Kapitel 2 Hochmittelalter chenwesen war nur eine der Wurzeln der königlichen Kirchenherrschaft, denn der König war mehr als ein normaler Eigenkirchenherr. Als »Gesalbter des Herrn« galt er als Beauftragter, ja Stellvertreter Gottes im christlichen Volk. Dadurch war er aus der Menge der Laien herausgehoben, galt den Kirchen als der ihnen bestellte Verteidiger vor den Gefahren der Welt. Bis zur Kirchenreform des 11. Jahrhunderts nahm man deshalb keinen Anstoß daran, dass es der König war, der die Bischöfe und Erzbischöfe des Reiches persönlich in ihre Ämter einsetzte und oft auch den Ausschlag bei der Auswahl der Reichsbischöfe gab, wobei er Mitglieder seiner Hofgeistlichkeit bevorzugte. Da die Könige aus dem Geschlecht der Ottonen (►2.3) und Salier (►2.8) die Verbindung zwischen Königshof und Reichskirche enger gestalteten als ihre karolingischen Vorgänger und die Herrscher der benachbarten Königreiche, wird diese Besonderheit der deutschen Entwicklung oft durch die Bezeichnung »otto-nisch-salisches Reichskirchensystem« hervorgehoben. 2 ,J Italienpolitik Die Italienpolitik der ostfränkisch-deutschen Herrscher traf in Italien auf die konkurrierenden Rechtsansprüche und Interessen anderer Mächte. Diese Politik knüpfte bewusst an das Vorbild der karolingischen Frankenkönige an und hat von daher zwei Grundkomponenten: Zur Italienpolitik gehörte einmal die Beziehung zum Papsttum. Otto I. (►2.3) Heß sich in Anknüpfung an das Vorbild Karls des Großen im Jahre 962 zum Kaiser krönen. Seither galten die ostfränkisch-deutschen Könige als »Verteidiger der römischen Kirche« und ihrer weltlichen Besitzungen; ein Italienzug zur Kaiserkrönung nach Rom gehörte von da an zum festen Bestandteil deutscher Königspolitik. Die zweite Komponente deutscher Italienpolitik war die Eroberung des ehemaligen Langobardenreiches durch Otto I., auch dies in Nachahmung Karls des Großen. Seither war der deutsche König zugleich »König der Langobarden«, waren also »Reichsitalien« und Deutsches Reich in Personalunion miteinander verbunden. Zu Reichsitalien gehörten vor allem die Gebiete nördlich des »Patrimonium Petri« (des Kirchenstaats). Da aber der deutsche König als König der Langobarden auch beanspruchen konnte, König der südlich vom Rom gelegenen langobardische;-Fürstentümer zu sein, ergaben sich Konflikt, mit den Byzantinern, die Süditalien als ihre-Einflussbereich betrachteten, und seit Jeslí. Jahrhundert mit den Normannen (► 2.4), dj,_ die langobardischen Fürstentümer nach unc nach eroberten und Süditalien mit Sizilien z-j. sammenschlossen. Im Jahre 1186 heiratete dt; deutsche König Heinrich VI. die Erbin des Königreiches Sizilien. Mit Ausnahme des Kirchenstaates unterstand damit ganz Italien dem deutschen König. Von einer effektiven RegienmE konnte allerdings angesichts heftiger Widerstände keine Rede sein. Diese Widerstände kamen vor allem von den lombardischen Städter. unter Führung Mailands. Die Vereinigung de:. größten Teils von Italien in der Hand des deutschen Königs wurde 1254 durch den Tod des letzten Königs aus dem Geschlecht der Staufit (►2.15) beendet. ier Als Heinrich IL im Jahre 1024 starb, erlosch das Königsgeschlecht der sächsischen Ottoner. (►2.3) im Mannesstamm. Bei der Wahl des neuen Königs hielten sich die geistlichen und weltlichen Großen des Reiches so nahe wie möglich an das altangestammte Königshaus: Sie wählten Konrad, den ältesten männlichen Verwandten des Ottonengeschlechts in weiblicher Abstammung. Gewohnheit und Herkommen galten in der Zeit mehr als die Suche nach dem geeignetsten Kandidaten. Konrad war Gräfin der Gegend um Speyer undbesaß dort Familiengut. »Salier« wurde sein Geschlecht erst seit den: späteren Mittelalter in künstlicher Erinnerung an die völkerwanderungszeitlichen Salfranker. genannt. Als König folgte Konrad II. den traditionellen Linien frühmittelalterlicher Königsherrschaft: Er suchte die königlichen Rechte und Besitzungen zu wahren, wurde 1027 in Korr, zum Kaiser gekrönt und zeigte sich als mildtätiger frommer König durch die Gründung des Speyerer Domes als Familiengrablege. Von der. neuen Zeitströmungen einer ernsthafterer. Frömmigkeit wurde erst sein Sohn Heinrich III. erfasst, der ihm 1039 im Königtum folgte und zusammen mit seiner frommen Gemahlin Agnes die mächtig einsetzenden Bestrebungen der Kirchenreform (»»2.9) förderte. Er bekämpfte im Sinne dieser Reform Priesterehe (Nikolaitismus) und Ämterkauf (Simonie), die -; unbeanstandeter Brauch in der .-Ti-.aren. Seine Verantwortung als •r' --mischen Kirche ließ ihn in die -> ■•-;s Papsttums eingreifen: Die \ 5''tri und Rom (1046) handelten b.j., als sie drei konkurrierende -,-jcS'tzt erklärten. Damit und mit ",Vj..1 Leos IX. zum Papst schuf er cz ■ nig dafür, dass die römische Kir-iiT. Zentrum der Kirchenreform iw Heinrich III. starb im Alter von , im Jahre 1056; sein damals gerade -SihnHPmrirb.lv. folgte ihm nach. V 0 :W~::- Der Dom zu Speyer, Grabstätte des Kö.. gsgeschlechts der Salier. Mit dem Bin- des Gotteshauses war 102y, im ](■]■■: der Kaiserkrönung Konrads IL, h?\-;-nnen worden Im Verlouf:. ies Investiturstreits (► 2.10) kam es /u einer Vi-r:-tindung von Heinrichs kirchlichen Gegnern ■-. vt einer großen innerdeutschen Adelsopposition, die in Sachsen ihr Zentrum hatte. Heinrich IV. musste im Jahre 1077 den llußgang nach Canossa (►2.11) antreten, um sein Königtum zu retten. Trotzdem wählten die deutschen Fürsten den Schwabenherzog Ru-ť.olt von Rheinfelden zum Gegenkönig, dem gegenüber allerdings Heinrich auf die Dauer die Überhand gewinnen konnte. Es war dann nicht asi Kampf mit der Kirche, sondern vielmehr ein Aufstand seines Sohnes Heinrich V., der ihn 1105 sein Königtum kostete. Heinrich V., der als verschlagener Taktiker geschildert wird, gelang es, den Investiturstreit durch das Wormser Konkordat. (►2.12) von 1122 zu beenden. Als er im Jahre 1125 kinderlos starb, fand die Königsherrschaft der Salier ihr Ende. 2, €| Kirchenreform und neue Religiosität Zunehmende Kritik an Missständen in der Kirche führte in der Mitte des 11. Jahrhunderts zu einer Reformbewegung, die so gut wie alle Länder Europas erfasste. Die Kritik richtete sich vor allem gegen die Unbildung und Verweltlichung des Klerus, der sich die Güter der Kirche aneignete, ohne seinen geistlichen Pflichten nachzukommen. Geistige Wegbereiter der Kirchenreform waren die Reformklöster, unter denen das burgundische Kloster Cluny und die vielen von Cluny aus reformierten Klöster durch streng religiöse Lebensformen, durch prächtige und feierliche Ausgestaltung der Gottesdienste, durch immerwährendes Gotteslob Im Gebet beispielhaft wirkten. Die umfassende Kritik am Weltklerus verdichtete sich zu zwei Schlagworten: Simonie (Ämterkauf) und Nikolaitismus (Bruch der Zölibatsvorschriften). Mit dem lothringischen Papst Leo IX. (1049-54) bestieg ein Anhänger der Kirchenreform den Stuhl Petri. Der Bischof von Rom, in dem man als Hüter der Apostelgräber schon lange eine besondere geistliche Autorität verehrt hatte, gewann mit der Kirchenreform zunehmend als einigendes juristisches Oberhaupt der lateinischen Kirche an Bedeutung. Die Verbreitung der Reformvorstellungen in der römischen Kirche schlug sich in den Vorschriften der Synoden Leos IX. und seiner Nachfolger nieder. Neben die immer wiederkehrenden Verbote von Simonie und Nikolaitismus trat bald der Kampf gegen das Eigen -kirchenwesen (die Verfügung von Laien über Kirchen), in den seit Papst Gregor VII. (1073-85) auch die königliche Kirchenherrschaft über die Reichskirche (►z.ö) einbezogen wurde. Der dadurch ausgelöste Investiturstreit (►2.io)tband zunächst die religiösen Energien. Nach seiner Beendigung brachen sie sich umso kräftiger Bahn: Das gesteigerte Bemühen um christliche Glaubenswahrheiten und Lebensformen zeigte sich nicht nur in der überaus - Kapitel a schnellen Verbreitung, die die strengen Orden der Zisterzienser, Prämonstratenser und Kartäuser im 12. Jahrhundert fanden, zu denen zu Beginn des 13. Jahrhunderts noch die Bettelorden (► 3.15) der Franziskaner und Dominikaner kamen, sondern auch in dem Zulauf, den religiöse Gemeinschaften fanden, die ohne Vermittlung der Kirche in apostolischer Armut unmittelbar dem Evangelium gemäß leben und des Heils teilhaftig werden wollten und die deshalb von der Kirche als Ketzer (► 3.16) abgelehnt und verfolgt wurden. 2,10 Investiturstreit Der Investiturstreit ist die Auseinandersetzung zwischen dem Papsttum und den Königen Europas um das Recht der Investitur (Einsetzung) der Bischöfe, in die die deutschen Könige besonders stark verwickelt waren. Nach altüberliefertem Brauch setzte der deutsche König die Bischöfe seines Herrschaftsbereichs durch die Übergabe von Ring und Stab in ihr Amt ein, nachdem »Klerus und Volk« zuvor die Wahl vollzogen hatten. Da man aber den Kandidaten durch den Willen Gottes, den man nur nachzu-vollziehen glaubte, vorherbestimmt sah, bestand kein Bedürfnis nach einer klaren Regelung des Wahlverfahrens. Das bedeutete, dass : vi íV .. • • -■ ■*' ■'^tf -j } . . .■;.... - . k* «. .\ ■ 1 ■ * v, = , f» ' í«.' *í ',' ■ : ' ' í H ' ■r s Y* * , r * * * I -. i.' '. ' "V ." •ŕ ■ ': ■ vi < A Bekanntester Papst aus der Zeit des Investiturstreits ist Gregor VII. Die Miniatur aus dem ii./iz.Jh. (Salerno, Dom) zeigt ihn als das Haupt der Kleriker und Mönche dem König als dein »Gesalbten des Herrn« auc! eine ausschlaggebende Rolle bei der Fesfste'. lung des Willens Gottes und damit bei der .'\\;i. wähl des neuen Bischofs zukam. Diese Piaxic erregte lange keinen Anstoß, zumal die Re:ch;. kirche {► 2.6) nicht nur geistliche, sondern attct weltlich-herrschaftliche Funktionen im Raid wahrzunehmen hatte und beide Bereiche gt. danklich nicht klar getrennt wurden. Mar dachte in Personen, nicht in institution eiler Zuständigkeitsbereichen, und die Reich sbi-schöfe waren eben durch die königliche Einstt-zung als Personen ihrem Herrn, dem König, ■;-.-Treue verbunden. Seit in der Mitte des 11. Jahrhunderts die An hanger der Kirchenreform (►2.9) die Vergabe vq-Kirchenämtern durch Laien als Missbrauch anzuprangern begannen, bezogen die wenigster, auch die königliche Investiturpraxis in dies? Kritik mit ein, weil der König ja gar nicht als reiner Laie galt. Erst die Auseinandersetzunger, um die Neubesetzung des Mailänder Erzbistums seit 1073, bei denen König Heinrich IV einen Mailänder Kleriker investierte, während das Papsttum kraft apostolischer Autorit« einen anderen Kandidaten zu dem von Got t gewünschten und damit rechtmäßig gewählten erklärte, machte die königliche Investitur der Bischöfe zum zentralen Thema der Kirchenreform. Papst Gregor VII. (1073-85) sprach ein allgemeines Investiturverbot aus, ohne auf die Tatsache Rücksicht zu nehmen, dass die Reichsbischöfe als Reichsfürsten ja auch weltliche Funktionen wahrnahmen und der König daher berechtigterweise den Anspruch erheben konnte, dass ihrer Verpflichtung gegen König und Reich schon bei ihrer Einsetzung Rechnung getragen wurde. Eine Lösung des Problems wurde dadurch möglich, dass man. begrifflich klar zwischen geistlichem und weltlichem Bereich zu unterscheiden lernte Lind auf dieser Grundlage im Wormser Konkordat (►2.12) von 1122 einen doppelten Einsetzungs-akt (durch König und Papst) für die Reichsbischöfe als gültige Rechtsform anerkannte. Canossa Canossa, eine Burg im Apennin, war im Januar 1077 Schauplatz der Kirchenbuße König Heinrichs IV. vor Papst Gregor VII. König Heinrich erreichte dadurch die Lösung vom Kirchenbann, den der Papst zuvor über ihn verhäng! -8 cľ'ii wUiCiC jpati-i zUiil iUuCiii'.M .-:■ Zakreuzekriechen und ist ;;!.-: '' . ,. ,-, c em historischen Zusammen ;i worden. Für die Zeitgeno: -,en '/ - cr-: kein symbol trächtiges Ein-.'.ei- der n Glied in einer Kette beispie! j.i.n sse. Papsttum und König! um ,;;•.'.'_ (►2.10) verschiedene Kai-.ď.-: ,-,nit des Erzbischofs unterstüf.'.i. .i.Tassung Nachdruck zu verleihen, königliche Partei mit dem Wicu-r-. ^ , d^n päpstlichen Kandidaten ins „ , . .. v tte der Papst die verantwort-, -,..., - ... -DÍir'uon Räte im Frühjahr 1073 '.'.,.,,-.-., .neu. Obwohl jedem Christen .. 1 ,,-. , •_ rui: Exkommunizierten bei Strafe .-.„ , Vo -t. Eykommunikation verboten war, ,.. , , König Heinrich nicht von seinen ,;■:, v ■..' ch 3ber gleichwohl in seinen Brie-,,.,, _,,, '" cjoc VII. verhandlungsbereit und .. i. lľ .e'1"... - nd betonte seinen Gehorsam ge-■ H-iiihci :'■•- '■ Apostolischen Stuhl. Im Dezem-F.-r \'.;~~, 11-" forderte der Papst eine klare Ent-... h.'idurĽ' 0 uJtimativ-schroffer Form ver-iaiific c; "on Heinrich Trennung von den Räten unci 'Jntcj •'. srfiUig unter das päpstliche Urteil. Der Brief erreichte Heinrich, als er gerade sei-iicn Siea über die aufständischen Sachsen i.'bnzvoll feierte. Zusammen mit seinen Bischöfen sagi.e er Papst Gregor von Worms aus fieri Geho-.';:'.rn auf und forderte ihn auf, vom päpstlichen Stuhl herabzusteigen. Gregor VII., Jer sich als Stellvertreter des Apostelfürsten a ach selbst für unfehlbar und keines Menschen Urteil unter worfen erklärt hatte, wertete das als yottesläslcrhche Anmaßung und reagierte entsprechende :\i einem Gebet an den Apostel Pe-1 rus setzte er seinerseits König Heinrich ab und exkommunizierte ihn. Als dieses Urteil bekannt wurce, erzitterte die Erde, schrieb ein Zeitgenosse, denn dass ein »von Gottes Gnade;;« regierender König aus der Kirchengemein-M-haft ausgeschlossen und abgesetzt wurde, das hatte es noch nicht gegeben. König und Papst hatten sich damit gegenseitig die Legitimität ab-gesprochur;.. Es zeigte sich bald, dass das Wort des Papstes mehr bewirkte als das des Königs: Die Anhängerschaft Heinrichs in Deutschland v:hmo!z dahin. Heinrichs alte Gegner aus dem sächsischen .Aufstand drohten mit der Wahl eines GegenkGnigs für den Fall, dass es Heinrich nicht gelänge, sich binnen Jahresfrist vom Bann ?»losen. Sc; .t aber die Lösung vom Bann durch RoXTjxr O1 i! hiinim" - ,Wq- A Heinrich IV. mit seinem Anwalt, Abt Hugo von Cluny, vor Mathilde von Tuszien, der Besitzerin der Burg von Canossa, die im Konflikt zwischen dem König und Papst Gregor VII. vermittelte. Handschrift aus dem frühen lz.Jh. (Rom, Vatikanische Bibliothek) Verhandlungen und politische Zugeständnisse zu erreichen, wählte Heinrich einen Weg, den wohl niemand erwartet hatte: Mitten im Winter überquerte er die Alpen und erflehte im Büßergewand die Vergebung des Papstes in Canossa. Dem reuigen Büßer durfte Gregor als Seelenhirte die Absolution nicht verweigern. Heinrich war wieder in die Kirchengemeinschaft aufgenommen, die geplante Neuwahl zunächst vereitelt. Heinrich IV. hatte einen Augenblickserfolg errungen - aber zugleich der geheiligten Würde des königlichen Amtes schweren Schaden zugefügt. 2,12 Wormser Konkordat Am 23. September 1122 schlossen Legaten im Auftrag Papst Caiixts II. mit König Heinrich V. in Worms einen Vertrag, durch den der Investiturstreit (►2.10) im Reich beendet wurde. Die königliche und die päpstliche Seite erklärten in Kapitel z getrennten Schriftstücken, auf was sie in Zukunft verzichten bzw. was sie der G egenseite zugestehen wollten. Heinrich V. verzichtete auf die »Investitur mit Ring und Stab« und gestand kanonische Wahlen und freie kirchliche Weihen zu. Der Papst wiederum erkannte an, dass in Deutschland die Wahl der Reichsbischöfe und -äbte in Gegenwart des Königs stattfinden solle und dass danach der Erwählte die weltlichen Hoheits- und Besitzrechte (Regalien) durch die Übergabe eines Zepters aus der Hand des Königs empfangen und dem König das, was er ihm nach Recht schulde, leisten solle. Beide Schriftstücke zusammen enthalten die Anerkennung beider Parteien, dass ein Reichsbischof Verpflichtungen sowohl gegenüber der Kirche als auch gegenüber dem Reich hatte. Bis zur Kirchenreform (>2.g) des n. Jahrhunderts hatte der König unangefochten durch die Symbole Ring und Stab die gesamte bischöfliche Amtsgewalt übertragen. Im Zuge der Frontstellungen des Investiturstreits formulierten die päpstlichen Reformsynoden immer deutlicher die Alleinzuständigkeit der geweihten kirchlichen Amtsträger für ihre eigenen Belange, der gemäß dann die bisher übliche Einsetzung der Bischöfe durch die Könige für unrechtmäßig erklärt und verboten wurde. Dieses Investiturverbot aber ließ unberücksichtigt, dass die Bischöfe ja nicht nur geistliche, sondern als Reichsfürsten auch weltliche Herrschaftsaufgaben wahrnahmen. Voraussetzung für den Kompromiss des Wormser Konkordats war ein geistiger Klärungsprozess, durch den man an einem einzigen Menschen verschiedene Zuständigkeitsbereiche zu unterscheiden lernte. 2,1^ Stadtgemeinde und Bürgerfreiheit Gemeinde kommt von gemein, gemeinsam und entspricht dem Wort »Kommune«. Seit dem späten 11. Jahrhundert begannen die Bürger städtischer Siedlungen, im Innern ihre gemeinsamen Angelegenheiten wie Marktaufsicht, Zölle, Steuern, Mauerbau, Stadtverteidigung und Rechtsprechung durch eigene Beauftragte zu regeln und nach außen, seit dem 12. Jahrhundert dokumentiert durch ein Stadtsiegel, als rechtlich handlungsfähige Einheit aufzutreten. Alles dieses war vorher Sache des Stadtherrn gewesen. Man hat lange Zeit die Ge- meindebildung als ein revolutionäres Auf!-..,-. gehren der Bürger gegen den Stadtberrn ^..s,. hen, denn in einigen frühen Stadtrechten ... scheint eine »coniuratio« (= Versen wo im-.. Schwurverband) der Bürger als Empfange r &• Stadtrechts. Es wurde aber nachgewiesen, dates auch andere Formen der Gemeindebiiriur gegeben hat, dass Bürgergemeinden mii Zi. Stimmimg des Stadtherrn entstanden, was r,;. A Stadtsiegel dokumentierten seit dem 12. Jh. die rechtliehe Selbstständigkeit der aufstrebenden Kommunen. Das Bild zeigt das Kölner Siegel (1114/;!)) -vermutlich das älteste Stadtsiegel in Europa - mit Petrus im Zentrum türlich einzelne Konflikte nicht ausschloss. Sc wenig wie Gemeindebildung grundsätzlich eine gegen stadtherrliche Bevormundung gerichtete Freiheitsbewegung war, so wenig we die Bürgergemeinde die Vereinigung alle: Stadtbewohner auf der Grundlage von Freiher. und Gleichberechtigung. Nicht alle Stadtbewohner, sondern nur die, die Bürgerrecht besäßen, gehörten zur Gemeinde, und das Bürgerrecht war meist an Voraussetzungen gebunden Wer Bürger sein wollte, musste wohlhabení sein. Oft war die Voraussetzung für den Bürgerstatus der Besitz von Grund und Boden in der Stadt. Die Juden (►3.21) als Nichtchristen standen genauso außerhalb der Bürgerschaft wie der Klerus und die Insassen der Klöster. Der Zugang zum Rat der Stadt und zu den Magistrate" war lange den ratsfähigen Familien vorbehalten, dem Patriziat der Städte, das sich aus reichen Kaufleuten, aber auch aus reich gewordenen Ministerialen (►2.18) des Stadchemi zusammensetzte. Erst in den Zunftkämpfe.:. de; .' 50 Hochmittelali : .; . -.•"TP erlangten die Handwerker den ;,; "'"" ,.aL..r_d städtischen Regierungsäm-'' -1--"""';' __ ^ en j;e Bürgergemeinden weit da- :'" ' ,. ,-j Freiheit und Gleichheit aller ''""..i",.*... ■ . ,er ^herzustellen. Und doch kam "l '"" i„ . - .ate i seit dem 11. Jahrhundert in :'" '',',._., ., - e 7,.ir Überwindung gewohnheits-;"';'.".;.;., .- , vvr.ge und Bindungen, hatten die ' ~"..,r .-,,; Verfügung über ihre Arbeitskraft ''"''. -^ !,,..der-Uig durch Frondienste und "~"i',.i„, • ^r lUiü genossen Freizügigkeit. Be- '")...,'.. ... ^.- gel end war die Festlegung von .....,. _,__. \ts- in den Gründungsstädten, die ..V.mücti --"läcntigen Herrn planmäßig ange-:.-:! -.vuidc:' ;pd Bürger durch die Zusicherung ..; [jr-:o~ 'lets freiheitlichen Rechtsstandes ..,-.- ocv. in: -;r. mussten. In den Gründungs- ■ tidren i-i.-'tand auch der Rechtssatz, dass S' idiluft *ü jer Imr und Tag« frei macht: Wer ■ •mri land m" die Stadt geflohen war und sich .I....J. ejn r-, _■ lang unangefochten aufgehalten ii ltre der ga-.t als Bürger und damit frei von der Uindune an .einen Grundherrn und konnte mit der Veno-", gung dieser seiner Freiheit durch die Bürgerg' roeinde rechnen. / 14 ■= -jzüge Die Kreuzzi'ge waren bewaffnete Pilgerfahr -ien, vor allem zur Befreiung und Sicherung der Heiligen Sti-ten der Christenheit in Palästina. Die Kirche gewährte dafür den Ablass (►4.4). Der erste Kreuzzug nach Palästina wurde durch Papst Urbai. II. ausgelöst, der 1095 in einer riaramenď-::. P ede auf dem Konzil von Clermont die Bedrückung der christlichen Brüder im Osten ö::rch die »Ungläubigen«, die islamischen Seldschuken, beklagte und Arme wie Reiche zur bewaffneten Hilfe aufrief. Spontan legten viele der Versammelten das Gelöbnis dazu ab und ließen sich ein Stoffkreuz auf die Schulter heften zum Zeichen ihrer Bereitschaft, in der Nacb.f.ilge Christi »das Kreuz auf sich zu nehmen«. Weitere Aufrufe zur Kreuzfahrt folgten, wöbe; zunehmend die Befreiung Jerusalems Ansporn und Ziel für das Kreuzzugsge-Iiibde wiird-.. Papst Urban hatte vor allem die christliche Ritterschaft Süd- und Mittelfrank- ■ eichs, Flanaerns, der Normandie und Lothringens zum Kr-euzzug aufgerufen. Aber auch zusammengelaufenes Volk nahm das Kreuz und wälzte sich, als wüster, undisziplinierter Haufe durch das L: .id, der zunächst einmal die aufge- putschten Aggressionen bei heimischen Nichtchristen, den jüdischen Gemeinden, austobte. Der erste Kreuzzug wurde von den ersten großen Judenpogromen des Mittelalters begleitet. Die Ritterheere, die 1096 aufgebrochen waren, eroberten 1099 Jerusalem und errichteten dort das »lateinische Königreich Jerusalem«, nicht ohne vorher ein furchtbares Blutbad in der Stadt angerichtet zu haben. Bedrängnis und Gefährdung des Königreiches Jerusalem und der anderen Kreuzfahrerstaaten in Antiochien, Edessa, Tripolis und Tiberias durch die islamischen Nachbarn führten später zu weiteren Kreuzzügen: Der Fall Edessas 1144/45 l°ste durch die mitreißenden Predigten des großen Zisterzienserabtes Bernhard von Clairvaux den zweiten Kreuzzug (1147-49) aus, mit dem auch der deutsche König Konrad III. ins Heilige Land zog, freilich ohne viel auszurichten. Als Jerusalem 1187 durch Sultan Saladin eingenommen wurde, leitete Friedrich Barbarossa (► 2.16) aus seiner Vorstellung einer universalen Verantwortung des Kaisers als Schutzherr der westlichen Christenheit die Verpflichtung ab, den 3. Kreuzzug (1189-92) als gesamteuropäisches Unternehmen anzuführen. Es war das größte Kreuzzugsunternehmen des Mittelalters. Nach dem Tod Friedrichs 1190 in der Osttürkei erreichte der englische König Richard Löwenherz durch Verhandlungen mit Saladin Zugeständnisse für christliche Pilger, freilich ohne Jerusalem zurückerobert zu haben. Die Kreuzzüge des 13. Jahrhunderts, wie der 4. Kreuzzug 1202-04, t>ei dem das doch ebenfalls christliche Konstantinopel erobert wurde, und der Kinderkreuzzug von 1212, bei dem Tausende von Kindern durch betrügerische Machenschaften in die Sklaverei verkauft wurden, dienten immer offensichtlicher politischen Sonderinteressen. Als 1291 die letzte christliche Festung in Palästina fiel, war das Zeitalter der Kreuzzüge endgültig vorbei. 2,1^ Staufer Seit dem 12. Jahrhundert bezeugten die Angehörigen eines Adelsgeschlechts ihre Zusammengehörigkeit dadurch, dass sie ihren Taumamen den Namen ihrer Stammburg hinzufügten. Stammburg derer »von Staufen« war die Burg Stauf auf dem Berg Hohenstaufen bei Göppingen. 51 ÍAPITEL .-einriebIV____,___„„. Ľ.—.ii.á.__--;_ d^r m- vestiturstreits (►2.10) den schwäbischen Grafen Friedrich 1079 zum Herzog von. Schwaben ernannt und ihm seine Tochter Agnes zur Frau gegeben. Mit ihm beginnt die Bedeutung der Staufer in der Reichspolitik. Aus dem Streit um die Thronfolge, nachdem der letzte Salierkönig Heinrich V., der Bruder der Agnes, 1125 kinderlos gestorben war, entstand die Feindschaft zwischen den Staufern und dem schwäbischen Adelsgeschlecht der Weifen, weil die Staufer als nächste Verwandte der Salier die Königsnachfolge beanspruchten, die Fürsten aber den mit den Weifen verbündeten sächsischen Herzog Lothar von Supplinburg zum König wählten (1125-37). Bürgerkrieg war die Folge, der in verschärfter Form weiterging, als statt Lothars weifischem Schwiegersohn 1138 der Staufer ä Burg Trifels bei Annweiler in der Pfalz war zur Zeit der staufischen Herrscher Aufbewahrungsort der Reichskleinodien und zeitweise Staatsgefängnis. So wurde hier der englische König Richard Löwenherz nach seiner Rückkehr vom Kreuzzug von Heinrich VI. gefangen gehalten und erst nach Zahlung eines Lösegeldes und Leistung des Lehnseides freigelassen 52 -!-Vi.~-- I----------p- ^,_Q-^i„ — i'., ,\'-.A_l----1 '-1-AW lAlv. ~:AlOji;. losigkeit des 2. Kreuzzuges, an dem er tei nahm, ließ den Zeitgenossen die Regierung zeit Konrads III. (1138-52) als besonders «iüci los erscheinen, sodass sich die Regierung seir,,-Neffen Friedrich, der als Sohn eines staufische-Vaters und einer weifischen Mutter den stau fisch-welfischen Gegensatz alsbald beizuleget verstand, umso glanzvoller dagegen abhol Friedrich Barbarossa (1152-90; ► i.iö) ist dt-wohl bekannteste 'mittelalterliche deutsche Kj. rüg. Als er auf dem Kreuzzug im Fluss Salephj-Kleinasien ertrank, ging das Königtum prs. blemlos auf seinen bereits gekrönten Sohr Heinrich VI. (1190-97) über, der zuvor seine* Herrschaftsbereich durch Heirat um das not mannische Königreich Sizilien vergrößer hatte. Bei seinem Tode brach der staufisch-wel-fische Gegensatz erneut auf: Mit der Doppel. wähl von 1198 kam es zum Thronstreit (► 2.22: der schließlich durch die Königswahl Friedrichs, des Sohnes Heinrichs VI., beendet wurds Er war in Sizilien aufgewachsen und kam 121; als 18-Jähriger über die Alpen, um als Erbe seines Vaters die deutsche Königskrone zu erringen. Obwohl Staufer und damit Deutscher voir. Vater her, war Friedrich IL (1212-50), den sehet die Zeitgenossen »Stupor mundi« (= Erstaune:. der Welt) nannten, zeit seines Lebens in seiner;. Erbreich Sizilien stärker verwurzelt als ir Deutschland. Nur einmal, von 1212 bis 1220, hs; er sich über einen längeren Zeitraum hinweg ins Deutschen Reich aufgehalten, danach lag dit Reichsverweserschaft bei seinen Söhnen. Seit: Sohn Konrad IV. (1250-54) war der letzte Staufer auf dem deutschen Königsthron. Die Staufer gelten als das begabteste deutsche Herrschergeschlecht, als den kulturellen Strömungen der Zeit aufgeschlossene, glanzvoll: Herrscherpersönlichkeiten. Die nach ihren; Aussterben sich durchsetzende Territorialisierung lässt die Stauferzeit als die letzte Blütezei: des Reiches erscheinen. Mit dem Namen staufi-scher Herrscher verband sich in Notzeiten dis Hoffnung des Volkes auf Besserung. Unmittelbar nach Friedrichs II. Tod entstand die Legende vom schlafenden Kaiser, der einst wiederkehren werde, um alles zum Besten zu wenden. Z; Beginn des 15. Jahrhunderts verband sich diese Legende mit dem Namen Friedrich Barbarossas. der im Kyffhäuser schlafend seine Wiederkeh: erwarte, derweil sein rotblonder Bart wegen de: Länge der Zeit durch den Tisch wachse. ■rieh Barbarossa • >• , der erste Staufer (►2.15) auf .?7> "•'jnigsthron, starb, wurde ent-dtiJJ Brauch nicht sein unmündi-ď- r> sein Neffe Friedrich zum Kö- ;Vii man wegen seines rötlich- • . ŕ t ^chon zu Lebzeiten in Italien 1 IT' "Ubart) nannte. Als Sohn einer 'ijx< ' c und eines staufischen Vaters ..-,.- ŕ jahrzehntelangen Auseinander- • •\chen Staufern und Weifen bald ,-- - iedl.chen Ausgleich, sodass dem . ■ - '-reiber Otto von Freising Fried-UTi als der Beginn einer neuen . -,-:> ' riectens und der Größe des Reiches < ,, " ;d-ichl. (1152-90), der 1155 in Rom .,, p ■■<■ - . eki ~> it wurde, war ein glanzvoller, „■ -_.it -,.-. íe richer, den Idealen des Ritter-,,, j «- -, } und der höfischen Kultur aufge-... j-ii'i. c. '1T> Leben lang hat er für die »Ehre ■.-•-. k'-'ri". -' %'-"'- pmpft. Ehre des Reiches- Ho-,-., - |-.-r.. 1 Das -varen für ihn alle Rechte und >\.U!vi-i 1 ihr" als König von Deutschland, ľ,iii-".i 'C'.' -d Italien und als »Kaiser der Römer« um .h'-:"-: er zukamen, auch alle Einkünfte :;,V '.'nft-..-ngsfechte über Reichsgut. Da es kein vei7-''" ^ rns der Reichsrechte gab und auch I.0111Ľ kör-.'- iche Verwaltung, die sie in regel-!-i.il-ier>- csroutine eingefordert hätte, war nunchc:" r. !er Brauch geraten. Das traf beson-i-Ji.:1-- .uif!'- :en zu, das die direkten Vorgänger rpedi '.'.íľ. " jí selten betreten hatten. Dort setz-ren lieft c1'- durch Handel und Gewerbe reich umí -.clj;' ". .wusst gewordenen Städte gegen r- riech ich- .' r.sprüche zur Wehr. Unter Führung des 11'_ ;neigen Mailand schlossen sie sich ii()/ zu.i- . imbardenbund zusammen, gegen den Fried- ; i jahrzehntelang Krieg führte. Alb Kaiser.- 1 Friedrich sich als den besonderen '^ctuid... . 3zi Römischen Kirche und des Pap-íUtm-. .-Js es 1159 zu einem päpstlichen Soh-jiTjj -.._•''irhzeitige Wahl zweier Kandidáta.) i-'aa irete Friedrich aus seiner Kaiser-w'cde ■',.. ".echt ab, dem kaiserfreundlichen Kandidier ■ ,ur Anerkennung zu verhelfen, obwohl d:c i-.-.i^cen Länder Europas und auch ein í eil de: de > sehen Bischöfe sich für den staufer-ii;:ndhrhr. • ^le^ander III. erklärten. Die von '-ueiTicr ! rieöene Heiligsprechung Karls des '--to.seu - ihue 1165 gibt Aufschluss über sein ■' "'■'•"•'- '■: Anis: Als Erbe und Nachfolger des Hochmittelalter heiligen »Vaters Europas« sah er sich selbst, den Kaiser des »Heiligen Römischen Reiches«, von Gott unmittelbar in sein Amt eingesetzt und zur Lenkung des christlichen Weltkreises berufen. Aber weder das Papsttum, das seit dem In-vestiturstreit (►2.10) seine Freiheit von weltli- E» A Porträtbüste des Kaisers Friedrich I. Barbarossa aus vergoldeter Bronze, entstanden um 1160 (Cappenberg, Katholische Pfarrkirche) eher Einmischung betonte, noch die übrigen Könige wollten ihm diese Rolle zugestehen: »Wer hat denn die Deutschen zum Richter über die Nationen bestellt?« - diese bissige Frage eines englischen Zeitgenossen zeigt, dass die entstehenden nationalen Königreiche Westeuropas für ein übergeordnetes Weltkaisertum kein Verständnis hatten. Friedrich Barbarossa, der 1177 schließlich doch Alexander HL als den rechtmäßigen Papst aner- 53 '.' Kapitel 2 kennen musste, hat im Kampf mit Lombardenbund und Papsttum mehr Zeit in Italien verbracht als irgendein anderer deutscher Herrscher vor ihm. Letztlich ist er dabei gescheitert, auch wenn die Vermählung seines Sohnes Heinrich mit Konstanze, der Erbin des Königreichs Sizilien (1186), die Möglichkeit eröffnete, dass nun bald ganz Italien dem deutschen König unterstellen würde. Im Jahre 1187 fiel Jerusalem in die Hände der Muselmanen. Auf dem »Hoftag Jesu Christi« in Mainz nahm der Kaiser mit vielen anderen Rittern das Kreuz. Der Heidenkampf sollte die Krönung seines christlichen Kaisertums sein. Friedrich Barbarossa ertrank aber Im Fluss Sa-leph in Kleinasien, bevor er das Heilige Land erreichte. 2.1 J Fehdewesen und Landfrieden Im modernen Staat ist den Bürgern eigenmächtige Gewaltanwendung bei Strafe untersagt. Niemand darf sich sein Recht auf eigene Faust nehmen oder für erlittenes Unrecht Rache üben. In einem Rechtsstrelt entscheiden die staatlichen Gerichte, setzen staatliche Behörden das Urteil durch. Sie allein dürfen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen Gewalt anwenden. Dieses Monopol auf legitime Gewaltanwendung unterscheidet den modernen Staat von den politischen Ordnungen des Mittelalters. Im Frühmittelalter war ein Rechtsstreit allein Sache der streitenden Parteien. Wer sich in seinen Rechten gekränkt sah, übte Rache für das erlittene Unrecht, er führte eine Fehde und mit ihm seine Verwandten und geschworenen Freunde als Fehdehelfer. Die Fehde wurde nach dem Prinzip des Schadentrachtens geführt: Alles, was der Gegner hatte, konnte zerstört werden. Zwar gab es daneben die Möglichkeit der friedlichen Einigung vor Gericht, bei der der geschädigten Partei die Rache durch eine Bußzahlung gleichsam abgekauft wurde, aber das setzte die Zustimmung aller Beteiligten voraus und kam deshalb oft nicht zustande. Die Fehden richteten ungeheuren Schaden an, zumal sich mit dem Rittertum eine Berufskriegerschicht herausbildete, die den bewaffneten Kampf als ihre Hauptaufgabe ansah und Fehdeanlässe geradezu suchte. Die Fehdehandlungen blieben nicht auf die Fehdeführenden selbst be- schränkt, denn Fehdeprojekte waren auch t[.. Grundherrschaften der Fehdegegner m^. de abhängigen Bauern und den Eigenkirchen uiv -klöstern. Bemühungen, das Fehdewesen ei;-zudämmen, kamen seit dem Ende des to. !a]i, hunderts vonseiten der Bischöfe. In der »G,,: tesfriedensbewegung« wurden nicht fehi'ofüj rende Personen und Ihr Besitz, auch bestimmt. fehdefreie Tage unter den Frieden der Kirch-gestellt. Friedensbrecher erhielten geistlich Strafen. Diesen Gedanken des gebotenen t:rjs. dens, dessen Bruch bestraft wurde, nahmen "." ' . ..... m J uch durch ein e . "''..,.,, ,er j ber anderen Ani. . ' . ' ' .. -, ' >undherrschaft be; _ ■- .;/._ Die Salier und 5-." . .. .. .-. r<.eichsministerial ■. ' ■ t '. i ■h .,, : . Kóídgsgut und im -■■■ -.■ ' "'; "~.,. . ,. ;.' .'J ■;-;1..,' lie sie als Entlohn1.-1.-, ' i'-ri;.',;.i.- .v.; einem Dienstgut, 1.....■ v.-... ,-;-,f!r.c-s'.i ' also, ausstatteten, ft C- •; :■ .-i-H'í viler; i--i Gegensatz zu den a < ■ -.••■. ;-.,V;;>en i'e-' Grundherrschaft kei. -1;. '.n ,.„.] V.chi'-" ''Ondienste leisten mi - ■" ': 1. .|;,.c,. litvotiUgte Form der Landl-.'.'- -■-'■ '•' lit- rni,i;3te:'alischen Dienstlehe- :k-n ..'■■• -.u-iľliacn I ch.en an, erlaubte den ./ -i ,■(.■ j_-'-iift einen .idcligen Lebensstil. Die . ■ I 1 ■ ■': cjicnien ihren Herren auf vielfältige Weise: in lie, Verwaltung - etwa der aufblühenden Siiiuie -. als ííaufíeute, als Boten und Gesandte mit besonderen Aufträgen und auch als berit-u-ric Krieger, als Putter, wobei sie mit der Kampfes weise aueti adelig-ritterliche Lebensform annahmen. D'o Köidge haben versucht, aus den Ministerbiea als weisungsgebundenen Bediensteten eine Art Reichsbeamtenschaft aufzubauen. Die Schwäche des Königtums im Ihrutisireit (►2.22) hat dazu beigetragen, dass 1] U'sei Versuch scheiterte. Die Ministerialen gehörten im Gesellschaftsaufbau des Spätmittel-alrers zum niederen Adel. ••' ;i; .C .-..ttertum Aus drei Ständen, nämlich aus Betern (orato-ri.-sj, Kriegern (bellatores) und körperlich Ar-hr-h enden (laboratores) setze sich die Gesellschaft zusammen, heißt es seit dem Ende des 10. f.ihrhunderts immer wieder in mittelalterlichen Traktaten. Diese Feststellung ist natürlich kern getreues Abbild der gesellschaftlichen Wirklichkeit; sie zeigt aber, dass man den Ort iWr Menschen in der Gesellschaftsordnung -.liuth eine Art berufsmäßiger Tätigkeit benimmt sah Einer der Gründe für die Ausbil- A Die aufwändige Ausrüstung des mittelalterlichen Ritters wird deutlich in dieser Darstellung aus der Manessischen Handschrift (1. Hälfte des 14. Jh.; Heidelberg, Universitätsbibliothek). Sie zeigt den Ministerialen Hartmann von Aue, der um 1300 gelebt und sich als Dichter einen Namen gemacht hat dung eines Berufskriegerstandes lag in der Militärtechnik: Die Krieger (milites) kämpften zu Pferde; sie waren berittene Krieger, also Ritter, ausgerüstet mit Schild und Lanze, eisernem Kettenhemd oder gepanzerter Rüstung. Diese Art des Kampfes erforderte regelmäßiges Training und Geld für die teure Ausrüstung und überstieg die Kräfte der an die Landwirtschaft gebundenen Bauern. Die Ritter mussten von der landwirtschaftlichen Tätigkeit freigestellt sein, um dem Kriegerberuf nachgehen zu können. Das war zunächst den adeligen Grundher-ren möglich. Aber schon die Karolinger hatten arme Freie und auch Unfreie als Berufskrieger verpflichtet und sie für Ihre militärischen Dienste mit einem Dienstgut ausgestattet, und seit dem 11. Jahrhundert kamen vor allem Krieger aus dem Ministerialenstand dazu. Die Kir- ä 54 55