weltlicher Gewalt befreien. Der offene Streit entzündete sich an dem alten Recht des deutschen Königs, von sich aus Bischöfe einzusetzen (Investiturstreit), das nun der Papst allein für sich beanspruchte. Heinrich verfügte über keinen Rückhalt bei den deutschen Fürsten. Als ihn der Papst bannte, beschlossen diese sogar seine Absetzung, wenn er sich nicht binnen Jahresfrist von der im Mittelalter so bedeutsamen Kirchenstrafe würde lösen können. Daraufhin zog Heinrich 1077 im strengsten Winter mit nur wenigen Getreuen nach Oberitalien, wo Gregor in der Burg Canossa weilte. Durch demütige Buße erreichte zwar der junge Herrscher die Lösung vom Bann, doch hatte die Auseinandersetzung zwischen ihm und dem Papst damit keineswegs ihr Ende erreicht. Bald war der Streit in neuer Heftigkeit entflammt, und erst unter Heinrich V. kam es zu einem Kompromiß, der weder Kaiser noch Papst einen vollen Erfolg brachte. Gewinner waren die deutschen Fürsten und die italienischen Städte, die in diesen unruhigen Jahrzehnten ihre Macht stärken konnten. Als 1137 das schwäbische Geschlecht der Staufer die deutsche Königswürde erlangte, machte sich diese doppelte Belastung unheilvoll bemerkbar. Trotzdem war es eine glanzvolle Zeit, die ihren Höhepunkt mit der Regierung Friedrichs I. Barbarossa erlebte. Er galt als das große ritterliche Vorbild, ein gleichermaßen hervorragender Staatsmann wie Feldherr, unter dessen Herrschaft auch die Literatur und die bildende Kunst einen Höhepunkt erlebten und von deren einstiger Größe heute noch zahlreiche Burgen und stattliche Ruinen zeugen. Aber diese hohe Zeit des Rittertums hatte auch ihre dunklen Seiten. Wie seine Vorgänger mußte sich Barbarossa mit den Machtansprüchen der Fürsten auseinandersetzen. Der Welfe Heinrich der Löwe, gleichzeitig Herzog von Bayern und Sachsen, war stark genug, um eigenmächtige selbständige Politik treiben zu können. Barbarossa seinerseits suchte zuerst die Position des Kaisertums im Süden zu stärken und unternahm sechs Italienzüge. Auch er geriet dabei in einen schweren Konflikt mit dem Papst, auf dessen Seite sich die lombardischen Städte stellten. Aber klüger als sein Vorgänger Heinrich IV., suchte er den Ausgleich, der ihm freie Hand gewährte, im Reich gegen den Welfenherzog vorzugehen und dessen Macht zu brechen. Als es Barbarossa gelang, seinen Sohn und Nachfolger mit der Erbin des Normannenreiches in Unteritalien-Sizilien zu vermählen, stand er auf dem Höhepunkt seiner Macht und seines Ansehens. Das Reich war befriedet, dem Selbständigkeitsstreben der Fürsten eine deutliche Grenze gesetzt, und die staufische Herrschaft reichte von der Nordsee bis nach Sizilien, von der Provence bis nach Pommern. Mit Recht konnte sich Barbarossa als das Haupt des Abendlandes sehen. Doch schneller als vermutet, brach diese Vormachtstellung des Staufischen Kaisertums wieder zusammen. Friedrichs Sohn Heinrich der VI. regierte nur acht Jahre, dann raffte ihn ein tückisches Fieber hinweg. Nie mehr sollte in den folgenden Jahrhunderten das Reich eine ähnliche Machtfülle nach außen, nie mehr die gleiche Geschlossenheit im Innern erlangen. Fortan blieb es nur ein Glied in der Kette der neu entstehenden europäischen Nationalstaaten. Im Innern wurde die kaiserliche Zentralgewalt abgelöst von erneuten partikularistischen Bestrebungen der Fürsten. Friedrich II., der Enkel Barbarossas, sah Deutschland nicht mehr als den Kern seines Imperiums, sondern nur als ein Nebenland, das er vorwiegend von Sizilien aus regierte und in dem er wichtige königliche Rechte preisgab, um seine Kräfte für eine erneute Auseinandersetzung mit dem Papsttum frei zu haben. Den deutschen Fürsten kam solche Entwicklung nur zugute, sie wurden die wahren Landesherren und damit die entscheidenden Träger der innerpolitischen Entwicklung. In der Ostexpansion ließ er dem Deutschen Orden freie Hand, indem er mit der Goldenen Bulle von Rimini ihnen 1226 die Herrschaft über das Kulmer Land östlich der unteren Weichsel bestätigte. 1254 war mit Konrad IV. der letzte staufische König gestorben. Nach zwei Jahrzehnten der Unruhe, die Schiller so treffend als "die kaiserlose, die schreckliche Zeit" bezeichnete, folgten von 1273 bis 1347 fünf Könige aus verschiedenen Geschlechtern. Gewählt wurden sie nun von den "Kurfürsten", dem ursprünglich auf sieben Mitglieder beschränktem Kollegium der mächtigsten geistlichen und weltlichen Reichsfürsten. Sie waren aber nicht nur "die ersten in des kysere kore", sondern auch die ersten, die sich bei jeder neuen Wahl schamlos bereicherten. Um sich ihrerseits gegenüber den Fürsten behaupten zu können, versuchten die Könige ihre eigene Hausmacht auszubauen, d.h., sie suchten für ihre Familien ein entsprechend großes Territorium zu erwerben. Der Habsburger Rudolf I. begann dieses Spiel und begründete seine Hausmacht, indem er die österreichischen Besitzungen der ausgestorbenen Babenberger erwarb. Eine andere große Hausmacht im östlichen Teil des Reiches begründeten die Luxemburger, die Böhmen und Mähren für sich gewannen. In den letzten zwei Jahrhunderten des Mittelalters wandelte sich das innere Bild des Reiches. Die aus den alten Stammesherrschaften hervorgegangenen Herzogtümer waren längst zerfallen. An ihre Stelle traten eine Vielzahl von Landesherrschaften. Deutlich verschob sich dabei das politische Schwergewicht des Reiches von Rhein und Main nach Osten, wo seit dem hohen Mittelalter im Zuge einer stetigen Kolonisations- und Siedlerbewegung Neuland gewonnen worden war. Drei der sieben Kurfürsten, nämlich der Herzog von Sachsen (Obersachsen), der Markgraf von Brandenburg und der König von Böhmen, stammten nicht aus den neu entstandenen Machtzentren. Das Rittertum, einst die Stütze staufischer Kaisermacht, verlor immer mehr an Bedeutung, dafür gewannen die Städte und ihre Bürger an Ansehen. Zwar lebte immer noch der weitaus größte Teil der Bevölkerung auf dem Lande, aber die Zahl der Städte wuchs rasch, und gegen Ende des Mittelalters waren es im Reich schon an die zweitausend, die meisten von ihnen hatten allerdings kaum mehr als tausend Einwohner. Trotzdem wurden sie zu kulturellen und wirtschaftlichen Zentren und bildeten die neu aufkommenden Städtebünde, politische Machtfaktoren, mit denen die Fürsten ernstlich rechnen mußten. So beeinflußte der große Städtebund der Hanse Politik und Wirtschaft im Norden weit über die Grenzen des Reiches hinaus und griff sogar in die inneren Angelegenheiten der skandinavischen Länder ein, indem sich die Hansestädte in der Kölner Confederation 1367 und 1368 zum Kriegsbündnis mit Schweden und Norwegen gegen Dänemark zusammenschlossen und einen Krieg gegen den dänischen König Waldemar IV. führten. Der siegreiche Ausgang des Krieges brachte der Hanse eine ungewöhnliche Machtstellung, die im Stralsunder Frieden bestätigt wurde. Erstaunlicherweise fehlten äußere Bedrohungen des Reiches über Jahrhunderte hinweg. Otto I. hatte 955 die Ungarngefahr gebannt. 1241 standen dann, wie aus dem Nichts auftauchend, die Mongolen im Osten an den Grenzen. Vergebens traten ihnen deutsche und polnische Ritter in gemeinsamen Kampf entgegen. Nur der Tod des Großkhans in der fernen Mongolei verhinderte die Überflutung Deutschlands und dann ganz Westeuropas durch die mongolischen Reiterscharen. Nach 1426 unternahmen die böhmischen Hussiten zehn Jahre lang regelmäßig blutige Raubzüge in die mittel- und ostdeutschen Gebiete. Trotzdem war das Mittelalter keine Zeit der Ruhe und des Friedens. Fast regelmäßig kämpften die deutschen Kaiser mit ihren Heeren in Ober- und Mittelitalien; deutsche Ritter nahmen an den Kreuzzügen teil oder kämpften, als es in Palästina nichts mehr zu kämpfen gab, mit den Rittern des deutschen Ordens gegen deren heidnische und christlich-slavische Gegner, und gegen Ende des 14. Jahrhunderts zogen kaiserliche Heere durch Ungarn gegen die Türken, die neuen Feinde der Christenheit. Im Reich kam es immer und immer wieder zu Bürgerkriegen, wie man sie nicht anders bezeichnen kann; denn die Fürsten befehdeten oft genug den König, bekämpften sich untereinander oder kämpften im späten Mittelalter gegen die Städtebünde. Und wenn die Großen schon einmal Ruhe gaben, sorgten die Kleinen für Unruhe. Jeder glaubte, von seiner Burg aus irgendwelchen Nachbarn und vor allem den "Pfeffersäcken" in den Städten den Kampf ansagen zu können. Symbole allgemeiner Verrottung waren die Fehdebücher der Städte, die sorgfältig geführt werden mußten, um überhaupt noch zu wissen, welche Herren den Bürgern den Kampf angesagt hatten. Das ausgehende 15. und beginnende 16. Jahrhundert in Deutschland hat ein Historiker einmal als die "Zeit der großen Wende" bezeichnet. Tatsächlich erfaßte ein rascher Wandel alle Bereiche des politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Lebens. Im Innern des Reiches zerfiel die alte ständische Ordnung. Das im Niedergang begriffene Rittertum verlor durch das Aufkommen der Landsknechte als Fußtruppen endgültig seine militärische Bedeutung. Umgekehrt wuchs das Ansehen der Bürger in den Städten. Handelsgesellschaften und einzelne Familien wie etwa die Fugger und Welser in Augsburg leiteten eine Epoche des Frühkapitalismus in Deutschland ein. Sehr rasch fanden sie Anschluß an den internationalen Markt, der seinerseits wieder durch die großen Entdeckungen zu Beginn des 16. Jahrhunderts einen ungeheuren Aufschwung erlebte. Hamburger Hafen Geschäftiges Treiben im Hamburger Hafen (Mittelalterliche Malerei) Die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Gutenberg förderte seit der Mitte des 15. Jahrhunderts den geistigen Gedankenaustausch und damit die von Italien her sich ausbreitende Geistesströmung des Humanismus. So ist es nur verständlich, wenn der streitbare Humanist und Dichter Ulrich von Hutten in den Ruf ausbrach: "O Jahrhundert, o Wissenschaft, es ist eine Lust zu leben!" Auch der Thesenanschlag Luthers 1517, die Geburtsstunde der Reformation, darf mit unter dem Gesichtspunkt dieser Lust am Disputieren, an der geistigen und geistvollen Auseinandersetzung mit den anstehenden Problemen gesehen werden, wenn er auch rasch über das ursprüngliche Ziel hinauswuchs und zum Funken wurde, der einen gewaltigen Brand entzündete, dessen Wirkung niemand vorausahnen konnte. Aber die "Lust am Leben" war nicht für alle gleichermaßen gegeben. Politische Rechtlosigkeit, in einigen Teilen Deutschlands verbunden mit bedrückenden wirtschaftlichen Lasten, führte zu jenen Unruhen bei den Bauern, aus denen sich der Bauernkrieg entwickelte, den wir besser als eine erste politische und soziale Revolutionsbewegung sehen sollten. Aber die Bauern waren zu schwach, um sich gegen Fürsten und Städte durchsetzen zu können. Es sollten noch einmal rund dreihundert Jahre vergehen, bis einige der neuen freiheitlichen Gedanken wieder aufgenommen und verwirklicht werden konnten. Seit 1437 herrschten Könige aus dem Haus Habsburg über das Reich. Das gleiche Herrscherhaus saß infolge seiner geschickten Heiratspolitik seit Beginn des 16. Jahrhunderts auch in Spanien. Als nun 1519 die deutschen Kurfürsten den jungen spanischen Habsburger Karl, den Enkel Maximilians I., zum deutschen Kaiser wählten, bahnte sich im politischen Bereich ebenfalls eine wichtige Wende an; denn mit dieser Wahl wurde das Reich in die großen internationalen Spannungen, vor allem in die Auseinandersetzungen zwischen Karl V. und König Franz I. von Frankreich, hineingezogen. Zur gleichen Zeit erlebte es an der Südostgrenze eine Bedrohung durch die Türken, die 1529 erstmals bis nach Wien vorstießen. Osmanen Belagerung Belgrads durch die Osmanen, 1521 Unter dieser doppelten Belastung durch die dynastischen Kämpfe im Westen und die Türkengefahr im Osten entfaltete sich im Innnern die entscheidende religiöse Auseinandersetzung zwischen den Katholiken, an ihrer Spitze der Kaiser, und den Protestanten, zu denen ein Großteil der Reichsfürsten gehörte. Dieser religiöse Gegensatz zwischen Fürsten und Kaiser führte zu neuen innerpolitischen Spannungen, die sich schließlich im Schmalkaldischen Krieg entluden. Zwar siegte der Kaiser, aber eine erneut aufkeimende Fürstenopposition und ein neuer Krieg gegen Frankreich zwangen ihn schließlich zum Nachgeben. 1555 wurde in Augsburg ein "Religions- und Landfriede" geschlossen. Er sicherte den Anhängern des evangelisch-lutherischen Bekenntnisses die volle Gleichberechtigung neben den Katholiken, aber nicht der einzelne konnte frei und unbehindert über seine Religionszugehörigkeit entscheiden, sondern sein Landesherr verfügte über ihn. "Cuius regio, eius religio - Wessen das Land, dessen der Glaube" wurde zu einem neuen Grundsatz. Und doch sicherte diese hauchdünne Decke der Übereinstimmung dem Reich für gut ein halbes Jahrhundert eine halbwegs friedliche Entwicklung, während westlich seiner Grenzen blutige Religionskriege tobten. Aber die Rechnung war nur aufgeschoben und wurde schließlich um so höher präsentiert. Als 1618 die kaiserlichen Statthalter von den protestantischen böhmischen Standesherren aus einem Fenster der Prager Burg geworfen wurden, schien es anfangs noch, als sei wieder einmal eine jener kleinen lokalen Auseinandersetzungen fällig, an denen die deutsche Geschichte bisher so reich gewesen war, diesmal unter religiösen Vorzeichen. Aber der ausbrechende Krieg fand nicht den erhofften raschen Abschluß, zog sich über die Jahre hin und weitete sich vom innerdeutschen Religionskrieg zum europäischen Krieg, in dem Deutschland mit doppelter Härte jenes Schicksal traf, von dem es bisher so lange verschont geblieben war: Kriegsschauplatz zu sein, auf dem sich fremde Völker nach Gutdünken tummeln konnten. Dänemark griff zuerst in den Kampf ein, Schweden folgte 1630, und 1635 kam schließlich noch Frankreich dazu. Nach einem dreißigjährigen Krieg engte der Friede von 1648 das Reich erstmals in seinen Grenzen ein. Entscheidender noch als diese Gebietsverluste waren aber jene verfassungsrechtlichen Bestimmungen, die den deutschen Fürsten, selbst den allerkleinsten, die volle Landeshoheit gewährten, ihnen ausdrücklich das Recht gaben, Bündnisse untereinander und mit dem Ausland zu schließen. Die alte Einheit des Reiches war damit endgültig zerbrochen. Es blieb nur noch ein lockerer Zusammenschluß, den ein Zeitgenosse zu Recht ein "staatsrechtliches Monstrum" nannte. Für mehr als zwei Jahrhunderte löste sich deutsche Geschichte zunehmend auf in die Geschichte der einzelnen Länder. Noch blieben Reich und Reichsgedanke symbolisiert in der Person des Kaisers, der fast nur in Wien residierte. Noch gab es sogar ein Reichsheer und Reichsbehörden, aber kaum mehr unter Fürsten und Bürgern ein Reichsbewußtsein. Friedensschwur Der Friedensschwur zu Münster am Ende des Dreißigjährigen Krieges 1648 Macht und Ansehen einzelner Staaten begannen zu wachsen. Allen voran blühte der brandenburgisch- preußische Staat auf, in dem Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst, energisch alle Kräfte für den Wiederaufbau zusammenfaßte. Im Edikt von Potsdam (1685) bot er den französischen Hugenotten Asyl an. In der Folge siedelten 20.000 Hugenotten in Brandenburg-Preußen, 5000 davon in Berlin. Sie brachten Kapital und Technologiefortschritt ins Land. Einen Aufstieg erlebte auch Österreich, dem in der Abwehr der permanenten Türkenbedrohung eine neue Aufgabe erwuchs. Als diese Bedrohung in der zweiten Belagerung Wiens 1683 einen Höhepunkt erlebte, erkannten die deutschen Fürsten noch einmal ihre Verpflichtung und ihre abendländische Aufgabe und wehrten gemeinsam mit Polen den türkischen Vorstoß ab. Im Westen nutzte Ludwig XIV. die politische Schwäche Deutschlands, um die Machtposition Frankreichs zu festigen und auszubauen. Die Einverleibung des Elsaß, die Besetzung Straßburgs und die Verwüstung der Pfalz waren äußere Zeichen dieses französischen Vormachtstrebens und der Zerrissenheit und Ohnmacht des Reiches. Im Spanischen Erbfolgekrieg maßen dann zwischen 1701 und 1713 Österreich und Frankreich noch einmal ihre Kräfte und zogen in unterschiedlichen Bündnissen auch verschiedene Reichsfürsten in den Kampf, so daß Deutschland erneut zum Kriegschauplatz wurde. Trotzdem nahmen sich die deutschen Fürsten den "Sonnenkönig" Ludwig und sein absolutes Königtum zum großen Vorbild. War ihr Territorium auch noch so klein, so fühlten sie sich doch als Herrscher von Gottes Gnaden mit voller Gewalt über ihre Untertanen. Aber es wäre falsch, nur den Niedergang zu sehen; denn in den politisch zerrissenen Kleinstaaten blühte das geistige und künstlerische Leben auf. Gegenseitige Rivalität stachelte weltliche wie geistige Fürsten an, ihre Residenzen mit jenen Bauwerken zu schmücken, die heute zu den schönsten Zeugnissen barocker Architektur in Deutschland zählen. Politisch aber dominierte das Mittelmaß. Aus dem bunten Flecken- und Flickwerk der deutschen Staaten hoben sich neben Preußen und Österreich nur noch Bayern, Sachsen und Hannover heraus, die letzten beiden auch nur, weil ihre Dynastien zugleich über Polen bzw. England herrschten. Es ist die große Tragik von eineinhalb Jahrhunderten deutscher Geschichte, daß die politische Entwicklung die beiden größten Teilstaaten zu unversöhnlichen Gegnern machte und damit die Auflösung nur noch verstärkte. Nach dem Frieden von Utrecht, der den Erbfolgekrieg beendete, hatte zwar Österreich noch ein eindeutiges Übergewicht im Reich, aber dann erfuhren in den folgenden Jahrzehnten die Machtverhältnisse einen tiefgreifenden Wandel. In Preußen führte Friedrich Wilhelm I., genannt Soldatenkönig, der pietistisch gesinnte Enkel des Großen Kurfürsten, das Werk des Großvaters erfolgreich weiter und schuf in den siebenundzwanzig Jahren seiner Regierung jenen straff organisierten zentralistischen Beamtenstaat, der. Er verkündete 1717 die allgemeine Schulpflicht. Mit dem für die Bevölkerungszahl überdurchschnittlich großen Heer gab er seinem Sohn Friedrich dem Großen eine schlagkräftige Waffe, mit der dieser in drei Kriegen die preußischen Interessen gegenüber Österreich durchsetzen und Schlesien als neue Provinz gewinnen konnte. Überlegenes militärisches Genie des Königs, ruhmreiche Siege seiner Truppen und klangvolle Erinnerungsmärsche dürfen dabei nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, daß Friedrich die Unterlegenheit Österreichs und Maria Theresias kalt entschlossen ausnutzte und den Krieg mit voller Absicht vom Zaun gebrochen hatte. Der 3. Schlesische Krieg, den wir auch den Siebenjährigen nennen, weitete sich erneut von einem innerdeutschen Bruderkrieg zu einer europäischen Auseinandersetzung, bei der England auf preußischer, Rußland und Frankreich auf österreichischer Seite teilnahmen. Das Ende mit dem Sieg Preußens besiegelte zugleich auch das Ende des alten Reiches. Noch konnte niemand ahnen, daß in ihm zugleich der Keim für einen Neubeginn lag; denn aus dem preußischen Staat sollten die wesentlichen Impulse für die Gründung des Zweiten Deutschen Reiches kommen. Auch hieße es Friedrich verkennen, wollte man ihn nur als Machtpolitiker sehen. Seine vom Geist der Aufklärung geprägte Regierungsform des "aufgeklärten Absolutismus" wurde zum Vorbild für einen Wandel im Staatsdenken, das den Bürger allmählich zu einer Mitverantwortung im Staat führte. Die politische Agonie des alten Reiches fiel zusammen mit einer neuen geistigen Blüte, die vom Bürgertum vor allem der Klein- und Mittelstaaten getragen wurde. Der Musenhof von Weimar, der kleinen großherzoglichen Residenzstadt im Herzen Deutschlands, wurde zusammen mit dem Werk Goethes und Schillers das große über die Zeiten hinweg wirkende Symbol einer geistigen Erneuerung. Der Modernisierungsdruck führt auch in Wien zu wichtigen Reformen: Kaiser Josef II. schafft Folter und Leibeigenschaft ab. Mit dem Ausbruch der französischen Revolution bahnte sich auch in Deutschland ein Wandel an. Die neuen Ideen von Freiheit und Gleichheit erfaßten weite Kreise des Bürgertums. Die Dynastien konnten den Revolutionstruppen nicht standhalten. 1801 fiel das linke Rheinufer an Frankreich. 1803 wurden unter dem Druck Napoléons im sogenannten "Reichsdeputationshauptschluß" die meisten deutschen Klein- und Kleinststaaten aufgehoben und die Großen mit deren Territorien für die linksrheinischen Verluste überreich entschädigt. Ungewollt hatte damit Napoléon den Weg zu einer neuen deutschen Einheit geebnet. Freilich sah es erst einmal so aus, als sei die Auflösung für immer vollendet. Ein Teil der deutschen Fürsten schloß sich im Rheinbund eng an Napoléon an. Franz I., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen, das längst nicht mehr existierte, zog nun endlich die Konsequenzen, legte die Kaiserkrone offiziell nieder und nannte sich fortan "Kaiser von Österreich". Doch es dauerte kein Jahrzehnt, und die politische Landschaft hatte sich völlig verändert. Hybris und Niederlage Napoléons in Rußland weckten schlummernde nationale Kräfte, aus deren Neubesinnung die Erhebung von 1813, das Zusammengehen der deutschen Staaten, Österreichs und Rußlands und der Sturz Napoléons erwuchsen; zur Enttäuschung zahlreicher Patrioten aber nicht ein neues deutsches Reich. Geschickt hatte der österreichische Staatskanzler Metternich die partikularistischen Tendenzen auf dem Wiener Kongreß gefördert und statt eines neuen Reiches nur einen losen Staatenbund geschaffen, in dem in den folgenden drei Jahrzehnten alle nationalen und liberalen Kräfte hart unterdrückt wurden. *** 12. 3. 2005 Aber sie waren stark genug, um 1848 erneut den Versuch einer Einigung zu unternehmen. Während der Wochen der Revolution ging es nicht nur um die liberalen Tendenzen in den deutschen Einzelstaaten, sondern in der Paulskirche zu Frankfurt am Main versuchten gleichzeitig Delegierte des ganzen Volkes aus allen Teilen des alten Reiches ein neues zu schaffen. Daß die groß- wie die kleindeutsche Lösung mißlang, war gleichermaßen die Schuld Österreichs wie Preußens, sowohl die habsburgische wie die hohenzollernsche Dynastie versagten. Erneut, wie schon im 18. Jahrhundert, lebte der alte preußisch-österreichische Dualismus wieder auf und strebte einer gewaltsamen Lösung zu. Es war der Verdienst des preußischen Ministerpräsidenten Bismarck, daß er zwar bewußt auf eine Vormachtstellung Preußens hinarbeitete. Nach der Niederlage bei Königgrätz musste Österreich Holstein an Preußen abtreten, die Auflösung des Deutschen Bundes und die preußischen Annexionen in Nord-Deutschland (Hannover, Hessen, Schleswig, Frankfurt usw.) anerkennen, Preußen eine hohe Kriegsentschädigung zahlen und an Italien Venetien abtreten. Zugleich aber erkannte Bismarck in Österreich einen möglichen Verbündeten. Die Richtigkeit seiner maßvollen Haltung nach dem preußisch-österreichischen Krieg von 1866 bestätigte sich schon 13 Jahre danach, als 1879 in Wien das geheime Verteidigungsbündnis gegen Russland unterzeichnet wurde: der Zweibund. Nationalversammlung Die Nationalversammlung in der Paulskirche zu Frankfurt 1848 Der deutsch-französische Krieg von 1870/71 brachte den deutschen Einzelstaaten mit dem gemeinsamen Kampf schließlich die erhoffte Einigung, wenn auch unter kleindeutschem Gesichtspunkt, d.h. unter Ausschluß Österreichs. Das zweite Reich, wie es genannt wurde, war ein Bundesstaat, der den einzelnen Fürsten zwar ihre Souveränität, Preußen jedoch ein deutliches politisches Übergewicht gewährte. Wieder einmal schien eine neue Ordnung auf lange Zeit gefestigt, zumal der neue Reichskanzler Bismarck durch ein ausgeklügeltes Bündnissystem dem Reich innerhalb der europäischen Staaten eine friedliche Entwicklung sicherte. Bismarck scheiterte nicht nur an der Überheblichkeit des neuen Kaisers, sondern auch an seiner innenpolitischen Niederlage im Kampf gegen die Sozialdemokratie. Das Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie (Sozialistengesetz) wurde am 19. Oktober 1878 mit der Stimmenmehrheit der konservativen und nationalliberalen Kräfte im Reichstag verabschiedet und galt durch Verlängerungen bis zum 30. September 1890. Das Gesetz verbot die Druckschriften und die Versammlungen der Sozialdemokraten, wobei jedoch Einzelpersonen weiterhin bei Wahlen für die Sozialdemokratie kandidieren konnten, so dass die Fraktionen des Reichstages bzw. der Landtage teilweise legal wirken konnten. Das Hauptorgan der deutschen Sozialdemokratie, der Sozialdemokrat, erschien seit 1880 in Zürich, seit 1887 in London und wurde illegal im Reich verbreitet. Begleitend zur "Peitsche" des Sozialistengesetzes versuchte Bismarck den Sozialdemokraten durch das "Zuckerbrot" der Sozialgesetzgebung die Grundlage zu entziehen oder wenigstens ihr weiteres Wachstum zu verhindern. In Deutschland wurden so früher als anderswo die ersten Netze der Krankenversicherung (1883), der Unfallversicherung (1884) und der Invaliden- und Altersversicherung (1889) aufgebaut. Die Stimmengewinne der Sozialdemokraten waren jedoch verblüffend: Erhielten die Sozialdemokraten 1881 noch 311.961 Stimmen, waren es 1884 bereits 549.990, 1887 dann 763.128 Stimmen, 1890 sogar 1 427 000 Stimmen. Seitdem war die Sozialdemokratie ein ernstzunehmender Machtfaktor. 1912 schließlich wurden sie gar stärkste Partei im Reichstag. Aber der "Neue Kurs" des jungen, ehrgeizigen Kaisers Wilhelm II. stellte diese Entwicklung schon nach zwei Jahrzehnten in Frage, isolierte Deutschland außenpolitisch und führte es in die Katastrophe des ersten Weltkriegs. Auch die Balkanpolitik Österreich-Ungarns hat den Kriegsausbruch herausgefordert. Die österreichische Annexion von Bosnien-Herzegowina, das schon seit 30 Jahren okkupiert wurde, löste eine europäische Krise aus. Aus der Opposition in Teilen der Bevölkerung entstand die Organisation "Junges Bosnien". In einer Reichstagsrede von Bernhard von Bülow am 6. Dezember 1897 bekräftigte dieser die expansionistischen Ansprüche des Deutschen Reiches. In der Rede ging es um die Durchsetzung der Interessen des Deutschen Reiches in Ostasien. Dabei forderte er u.a. für das Deutsche Reich einen Platz an der Sonne, ein Satz, der später zum geflügelten Wort wurde. Die Entsendung einer Kreuzerdivision nach der Kiaotschoubucht und die Besetzung dieser Bucht wurde als Gegenmaßnahme nach der Ermordung deutscher und katholische Missionare. Er schloss die Rede mit den Worten: „Wir sind ... gern bereit, in Ostasien den Interessen anderer Großmächte Rechnung zu tragen, in der sicheren Voraussicht, daß unsere eigenen Interessen gleichfalls die ihnen gebührende Würdigung finden. Mit einem Worte: Wir wollen niemand in den Schatten stellen, aber wir verlangen einen Platz an der Sonne. In Ostasien wie in Westindien werden wir bestrebt sein, getreu den Überlieferungen der deutschen Politik, ohne unnötige Schärfe, aber auch ohne Schwäche unsere Rechte und unsere Interessen zu wahren.“ Da die Achsenmächte Deutschland und Österreich den Alliierten an wirtschaftlicher Leistungskraft, Bevölkerungszahl und Truppenstärke deutlich unterlegen waren (3,5 Millionen Soldaten der Mittelmächte gegenüber 5,8 Millionen Alliierten zu Kriegsbeginn), versprach nur ein schnell geführter Bewegungskrieg realistische Siegeschancen für die Mittelmächte. Die strategischen Planungen für die deutsche Kriegführung gingen von einem Zweifrontenkrieg gegen Frankreich und Rußland aus und basierten auf dem Schlieffen-Plan (1905). Die Planungen sahen eine schnelle militärische Entscheidung an der Westfront durch einen massierten Angriff und die Umfassung des französischen Heeres vor; danach sollten die zunächst an der Ostfront defensiv operierenden Truppen verstärkt werden und eine Entscheidung gegen Rußland erzwingen. Durch die Konzentrierung der Truppen an jeweils einer Front sollte zugleich die zahlenmäßige Unterlegenheit der beiden Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn gegenüber den Staaten der Entente ausgeglichen werden. Voraussetzung für die Durchführung des Schlieffen-Plans war jedoch der Einmarsch deutscher Truppen ins neutrale Belgien. Da Großbritannien aber Garantiemacht der belgischen Neutralität war, hatte der deutsche Einmarsch vom 3./4. August 1914 die Kriegserklärung Großbritanniens zur Folge. Doch die Umsetzung des Schlieffen-Plans scheiterte: Moltke brach die Schlacht an der Marne im September 1914 frühzeitig ab. Zudem waren russische Truppen schon im August in Ostpreußen eingedrungen und hatten die deutsche Armee in der Schlacht bei Gumbinnen besiegt. Das einzige größere Zusammentreffen der deutschen und englischen Flotte in der Seeschlacht am Skagerrak (31. Mai bis 1. Juni 1916) endete mit Verlusten für beide Seiten. Einziger Erfolg der deutschen Flotte blieb die Sperrung der russischen Flotte in der Ostsee. Am 7.5. 1915 kam es vor der irischen Küste zur Versenkung des britischen Passagierschiffs »Lusitania«, wobei 1198 Menschen umkamen (darunter mehr als 120 Amerikaner). Zum Schutz vor Angriffen deutscher U-Boote führten die Alliierten bald Geleitzüge ein und bestückten zudem ihre Handelsschiffe mit Kanonen. Die deutsche U-Boot-Flotte war zu schwach, um die alliierten Nachschubverbindungen dauerhaft zu unterbrechen. 1917 brach in Rußland die Februarrevolution aus, die zu einer erheblichen Schwächung der russischen Kampfkraft führte; der Kriegseintritt der Vereinigten Staaten verschlechterte jedoch gleichzeitig die Aussichten der Mittelmächte auf einen militärischen Erfolg dramatisch. Unter Aufbietung aller verfügbaren Kräfte wollten die Mittelmächte nun die militärische Entscheidung noch vor dem Eintreffen der ersten amerikanischen Soldaten in Frankreich erzwingen. Die "Technisierung des Krieges" setzte sich mit dem Einsatz von gepanzerten Fahrzeugen zur Durchbrechung der gegnerischen Stellungen fort: Als die Engländer in der Schlacht von Cambrai (20. November 1917) erstmals ihre Tanks einsetzten, lösten sie damit bei den deutschen Fronttruppen zunächst einen Schock aus. Erfolgreich für die Mittelmächte verlief das Kriegsjahr 1917 im Süden. Nachdem den Italienern dort in der 10. und 11. Isonzoschlacht (Mai bis September) leichte Geländegewinne gelangen, konnten die Mittelmächte Ende Oktober am oberen Isonzo den Durchbruch zur Piave erzwingen, wo sie auf englische und französische Hilfstruppen stießen. Rund 275.000 Italiener gerieten in Gefangenschaft. Das Ende kam mit der Schlacht bei Amiens (8. bis 11. August 1918). Hier setzten die Alliierten 450 Tanks ein, mit denen ihnen am 8. August ein so tiefer Durchbruch gelang, daß Ludendorff vom "schwarzen Tag des deutschen Heeres" sprach. Die deutsche Widerstandskraft war gebrochen. Am 11. November fand die Unterzeichnung des Waffenstillstands statt. Der blutige Krieg hatte über zehn Millionen Menschenleben gefordert. Die Wiemarer Republik war im Innern geprägt von der Schwäche der die Republik tragenden Parteien und von bürgerkriegsähnl. Angriffen auf die Republik von links (Spartakusaufstand, Münchner Räterepublik) und rechts (Kapp-Putsch 1920, Hitlerputsch 1923), begleitet von (seit 1922) galoppierender Inflation, Kapitalmangel und Zerrüttung der Wirtschaft. Außenpolitisch bestimmte der Versailler Vertrag (28.6. 1919) die Behandlung des besiegten Deutschland. Die Krise gipfelte in der französischen Ruhrbesetzung 1923 und einem offenen, nicht nur passiven Widerstand der Deutschen: Ein Generalstreik lähmte die Wirtschaft. Die Inflation war für viele Gesellschaftsbereiche derart ruinös, dass Stresemann wieder einlenken musste. Danach begann eine Periode der Stabilisierung auf der Grundlage der Währungsneuordnung im November 1923 (Rentenmark) und der Neuordnung der Reparationen entsprechend der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Deutschtlands (Dawesplan 1924). 1925 schufen die Locarnoverträge die Basis eines Systems kollektiver Sicherheit und 1926 konnte der Eintritt in den Völkerbund folgen. Die Deutschen nutzten die sich ihnen bietende Chance zu wenig. Gewiß mochten die weltpolitische Entwicklung, die Weltwirtschaftskrise und die zunehmende Radikalisierung eine gewisse Schuld tragen, daß die junge Weimarer Republik schon nach fünfzehn Jahren ihres Bestehens in die Diktatur des nationalsozialistischen Dritten Reiches abglitt. Nationalversammlung Nationalversammlung in Weimar 1919 Als Hitler am 30. Januar 1933 Reichkanzler wurde, gab es zunächst nur zwei weitere Nationalsozialisten in der Regierung: den Innenminister Wilhelm Frick und den anfangs ohne eigenen Geschäftsbereich amtierenden Hermann Göring, der jedoch zugleich das überaus wichtige preußische Innenministerium kommissarisch leitete. Doch schon kurz vor der offiziellen Amtsübergabe spielte der Populist Hitler seinen Koalitionspartner Alfred Hugenberg erstmals aus. Entgegen früheren Abmachungen bestand Hitler auf Neuwahlen: Der Reichstag wurde aufgelöst, und da von kommunistischer Seite zum Generalstreik aufgerufen worden war, unterzeichnete Reichspräsident Paul von Hindenburg eine Notverordnung "zum Schutz des deutschen Volkes", mit der politische Gegner nun radikal, aber legal unterdrückt werden konnten. Zugleich wurden der Beamtenapparat, die Verwaltung und die Polizei großflächig "gesäubert". Aus den "nationalen Verbänden", Sturmabteilung (SA), Schutzstaffel (SS) und Stahlhelm, rekrutierte Göring in Preußen 50.000 Freiwillige als "Hilfspolizisten" und rief im "Schießbefehl" vom 17. Februar 1933 zum "fleißigen Gebrauch der Schußwaffe" auf. Als dann am 27. Februar 1933 der Reichstag brannte, ordnete Göring umgehend die Verhaftung aller führenden Funktionäre der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) an. Trotz des staatlichen Terrors kam die NSDAP bei der Reichstagswahl am 5. März nur auf 43,9 Prozent aller Stimmen, zusammen mit dem Koalitionspartner Deutschnationale Volkspartei (DNVP) auf knapp 52 Prozent. Der nächste Schritt in Richtung einer Führer-Diktatur war das am 23. März verabschiedete "Ermächtigungsgesetz", das Reichstag und Reichsrat von der Gesetzgebung ausschloß. Gegen das "Ermächtigungsgesetz" stimmte nur die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD). Noch im März begann die Gleichschaltung der Länder. Die Gewerkschaften wurden aufgelöst und wenig später der Deutschen Arbeitsfront (DAF) eingegliedert. Anfang Juli 1933 waren alle Parteien mit Ausnahme der NSDAP aufgelöst und der Einparteienstaat errichtet. Rund fünf Monate nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler war die "Machtergreifung" im wesentlichen vollzogen. Am 30. Juni 1934 exekutierten SS-Kommandos, unterstützt von der Reichswehr, die führenden SA-Mitglieder, aber auch politische Gegner wie den Katholikenpolitiker Erich Klausener (1885-1934), der höchster preußischer Polizeichef den Nationalsozialismus vor Januar 1933 bekämpfte. Obwohl mit Kurt von Schleicher, dem letzten Reichskanzler vor Hitler, und Ferdinand von Bredow (1884-1934) im Zuge der "Röhm-Affäre" auch zwei hohe Reichswehrgenerale umgebracht worden waren, ordnete Reichswehrminister Werner von Blomberg unmittelbar nach dem Tod Hindenburgs am 2. August 1934 die Vereidigung der Reichswehr auf die Person des "Führers und Reichskanzlers" an. Das »Reichsbürgergesetz« und das »Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre«, anlässlich des Nürnberger Parteitags der NSDAP 1935 verabschiedet, gestanden die »vollen politischen Rechte« nur den Inhabern des »Reichsbürgerrechts« zu, also nur an »Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes«. Über den mangelnden bürgerlichen Widerstand gegen die NS-Herrrschaft schrieb später der 1938 verhaftete Pfarrer in Berlin-Dahlem - Martin Niemöller, der noch 1931 die NSDAP unterstützte, aber seit 1933 die Bekennende Kirche und den Widerstand gegen Hitler organisierte: „Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Katholiken holten, habe ich nicht protestiert; ich war ja kein Katholik, Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“ (Martin Niemöller, 1938 - 1945 in KZ-Haft) Hatten Terror und Propaganda maßgeblich zur Eroberung der Macht beigetragen, so profitierte das NS-Regime nach 1933 auch von der sich wieder belebenden Weltwirtschaft. Der immense Arbeitskräftebedarf für die Aufrüstung, aber auch die Fortführung von bereits vor 1933 ausgearbeiteten Programmen zur Arbeitsbeschaffung reduzierten die Zahl der Arbeitslosen ebenso wie etwa die Ehestandsdarlehen, mit denen Frauen gezielt dem Arbeitsmarkt entzogen wurden. Zahlreiche, mit großem Propagandaaufwand durchgeführte Kampagnen des Winterhilfswerks (WHW) gegen Hunger und Armut oder die Angebote der NS-Volkswohlfahrt vermittelten der Bevölkerung das Gefühl einer solidarischen Volksgemeinschaft. Zahlreiche NS-Organisationen prägten entschieden das Alltagsleben der Deutschen jeglichen Alters. Für Kinder und Jugendliche wurde 1936 die Zwangsmitgliedschaft in der Hitler-Jugend (HJ) eingeführt. Eine spezifische NS-Frauenpolitik mit der Idealisierung der Mutterschaft wurde den Frauen im Deutschen Reich insbesondere durch die NS-Frauenschaft nähergebracht. Die Mitgliedschaft in den NS-Organisationen bot jetzt bislang kaum vorstellbare Möglichkeiten zum Aufstieg, der nicht immer so extrem verlief wie bei Heinrich Himmler: 1936 unterstanden dem 35jährigen "Reichsführer SS", alle Konzentrationslager sowie die gesamte deutsche Polizei. Für wenige Jahre gelang es zwar Hitler, durch die Annexion Österreichs, weiter Teile der Tschechoslowakei und Polens die Grenzen des Reiches noch einmal zu erweitern, doch der Zweite Weltkrieg, in den Hitler die Deutschen hineintrieb, brachte nicht nur den "totalen Krieg", wie ihn die Nazi-Führung propagierte, sondern zugleich auch den totalen Zusammenbruch. Im August 1940 eröffnete Hilter die "Luftschlacht um England". Nach dem Verlust von über 2.200 deutschen Maschinen wurde der Luftkrieg gegen England im Frühjahr 1941 eingestellt. Nach den erfolgreichen "Blitzkriegen"gegen Frankreich und Norwegen war dies die erste Niederlage Hitlers. Die Bombardierung britischer Städte – Coventry war nahezu vollständig zerstört - diente den Engländern und Amerikanern später auch zur Rechtfertigung für ihren Bombenkrieg gegen deutsche Städte. Mitentscheidend für den weiteren Kriegsverlauf war das Treffen von Churchill mit dem amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt an Bord eines Schlachtschiffs im Atlantik. Hier legten sie am 14. August 1941 die Grundsätze ihrer gemeinsamen Kriegs- und Nachkriegspolitik fest, die dann als "Atlantik-Charta" - bis Kriegsende von 45 Nationen unterzeichnet - Grundlage für die Charta der Vereinten Nationen wurde. Als die Pläne zur Invasion Englands aufgegeben wurden, sollte ein schneller Sieg über die Sowjetunion die kriegsentscheidende Wende bringen. Der geplante "Blitzkrieg" verzögerte sich, da Italiens Angriff auf Griechenland wenig erfolgreich war und die Wehrmacht zur Sicherung ihrer Südflanke im April 1941 Jugoslawien und Griechenland überfiel. Am 22. Juni 1941 begann der Krieg gegen die Sowjetunion. Er war als Vernichtungskrieg geplant und wurde als solcher geführt, gegen die Juden, gegen die einheimische Bevölkerung insgesamt. Die vom deutschen Angriff völlig überraschten sowjetischen Truppen zogen sich unter erheblichen Verlusten weit zurück. Kurz vor Moskau kam die Offensive im einsetzenden Regen und Schnee im Dezember 1941 zum Stillstand. Über diesen unerwarteten Rückschlag konnte auch die deutsche Kriegserklärung an die USA nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor vom 7. Dezember 1941 nicht hinwegtäuschen. Eine neue Offensive im Sommer 1942 setzte sich die Eroberung der Ölfelder im Kaukasus und des strategisch wichtigen Stalingrad zum Ziel. Nach der "Wannsee-Konferenz" vom Januar 1942 wurde die Kriegführung noch stärker von dem Völkermord an den Juden überlagert. Statt etwa die deutsche Offensive mit dringend benötigten Transportkapazitäten zu unterstützen, brachten Tausende von Güterzügen Juden aus Westeuropa in die Vernichtungslager im Osten. Die im "Generalplan Ost" vorgesehene Besiedlung bis zur Ukraine mit "Ariern" innerhalb von 30 Jahren wurde auch hier - wie in Polen - durch die rassistische Ausrottungspolitik mit ihrem millionenfachen Mord vorbereitet. Während die Vernichtungsmaschinerie ihren Höhepunkt noch nicht überschritten hatte, war die militärische Niederlage Deutschlands längst absehbar. Schon vor der Kapitulation der 6. Armee in Stalingrad mußte Erwin Rommel sich mit seinen Truppen im Afrikafeldzug zurückziehen, waren alliierte Verbände unter General Dwight D. Eisenhower in Nordafrika gelandet. Seit Frühsommer 1943 legten alliierte Bomberverbände deutsche Städte auch bei Tage in Schutt und Asche. Die Luftangriffe prägten das Alltagsleben der Zivilbevölkerung in immer stärkerem Umfang. Anfang August 1943 begann die Evakuierung Berlins, bis Ende des Jahrs verließen über 700.000 Einwohner die Reichshauptstadt. Anders als im Ersten Weltkrieg gab es bis 1944 im Deutschen Reich keine ernsthaften Ernährungsprobleme. Millionenfach stand die Bevölkerung, von einem Heer aus Spitzeln und Denunzianten überwacht, nach rationalisierten Lebensmitteln an, und auch noch ab 1943 vernahm sie in den Volksempfängern die Siegesmeldungen der Wehrmachtsberichte, denen jedoch immer weniger Menschen Glauben schenkten. Trotz rüstungswirtschaftlicher Unterstützung durch die Vereinigten Staaten trug die Sowjetunion die Hauptlast im Kampf gegen das nationalsozialistische Deutschland. Engländer und Amerikaner hatten zwar schon mit ihrer Landung auf Sizilien im Juli 1943 eine neue Front eröffnet und damit den Sturz Benito Mussolinis in Italien herbeigeführt, doch erst nach ihrer Landung in der Normandie vom 6. Juni 1944 und der schnellen Überwindung des "Atlantik-Walls" entlasteten sie die Sowjetunion spürbar. Bereits Anfang Juli standen über eine Million alliierter Soldaten für die Befreiung des Landes in Frankreich, am 26. August zog General Charles de Gaulle jubelnd begrüßt in Paris ein. Den Befehl Hitlers, Paris "bis zur letzten Patrone" zu verteidigen und anschließend zu zerstören, hatte der deutsche Stadtkommandant, General Dietrich von Choltitz (1894-1966), nicht befolgt. Nachdem schon mehrere Attentatsversuche auf Hitler gescheitert waren, deponierte Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der als Zeuge einer Massenexekution von Frauen und Kindern durch SS-Einheiten zum Regimegegner geworden war, am 20. Juli 1944 eine Zeitzünderbombe in Hitlers ostpreußischem Hauptquartier "Wolfsschanze". Nur leicht verletzt, bezeichnete Hitler sein Überleben als "Zeichen der Vorsehung" und ließ rund 200 Männer und Frauen aus zahlreichen Widerstandskreisen in Schauprozessen vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilen. Im Zuge der "Säuberungen" wurden weitere 7.000 Menschen verhaftet, rund 5.000 von ihnen wurden bis Kriegsende umgebracht. Im Juli 1944 waren die sowjetischen Truppen schon bis zur Weichsel vorgerückt. Um sich selbst zu befreien, nahmen im Warschauer Aufstand rund 25.000 Männer und Frauen der polnischen "Heimatarmee" am 1. August den Kampf gegen die deutschen Besatzer auf. Bis zu ihrer Kapitulation Anfang Oktober 1944 fielen 16.000 Kämpfer der "Heimatarmee"; die Verluste der Zivilbevölkerung Warschaus lagen bei 150.000 Toten. Je näher die Alliierten auf die Reichsgrenzen vorrückten, desto stärker entfachte die NS-Propaganda den Widerstandswillen der Bevölkerung "bis zum Endsieg", gegen den "angloamerikanischen Bombenterror" und die "rasende Rachsucht" der Roten Armee. Vor allem gegen sie wurde im September 1944 der " Volkssturm" aller waffenfähigen Männer zwischen 16 und 60 Jahren aufgeboten. Zu dieser Zeit standen die Alliierten im Westen bereits an der Reichsgrenze, sowjetische Truppen drangen im Oktober in Ostpreußen ein. In der Hoffnung, das Bündnis zwischen den demokratischen Staaten des Westens und der kommunistischen Sowjetunion werde zerbrechen, konzentrierte sich die Wehrmacht bald auf die Sicherung der Flüchtlingstrecks, die vor den sowjetischen Truppen westwärts zogen. Am 25. April 1945 trafen sich die vorrückenden Amerikaner und Sowjets an der Elbe bei Torgau, am 2. Mai kapitulierte das eingekesselte Berlin. Zwei Tage zuvor hatte Hitler Selbstmord begangen. Die deutsche Kapitulation wurde im amerikanischen Hauptquartier in Reims am Morgen des 7. Mai unterzeichnet und auf ausdrücklichen Wunsch Stalins im sowjetischen Hauptquartier in Berlin-Karlshorst in der Nacht vom 8. zum 9. Mai wiederholt. Ermordung von 5,5 Mio. Juden, über 27 Mio. Tote in der UdSSR, 4,5 bis 6 Mio. in Polen, 1,7 Mio. in Jugoslawien, 810.000 in Frankreich, 386.000 in Großbritannien, 5,25 Mio. Tote in Dtl., mehr als doppelt so viele Flüchtlinge – das war die Bilanz der nat.-soz. Diktatur. Nach Kriegsende beginnt die brutale Vertreibung der Deutschen aus Ost-, Mittel- und Südosteuropa. Ab 1946 folgen in Ausführung der Potsdamer Beschlüsse die großen "regulären" Vertriebenentransporte. Auf der Potsdamer Konferenz (17. Juli - 2. August 1945) einigen sich die Vier Mächte auf politische Grundsätze für die Behandlung Deutschlands: Entmilitarisierung, Entnazifizierung, Dezentralisierung, Dekartellisierung deutsche Bevölkerung aus Gebieten östlich von Oder und Lausitzer Neiße und ebenso wie die Deutschen aus der Tschechoslowakei und Ungarn auszusiedeln. Bei der ersten auf Anordnung des Alliierten Kontrollrats durchgeführten Volkszählung im Oktober 1946 werden 9,6 Millionen Flüchtlinge gezählt. Allein in Schleswig Holstein steigt die Bevölkerung mit 860.000 Vertriebenen um 33 %. Die Flüchtlinge werden in Lager und Notquartiere eingewiesen oder bei Privatfamilien untergebracht. Nicht selten gibt es Schwierigkeiten im Zusammenleben zwischen Einheimischen und Vertriebenen. Dennoch ist die Integration von Millionen, die sich über Jahre hinzieht, eine herausragende Leistung in den Wirren der Nachkriegszeit. Die in Potsdam demonstrierte Einigkeit der Anti-Hitler-Koalition wird bald brüchig. Schon die Entnazifizierung, die - mit Ausnahme der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse - jede Siegermacht selbständig durchführt, weist erhebliche Unterschiede auf. Die allmähliche Spaltung Deutschlands ist eine Folge des weltpolitischen Gegensatzes zwischen den Westmächten und der UdSSR. 1949 wurde aus den drei westlichen Besatzungszonen die "Bundesrepublik Deutschland" als neuer demokratischer Staat geschaffen. Gleichzeitig konstituierte sich in der sowjetischen Besatzungszone die "Deutsche Demokratische Republik". Unter der Kanzlerschaft Konrad Adenauers begann die überraschend schnelle Aufwärtsentwicklung der Bundesrepublik, die sich wirtschaftlich und politisch in ein westeuropäisches Bündnissystem eingliederte und aktiv die europäische Einigung förderte. Die DDR dagegen schloß sich eng an die Sowjetunion und deren Verbündete. Damit wurde die deutsche Trennung vertieft. Die Mauer durch Berlin (August 1961) und die streng bewachten Grenzen der DDR waren nur äußeres Zeichen einer Entwicklung, aus der in den Zeiten des "kalten Krieges" kein Weg zu einem neuen politischen Miteinander zu führen schien. Konrad Adenauer Vorbereitung des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland durch den Parlametarischen Rat 1948 - mit Konrad Adenauer Nach den Bundestagswahlen 1969 schließen SPD und F.D.P. eine sozial-liberale Koalition. Bundeskanzler Willy Brandt und Außenminister Walter Scheel wollen die Bonner Außenpolitik an die internationale Entspannung anpassen sowie die zwischen beiden deutschen Staaten entstandenen Brüche abbauen. Deshalb geben sie gemäß dem von Brandts deutschlandpolitischem Berater Egon Bahr bereits 1963 entwickelten Konzept "Wandel durch Annäherung" den Alleinvertretungsanspruch auf und erkennen die Existenz der DDR an. Daraufhin finden in Erfurt und Kassel 1970 erstmals innerdeutsche Gipfeltreffen statt. Bereits kurz nach dem Amtsantritt der Regierung Brandt nehmen Egon Bahr, nunmehr Staatssekretär im Bundeskanzleramt, und der sowjetische Außenminister, Andrej Gromyko (1909-1989), erste Sondierungsgespräche über ein Gewaltverzichtsabkommen auf. Die im August bzw. Dezember 1970 unterzeichneten Verträge von Moskau und Warschau treffen auf den heftigen Widerstand der CDU/CSU-Opposition im Bundestag. Aufgrund der sehr knappen Mehrheitsverhältnisse versucht die Union, die Regierung Brandt/Scheel noch vor der Abstimmung über die Ostverträge durch ein konstruktives Mißtrauensvotum zu stürzen. Obwohl dieser Versuch unter letztlich nicht ganz geklärten Umständen scheitert, hat nun auch die sozial-liberale Koalition ihre Mehrheit verloren. Es kommt deshalb zu vorgezogenen Neuwahlen. Aus der Bundestagswahl am 19. November 1972 gehen SPD und F.D.P. gestärkt hervor. Nachdem Bonn in den Verträgen von Moskau und Warschau den Status quo in Europa akzeptiert hat, muß die UdSSR in dem Viermächte-Abkommen über Berlin die Lage in und um die geteilte Stadt anerkennen. Das im September 1971 unterzeichnete Abkommen bildet auch den Rahmen für die weiteren deutsch-deutschen Verhandlungen. Mit dem Grundlagenvertrag vom 21. Dezember 1972 nehmen die Bundesrepublik Deutschland und die DDR offizielle Beziehungen zueinander auf, umgehen jedoch die völkerrechtliche Anerkennung des SED-Staates. Obwohl damit eine völlige Normalisierung des deutsch-deutschen Verhältnisses nicht gelingt, werden die Beziehungen doch zunehmend unverkrampfter. Den Abschluß der "neuen Ostpolitik" bildet der Prager Vertrag vom 11. Dezember 1973. Immer mehr Ostdeutsche wünschten jedoch, die DDR verlassen zu dürfen. Da entstand im Sommer 1989 ein "Loch". Die ungarische Regierung ließ DDR-Bürger ungehindert über Österreich in den Westen ausreisen. So verließen bald Tausende über Ungarn (und bald auch über die CSSR und Polen) die DDR in Richtung Westen. In der DDR wurde der Wunsch nach Freiheit immer stärker. In vielen Städten demonstrierten im Herbst 1989 wiederholt bis zu 300.000 Menschen für mehr Freiheit und freie Wahlen. Die DDR-Regierung mußte nachgeben. Am 9. 11. 1989 fiel die Mauer in Berlin. Jubelnd umarmten sich West- und Ostdeutsche. Die DDR begann sich aufzulösen. Am 3. 10. 1990, seitdem der "Tag der deutschen Einheit", schlossen sich die Bundesrepublik und die DDR zur neuen größeren Bundesrepublik zusammen. Die DDR verschwand. ________________________________ [1] opověď: a) ve středověku vyhlášení soukromého nepřátelství (záští, války), zakládající pro privilegované osoby beztrestnost všech činů, jež by jinak byly delikty [2] schylovalo se