Okkultismus? Okkultismus ist ein recht ausgedehnter Begriff, der als magisch geltende Rituale und Praktiken umfasst wie Telekinese, Chiromantie (Handlesen), Kristallomantie, Radiästhesie (Wünschelrute), siderisches Pendel, Tischrücken, Gegenstände mit übernatürlichen Kräften (z.B. Amulette), Parapsychologie, Levitation, Telepathie, Gläserrücken, Wahrsagerei (z.B. Tarot, Glaskugel, Channeling, Alchimie) und übrige Formen der außersinnlicher Wahrnehmung. Wegen seiner Nähe zu Satanismus ist der Begriff Okkultismus heutzutage negativ behaftet. Deswegen wird heute jede Beschäftigung mit transzendenten Dingen als Esoterik bezeichnet. Die katholische Kirche stuft jede Beschäftigung mit dem Okkultismus als gefährlich ein. Primär dürfte es sich dabei um machtpolitische Interessen handeln, um die Monopolstellung der Institution Kirche zu wahren. Interessanterweise fiel der Christentum vor weniger als 2.000 Jahren in dieselbe Kategorie, die heute den Satanisten eingeräumt wird. Wie Okkultismus entsteht Okkultismus ist eine der ersten Anstrengungen des Menschen, seine Umwelt zu verstehen und zu erklären. Die Beschäftigungen mit dem Okkultismus, wozu komplexe gesellschaftliche Bräuche, der Totenkult und der Schamanismus gehörten, reichten wahrscheinlich in eine Zeit zurück, als der Mensch sich seiner Vergänglichkeit allmählich bewusst wurde. Er war Teil einer gefährlichen Welt, die unberechenbar und grausam war und jederzeit in Form von Hunger, gefährlichen Raubtieren, Naturkatastrophen und Krankheit zuschlagen konnte. Okkultismus war der erste Versuch einer denkenden Spezies, Ordnung in das Chaos zu bringen. Okkultismus zwischen Vorantike und Mittelalter Die Wurzeln des Okkultismus sind sicherlich im vorantiken Animismus, auf dem die babylonische und ägyptische Kulturen bauten, zu suchen. Der Glaube an die Beseeltheit der Natur, an Hexen und Dämonen, Orakel und Astrologie, Magie und Amulette, finden bis heute Verwendung in esoterischen Kreisen der breiten New-Age-Philosophie. Im Mittelalter wurde die Tradition der babylonisch-ägyptischer Mythologie, die sich in Europa mit dem germanischen und keltischen Mystizismus vermischte, im Verborgenen praktiziert (daher der Wortursprung: okkult [lat.] verborgen, geheim). Die altertümlichen Beschwörungen, Dämonen- und Hexenglaube, Heilkunde u.a. wurde unter den Begriffen Aberglauben oder „falscher Glauben“ geführt, was man vielleicht treffender als Diktatur des Christentums bezeichnen sollte. Alles, was nur annährend von der Scholastik des Klerus abwich, wurde mit aller Härte des Gesetzes verfolgt. Doch trotz den Bestrafungen, die nicht selten mit dem Tod des Angeklagten endeten, gelang es der katholischen Kirche nicht, den Glauben an die heidnischen Geister auszumerzen. Dieser bleibt bis in die heutigen Tage in vielen Formen des Aberglaubens latent verborgen, sowie in Festen und Brauchtümern, die mittlerweile größtenteils christianisiert wurden. Okkultismus in der Romantik Im eigentlichen Sinne der Wortbedeutung gibt es den Okkultismus und die Esoterik erst seit ca. 200 Jahren. Am Anfang des 19. Jahrhunderts kam eine bürgerliche Bewegung auf, die sich gegen Aufklärung und Rationalismus richtete - die Romantik. Die Anhänger der Romantik lehnten alles Vernünftige und Rationale ab. Volksmärchen und Mythen, Schauergeschichten und Verherrlichung des Mittelalters finden sich in der Malerei, Musik, Dichtung und Prosa dieser Epoche wieder. Die bedeutendsten Vertreter dieses Zeitalters, die das moderne Genre der Horrorliteratur schufen, waren Edgar Allan Poe, Mary W. Shelley, H. P. Lovecraft, Bram Stoker und Robert Louis Stevenson. Aber auch in die Wissenschaft hielt die Romantik Einzug, insbesondere dort, wo viel Spielraum für Deutungen und Spekulationen blieb. Ein Beispiel dieser Strömung war die Freudsche Psychoanalyse. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass das Bürgertum dieser Zeit ein besonderes Vorliebe für das Paranormale und Übernatürliche hatte: den Okkultismus. Oft beliebte Mittel für das Erreichen einer höheren Bewusstseinsebene waren Absinth, Opium und Morphium. Wissenschaftsinteressierte Öffentlichkeit befasste sich weniger mit der Wissenschaft selbst, vielmehr schwelgte sie in Träumen und Spekulationen, wie etwa über ein hypothetisches Leben auf dem Mars oder der Venus. Eine "Säkularisierung des Todesbewußtseins" wurde in Zeiten der Romantik populärer denn je. Das Sterben und der Tod wurden beschönigt, idealisiert und besungen, die Bände zwischen Familienmitgliedern und Liebenden sollten auch nach dem Tod bestehen bleiben. Okkultismus im Dritten Reich Nationalsozialismus war mehr als plumper Antisemitismus mit selbstsüchtigen, pragmatischen Seiten; der Nationalsozialismus des Dritten Reiches war eine Ideologie, ein Weltbild, eine Ersatzreligion. Hitler selbst äußerte sich dazu wie folgt: "Wer den Nationalsozialismus nur als politische Bewegung versteht, weiß fast nichts von ihm. Er ist mehr noch als Religion: Er ist der Wille zur neuen Menschenschöpfung." Die "Nationalsozialisten machten sich die spirituellen, neuheidnischen und okkulten Bewegungen zu Nutze" und bedienten sich der Ideologie, der Sprache und der Symbolik der damals modernen Germanenorden wie der Guido-von-List- oder der Thule-Gesellschaft. Die Ariosophen waren ideologische Wegbereiter für den später geplanten durchgeführten Genozid. Die am Massenmord Beteiligten versuchten sich später zu rechtfertigen, die Juden seien wegen ihrem "schlechtem Karma" selbst an ihrem Schicksal Schuld gewesen und "hätte[n] in den Gaskammern des 'Dritten Reiches' Vergehen aus früheren Leben zu büßen gehabt." Auch aus dem selben Anlass ins Leben gerufenen Vereine wie Ahnenerbe oder Lebensborn, die sich mit einer vermeintlichen Überlegenheit der arischen Rasse befassten, basierten auf demselben Gedankengut okkultistisch-esoterischer sozialdarwinistischer Pseudolehren. Der Gründer und Initiator dieser rassenideologischen "Forschungseinrichtungen" war kein geringerer als Heinrich Himmler, Chef der SS. Himmler war so etwas, was man heute 'esoterischer Guru' nennen würde. "Der horoskopgläubige Reichsführer SS hielt sich für die Reinkarnation des Slawenbezwingers Heinrich I. (919-936). Er "ließ seine SS-Mannschaften teilweise [auch] biologisch-dynamisch ernähren und mit Naturheilmitteln kurieren. Himmler war überzeugter Anhänger der Alternativmedizin und hat stets nach verschiedensten Kräutern suchen lassen. Außerdem hat er auch mit einem Alchimisten zusammengearbeitet, der nach dem Stein der Weisen gesucht hat. Als aber kein Gold kam, ließ ihn Himmler aufhängen - eine Praktik, wie man sie höchstens im finsteren Mittelalter zu tun pflegte. Der Nationalsozialismus brauchte wie jede andere Religion eine mystische Welt und einen hohen Priester. Die NS-Ideologie besaß beides: die Mär vom edlen Arier und dem tausendjährigen Dritten Reich sowie Heinrich Himmler als seinen Messias. Schlusswort Okkultismus war aus einer Urangst des Menschen vor den Naturgewalten geboren, die mit dem Segen beschenkt und dem Fluch belegt wurden, sich ihrer Vergänglichkeit bewusst zu sein. Jede Form von Religion setzt die Unsterblichkeit des Individuums voraus und erfreut sich deswegen großer Popularität, auch wenn es nur eine Flucht vor Realität ist. Natürlich ist der Gedanke tröstlich, schon einmal gelebt zu haben und wieder zum Leben zu erwachen oder ein Leben im Jenseits führen zu dürfen. Doch im gewissen Sinne erlangt der Mensch doch die Unsterblichkeit. Die Unsterblichkeit des Geistes, der in Schrift und Gedanken bestehen bleibt. Ich weiß nicht, ob ich glücklicher wäre, wenn ein gesellschaftsunfähiger Gewalttäter aus der benachbarten Besserungsanstalt die Reinkarnation von einem Aristoteles oder Sokrates wäre. Ich denke, als Tote erweisen sie der Welt einen größeren Gefallen.