Kapitel i verleiht Grundbesitz und Ämter Rat und Hilfe Scrjutz und freue verleihen Laod ynd Ämter Schutz unů Treye Kdmg KsrzSge Grafen Bischöfe - Kronvassllen Vergabe ¥g-Schutz und Hof- ynd Keerfa'ľt ää^s,te>» Ants- cr*d *-segsd:ensie iSaisgaSar, t unö « Die Lehnspyrar. altehrwürdigen Aachener Münsters, in dem Karl der Große und Otto III. beigesetzt sind. Das benachbarte Rathaus steht auf dem Fundament der alten fränkischen Königshalle. Das Mittelalter kannte keinen Staat im modernen, abstrakten Sinne. Der mittelalterliche »Staat« war ein »Personenverband«, er beruhte auf dem persönlichen Verhältnis zwischen dem Herrscher und dem von ihm in unterschiedlicher Weise und vielfachen Abstufungen abhängigen Volk. Mächtig war, wer Grund und Boden besaß. Im Fränkischen Reich war der mächtigste Grundherr der König. Neben ihm gab es eine dünne Führungsschicht von Grundherren, meist schwerttragende Angehörige des Hochadels; auch die stark aristokratisch geprägte Kirche besaß viele Ländereien. Der Großgrundbesitz von König, Adel und Kirche war grundherrschaftlich organisiert. Kennzeichnend für die Grundherrschaft waren die so genannten Fronhofsverbände (Vindikationen). Sie bestanden aus einem vom Grundherrn betriebenen zentralen Fronhof (manchmal auch mit Nebenhöfen) und den von Unfreien verschiedenster Abstufung selbstständig bewirtschafteten Bauerngütern. Diese Unfreien, die man zusammenfassend Hintersassen oder Grundholde nennt, waren dem Grundherrn zu Abgaben und Arbeitsleistungen (Fronen) verpflichtet und unterstanden seiner Gerichtsbarkeit. Der König als größter Grundherr ve: ■• •■ .'...etc sich Gefolgsleute aus dem hohen Ad« Lan- des, indem er ihnen Landbesitz aus -.-, . ;sg-ü; zur Leihe übertrug, später auch An- .e.- unc Rechte. So entstand das Lehnswese.- .-.!..u- de: Verschmelzung von Landleihe und -v-..č.nli-eher Treue und Gefolgschaft, der so genanntes Vasallität. Der Lehnsvertrag wurde auf Gegenseitigkeit abgeschlossen, meist symbolisch dadurch, dass der Lehnsmann, der Belehnte, seine gefalteten Hände in die des Lehnsherrn legte Der Lehnsmann verpflichtete sich zu Dienst und Treue, der Lehnsherr übergab das Lehei und versprach Schutz und Treue. Der Lehnsvei-trag endete erst mit dem Tod eines der Partner, doch auch Untreue des einen entband den anderen seiner Treuepflicht. Die Großen des Reiches standen damit als königliche Vasallen in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Herrscher, aber sie waren auch einerseits als Amtsträger, als Grafen, Markgrafen, Pfalzgrafen und Königsboten, andererseits als Besitzer eigener Grundherrschaften (Allodial-guter) mit großer Machtfülle ausgestattet. Sie selbst konnten sich durch Vergabe von Land, Rechten und Ämtern Untervasallen schaffen und damit einen eigenen Machtapparat aufbauen. So setzte sich trotz der Bindung des Lehens an die persönlichen Elemente Treue und Vasallitäi seit dem 9. Jahrhundert die faktische Erblichkeit der Lehen durch. Wegen der zentralen Rolle von Grundherrschaft und Lehnswesen hat man der Gesellschaftsform des Mittelalters den Namen »Feudalismus« gegeben (Lehen heißt lateinisch feudum). 36 RÖMISCH-GERMANISCHE UND FRÄNKISCHE ZEIT fränkische Tradition der Herrschaftsteilung 1 heim Tode Karls des Großen 814 nicht zur C Iturig {► lJ7) un<^ schien mit der so genann-,ěn Ordinatio Imperii (Reichsordnung) Lud-vigs des Frommen von 817, die das Mitkaiser-Lothars I. und Unterkönigtümer der junge-Söhne vorsah, vollends dem Gedanken der „ • (.jjseinheit zu weichen, aber der Kaiser selbst löste mit der Änderung der Nachfolgeregelung zugunsten seines jüngsten Sohnes Karl (des Kahlen) Streitigkeiten aus, die schließlich doch zur Teilung des Reiches führten. Nach dem Tod des Vaters 840 verbündeten sich Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle gegen den kaiserliche Rechte beanspruchenden Lothar; ihr in den Straßburger Eiden von 842 beschworener Beistandspakt, den der Geschichtsschreiber Nit-hard überliefert hat, ist als Sprachdokument berühmt geworden: Um vom Heer des Bruders verstanden zu werden, legte Karl den Eid in althochdeutscher, Ludwig in altfranzösischer Sprache ab. Der Bruderkrieg wurde 843 mit dem Teilungsvertrag von Verdun beigelegt. Lothar I., dessen Kaiserwürde keine Oberherrschaft mehr be- deutete, erhielt Italien und ein Mittelreich, das von der Nordsee zwischen Scheide- und Wesermündung bis zur Rhône und den Ostalpen reichte und hier an das italienische Gebiet anschloss. Karl der Kahle behielt den westlichen, Ludwig der Deutsche den östlichen Teil. Die Reichseinheit blieb nominell gewahrt; ob sie sich erneut durchsetzen oder zu einer Verselbstständigung der Reichsteile führen würde, war noch längst nicht entschieden. Vom Mittelreich löste sich rasch - zunächst als Unterkönigtum - Italien, an desse Herrscher auch der zu Anfang des 10. Jahrhunderts vorerst wieder erloschene Kaisertitel überging. Auch Burgund wurde bald selbstständig. Das übrige Mittelreich, für dessen Kerngebiet sich der Name Lotharingien (= Lothringen) einbürgerte, wurde, als kein legitimer Erbe mehr da war, 870 im Vertrag von Meerssen zwischen Karl dem Kahlen und Ludwig dem Deutschen etwa an der Linie Maas-Mosel-Saône-Genf geteilt. Karl sicherte sich 875 die Kaiserwürde, aber die beabsichtigte Vereinigung von West- und Ostfränkischem Reich gelang nur noch für kurze Zeit (885-87) unter Kaiser Karl III., dem Dicken, einem Sohn Ludwigs des Deutschen. Die in den Verträgen von Verdun und Ribemont (879/80) nach Westen verschobene Grenze zwischen den Teilreichen blieb über das Mittelalter hinaus im Wesentlichen bestehen. Die Vertrag« won Verdun ynd Ribemont 879/880 ^V, ...: 3 ?. c, n s í n Gesarmteich Kai l& III 887 Königreich Fürstentum Herzogtum ulafdcb.'is ;Thu:'ŇÍ-2-i ... .-■■.../";. / Äls.Tianniftfi -. -c * anurias: =hĽr>i í, "" ■ Kärnten í tombtrrfifci 3K?a Gsnf" *•«,.■ 885-8/ • . , j-'/ 879Kgr. '7**? -» íiojlsusť..... Gaset .jro: « ..■-»> *«« -■■: :<ŕr ; e EMIRAT VŮK GuRDOäA Korsilts 37 Daten 113-101 v. Chr. Kämpfe der Römer mit Kimbern und Teutonen 58 v. Chr. Sieg Cäsars über den Sweben Ariovist bei Mühlhausen 12-9 v. Chr. Germanenkriege des Drusus 4-6 n. Chr. Germanenkriege des Tiberius 9 n. Chr. Schlacht im Teutoburger Wald 69-70 Aufstand des Batavers Civilis ab ca. 90 Bau des Limes um 98 Tacitus' »Germania« 166-175; 177-180 Markomannenkriege Mark Aureis um 260 Besetzung des Dekumatlandes durch die Alemannen 375 Hunneneinbruch (Zerstörung des Gotenreiches) 378 Schlacht bei Adrianopel 410 Plünderung Roms durch die Westgoten 419-711 Westgotenreich (bis 507 um Toulouse, dann in Spanien) 429-534 Vandalenreich in Nordafrika 443-534 Burgunderreich in den Westalpen 451 Schlacht auf den Katalaunischen Feldern 453 Tod Attilas 455 Plünderung Roms durch die Vandalen 476 Absetzung des letzten weströmischen Kaisers durch den Skiren Odoaker 482-511 Chlodwig König der Franken 486/487 Sieg Chlodwigs über den römischen Statthalter Syagrius 493_526 Theoderich der Große Ostgotenkönig in Italien um 498 Taufe Chlodwigs 507 Verdrängung der Westgoten aus Gallien durch Chlodwig 531 Vernichtung des Thüringerreiches durch die Franken 534 Vernichtung des Burgunderreiches durch die Franken 534 Vernichtung des Vandalenreiches durch Byzanz 535_553 Ostgotenkriege Kaiser Justinians des Großen 568-774 Langobardenreich in Italien 687 Sieg Pippins des Mittleren bei Tertry 711 Vernichtung des Westgotenreiches durch die Araber 741-768 Pippin der Jüngere 751 Absetzung des letzten Merowingers 754 Pippinsche Schenkung 5. Juni 754 Märtyrertod des Bonifatius 768-814 Karl der Große 772-804 Sachsenkriege 774 Vernichtung des Langobardenreiches durch Karl den Großen 25. Dez. 800 Kaiserkrönung Karls des Großen 814-840 Kaiser Ludwig der Fromme 817 Ordinatio Imperii 842 Straßburger Eide 843 Teilungsvertrag von Verdun 843-876 Ludwig der Deutsche ostfränkischer König 870 Teilungsvertrag von Meerssen 876-887 Karl der Dicke ostfränkischer König (881 Kaiser) 879/880 Teilungsverträge von Verdun und Ribemont 887-899 Arnulf von Kärnten ostfränkischer König (896 Kaiser) 900-911 Ludwig das Kind (letzter ostfränkischer Karolinger) 38 tfochmittelalter (bis 1254J t,e,í:ľ'..tiiig '»Geschichte der deutschen Kaiserzeit« - unter diesem Titel stellte Wilhelm von Giesebrecht die Zeit von der Entstehung des Deutschen Reiches zu Beginn des 10. Jahrhunderts bis zum Tod des letzten Staufers auf dem deutschen Königsthron im Jahre 1254 als eigenständige Epoche der deutschen Geschichte dar. Der 1. Band von Giesebrechts Werk erschien 1855 und damit in einer Zeit, in der die Frage der deutschen Einheit und der Verwirklichung eines deutschen Nationalstaates die öffentliche Diskussion beherrschte. Giesebrecht präsentierte dem historisch interessierten Publikum die deutsche Kaiserzeit des hohen Mittelalters als eine »Periode, in welcher der Wille, das Wort und das Schwert der dem deutschen Volke entstammten Kaiser die Geschichte des Abendlandes entschieden, in der das deutsche Kaisertum vor allem der Zeit Anstoß, Richtung und Leitung ... gab«, bis dieses starke und geeinte deutsche Reich durch den »Untergang des staufischen Hauses« dem fürstlichen kiemstaatlichen Egoismus zum Opfer fiel. Giesebrechts Werk hat mehrere Auflagen er-reichtund das deutsche Geschichtsbewusstsein stark geprägt. Die neuere Geschichtswissenschaft geht in vielem von anderen Voraussetzungen aus als Giesebrecht. ihr ist die epochale Geschlossenheit einer »deutschen Kaiserzeit« fragwürdig geworden. Die Einsicht, dass die politische Ordnung des mittelalterlichen Reiches mit dem Begriff »Staat« nicht angemessen gekennzeichnet ist, weil die Herrscher keine nachgeordneten weisungsgebundenen Behörden zur Durchsetzung von Regierungsentscheidungen hatten, führte zur Frage, ob denn die Taten der Könige und Kaiser überhaupt für die deutsche Geschichte der Frühzeit so prägend sein können, ob es nicht vielmehr darauf ankomme, die überindividuellen Personenverbände und ihre politischen, sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen zu erforschen und die Vorstellungswelt und Handlungsantriebe, die die Menschen damals allgemein leiteten. Bei dieser Fragestellung erscheint die Abgrenzung des genannten Zeitraumes mit der Untergliederung in die Zeit der Ottonen (919-1024), Salier (1024-1125) und Staufer (1138-1254) als eher äußerliche Einteilung. Die Erforschung der allgemeinen Lebensordnungen lässt erkennen, dass sich seit der Mitte des 11. Jahrhunderts so grundlegende Veränderungen in Europa vollzogen, dass die Grenze zwischen Früh- und Hochmittelalter heute meistens in diese Zeit gelegt wird. Entsprechend sieht man die Zeit davor weitgehend als eine Fortsetzung der Karolingerzeit: Grundherrschaft und Lehnswesen, Eigenkirchenwe-sen und königliche Kirchenherrschaft, romverbundene Landeskirche und ritusbestimmte Religiosität blieben auch nach der Entstehung des Deutschen Reichs bestimmend. Auch politisch blieb das karolingische Frankenreich zunächst der vorgegebene Rahmen und das Leitbild der deutschen Könige: Vor allem Otto I., der erste deutsche Kaiser, folgte mit der Eroberung Italiens und der Kaiserkrönung in Rom dem Vorbild Karls des Großen. Diese für die Zukunft so folgenschwere Bindung des Deutschen Reiches an Italien und das Papsttum war bei Otto I. keine bewusst reflektierte politische Neuorientierung, sondern Erfüllung des karolingischen Erbes, das er als König im Ostfrankenreich als verpflichtend ansah, obwohl er selbst weder Karolinger noch Franke war. Seit der Mitte des 11. Jahrhunderts aber wurden die in der Karolingerzeit ausgebildeten Ordnungen zunehmend verändert. Um diese Zeit 39 .-i- i Kapitel z setzte in Europa ein bemerkenswertes Bevölkerungswachstum ein und mit ihm eine Zeit der Rodungen und des Landesausbaus. Es wurden neue Dörfer und seit dem 12. Jahrhundert zum ersten Mal im Mittelalter auch Städte in größerer Zahl gegründet. Etwa zur gleichen Zeit mit diesem wirtschaftlich-sozialen Aufbruch kam es zu einer religiösen Erneuerungsbewegung, die zu heftiger Kritik am bislang herrschenden religiösen Leben fährte. Die ältere Geschichtsschreibung sah in den Auseinandersetzungen zwischen Kaiser und Papst im Investiturstreit ein einzigartiges Ereignis der deutschen Kaiserzeit. Heute ist man eher geneigt, die Kritik am Zustand der Kirche, die schließlich den Investiturstreit aus- löste, als eines der Elemen _ _^ä Aufbruchs zu sehen, in der die altüberlieferten Ordnungen allgemein ihre unbefragt-selbst-verständliche Gültigkeit verloren. Nachdem die Frontstellung des Investitur. Streits zu Beginn des 12. Jahrhunderts über. wunden war, brachten die geistigen Anstrengungen, die den Kampf begleitet hatten, eine erste Blütezeit des europäischen Geistes her-vor, die »Renaissance des 12. Jahrhunderts«, fa der Frankreich das geistige Zentrum Europas war. Viele Forscher sind der Auffassung, dass es im. Europa des 12. Jahrhunderts in allen Lebensbereichen einen »Schub zur Modernen gab, der die Gestalt Europas bis in die Neuzeit geprägt hat. . , « . ST"" 3 V - - ""í •■-'■. - ^wvöniSii&r. x * ■ v - y* * ■*■"•** V ií"3ŕ»t "S ist v' * \ •4 Die Insignien des deutschen Reichs: Reichskrone, Reichsschwert, Reichsapfel, Reichszepter und Reichskreuz. Heutiger Aufbewahrungsort ist die Schatzkammer in der Wiener Hofburg Hochmittel ALTEP 7 t y;': ? Entstehung des r;rutschen Reiches • )-,-,i ("l-iihen 10. Jahrhundert kann man von . Oeiüschen. Reich sprechen. Seine Ent- 1" 1,',, n o Vor! e sich bis dahin über einen längeren 7eit»um vollzogen. Das Königreich, das man •"'it den1- n. Jahrhundert »Reich der Deutschen« „»nnŕi besann, hieß damals noch »Ostfran- '/XL I * *" **■■* ö kenreich«. Es hieß nicht deshalb so, weil es nur n Fr-nt-PT- bewohnt gewesen wäre, sondern von * 'oíí' ^ weil es aus dem Frankenreich hervorgegangen war das verschiedene Völkerschaften und Gebiete umfasste und das Karl der Große (►1.17) 7U unvergleichlicher räumlicher Größe gebracht und mit dem Kaisertum überhöht hatte. Fränkischer Brauch verlangte, dass das Reich unter die Söhne des Königs aufgeteilt wurde, und so bestand das Riesenreich Karls bald aus mehreren fränkischen Teilreichen (►1.23). Ludwig, den wir heute »den Deutschen« nennen (843-876}, herrschte als König über die Bayern, Schwaben, Rhein- und Mainfranken, Thüringer und Sachsen. Schon den Zeitgenossen war bewusst, dass die Bewohner von Ludwigs Ostfrankenreich sich von denen im Reich seines Bruders Karl »des Kahlen«, der König der Westfranken war, durch ihre Sprache unterschieden. Der größte Teil des Gebietes, das sie bewohnten, hatte nicht zum Römischen Reich gehört, und das Lateinische war dort nicht wie im Westen Grundlage der Landessprache geworden. So bewahrten sie ihre germanischen Sprachen, die trotz aller Unterschiede doch dieses verband, volksmäßig »theodisc« zu sein, ein Wort, das dann später zum Namen »deutsch« wurde. Fränkische Tradition aber war zur Zeit Ludwigs des Deutschen noch bestimmender als die Verwandtschaft der Sprachen, und so wurde sein Reich, fränkischem Teilungsbrauch entsprechend, wieder unter seine Söhne in drei Königreiche aufgeteilt, so wie es dann später, als es keine arideren erbberechtigten Nachkommen gab, in König Ludwig dem Kind wieder einen einzigen König hatte. Im Jahre 911 starb nun auch er, ohne Söhne zu hinterlassen. Nur im Wesffrankeiireich gab es noch einen König aus dem Geschlecht Karls des Großen. Die ostfränkischen Stämme entschieden sich gegen den westfränkischen Karolinger und damit für die Eigenständigkeit ihres Reichs gegenüber dem Westen: Sie wählten Konrad, den Herzog der Franken, zum König. Dass es ein ungeteilt-einiges Reich sein würde, zeigte sich dann im Jahre 936. König Heinrich I. (919-936), der Nachfolger König Konrads (911-918), hatte bei seinem Tode mehrere regierungsfähige Söhne. Aber nur der älteste Sohn, Otto (► 2.3), wurde König. Der fränkische Brauch, das Reich unter die Königssöhne aufzuteilen, wurde also nicht mehr befolgt. Mit dem Regierungsantritt Ottos I. war erwiesen, dass die Gebiete, die zuerst Ludwig der Deutsche zusammenfassend Ostfrankenreich genannt hatte, im Innern und nach, außen eine Einheit darstellten. 2,2 Stammesherzogtümer Bei dem Festmahl, das die feierliche Königskrönung Ottos I. (►2.3) 936 in Aachen beschloss, waren für alle sichtbar vier Männer aus der Menge der anwesenden geistlichen und weltlichen Großen herausgehoben: die Herzöge der Lothringer, der Franken, der Schwaben (Alemannen) und der Bayern. Sie versahen symbolische Ehrendienste beim Krönungsmahl als Kämmerer, Truchsess, Mundschenk und Marschall; dadurch wurde gezeigt, dass die vier Herzöge die nächsten beim König waren, dass vor allem auf ihrer Hilfe das Königtum ruhte. In den Herzögen waren die Völkerschaften präsent, denen die Herzöge vorstanden. Die Sachsen waren durch den König selbst repräsentiert, da mit Ottos Vater Heinrich im Jahre 919 der Sachsenherzog zum König des Reiches gemacht worden war. Schon bei den beiden vorangegangenen Königswahlen waren die Herzöge als Handelnde in Erscheinung getreten: Konrad I. war im Jahre 911 »von Franken, Sachsen, Alemannen und Bayern«, wie es in einer zeitgenössischen Quelle heißt, zum König gewählt worden, und bei der Wahl Heinrichs I. im Jahre 919 erschienen die Franken und Saclrsen als Wähler; die süddeutschen Bayern und Alemannen mit ihren Herzögen wie auch die Lothringer zwang König Heinrich nachträglich, sein Königtum anzuerkennen. So erscheint das ostfränkisch-deutsche Reich aus den fünf Herzogtümern der Franken, Schwaben, Bayern, Sachsen und Lothringer zusammengesetzt. Die Wissenschaftssprache hat dafür im 19. Jahrhundert den Ordnungsbegriff »Stammesherzogtum« geprägt, man unterscheidet das »ältere Stammes- Kapit: Das rfe^ľi unter den utton I t-elchsgf'erize I Marken — j 1 IBistliches Gebt-t ha % Zvúrtii-,-.-. Hľžvi. ^CH^1' í tíiníj«:! -. . . .-:;.'i;iJ"A-- I Utrecht ' ,j;U?'"."2 Paderborn HZM. NIEDER- S Friíiia: LOTHRWÍEN O to a: V: ■< . KäMato * rKf.-í'Sn-, HZM. OBER- . H?y. FiHNKEN 4- J .*. * Vs-surs Mi-eyer § LOTHRINGEN "**«»*„* j hZM. SCHWABEN v; ' »2M.BAVERW Leciíisi» J í '» P O L ^A ■'■•%/,, Š í'íäg POrih/'EM MÁriRŠM ,;0C:°-!00£ poi.-.iscn: OS^ ^* iřSARK B'iXsq VlAÍU KÄRNTEM KGP. UNGARN % ,<>. "^ VAÄK KRAIN KG P. K.10A' !EN '.ORSiK,- &, "! '>■ ■■■■$/u. 'V * ''S-:* «r. '-/ --.orn H O CH MITTE L ALTER :ii i". nuL. dann 'öyc ť- vS- ,__, ju , o-í 'Vieiowingerzeit vodí »junge-,i, n > 3Ľcrzogtumi(, das seit dem Ende i ji id:.-;tsiiiHrschcinungttift. „ ;r= ,, ammesherzogcum« (dticatus) war \ i, m ip -ich eines vom König eingesetzten , ('-1- nihrer, Anführer, Herzog). In den ;,. i is» ••-n Gebieten bildeten die von den t.-, iii erworfenen Völkerschaften, zum ..j ' di- Bayern, Alemannen und Thürin-0- di ndlage für die Abgrenzung eines f> i merowingischen Königen entglitt ,'n !i lend die Kontrolle über diese Her-■/idass die Herzöge eher Anführer des Shimmis gegenüber dem König als Vertreter '!•.■:; Königs beim Stamm waren. Es war ein Erfolg der Zentralgewalt, die Herzöge als Zwischen!;] stanzen im 8. Jahrhundert wieder besei-tigen zu können. Dass die Stämme als Unter-ulioder-.ingen des ostfränkischen Reiches gleich wohl fortbestanden, lässt sich daran erkennen, dass sie im 9. Jahrhundert oft die Teil-i eiche aer karolingischen Königssöhne bildeten. Die Ausbildung des »jüngeren Stammes-'•"r.'cg'.'ims« vollzog sich in Anlehnung an iükso karolingischen Teilkönigreiche: Seit die iM)ulgsi.ewalt im Ostfrankenreich seit dem Iflire 802 wieder bei einem einzigen König lag, /.eigte :,xh die fortbestehende Eigenständigkeit der Slämme daran, dass in ihnen »duces« !-i {erzöge) als oberste Gewalten erscheinen. ^ii wur-s.en als Herzöge der Franken, der Bayern 'liiei Sachsen bezeichnet, und das zeigt, dass die iW-ohner dieser »jüngeren Stammesherzog-iu.ner« den Zeitgenossen als die Nachfahren '■ 'Jhyr-.- anderungszeidicher Stammesverbände Giro f., der Große, nimmt den Treueid 'De, -sugars IL von lurea entgegen und übergibt ihm das Schwert als Zeit hen der Herrschaft über das ihm als Lehen i'ihi-rlassene Königreich Italien. Darstellung aus dei Chronik des Otto von Freising aus dem 12. Jahrhundert galten. Aber schon die Einreihung Lothringens unter die Stammesherzogtümer macht deutlich, dass sie keineswegs natürlich gewachsene Ordnungen darstellten: Die Bezeichnung »Lo-tharingien« ist aus dem Namen König Lothars II. (855-869) abgeleitet, dem bei den karolingischen Teilungen des 9. Jahrhunderts das Land zwischen Rhein und Maas zugefallen war. Die Herzogtümer des 10. Jahrhunderts waren das Ergebnis einer Entwicklung, die Umfang und Gestalt der völkerwanderungszeitlichen Stämme grundlegend verändert hatte. " ;oneii Das íruíiere Mittelalter kannte keine Familiennamen. Um die familienmäßige Zusammengehörigkeit von Personen erkennbar zu machen, hat die neuzeitliche Geschichtsschreibung aus familientypischen »Leitnamen« Geschlechternamen konstruiert. Der Sachsenkönig Heinrich, der im Jahre 919 ostfränkisch-deutscher König wurde, war der erste der »Ottonen« auf dem Königsthron. Der Geschlechtername ist von Heinrichs Sohn und Nachfolger Otto I. (936-973) und von dessen gleichnamigem Sohn Otto II. (973-983) und Enkel Otto III. (983-1002) abgeleitet. Als Otto III. kinderlos starb, folgte mit Heinrich II. sein nächster männlicher Verwandter als König. Mit ihm erlosch das sächsische Königsgeschlecht der Ottonen im Jahre 1024. Der bedeutendste Ottonenherrscher war Otto L, »der Große«. Er begründete die Tradition der Verbindung von ostfränkisch-deutscher 43 Kapitel Königswürue una Kaisertum, uiiu i. miupue bei diesem folgenschweren Schritt an das Vorbild Karls des Großen (►2.17) an. Obwohl das Kaisertum seit Karl dem Großen seine universale Bedeutung eingebüßt hatte, war es Bestandteil der nach wie vor als verpflichtend angesehenen karolingischen Tradition. Otto I. machte das Anknüpfen an die karolingische Tradition gleich bei seinem Regierungsantritt sichtbar: Indem er Aachen als Krönungsort wählte und am Ende der Krönungszeremonie auf dem steinernen Thron Karls des Großen Platz nahm, zeigte er, dass er sich unmittelbar in der Nachfolge Karls des Großen sah. Dazu gehörte auch die Eroberung des langobardisch-italischen Reiches, die Otto im Jahre 951 mit der Königskrönung in Pavia abschloss. Sein großer Ungarnsieg in der Schlacht auf dem Lechfeld (► 2.5) erwies Otto I. als fähigen Verteidiger der lateinischen Christenheit. So war die Kaiserkrönung, die Papst Johannes XII. am 2. Februar 962 in Rom vollzog, in Ottos herrscherlichem Selbstverständnis und in seiner Politik lange vorbereitet. Seither gehören Italienpolitik (►2.7), Romzug und Kaiserkrönung zum »Regierungsprogramm« der mittelalterlichen deutschen Könige. Wie Karl der Große sah auch Otto der Große die Heidenmission als Aufgabe des christlichen Kaisers an. Nach vielen Mühen und Rückschlägen erreichte er 968 die Gründung eines Erzbistums in Magdeburg, das als Missionserzbistum in die slawischen Gebiete hineinwirken sollte. Ottos des Großen Sohn Otto IL führte im Wesentlichen die von seinem Vater vorgezeichnete Linie der Politik weiter. Otto III. aber wollte anderes und mehr: Erfüllt von einer schwärmerischen Begeisterung für die römische Antike, wollte er die Stadt Rom wieder zum Zentrum der Welt machen, Rom als Sitz von Papst und Kaiser, als Mittelpunkt von Christentum und Weitherrschaft, zu unvergleichlicher Größe führen. Damit ist Otto III. gescheitert. Sein Nachfolger Heinrich II. verlegte den Schwerpunkt seiner Herrschaft wieder in den ostfränkisch-deutschen Bereich nördlich der Alpen, kehrte in die Bahnen Ottos I. zurück. "' .4 Wikinger/Normannen Wikinger bedeutet »Männer auf großer Fahrt«; »Normannen« bezeichnet die gleichen Leute als tue, die aus dem Norden kommen. Beide Male sinu lNiM wegei, udiieii. mm öcuweuei gerr^'i:-. und zwar dann, wenn sie außerhalb ihre) i-i6i' mat Skandinavien in Erscheinung treten 0, wikingische Zeitalter der Beute-, Handeis yri. Eroberungsfahrten reicht vom Ende des '■-. \-, zur Mitte des 11.Jahrhunderts. Die Wiking. waren Seekrieger. Die Seetüchtigkeit ein--Schiffe, deren massiver Kiel schnelles Kelter, verhinderte und deren Segel sie weite Stre-cie-auf dem Wasser relativ mühelos überw ndc? ließen, machte für sie alle Küsten und Biic.ier.. gewässer Europas und der den Nordadantť-; bt-grenzenden Länder erreichbar. Die ersten í -äch-richten von wikingischen Überfallen stamme aus England: Im Jahre 793 wurde das nord'rjrn-brische Kloster Lindisfarne an der nördhehe: Ostküste Englands überfallen und ausgeplündert. In etwa der gleichen Zeit werden dH ers-ten Wikingerüberfalle im Südwesten England; gemeldet und wenig später in Irland und an de: Atiantikküste des Frankenreiches. Die Beute at Schätzen aus Edelmetall, an Sklaven und an 1.5. segeld für Gefangene spornte die Wikinger an die anfänglich vereinzelten Raubüberfalle ?i intensivieren: Im 9. Jahrhundert schlugen Wikingerheere feste Standlager auf, um zu überwintern und die Länder systematisch nacl Beute zu durchkämmen. Dann wurden die Lager zu Siedlungen ausgebaut; die Wikinger kamen als Einwanderer, errichteten eigene Herrschaften im Osten und Norden Englands, in Irland, Im Nordwesten des Frankenreichf (der nach den Normannen benannten Normandie und erzwangen deren Anerkennung durch di; einheimischen Könige. Von der Normandie au; errichteten normannische Ritter im 11. j ahrhun-dert Adelsherrschaften auf dem süditalienischen Festland und auf der Insel Sizilien. Eiarni: legten sie den Grund für das spätere normannische Königreich Sizilien. Im Osten Europas, at den großen Wasserwegen von Djnepr, Düna und Wolga, am Urnen- und am Ladogasee gründeten schwedische Wikinger (Waräger) irr. 9. Jahrhundert in den slawischen Gebieter. Herrschaftssitze als Handelsniederlassungen Ihre herrschaftliche Zusammenfassung crurch Rurik gilt als der Anfang des russischen Reiches. Aber es waren nicht nur die besiedelten Länder Europas, die wikingische Einwanderer anlockten. Abenteuerlust und Landsuche trieben sie über das bewohnte Land hinaus. Um 860 entstanden die ersten Wikmgersiedluuger. in Island, von dort aus gründeten sie uru da> .s.-,, y.-ei Niederlassungen in Grönland, \'\ .' ,,,,, -.-, 500 bestanden, und von Grönland " ' ' '^.... ::..-.n sie um das Jahr 1000 die Küsten , ..- ' ■: ;i-.-;hlacht auf dem ■ ■ :hi'eld , „.., ,f, b- iz. August 955 kämpfte ein deut-.'•'-['.=; Hetr unter König Otto I. gegen ein zah-!,-■■"!iiiis- ">-•-■'fr überlegenes Reiterheer der Un-•■u-'aes-i Lechfeld südlich von Augsburg. > >,, 1- imen und Beten hatte sich das christliche í :-.-■.;- -..if de;.- Kampf mit den noch heidnischen -■■■-inadcn vorbereitet. König Otto hatte dem T,-,P5heil.iKc-!t des 10. August, dem heiligen Lau-r-f.pjiiis die jTÜndung eines Bistums in Merse-! r„ oeiobt wenn Christus durch seine Für-Muö den Sieg gewähren würde. Unter der ■-.ume des Erzengels Michael zog das nach Sämmen gegliederte deutsche Heer in die .;, hlacht. Otto selbst trug die »Heilige Lanze«, in die man ein Stück Holz vom Kreuze Christi einuelassen glaubte. Der Sieg galt denn auch als čiu Geschenk Gottes, zugleich aber als besondere Ruhmestat Ottos. Für das frühmittelalterliche Europa bedeutete der Sieg eine Wende: Das nomadische Reitervolk der Ungarn hatte seit der 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts vom Balkan aus die Länder Europas in regelmäßigen Beutezügen heimgesucht, die bis nach Frankreich, Norditalien und Byzanz führten. Besonders war das den Ungarn nächstgelegene ost-fränkisch-deutsche Reich den Überfallen ausgesetzt gewesen, bayerische und sächsische Heere waren vernichtet worden. Nach der Schlacht auf dem Lechfeld wurden die Ungarn an Theiß und mittlerer Donau sesshaft, öffne-i on ihr Land bald der römisch-christlichen Mission und gehörten seither zur Völkerfamilie der lateinischen Christenheit. 2.0 ľ.;» Reichskirche Unter der »Reichskirche« versteht man die Gesamtheit der Kirchen, die im früh- und hoch-mittelaiterlichen deutschen Reich auf dem G rundbesitz des Königs als des Herrn des Reiches errichtet waren und seiner unmittelbaren Herrschaft unterstanden. Aligernein schloss Grundbesitz im Mittelalter i Icrrsciiaft über die auf dem Land lebenden '. ■:-,:hmittelali Leute ein. So übten neben dem König auch die anderen Großgrundbesitzer Herrschaft aus. Die Grundherrschaft stellt sich als ein Wechselverhältnis von Gabe und Gegengabe dar, in das auch die Kirchen eingebunden waren. Kirchen und Klöster dienten ihren Herren durch ihre wichtigste Gabe, durch ihre Gebete und Fürbitten, und wurden dafür mit Landbesitz und Einkünften ausgestattet, die im Obereigentum des Herrn blieben. Ein geistlicher und weltlicher Großer, der auf seinem Grund und Boden eine Kirche errichtete und sie ausstattete, war der Herr dieser Kirche, sie war sein Eigen, über das er verfügen konnte; man nennt ihn deshalb Ei- ▲ König Otto II. setzt mit der Übergabe des Stabes Adalbert von Prag in sein Bischofsamt ein und dokumentiert mit dieser »Laieninvestitur« seinen Leitungsanspruch gegenüber der Kirche. Reliefbild an dem nach 1100 gegossenen Bronzeportal des Doms zu Gnesen genkirchenherr. Entsprechend war auch der König Herr von Kirchen, nämlich von denjenigen Kirchen und Klöstern, die auf Königs- bzw. Reichsgut errichtet waren. Zur Reichskirche gehörten die Erzbistümer Köln, Mainz, Trier, Salzburg, Hamburg-Bremen und Magdeburg und so gut wie alle Bistümer, außerdem die Reichsklöster, darunter so berühmte Klosterstätten wie Fulda, Hersfeld, Quedlinburg, Lorsch und Sankt Gallen. Die zum Reich gehörenden Kirchen und Klöster waren durch Ausstattung der Könige und durch fromme Schenkungen selbst wieder Großgrundbesitzer und schuldeten dem König außer Gebeten und Fürbitten auch Panzerreiter für das königliche Heer und Beherbergung des Königshofes. Aber das aus der Grundherrschaft stammende Eigenkir- ~_i.|4 45