Kapitel 3 ^,1^. Die Große Pest Die Große Pest, später »schwarzer Tod« genannt, ist als die größte Katastrophe anzusehen, die die Menschheit in Europa je betroffen hat; während z. B. im Zweiten Weltkrieg 5 % der europäischen Bevölkerung ihr Leben ließen, fielen der Pest etwa 25 Millionen Menschen, ein Drittel der damaligen Bevölkerung, zum Opfer. Von Asien ausgehend über die Seidenstraße und die Krim verbreitete sich die Seuche in den Jahren 1347 bis 1351 über ganz Europa bis nach Island, wobei Deutschland vor allem 1349/50 betroffen war. Medizinisch gesehen handelte es sich eigentlich um eine Krankheit bei Nagetieren (Ratten), die von einem Bakterium ausgelöst wird und über Flöhe auch auf Menschen übertragen werden kann. Da das Pestbakterium erst im Jahre 1894 entdeckt wurde, stand die mittelalterliche Medizin dieser Herausforderung noch mehr oder weniger hilflos gegenüber. Die Ver- v.v. í'ť-i i-.«.... .,■■'■• > "(,■•'■■■' Spätmittelalter m. 4 ,'*)) '■\ Wßs . Mitte des 14. Jh. wurde ganz Europa von einer verheerenden Pestepidemie heimgesucht. Die Geißler (Flagellanten) sahen hierin eine Strafe Gottes, die durch die Bußübung der Selbstgeißelung abzuwenden sei. Ausschnitt aus einer Weltchronik, wohl Ende des 14. Jh. (München, Bayerische Staatsbibliothek) breitung wurde durch die in der Stadt wie jJ dem Lande herrschenden hygienisch unzure-l chenden Wohnverhältnisse gefördert; ja,! traf die Seuche noch - vor allem im Bereich dt./ Unterschichten - auf eine durch chronisch Engpässe in der Ernährung (Überbevölkernj,,' Missernten) in ihrer physischen Widerstand' kraft geschwächte Bevölkerung. Die Aus\vi,; kungen dieser Katastrophe zeigten sich in m,: hezu allen Lebensbereichen. Begleitet von mat,* senhysterischen Exzessen (Geißlerumzüge, k! denpogrome) führte das Massensterben a* dem Lande zu einer dramatischen Verknan/ pung der menschlichen Arbeitskraft, verbur/ den mit einem Preisverfall beim Grund up/ Boden und bei den landwirtschaftlichen E|, Zeugnissen. Während die adligen und kirchjy chen Grundherren hierdurch zum Teil emp-i findliche Einkommenseinbußen hinnehme?' mussten, dürften andererseits die Kleinbauern die ihre - jetzt um so mehr begehrte - Arbeits/ kraft einsetzen konnten, im Ergebnis von de:: neuen Situation profitiert haben. Die Bevölke-i rungsverluste führten außerdem in großer Umfange zur Aufgabe bisher landwirtschaft-lieh genutzten Landes (Wüstungen) sowie &': einer verstärkt einsetzenden Abwanderung;.; bewegung in die Städte (Landflucht), wöbe; hier der Gegensatz zwischen Neuankömmling gen und Alteingesessenen Spannungen herauf-: beschwor. 3.I5 Bettelorden ; Im 13. Jahrhundert entstanden, verkörpertem die Bettelorden - zu denen vor allem die Onta: der Dominikaner, Franziskaner, Augustiner! Eremiten und Karmeliten zu rechnen sind-, eine völlig neue Form des Ordenslebens. Unte: Berufung auf das Evangelium und im Ar.-: Schluss an die hochmittelalterliche Armutsbe-; wegung forderten ihre Mitglieder nicht nurds vollkommene individuelle Armut, sondeir; lehnten auch für den Orden insgesamt jeglicher; weltlichen Besitz ab. Während die älteren OH den in der Regel in der klösterlichen Abgeschiedenheit wirkten, drängten die Bettelorden ve: allem in die Städte, um hier durch Predigt un:; Erteilung des Bußsakramentes aktiv Scelsorgs; Mission und Ketzerbekämpfung in einem v.. betreiben, wobei der Verzicht auf Eigentum und feste Einkünfte den Bettel als Lebensunte:-; halt voraussetzte. das Papsttum seit der Mitte des 13. Jahrhun-j fs dazu überging, die strengen Armutsbe-• roungen. deren Beachtung z.B. noch der r 'incler des Franziskanerordens, Franz von jSj jn seinem Testament eingeschärft hatte, lockern, kam es zu scharfen theologischen Auseinandersetzungen, die unter Papst Johan-XXII. dazu führten, dass die vor allem von , pranziskanern verbreiteten Lehren von der Ukornmenen Armut Christi und der Apostel für häretisch erklärt (1323) und ihre Anhänger I Ketzer (►3.16) verfolgt wurden. Während ■I Mehrheit des Ordens sich dem päpstlichen Spruche beugte, beschuldigte eine Minderheit den Papst der Ketzerei, wobei die führenden Köpfe dieser Gruppierung (Michael von Ce-sena, Wilhelm von Ockham) an den Hof Kaiser Ludwigs des Bayern (^3.5) flüchteten. Dort brachten sie ihre Argumentation in den mit juristisch-theologischen Mitteln geführten Machtkampf des Kaisers mit dem Papst ein und trugen damit wesentlich zur Polarisierung dieses Konfliktes bei. <2,l6 Ketzer Die Kirche im Mittelalter bezeichnete alle diejenigen ihrer Mitglieder, die von den als bindend formulierten Glaubenswahrheiten abwichen und eigene Lehren aufstellten, als Ketzer (Häretiker). Auf die Gefährdung durch Ketzerei reagierte die Kirche bereits seit den ältesten Zeiten mit den höchsten Kirchenstrafen (Exkommunikation). Seit den Ketzergesetzen (1220-39) Kaiser Friedrichs II. wurde die Ketzerei auch als weltliches Verbrechen mit Feuertod und Reichsacht bedroht. Nachdem das 4. Laterankonzil (1215) und das Konzil von Toulouse (1229) sich ausführlich mit dem Vorgehen gegen Ketzer befasst hatten, ordnete Papst Gregor IX. im Jahre 1231 die systematische Aufspürung und Aburteilung von Ketzern im Rahmen eines hierzu neu geschaffenen, unmittelbar der päpstlichen Aufsicht unterstehenden Rechtsverfahrens, der Inquisition (^-4.16), an. Bereits im 13. Jahrhundert hatte die Kirche im Kampf gegen Ketzer und ihre Begünstiger zu förmlichen Kreuzzügen aufgerufen (z. B. in den Albingenserkriegen). Auf Reichsboden waren es im Spätmittelalter vor allem die böhmischen Hussiten (► 3.24), die elementare Lehrsätze der Kirche infrage stellten, die sich aber- trotz des gegen sie gepredigten Kreuzzuges - militärisch A Glaubensabweichler wurden im Mittelalter in ganz Europa immer wieder verfolgt und drakonisch bestraft. Oben: Ein geschorener Ketzer im Büßerhemd wird von der kirchlichen der weltlichen Obrigkeit übergeben. Unten: Der Ketzer wird verbrannt, ein Engel bringt die gerettete Seele in den Himmel. Holzschnitt aus.dem 15. Jahrhundert gegenüber Kirche und Reichsaufgeboten behaupten konnten. 3. ľ/ Universitäten Die mittelalterliche Universität war in der Begriffssprache der Zeitgenossen die »universitas magistrorum et scholarium«, die Gemeinschaft (Körperschaft) der Lehrenden und Lernenden, wobei die Lehrstätte selbst auch als »studium generale« - im Gegensatz zum »studium parti-culare«, der lokalen oder regionalen Lehran-stalt-bezeichnet wurde. Die ersten Universitäten des Abendlandes entstanden im 12. Jahrhundert in Paris (vor allem Theologie und Philosophie), Bologna (Rechtswissenschaft) und Salerno (arabische Medizin). Es folgten bald zahlreiche weitere Neugründungen in Italien und Frankreich, die alle durch kaiserliche und päpstliche Privilegien noch im 12. Jahrhundert die Eigenschaft juristischer '-.**-- ,78 79 i*5 1^,- ~FT^ - | Kapitel 3 Körperschaften mit dem Recht zur Verleihung des Doktorgrades (Promotionsrecht) erhielten. Gelehrt wurde die Gesamtheit der von der Kirche anerkannten Wissenschaften, wobei sich bald mehrere Wissensdisziplinen (Fakultäten) herausbildeten: Theologie, kanonisches Recht, römisches Recht, Medizin und Philosophie (»facultas artium«, Artistenfakultät). Das Studium begann in der Regel mit einer Art »Grundstudium« in Philosophie (artes liberales), das mit dem Grad des »baccalaureus« abgeschlossen wurde. Auf dieser Grundlage aufbauend folgten dann weitere Studien, die zum Erwerb des Magister- bzw. Doktorgrades führten. Universitätslehrer und Studenten waren meist Kleriker; die Studenten wohnten regelmäßig in Kollegien (unter kirchlicher Aufsicht) oder in Bursen, die von Lehrenden geleitet wurden. Als erste Universität in Deutschland wurde von Kaiser Karl IV. (in seiner Eigenschaft als König von Böhmen) im Jahre 1348 die Universität Prag gegründet, im Jahre 1365 folgte Herzog Rudolf IV. mit der Gründung der Universität Wien. Das Abendländische Schisma, das den Anhängern des in Rom residierenden Papstes den Zugang zur Pariser Universität versperrte, führte bald zu weiteren Neugründungen im Reich: Heidelberg (1386), Köln (1388), Erfurt (1392) und Leipzig (1409). Im Jahre 1500 gab es in Deutschland bereits 16 Universitäten. Spätmittelalter 3.I0 Ritter und edle Knechte- Am Ende des Mittelalters begann der sozial Abstieg des Rittertums (► 2.19). Ritter und edy Knechte (Knappen), meist aus der Ministerial,, tat (>2.i8) hervorgegangen, bildeten im Spät. mittelalter den 'Niederadel. Gemeinsame,? Merkmal war die Ritterbürtigkeit, d.h. die Abstammung von Eltern und Großeltern, die »rjt.: termäßig« lebten. Diese ritterliche Lebensweise: forderte die Ausübung des Ritterdienstes alr ausschließlichen Beruf, was nur auf der Grunde lage einer hinreichenden wirtschaftlichen Sub.! stanz möglich war. Da ritterliche Lebensweise zudem mit adliger Lebensführung identifizieq wurde, wurde vom Ritter außerdem erwarte) í dass er adlige Herrschaft über Land und Leute! ausübte, was wiederum eine Burg oder zumindest ein befestigtes Haus als Herrschaftsmittel, punkt sowie eine kleine Grundherrschaft mit' entsprechenden Abgaben und Dienstleistun/ gen abhängiger Bauern voraussetzte. Für die Ritterbürtigen, die diese Voraussetzun-' gen nicht oder noch nicht erbringen konnten,' bot sich der ritterliche Dienst bei einem Ritte; als Edelknecht oder Knappe an, wobei diese Übung auch bei der Zusammensetzung der-Gleve, der Grundeinheit des spätmittelaltei-. liehen Ritterheeres, fassbar wird: Eine Glevf bestand aus einem Ritter mit gepanzertem ■1 -} .' 11- . I ' : ■» ■■) \ v y i.'.,Y ■-s "^Si 'T\ J '■*. i\\ ?< ' \ i li v^4. ' '■-*-■ '-■ ■4 Vorlesung des Magisters Henricus de Alemania. Miniatur aus der z.Hälfte des 14.Jh. (Berlin, Kupferstichkabinett) . ,-dtross sowie ein bis zwei ebenfalls berit-n aber leichter bewaffneten Knappen. te" förmliche Aufnahme als Ritter erfolgte ■st in der Form eines Symbolaktes (Schwert-J1? später Ritterschlag). Während Teile der maligen Reichsministerialen nach der Stau-f zeit ihre Reichsunmittelbarkeit als Reichsrit-behaupten konnten, traten andere in die n'enste der fürstlichen Landesherren ein, wo ■ mit den fürstlichen Dienstmannen im land-.. igen Adel aufgingen. Da mit der allgemei-Geldentwertung auch die Erträge aus dem rrundbesitz zurückgingen, führte dies dazu, dass sich die wirtschaftliche Situation der Rit-er jm Laufe des Spätmittelalters erheblich ver-chlechterte. Gegen den immer mächtiger werdenden Stand der Landesfürsten einerseits und »egen das wirtschaftlich emporstrebende Bür-eertum in den Städten andererseits konnte sich jer Ritterstand nur schwer halten. Dazu kam, dass die spektakulären Niederlagen, die Ritterheere gegenüber Fußkämpfern und Bogenschützen hinnehmen mussten (Schlachten von Crécy 1346, Sempach 1386, Näfels 1388, Azin-court i4i5)> die militärische Notwendigkeit und damit auch den elitären Führungsanspruch der Ritter innerhalb der Gesellschaft grundsätzlich infrage zu stellen begannen. Die Ritter reagierten auf die Herausforderung durch betonte Hervorkehrung ihrer Standesrechte und scharfe Abgrenzung nach unten (Forderung von mindestens acht ritterlichen Ahnen), durch Zusammenschlüsse in Ritterbünden, aber auch durch zügelloses Raubrittertum, gegen das fürstliche Landesherren und Reichsstädte gemeinsam mit aller Härte vorgingen. 3,19 Bauere Die große Masse der spätmittelalterlichen Bevölkerung bestand aus Bauern, die - meist im Rahmen von Dorfgemeinschaften - das Land bebauten. Während der Begriff »Bauer« ursprünglich nicht unbedingt etwas über die Standesqualität aussagte - es gab freie und unfreie Bauern-, führte die Ausbildung des ritterlichen Berufskämpfertums im Laufe des Hochmittelalters dazu, dass der Bauer in der Regel nicht mehr zum Kriegsdienst herangezogen wurde, sondern sich ausschließlich der landwirtschaftlichen Tätigkeit widmen konnte. Da der Ritterdienst in der damaligen Zeitanschauung ein wesentlich höheres Sozialprestige A Drei Bauern im Gespräch. Kupferstich von Albrecht Dürer, um 1495 als die bäuerliche Erwerbsarbeit genoss, hatte die neue Entwicklung gerade für die bisher freien Bauern fatale Folgen: Während sich die Unterschiede zwischen frei und unfrei verwischten, war von nun an allen Bauern gemeinsam, dass sie vom sozial angesehenen Ritterstand und damit von der Zugehörigkeit zum Adel ohne Rücksicht auf ihren Geburtsstand ausgeschlossen waren. So untersagte der Reichslandfriede vom Jahre 1152 den Bauern das Tragen von Waffen, unterstellte sie dafür allerdings einem besonderen Friedensschutz. In der Praxis dürften wohl zahlreiche bisher noch freie Bauern es vorgezogen haben, den Schutz adliger Grundherren zu suchen, wodurch sie allerdings im Rechtsstatus den Unfreien (Hörigen) angeglichen wurden. Im Spätmittelalter kann man jedenfalls davon ausgehen, dass, von einigen Landschaften abgesehen, wo sich ein freies Bauerntum erhalten hatte (Alpenländer, Dithmarschen), die Bauern in der Regel unfrei waren. Dies bedeutete, dass sie in der Freizügigkeit (Wegzug, Eheschließung) beschränkt waren und dem Grundherrn im Rahmen der Grundherrschaft für die Überlassung des Bodens sowie für besondere Anlässe (Erbantritt, Heirat) Abgaben und (oder) auch Arbeitsdienste zu erbringen hatten. 81 0y 1 Kapitel 3 jj,20 Zunftwesen und Zunftkämpfe Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts waren die Handwerker in den Städten regelmäßig in Zünften (Innungen, Ämtern, Gaffeln) organisiert. Bei der Zunft handelte es sich um eine Zwangsgemeinschaft von Meistern, Gesellen und Lehrlingen eines oder auch mehrerer Handwerke oder Gewerbe, die wirtschaftliche Zielsetzungen mit sozialen und kultisch-religiösen Funktionen in sich vereinigte. Dem wirtschaftlichen Interesse der Mitglieder diente der Zunftzwang, d.h. das Bestreben, alle Gewerbetreibenden eines Gewerbezweiges zu erfassen und andere, die nicht der Zunft angehörten, von der Ausübung des Gewerbes in der Stadt auszuschließen. Dabei regelte die Zunft nicht nur den Zugang zum Handwerk und die Ausbildung vom Lehrling bis zum Meister, sondern sie reglementierte auch Produktion und Absatz, griff beschränkend in den Wettbewerb ein, beaufsichtigte die einzelnen Betriebe, prüfte die gewerblichen Erzeugnisse und übte in allen Zunftangelegenheiten eine eigene Gerichtsbarkeit über ihre Mitglieder aus. Die Leitung der Zunft lag in den Händen der Zunft- ;— -A.i^. ( A Zur Aufbewahrung der Zunftordnung diente die so genannte Zunftlade. Hier diejenige der Osnabrücker Schuhinacher aus dem Jahr 1476 meister (Altermänner); in den Zunftversammlungen (»Morgensprache«) beschlossen die Mitglieder über Zunftangelegenheiten. Kultisch-religiöse Elemente des Zunftlebens äußerten sich in der gemeinsamen Teilnahme an Gottesdiensten, Prozessionen und Begräbnis- sen von Zunftmitgliedern, der Pflicht zur LU; terstiftung sowie auch in der rituellen Pflege J, nes althergebrachten Arbeitsbrauchtums, j,-heute noch im Wortschatz der UmgangssnC che fortwirkt (»blauer Montag«, »das Handys legen«, »über die Schnur hauen« u. a.). ' Das Selbstbewusstsein der wohlhabenden Zünfte dokumentiert das um 1320 von der Bäckerzunft gestiftete »Bäckerfenster« im ■, Freiburger Münster Das Bestreben der Zünfte, ihren Mitglieder, das örtliche Gewerbemonopol zu sichcrr stand im Widerspruch zur freien Verkehrswin. schaft des Fernhandels und führte bereits fc Laufe des Spätmittelalters zu Spannungen ni der Stadtobrigkeit. Wenn es auch in der z weite Hälfte des 14. Jahrhunderts in einzelnen Stäi ten zu erbitterten Auseinandersetzungen zusehen Handwerkern und Stadtpatriziat umd-Herrschaft in der Stadt kam, so verliefen t-Fronten hier in der Regel dennoch keineswej so eindeutig, da meist nur ein Teil der Haní werkszünfte - und dazu oft verbündet mit eiri^ gen Ratsfamilien - gegen die alte Ordnung n bellierte. Ähnliches gilt auch für die soziale Spannungen innerhalb der Zünfte, die nurse: vereinfacht als Auseinandersetzungen z«-. sehen Gesellen und Meistern um höhere Loht charakterisiert werden können; in Wirkliche war auch hier die Frontstellung kompliziert« da meist nur ein Teil der Gesellen, untersrüt von einigen Meistern, für Neuerungen eintrat. ^,21 Juden Eine besondere Gruppe innerhalb der städt sehen Bevölkerung bildeten die Juden. A ■ htchristen waren sie an sich rechtlos; doch its seit der Karolingerzeit standen sie unter besonderen Schutz des Königs, der es in- dem rief erlaubte - gegen die Zahlung bestimmter hoiben -, nach ihrer Glaubensüberzeugung 1 nach ihrem eigenen Recht zu leben. Seit ü m 13- Jahrhundert gestattete das Königtum , festlichen Landesherren durch Einzelpri- ■logien wie auch im Wege der Gesetzgebung ,rMene Bulle, *- 3.8), den Judenschutz in ihren t rritorjen auszuüben. Der königliche Juden- hutz blieb vor allem auf die Juden in den Reichsstädten, die im Spätmittelalter als Knechte der königlichen Kammer« angesehen wurden, beschränkt. nje Kirche trat bereits im Hochmittelalter für eine strenge Isolierung der Juden von der christlichen Bevölkerung ein. So wurden ihnen in den Städten bestimmte Wohnviertel (Ghettos) zugewiesen; seit einem Beschluss des Laterankonzils vom Jahre 1215 waren sie gehalten, eine besondere Kleidung als Kennzeichen zu tragen (spitzer Hut und gelber Fleck). Christen war es untersagt, mit Juden in Tischgemeinschaft zu leben oder als Dienstboten für sie zu arbeiten. Da Juden vom üblichen Berufsfeld des Handwerkers und Gewerbetreibenden ausgeschlossen waren, waren sie darauf angewiesen, ihren Lebensunterhalt durch Geldgeschäfte, vor allem durch den Geldverleih gegen Faustpfänder und Zinsen, zu bestreiten. Die hierdurch bewirkte Verschuldung breiter Bevölkerungskreise verschärfte die bereits bestehenden Aversionen, die sich dann von Zeit zu Zeit in furchtbaren Judenverfolgungen (Pogromen) und -Vertreibungen niederschlugen; dabei dürfte sicher sein, dass innerhalb der Motive, die zu diesen Untaten führten, die materiellen Beweggründe der Schuldner eine ganz zentrale Rolle gespielt haben. $.22 Das Abendländische Schisma Die große abendländische Kirchenspaltung (Schisma) entstand, als das Papsttum nach über siebzigjährigem Aufenthalt im französischen Avignon sich anschickte, wieder auf Dauer nach Rom zurückzukehren. Als Papst Gregor XL, der bereits 1376 mit der Kurie nach Rom zurückgekehrt war, im Jahre 1378 starb, wählten die anwesenden Kardinäle unter dem Druck einer be- Spätmittelalter waffneten Volksmenge, die lautstark die Wahl eines Italieners verlangte, am 9. April 1378 den Erzbischof von Bari als Urban VI. zum Papst. Trotz der tumultuarischen Umstände, die die Wahl begleitet hatten, fand der neue Papst zunächst durchaus Anerkennung. Erst als Urban seine Wähler durch sein schroffes und selbst- n fe^tefevvša^^^o tmwa 'srvjpiraTn.-vw ■TíeWWJTíW A Seitdem Laterankonzil von 1215 bestand für die Juden in Europa Kennzeichnungspflicht. Besonders markant war der auf dieser Darstellung zu erkennende spitze Judenhut (Seite eines Festgebetbuchs aus dem 14.Jh.; Leipzig, Universitätsbibliothek) herrliches Auftreten schockierte, kündigten ihm vor allem die nichtitalienischen Kardinäle den Gehorsam auf, erklärten die Wahl für ungültig und wählten am 20. September 1378 in Anagni den Kardinal Robert von Genf zum Papst, der sich Clemens VII. nannte. Während der französische König Karl V. Clemens unterstützte, der, da ihm Rom verschlossen war, wieder in Avignon residierte, erklärten sich der König von England sowie der römischdeutsche König Wenzel mit den vier rheini- TZS^káSiS 11 82 I Kapitel 3 sehen Kurfürsten (Urbansbund) für den »römischen« Papst Urban, wobei allerdings einige süddeutsche Reichsstände (vor allem Österreich) zu Clemens hielten. Das Schisma wurde auch nicht beendet, als die sich bekämpfenden Päpste starben, da in beiden Lagern jeweils neue Päpste gewählt wurden. Ebenso scheiterte der Versuch des Konzils von Pisa (1409), das Schisma durch die Absetzung der rivalisierenden Päpste und die Neuwahl eines dritten Papstes zu überwinden, vor allem daran, dass der Nachfolger des inzwischen abgesetzten Königs Wenzel, König Ruprecht, dem Konzil die Anerkennung verweigerte. Die Folge war, dass die Spaltung noch weiter vertieft wurde, da die Kirche nun sogar über drei Päpste verfügte, die sich mit ihrer jeweiligen Anhängerschaft unversöhnlich gegenüberstanden. Erst auf dem Kon-stanzer Konzil (> 3.23) wurde 141/dasS chisma beendet. 2.22 Konstanzer Konzil Obwohl das Konzil von Pisa (1409) nicht zum Erfolg geführt hatte, setzte sich in der abendländischen Christenheit immer mehr die Überzeugung durch, dass das mittlerweile schon über drei Jahrzehnte dauernde Schisma nur durch ein allgemeines Generalkonzil überwunden werden könne. Dass dann auf deutschem Boden ein solches allgemein anerkanntes Konzil zustande kam, ist in erster Linie dem diplomatischen Geschick König Sigmunds zuzuschreiben, dem es gelang, den Pisaner Papst Johannes XXIII. dazu zu bewegen, das Konzil nach Konstanz einzuberufen. Das Konzil, das vom 5. November 1414 bis £■,„' 22. April 1418 tagte, war eine der größten Ki.i chenversammlungen, die das Mittelalter je».; sehen hat. 600 bis 700 Theologen und ebenJ viele weltliche Magnaten und Gesandte Z ganz Europa nahmen hieran teil, wobei nek: der Wiederherstellung der Kircheneinhr' (causa unionis) noch zwei weitere Hauptaufo; ben, nämlich die von vielen erhoffte innere R.-form der Kirche (causa reformationis) sowie id Auseinandersetzung mit den Lehren des^0F; nes Hus (> 3.24) u. a. (causa fidei) zu lösen w, 5 ren. Die schwierigste Aufgabe, die Herstellung j*: Kircheneinheit, schien wieder in weite Fern?' gerückt, als Ende März 1415 bekannt wur&i dass der Pisaner Papst Johannes XXIII. heiij.i lieh Konstanz verlassen und sich dem Schüfe; des Herzogs Friedrich von Österreich-Tirol ur,, terstellt hatte, um sich der Alternative RücktnV oder Absetzung, vor die ihn die Konzilsmehi' heit gestellt hatte, zu entziehen. Vor allem dt Umsicht und Entschlossenheit König Sit' munds war es in dieser kritischen Situation J verdanken, dass das Konzil sich nicht auflöse-und so die Chance zur Beendigung des Schis-; mas gewahrt wurde. Während der König dfii österreichischen Herzog durch die Verhängurs: der Reichsacht und die Androhung des Reich-; krieges dazu zwang, seinen Schützling aurV geben, erklärte das Konzil in einem Grundsatz beschluss, über dem Papst zu stehen (Dekra! »Haec saneta synodus« von 1415), und eröffnea' gegen den inzwischen wieder ergriffene: Flüchtling ein förmliches Rechtsverfahren, ds: mit dessen Absetzung endete. Nachdem & •4 Gegen Ende des ; Konstanzer Konzils '• wurde im November 141/ im eigens hergerichteten Konstanzer ] »Kaufhaus« am Hafen I derneue Papst gewählt : ., anderen Päpste, die auf dem Konzil nur h Gesandte vertreten waren, zum Rücktritt jungen DZW- abgesetzt worden waren, war f Vv'eg fiif eule Neuwahl frei, aus der dann ári V. als neuer, allgemein anerkannter Japst hervorging (11. November 1417). »its im Jahre 1415 hatte das Konzil auch in j Glaubensfrage entschieden. Nach einem r mlichen Prozessverfahren war Jan Hus . 24) als Ketzer verurteilt und trotz des von L j„ Sigmund zugesicherten freien Geleits auf j m Scheiterhaufen verbrannt worden. Hatte das Konzil-wenigstens in den Augen der eisten Mitwirkenden - die beiden ersten Auf-aben zufriedenstellend gelöst, so beschränkten sich die Ergebnisse der in Aussicht gestellten Kirchenref°rmen auf wenige verwaltungs-rechtliche Zugeständnisse des Papstes. Obwohl das Konzil den Papst durch einen förmlichen Beschluss (Dekret »Frequens«) dazu verpflichtete, auch in Zukunft in regelmäßigen Abständen Konzilien einzuberufen, hat sich in der Folgezeit (Konzil von Basel) der konziliare Gedanke einer Überordnung des Konzils über den Papst gegen den päpstlichen Primatsanspruch nicht durchgesetzt. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts - besonders unter dem Eindruck des großen Abendländischen Schismas (^3.22) - begann sich eine tief greifende Missstimmung gegen die Kirche und ihre Repräsentanten breit zu machen, die sich vor allem gegen die immer hemmungsloser betriebene Abgabenpolitik der päpstlichen Kurie, aber auch ganz allgemein gegen die zunehmende Verweltlichung und sittliche Verwahrlosung großer Teile des Klerus wandte. Je deutlicher die Missstände zutage traten, desto mehr stieß die Kirche auf Kritik und Ablehnung, wobei seit dem Ende des 14. Jahrhunderts sich vor allem Böhmen zu einem Zentrum der oppositionellen Strömungen entwickelte. Hier wurden die allgemeinen Spannungen durch nationale und soziale Gegensätze zwischen Tschechen und Deutschen, die meist die höheren Stellen innerhalb des Klerus innehatten, noch zusätzlich verschärft, wobei vor allem die Prager Universität zum Austragungsort dieser Auseinandersetzungen wurde. Zum Sprachrohr der theologischen Kritik wie auch der nationalen und sozialen Ressentiments machte Spätmittelalter ©asxCöiidliiim ©< KäMWrttfllifll ö«ir<» MW« 'SKtMlWO/tt* Í11V í rill«!« ^■"fMffwnPilviiB, ______ 2ji|a»|rwiifH.!)faii>. A Jan Hus wird vor seiner Verbrennung am ö.Juli 141s entweiht, indem man ihm sein Priestergewand nimmt und ihn stattdessen in einen schwarzen Mantel und eine Mütze mit der Aufschrift »Ketzer« kleidet, Abbildung aus Ulrich Richentals Chronik des Konstanzer Konzils sich der Magister Jan Hus, der seit 1398 an der Prager Universität lehrte. Dabei griff er weitgehend auf das Gedankengut des englischen Reformators John Wyclif (etwa 1320-1384) zurück, indem er die Kirche aufforderte, zum Idealbild einer in apostolischer Armut lebenden Urkirche zurückzukehren und sich ihren eigentlichen Aufgaben, der Predigt und der Verkündigung der Heiligen Schrift, zu widmen. Während Hus sich zunächst noch im Wesentlichen auf Reformforderungen beschränkte, wurden seine Angriffe gegen Papst und Kircheninstitutionen in der Folgezeit immer radikaler, um dann in seiner 1413 erschienenen Schrift »De ecclesia« (»Von der Kirche«) darin zu gipfeln, dass er der Kirchentradition jede Autorität, die nicht ausdrücklich durch die Heilige Schrift belegt war, absprach. Obwohl Johannes XXIII. bereits im Jahre 1410 den Kirchen- 84 85 1 Kapitel 3 bann über ihn verhängt hatte und obwohl er 1412 auch Prag verlassen musste, blieb die Anziehungskraft seiner Lehren, die er mit großer Leidenschaft in seinen Predigten in tschechischer Sprache vortrug, bei weiten Kreisen seiner Landsleute ungebrochen. Nachdem König Sigmund ihm freies Geleit gewährt hatte, entschloss sich Hus im Jahre 1414, seine Lehren vor dem Konstanzer Konzil (>3.23) persönlich zu verantworten. Seine Hoffnung auf eine gelehrte Disputation vor der Konzilsöffentlichkeit ging jedoch nicht in Erfüllung; gegen den bald nach seiner Ankunft in Konstanz Festgenommenen wurde vielmehr ein förmlicher Ketzerprozess eröffnet, der mit seiner Verurteilung und Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen endete (6. Juli 1415). Die Nachricht von seinem Tode löste in Böhmen eine ungeheure religiöse und nationale Erregung aus, die sich, als König Sigmund nach dem Tode Wenzels sein Erbe als König von Böhmen antreten wollte, zum offenen Krieg ausweitete. In mehreren Schlachten blieben die hussitischen Heere Sieger, bis dann auf diplomatischem Wege ein Ausgleich gefunden wurde (Prager Kompaktaten von 1433, Iglauer Kompaktsten von 1436), der gegen die Anerkennung Sigmunds als König von Böhmen den Hussiten einige religiöse Zugeständnisse (Gewährung des Laienkelches) einräumte. 2.2 C Nikolaus von Kues 1401 als Sohn eines Moselschiffers in Kues an der Mosel (heute Ortsteil von Bernkastei) geboren, gehört Nikolaus von Kues (auch Cusanus genannt) zu den bedeutendsten deutschen Gelehrten, die das Mittelalter hervorgebracht hat. Nach dem Studium der freien Künste in Heidelberg und des Kirchenrechts in Padua erwarb er im Jahre 1423 den Doktorgrad (doctor decreto-rum). Seit 1425 an der Universität Köln immatrikuliert, betrieb er neben der praktischen Arbeit als Rechtsbeistand und -gutachter ausgedehnte philosophische, theologische und rechtshistorische Forschungen, die nicht nur zu bedeutsamen Ergebnissen (z.B. Nachweis der so genannten »Konstantinischen Schenkung«, auf die sich das Papsttum in seinem Anspruch auf die Universalherrschaft stützte, als Fälschung), sondern auch zu aufsehenerregenden Handschriftenfunden (u. a. zwölf bisher nicht bekannte Komödien des Plautus) führten und die ihm bald hohes Ansehen in der damalige Gelehrtenwelt einbrachten. Seit 1432 nahm er am Basler Konzil teil, wo et j,' seiner berühmten Schrift »De concordantia c, • tholica« (1433/34) eine gemäßigte konzilia,.; Theorie (grundsätzliche Überordnung des Kon. zils über den Papst, aber päpstliches Zustii„,: mungserfordernis für alle GrundsatzbeschlüSs.-des Konzils) entwickelte und Vorschläge zu,; Reichsreform unterbreitete. In dem sich zuspi;. zenden Streit zwischen dem Basler Konzil un< Papst Eugen IV. lehnte er jedoch die radikaler Beschlüsse des Konzils ab und stellte sich ij von Kues aus der Kapelle des Sankt- ' Nikolaus-Hospitals in Kues Jahre 1437 dem Papst zur Verfügung, in dessen Auftrag er zunächst nach Konstantinopel reiste.; um den oströmischen Kaiser und den Patriai-j chen von Konstantinopel zum Unionskonziii nach Ferrara abzuholen. In der Folgezeit wari Nikolaus in zahlreichen weiteren Missionen bei j den einzelnen Reichsständen und König Fried-: rieh III. für die Interessen des Papstes. Als Anerľ kennung für seine Verdienste um den At'-j Schluss der Fürstenkonkordate und des Wiens; Konkordats (1448), die den Sieg des Papste; über das Basler Konzil besiegelten, wurde fi noch im Jahre 1448 zum Kardinal und 145C? zum Bischof von Brixen erhoben. \ jen Jahren 1450-52 reiste er im Dienste der '. henreform quer durch das Deutsche Reich, ■ irierte Klöster, reformierte Kirchenvor- hriften, stellte Missstände ab und entschied ... streitfalle. Seine Bemühungen, im Bistum jven die bischöfliche Herrschaftsgewalt aus- !-,iipn und die Finanzen zu sanieren, führten zuoauc" " ' llerdings zu schweren Spannungen mit dem Adel und dem Landesherrn, Herzog Sigmund Österreich-Tirol, der ihn auf seiner Burg Rruneck überfiel, gefangen setzte und ihn dazu ötJEte. die herzoglichen Forderungen anzuerkennen (1460). Enttäuscht zog sich Nikolaus von Kues nac^ semer Freilassung aus seinem Bistum zurück und verbrachte seine letzten Lebensjahre vor allem in Rom und Orvieto. Am 11 August 1464 starb er in Todi/Umbrien. Q.2.6 Rei Ichsreform |m 15. Jahrhundert mehrten sich die Klagen der Zeitgenossen über zahlreiche Missstände im Reich (allgemeine Rechtsunsicherheit durch Mängel in der Gerichtsverfassung und das überhand nehmende Fehdewesen, Schutzlosig-keit des Reiches vor äußerer Bedrohung durch eine unzulängliche Wehrverfassung). Während das Königtum - zeitweise im Bündnis mit dem Niederadel und den Reichsstädten - auf eine Stärkung der monarchischen Zentralgewaltbestand, sahen Kurfürsten und Fürsten die Lösung eher in der Entmachtung des Kaisers zugunsten einer institutionalisierten reichsständischen Mitwirkung an der Reichsgewalt. Obwohl die Problematik in der zeitgenössischen Publizistik (^-3.25) wie auch aufzahlreichen Reichstagen des 15. Jahrhunderts erörtert wurde, waren die Interessengegensätze zu groß, um zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. Spätmittelalter i- Der Durchbruch erfolgte erst in der Regierungszeit König Maximilians L, der sich, um Unterstützung in seinen Kriegen gegen Frankreich zu erhalten, dazu verstand, den Forderungen der Reichsstände - vertreten vor allem durch den Mainzer Erzbischof Berthold von Henneberg-wenigstens teilweise entgegenzukommen. So beschloss der Wormser Reichstag vom Jahre 1495, das Fehderecht zugunsten eines »Ewigen Landfriedens« aufzuheben und das Gerichtswesen durch die Errichtung eines vom König weitgehend unabhängigen Reichskammergerichts neu zu ordnen. Zur Stärkung der Reichsfinanzen wurde eine allgemeine Reichssteuer (Gemeiner Pfennig) eingeführt, die an den König abzuführen war. Auf dem Augsburger Reichstag vom Jahre 1500 sah König Maximilian sich außerdem genötigt, der Errichtung des Reichsregiments, einer Art ständischer Reichsregierung, an deren Zustimmung die Regierungsmaßnahmen des Königs gebunden sein sollten, zuzustimmen. Zur Durchführung der Reichsexekution gegen Landfriedensbrecher wie auch zur Vollstreckung der Reichskammergerichtsurteile wurde ferner auf den Reichstagen von Augsburg (1500) und Trier/Köln (1512) eine Reichsexekutionsordnung beschlossen, die auf einer Einteilung des Reiches in überterritoriale Verwaltungseinheiten (Reichskreise) beruhte. Während weder das Reichsregiment noch die allgemeine Reichssteuer sich als dauerhafte Institutionen durchsetzten, wurden die übrigen Ergebnisse der Reichsreform, Ewiger Landfriede, Reichskammergericht und Reichsexekutionsordnung, auf dem Augsburger Reichstag vom Jahre 1555 - wenn auch mit einigen Modifizierungen - bestätigt, wodurch die Reichsreform zu einem gewissen Abschluss gebracht wurde. 1 86 87 *> »W Kapitel 3 Daten 1247-1256 1254 1257 1268 1273-1291 1278 1291 1292-1298 1298-1308 1302 1303 1308-1313 1309-1376 1314 1315 1322 1328 1338 1339-1453 1346-1378 1347-1351 1356 1370 1378-1400 1378-1417 9. Juli 1386 1400-1410 1410/11-1437 1414-1418 6. Juli 1415 1419-1436 1424 1431-1449 1438-1439 1440-1493 1448 1453 1455-1487 5. Jan. 1477 1488 1492 1493-1519 1495 1499 1500 Wilhelm von Holland (bis 1254 Gegenkönig) Gründung des Rheinischen Bundes/Tod Konrads IV. Doppelwahl: Richard von Cornwall- Alfons X. von Kastilien Hinrichtung Konradins/Ende der Staufer Rudolf I. von Habsburg Schlacht auf dem Marchfeld bei Dürnkrut Bund von Uri, Schwyz und Nidwaiden Adolf von Nassau Albrechti, von Habsburg Bulle »Unam sanctam« von Papst Bonifaz VIII. Gefangennahme des Papstes in Anagni Heinrich VII. von Luxemburg (1312 Kaiser) Residenz der Päpste in Avignon Doppelwahl: Friedrich der Schöne-Ludwig IV., der Bayer Schlacht am Morgarten Sieg Ludwigs des Bayern bei Mühldorf am Inn Kaiserkrönung Ludwigs des Bayern Kurverein von Rhense Hundertjähriger Krieg in Frankreich Karl IV. (1355 Kaiser) Pest in Europa Goldene Bulle Friede von Stralsund Wenzel Abendländisches Schisma Schlacht bei Sempach Ruprecht von der Pfalz Sigmund (1433 Kaiser) Konzil von Konstanz Hinrichtung des Jan Hus Hussitenkriege Binger Kurverein Konzil von Basel- Ferrara- Florenz Albrechtu, von Habsburg • ■ •■. - Friedrich III. (1452 Kaiser) Wiener Konkordat Konstantinopel von den Türken erobert Rosenkriege in England Schlacht bei Nancy (Tod Karls des Kühnen von Burgund) Gründung des Schwäbischen Bundes Kolumbus entdeckt Amerika Maximilian I. Reichstag zu Worms (Reichsreform) Schweizerkrieg (Schwabenkrieg) Reichstag zu Augsburg (Reichsregiment) MF¥->/ *-£~~i Reformation und Glaubenskriege (1500-1648) Einführung 1 nee Zeit sind die Entdeckung Amerikas 1492 nd der Beginn der Reformation 1517 als Anfang ■ Neuzeit betrachtet worden. Der Begriff Neuzeit wurde jedoch schon von den Humanisten des 15. Jahrhunderts verwendet, denen ihre Gegenwart als neues Zeitalter erschien. Tatsächlich sind wichtige Grundzüge der Neurit schon vor den genannten Zeitpunkten zu erkennen, am frühesten in Italien, dem Ursprungsland von Humanismus und Renaissance. Der durch diese Bewegungen in Gang gesetzte geistige Wandlungsprozess, den der große Historiker Jacob Burckhardt als »Entdeckung der Welt und des Menschen« bezeichnet hat, beeinflusste die europäische Geschichte der Neuzeit nachhaltig. Eine entscheidende Voraussetzung für die schnelle Verbreitung der neuen Ideen war die Erfindung des Buchdrucks um 1450. Der für die Neuzeit kennzeichnende Zug der »Zweckrationalität«, d.h. der Ausrichtung des Handelns am vernunftgemäßen Abwägen von Zielen, Mitteln und Folgen des Tuns, kam in einer Fülle von zukunftsträchtigen Entwicklungen zum Ausdruck, die sich allerdings erst im 17. und 18. Jahrhundert voll entfalteten. Dazu gehörte die beginnende Befreiung des Denkens von den Bindungen der Theologie ebenso wie die Anfänge moderner Wirtschaftstechniken (Frühkapitalismus), die Entstehung des neuzeitlichen Staates und die Entwicklung neuer Staats- und Rechtstheorien. Typisch für Übergangszeiten sind jedoch nicht nur die in die Zukunft weisenden Neuansätze, sondern auch die fortwirkenden Traditionen der Vergangenheit. So ist z.B. darauf hingewiesen worden, dass die Reformation, eine der bedeutendsten von Deutschland ausgegangenen Bewegungen, wesentlich vom mittelalterlichen Denken geprägt war. Dennoch ist sie ihrem Ge- samtzusammenhang und ihren geschichtlichen Wirkungen nach der Neuzeit zuzurechnen. Freilich beabsichtigte Luther mit den 95 Thesen von 1517 und noch in den folgenden Jahren keineswegs die Gründung einer neuen Kirche, sondern erst die Zurückweisung seiner Reformforderungen durch die kirchlichen Instanzen drängte ihn Schritt für Schritt dazu, die katholische Sakramentenlehre, das Messopfer, das Mönchtum, ja sogar das Papsttum abzulehnen. Damit erschütterte er die Grundpfeiler der alten Kirche, veranlasste diese aber zugleich dazu, 1545-63 in Trient das seit langem anstehende Reformkonzil durchzuführen, das die bislang so brisante Streitfrage des Vorrangs von Papst oder Konzil ausklammerte und mit seinen Lehrentscheidungen und innerkirchlichen Reformen die Grundlagen des neuzeitlichen Katholizismus schuf. Die mittelalterliche Einheit der lateinischen Christenheit, durch Kirchenspaltungen, Ketzerbewegungen und kirchlich geduldete Sonderentwicklungen längst in-frage gestellt, war allerdings endgültig zerbrochen, um so mehr, als auch innerhalb der reformatorischen Bewegung keine Glaubenseinheit erreicht werden konnte. Nicht nur für die Kirchengeschichte, sondern auch für die deutsche Geschichte bedeutete die Reformation einen tiefen Einschnitt, da sie wegen der engen Verknüpfung der weltlichen und kirchlichen Institutionen im Heiligen Römischen Reich unmittelbare politische Auswirkungen hatte: Allein drei der sieben (faktisch sechs) Kurfürsten waren geistliche Reichsfürsten, nämlich die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier, und darüber hinaus gab es zahlreiche Fürstbistümer und Reichsabteien, die im Reichstag vertreten waren. Die Einführung der Reformation hatte zur Folge, dass geistliche 89 möglich, weil der Religionskonflikt sich in > nem erbitterten Bürgerkrieg entladen hatte ■* dem alle Beteiligten ausländische Verbujú suchten. 'J Der Augsburger Religionsfriede, der als «■ Schluss der Reformationsepoche gilt, hatte p letztlich nicht einen dauerhaften Ausgk.« zwischen den Religionsparteien herbeigefjjjj Das konfessionelle Zeitalter, wie man den Zt* räum von 1517 bis 1648 nennt, wurde in derf;! genden Phase vielmehr von den sich versc^j fenden Konflikten um die Auslegung des 1^4 gionsfriedens bestimmt. Die Absicht des fci sers, durch den Vertrag weitere Säkularisaji nen zu verhindern, wurde von den protestan-j sehen Fürsten vielfach durchkreuzt, wahres; die katholischen Fürsten zu einer Politik & Gegenreformation, d.h. zur Rekatholisiery evangelischer Gebiete, übergingen. Die Kais*: anfangs um Vermittlung bemüht, griffen injij rem eigenen Herrschaftsgebiet zunehmend jj gegenreformatorischen Maßnahmen. Dadurf wurde 1618 ein Aufstand in Böhmen ausgelfc; in den sogleich das Reich verwickelt wurde. ; Im Dreißigjährigen Krieg verbanden sich islj giöse und politische Gegensätze zwischen dt Fürsten, ständische Interessengegensätze zvß sehen dem Kaiser und den Fürsten sowie eup,: päische Machtauseinandersetzungen zu eintí unentwirrbaren Konflikt. Die Religionsfap trat allerdings nach dem Kriegseintritt Frait reichs 1635 gegenüber dem Kampf um die W herrschaft in Europa zurück. Der Westfálisdŕ Friede, der die Reichsverfassung von 1648 t zum Ende des Heiligen Römischen Reick; 1806 bestimmte, versuchte ein GleichgewicB zwischen den Konfessionen herzustellen ins bestätigte die Landeshoheit der Reichsstärái Der moderne Staat der Neuzeit bildete sichsi-i mit in Deutschland künftig nicht auf der Ebei des Reiches, sondern auf der der Einzelstaate aus, zumal die katastrophalen Folgen des Kii;'. ges die Fürsten zu gezielten Wiederaufbau maßnahmen veranlassten. í .4.1 Die Erfindung des Buchdrucks Mittelalter allmählich das billigere Papier h In der Regel wurden die Bücher als ein- (lUfCn. ___£■;..„;____A..C._______1__________ .. Exemplare für einen Auftraggeber ange-höfen. später ■ zunächst nur in Klöstern und an Königs 'er ' ■-—r auch in den weltlichen Schreib- njnítttíta tfio í 11 Imctiiü ttoßram tit fliioaätttowiat- Eeri tüifobwe que a« mißtat ioítuť «t nos ttoiiutiuenuö lt* jtanmlbliKtpMtorte römDtuo ttm „rfiiopife Iftroi) eaM ßnuj atmtaa BifiKntt noirihii &wí »receofaj niť fomtóaXtitttiatítiwruMtto »hifjttomfimioutnmnDDitarimt. ..iHtaum n ill« ipit Ijabed Btodjotu Itut-ttitiiratíiiiiBMnt iitrmfuntlt» sňt masna labove mm: mania Wut flUÍBítoDiommralrtijdratti utmu* »tuMraoiO'miSstaliowmiugotíij. ľ&iTtP«>WMi»!iiW*»w»> iJwSsÉll W íw in tma ftua nomine ioluEt etat, -,5 nbattapletittel ■ĚK «S2WJt*ia',ttinwwl,ti': €í\ liSPJpKoöHraamalti. 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(1519-56) die Reformation bekämpfte und auch eine Reihe von Reichsständen sich dem neuen Glauben nicht anschloss, andererseits aber alle Versuche, diesen zu unterdrücken, fehlschlugen, kam es zu einer konfessionellen Spaltung des Reiches. In dieser Lage sah sich Ferdinand I. unter dem zusätzlichen Druck der Fürstenopposition gegen die kaiserlichen Herrschaftsansprüche gezwungen, das Augsburgische Bekenntnis von 1530, die gemeinsame Glaubensgrundlage der Lutheraner, 1555 reichsrechtlich anzuerkennen. Der Augsburger Religionsfriede, eines der wenigen »Grundgesetze« des Reiches, war kein Ausdruck religiöser Toleranz - dieser Gedanke setzte sich erst seit dem 18. Jahrhundert durch -, sondern er versuchte den religiös-politischen Konflikt durch rechtliche Bestimmungen zu entschärfen, um die Reichsverfassung zu retten und den Frieden im Reich zu erhalten. Kaiser Karl V. dankte 1556 ab, nachdem er seine weit gespannten Ziele nicht hatte verwirklichen können. Zwar war seine Machtgrundlage dank der vom Glück begünstigten Familienpolitik seines Großvaters Maximilian I. weitaus größer als die seiner Vorgänger, aber einer Vorherrschaft des Kaisers stellten sich sowohl im Reich als auch im europäischen Umkreis unüberwindliche Hindernisse entgegen. Insbesondere der schon unter Maximilian I. (1493-1519) zutage getretene Gegensatz zwischen den Habsburgern und dem französischen Königshaus Valois (ab 1589 Bourbon) bildete bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts einen der grundlegenden Faktoren der; europäischen Politik. Frankreich schloss in dem Bestreben, die Umklammerung durch den österreichisch-burgundisch-spanischen Länderkomplex der Habsburger aufzubrechen, Bündnisse mit anderen Reichsfeinden, vor allem den Türken, und griff zunehmend in die innerdeutschen Streitigkeiten ein. Im Dreißigjährigen Krieg (1618-48) brachte diese Politik das Reich an den Rand der Auflösung. Das war allerdings nur 90 Die Bücher des Mittelalters bestanden aus zv; sammengehefteten und gebundenen, vf Hand beschriebenen Pergamentblättern. Ali stelle des Pergaments setzte sich im ausgeht" Stuben der Städte und besonders im Umkreis der Universitäten. Die Verbreitung literarischer, wissenschaftlicher und sonstiger Werke war nur durch Abschriften möglich, wobei stets Reformation und Glaubenskriege die Gefahr sinnentstellender.Textabweichungenbestand. Um 1440/50 erfand Johannes Gensfleisch zur Laden, genannt Gutenberg, Sohn eines Mainzer Patriziers, die Technik der Herstellung völlig gleicher, auswechselbarer Metalltypen: Er schnitt Stahlstempel in Form von spiegelverkehrten Buchstaben und anderen Schriftzeichen und schlug sie in Kupfer; in die dadurch entstandene Gegenform (Matrize) wurde Blei gegossen, das nach dem Erkalten spiegelverkehrte Lettern ergab. Diese setzte Gutenberg zu Druckformen zusammen, färbte sie mit Druckerschwärze ein und stellte mithilfe einer ebenfalls von ihm konstruierten Druckerpresse ganze Buchseiten in der jeweils gewünschten Anzahl her. Bald wurden auch Illustrationen, Initialen und andere Schmuckformen mechanisch vervielfältigt. Die" neue Technik verbreitete sich von Mainz aus schnell über ganz Europa. Sie ermöglichte eine rasche und vergleichsweise billige Herstellung auch umfangreicher Werke in hoher Auflage; so wurde schon 1455 die berühmte Gutenberg-Bibel in lateinischer Sprache gedruckt. Damit schuf Gutenbergs Erfindung die Voraussetzung für einen intensiveren geistigen Austausch, ja allgemein für eine Steigerung des Schriftlichkeitsgrades der europäischen Kultur. .4. .2 Humanismus und Renaissance Die Begriffe Humanismus und Renaissance, als Epochenbegriffe für die Übergangszeit vom Mittelalter zur Neuzeit erst seit dem 19. Jahrhundert geläufig, werden oft in demselben Zusammenhang, zum Teil sogar gleichbedeutend gebraucht. Tatsächlich ist es unmöglich, sie klar voneinander abzugrenzen, da sie auf denselben geistigen Grundlagen beruhen; im Allgemeinen denkt man bei Humanismus an die philosophischen, philologischen und literarischen Äußerungen dieser Epoche, bei Renaissance teilweise nur an Literatur, Musik und vor allem bildende Kunst der Zeit, teilweise an eine den Humanismus mit umfassende Strömung der Kultur- und Geistesgeschichte. Beide Bewegungen entstanden in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Italien, dem damals kulturell und wirtschaftlich höchstentwi- 91 ŕ .«íl .] N' 1 : I ;i ], V: ■■ Jr-í- v- ~.Vs - ■"í&"i.v****--'. /% - • • , "(Á " Vi.'1 t v s?- ,to :!'.'l , , •'í: :■'.' i-r-ŕ-ŕl I.-- . iißa mmy tMA A Während im 15. Jh. in Deutschland auf geistigem Gebiet Humanismus und Renaissance Platz griffen, erreichte in der Baukunst die Spätgotik ihren Höhepunkt. Innenansicht der Kirche Sankt Martin in Amberg ekelten Land Europas. Dort setzte eine Rückbesinnung auf die Antike ein, zunächst auf die klassische lateinische Sprache, die römische Literatur und Wissenschaft, dann auch auf die griechische Antike. Diese »Wiedergeburt« (= Renaissance) der antiken Tradition wandte sich vor allem gegen die von der Scholastik geprägte Dogmatik der spätmittelalterlichen Kirche; aber die meisten Humanisten blieben der christlichen Lehre verpflichtet, wenn auch die Verbreitung einer von der Kirche unabhängigen Bildung eine Tendenz zur Säkularisierung (Verweltlichung) mit sich brachte. Von Italien her strahlten Humanismus und Renaissance im 15. und 16. Jahrhundert auf Europa aus, wobei in Deutschland der Humanismus im Vordergrund stand. Kennzeichnend für den deutschen Humanismus war nicht nur der Rückgriff auf das griechisch-lateinische Bildungsgut, sondern zum Teil auch eine betont »nationale« Haltung, die den Wert der eigenen Vergangenheit hervorhob. Nicht zufällig wurde 92 gerade in dieser Zeit Tacitus' »Gerrrii (> 1.5) wieder entdeckt. Zum Teil in Verbindung mit dem national J Impuls trat ein anderer Grundzug des (Je.J sehen Humanismus in Erscheinung: die Kny-í an der Verweltlichung von Papsttum und Gcü; lichkeit, an der Geldgier der Kurie, der Verf.« chung der Scholastik. Ihren Höhepunkt far! die Polemik im Streit um den Tübinger Reck? lehrer Johannes Reuchlin, den Begründer ren (1528; Wittenberg, Lutherhalle) l Diese Erkenntnis (später zur »Rechtfertigungs-; lehre« erweitert) bedeutete im Grunde sehe;' den Durchbruch zur Reformation, aber wirk-! sam wurde sie erst durch die gegen den Abhsy, handel {>4.4) des Dominikanermönchs Tetzel! gerichteten 95 Thesen vom 31. Oktober 15!;; (^•4.6). Obwohl Luther überzeugt war, dami:> die Lehre der Kirche gegen ihre Feinde zu ver-f teidigen, brach sich in der breiten Zustimmus;! zu den Thesen sogleich der lange angestaute; Protest gegen die verweltlichte Kirche Bafcj (^-4.3). Nachdem die Dominikaner in Rod den Ketzerprozess veranlasst hatten, wuri; Luther im Oktober 1518 in Augsburg von Kardinal Cajetan verhört, aber er weigerte sichr. widerrufen. Während sich der Prozess wege; politischer Rücksichtnahme des Papstes aiŕ Luthers Landesherrn, den sächsischen Kurfürsten, verzögerte, löste sich Luther von der Aute rität der römischen Kirche und entwickelt* seine Theologie in den »reformatorische: Hauptschriften« von 1520. Die päpstlich: Bannandrohungsbulle verbrannte er im Ds zember 1520 und verweigerte am 18. April ip auf dem Reichstag zu Worms erneut den Wi- r v.vnn er nicht durch die Heilige Schrift ■' -ri-riuinftgründe widerlegt werde. Das da- jn \om Kaiser durchgesetzte Wormser u4-4) vor, was allerdings zu ungeahnten Verwicklungen führte. Mehrmals mischte sich Jakob Fugger bei Papstwahlen ein, wie er auch 1519 die Kaiserwahl Karls V. mit über 850 000 Dukaten Bestechungsgeldern finanzierte. Während seiner ganzen Regierungszeit blieb der Kaiser von der Finanzkraft des Hauses Fugger abhängig, während diesem - nach Jakobs Tod 1525 unter der Leitung seines Neffen Anton - die Autorität und der politische Erfolg des Herrschers Sicherheit für die gewährten Darlehen und neue wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeiten boten. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts jedoch geriet das Unternehmen, vor allem durch hohe Verluste bei mehreren spanischen 97 APITEL 4 ■ < ř .': .j.-«\n:y .■:,.:■■.. i>i(,:-aííiiii í" ---------:.t, • i i ■-'■-■bJm Ifs- '-V-irt í\ '."S :• V .'* '0.. .'r. :i r* i ■ v ■-^- .- kT ■;-&.;; iW \: l'»i'AV-ViníVÍ:?"'": A /afcofe Fugger mit seinem Hauptbuchhalter Schwarz im Kontor. Zeitgenössische Zeichnung (Braunschweig, Herzog-Anton-Ulrich-Museum) Staatsbankrotten, an den Rand des Ruins, und die Familie zog sich aus der Hochfinanz auf ihre Güter und Herrschaften zurück. ■4 »9 KarlV. Der Enkel Kaiser Maximilians I. wurde am 24. Februar 1500 in Gent geboren und wuchs unter der Obhut seiner Tante Margarete, der Regentin der Niederlande, auf. Als er am 28. Juni 1519 zum Kaiser gewählt wurde, war er bereits Herr über ein ungeheuer großes, aber weit über Europa und darüber hinaus verstreutes Herrschaftsgebiet (r>47). Doch er regierte keineswegs unumschränkt, am wenigsten im Heiligen Römischen Reich, wo ihm die Kurfürsten durch eine vertragliche Verpflichtung, die Wahlkapitulation, seine Zustimmung zUr ^! Wirkung der Reichsstände an der Regierunoäil gezwungen hatten. Aufgrund dieses Vertrao 1 wurde 1521 ein (zweites) »Reichsregirrw, (>3.26) für die Zeit der Abwesenheit des K*-' sers (bis 1530) unter der Leitung seines Brude, Ferdinand I., dem auch die Regierung der öst» reichischen Erblande übertragen wurde, eine* richtet. 1531 wurde Ferdinand mit seiner YVj'. zum Römischen König sogar der ständige Vertreter des Kaisers. Dennoch bedeutete die Kaiserwürde für K-, weit mehr als einen Prestigegewinn; er fiih},; sich vielmehr in der Nachfolge der mittelalt,-.: liehen Kaiser als vornehmster Herrscher d/ Abendlandes und als Verteidiger des wahre: Glaubens. Von daher ist auch seine Kaiserin nung durch den Papst in Bologna 1530 - £• letzte eines deutschen Kaisers - zu verstehe?' Sein Vorherrschaftsstreben, das ihn in Konflftf mit Frankreich und dem Papst brachte, undde^ Schutz der Christenheit gegen die Türkei' (^■4.18) sowie die Sorge um die Einheit derKii.: che - und das war für Karl seit dem Wormss'i Edikt von 1521 gleichbedeutend mit der Unterdrückung der Reformation (►4.10) - erwiesa sich allerdings schließlich als unvereinbar Ziele. ; Für die politische Entwicklung in Deutschland war entscheidend, dass seine kriegerischen Ve].-wicklungen den Kaiser immer wieder damj hinderten, energisch gegen die Ausbreituij: der evangelischen Lehre vorzugehen. Währe* es Karl V. in vier Kriegen (1521-26, 1526-2$: 1534-36 und 1542-44) gegen Franz I. v«J Frankreich gelang, das Ringen um Oberitalief! und um das burgundische Erbe zu seinen Gufó, ten zu entscheiden, musste er bzw. Ferdinand den evangelischen Reichsständen mehrnri; faktisch freie Hand zur Reformation ihrer Tert; torien geben, auch um ihre Unterstützung $r. gen die mit Frankreich verbündeten Türken sj gewinnen. Erst im Schmalkaldischen KiiejJ 1546/47 besiegte der Kaiser die Protestanteir ohne jedoch seinen Erfolg politisch nutzen a-können, denn gegen die drohende kaiserlich: Übermacht regte sich auch bei den katholische^ Fürsten Widerstand. Als Karl 1556 abdankte' war die konfessionelle Spaltung im Augsburg? Religionsfrieden (^-4.14) 1555 reichsrechtlic besiegelt, und in der neuen habsburgische: Herrschaftsteilung- Ferdinand I. erhielt die öi terreichischen Länder und die Kaiserkron* Sohn Philipp II. Spanien und die Nieder-KaI jjjm das Scheitern der Weltreichspläne 'an Ausdruck. Karl V. zog sich nach San Jero-ZU de Yuste nahe Madrid zurück, wo er am September 1558 starb. 4.IO V hdem die Forderungen nach einer umfas- nden Kirchenreform (►4.3) unerfüllt geblie-! waren, löste Martin Luther (t> 4.5) 1517 mit ' n Q1! Thesen über den Ablass (^-4.6) eine Heformbewegung aus, die den Rahmen der stehenden römisch-katholischen Kirche •„nerhalb weniger Jahre sprengte. Sie wurde zahlreichen Reformatoren in alle Teile Deutschlands und darüber hinaus getragen. Allerdings zeigte die Bewegung schon früh Spaltungstendenzen. . Kaiser Karl V., porträtiert von Tizian während eines Aufenthaltes in Augsburg 1548 (München, Alte Pinakothek) ' ■ Reformation und Glaubenskriege Das bedeutendste Zentrum der Reformation neben Wittenberg wurde zunächst Zürich, wo Ulrich Zwingli (^-4.12) ab 1523 nicht nur die Kirchenordnung, sondern das ganze Gemeinwesen umgestaltete; nach seinem Tod wurde ab 1536 Genf unter Johannes Calvin (^-4.13) zum protestantischen Musterstaat. Abgesehen von den Abweichungen von Luthers Lehre trug auch die unterschiedliche Kirchenentwicklung zur Entfremdung zwischen den beiden evangelischen Konfessionen bei. Diese wog umso schwerer, als sie die ohnehin schon gelockerten Bindungen der Schweiz an das Reich weiter schwächte. Andere reformatorische Gruppen, die aber meist nur für kurze Zeit eine Rolle spielten, waren z.B. die Sozialrevolutionär orientierten Zwickauer Propheten, zu denen Thomas Münt-zer gehörte, und die Täufer, die die Erwachsenentaufe praktizierten. Eine vom Täufertum beeinflusste Gruppe gründete 1534 in Münster ein kurzlebiges »Königreich«, das ein gewaltsames Ende fand. Die rasche Ausbreitung der Reformation wurde durch politische Faktoren begünstigt: Sah sich anfangs der Papst aus außenpolitischer Rücksicht auf den sächsischen Kurfürsten zur Zurückhaltung im Ketzerprozess gegen Luther genötigt, so wurde später Kaiser Karl V. (^-4.9) immer wieder durch die politische Lage an der Bekämpfung der Reformation gehindert. Nachdem der Sieg der Landesherren im Bauernkrieg (r-4.11) 1525 ihre Stellung erheblich gestärkt hatte, nahmen die evangelischen Reichsstände den Reichstagsbeschluss von Speyer 1526 (der die Religionsfrage bis zum erwarteten Konzil der Gewissensentscheidung der Reichsfürsten überließ) zum Anlass, in ihren Gebieten eine obrigkeitliche Kirchenordnung, das »landesherrliche Kirchenregiment«, aufzubauen. Nach kursächsischem Vorbild wurden Visitationen durchgeführt, d.h., von den Landesherren eingesetzte Kommissionen prüften die Situation in den Gemeinden, veranlassten einheitliche Vorschriften für Gottesdienst, kirchliche Lehre, Schulunterricht und anderes und registrierten den Kirchenbesitz, den die Landesherren allerdings nicht immer für gemeinnützige Zwecke verwendeten. Daneben setzte die politische Parteibildung der Konfessionen ein. Als Ferdinand I. auf dem Reichstag in Speyer 1529 den Beschluss von 1526 rückgängig zu machen versuchte, legten 99 Kapitel 4 die Evangelischen eine »Protestation« vor, von der sie die Bezeichnung Protestanten erhielten. Im nächsten Jahr unterbreiteten die Lutheraner Karl V. in Augsburg eine Zusammenfassung ihrer Lehre, das Augsburger Bekenntnis, dem eine vom Kaiser akzeptierte »Confutatio« (= Widerlegung) entgegengestellt wurde. Da der Kaiser weiteren Widerstand in der Religionsfrage als Landfriedensbruch verurteilte, schlossen sich viele lutherische Reichsstände 1531 zur Verteidigung im Schmalkaldischen Bund unter Führung Hessens und Kursachsens zusammen. Nach mehrmaligem Aufschub - als Gegenleistung für protestantische Hilfe gegen die Türken - konnte Karl erst 1546 militärisch gegen die Schmalkaldener vorgehen, doch trotz deren vollständiger Niederlage war weder an eine Teilnahme der Protestanten an dem 1545 eröffneten allgemeinen Konzil noch an eine religiöse Kompromisslösung im Reich zu denken. Dem Herrschaftsanspruch des Kaisers widersetzten sich auch katholische Fürsten, sodass eine »Fürstenverschwörung« 1551/52 Karl zum Einlenken zwang. Der Augsburger Religionsfriede (^•4.14) bestätigte 1555 die konfessionelle Spaltung Deutschlands. 4-«H Bauernkrieg Schon im 14. und 15. Jahrhundert hatte es in Deutschland Bauernrevolten gegeben, die allerdings regional begrenzt blieben wie die »Bund-schuh«-Bewegung am Oberrhein. Der große Bauernkrieg von 1524/25 erfasste dagegen fast ganz Oberdeutschland vom Eisass bis Tirol und Steiermark und griff nach Franken, Thüringen und Sachsen über. Die sozialen Forderungen der Bauern waren größtenteils nicht neu; ihr Protest richtete sich im Allgemeinen weniger gegen übermäßige Fronen und Abgaben an die Grundherren als gegen Eingriffe der Landesherren in althergebrachte Rechte wie dörfliche Selbstverwaltung und Nutzungsrechte an Wald, Wiesen und Gewässern. Seine Stoßkraft erhielt der Aufstand vor allem durch das Zusammentreffen mit der zweiten Massenbewegung dieser Zeit, der Reformation (>■ 4.10). Erstmals beriefen sich die Bauern nicht nur auf das »alte Recht«, sondern auf das Evangelium. Die im Februar 1525 zusammengestellten »Zwölf Artikel der Bauernschaft in Schwaben« begründeten z.B. die - als solche schon früher laut gewordene - Forderung nach 1 100 Reformation und Glaubenskriege Aufhebung der Leibeigenschaft mit der k ■ * sungstat Christi und verlangten unter ande, 1 Abschaffung des kleinen Zehnten, freie Pfaft't wähl und reine Predigt. Auf diese Artikel m men die Bauern in der Folgezeit auch anders-Bezug. Es gab jedoch trotz der BeteihV kriegserfahrener. Adliger wie Florian Geyer Ji Götz von Berlichingen keine einheitliche fe! rung, was sich als entscheidende Schwäche •-■ wies. Zum Teil versuchten die Bauern, jM Ziele auf dem Verhandlungsweg zu erreich^ andere griffen bereitwilliger zu Plündern-und Brandschatzung. Luther (^4.5), der die berechtigten Anlief der Bauern anfangs unterstützte und die Fiiv ten zur Einsicht mahnte, sah in der Radikalit«; rung der Bewegung bald eine Gefahr für rjJ »weltliche Regiment«. Besonders die Entwich lung in Thüringen, wo der Theologe Thort>! Müntzer den Kampf gegen die Obrigkeit rr -der Verwirklichung des Reiches Gottes glejc'-i setzte, veranlasste Luther zu dem schärft' Pamphlet »Wider die räuberischen und mörii rischen Rotten der Bauern«. Wenngleich Aki Parteinahme nicht der ihm vielfach vorgewe;! fenen Fürstenhörigkeit entsprang, sondern st j ner Theologie, schadete sie sowohl seinem w < sönlichen Ansehen als auch der Sache der fei formation. J Unterdessen warfen die Fürsten die Erhebur.' gewaltsam nieder. Innerhalb weniger Wochij (Mai/Juni 1525) brach der Widerstand zusaiii men; die Sieger vollzogen ein grausames Smi! gericht. Während das Landesfürstentum p\ stärkt aus den Kämpfen hervorging, waren ť Bauern für Jahrhunderte kein politischer Fakte[ mehr. ^,,12, Zwingli Huldrych (Ulrich) Zwingli wurde am \. Janu-j 1484 in Wildhaus (Grafschaft Toggenburg) gl boren. Bei seinem Studium in Wien und Basj (1498-1506) lernte er den Humanismus kej nen, der sein Denken stark beeinflusste. A!j Leutpriester (Weltgeistlicher) in Glarus waiij mehrmals Feldprediger bei den Schweizfj Söldnern, die im Dienst des Papstes in OberiRj lien kämpften. Nachdem er Ende 1518 eir.| Leutpriesterstelle am Großmünster in Ziiii;'! erhalten hatte, setzte er sich dort für RefornK im Sinne des Erasmus von Rotterdam ein. E' reformatorischer Durchbruch in der Art vc: per Bauernkrieg Goslar" Halberstadt Halle Köln° Hersfeld. Hessen Wetzlar oGießen Fulda r_'_J o Aufstände 1524 [ "J Aufstände bis zum 15. März 1525 q [ ' ] Aufstände vom 15. März -16. April 1525 ^sield M|rseburgB o ■ f-] o Aufstände vom 16. April -30. April 1525 %<<' .9 Fralll Oberwesel0 ■ , ■ '• ' ~ ±' ,.J. Mainz -. - Bayreuth ůWa|dsassen ♦%|er Miltenberg x|WUrzburg «Bamberg „ ß PfeddersheiZn" Königsh"ofen.*l 0"chsenfurt oForchheim MergentheimVe.„ . L .Nürnberg Speyer. Hohe** Rothenburg ob der Tauber ■uiai«Bi.arn Ansbach ÍMetz Heilbronn0 "Weinsberg ^ . ■' 7.h„. a?' Stuttgart Remstal 'S- 1>\*ť Oleüze" í aZ.abern ' „oBöblingen ■ Gmünd %, *> Prag. StraUburg" £• & X|" da Ingolstadt Ulm „Leipheim Bayern " X| oAugsburg o \ '" { M Freiburg ) _ im Brcisgau ■ Baltringen "Münch \, Sankt Weingarten .Memmingen a, Beifort' Blasien» *■>;;,„ '■ "SWurzach %^« Waldshut. Stühlingen .. «Kempten f^Basoľ .Illingen. "Lindau V Zürich" Sankt Gallen >' \ y Solothurn ,' . \<\0 / .. .Bern ' Tirol .. „.\. í JZwettl Ober- . .?. . Freistadt N,eder" .. . . , Melkt osterreich , ° n Steyr«; Österreichs '•>, t Lilienfeld t stimmt habe. Diese Lehre wurde von den dem f sehen Lutheranern nicht geteilt. Der Strej,! punkt, an dem es schließlich zum Bruch z^sj sehen den beiden Richtungen kam, war aller-f dings die Abendmahlslehre, in der sich Calvj,,! den Zwinglianern angenähert hatte (►4.1;',! Die tief gehende Entfremdung führte daz»! dass die Anhänger Calvins im Augsburger R^.'; gionsfrieden (r-4.14) nicht anerkannt wurdetí Außerhalb Deutschlands jedoch beeinflusstsí Calvin den Protestantismus entscheidend. Wej! über seinen Tod (am 27. Mai 1564) hinaus gjU seine Lehre dem Widerstand der französische?' Hugenotten und der protestantischen Nieder! länder gegen ihre Unterdrückung Rückhalt, f 4.14 Augsburger Religionsfriede Trotz der Erfolge Kaiser Karls V. (^4.9) geges die lutherischen Reichsstände im Schmalkaldi-sehen Krieg 1546/47 erwies sich die Wieder-i herstellung der Glaubenseinheit im Heiliges Römischen Reich als unmöglich. Nachdem Karls Bruder Ferdinand I. mit dem Führer de Fürstenopposition, Kurfürst Moritz von Sachsen, im Passauer Vertrag 1552 einen vorläufige: Kompromiss in der Glaubensfrage ausgehandelt hatte, kam auf dem von Ferdinand geleiteten Augsburger Reichstag von 1555 gegen de; Willen des Kaisers ein endgültiger Ausgleich zustande. Die Anhänger des Augsburgischen Bekenntnisses von 1530, d.h. die Lutheraner wurden als gleichberechtigt anerkannt. Di: freie Wahl des Bekenntnisses blieb aber auf die Reichsstände und die Reichsritterschaft beschränkt; nach ihrem Bekenntnis hatte sich das ihrer Untertanen zu richten. Andersgläubig: sollten ohne Verlust an Besitz und Ehre auswandern dürfen. Dieses Prinzip umschns man später mit der Formel »Cuius regio, eiusie-ligio« (wes das Land, des die Religion). Ausnahmen von diesem Grundsatz bildeten zum einet Messe wieder eingeführt hatten, sie auch wei- Wn neben dem evangelischen Gottesdienst e., n mussten, und zum anderen der von den testanten nicht gebilligte »geistliche Vorbe- . jer für den Fall des Konfessionswechsels ■ dicher Reichsfürsten diese zum Verzicht " f ihr Amt zwang und damit die weitere Säku- ' jsarion der Bistümer verhindern sollte. An- 1 ^— Mf^-s^i^A,^ A Die Urkunde des Augsburger Religionsfriedens von 1555, der die Gleichberechtigung der beiden Konfessionen im Reich festschrieb eurerseits gestand Ferdinand in einer gesonderten Erklärung zu, dass lutherische Untertanen geistlicher Reichsfürsten weiterhin bei ihrem Bekenntnis bleiben durften. Die beiderseits bekräftigte Versicherung, man werde keinen Reichsstand wegen seiner Konfessionszugehörigkeit mit Krieg überziehen, bewährte sich tatsächlich für mehr als sechs Jahrzehnte. Doch die im Dreißigjährigen Krieg (^-4.21) gipfelnden Reformation und Glaubenskriege Spannungen zeigten, dass der Konfessionskonflikt mit rechtlichen Mitteln letztlich nicht zu lösen war. Zugleich mit der Religionsfrage kam auf dem Augsburger Reichstag die für die Verfassungsentwicklung des Reiches bedeutsame Reichsexekutionsordnung zum Abschluss. Die Wichtigkeit der Landfriedenswahrung hatte sich erst 155V'53 von neuem erwiesen, als Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach Franken verwüstet hatte und schließlich von Moritz von Sachsen, der dabei den Tod fand, besiegt worden war. Daraufhin beschloss der Reichstag 1555, anknüpfend an Reformversuche des Reichsregiments von 1521, ein Verfahren zur Sicherung des Landfriedens auf der Grundlage der zehn Reichskreise (^3.26). Die zu den jeweiligen Reichskreisen gehörigen Reichsstände hatten nun neben der Gestellung von Truppen für das Reichsheer gemäß der Reichsmatrikel auch die so genannte Reichsexekution gegen Landfriedensbrecher zu vollstrecken, zum Teil im Auftrag des Reichskammergerichts, das für den Reichslandfrieden zuständig war. Die Aufstellung der Kreistruppen oblag in jedem Reichskreis einem Kreisobersten. Ein bzw. zwei kreisausschreibende Fürsten beriefen die Kreistage ein. Die Reichskreise waren also eine von den Ständen, nicht vom Kaiser getragene Institution. Sie bewährten sich in der Landfriedenswahrung, traten aber in den Kriegen gegen äußere Feinde zunehmend gegenüber den eigenen Heeren der Reichsfürsten zurück. ' '' ' ' 'ienreformation Der Zeitraum vom Augsburger Religionsfrieden (1555) bis zum Westfälischen Frieden (1648) wird in der deutschen Geschichtsschreibung als Zeitalter der Gegenreformation bezeichnet. Dieser Begriff drückt aus, dass die der Reformation (^4.10) folgende Epoche durch die gewaltsame Rekatholisierung protestantisch gewordener Gebiete gekennzeichnet ist. Es wurde jedoch nachgewiesen, dass der Aufschwung des Katholizismus keineswegs auf bloßer Durchsetzung »von oben« beruhte, sondern seine Wurzeln schon in den kirchlichen Reformbestrebungen des 15. Jahrhunderts hatte. Für diese innere Erneuerung setzte sich die Bezeichnung »katholische Reform« durch. Sie stand freilich in enger Wechselwirkung mit der eigentlichen Gegenreformation, 103 0ŕ Wr Kapitel 4 Die Reformbewegung fand ihren bedeutendsten Ausdruck im Konzil von Trient (1545-63), das den Katholizismus der Neuzeit entscheidend prägte. Es verabschiedete eine Reihe von Dekreten, die in den seit der Reformation umstrittenen theologischen Fragen (Rechtfertigung, Sakramente usw.) die katholische Lehre verbindlich formulierten, damit aber auch den Gegensatz zu den Protestanten dogmatisch festschrieben. Hinzu kamen zahlreiche Reformdekrete zur Verbesserung der Seelsorge, z.B. durch die Verpflichtung der Bischöfe, ständig in ihrem Sprengel zu wohnen, Synoden und Visitationen durchzuführen und Priesterseminare einzurichten. Die Lehrdekrete gaben der Inquisition (^4.16) eine verbesserte Handhabe zum Vorgehen gegen Ketzer, wozu grundsätzlich auch die Protestanten zählten. In Deutschland verhinderte jedoch der Augsburger Religionsfriede (> 4.14) die völlige Gleichbehandlung von Protestanten und Ketzern. Dass trotz der rechtlichen Pattsituation zwischen den Konfessionen seit dem Religionsfrieden und der beträchtlichen Mehrheit der evangelischen Bevölkerung der Katholizismus bald wieder in großen Teilen des Reiches vordrang, wäre allerdings ohne die Förderung durch die katholischen Reichsfürsten nicht möglich gewesen. Ausgehend von Bayern, dem die geistlichen Fürstentümer und Österreich folgten, setzten die Vorkämpfer der Gegenreformation nicht nur staatliche Zwangsmaßnahmen ein, sondern sie bedienten sich auch der Hilfe des neuen Ordens der Jesuiten, die neben den alten Mönchsgelübden ein strenges Gehorsamsver- sprechen gegenüber dem Papst ablegten * sich vor allem der Seelsorge und dem Schuk*1' sen widmeten. Reichsrechtlich stützte sich j-j Gegenreformation auf die Bestimmung /< Augsburger Religionsfriedens, nach der das Bekenntnis der Untertanen dem des Landesh.i''■ folgen sollte. Das war aber als Recht zur Einte í rung der Reformation, also als Zugeständnis).! die Protestanten gemeint. Dadurch kam es n i türlich zu Konflikten mit den evangelise),*! Ständen, die jedoch ihrerseits das Augsbun") sehe Bekenntnis in ihren Gebieten gewissem« t ßen zur Staatsdoktrin erhoben. So bildete jll Gegenreformation nur die eine Seite der alk*; meinen »Konfessionalisierung« des politischf-' Lebens, die vor allem seit Kaiser Rudolf \{i (1576-1612) den Gegensatz zwischen den Re]jj gionsparteien unüberbrückbar machte. j iquisition Das aus dem Lateinischen abgeleitete Wort 4 quisition« bedeutet »Untersuchung« oder »Auf. spüren«. Es bezeichnet im weiteren Sinne d» Untersuchung von Straftaten vonseiten de Obrigkeit bzw. des von ihr beauftragten Gerichts, ohne dass ein Geschädigter selbst Anklage erheben muss. Am bekanntesten ist ein; bestimmte Form des Inquisitionsverfahrens die Verfolgung von Ketzern (^-3.16), also Anhängern von Irrlehren, durch kirchliche Instanzen. Zwar waren Kirchenstrafen wegen Abweichungen von der rechten Lehre schon in der alten Kirche praktiziert worden, aber erst in Hochmittelalter bildete sich im Zusammen- ^ $.-1! /-víl l_.11» {i i j ~ "•'' I '-1 •4 Sorgte für neue katholische Stoßkraft; das Trienter Konzil, das von 1545 bis 1563 in drei Perioden tagte. Sitzung in der Kathedrale von Trient (zeitgenössischer Kupferstich) Mi H jt der zunehmenden Gefährdung der han^, gginheit die Inquisition als besondere Gla" ution heraus. Im 13. Jahrhundert ging sie 'nS Aet Zuständigkeit der Bischöfe in die des V'°n s über, der als Inquisitoren vor allem Do- • 'kaner und Franziskaner einsetzte. Beson- 1,11 verhängnisvolle Folgen hatte die Verschär- Apt Strafen (von Bußleistungen bis zur ' tereinziehung, Einkerkerung oder Todes- r meist durch Verbrennen). Ein der Ketze- S ■ ŕoder einer ebenso bewerteten Straftat) Be- huldigter, der nicht freiwillig abschwor, war ? „jner denkbar schlechten Rechtslage: Er er-f hr nicht, wer ihn angezeigt hatte, erhielt kei-Verteidiger und konnte durch Folter zum reständnis gezwungen werden. Gestand er icht oder wurde er rückfällig, verfiel er der Todesstrafe, die von der weltlichen Obrigkeit vollstreckt wurde, da einerseits die Kirche kein Blut vergießen durfte und andererseits die weltliche Gewalt selbst daran interessiert war, Feinde des Glaubens als Störer der gottgewollten Ordnung zu bestrafen. Während die Inquisition in Südeuropa in großem Umfang zur Geltung kam und in Spanien sogar zu einer staatlichen Einrichtung wurde, konnte sie sich in Deutschland erst seit dem 15. Jahrhundert durchsetzen. Im Zusammenhang mit der Gegenreformation (^-4.15) errichtete der Papst 1542 als oberste Instanz für alle Glaubensgerichte eine Kardinalskommission, das so genannte Sanctum Officium (Heiliges Amt). Die Inquisition ging in einigen Ländern auch gegen Protestanten vor. Diese bekämpften ihrerseits Ketzer (insbesondere die Täufer), ohne dass sich bei ihnen eine damit befasste kirchliche Einrichtung ausbildete. Einen Sonderfallbildeten die Hexenprozesse (> 4.17). <\A'J Hexenprozesse Die Verfolgung von »Hexen« steigerte sich im 16. und 17. Jahrhundert in vielen Ländern Europas zu einem regelrechten Massenwahn. Dafür gibt es zahlreiche Erklärungsversuche, von denen jedoch keiner für sich allein zu überzeugen vermag. Die einzelnen Elemente des Hexenglaubens waren sehr alt und entstammten unterschiedlichen Wurzeln. Die Kirche trat von jeher abergläubischen Vorstellungen und Praktiken entgegen, die sie vielfach als Überreste des Heidentums betrachtete. Bestraft wurde vor allem der so genannte Schadenzauber, d.h. die Reformation und Glaubenskrieg) durch magische Mittel (z.B. Verwünschung, Zaubertrank) herbeigeführte Schädigung von Menschen. Im Spätmittelalter wurde eine systematische »Hexenlehre« entwickelt, in der sich Vorstellungen von nächtlichen Spukgestalten, die sich in Tiere verwandeln, durch die Luft reiten und bösen Zauber vollbringen können, mit anderen Elementen verbanden. Dazu gehörte insbesondere der Glaube, dass Menschen einen Pakt mit dem Teufel schließen und sich mit ihm körperlich vereinigen könnten und dass sie sich A Der 148/ verfasste »Hexenhammer« gab jahrhundertelang die Richtlinien für die Bekämpfung von Hexen vor. Der Holzschnitt aus diesem Handbuch zeigt den Höllenschlund, in dem die Hexen von Teufeln gequält werden (nach der Kölner Ausgabe von 1511) nachts an schaurigen Orten mit Dämonen träfen (Hexensabbat). Der Bund mit dem Teufel stellte die Hexen den Ketzern gleich, sodass die Hexenprozesse in die Zuständigkeit der Inquisition (►4.16) fielen. Die Dominikaner Heinrich Institoris und Jakob Sprenger fassten 1487 die Hexenlehre im »Hexenhammer« zusammen, 105 0 ŠŔ! ■ Kapitel 4 einem Handbuch, das die Hexerei überdies als typisch weibliches Verbrechen darstellte. Eine entscheidende Voraussetzung für die sprunghafte Verbreitung der Hexenverfolgungen- allerdings mit großen regionalen und zeitlichen Schwankungen - war die Folter, durch die Geständnisse und die Nennung von Komplizen erzwungen wurden. Dadurch zog ein Hexenprozess meist weitere nach sich. Dabei wurden dann nicht selten alte Rechnungen beglichen oder bereits mit entsprechenden Gerüchten in Zusammenhang gebrachte Personen bzw. Angehörige verurteilter Hexen beschuldigt. Die Opfer der Hexenprozesse waren zum großen Teil Frauen, aber Männer und sogar Kinder fehlten darunter keineswegs. Auch eine gehobene soziale Stellung schützte nicht vor dem Scheiterhaufen, wenn es auch scheint, dass Arme und gesellschaftliche Außenseiter eher gefährdet waren. Die Gründe, weshalb jemand in den Verdacht der Hexerei geriet, waren sehr vielfaltig; sie reichten von persönlichen Racheakten bis zur Suche nach »Sündenböcken« für Missernten, Viehsterben und sonstiges existenzbedrohendes Unheil. Bedeutenden Anteil an der Überwindung des Hexenwahns hatte die 1631 anonym erschienene Schrift »Cautio criminalis oder Rechtliches Bedenken wegen der Hexenprozesse« des Jesuiten Friedrich von Spee, der als Seelsorger von zum Tode verurteilten »Hexen« zu der Erkenntnis kam, allein die Folter mache Hexen. Auch das Eintreten des Juristen Christian Tho-masius, eines der bedeutendsten Vertreter der deutschen Aufklärung, für die Humanisierung der Strafprozessordnung zu Anfang des 18. Jahrhunderts trug wesentlich zur Beseitigung der Hexenprozesse und der Folter bei. 4-.ÍO Türkenkriege Das türkische Reich unter der muslimischen Dynastie der Osmanen hatte 1354 erstmals auf europäischem Boden Fuß gefasst und 1453 in Konstantinopel, der Hauptstadt des vernichteten Byzantinischen Reiches, ein neues Zentrum erhalten. Der Abwehrkampf gegen das sich auf dem Balkan und im östlichen Mittelmeer ausdehnende Osmanische Reich wurde zunächst vor allem von den Kreuzfahrern, dann von den Venezianern getragen. Der Sieg Sultan Sulai-mans des Prächtigen über den Ungarnkönig Ludwigll. bei Mohács 1526 brachte sein Reich in unmittelbaren Kontakt zum habsburgiScL f Länderkomplex, da der spätere Kaiser pe ."f nand I. die Nachfolge seines Schwagers Lud j antrat. Schon bald kam mit dem Bündnis 2's sehen Sulaiman und Ferdinands Gegend ■? Johann Zápolya von Siebenbürgen die Á Habsburgern später noch oft gefährliche V ' bindung von innerer Opposition und äuße. í Gegnern im Südosten zustande. Hinzu 1» I dass der Sultan sich mit dem Gegner der Hau burger im Westen, dem französischen Könj-f verbündete. Dieser außenpolitische Druck ó entscheidend zu der relativ ungehinderten fJl breitung der Reformation in Deutschland bej I Ein erster türkischer Vorstoß bis Wien {k,,! scheiterte. In einem neuen Krieg besetzte 0 .?. :U 'V 1 1 I , , ^ <*&<\ &■-- -- '-.Vi > iS 'I M J| ■} if-- «4 "i ^:, w' ! *> y' \ .M m r; >■•-.-■ i '■■'; er1, -..I ! ß !-.!■< ■Ifi .li i *<1 ra--- ■:.\) \ ■ >, • : . «Jí » "P j. . ŕ,, 9 ■ :«; •»í Wfjrfiiív.ľ«"' '■ e'. ■ . ■• !-vV -. v - !i'i>a W & " J> **■ *l Sľ/7 .\lllilllľ ilr- ľ< 111 ii'lll'irilit!>\'i-'\ ill Hlrrn 1I1 1 I Hi! r u in Siiil.i-lruiiipi . ivilnihlliU Im tlu-liiiiii s m h ilľi [ I ■/'/!: H'.-i liiiir. í 'ii"iiin- ili-niiľ'iliľ i iiiili / ^iih-miiiii I 1/17/1 /'i m ňlií», 'i-y .■,''.'''" U d »i ľni Dir I m k ľ" hr H.ii iiiiudriri run ivS.x'. 1 /:•/ ihr íii/ii-m ,niľ 1I11 siii,// -1 den größten Teil Ungarns und u sieben'3^r8en zum Vasallenstaat. Auch 1 seine Flotte im Mittelmeer große Erfolge ""die im Dienst des Kaisers unter Andrea 6e8e. impfenden Genuesen. 1571 jedoch ver-P° pon Juan d'Austria, der Halbbruder n'C 5II. von Spanien, die Flotte des Sultans jnto am Golf von Korinth. Wenngleich "f gjeg politisch nicht genutzt wurde, lei- ** 1 .. Mioz-lorrr^riiT nor rictrnniornon \fr\i-- philipPs' teil Jen Niedergang der osmanischen Vor-tC"htrm Mittelmeer ein. Auf dem Balkan ver-111 hten die Habsburger vergeblich, die Osma-S"n im »langen Türkenkrieg« 1593-1606 zu-•• kzudrängen. Wie schon früher wirkte sich in ,. m Krieg die Opposition der mehrheitlich otestantjschen Stände Ungarns und Böh-■ ins gegen ^'e habsburgische Politik der Genreformation aus. Durch ein Bündnis mit j. m Sultan erzwangen die ungarischen Auf-(■inclischen 1606 die Anerkennung ihrer stän-Juchen und religiösen Freiheiten durch Mat-ih'is, den Bruder und 1612-19 Nachfolger Kai-,.r Rudolfs II. In dem Machtkampf zwischen i.,„ lirüdern, in dem der menschenscheue und rrluisch untätige Kaiser auf die Herrschaft in don l;rblanden verzichten musste, ließen sich ijih die böhmischen Stände 1609 im »Majes-[■/•lirief« ihre Rechte garantieren. Der Versuch i ľitlinands IL, diese Zugeständnisse rückgängig in mächen, führte zum Prager Fenstersturz [►47.0), der in den Dreißigjährigen Krieg {►4.21) mündete. A. 19 I -andskne chte Die Siege zu Fuß kämpfender Bürger- und Bau-irnhcere über Ritterheere seit dem 14. Jahrhun-.'jri leiteten den Niedergang der auf dem Iciiniwesen beruhenden mittelalterlichen llii-rciorganisation ein. Auch die Entwicklung ■Jir k'uerwaffen, die die schweren Rüstungen liirch-ichlagen konnten, minderte auf die Duioi den Kampfwert der Ritter, wenn auch üi-chütze (die vorwiegend bei Belagerungen -iiigcietzt wurden) und Handfeuerwaffen we-í n der Schwerfälligkeit ihrer Handhabung zu-"1I1M keine schlachtentscheidende Wirkung ■■"len, Den Anstoß zur Umbildung des deut-' itin Kriegswesens im 15. Jahrhundert gaben '■-' I r folge der leicht bewaffneten Schweizer »i'Äuldaten seit ihrem Sieg über ein österrei-' ''-dies Ritterheer am Morgarten (1315). Auf ■* K impfführung in geschlossenen, aber be- Reformation und Glaubenskriege weglichen »Gevierthaufen« griff Kaiser Maximilian I. zurück, als er in den Kämpfen um Burgund deutsche Fußtruppen anwerben ließ, die als »Landsknechte« bezeichnet wurden. Ursprünglich wurden nur freie und unbescholtene Männer angeworben. Ihre Bewaffnung -hauptsächlich langschäftige Spieße und Schwerter- mussten sie selbst stellen. Der vom Kriegsherrn beauftragte Feldhauptmann übernahm die Anwerbung und war auch Truppenführer. Die Grundeinheit bildete für die Dauer des Soldverhältnisses das Fähnlein mit etwa 400-500 Mann; mehrere Fähnlein wurden zum Regiment zusammengefasst. Neben dem Fußvolk der Landsknechte spielte die weiterhin von der Ritterschaft gestellte Reiterei eine große Rolle, nunmehr allerdings als taktischer Verband, nicht im Einzelkampf. Hinzu trat seit dem 16. Jahrhundert die neue Waffengattung der Artillerie. Die Landsknechte erlebten als die ersten Berufssoldaten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ihre Blütezeit. Doch die Verfallserscheinungen nahmen zu: Der große Truppenbedarf führte zur wahllosen Anwerbung undisziplinierter, am Kampfzweck nicht interessierter Landsknechthaufen, die überdies bei nicht selten ausbleibendem Sold oder nach Beendigung des Soldvertrags zur Landplage wurden. Da nicht nur der Kaiser, sondern auch die Landesherren Landsknechte in Sold nahmen, waren alle Reformbemühungen, die auf eine stärkere Bindung der Landsknechte an Kaiser und Reich zielten, zum Scheitern verurteilt. Die Söldner des Dreißigjährigen Krieges wurden nicht mehr als Landsknechte bezeichnet. 4--2.0 Prager Fenstersturz Die konfessionellen Gegensätze im Reich hatten sich seit dem Augsburger Religionsfrieden (^•4.14) verhärtet. Die durch diese Frontstellung bedingten Streitigkeiten zwischen den Reichsständen führten zur Funktionsunfähigkeit der wichtigsten Reichsorgane, des Reichstags und des Reichskammergerichts. Als 1608 anlässlich eines Rechtsstreits um die Reichsexekution gegen die Reichsstadt Donauwörth auf Betreiben des calvinistischen Kurfürsten Friedrich IV. von der Pfalz viele evangelische Reichsstände unter Protest den Regensburger Reichstag verlassen hatten, gründeten sie unter Friedrichs Führung ein Schutzbündnis, die so 107 Kapitel 4 genannte Union, der sich allerdings die norddeutschen Fürsten und besonders das lutherische Kursachsen nicht anschlossen. 1609 kam ein von Herzog Maximilian I. Von Bayern geführtes katholisches Gegenbündnis, die Liga, zustande. Eine erste Machtprobe zwischen den konfessionellen Parteien bildete der Streit um die Erbfolge in den vereinigten Herzogtümern Kleve, Jülich und Berg (1609-14), in dem sich beide Seiten ausländischer Unterstützung versicherten. Wenngleich der Konflikt mit der Teilung des Erbes zwischen Brandenburg und Pfalz-Neuburg beigelegt werden konnte, kündigte die darin zutage tretende Mächtekonstellation den Dreißigjährigen Krieg an. Den Anlass zum Ausbruch des großen Krieges bildete die Auseinandersetzung zwischen den katholischen Habsburgern und den überwiegend evangelischen Ständen in Böhmen. Nachdem 1617 Erzherzog Ferdinand, der Neffe und spätere Nachfolger des Kaisers Matthias, gegen den Widerstand des Landtags zum König von Böhmen gekrönt worden war, versuchte er die Zugeständnisse des Majestätsbriefs von 1609 an die Stände (^-4.18) einzuschränken. So verbot er einen nach Prag einberufenen Protestantentag. Daraufhin wurden am 23. Mai 1618 zwei kaiserliche Statthalter aus einem Fenster des Prager Hradschins in den Burggraben geworfen. Dieser »Prager Fenstersturz« löste einen Aufstand aus, in dessen Verlauf die böhmischen Stände im August 1619 den jungen Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz, den Führer der Union, zum König wählten. Während Ma- ximilian I. von Bayern Kaiser Ferdinand Hilfe des Ligaheers in Aussicht stellte (und ■*( dafür die Oberpfalz und die pfalzische y j würde versprechen ließ), versagte die xjn. í Friedrich V. ihre volle Unterstützung. in ?f Schlacht am Weißen Berg bei Prag am8 vi vember 1620 besiegt und geächtet, rnü,*i Friedrich, der »Winterkönig«, fliehen; der Rat mische Aufstand brach 1621 zusammen u í die Union löste sich auf. Der konfession(£i Konflikt im Reich war damit aber keinesw beendet, sondern er zog im Gegenteil irnrjf weitere Kreise (^-4.21). "! Jf,,Zl Dreißigjähriger'."./feg j Der Dreißigjährige Krieg begann als einesij,-' disch-religiöse Auseinandersetzung in Byv men (^-4.20) und griff mit der Königs\Vii Friedrichs V. von der Pfalz durch die böhrs." sehen Stände auf das Reich über. Durch sfe Niederlage am Weißen Berg (8. Novému 1620) verlor Friedrich nicht nur Böhmen, sodern auch die Kurpfalz. Nachdem Kaisei Feti. nand II. die Rekatholisierung und die zentralst tische Umgestaltung Böhmens eingeleitet ur-1623 die pfälzische Kurwürde sowie die Obe; pfalz Maximilian I. von Bayern Übertrags-hatte, war die erste Kriegsphase, der Böhmist!: Pfälzische Krieg (1618-23), beendet. Als d>. Heer der katholischen Liga unter Tilly und h zusätzlich in kaiserlichen Dienst genommer. Söldnerheer Wallensteins (^4.23) nach Noi; deutschland vordrangen, griff Christian IV. vo: r^aam Der Prager Fensterstun bildete den äußeren Anlassfür den Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs. Auf dem Kupferstich Matthäus Meriam des Älteren ist der Moment dargestellt, in dm böhmische Adlige die habsburgischen Statthalter aus einem Fenstn im Prager Hradschin werfen 108 Dänemark angesichts der drohenden Gegenreformation und aus eigenen territorialen Interessen ein. Im Niedersächsisch-Dänischen Krieg (1625-29) erlitt der dänische König jedoch am 27' August 1626 bei Lutter am Barenberge eine schwere Niederlage, und im selben Jahr starben die übrigen Heerführer der Evangelischen. Der Vormarsch der kaiserlichen Truppen nach Jutland, Mecklenburg und Pommern rief Schweden auf den Plan, sodass der Kaiser, um ein Bündnis zwischen den verfeindeten nordischen Mächten zu verhindern, 1629 mit dem Dänenkönig den Lübecker Frieden schloss. Ferdinands Machtstellung schien so gefestigt, dass er schon vor dem Friedensschluss das »Restitutionsedikt« erließ, das die Protestanten zur Rückgabe aller seit 1552 eingezogenen geistlichen Güter verpflichtete. Der Machtzuwachs des Kaisers erregte nun aber auch den Unwillen der katholischen Reichsstände. So erzwangen die Fürsten unter Führung Maximilians von Bayern auf dem Regensburger Kurfürstentag 1630 die Entlassung Wallensteins, der Hauptstütze des Kaisers. Gleichzeitig landete Gustav Adolfvon Seh weden (> 4.22) mit einem Heer auf Usedom. Damit begann die dritte Kriegsphase, derSchwedischeKrieg(i63o-35). Gustav Adolfs Sieg über Tilly bei Breitenfeld (17. September 1631) öffnete ihm den Weg nach Süddeutschland, und in der Schlacht am Lech (15. April 1632) fielTilly. Erst ais der Kaiser Wallenstein zurückberief, wendete sich das Kriegsglück. Der Schwedenkönig fand in der Schlacht bei Lützen (16. November 1632) den Tod. Doch die unabhängige Politik Wallensteins führte 1634 zu seiner Achtung und Ermordung. Nach der Nieder- Reformation und Glaubenskriege 4 Die Schlacht am Weißen Berg bei Prag 162.0. Das zeitgenössische Gemälde von Peter Snayers zeigt das Schlachtfeld aus Sicht der angreifenden katholischen Liga, im Hintergrund rechts die Silhouette der böhmischen Hauptstadt (Ingolstadt, Bayerisches Armeemuseum) läge der Schweden und der deutschen Protestanten bei Nördlingen (6. September 1634) kam es zum Frieden von Prag zwischen Kaiser und Reichsständen, in dem Ferdinand auf die Durchführung des Restitutionsedikts verzichtete, dafür aber den Oberbefehl über ein von den Reichsständen bereitzustellendes Heer erhielt. Daraufhin griff Frankreich, das den Krieg von Anfang an mit diplomatischen Mitteln geschürt hatte, auch militärisch in den Konflikt ein und verbündete sich ohne Rücksicht auf den konfessionellen Gegensatz mit Schweden. In dieser k Der Dreißigjährige Krieg sah Grausamkeiten in bis dahin unbekanntem Ausmaß. Besonders die Landbevölkerung war den umherziehenden Truppen wehrlos ausgeliefert. Die zeitgenössische Radierung zeigt, wie marodierende Kavallerie Bauern überfällt (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum) 109 Kapitel 4 längsten und letzten Phase des Krieges, dem Schwedisch-Französischen Krieg (1635-48), konnte keine Seite děn Kampf militärisch entscheiden. Nach zahlreichen Friedenssondierungen der kriegsmüden Parteien kam am 24. Oktober 1648 der Westfälische Friede (^■4.24) zustande, ohne dass damit der Kampf um die Vorherrschaft in Europa beendet gewesen wäre. Bis heute gilt der Dreißigjährige Krieg als eine der schlimmsten Katastrophen der deutschen Geschichte. Hungersnöte und Seuchen folgten den Schrecken des Krieges. In den am meisten betroffenen Gebieten (Nordost-, Mittel- und Südwestdeutschland) überlebte nur etwa ein Drittel der Bevölkerung. 4-2.2 Gustav Adolf von Schweden Seit 1523 regierte das Haus Wasa in Schweden. Schon Gustav I. (1523-60) hatte die Reformation eingeführt. Sein jüngster Sohn Karl IX. setzte sich bis 1600 gegen seinen katholischen Vetter Sigismund III. von Polen durch. Kühne außenpolitische Pläne brachten ihn darüber hinaus in Konflikt mit Dänemark und Russland. Als er 1611 starb, wurde sein am 19. Dezember 1594 geborener älterer Sohn vom Reichsrat für mündig erklärt und bestieg als Gustav II. Adolf den Thron. Er musste den Ständen jedoch umfassende Rechte garantieren. Mit einer Reihe innerer Reformen schuf er dennoch unter maßgeblicher Mitwirkung des Reichskanzlers Graf Oxenstierna die Grundlagen für die spätere Durchsetzung des Absolutismus. Außenpolitisch erstrebte er die schwedische Vorherrschaft im Ostseeraum, die er durch Ausgreifen nach den südlichen und östlichen Randgebieten der Ostsee sichern wollte. Nach einem Verlustfrieden mit Dänemark (1613) und einem günstigeren Frieden mit Russland (1617), der Schweden Ostkarelien und Ingermanland zusprach und Russland damit den Zugang zur Ostsee versperrte, griffen schwedische Truppen 1621 das unter polnischer Oberhoheit stehende Livland an. Die Verlegung des Kriegsschauplatzes brachte den schwedisch-polnischen Krieg 1626 in Berührung mit dem Dreißigjährigen Krieg (^-4.21). Schon 1628 zwang das Eingreifen der Schweden in Pommern den kaiserlichen Feldherrn Wa//eř7Sřem(>4.23), die Belagerung Stralsunds aufzuheben. 110 Mehrere Gründe bewogen Gustav Adolf 15, persönlich mit einem Heer in Deutschland erscheinen: Der drohende vollständige Siegj," Kaiserlichen gefährdete die schwedischen Sf-^ herrschaftspläne und Handelsinteressen i Ostseeraum und weckte die Befürchtung, fa, die katholische Wasalinie in Polen mithilfe(L Habsburger erneut die Herrschaft der schwej;' sehen Wasas erschüttern könnte; außerdei, kämpfte Gustav Adolf, auch wenn er sich 15," im Vertrag von Bärwalde mit dem katholisch' Frankreich, dem auf lange Sicht gefährlich?^ Gegner des Hauses Habsburg, verbündete, fo die Rettung des deutschen Protestantismus. \, der Tat wurde er, von seinen Truppen als gotten fürchtiger Herrscher und vorbildlicher Heet. führer verehrt, von der evangelischen Bevölfe. rung als Befreier begrüßt. Mehrere protestanti-sehe Reichsfürsten hingegen - voran Gustav Adolfs Schwager Georg Wilhelm von Branden-bürg und der Kurfürst von Sachsen- schlösse; sich dem Schwedenkönig aus Sorge vor Ge-bietsforderungen nur widerstrebend an. Durí den Sieg bei Breitenfeld (17. September 1631; seinen Zug nach Mainz und seine Hofhakun; in Frankfurt am Main gewann Gustav Adolf bi stimmenden Einfluss auf die Fürsten Nord und Mitteldeutschlands. Nach seinem Tod ij der Schlacht bei Lützen (16. November 1632) leitete Oxenstierna den deutschen Protestanti: mus. Durch denWestfälischen Frieden (►4.24i wurde Schweden schließlich zur zweiten europäischen Großmacht nach Frankreich. 4-.23 Wallenstein Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein (ei gentlich Valdštejn) wurde am 24. Septembs 1583 als Sohn eines Landadligen im ostböhmischen Hermanitz geboren. Von Hause aus Angehöriger der Böhmischen Brüder, trat envoli! bald nach dem Beginn seiner militärisches Laufbahn (1604) zum katholischen Glaubcs über. 16 07 wurde er Kämmerer am Hof des späteren Kaisers Matthias. Das durch seine Ehe mi' einer der reichsten Großgrundbesitzerinnci Mährens erworbene Vermögen ermöglichte ei Wallenstein, als militärischer Unternehmer au! eigene Rechnung Söldner anzuwerben und sie dem Kaiser zur Verfügung zu stellen. Böhmischen Aufstand 1618-21 (►4.20) kämpfte er auf kaiserlicher Seite und erhob al: Militärverwalter Kontributionen aus den be- .„ten Gebieten zum Unterhalt der Truppen. '' rch geschickte Spekulationen erwarb er rie- • »Besitzungen aus konfiszierten Gütern böh-'fechcr ReDeiien- Der Herzog von Friedland, die er sich ab 1625 nennen durfte, entwickelte ľlnen vom Kaiser zum Fürstentum erhobenen »sitz mit gründlicher wirtschaftlicher Sach-'-jnntnis zum Musterland. •l- sich der Dreißigjährige Krieg (>4.2i) nach v'orddeutschland verlagerte, stellte er sich er-,ut dem Kaiser zur Verfügung. Die weit ge-iende Selbstständigkeit des Generalissimus, -or allem hinsichtlich der Ausweitung des Hferbungsgebiets und des Kontributionssys-[ems, l'ßß ißn freilich in Konkurrenz zur katho-Ischen Liga geraten. Wallensteins militärische Infolge stärkten zunächst nicht nur seine Posilu (1628 belehnte ihn Ferdinand IL mit dem Herzogtum Mecklenburg), sondern sie verhal-fen auch dem Kaiser zu einer ungeahnten Machtsteigerung. Dagegen erhob sich jedoch (jer Widerstand der Reichsfürsten, und durch die gegenreformatorische Politik des Kaisers versteifte sich der Widerstand in den besetzten protestantischen Gebieten. Während Wallenstein ehrgeizige Pläne verfolgte (z.B. Aufbau einer kaiserlichen Flotte zur Beherrschung der Ostsee), zeichnete sich das Eingreifen Gustav liiolfs von Schweden (>4.22) ab. In dieser Situation musste der Kaiser unter dem Druck der Fürsten auf dem Regensburger Kurfürstentag im August 1630 Wallenstein entlassen und seine Truppen reduzieren. Der Siegeszug der Schweden durch Deutschland zwang Ferdinand jedoch bald, Wallenstein erneut um die Aufstellung einer Armee und die Übernahme des Kommandos zu bitten. Nach langem Zögern willigte dieser im April 1632 unter der B edingung unb eschränkter Vollmachten für Kriegführung und Friedensverhandlungen ein. Nach dem Tod Gustav Adolfs bei Lützen im November 1632 gewannen Wallensteins Gegner beim Kaiser wieder die Oberhand. Die hinhaltende Kriegführung des Generalissimus und seine Verhandlungen mit Schweden und Sachsen nährten den Verdacht, er wolle sich vom Kaiser abwenden. Wallensteins wahre Absichten sind allerdings bis heute umstritten. Der ihm unterstellte Hochverrat konnte nie eindeutig bewiesen werden. Andererseits wurden seine weit schauenden politischen Ziele -Schaffung eines allgemeinen Reichsfriedens und Ausschaltung der auswärtigen Mächte - COT'«'-", jft ií'fc ífi,*Í3Í!.!li-VÄ-ilL*r-' * SUSS»-- tPÜJ m m A Albrecht von Wallenstein, der bekannteste, aber auch umstrittenste Feldherr des Dreißigjährigen Krieges, Porträt von Christian Kaulfersch (Schloss Friedland) immer von taktischem Kalkül und persönlichem Ehrgeiz überschattet. Als der Kaiser ihn im Januar 1634 zum zweiten Mal absetzte und ihn überdies ächtete, fielen fast alle Offiziere trotz einer Ergebenheitserklärung (Pilsener Revers) von Wallenstein ab, und am 25. Februar wurde er in Eger ermordet. 4.24- Westfälischer Friede Der Dreißigjährige Krieg (*• 4.21) wurde am 24. Oktober 1648 mit den Friedensschlüssen von Münster und Osnabrück zwischen dem Kaiser einerseits und Frankreich bzw. Schweden andererseits beendet; die Reichsstände schlossen sich an. Die Verträge behandelten drei Hauptkomplexe: Die konfessionelle Frage wurde unter Abänderung des Augsburger Religionsfriedens (^-4.14) geregelt. Im Wesentlichen wurden die konfessionellen Grenzen nach dem Stand von 1624, dem so genannten Normaljahr, festgeschrieben. Damit wurde erstmals auch der Calvinismus im Reich anerkannt. Außerdem sollten die Reichsinstitutionen paritätisch besetzt werden und die Religion betreffende Fragen im Reichs- Kapitel 4 tag nur durch Übereinstimmung zwischen den getrennt beratenden katholischen und evangelischen Reichsständen entschieden werden. Einschneidende Änderungen brachte der Westfälische Friede für die Reichsverfassung mit sich: Während der Kaiser bei den Reichsgeschäften an die Zustimmung der Reichsstände gebunden wurde, musste er diesen für ihre Territorien die volle Landeshoheit zugestehen, d.h. Gesetzgebungsrecht, Rechtsprechung, Steuerhoheit, Bewaffnungsrecht, Bündnisrecht und Entscheidung über Krieg und Frieden. Das Heilige Römische Reich war damit zu einem recht lockeren Verband von Einzelstaaten geworden, die durch wenige gemeinsame Einrichtungen und rechtliche Bindungen zusammengehalten wurden. Bald darauf büßte der Reichstag einen Teil seiner Bedeutung ein, als er ab 1663 als »immer währender Reichstag« in Regensburg tagte, wo die Fürsten nicht mehr persönlich erschienen, sondern durch ständige Gesandte vertreten waren. Der Friede im Reich wurde durch Gebietsabtretungen an die eigentlichen Sieger des Krieges und Garantiemächte des Friedens «kau Frankreich wurde im Besitz der Bistümer ]u„ Toul und Verdun bestätigt und erhielt die hak' burgischen Besitzungen und weitere Besjh rechte im Eisass und am Oberrhein. An Seh», den mussten Vorpommern, das Erzstift fi' men, das Stift Verden und Wismar abgetrct _ werden; der schwedische König wurde ReicL fürst. Von eher formaler Bedeutung war iis gen das endgültige Ausscheiden der Sch^ und der Niederlande aus dem Reichsverban,! Innerhalb des Reiches wurde, von Ausnahm*, abgesehen, der Besitzstand von 1618 vvie(L hergestellt; die Kurwürde des geächteten nfj] zischen Kurfürsten blieb bei Bayern, und fiinjá Pfalz wurde eine achte Kur geschaffen. ßs Westfälische Friede wurde zum ewigen Grund, gesetz des Reiches erklärt, für das Frankreich und Schweden die Garantie übernahmen. Bei aller Unzulänglichkeit hatten die Friedensvei. träge doch für wichtige Fragen langfristige Lö. sungen gefunden. Trotz aller folgenden Krieg; sicherten sie den Bestand des Reiches für ein. einhalb Jahrhunderte. Deutschland nach dem Dreißigjährigen Krieg Die VEREINIGTEN NIEDERLANDE lösen sich vom Reich DÄNEMARK SCHWEDEN - > gewinnt Vorpommern und die Weser-Elbe-Mürtdung Holstein de" Münster "u.n.st, Sa \\e ss1 e,o Bran Sachsen \>^V; —'— Reichsgrenze habsburgische Besitzungen [___] spanische Linie [____I österreichische Linie \ ;f *L »f, FRANKREICH:', i/& /rf)wumem rückt an den Rhein heran \ _ fr«/*., >> terVH berg / '• DEUTSCHLAND besteht aus über Böhmen 300 Einzelstaaten Vrt* Di!' SCHWEIZER EIDGENOSSENSCHAFT! !(">i sich vn'ii Ronili \ í S Salzburg VE^° í 112 Reformation und Glaubenskriege paten 31. Okt. 1517 Thesenanschlag Luthers 1519-1556 Kaiser Karl V. 1521 Luther auf dem Reichstag zu Worms; Wormser Edikt 1521-1526 1. Krieg Karls V.'gegen Franzi, von Frankreich 24. Febr. 1525 Schlacht bei Pavia (Gefangennahme Franz' I.) 1524-1525 Bauernkrieg 29. Aug. 1526 Schlacht bei Mohics 1526-1529 2. Krieg Karls V. gegen Franz I. 1527 Plünderung Roms durch Truppen Karls V. (Sacco di Roma) 1529 Protestation von Speyer; Marburger Religionsgespräch 1529 1. Belagerung Wiens durch die Türken 24. Febr. 1530 Kaiserkrönung Karls V. in Bologna 25. Juni 1530 Augsburgisches Bekenntnis 1531 Schmalkaldischer Bund 1536-1538 3. Krieg Karls V. gegen Franz I. 1542-1544 4. Krieg Karls V. gegen Franz I. 1545-1563 Konzil von Trient 18. Febr. 1546 Tod Luthers 1546-1547 Schmalkaldischer Krieg 24. April 1547 Schlacht bei Mühlberg (Gefangennahme des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen durch den Kaiser) 1548 Augsburger Interim (Kompromissversuch Karls V. in der Glaubensfrage) 1551-1552 Fürstenverschwörung gegen Karl V. 2. Aug. 1552 Passauer Vertrag 25. Sept. 1555 Augsburger Religionsfriede 1556-1564 Kaiser Ferdinand I. 1564-1576 Kaiser Maximilian II. 7. Okt. 1571 Seeschlacht bei Lepanto 1576-1612 Kaiser Rudolfll. 1593-1606 langer Türkenkrieg 1608 protestantische Union 1609 katholische Liga 1609-1614 Jülich-Klevescher Erbfolgestreit 1612-1619 Kaiser Matthias 23. Mai 1618 Prager Fenstersturz 1619-1637 Kaiser Ferdinandu. 8. Nov. 1620 Schlacht am Weißen Berg 27. Aug. 1626 Schlacht bei Lutter am Barenberge 6. März 1629 Restitutionsedikt 6. Juli 1630 Landung Gustav Adolfs von Schweden auf Usedom 1630 Regensburger Kurfürstentag (Entlassung Wallensteins) 1631 Vertrag von Bärwalde 17. Sept. 1631 Schlacht bei Breitenfeld 13. April 1632 2. Berufung Wallensteins (Göllersdorfer Kapitulation) 15. April 1632 Schlacht bei Rain am Lech (Tod Tillys) 16. Nov. 1632 Schlacht bei Lützen (Tod Gustav Adolfs) 25. Febr. 1634 Ermordung Wallensteins 6. Sept. 1634 Schlacht bei Nördlingen 30. Mai 1635 Friede von Prag 1637-1657 Kaiser Ferdinandlll. 24. Okt. 1648 Westfälischer Friede «3 Zeitalter des Absolutismus (1648-1/89) m Einführung Die Auflösung des alten ständischen Ordnungsgefüges im Zeitalter der Glaubenskriege verursachte ein allgemeines Verlangen nach Wiederherstellung der staatlichen Ordnungsfunktion, die in der Person des Monarchen am ehesten verbürgt schien. So kam es zur Herausbildung der absolutistischen Regierungsform, in der der Monarch als alleiniger Inhaber der Herrschaftsgewalt nicht an die bestehenden Gesetze gebunden (»legibus solutus«), wohl aber dem göttlichen Recht unterworfen war. »Ľétat c'est moi« (der Staat bin ich) - dieser dem französischen König Ludwig XIV. zugeschriebene Ausspruch bringt die Gleichsetzung von Staat und Herrscher auf eine knappe Formel. Die zeitgenössischen Staatslehren lieferten dem Absolutismus die theoretische Grundlage. Bedeutsam waren vor allem die Definition der Souveränität als unteilbare, absolute Gewalt nach innen und außen und der Grundsatz der Staatsräson, der die Verwirklichung des Staatswohls sowie die Erhaltung und Erweiterung der Staatsmacht zum Maßstab des politischen Handelns erhob. Trotz der Verweltlichung der Staatsidee beriefen sich die absoluten Herrscher weiterhin auf ihre göttliche Legitimität (Gottes-gnadentum). Kennzeichnend für den absolutistischen Regierungsstil war das so genannte Kabinettssystem: Der Monarch stützte sich auf Räte, die ein von den Zentralbehörden unabhängiges Kabinett -Geheimer Rat, Staatsrat oder ähnlich genanntbildeten. Mithilfe dieses Gremiums betrieb er eine selbstständige Diplomatie, griff in den Gang der Justiz ein, erteilte »Kabinettsordres« mit Gesetzeskraft und erklärte Kriege, die meist dynastischen Interessen oder der »Arrondierung« des Territoriums dienten. Ausdruck der souveränen Verfügungsgewalt über das Land sind auch die für das 18. Jahrhundert typiscj, f Ländertauschprojekte und die rücksichtslos Teilungspraxis. Um ihre »Kabinettskriege« ;s derzeit fuhren zu können, schufen die Fürste-stehende Heere. Zur Verwaltung des Landes*, maß ihren Richtlinien bauten sie eine allein vo-ihnen abhängige Beamtenschaft auf. Imu» mehr Lebensbereiche wurden als öffentlich^ staatlich zu regelnde Angelegenheiten begri' fen. Auch die Wirtschaft stand im Dienst de; Staates. So entstand erstmals ein nicht nurde-Adel erfassendes Staatsbewusstsein. Dieser »Verstaatungsprozess«, der auch erhebliche negative Auswirkungen hatte (Bevormurr dung der Untertanen, Überbewertung der inneren Ordnungsfunktion und der äußerer. Machtentfaltung des Staates), ging mit einer allmählichen Einebnung der ständisch gegliederten mittelalterlichen Gesellschaftsstruktur einher. Die Stände wurden politisch entmackei. ohne dass die ständische Gesellschaftsordnurs prinzipiell aufgehoben war. Adel und Geisdich-keit waren nach wie vor privilegiert, währen! das Bürgertum zwar wirtschaftlich geförderi wurde, aber keinen entsprechenden politische: Rang einnahm. Die sich daraus ergebende; Spannungen versuchte der so genannte aufgeklärte Absolutismus durch wohlfahrtsstaatliche Reformen aufzufangen, aber trotz seine; Anpassung an aufklärerische Ideen wurdet: von den sich in der politischen Aufklärung;«-dichtenden Lehren der Volkssouveränität uni vom Gesellschaftsvertrag zunehmend infrage gestellt. Die gesellschaftskritische Funktion de: Aufklärung trat allerdings in Deutschland weniger deutlich zutage als in Frankreich. Während der Absolutismus in Frankreich untc Ludwig XIV. (1643-1715) seine modellhaftt Ausprägung fand, konnte er sich in Deutsch- , ur auf der Ebene der Landesfürsten (und 'an überall in gleicher Weise) durchsetzen, hdern der Westfälische Friede 1648 die nfc ,. hg Landeshoheit reichsrechtlich festge- t, 'eben hatte. Die vorrangig zu lösende Auf- sCr jje verheerenden Folgen des Dreißigjäh- ŕ ' Sieges zu überwinden, begünstigte die bildung des absolutistischen Fürstenstaats, j der Wiederaufbau nur durch intensive staat- y he Planung und Lenkung zu leisten war. Die 1 ■ erliche Gewalt blieb dagegen seit 1648 auf formelle Lehnshoheit sowie auf einzelne o'echte beschränkt. tech dem Dreißigjährigen Krieg war Frank-vh nicht nur die stärkste europäische Großzieht, sondern in Deutschland auch ein Vor-, .1 j für den innerstaatlichen Aufbau, sowohl in olitischer als auch in kultureller Hinsicht. njeSe Vormacht- und Vorbildfunktion Frankeichs bestimmte auch die Stellung des Reiches . europäischen Kräftespiel um die Wende vom 17-zum ^- Jahrhundert. In der Zeit Kaiser Leopolds I. (1658-1705) wurde das Reich durch jje Wechselwirkung zwischen der Türkenge-fjhr und der Expansionspolitik Ludwigs XIV. bedroht. Der französische König versuchte durch ein System von Bündnis- und Subsidien-verträgen mit einzelnen Reichsständen - vor allem mit den Witteisbachern in der Pfalz, in Bayern und in Köln sowie mit dem Kurfürsten von Brandenburg- eine innerdeutsche Opposition gegen den Kaiser aufzubauen und ab 1679 sein Herrschaftsgebiet durch die so genannten Reunioncn - in Wirklichkeit kaum verhüllte Annexionen - nach Osten auszudehnen. Während Leopold I. nur mit Mühe und in unzureichendem Maße die Kräfte des Reiches gegen Frankreich mobilisieren konnte, das einen Teil der Reunionen, das Eisass mit Straßburg, behauptete, begründete er mit den militärischen Erfolgen im Großen Türkenkrieg (1683-99) die Großmachtposition Österreichs, wenn auch der Versuch der österreichischen Habsburger, die Nachfolge ihrer spanischen Verwandten anzutreten, im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-13/14) scheiterte. Österreich wandte sich daher zunehmend dem Südosten Europas zu. Neben den Habsburgern gelangten in dieser Zeit drei weitere deutsche Fürstenhäuser zu europäischer Bedeutung: Eine Linie der Weifen, tlie im 12. Jahrhundert als Gegenspieler der Staufer die Reichsgeschichte entscheidend mitträgt hatten und seit 1235 das Herzogtum Zeitalter des Absolutismus Braunschweig-Lüneburg beherrschten, erreichte 1692 die Erhebung des Teilherzogtums Lüneburg zum Kurfürstentum Hannover sowie 1714 die Nachfolge der letzten Stuartkönigin Anna in Großbritannien. 1697 war der sächsische Kurfürst Friedrich August I. aus dem Haus der Wettiner als August II. (»der Starke«) mit Unterstützung des Kaisers zum König von Polen gewählt worden. Doch seine Herrschaft blieb nicht unangefochten, und auch sein Sohn konnte die Nachfolge erst nach dem Polnischen Thronfolgekrieg (1733-35/38) antreten. Auf ganz andere Weise verschafften sich die Hohenzollern in Brandenburg-Preußen internationales Ansehen. Hier ermöglichte zunächst vor allem eine innere Entwicklung, die Militarisierung des sozialen und politischen Lebens, den Aufstieg des Staates zu führender Stellung in Norddeutschland und schließlich unter Friedrich IL, dem Großen (1740-86), zur europäischen Großmacht, an die Österreich in den Schlesischen Kriegen 1740-45 eine seiner reichsten Provinzen verlor. Behielt das habsburgische Erbhaus letztendlich durch die Kaiserwahl des Gemahls der Maria Theresia, Franz I. Stephan (1745-65), die vornehmste Stellung im Reich, so konnte es den preußisch-österreichischen Dualismus nicht mehr überwinden. Der alte habsburgisch-bour-bonische Gegensatz hingegen trat im Siebenjährigen Krieg (1756-63) zurück. In diesem Ringen standen sich als Hauptgegner einerseits Preußen und Österreich, andererseits Großbritannien und Frankreich gegenüber. Auch die fünfte europäische Großmacht, Russland, war auf französisch-österreichischer Seite an dem Konflikt beteiligt. Damit war das im Wesentlichen bis zum Ersten Weltkrieg bestehende europäische Fünfmächtesystem, die so genannte Pentarchie, ausgebildet. Sie wurde als Gleichgewichtssystem angesehen, das zwar nicht den Frieden in Europa garantierte, ihn aber durch einen Interessenausgleich zwischen den wechselnden Bündnissen immer wieder herstellte. 5.1 Ludwig XIV. und die deutschen Staaten Frankreich war als Hauptgewinner aus dem Dreißigjährigen Krieg (r-4.21) hervorgegangen und im Westfälischen Frieden (^-4.24) seinem außenpolitischen Hauptziel, der Gewinnung Kapitel 5 einer europäischen Vormachtstellung durch Schwächung der habsburgischen Macht nach außen und Unterstützung der gegen Österreich gerichteten Bestrebungen der' Reichsfürsten, ein gutes Stück näher gekommen. Als 1657 Kaiser Ferdinand III. starb, versuchte die französische Diplomatie vergeblich, die Nachfolge seines Sohnes Leopold I. zu verhindern, aber dieser musste in seiner Wahlkapitulation (einem A Im Verlauf des Pfälzischen Erbfolgekrieges (1688-97) verwüsteten französische Truppen 1689 in der Kurpfalz und umliegenden Gebieten systematisch Burgen und Städte, Die französische Medaille zeigt die gedemütigte »Heidelberga« und den klagenden Flussgott Neckar vor dem brennenden Heidelberg mit den Fürsten vereinbarten Katalog von Wahlbedingungen) auf die Unterstützung des habsburgischen Spanien verzichten, das sich noch im Krieg mit Frankreich befand und 1659 den demütigenden Pyrenäenfrieden schließen musste. Bald nach der Kaiserwahl trat Frankreich dem so genannten ersten Rheinbund bei, der, auf Initiative des Mainzer Kurfürsten zustande gekommen, im Reich einen eigenständigen Machtfaktor gegenüber dem Kaiser schaffen sollte, aber zunehmend zum Instrument der antihabsburgischen Politik Frankreichs wurde und sich 1668 auflöste. Inzwischen war der junge französische König Ludwig XIV. nach dem Tode Kardinal Mazarins 1661 zur selbstständigen Regierung gelangt. Er ging dazu über, die Vormachtstellung seines Landes durch Eroberungskriege auszubauen, gestützt auf Erbansprüche und weit hergehni, Rechtstitel. Damit stieß er allerdings auf \v,'"' senden Widerstand in Europa und im ReH •' hier erwachte sogar ein »Reichspatriotisrnusľ Den Gipfel seines Erfolgs erreichte LudwigV.,. zwischen 1679 und 1681 mit den auf die RW-'} grenze zielenden »Reunionen«: Unter RücW auf mittelalterliche Lehnsvorstellungen etl 1 er Anspruch auf alle Gebiete, die mit den is \ an Frankreich gefallenen Territorien in Verfr, dung standen. Auf diese Weise kamen weite J sässische, pfalzische und rheinische Gebiet unter französische Besatzung. Doch trotz ci> helliger Empörung im Reich, insbesonde-, nach der Besetzung der alten Reichsstadt StrjQ, bürg 1681, kam es nicht zu einer geschlossene-Abwehrfront, vor allem wegen der von FranV. reich geschürten Türkengefahr (^-5.4). Erst A Ludwig XIV. seine Truppen 1688 in die Plij, einmarschieren ließ, um die im Namen seinp Schwägerin Elisabeth Charlotte (»Liselotte,: von der Pfalz geltend gemachten Ansprüche at> die Besitzungen der erloschenen pfalzischer Kurlinie durchzusetzen, wurde 1689 de; Reichskrieg gegen Frankreich beschlossen. Di. mit konnte zwar die Verwüstung der Pfalz nid» verhindert werden, aber im Bündnis mit Ent-land und anderen antifranzösischen Mächte wurde 1697 im Frieden von Rijswijk die Rückgabe der meisten Reunionen (außer dem Elsas mit Straßburg) erreicht. Dass die französische Vormachtstellung auf i-> Dauer nicht zu halten war, zeigte sich vollene im Spanischen Erbfolgekrieg (1701-13/14). Ali nach dem Tod des letzten spanischen Habsbta-gers ein Enkel Ludwigs XIV. als Philipp V. der spanischen Thron bestieg, schloss sich wiede: eine europäische Allianz gegen Frankreich zusammen. Zwar standen dieses Mal unter anderen die wittelsbachischen Kurfürsten von Bayern und von Köln auf französischer Seite (übs sie wurde die Reichsacht verhängt), aber dii Kriegführung des Herzogs von Marlborougl: und der Reichsfeldmarschälle Ludwig Wilhelc von Baden und Eugen von Savoyen erwies siti als überlegen. Kriegsentscheidend war allerdings die immer deutlicher hervortretende politische Schlüsselrolle Englands: Geleitet vo: dem Gedanken des Mächtegleichgewichts as dem Kontinent, unterstützte es zunächst de: österreichischen Anwärter auf den spanisch?: Thron. Doch nachdem dieser 1711 zum Kaiss gewählt worden war, wurde 1713 im Friede: 116 Zeitalter des Absolutismus Utrecht ein englisch-französischer Aus-V'i 'ch erzielt, dem sich Kaiser Karl VI. und die ß vhsstände 1714 im Wesentlichen anschlie-' mussten. Der Bourbone Philipp V. wurde rkannt, aber eine spanisch-französische Perlunion ausgeschlossen. Der Kaiser konnte 'nen Einfluss im Reich nicht stärken, aber mit , m Gewinn spanischer Nebenländer die euro-"ische Großmachtstellung Österreichs aus-h nen. So hatte England das Ende der französi-rhen Vorherrschaft erreicht und zugleich eine eue spanisch-österreichische Weltmacht verhindert. Frankreich war eine europäische Großmacht neben anderen. cy, .ßy- kantilismus Der absolutistische Staat versuchte alle Kräfte des Landes und damit auch die Wirtschaft in den Dienst des Fürsten zu stellen. Da nicht nur dersteigende Aufwand des höfischen Lebens im Zeitalter des Barock, sondern auch die wachsenden Aufgaben des Staates, bedingt durch den Ausbau des Behördenapparats und die ständige Unterhaltung eines Heeres, einen großen Finanzbedarf verursachten, suchten die Fürsten nach Mitteln, um die Steuerkraft ihres Landes zu erhöhen. Dazu aber war es nötig, den Wohlstand der Untertanen zu mehren. Die wirtschaftstheoretischen Regeln und wirtschafts-polidschen Methoden, die zu diesem Zweck entwickelt wurden, nennt man Merkantilismus (von lateinisch mercari = Handel treiben). In dessen Mittelpunkt stand die Förderung von Handel und Gewerbe durch eine Reihe von Maßnahmen: Gründung vonMessen und Märkten, Ausbau der Straßen und Kanäle, Förderung des Bergbaus und des Hüttenwesens, Abschaf- fung von Binnenzöllen, Vereinheitlichung von Maßen, Münzen und Gewichten, Lockerung der Zunftbestimmungen und insbesondere die Ansiedlung neuer Gewerbe und Manufakturen (^•5.3). Hinzu kamen Maßnahmen zur Förderung des Außenhandels, z.B. Aufbau einer Handelsflotte, Gründung von Handelsgesellschaften, Unterstützung der Warenausfuhr (außer Lebensmittel und Rohstoffe) und gleichzeitige Drosselung der Einfuhr durch Zollschranken, um die Geldzufuhr des eigenen Landes zu steigern. Der dem Merkantilismus zugrunde liegende Gedanke, dass der Reichtum an Geld die Größe und Macht eines Staates ausmache, wurde erst im 18. Jahrhundert überwunden. In Frankreich führte der Finanzminister Ludwigs XIV, Colbert, merkantilistische Reformen durch, ohne die die kostspielige Außenpolitik nicht möglich gewesen wäre. In Deutschland herrschte eine Sonderform des Merkantilismus vor, der »Kameralismus« (benannt nach der fürstlichen Kammer, der für den Staatshaushalt zuständigen Behörde). Er wollte die Staatseinkünfte weniger durch eine aktive Handelsbilanz erhöhen als vielmehr durch die planmäßige Steigerung sowohl der gewerblichen als auch der landwirtschaftlichen Produktion. Ausschlaggebend war dafür die Notwendigkeit, die Schäden und Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges zu beseitigen, und deshalb legte man hier auch besonderes Gewicht auf bevölkerungspolitische Maßnahmen. Da zahlreiche Städte und Dörfer durch den Krieg entvölkert waren, begünstigten viele Fürsten die Einwanderung. Das entsprach auch der merkantilistischen Auffassung, dass der Reichtum des Staates eine hohe Bevölkerungszahl erfordere. Herrscher staatliche Verwaltung (Finanzverwaltung) A fördert Kolonien j Steigerung des Steueraufkommens Rohstoffe Fertigprodukte V heimische Produktionsstätten (Manufakturen) Landwirtschaft regelt Im- und Export (Protektionismus) Ausland Fertigprodukte Wirtschaftsbeziehungen im Merkantilismus "7 «t»". Kapitel 5 Vi>#-JS^ 'V&íť .\4*Sf*ľ' , . 0- -V «''V/-'/*- „■? "»»AV--V^* ÄÍ* -W*, .JĚ-. ft- -..-v- ^Ä-^í ^Mi- Jfe< .-Sh\.€~ I Das Bild »Die Entsatz-schlacht vor Wien« Zej.. im Vordergrund, wie der polnische König Johann III. Sobieski das Zelt des türkischen Heer führers Kara Mustafa stürmt. Gemälde von Frans Geffels, um 1688 (Wien, Historisches Museum der Stadt Wien) 5.3 Manufakturen Charakteristisch für die Zeit des Merkantilismus (►■5.2) waren gewerbliche Großbetriebe, die so genannten Manufakturen. Das Wort setzt sich zusammen aus den lateinischen Wörtern iima-nus« = »Hand« und »facere« = »tun«. Schon daraus wird deutlich, dass die Handwerkstechnik im Wesentlichen erhalten blieb, Einsatz von Maschinen noch die Ausnahme bildete. Manufakturen waren eine Frühform des industriellen Betriebes, also Vorläufer der Fabriken. Sie gingen ihrerseits zurück auf das schon im Spätmittelalter entstandene »Verlagssystem«, bei dem ein Unternehmer den von ihm abhängigen, in Heimarbeit produzierenden Handwerkern die benötigten Rohstoffe, oft auch Werkzeuge zur Verfügung stellte und die Abnahme der Fertigwaren garantierte. Über dieses Hausgewerbe gingen die Manufakturen hinaus, denn in ihnen war die Produktion an einem Ort zusammengefasst und zugleich arbeitsteilig organisiert. Dadurch konnte in größeren Mengen und einheitlicherer Qualität produziert werden als im herkömmlichen Zunfthandwerk. Die Manufakturarbeiter wurden so zu Lohnarbeitern. Der absolutistische Staat förderte das Manufakturwesen und unterhielt zum Teil auch selbst Manufakturen, denn das Aufblühen des Gewerbes musste ihm selbst ja wieder zugute kommen. Daneben spielten Gesichtspunkte wie Arbeitsbeschaffung oder auch bloße Prestigegründe eine Rolle. Manufakturen arbeiteten in den verschiedensten Gewerbezweigen. Schwerpunkte der Herstellung waren jedoch Luxusgüter für den Be- 118 darf der Fürstenhöfe, später auch für wohlhj. bende bürgerliche Kunden- z.B. Wandtepnj. che (Gobelins), Möbel, Fayencen, Porzellan Glas, kostbare Stoffe (Seide, Samt, Brokat), Kut-sehen -, ferner Uniformen und Waffen für dif Heere sowie die ersten Massenbedarfsgütej z.B. Woll-, Leinen- und Baumwollstoffe. Aus der manufakturmäßigen Uniformschneiderei entwickelte sich später die Maßkonfektion für bürgerliche Kleidung. Überhaupt war das Tex-tilgewerbe technisch besonders hoch entwickelt. Neue Herstellungsverfahren und Erfindungen auf verschiedenen Gebieten regten auch die Entstehung neuer Manufakturen an. So wurden wichtige Voraussetzungen für den Übergang von der handwerklichen zur industriellen Produktion geschaffen. > Die Türken, vor Wien Das Osmanische Reich beherrschte im 17. Jahrhundert mit der Balkanhalbinsel und dem größten Teil Ungarns ganz Südosteuropa. Da ein weiteres Vordringen der islamischen Türken einen schweren Rückschlag für das Christentum bedeutet hätte, war ihre Zurückdrängung Aufgabe aller christlichen Herrscher Europas. Beim Kampf gegen die Türken fielen für den Kaiser die Interessen seines eigenen Landes, des dem Osmanischen Reich benachbarten Österreich, mit seinen kaiserlichen Pflichten als Schirmherr der Christenheit zusammen. Di« französischen Könige hingegen unterhielten seit langem gute Beziehungen zu den Türken, da sie die Frankreich umschließende habsburgi-sehe Macht als ihren Hauptfeind betrachteten. • et Leopold I. hatte 1664 einen zwanzigjäh- . n Waffenstillstand mit dem Sultan geflossen. Doch als im österreichischen Teil st rns ein Aufstand der so genannten Kuruz-(»Kreuzfahrer«) gegen die habsburgische ft rrschaft ausbrach, marschierte 1683 ein nooo Mann starkes türkisches Heer unter j m Großwesir Kara Mustafa fast unbehelligt vor Wien und belagerte die österreichische itstadt, aus der der kaiserliche Hof geflo- bis HauP' L.n war. Die Eingeschlossenen vermochten nter dem Stadtkommandanten Ernst Rüdiger r «f von Starhemberg der Belagerung zwei Mo-ate lang standzuhalten, bis ein Entsatzheer he-anrückte. Die akute Gefahr führte die große Mehrheit der Reichsfürsten und darüber hinaus, vor allem unter dem Einfluss des Papstes, j£n mit Frankreich verbündeten polnischen König Johann Sobieski an die Seite des Kaisers. Während der Kurfürst von Brandenburg vertraglich an Frankreich gebunden war, nahmen die Kurfürsten von Bayern und Sachsen persönlich am Türkenkrieg teil. Besondere Verdienste erwarb sich neben ihnen und dem mit dem Oberbefehl beauftragten König von Polen der kaiserliche Feldherr Herzog Karl V. von Lothringen. Das den Türken zahlenmäßig unterlegene Entsatzheer befreite Wien am 12. September 1683 mit dem Sieg am Kahlenberge. Dieser Sieg führte den Wendepunkt des Krieges herbei, in dem die kaiserlichen Truppen POLEN Zeitalter des Absolutismus nun ihrerseits zum Angriff übergingen und in deh folgenden Jahren, trotz der gleichzeitigen Belastung durch den Pfälzischen Krieg, unter Kurfürst Max Emanuel von Bayern, Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden und Prinz Eugen von Savoyen (^5.5) bedeutende Siege erfochten. Im Frieden von Karlowitz mussten die Türken 1699 Siebenbürgen sowie den größten Teil des von ihnen beherrschten Ungarn an Österreich abtreten. Die Befreiung der Balkanchristen von der türkischen Herrschaft wurde fortan eines der Hauptziele der österreichischen Politik. 5".5* Prinz! igen von. Savoyen Geboren in Paris am 18. Oktober 1663 als Sohn des Prinzen Eugen Moritz von Savoyen-Cari-gnan und einer Nichte Kardinal Mazarins, war Eugen für die geistliche Laufbahn bestimmt worden. Sein Wunsch, in die französische Armee einzutreten, wurde ihm von Ludwig XIV. verweigert. So bot er dem Kaiser seine Dienste an, bewährte sich bereits im Großen Türkenkrieg (1683-99) und wurde 1697 zum Oberbefehlshaber über die in Ungarn operierenden Truppen ernannt. Er begründete seinen Ruhm als Feldherr in der Schlacht bei Zenta gegen eine zahlenmäßig weit überlegene türkische Armee im gleichen Jahr. Ab 1700 beeinflusste er als Mitglied des Geheimen Rates und später als PODOLIEN UNGARN \ / MOLDAU ' JEDISAN \ hľ^t-Gotíriard 3. d. Raab '/. ř1' / ' =664 Mohácsji ľentaíóo/ .»ir0R 1087 S X| AP T ** PěteKvardeifr., " s^ž Tamesvar , ÄV>anat,.-;~- arlowíu" / .-KLEINE ' -SIEBENBÜRGEN? ď ^.s í*"'*" ""^-Karlowitz" / / m \BOSNIENFrietknvor>l699 ^C.^'^. *l0fř- '<*,. ">ô. idenvem™ Frieden von 1/18 SERBIEN WALACHEI N;ä -iX] OSMANISCHES REICH M& *s»' ** Reichsgren/e Osmaivsches Reich (größte Ausdehnung) osniaivschcs Staatsgebiet nach 1/39 osiíianische Grenze nach 1/39 ■^—■ Angriffe seit 1683 -^—' Angriffe 1716 18 ^1 Schlacht Osterreich Polen Venedig □ n n Erwerbung 1699 |___J í~ ' \_'_~1 Erwerbung 1718 I I Verlust 1739 I j 119 Kapitel 5 Präsident des Hofkriegsrates die Politik der Habsburger, hatte jedoch auch gegen zahlreiche Hofintrigen zu kämpfen. Während des Spanischen Erbfolgekrieges (1701-13/14) vermochte er in glänzenden Siegen, teilweise gemeinsam mit dem britischen Feldherrn Marlborough errungen, dem Vormachtstreben Ludwigs XIV. in Europa entgegenzuwirken. Nach dem Tod seines Vetters Ludwig Wilhelm von Baden (1707) zum Reichsfeldmarschall ernannt, war Prinz Eugen 1714 kaiserlicher Bevollmächtigter bei den Friedensverhandlungen in Rastatt und Baden. Einen neuen Türkenkrieg entschied er durch die Belagerung und Einnahme Belgrads 1717. Im Frieden von Passarowitz erhielt Österreich 1718 das Banat. Prinz Eugen hat als Träger des österreichischen Staatsgedankens einen modernen, schon von der Aufklärung geprägten politischen Stil entwickelt und die Idee der Staatsräson an die Stelle dynastischer Überlegungen gestellt. Österreich wurde durch seine Siege zur europäischen Großmacht; seine Erfolge gegen Frankreich und seine Siege über die Türken trugen zum Erwachen eines nationalen Gemeinschaftsgefühls der Deutschen bei. Prinz Eugen starb am 21. April 1736 in Wien. 5.6 Brandenburg unter dein Großen Kurfürsten Die Markgrafschaft Brandenburg war im Zuge der deutschen Ostsiedlung um die Mitte des 12. Jahrhunderts entstanden und 1417 in den Besitz der Hohenzollern gekommen. Die Goldene Bullevon 1356 (► 3.8) zählte den Markgrafen von Brandenburg zu den sieben Kurfürsten. Mit der lutherischen Kirchenordnung von 1539 vollzog das Land den entscheidenden Schritt zur Reformation. Seit 1613 waren die Kurfürsten calvinis-tisch, ohne dieses Bekenntnis im Land durchzusetzen. Der Gewinn der Herzogtümer Kleve und Mark mit Ravensberg (1614) und des Herzogtums Preußen als polnisches Lehen (1618) schuf eine extreme Streulage der brandenburgischen Territorien, die der »Große Kurfürst« Friedrich Wilhelm zu überwinden suchte. Geboren in Berlin (Colin) am 16. Februar 1620, verbrachte er einige Jahre am Hof der calvinisti-schen Oranier im Haag, wo er eine politische und militärische Ausbildung erhielt. 1640 trat er die Regierung in seinem durch den Dreißig- jährigen Krieg verwüsteten Land an. Nach er im Westfälischen Frieden Hinterpornm^' und die säkularisierten Bistümer Carni^ Minden und Halberstadt sowie die Arm, schaft auf Magdeburg erhalten hatte, Ri\'1' seine Bemühungen dem 1648 Schweden zu ^ sprochenen Vorpommern mit dem OstseJf fen Stettin. Da er im Dreißigjährigen Krieg/ Wert eines jederzeit einsatzbereiten Heeres ' kannt hatte, baute er ein stehendes Heer Damit griff er in die nachfolgenden Kriege 0 ohne vor rücksichtslosem Frontwechsel >'' rückzuschrecken, wenn er sich davon Vorw. versprach (»brandenburgisches Wechsels* ber«). So gelang es ihm im ersten Nordisch*. Krieg (1655-60), durch einen BündniswecC! von Schweden zu Polen die Souveränität übt Preußen zu erreichen. Dagegen vernachlässig!. Bronzenes Reiterstandbild des Großen Kurfürsten von Andreas Schlüter in Berlin. 1710 schräg vor dem Portal des neuen Berliner Stadtschlosses aufgestellt, steht es heute im Ehrenhof des Schlosses Charlottenburg er die Reichsinteressen fast völlig. 1674 nahmei am Reichskrieg gegen Frankreich teil, musste sich aber bald gegen die in Brandenburg eingefallenen Schweden wenden und schlug sie bei Fehrbellin (28. Juni 1675). Da er 1679 auf das bereits eroberte Vorpommern verzichten musste, er sich enttäuscht Frankreich an. Als er Mai [688 starb, war er jedoch führend an ä"1 o'uung einer europäischen Koalition gegen derJigXIV. beteiligt. Innern hatte Friedrich Wilhelm im Sinne "" Absolutismus ein relativ einheitliches tsvvesen geschaffen. Die Geldmittel für die „rhaltung des Heeres rang er den Landstän- j ab musste ihnen dafür allerdings weit ge- hei ' %igungsrecht unabhängig zu machen, führte daneben nach niederländischem Vorbild ein ■ direktes Steuersystem ein. Die Verwaltungsanisation baute er durch Errichtung beson- . er Finanz- und Militärbehörden aus. Mit der Ansi" Ae Herrschaftsrechte auf ihren Gütern ein-Um sich vom ständischen Steuerbe- edlung von über 20000 aus Frankreich uiebenen Hugenotten in Berlin und Brandenburg (Edikt von Potsdam, 1685) half der Kurfürst seinen Glaubensbrüdern, kurbelte ber auch im Zuge merkantilistischer Wirt-«haftspolitik Industrie und Gewerbe an. Strafen- und Kanalbauten sowie Manufakturen wurden gefördert. Den Handelsinteressen diente auch die brandenburgische Kolonie Großfriedrichsburg an jer Guineaküste, die brandenburgisch-afrikanische Handelsgesell-schaft und der Bau einer Handelsflotte. So schuf Jer Große Kurfürst die Grundlagen für die spätere Großmacht Preußen. C,7 ./\ugust der Starke Geboren am 12. Mai 1670 in Dresden, wurde der Prinz nach dem frühen Tod seines älteren Bruders 1694 als Friedrich August I. Kurfürst von Sachsen. Er war vielseitig begabt und politisch interessiert, aber unstet und leichtlebig. Als Bewunderer Ludwigs XIV. suchte er dessen prunkvollen Lebensstil nachzuahmen. Um seine fürstliche Position auszubauen, bewarb er sich um die polnische Königskrone, verschaffte sich die Unterstützung des habsburgischen Kaiserhauses durch seinen Übertritt zum Katholizismus und erreichte - auch unter Einsatz be-trächdicher Bestechungsgelder - 1697 seine Wahl zum König von Polen (als August IL). Den Beinamen »der Starke« erhielt er wegen seiner außerordentlichen Körperkräfte und wohl auch wegen seiner zahlreichen Mätressen. Mit auf das Baltikum gerichteten Expansionsplänen nahm August an der Seite Russlands und Dänemarks am zweiten Nordischen Krieg Zeitalter des Absolutismus (1700-1721) gegen Schweden teil. Doch der schwedische König Karl XII. besiegte Zar Peter den Großen 1700 bei Narwa sowie die in Liv-land eingefallenen sächsisch-polnischen Truppen und zwang August im Frieden von Altran-städt (1706), auf die polnische Krone zu verzichten. Erst mithilfe des Zaren, der Karl XII. ,1709 bei Poltawa schlug, konnte er sie zurückgewinnen. Aber während August der Starke aus dem Krieg ohne Gewinn hervorging, gelang es Preußen und Hannover, Schweden aus seinen norddeutschen Besitzungen bis auf das westliche Vorpommern mit Stralsund zu verdrängen. Der Hauptgewinner des Nordischen Krieges war freilich Russland, das Schweden als führende Macht des Ostseeraumes ablöste und dem Ausbau der sächsischen Herrschaft in Polen entgegenwirkte. August der Starke förderte sowohl in Sachsen als auch in Polen durch merkantilistische Maßnahmen Handel und Gewerbe, modernisierte die Armee und betrieb mit großem Eifer den künstlerischen Ausbau seiner Residenzen Dresden und Warschau, indem er die berühmtesten Baumeister der Zeit heranzog. Auch gründete er die Meißener Porzellanmanufaktur. Mit seinem aufwendigen Hofleben ruinierte er jedoch die sächsischen Finanzen. Am Widerstand der lutherisch gebliebenen sächsischen Stände scheiterte sein Versuch, eine absolutistische Zentralverwaltung zu errichten. Noch weniger konnte er absolutistische Regierungsmethoden in Polen durchsetzen. Seine unbestrittenste Leistung ist, dass in seiner Regierungszeit Dresden die führende deutsche Kunst- und Kulturmetropole des Barock wurde. Er starb am 1. Februar 1733 in Warschau. Die Verbindung Sachsens mit Polen erlosch bereits mit dem Tod seines Sohnes 1763. 5". o Friedrich Wilhelm. L, der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm wurde am 14. August 1688 in Berlin (Colin) als Enkel des Großen Kurfürsten (>5.6) geboren. Sein Vater hatte die Zustimmung des Kaisers zu seiner Rangerhöhung zum König erhalten. Allerdings durfte er nur für das Herzogtum Preußen, das nicht zum Reich gehörte, die Königswürde annehmen. Mit Rücksicht auf die polnischen Besitzrechte in Westpreußen nannte er sich nach der Krö- Kapitel 5 nung in Königsberg am 18. Januar 1701 Friedrich I., König in Preußen. Friedrich Wilhelm L, der ihm 1713 folgte, war das genaue Gegenteil seines Prunk liebenden und an Kunst und Wissenschaft interessierten Vaters. Er war nüchtern, einfach und sparsam. Auch in seinem Pflichtbewusstsein unterschied er sich von den meisten Fürsten seiner Zeit. Darin war er vom Pietismus beeinflusst, der im Gegensatz zum orthodoxen Protestantismus die persönliche Frömmigkeit des Einzelnen betonte. Friedrich Wilhelm schränkte sofort nach seinem Regierungsantritt die Ausgaben für den Hof drastisch ein und stellte einen ausgeglichenen Etat auf. Dem Aufbau des Heeres widmete er sich mit solcher Vorliebe, dass er als »Soldatenkönig« in die Geschichte einging. Unter ihm erhielt der preußische Staat seine einseitige militärische Ausrichtung. Die vom König bevorzugten »langen Kerls« wurden teilweise in Nachbarländern durch getarnt arbeitende Werber zum Militärdienst gepresst. Mit dem so genannten Kantonreglement zur Aushebung von Soldaten schuf Friedrich Wilhelm eine Vorform der allgemeinen Wehrpflicht. Die Offiziere sowie die hohen Beamten stellte der Adel, der auch erstmals durch Besteuerung zum Dienst am Staat herangezogen wurde.'Offizierkorps und Beamtenschaft wurden zu äußerster Pflichterfüllung und unbedingter Königstreue angehalten. Die Zentralisierung der Behördenorganisation fand ihren Abschluss in der Schaffung des Generaldirektoriums als oberster Verwaltungsbehörde. Auch in der Provinzial- und Lokalverwaltung drängte der König den Einfluss der 4 Friedrich Wilhelm J j »Soldatenkönig« (itnft:,, vorne an der Tafel), pflegte einen spartani. sehen Lebensstil. Zu seinen wenigen Vergnft. gungen gehörte die regelmäßige Zusammenkunft im Kreis seiner Vertrauten, das »Tabakskollegium«; links - unverhältnismäßig klein dargestellt die Söhne des Königs (Potsdam, Stiftung Schlösser und Gärten) Stände durch nur von ihm abhängige Behördp (in den Provinzen Kriegs- und Domänenkarr. mern, in den Städten Finanzämter, in den Kre-sen Landratsämter) zurück. Die Wirtschaft;, politik betrieb er planmäßig nach merkanj. listischen Grundsätzen (>5.2). Er förderte de-Ausbau von Manufakturen, vor allem in dp Tuchindustrie. In Ostpreußen siedelte er üb? 17000 aus dem Erzbistum Salzburg vertrieben Lutheraner an. Sein einziger, aber bedeutende außenpolitischer Erfolg war der Erwerb ds1 östlichen Vorpommern mit Stettin nach de zweiten Nordischen Krieg (1720). - Friedria Wilhelm I. starb am 31. Mai 1740 in Potsdam. 5-5? Friedrich der Große Friedrich IL wurde als Sohn des preußische: Königs Friedrich Wilhelm I. (V5.8) am 2.4. Ji-nuar 1712 in Berlin geboren. Der musisch gabte und den geistigen Strömungen der Ze: aufgeschlossene Prinz litt unter der extrem ha: ten Erziehung des Vaters und unternahm 175: einen erfolglosen Fluchtversuch. In der Festuöl Küstrin inhaftiert, musste er der Hinrichtua; seines Freundes und Fluchtgehilfen, des Leiil nants von Katte, zusehen. Friedrich unterwafj sich und heiratete 1733 auf Wunsch des Vatef die braunschweigische Prinzessin ElisabeBj Christine. In den letzten Jahren seiner Krofi prinzenzeit konnte er auf Schloss Rheinsbel im Kreise Gleichgesinnter seinen Interess| nachgehen. Damals begann auch seine Fretufj schaft mit dem französischen Aufklärer Vij taire. „ach seinem Regierungsantritt 1740 rate Friedrich die durch den Tod Kaiser " u VI. eingetretene Schwächung der habs- „jschen Monarchie zur Eroberung Schle- ■ ns (►S'11)' ^a ^e von Bavern und Sachsen s ef0chtene Nachfolge der Kaisertochter Ma-'■ Theresia (>■ 5.10) europäische Verwicklun-1 n erwarten ließ, die Preußen eine günstige ' i.genheit zum Ausbau seiner Machtstellung ,en. Es gelang Friedrich 1742, Österreich zur ihtretung Schlesiens zu zwingen und mit sei-er Unterstützung für die Kaiserwahl des Wit-Isbachers Karl Albrecht die Stellung der Habs-, „et im Reich zu schwächen. Um die er-berte Provinz zu behaupten, führte der König noch zw0' weitere Angriffskriege mit wech-řlnden Bündnispartnern. Der dritte Krieg um Schlesien, der Siebenjährige Krieg (^5.12), der ■ 5.18) von 1772 nichts, an der Zeitalter des Absolutismus Preußen, Österreich und Russland beteiligt waren; Preußen sicherte sich dabei mit Westpreußen und dem Ermland die Landverbindung nach Ostpreußen. Dem Plan Kaiser Josephs IL, des ältesten Sohnes Maria Theresias, die Position seines Hauses in Süddeutschland durch den Erwerb Bayerns zu stärken, trat Friedrich mit der Gründung des Fürstenbundes 1785 offensiv entgegen. In den Friedensjahren bemühte sich Friedrich, die Folgen des Krieges zu beheben. Er erstrebte eine Zusammenfassung aller Kräfte durch ein merkantilistisches Wirtschafts- und Finanzsystem, durch den Ausbau der von seinem Vater übernommenen Verwaltung und durch Reformen im Heer-, Rechts- und Erziehungswesen sowie in der Landwirtschaft. Im Sinne des aufgeklärten Absolutismus (> 5.14) verstand er sich als erster Diener seines Staates. Sein Verantwortungsgefühl als Herrscher verband sich jedoch mit einem immer stärker zutage tretenden negativen Urteil über die menschliche Natur und zunehmender Unzugänglichkeit für Kritik an seinen Maßnahmen. Völlig vereinsamt starb der Preußenkönig, den seine Zeitgenossen den »Alten Fritz« nannten, am 17. August 1786 im Schloss Sanssouci bei Potsdam. 5*. 10 Maria Theresia Geboren am 13. Mai 1717 in Wien, trat die älteste Tochter Kaiser Karls VI. 1740 die Regierung in den habsburgischen Ländern aufgrund der Prag- ( Friedrich II. ließ 1/45-4/ nach eigenen Entwürfen Schloss Sanssouci (»Sorgenfrei«) bei Potsdam errichten. Bekannt für seine Atmosphäre aufgeklärten Geistes wurde dieser Hof zum Ziel bedeutender Männer der Zeit, unter ihnen der französische Philosoph Voltaire 123 *;#^*'ji i KAPITEL 5 matischen Sanktion von 1713 an. Durch dieses Hausgesetz hatte der Kaiser, da er keinen männlichen Erben hatte, seinen Töchtern die Gesamtnachfolge des Hauses Österreich gesichert. Dagegen erhoben allerdings die Kurfürsten von Bayern und Sachsen, die mit Töchtern von Karls Bruder und Vorgänger Joseph I. verheiratet waren, Einspruch. Zu kriegerischen Auseinandersetzungen kam es jedoch erst durch den Ein- A Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich, Königin von Ungarn und Böhmen, inmitten ihrer großen Familie. Links ihr Mann, seit 1/45 als Franz I. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches (Wien, Kunsthistorisches Museum) marsch des Preußenkönigs Friedrich des Großen (►s.g) in Schlesien. Der erste Schlesische Krieg (>■ 5.11) weitete sich durch das Eingreifen Frankreichs auf preußischer Seite zum Österreichischen Erbfolgekrieg aus (1740-48). Während Österreich Schlesien verlor und der bayerische Kurfürst 1742 zum Kaiser gewählt wurde, konnte Maria Theresia nach dessen Tod 1745 die Kaiserwahl ihres Mannes Franz Stephan von Lothringen durchsetzen. Der Aachener Friede bestätigte 1748 die österreichischen Gebietsverluste in Schlesien sowie in Italien, doch die Großmachtstellung Österreichs blieb gewahrt. Durch ein neues Bündnis mit dem bisherigen 124 Gegner Frankreich 1756 in den Siebenjäh ■ Krieg (►5.12) verwickelt, konnte die Kai/* Schlesien nicht zurückgewinnen. - Die außenpolitischen Fehlschläge veranlas sie zu umfangreichen inneren Reformen t' betraute die Feldmarschälle Daun und Lac« ^ Heeresreformen, und führte eine große Sta reform durch. Gegen den Willen der Stäm die ihre Steuerfreiheit verloren, setzte sie inA terreich und Böhmen den absolutistisch Staat mit landesfürstlicher Bürokratie und 7f' tralverwaltung durch. Im Sinne des MerkjJ lismus führte sie neue Gewerbe ein, hob i Binnenzölle auf, reformierte das Münzwe«. und förderte die Erschließung des Banats Ji der Batschka. Hinzu kamen Reformmaßmi men im Bildungswesen und in der Justiz (21 1776 Abschaffung der Folter). An den Reformen der späteren Jahre war sehr-ihr Sohn Joseph IL (^-5.16) beteiligt, der na-', dem Tod seines Vaters 1765 Kaiser und Mite, gent in den habsburgischen Ländern geworde war. Zwischen Maria Theresia und Joseph kt es wiederholt zu Meinungsverschiedenheitp Nur widerwillig gab die Kaiserin ihre Zustiir, mung zur Annexion Galiziens 1772 bei derer> ten Polnischen Teilung {> 5.18), und im Bayerischen Erbfolgekrieg 1778/79 schloss sie gegj-den Willen ihres Sohnes Frieden mit Preufe Am 29. November 1780 starb sie in Wien. Sehe: zu Lebzeiten bewundert, gilt sie bis heutet, eine der bedeutendsten Herrscherinnen. 5.IJ Schlesische Kriej; Die Pragmatische Sanktion Kaiser Karls VI. v« 1713, die die Erbfolge in Österreich zugunste: seiner Töchter regelte, konnte trotz internatk naler Garantien nicht verhindern, dass ..n »amerika / J2zä£l GrofWägersdcjrf Berlin >ij Zomdorf XjKuriOiMJoif Hochkirch Xj X] :. 511 Lobositz yj Ltognitz Prog. \ 1 Kolin VJ \ \ LtHjthen ■I BroslJU ■Í Offensive Preußens Offensive der h a bs burgisch-französischen Allianz Kriegsgegner außerhalb Europas Verbündeter der habsburgisch-französischen Allianz Verbündeter der preußisch-britischen Allianz .epv jr> DEUTSC Kapitel 5 reich bzw. Russland verschaffen sollte, führte zur Verständigung zwischen Frankreich und Österreich und damit zu einem »renversement des alliances« (Umsturz der Bündnisse). Ausgelöst wurde der Krieg in Europa im August 1756 durch den Einmarsch Friedrichs des Großen (V5.9) in Sachsen, um einem gemeinsamen Vorgehen aller Gegner Preußens zuvorzukommen. Daraufhin schloss sich neben Russland auch Schweden der antipreußischen Kriegskoalition an, die außerdem den Einsatz von Reichstruppen gegen Preußen durchsetzte. Schon 1757 geriet Preußen in eine gefährliche Krise: Nach der Niederlage bei Kolin (18. Juni 1757) gegen den österreichischen Feldmarschall Daun musste Friedrich Böhmen räumen; in Ostpreußen, Pommern und Brandenburg fielen feindliche Armeen ein, und Frankreich erzwang die Auflösung der britischen Festlandsarmee. Durch die Siege bei Roßbach (5. November 1757) gegen Franzosen und Reichstruppen und bei Leuthen (5. Dezember 1757) gegen die Österreicher gelang es Friedrich, die drohende Niederlage abzuwenden. Im folgenden Jahr drängte er die Gegner zurück, war aber nach seiner vernichtenden Niederlage bei Ku-nersdorf (12. August 1759) gegen ein österreichisch-russisches Heer in einer verzweifelten Lage, die sich trotz späterer militärischer Erfolge weiter verschlechterte, da die britischen Hilfszahlungen infolge des Sturzes des Premierministers William Pitt des Älteren eingestelltwurden. Da brachte der Tod der Zarin Elisabeth Pe-trowna am 5. Januar 1762 die Wende. Ihr Nachfolger Peter III. schloss einen Separatfrieden (5. Mai 1762) mit Preußen, den nach seiner Ermordung seine Witwe als Zarin Katharina IL bestätigte. Nachdem Großbritannien und Frankreich im November 1762 den See- und Kolonialkrieg beendet hatten, kam am 15. Februar 1763 der preußisch-österreichische Friede von Hubertusburg zustande. Österreich verzichtete endgültig auf Schlesien, und Friedrich sicherte seine Kurstimme für die Kaiserwahl Josephs IL zu. - Trotz des unentschiedenen Kriegsausgangs war der Preußenkönig in den Augen der Mitwelt als Sieger aus dem siebenjährigen Ringen hervorgegangen, denn seine Armee hatte einer weit überlegenen Koalition widerstanden. Fortan war Preußen neben Großbritannien, Frankreich, 126 Österreich und Russland eine Großmacht. euroPäisch= . ,' . Erklärung Der im 18. Jahrhundert aufgekommene Bes •„ »Aufklärung« bezeichnete die in dieser Zeit ■ Europa vorherrschende geistige Strömung ■ der die seit der Renaissance zu beobachtend Ansätze zur Überwindung des christlich 0 prägten mittelalterlichen Weltbildes 2U Durchbruch kamen. Nicht die biblisch off« barte Wahrheit war jetzt Richtschnur der R kenntnis und des Handelns, sondern H-, menschliche Vernunft. Diese stellt alle nuraj Tradition oder Autorität gegründeten Meinun gen, Normen, Institutionen usw. infrage. Dak ist zur Kritik und Gegenkritik Meinungsfreiheil und Toleranz gegenüber anderen Meimin»r unerlässlich. So führte der Kampf gegen Vorut. teile und unbefragte Autoritäten zur Gesell schaftskritik und zu politischen Forderunger. die an den Grundfesten des absolutistischen Staates rüttelten. Das Vertrauen auf eine fa$i unbegrenzte Erkenntnisfähigkeit des Menschen, das durch den eindrucksvollen Aufschwung der Naturwissenschaften gestützi wurde, begründete einen bis weit in unser J hundert wirkenden Fortschrittsglauben. Auf Dci Philosoph Immanuel kaut. Porträt aus dem Jahr iy91 (Duisburg, Museum der Stadt Königsberg) Überzeugung, dass der Mensch imstande d'f ine Verhältnisse zunehmend zu vervoll-ííl' mnen und einem Zustand irdischer Glück-r Iteit anzunähern, beruhte das starke Inte-seligK , ressed ' der Aufklärung an Erziehung und Bildung. I£>a Entw'c^^un8 ^er Aufklärungsbewegung die Glaubenskämpfe zwischen den Kon-und die innerkonfessionellen Strei- rrugenc frssi"nen 1 ■ It iten entscheidend bei. Neben dem Autori- ". erlust der gespaltenen Kirche waren aber " h nositive geistige Impulse maßgebend: Das a derne Naturrecht, das von der Vorstellung 111 vCtänderlicher, den geltenden Gesetzen ... teeordneter »natürlicher« Rechte aller Men- hen ausging, führte Herrschaft, Regierungs-r men und Gesellschaftsstrukturen nicht auf iittlichen Ursprung zurück, sondern auf einen r n freien und gleichen Menschen geschlosse-Gesellschaftsvertrag. In Verbindung mit Jen Lehren der Volkssouveränität und des Widerstandsrechts gegen ungerechte Herrschaft bot diese Theorie den Gleichheitsforderungen des aufstreDení / ií- - Exemplarisch für den aufgeklärten Absolutismus ist der Toleranzgrundsatz Friedrichs des Großen: »die Religionen müssen alle Tollerieret werden..., da hieraus ein jeder nach seinerfasson selich werde« (Randnotiz vom 22.6.1740). - Die Gewährung freier Religionsausübung war im übrigen Voraussetzung für die Anwerbung von Einwanderern im Rahmen des Landesausbaus in kaum besiedelten Gebieten 5'. 14- Aufgeklär üb s öl ismus Eine späte Erscheinungsform der absoluten Monarchie, die sich vornehmlich in den deutschen Staaten ausbildete, war der »aufgeklärte Absolutismus«. Als seine bedeutendsten Vertreter gelten der Preußenkönig Friedrich der Große (^5.9) und Kaiser Joseph II. (6^5.16) als Regent in den habsburgischen Ländern. Charakteristisch für das Selbstverständnis und den Regierungsstil dieser Monarchen war, dass sie an ihrer alleinigen und uneingeschränkten Herrschaftsgewalt festhielten, dabei aber Gedanken der Aufklärung (> 5.13) aufnahmen. So bezeichnete sich Friedrich IL von Preußen selbst als »erster Diener« des Staates. Als Sachwalter des Gemeinwohls führte er wohlfahrtsstaatliche Reformen durch, die die größten sozialen Missstände beseitigen sollten: Aufhe- 127I ■ APITEL 5 ng der Folter und Ansätze zu einer rechtsstaatlichen Entwicklung, Verbesserung der Lage der Bauern, Einrichtung eines staatlichen Schulwesens. Auch Friedrichs Einstellung zu den verschiedenen Konfessionen in seinem Staat ist vom Toleranzgrundsatz der Aufklärung geprägt (jeder soll »nach seiner Facon selig werden«). Die merkantilistische Wirtschaftspolitik sollte ebenso wie die innere Kolonisation dem Gemeinwohl dienen. In ähnlicher Weise - allerdings ohne dem Geist der Aufklärung verpflichtet zu sein - fühlte sich Kaiserin Maria Theresia (*■ 5.10) für das Wohl ihrer Untertanen verantwortlich und leitete Reformen ein, die ihr Sohn Kaiser Joseph II. in verstärktem Maße fortsetzte. Mit der beginnenden Auflösung der alten Gesellschaftsstrukturen, der Aktivierung des Einzelnen im Dienste des Gemeinwohls, der Vereinheitlichung des Rechts und der Hebung des Wissensstandes breiter Volksschichten durch die allgemeine Schulpflicht schuf der aufgeklärte Absolutismus wesentliche Voraussetzungen für die spätere Demokratisierung des bürgerlichen Staates. Verwirklichen ließ sich die Demokratie freilich erst nach der Überwindung des aufgeklärten Absolutismus, dessen fürstlicher Herrschaftsanspruch mit dem aufklärerischen Gedanken des autonomen, mündigen Individuums nicht in Einklang zu bringen war. 5.15 Landesausbau Als Landesausbau bezeichnet man alle Tätigkeiten, die auf eine Erweiterung der landwirtschaftlichen Nutzfläche und auf Bodenverbesserung (Melioration) zielen. Dazu gehören z. B. Rodung, Kultivierung von Ödland, Trockenlegung von Mooren und Seen, Flussregulierungen und Eindeichungen. War im 16. Jahrhundert der Landesausbau durch das Bevölkerungswachstum bedingt, so veranlasste später die durch den Dreißigjährigen Krieg und andere Katastrophen verursachte: Verödung von Dörfern und Landstrichen viele deutsche Fürsten zu einer aktiven »Peuplierungspolitik«, d. h. zur Wiederbesiedlung entvölkerter Gebiete, verbunden mit weiteren Maßnahmen der Rekultivierung und Neulandgewinnung. Dazu musste die Bevölkerungszahl gesteigert werden, zum einen durch familienpolitische Maßnahmen, zum anderen durch Förderung der Einwanderung. Ein großer Teil der Einwande- 128 rer war aus Glaubensgründen aus der Ho' geflohen oder vertrieben worden, aber auci, "* wirtschaftlicher Not suchten viele Mens l* neue Existenzmöglichkeiten. Führende p"* Wanderungsländer waren Preußen und sn Österreich, die nicht nur von Kriegen und S ^ chen betroffene oder unerschlossene Geh'* wirtschaftlich nutzbar machen, sondern ' j neu gewonnene Grenzprovinzen erschließ wollten. Allerdings geschah die Besiedlung,," Kultivierung nur teilweise durch Zuwande* aus anderen Staaten, während urngeW längst nicht alle Einwanderer als Kolonisten)*' gesiedelt wurden; so zogen z.B. die ab m. in Brandenburg aufgenommenen Hugenota überwiegend in die Städte, um ihre erler; Berufe auszuüben. ■1% Am Landesausbau beteiligten sich viele Bau», aus eigener Initiative, zum Teil mithilfe Staat eher Zuschüsse und Kredite. Großprojet konnten jedoch nur vom Staat geplant und f. nanziert werden. Bekannt ist vor allem die Erp. wässerungund Urbarmachung des Oderbruchj des Warthe-Netze-Bruchs und anderer Flusj. niederungen unter Friedrich IL von Preußen Dadurch wurden viele Tausend Hektar Wiesen, und Ackerland gewonnen, das teils den umíš. genden Dörfern und Gütern, teils neuen Siedlern zugewiesen wurde. Die Kolonisten erhielten Vergünstigungen wie mehrjährige Steuei-befreiung, Geld- und Materialbeihilfen sow Befreiung vom Militärdienst. Um den Bodenertrag zu steigern, wurden überdies neue Anbau-methoden erprobt und neue Feldfrüchte eingeführt (z. B. die Kartoffel), zunächstinsbesondeit auf den königlichen Gütern, den Domänen. Al; diese Maßnahmen sollten letztlich die Wirtschaftskraft des Staates stärken. Insofern ist de Landesausbau des 17. und 18. Jahrhunderts in Zusammenhang mit der Wirtschaftspolitik de; Merkantilismus (> 5.2) zu sehen. 5*. lü Joseph IL Der am 13. März 1741 in Wien geborene älteste Sohn der Kaiserin Maria Theresia (►5.10) wurde im Geiste der katholischen Aufkläruni erzogen. 1765 wurde er Nachfolger seines Vaters Franz I. als Kaiser und Mitregent seiner Mutter in den Ländern der habsburgischen Monarchie Durch seine extremen Reformpläne geriet eri"-Gegensatz zu Maria Theresia, deren maßvolle Politik nicht seinem Konzept eines zentralisri- österreichischen Gesamtstaates ent-s^en, gegen ihren Willen erwarb er für Ös-spra. '. t,ej der ersten Polnischen Teilung 1772 tí"e ., (duzten. 1775 musste das Osmanische (*}'. jje Bukowina an Österreich abtreten. Jo-ReI p]ar)) seine Hausmacht im Reich durch seP p.werb Bayerns zu vergrößern und dem ^fassten Karl Theodor von der Pfalz, der Bay-eerbt hatte, im Tausch die österreichischen ■Verlande anzubieten, scheiterte jedoch im ^'Irischen Erbfolgekrieg 1778/79 am Wider-d Friedrichs II. von Preußen, der 1785 gegen •j. gsterreichischen Ausdehnungsbestrebun-den deutschen Fürstenbund ins Leben rief. \ das Innviertel wurde Österreich 1779 im Frieden von Teschen zugesprochen, ceoh II- konnte erst nach dem Tod seiner Mut-/,»go) seine Reformpläne systematisch ver-orirklichen. Im Rahmen seiner Staatskirchen-olirik erließ er 1781 ein Toleranzpatent, das den nicht katholischen Christen die private Religi-? nnsausübung gestattete und ihnen die bürgerlichen Rechte zugestand. Er hob die nicht sozial täneen Orden auf und stellte die Priesterausbildung und andere kirchliche Angelegenheiten unter staatliche Aufsicht. Er reformierte die Rechtspflege und verbesserte die Rechtsstellung der Juden. Die Bauern wurden 1781 von der Leibeigenschaft befreit. Bäuerliche Einwande-icr, vornehmlich aus Schwaben, wurden in Siebenbürgen und im Banat angesiedelt. Auch auf den Gebieten des Schul- und Bildungswesens, der sozialen Einrichtungen, der Wirtschaft und der Verwaltung suchte Joseph in kurzer Zeit tief greifende Reformen durchzusetzen. Gegen die zentralistischen, auch auf die Vorrechte des Adels keine Rücksicht nehmenden Maßnahmendes Kaisers verstärkte sich der Widerstand der Stände und der nicht deutschen Nationalitäten - ein Aufstand des ungarischen Adels und der Abfall der Niederlande stürzten die habs-burgische Monarchie in eine schwere Krise -, sodass Joseph kurz vor seinem Tod einen großen Teil seiner wegweisenden, doch überstürzt durchgeführten Reformen zurücknehmen musste. Er starb am 20. Februar 1790 in Wien. 5.1/ P-c sidenzstädte Im Zeitalter des Absolutismus rührte das Bestreben der Herrscher, ihre in der Auseinandersetzung mit den Ständen errungene fürstliche Macht auch äußerlich sichtbar darzustellen, zu Zeitalter des Absolutismus einer Bautätigkeit größten Ausmaßes, an der sich auch die großen und kleinen deutschen Landesfürsten beteiligten. Vorbild für sie alle war der französische König Ludwig XIV, den seine Bewunderer den »Sonnenkönig« nannten und dessen prunkvolle Hofhaltung in seinem Prachtschloss Versailles sie nachzuahmen suchten. Bei den unbedeutenden »Duodezfürsten« stand die Großartigkeit der Bauprojekte allerdings oft in keinem Verhältnis zu den finanziellen Möglichkeiten der Bauherren. Mit ihren umfangreichen Aufträgen an die großen Baumeister der Zeit zur Aus- und Neugestaltung ihrer Residenzen veränderten die Fürsten mehr und mehr das Erscheinungsbild ihrer Landeshauptstädte, schufen sie die von weltlichen und kirchlichen Prachtbauten geprägte, mit Parkanlagen und Alleen großzügig gestaltete, repräsentative Residenzstadt des absolutistischen Zeitalters. Darin kam aber nicht allein der Machtwille der Fürsten zum Ausdruck, sondern ein auch den Adel und breite Schichten des Bürgertums erfassendes optimistisches Lebensgefühl, das sich in einem neuen europäischen Gesamtstil, dem Barock, ausdrückte. Die höfische Prachtentfaltung führte zu einem Aufschwung der Luxusgewerbe und des Dienstleistungssektors. Die Förderung von Kunst und Wissenschaft machte ebenso wie der Ausbau von Militär und Verwaltung die Residenzstädte zu Brennpunkten des öffentlichen Lebens. So verwandelte sich nach der Überwindung der Türkengefahr das mittelalterliche Wien in eine glanzvolle Kaiserstadt mit großartigen Schlössern, Adelspalais und Kirchen. Schloss Schönbrunn vor den Toren der Stadt, der Lieblingsaufenthalt der Kaiserin Maria Theresia, ist mit Recht das »Versailles Österreichs« genannt worden. Der Glanz des kaiserlichen Hofes und das überaus reiche geistig-kulturelle Leben machten Wien zur führenden Kunst- und Kulturmetropole. Unter dem ersten Preußenkönig, dem Sohn des Großen Kurfürsten, entwickelte sich Berlin zur Residenzstadt der Hohenzol-lern. Dresden erhielt unter der Regie des sächsischen Kurfürsten und polnischen Königs August des Starken sein neues Gesicht als eine der bedeutendsten Barockstädte; die Witteisbacher ließen München als ihre Residenzstadt ausbauen. Auch andere landesfürstliche Haupt-und Residenzstädte wären hier zu erwähnen, z.B. Hannover, Kassel, Düsseldorf, Bonn, 129 Kapitel s : Mainz, Würzburg, Mannheim und Karlsruhe. Mannheim wurde erst nach 1720 im Zusammenhang mit dem Bau des kurfürstlichen Schlosses (eines der größten Barockschlösser) als Stadtanlage grundsätzlich neu gestaltet. Karlsruhe entstand sogar erst mit dem Entschluss des Markgrafen von Baden-Durlach, sich eine neue Residenz zu bauen. Der fächerförmige Stadtgrundriss sollte symbolisch die Sonnenstrahlen andeuten, die von der fürstlichen Residenz ausgingen. tiische Teilungen Nach dem Aussterben der Jagellonen im Mannesstamm (1572) entwickelte sich Polen zu einer »Adelsrepublik«, d. h. zu einer Wahlmonarchie mit einem weitgehend entmachteten König an der Spitze, auf dessen Wahl zunehmend ausländische Mächte Einfluss nahmen. Im Innern lähmte die schrankenlose Freiheit der Magnaten (des Hochadels und der höchsten Würdenträger) und des übrigen Adels das Staatsleben, da nach dem erstmals 1652 praktizierten Grundsatz der Einstimmigkeit (Liberum Veto) der polnische Reichstag (Sejm) meist beschlussunfähig auseinander ging und sich das Polnische Teilungen KGR. SCHWEDEN Hirn. Kurland ifí"au i ..voln. . üvland v - BÜünaburg Q*«* Daiiľig a ( ■■ Königsbergs ■ \-,s-/ Bialystokk Kowno 3 B Wilna *- 'S-V« tt, X ..Breslau "ON K y» G 'a kP O '• B Lublin "■~Krakaii' G ■'Káschau Lemberg R.. Brest-! itowsk L \E N W o I h y n i e n \ Schitomir ■'\ ľ Tschemigow Tschírigin ■ Preßburg "Budapest^ KGR'.' UNGARN Bukowma 0775o5+eiT.) ' ■ ■'C aJassy -(1792 russ.) \05MANISCHES REICH Grenze des Heiligen Römischen Reichs Polen vor den Polnischen Teilungen 2. Teilung 1793 LXJ Hzm. KGB. ■ KSR. ■ an Preußen an Österreich Gegenmittel der Adelskonföderationen in, häufiger als Instrument der am Zerfall pr.1 * interessierten Nachbarmächte erwies. Der ^ unter russischem Druck zum König ge\V3i. Adlige Stanislaus August Poniatowslti .* suchte, obgleich ein Günstling der Zarin Kaa rina IL, eine Verfassungsreform durchzufs ren. Doch der daraufhin 1768 ausbreche > Bürgerkrieg bot Russland und dann auch p> ľ ßen und Österreich die Gelegenheit, mi]--risch einzugreifen. Mit der Besetzung der«),, mals an Polen verpfändeten, von Ungarn C wohnten Städte in der Zips schuf Kaiser iľ seph II. 1770 die Voraussetzung für den ru-sisch-preußischen und den russisch-östen-; chischen Teilungsvertrag von 1772. In dieJ. ersten Polnischen Teilung verlor Polen fast^í seines Gebietes und 35 % seiner Einwohner, ö; terreich erhielt mit Galizien ein von Polen uv Ruthenen bewohntes Gebiet; Russland, &' sich bis zur Düna und zum Dnjepr nach Weste vorschob, gewann hauptsächlich russische m1 lettische Bevölkerungsteile hinzu; Preußeni». nektierte mit dem Ermland und Westpreußp (ohne Danzig und Thorn), die die Landverfe dung zwischen Pommern und Ostpreußen he;, stellten, zu etwa zwei Fünfteln von Deutsch, besiedelte Gebiete. Russland und Preußen nutzten 1793 die EinhU rung einer modernen, an den Ideen der Franz«, sischen Revolution orientierten Verfassung! Polen (1791) zu eilner zweiten Polnischen Tei lung, die Russland das Gebiet östlich der Líné Dünaburg-Chocim und Preußen ganz Großpolen bis zur Pilica sowie Danzig und Thorn einbrachte. Die nationale Erhebung unter Führun; von Tadeusz Košciuszko gegen diesen Teilung: vertragnahmen Russland, Österreich und Preu-ßenzum Anlass, 1795m einem dritten Teilung;-abkommen der polnischen Eigenstaatlichls ein Ende zu setzen. Preußen erhielt mit dem Gi-bietzwischen Weichsel, Bug und Memel mitde Hauptstadt Warschau Land mit ausschließe polnischer Bevölkerung; Russland verlegt! seine Westgrenze bis zum Bug und zur Merne! Österreich sicherte sich das Land zwischen Pilica und Bug mit Krakau und Lublin. Mit der Auflösung des Staates Polen konnte: die Teilungsmächte die polnische Nation nict auslöschen. Vielmehr belasteten die Teilunge: im Zeitalter des Nationalismus zunehmend lis Verhältnis zwischen den Völkern im östliche: Mitteleuropa. 130 Zeitalter des Absolutismus paten ^40-1688 1643-1715 1655-1660 1658-1705 1658-1668 28. Juni 1675 1678/79 30. Sept. 1681 1683-1699 12. Sept. 1683 29. Okt. 1685 1688-1697 i697-r733 J0./3O. Sept. 1697 26. Jan. 1699 1700-1721 1701-1713 1701-1713/14 1705-1711. 24. Sept. 1706 1711-1740 1713-1740 1713/14/15 19. April 1713 1714 1716-1718 1717 21. Juli 1718 1740-1786 1740-1780 1740-1742 1740-1748 10. April 1741 1742-1745 1744/45 4. Juni 1745 1745-1765 15. Dez. 1745 24. Dez. 1745 1756-1763 16.Jan.1756 18. Juni 1757 5. Nov. 1757 5. Dez. 1757 12. Aug. 1759 15. Febr. 1763 1765-1790 1772/93/9S 1778-1779 13. Okt. 1781 1785 Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der »Große Kurfürst« Ludwig XIV. von Frankreich 1. Nordischer Krieg Kaiser Leopoldi. 1. Rheinbund Schlacht bei Fehrbellin Friedensschlüsse von Nimwegen französische Besetzung Straßburgs Großer Türkenkrieg Schlacht am Kahlenberge Edikt von Potsdam Pfälzischer Krieg August der Starke (1706-1709 abgesetzt) Friedensschlüsse von Rijswijk Friede von Karlowitz 2. Nordischer Krieg Friedrich I. erster König »in Preußen« Spanischer Erbfolgekrieg Kaiser Joseph I. Friede von Altranstädt Kaiser Karl VI. Friedrich Wilhelm I. von Preußen Friedensschlüsse von Utrecht Pragmatische Sanktion Friedensschlüsse von Rastatt und Baden Türkenkrieg Einnahme Belgrads durch den Prinzen Eugen Friede von Passarowitz Friedrich IL, der Große Maria Theresia 1. Schlesischer Krieg Österreichischer Erbfolgekrieg Schlacht bei Mollwitz Kaiser Karl VII. Albrecht 2. Schlesischer Krieg Schlacht bei Hohenfriedeberg Kaiser Franz I. Stephan Schlacht bei Kesselsdorf Friede von Dresden Siebenjähriger Krieg Westminsterkonvention Schlacht bei Kolin Schlacht bei Roßbach Schlacht bei Leuthen Schlacht bei Kunersdorf Friede von Hubertusburg Kaiser Joseph IL Polnische Teilungen Bayerischer Erbfolgekrieg Toleranzpatent Josephs II. deutscher Fürstenbund 131 Napoleonische Zeit Napoleonische Zeit (iy8g~i8i^) ■ berechtigte Bürger im Sinne der Französi-g'elC revolution am Gemeinwesen beteiligt Die 25 Jahre deutscher Geschichte dieses Kapitels sind im Wesentlichen geprägt durch Einflüsse und Einwirkungen von außen. Dieser Zeitabschnitt wird von der Französischen Revolution eingeleitet. Sie brach aus, als sich in Frankreich die seit einem Jahrhundert gewachsene Spannung zwischen der in ihrer Leistungsfähigkeit erlahmten absolutistischen Monarchie und dem nach sozialer und politischer Emanzipation strebenden Bürgertum zur fundamentalen Staatskrise verdichtete; die wichtigsten Antriebskräfte waren dabei die Aufklärung und die politische Theorie des Liberalismus. In ihrem Verlauf sind zum ersten Mal in der Geschichte alle Merkmale einer Revolution, d.h. einer grundlegenden gesellschaftlichen und politischen Umgestaltung, nachweisbar, weshalb ihr weltgeschichtliche Bedeutung beigemessen wird. Zu einer der Französischen Revolution vergleichbaren Umwälzung ist es in Deutschland nicht gekommen, weil dafür die Voraussetzungen fehlten. Dennoch sind die Ereignisse der französischen Geschichte ab 1789 an Deutschland nicht spurlos vorübergegangen. Der militärische Zusammenstoß zwischen dem neuen Frankreich, das in den Revolutions- und in den napoleonischen Kriegen Sieg auf Sieg erringen konnte und sich schließlich unter Napoleon zum Herrn über halb Europa aufschwang, und dem alten Deutschland mit seinen aufgeklärtabsolutistischen Großmächten Preußen und Österreich und den noch in der ständisch gegliederten feudalen Verfassung verharrenden übrigen Ländern des Reiches führte in Deutschland-wie im gesamten Europa-zu einer völligen Umgestaltung der territorialen und politischen Verhältnisse. Der Kaiser und Reich von Napoleon diktierte Friede von Luneville (1801) leitete mit 132 dem Eingriff in die territoriale Integrität dt-Reiches durch die Abtretung des linken Rhejp ufers dessen Auflösung und zugleich die durr'i Napoleon bestimmte Neuordnung der staatlj. chen Gliederung Deutschlands ein. Diese nähr, im Reichsdeputationshauptschluss von i8o> und den folgenden territorialen Flurbereinigun! gen Gestalt an: Die alte Zerstückelung dp Reichsgebiets wurde weitgehend beseitigt, die gestärkten Mittelstaaten bildeten ein »Dritte: Deutschland«, das sich unter Napoleons Protek, torat 1806 zum Rheinbund zusammenschloss Diese Veränderungen waren Voraussetzunges für die Errichtung moderner Staaten und beschleunigten den Niedergang des alten Reiches Die Säkularisation und das Ende der alten Reichskirche 1803 erschütterten dessen Verfassung ebenso wie der Austritt der Rheinbundstaaten aus dem Reichsverband 1806 und die Annahme des Titels eines Kaisers von Östei-reich durch Franz II. 1804. Als dieser 1806 schließlich die Reichskrone niederlegte und das Reich für aufgelöst erklärte, war das lediglich dei Endpunkt einer langen Entwicklung. Die Kriege der europäischen Koalitionen gegen Napoleon führten 1806/07 zurn Zusammenbruch Preußens, das im Frieden von Tilsit 1807 ebenso wie Österreich im Frieden von Schönbrunn 1809 zu einer von Napoleon abhängigen Macht zweiten Ranges herabsank. Während Deutschland politisch daniederlag, Napoleons Regimenter in Wien und Berlin paradierten, erlangten deutsche Dichter und Denker Weltruhm und begründeten die große Geistesepoche der Klassik. Die katastrophalen Niederlagen durch das französische Volksheer erwiesen, dass in Deutschland die veralteten Staats-, Heeres- und Sozialverfassungen erneuert werden, dass freie uná Preußen sich von der französischen Bebefreien wollte. So kam es in der napo- j Revoluti SCň!í n mussten, wenn die Rheinbundstaaten *'er «etliche Souveränität wahren wollten, ihre staau tfenn SeB' chen Zeit vor allem in diesen Gebieten zu . Reihe von inneren Reformen, wobei benders die Rheinbundstaaten vom französi-s0 Vorbild beeinflusst wurden: Die Vor-5 , ješ Adels wurden vielfach eingeschränkt '!i aufgehoben; die Bauernbefreiung wurde l nnnen, womit die feudalen Zwischengelten beseitigt und allgemeine Freiheit und rl ichheit hergestellt wurden. In diesem Zu-mrnenhang ist auch die Judenemanzipation erwähnen. Die obersten Staatsbehörden „urden neu organisiert; die Verwaltung wurde ffektiver gestaltet, wobei die süddeutschen Staaten die alten Kernstaaten mit den neu gewonnenen Gebieten durch den Aufbau einer modernen, zentralistisch organisierten Verwaltung zusammenzuschweißen suchten, während in Preußen durch die Provinzeneinteilung die Verwaltung Elemente einer Dezentralisation aufwies; überdies wurde hier vom Freiherrn vom Stein die Selbstverwaltung auf kommunaler Ebene eingeführt. Die Staatseinnahmen wurden auf eine neue Grundlage gestellt, indem die Gleichheit der Besteuerung durchgesetzt oder angestrebt wurde. Die Reform der Heeresverfassungen, vor allem die allgemeine Volksbewaffnung durch Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, wurde in Angriff genommen. Die teilweise oder völlige Befreiung des Handwerks von den Fesseln des Zunftzwangs bereitete der Industrialisierung den Weg. Schließlich sollte durch Erneuerung des Bildungswesens die Gesellschaft zum Wohle des Staatsganzen aktiviert werden. - Hauptträger dieser Reformen war ein modernes, leistungsfähiges Beamtentum, das sich nach dem Ausleseprinzip von Prüfung und Leistung rekrutierte und dessen höchste Positionen ebenso wie die militärischen jetzt auch Bürgerlichen offen standen. Die Neuerungen bereiteten den Übergang zum Verfassungsstaat des 19-Jahrhunderts vor. Alle diese Reformprogramme waren noch unvollendet, als im Winter 1812/13 die von einer nationalen und liberalen Bewegung getragenen Befreiungskriege ausbrachen, nachdem Napoleons Offensive gegen Russland 1812 gescheitert war. Er wurde 1813 von einer Koalition aus den Großmächten des Kontinents und Großbritannien geschlagen; das Rheinbundsystem brach zusammen. Napoleon musste im April 1814 abdanken und in die Verbannung gehen; er konnte auch nach seiner Rückkehr im März 1815 seine alte Machtposition nicht wiedergewinnen und starb 1821 in der Verbannung. In den Pariser Friedensschlüssen 1814/15 wurde Frankreich auf die Grenzen von 1792 zurückgeworfen. Die territoriale Neuordnung des übrigen Europa wurde auf dem Wiener Kongress 1814/15 geregelt: Das vorrevolutionäre Gleichgewicht der europäischen Mächte wurde wieder hergestellt; jedoch auch die im Zuge der napoleonischen Herrschaft erfolgten Veränderungen blieben zum Teil erhalten: Die territorialen Verschiebungen, von denen fast sämtliche europäischen Staaten durch Napoleons Eroberungen betroffen waren, wurden größtenteils rückgängig gemacht. Andererseits wurde das alte deutsche Reich nicht wieder hergestellt; die deutschen Mittelstaaten behielten ihre Souveränität. Auch die inneren Reformen konnten nicht gänzlich ungeschehen gemacht werden. Im Zeichen der europäischen Gleichgewichtspolitik wurden die beiden deutschen Großmächte Preußen und Österreich wieder hergestellt. Durch die wiedergewonnenen Gebiete einerseits und die Gebietsabtretungen andererseits verlagerte sich der territoriale Schwerpunkt Österreichs nach Süden und Südosten; es verlor seine Stellung als zentraleuropäische Macht. Dagegen gewann Preußen im Westen Land hinzu. Diese auf dem Wiener Kongress vorgenommenen Weichenstellungen sollten sich bei der Entscheidung der deutschen Frage als folgenreich erweisen, die hier für alle, die mit nationalen Hoffnungen in die Befreiungskriege gezogen waren, mit der Schaffung des Deutschen Bundes, eines losen Zusammenschlusses aller deutschen Fürsten, nicht befriedigend gelöst worden war. Der Ruf nach dem einigen deutschen Vaterland sollte sich verbinden mit der Forderung nach bürgerlichen Freiheitsrechten. Belastet durch das Erbe der Großmachtpolitik Ludwigs XIV. (^-5.1), schien das Frankreich Ludwigs XVI. vielen von der Aufklärung 133 Kapitel 6 (^S-1^) beflügelten Zeitgenossen der Reform zu bedürfen; vor allem musste der drohende Staatsbankrott abgewendet werden. Deshalb wurden am 5. Mai 1789 zum ersten Mal seit 1614 wieder die Generalstände einberufen. Die Abgeordneten des dritten Standes (die Vertreter der Bürger, Handwerker und Bauern) erklärten sich zur Nationalversammlung; liberale Vertreter der ersten beiden Stände (Adel und Geistlichkeit) schlossen sich an. Die Erstürmung der Bastille, des alten Stadtgefängnisses, am 14. Juli 178g durch das Volk von Paris löste schließlich Volksaufstände im ganzen Lande aus. Die Nationalversammlung beschloss die Beseitigung der Privilegien der beiden ersten Stände und die Aufhebung der Frondienste, verabschiedete am 26. August 1789 eine Erklärung der Menschen-und Bürgerrechte nach amerikanischem Vorbild und verkündete 1791 eine Verfassung, die eine konstitutionelle Monarchie vorsah, der Prototyp der bürgerlich-liberalen Verfassungen Europas im 19. Jahrhundert. - Um von der instabilen innenpolitischen Lage abzulenken, erklärte die Volksvertretung auf Betreiben der Girondisten, liberaler Abgeordneter aus dem Departement Gironde, Österreich im April 1792 den Krieg. Die radikalen Republikaner unter Robespierre (Bergpartei und Teile des Jakobinerklubs) verwarfen den Krieg und boten gegen den offen gegenrevolutionären König, der im Juni 1791 einen erfolglosen Fluchtversuch unternommen hatte, die Girondisten und das Volk von Paris auf (Sturm auf die Tuilerien). Der von der Bergpartei beherrschte Konvent proklamierte die Republik (neue Verfassung x793)- Die Girondisten, die 1793 die Hinrichtung des Königs und die Errichtung des Pariser Revolutionstribunals nicht verhindern konnten, wurden von Robespierre liquidiert. Bei der folgenden Schreckensherrschaft (»Terreur«) der Jakobiner fielen der Guillotine nun die Radikalen zum Opfer, ohne dass Robespierre die Gemäßigten gewinnen konnte, die ihn im Juli 1794 hinrichten ließen. Nach der 1795 verkündeten Verfassung bildete sich ein zunächst fünf-, dann dreiköpfiges Direktorium, das sich zunehmend in Abhängigkeit von Napoleon Bonaparte, dem siegreichen Oberbefehlshaber im Oberitalienfeldzug 1796/97, begab. Bei Abukir in Oberägypten durch den britischen Admiral Nelson zum ersten Mal besiegt, landete er am 9. Oktober 1799 in Frankreich und führte am 9. November 1799 einen Staatsstreich durch; 134 die Revolution war, wie er selbst verkünj beendet. ^ Im Gegensatz zu Frankreich waren in Dem ■ land reformerische Gedanken und Entwirf^ gen wesentlich vom aufgeklärten Absolutio (*■ 5.16) des Preußenkönigs Friedrich desr' ßen (ŕ-5.9) und. des Habsburgers Josenil (►5.16) ausgegangen; Preußen und Öster^ galten als Beispiele des Fortschritts. Auße,j'v fehlte in dem in eine Vielzahl von Territn ľ aufgeteilten Deutschland eine zentrale Hau'' Stadt wie Paris, in der sich das revolutionärer, schehen abspielte. Überdies war das Burgee schwächer als in Frankreich. Die sozialen r-gensätze waren weniger ausgeprägt, die (k.1 sehen Staaten nicht in so hohem Maß verscl»! det. So haben die Pariser Ereignisse in Deutsri land keine ähnlichen revolutionären AusbriM, ausgelöst, wenn es auch kurzfristig zu region len und lokalen Unruhen und zur Bildung Vp Jakobinerklubs kam und republikanische 8= strebungen sich regten. Die hervorragend*!-Vertreter des deutschen Geisteslebens der Zei' wie Schiller, Kant, Schlegel, Schelling, Wielarj und andere, begeisterten sich für die Ideendř Revolution von 1789, wenn auch bei vielen í Radikalisierung der Revolution Ernüchtere bewirkte. Unabhängig davon haben die Ideal? von 1789 aber auch in Deutschland weiter», wirkt und den Reformen der napoleonischt Zeit den Boden bereitet. Angesichts der politisch-sozialen Bedrohus,-durch die Französische Revolution trat de preußisch-österreichische Gegensatz zuruci 1791 vereinbarten Kaiser Leopold IL, ein Braider französischen Königin Marie Antoinette und der preußische König Friedrich Wilhelm II. die Pillnitzer Konvention, die zur Intervention in Frankreich aufrief und der fra-zösischen Volksvertretung 1792 den Vorwarf zur Kriegserklärung lieferte. Mit der Kanone, von Valmy (►6.3) und dem preußisch-östet-reichischen Rückzug im September 1792 erziá-ten die französischen Truppen erste Erfolgs 1793 bildete sich unter dem Eindruck der Hinrichtung Ludwigs XVI. eine europäische Koit-tion gegen Frankreich. Den französischen fc volutionsführern gelang es, mit einem militäŕ sehen Massenaufgebot (»Levée en masse«) & Kräfte des Volkes im nationalen Verteidigung;- „u mobilisieren; französische Siege fiihr- ur Besetzung der österreichischen Nieder- telje und linksrheinischer Reichsgebiete. Im ''"i r Frieden von 1795 konnte Frankreich das B'S its mit der 3. Polnischen Teilung (ŕ- 5.18) be- te preußen neutralisieren. Kaiser Franz IL, ,>rh ebenfalls einen Teil des polnischen Ge- ittsv bietes sicherte, und die deutschen Reichste wurden zwei Jahre später durch die s" Napoleon Bonapartes in Oberitalien und ^„französischen Vormarsch in die österrei-Hschen Erblande zum Frieden von Campo-f" mio gezwungen, in dem der Kaiser auf die osterreici irischen Niederlande, Mailand, Mo- dena: Mantua und den Breisgau verzichtete, in JTj^imartikeln der Abtretung des linken Rheinufers von Basel bis Andernach zu-timmte und dafür die venezianischen Besitzen erhielt. Der Rastatter Kongress (1797-99) u'3er ^e Ausführung dieser Beschlüsse wurde jäh abgebrochen, als der Krieg einer zweiten, zwischen Österreich, Russland und Großbritannien geschlossenen Koalition «gen Frankreich ausbrach. Nach dem Rückzug Russlands aus dem Bündnis errang Napoleon Bonaparte, seit Ende 1799 Erster Konsul, 1800 Siege in Italien (Marengo) und in Süddeutschland (Hohenlinden), die 1801 zum Frieden von Lunéville führten: Der Kaiser erkannte die Abtretung des linken Rheinufers an. Das revolutionäre Frankreich erklärte im April 1792 Österreich den Krieg, das daraufhin mit Preußen eine gemeinsame Interventionsarmee unter dem Oberbefehl des Herzogs von Braunschweig aufstellte. Dieser nahm Longwy und Verdun und marschierte auf Paris zu, dem er in einem Manifest für den Fall einer Beleidigung der königlichen Familie den Untergang angedroht hatte. Während sein Vormarsch in der Napoleonische Zbit Champagne ins Stocken geriet, gelang es dem auf děr Gegenseite kommandierenden General Dumouriez, sich in den Argonnen einer Umfassung zu entziehen und durch Vereinigung mit der Gruppe des Generals Kellermann Rücken und Flanke der Eindringlinge zu bedrohen. Am 20. September 1792 trafen die Heere bei Valmy nordöstlich von Chalons-sur-Marne aufeinander. Nach stundenlangem ergebnislosem Artillerieduell (»Kanonade«) brach der Herzog von Braunschweig das Gefecht ab, ohne dass die in breiter Schlachtordnung aufmarschierten preußischen Regimenter zum Einsatz gekommen waren, und gab den Befehl zum Rückzug, der durch Unwetter und grassierende Seuchen zur Katastrophe wurde. Dieser Rückzug sicherte in Paris die Revolutionsregierung und wendete das Kriegsglück zugunsten der Freiwilligen der Revolutionsarmeen. Johann Wolfgang von Goethe, der im Gefolge des Herzogs von Weimar den Feldzug miterlebte, erahnte die historische Bedeutung dieses Tages, als er am selben Abend zu seiner Umgebung sagte; »Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus, und Ihr könnt sagen, Ihr seid dabei gewesen.« Nach dem Verzicht Preußens und Österreichs auf die linksrheinischen Reichsteile in den Friedensschlüssen von Basel, Campoformio und Lunéville (^6.2) war eine Neuordnung des Reichsgebiets notwendig geworden, da die von den Abtretungen betroffenen weltlichen Fürsten für ihre Verluste entschädigt werden sollten. 1803 wurde im so genannten Reichsdeputationshauptschluss (> 6.5) die Zahl der reichsunmittelbaren Territorien vor allem zugunsten '» ■■$'■' -tv Mit der Kanonade von Valmy IJ92 endete der Vormarsch der preußischen Truppen gegen Frankreich. Gemälde eines französischen Historienmalers aus dem Jahr 1831 135 Kapitel 6 der süddeutschen Staaten und Preußens, die große Gebietsgewinne erzielten, stark reduziert. Diese Regelung war entscheidend unter Napoleons Mitwirkung zustande gekommen, der sich mit einer Stärkung der Mittelstaaten als »Drittes Deutschland« eine Ausgangsbasis für seine Machtpolitik gegenüber Österreich und Preußen aufzubauen gedachte. In diese Richtung zielten auch weitere territoriale Flurbereinigungen und die Rangerhöhungen der aufsei-ten Frankreichs kämpfenden süddeutschen Staaten im Frieden von Pressburg nach der österreichischen Niederlage im 3. Koalitionskrieg 1805 sowie die Errichtung des unter Napoleons Protektorat stehenden Rheinbunds (>6.6) ichaf, CODE CIVIL DES FRAN^AIS. EDITION OMGINALE ET SEULĽ OFFICIELI.E. A PARIS, DE Ľ1MPIUMEIUE DE LA RÉPUBLIQUE. An XII. 1804. A Das auf Veranlassung Napoleons erarbeitete und 1804 in Kraft gesetzte französische Zivilgesetzbuch, der Code Civil, erlangte auch in Deutschland erheblichen Einfluss auf Gesetzgebung und Rechtspraxis. Das Bild zeigt die Titelseite der Originalausgabe von 1804 1806. Diese territorialen Veränderungen beseitigten die Zersplitterung des Reichsgebietes weitgehend und ermöglichten damit die Entstehung des modernen Nationalstaats; im Gebiet des Rheinbunds kam es durch Reformen nach französischem Vorbild zu einer gewissen 136 Vereinheitlichung in Verwaltung, Gesellst Wirtschaft und Finanzen. Die Reichsvcrf sung war durch die politischen Verändere i der letzten Jahre bereits ausgehöhlt, als Kai" f Franz IL, der 1804 den erblichen Titel eines fo sers von Österreich angenommen hatte ig" auf ein Ultimatum Napoleons hin die deutsoC Kaiserkrone niederlegte und das Reich für a, f' gelöst erklärte (>6.8). Während Preußen seit 1795 die militariSci Auseinandersetzung mit Frankreich mied, \VJ1 Österreich Hauptträger des Kampfes der 3, i!i6 französischen Koalition, die es mit Großbrjtan nien und Russland gebildet hatte. 1805 ni^ Napoleon Ulm und besetzte Wien. Zwar geU, dem britischen Admiral Nelson ein umfassen der Seesieg bei Trafalgar, doch schlug Napole0, die Verbündeten entscheidend in der Dreilaj. serschlacht bei Austerlitz und diktierte Ost«. reich den Frieden von Pressburg, in dem dieses auf seine italienischen Besitzungen verzichtete Tirol und Vorarlberg an Bayern und die restli- ŕ chen vorderösterreichischen Lande an Bayern Baden und Württemberg abtrat sowie einer Rangerhöhung dieser Staaten zustimmte (►6.5). Nach dem 4. Koalitionskrieg, der fäi Preußen mit einer Katastrophe endete (►6.9I sah sich der Großteil Deutschlands der europäi. sehen Hegemonie des französischen Empirei unterworfen. Napoleonische Zeit J H Reichsabteien; kleinere weltliche Durch den Frieden von Lunéville 1801 hatten Kaiser und Reich das linke Rheinufer an Frankreich abgetreten und zugleich einer Entschädigung der durch diesen Gebietsverlust betroffenen weltlichen Fürsten im Reich selbst zugestimmt. Frankreich kam es darauf an, in Deutschland neben Österreich und Preußen eine von Paris abhängige dritte Kraft zu schaffen. Die Aufstellung eines Entschädigungsplanes wurde vom Reichstag einem außerordentlichen Ausschuss, einer so genannten Reichsdeputation, übertragen. Der von ihr 1803 angenommene Entwurf (Reichsdeputationshauptschluss) sah die Aufhebung der Hoheits- und Eigentumsrechte der meisten geistlichen Fürstentümer vor (»Säkularisation«). Die Enteignungen betrafen insgesamt 25 Fürstbistümer, darunter die Kurfürstentümer Köln und Trier, ■ imstande und fast alle Reichsstädte wur-I"1 ,,ndesherren unterstellt (»mediatisiert«). orößten Gewinn bei dieser Neuordnung Pe. 1 en preußen, das seine Macht in Nord-e'Z tHeUtschland wesentlich verstärkte, und '* yjt|.elstaaten: vor allem Baden, das unter • rem die rechtsrheinische , Pfalz erhielt, !", tternberg, das mit dem Hauptteil des hwäbischen Reichskreises entschädigt ' rde und Bayern, das Gebiete vor allem in ľ nken unc^ Schwaben erlangte. Diese süd-j titschen Staaten erfuhren durch den franzö-■ .„.österreichischen Frieden von Pressburg so? auf Kosten Österreichs eine weitere Ver-ößerung ihres Territoriums (> 6.4); überdies urden Bayern und Württemberg zu König-ichen, Baden zum Großherzogtum erhoben. Den Abschluss der Mediatisierungen brachte JÍ5 Rheinbundsakte 1806 (>6.6). Bei diesen noerationen war die Zahl der ehemals reichs-unrnittelbaren Territorien von über 1000 auf etwas über 30 Territorien reduziert worden. -per Reichsdeputationshauptschluss veränderte durch die teilweise Neuverteilung bzw. die Neuschaffung von Kurstimmen, die endgültige Aufhebung der Reichskirche und die Beendigung des katholischen Übergewichts in wichtigen Reichstagsgremien die Reichsverfassung grundlegend und kündigte damit das Ende des Heiligen Römischen Reiches (N-6.8) Auf Betreiben Frankreichs hatte der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 (^6.5) neben Preußen vor allem den süddeutschen Staaten Bayern, Baden und Württemberg Gebietsgewinne gebracht. Diese hatten sich im 3. Koalitionskrieg 1805 (*■ 6.4) auf die Seite Frankreichs gestellt und waren im Frieden von Pressburg auf Kosten Österreichs mit Landgewinn und Rangerhöhungen belohnt worden. Napoleons Bemühungen, die süddeutschen Staaten beziehungsweise alle deutschen Mittelstaaten stärker an Frankreich zu binden, führten im Juli 1806 zur Errichtung des Rheinbunds. 16 süd-und westdeutsche Reichsstände unter Führung der Könige von Bayern und Württemberg sowie des Großherzogs von Baden und des Mainzer Kurfürsten Karl Theodor von Dalberg, der zum Fürstprimas des Rheinbunds erhoben A Der Kupferstich zeigt die Unterzeichnung der Rheinbundakte im Juli 1806. Die Unterzeichnung geschah durch die Unterhändler, die mit dem Rücken zum Betrachter dargestellt sind. Die ihnen gegenübersitzenden deutschen Fürsten waren in Wirklichkeit bei dem Vorgang nicht anwesend wurde, unterzeichneten mit Napoleon die Rheinbundsakte, durch die sie sich von Kaiser und Reich lossagten, ihre Souveränität erklärten und sich dem Protektorat des französischen Kaisers unterstellten. Die zentrale Bestimmung der Rheinbundsakte war die Errichtung einer Offensiv- und Defensivallianz, wonach Napoleon für seine Feldzüge auf die Truppen der Rheinbundstaaten zurückgreifen konnte. Diese wiederum profitierten von der nun weitergeführten Mediatisierung (^6.5) vor allem der Territorien der Reichsritterschaft; zahlreiche Fürsten erhielten Standeserhöhungen. Im August 1806 erklärten die Rheinbundstaaten ihren Austritt aus dem Heiligen Römischen Reich, das kurz darauf mit der Niederlegung der Kaiserwürde durch Franz IL und dessen Erklärung der Auflösung des Reiches sein förmliches Ende fand (>6.8). Nach der Niederlage Preußens 1807 (ŕ-6.9) traten bis 1808 zahlreiche weitere Staaten dem Rheinbund bei, darunter das zum Königreich erhobene Sachsen und das neu entstandene Königreich Westfalen (unter der Herrschaft von Napoleons Bruder Jérome). Innenpolitisch rührte die Gründung des Rheinbunds nach dem Vorbild Frankreichs zur Zurückdrängung ständischer, provinzialer, lokaler 137 Kapitel 6 und feudaler Sonderrechte und zu Reformen im Bereich von Verfassung und Verwaltung, Wirtschaft und Finanzen. Als »Revolution von oben« erfolgte eine - regional allerdings höchst unterschiedlich ausgeprägte - Modernisierung der deutschen Staaten. Der Rheinbund fand im Oktober 1813 durch den Anschluss der meisten Mitgliedstaaten an das preußisch-russisch-österreichische Bündnis in den Befreiungskriegen (^•6.15) sein Ende. tion die Errichtung einer deutschen Zerit, wait Seit dem Westfälischen Frieden von 1648 war die Politik der wittelsbachischen Kurfürsten von Bayern in traditioneller Rivalität zu Österreich vom Streben nach einer europäischen Großmachtstellung geprägt, was den Mittelstaat wiederholt an die Seite Frankreichs geführt hatte. Auch der 1799 beim Regierungsantritt des Kurfürsten Maximilian IV. Joseph zum leitenden Minister berufene Maximilian von Montgelas betrieb die Annäherung an Frankreich. Der Reichsdeputationshauptschluss (►-6.5) von 1803 entschädigte Bayern für seine 1801 erlittenen linksrheinischen Gebietsverluste; nach dem Frieden von Pressburg (V 6.4) 1805 grenzte es im Norden an Thüringen, im Südwesten an den Bodensee. Es hatte sich erst jetzt auf Franken und Schwaben ausgedehnt und mit dieser »überstammesmäßigen« Struktur die Basis für seinen Aufstieg zu einer dritten deutschen Macht errungen. Von 1805 bis 1814/15 wurden auch die österreichischen Gebiete Vorarlberg und Tirol, von 1809/10 bis 1815/16 Salzburg, das Inn- und das Hausruckviertel Bayern zugeteilt. 1815/16 erhielt es unter anderem die linksrheinische Pfalz. 1806 hatte der Kurfürst als Maximilian I. Joseph den Königstitel angenommen. 1806 sah sich Bayern zum Eintritt in den Rheinbund (>6.6) veranlasst, dessen Ausgestaltung als lose Allianz souveräner Staaten es wesentlich mitbestimmte; 1813 gab es mit dem Anschluss an das preußisch-russisch-österreichische Bündnis derße-freiungskriege (> 6.15) - im Vertrag von Ried, in dem es sich die 1806 erreichte volle Souveränität und die Wahrung seines Besitzstandes zusichern ließ - den Anstoß zur Auflösung des Rheinbunds. Auf dem Wiener Kongress verhinderte maßgeblich die bayerische Opposi- 138 Die heterogenen Gebietserwerbungen de poleonischen Zeit suchte Montgelas im r * des aufgeklärten Absolutismus und der u ^ schränkten Staatssouveränität durch vielfii * innere Reformen nach französischem Vbtil mit dem bayerischen Kerngebiet zu einem St * zu verschmelzen. An die Spitze des Sta * stellte er ein in Ressorts eingeteiltes Mini ľ rium und unterwarf das Land einer zentrale sehen Verwaltungsorganisation. 1808 ei eine Verfassung, deren Bestimmungen iik eine Volksvertretung zwar nie in Kraft trat' aber als Vorläufer der Verfassung von 1818 ant-sehen werden können, da sie das ständisch Prinzip überwanden. Ein weiteres Zukunft" weisendes Element war die verfassungsmäßig Sicherung der Grundrechte. Der Adel verlor j\ Privilegien; die Bauernbefreiung wurde begg.. nen. Die Gleichberechtigung der drei christk chen Konfessionen wurde hergestellt, fr. Emanzipation der Juden durchgesetzt. Das p. dungswesen erhielt eine zeitgemäße Fons Eine schlagkräftige Armee entstand. Das Rech-wurde reformiert. Ähnliche »Revolutionen vor oben« erfolgten auch in den Mittelstaaten Baden, Württemberg und Hessen. Das Heilige Römische Reich deutscher Nation, wie sein Titel seit dem 15. Jahrhundert lautete, war seit dem Westfälischen Frieden von 164! (^4.24) nicht mehr die Ebene, auf der der Fortgang der deutschen Geschichte erfolgte; dies wurde vielmehr zunehmend bestimmt durd die deutschen Territorialstaaten, deren Machtpolitik sich der Einwirkung durch das Reic'c mehr und mehr entzog. Die Friedensschluss mit Frankreich in Basel, Campoformio uni Lunéville (V6.2) sowie der Reichsdeputationshauptschluss (► 6.5) leiteten ab 1795 die endgültige Auflösung des Reiches ein. Diese Entwicklung, vor allem aber die Annahme der erblichen Würde eines Kaisers der Franzosen durch Napoleon 1804, verstärkte in Österreich Tendenzen, die österreichischen Länder, die bisht; nur durch die Person des Staatsoberhaupts zusammengehalten wurden, zu einer Staatsrecht- Einheit zusammenzufassen. Daher Kaiser Franz II. im August 1804 neben 1" n/iirdc des gewählten Römischen Kaisers <>er en Xitel eines erblichen Kaisers von Ös--,-h an. Diese eigenmächtige Rangerhö-IC' «rar ein weiterer entscheidender Schritt AuflöstmS der Verfassung des alten Rei-iU in dem es nur eine Kaiserwürde geben ,e und sie bereitete den im Frieden von bürg (^6.5) anerkannten Rangerhöhun-jer süddeutschen Fürsten und ihrer vollen 8 veränität den Boden. In der Rheinbunds-,,,;,(► 6.6) schließlich erklärten 16 süd- und ^deutsche Fürsten zum 1. August 1806 ihre rennung vom Reich. Anschließend entzog F ankreich dem Reich die völkerrechtliche An-kennung; Napoleon forderte von Franz II. ul-•■nativ die Niederlegung der Reichskrone, was dieser noch im selben Monat tat. Gleichzeitig erklärte er das Heilige Römische Reich für auf-selöst, um zu verhindern, dass die Reichskrone von anderen Fürsten in Anspruch genommen werden konnte. So endete die Geschichte des qoo-jährigen Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation und mit ihm die universalistische Kaiseridee des Mittelalters. Den meisten Zeitgenossen war die verfassungsgeschichtliche Bedeutung dieses Ereignisses allerdings gar nichtbewusst. í).<: Bereits 1795 hatte Preußen nach dem ersten, unbefriedigenden Waffengang mit dem revolutionären Frankreich (V 6.2; > 6.3) in Basel einen Sonderfrieden geschlossen und seitdem den militärischen Auseinandersetzungen zwischen den europäischen Mächten und Frankreich untätig zugesehen. Preußen hatte auf seine linksrheinischen Besitzungen zugunsten Frankreichs verzichtet und war dafür im Reichsdeputationshauptschluss (►6.5) 1803 mit reichem Gebietsgewinn in Nordwestdeutschland entschädigt worden. Die Politik Preußens zielte darauf ab, seine Neutralität zu wahren und in Zusammenarbeit mit Napoleon die Hegemonie über ganz Norddeutschland zu erhalten. Dieses Ziel schien erreicht, als Napoleon ihm im Schönbrunner Vertrag 1805 die Annexion Hannovers gestattete. Als der französische Kaiser jedoch 1806 Großbritannien die Rückgabe Hannovers anbot, fühlte sich Preußen hintergangen und reagierte mit der Mobil- Napoleonische Zeit machung und dem Erlass eines Kriegsmani-fests im Oktober 1806. Es geriet somit, nur von Kursachsen, Sachsen-Weimar und Braunschweig unterstützt, in eine kriegerische Auseinandersetzung mit Frankreich. In der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 unterlag die friderizianische Armee dem revolutionären Volksheer Napoleons, der in Berlin einzog. Im Winter 1806/07 lieferten Der im Juli 180/ geschlossene Friedensvertrag von Tilsit, durch den Preußen mehr als die Hälfte seines bisherigen Territoriums verlor, wird von Friedrich Wilhelm III., Napoleon I. und dem russischen Zaren Alexander I. per Handschlag besiegelt (zeitgenössischer Kupferstich) Reste preußischer zusammen mit russischen Truppen den über Oder und Weichsel vorgedrungenen französischen Heeren noch einmal schwere Gefechte, vor allem in der unentschiedenen Schlacht von Preußisch-Eylau in Ostpreußen am 7./8. Februar 1807. Kurz darauf schlossen Preußen und Russland ein verspätetes Bündnis (4. Koalition), das jedoch Napoleons Entscheidungssieg über die Russen bei 139 Kapitel 6 Friedland in Ostpreußen am 14. Juni nicht mehr verhindern konnte. Am 7. Juli 1807 schlossen Zar Alexander I. und Napoleon den Frieden von Tilsit, dem am 9. Juli der Friedensvertrag zwischen Preußen und Frankreich folgte. Napoleon gab seinen Plan, den preußischen Staat ganz aufzulösen, mit Rücksicht auf den Zaren auf. Aber Preußen verlor trotz eines Bittgangs der Königin Luise zum Kaiser der Franzosen sämtliche Gebiete westlich der Elbe, die Teil des neu gebildeten Königreichs Westfalen wurden, und alle Neuerwerbungen aus den Polnischen Teilungen (>5.i8), die zum Herzogtum Warschau zusammengefasst wurden; Danzig wurde Freie Stadt; Sachsen erhielt den preußischen Kreis Cottbus. Der preußische Reststaat blieb besetzt, wurde mit unerschwinglichen Kontributionen belastet und musste sich der Kontinentalsperre (*-6.io) anschließen. Großbritannien hatte bereits 1793, als es in den Krieg gegen das revolutionäre Frankreich eintrat, eine Blockade über die französische Küste verhängt, Frankreich die Einfuhr britischer Waren verboten, was aber zunächst keine großen Wirkungen zeigte. Mit fortschreitender Eroberung des europäischen Kontinents konnte Napoleon jedoch immer mehr europäische Häfen für den Handel mit Großbritannien schließen. Als der britische Sieg in der Seeschlacht von Trafalgar 1805 seine Invasionspläne gegen die britische Insel endgültig zunichte machte, wollte er Großbritannien in einem Wirtschaftskrieg niederringen. Von Berlin aus erließ er nach der Niederwerfung Preußens 1806 ein Dekret über die Kontinentalsperre gegen Großbritannien; danach war jeder kontinentale Hafen für Schiffe gesperrt, die aus Großbritannien kamen oder britische Waren geladen hatten. Großbritannien verbot seinerseits 1807 unter Ausnutzung seiner Seeherrschaft allen neutralen Schiffen das Anlaufen französischer Häfen. Diese totale Abschnürung ruinierte die festländischen Häfen im französischen Machtbereich und fügte vielen Wirtschaftszweigen, z.B. der Leinenindustrie in Westfrankreich, Flandern, Holland, Westfalen, Sachsen und Schlesien oder dem preußischen Getreideexport, schweren Schaden zu. Andererseits gelang verhältnismäßig rasch der 140 Aufbau mechanischer Baumwollspinnerei» Frankreich, Belgien, der Schweiz, in q 5 reich, Sachsen und Thüringen. In Sach '" nahm überdies der Maschinenbau einen geto,' tigen Aufschwung. Im Ruhrgebiet entwH 1' sich die Eisenindustrie. In Frankreich selbst "' gab sich trotz der.Verödung seiner Häfen ins samt ein Vorteil durch die Kontinentalspe, da die französische Wirtschaft von NapoU ' auf Kosten der Verbündeten stark gefötH«'' wurde. Der Handelskrieg gegen Großbritj, nien hatte allerdings nicht die gewünscht. Folgen. Ein großer Teil des britischen Export ging nach Übersee. Überdies konnte Großbtj tannien trotz der Blockade 1809 seine Ausfni, auf das europäische Festland steigern, da die Kontinentalsperre durch Lizenzen vielfac|, durchbrochen wurde und an sämtlichen Kus! tengebieten der Schmuggel blühte. Um die Lücken in seinem System abzudichten, annek. tierte Napoleon 1810 Holland, Nordwest-deutschland vom Niederrhein bis nach Lübeck sowie die südlichen Kantone der Schweiz Auch die Rheinbundstaaten mussten sich dem französischen Wirtschaftskrieg anschließen Die damit eintretende Verschlechterung da wirtschaftlichen Lage in diesen Ländern truc zum Umschwung der Stimmung gegen Frankreich und damit letztlich zum Niedergang dei napoleonischen Herrschaft bei. Gerade der durch den Frieden von Tilsit (►6.9) verstümmelte und gedemütigte preußische Staat zog Verwaltungsbeamte, Staatsmänner, Offiziere und Gelehrte an, die im Geiste des erwachenden deutschen Nationalgefühls und in selbstständiger Weiterentwicklung der Ideen der Französischen Revolution eine grundlegende Erneuerung des Staates anstrebten, in der sie die Vorbedingung für einen Wiederaufbau und die Befreiung des Landes von der Fremdherrschaft'sahen. Stärkste Kräfte in dieser Reformbewegung waren die Minister Stein, dessen Nassauer Denkschrift vom Juni 180; das große Manifest der Reform wurde, und Hardenberg (►6.13). Die von ihnen durchgesetzten Neuerungen betrafen verschiedene Gebiete: In der Staatsverwaltung wurde die nicht verantwortliche Kabinettsregierung durch die fünf klassischen Ministerien für Inneres, Finanzen, Auswärtiges, Krieg und Justiz mit Napoleonische Zeit atskanzler als Vorsitzendem des Minis-il<í> ř,go8/io) ersetzt, ein erster Schritt vom teri,i ten zum konstitutionellen Königtum. -A r steinschen Städteordnung von 1808 '" A das Prinzip der Selbstverwaltung auf lVU muna'er Ebene eingerührt. Danach war k° Stadtverordnetenversammlung Träger ge-■ dlicher Rechtssetzung und Verwaltung; "^ nn ihr gewählte Magistrat stand als abhän-. Vollzu8sorSan an ^er spitze der Stadtver-itung- Die Städte erlangten die volle Finanzalt Die städtischen Bürger wurden ein in '. 1. gleichberechtigter, staatsunmittelbarer nH dessen Mitwirkung an der Selbstver-- ltung aber an Besitz unď Bildung gebunden Hieb Das Selbstverwaltungsgesetz wirkt noch , te ;n den Gemeindeordnungen der Bundesländer nach. - Die größte Breitenwirkung er-ielte die 1807 eingeleitete, aber erst 1850 abgegossene Bauernbefreiung (►6.12), die einen freien Bauernstand schaffen und einen Aufschwung der Landwirtschaft bewirken sollte; diese Ziele sind - wenn auch mit vielfachen Einschränkungen - im Wesentlichen erreicht worden. Eine weitere Voraussetzung für den wirtschaftlichen Aufstieg Preußens war die Aufhebung der Zunftordnungen zugunsten der Gewerbefreiheit 1810/11; sie ermöglichte die spätere Industrialisierung. Wirtschaftliche folgen hatte auch die bürgerliche Gleichstellung der Juden 1812. Hand in Hand mit diesen Reformen ging seit 1807 die Erneuerung des Heerwesens durch die Generale Gneisenau und Scharnhorst sowie den Kriegsminister Boyen. Das Adelsprivileg für die Offizierslaufbahn wurde aufgehoben, die Militärstrafen gemildert; neben dem stehenden Heer wurde eine milizartige Reservearmee, die so genannte Landwehr, geschaffen, 1813/14 die allgemeine Wehrpflicht eingeführt. Diese Maßnahmen schufen ein »Volk in Waffen« und bereiteten die Befreiung Preußens von der französischen Vorherrschaft vor, wofür auch die Schaffung eines modernen Generalstabs entscheidend war. Zur geistigen Erneuerung trug wesentlich die von Ideen Fichtes, Schleiermachers und Pestalozzis beeinflusste Erziehungs- und Bildungsreform bei, die eine Erziehung zu Selbstständigfeit und Nationalbewusstsein im humanistischen Sinne erreichen wollte. Ihr maßgeblicher Gestalter war Wilhelm von Humboldt, der seit 1809 die Leitung der preußischen Kultus- und Unterrichtsverwaltung übernommen hatte. Unter seiner Regie wurde das Bildungswesen verstaatlicht, die allgemeine Schulpflicht durchgesetzt, das Unterrichtswesen neu gestaltet. Die von ihm 1810 gegründete Berliner Universität wurde zum geistigen Mittelpunkt der sich nun in Preußen immer stärker regenden Freiheitsbewegung. Der Begriff Bauernbefreiung bezeichnete die Agrarreformen des 18. und 19. Jahrhunderts, die in weiten Teilen Europas die bäuerlichen Erbuntertänigkeitsverhältnisse beendeten. Die Bauernbefreiung umfasste die Beseitigung der persönlichen Unfreiheit und der damit verbundenen persönlichen und dinglichen Lasten, die Übertragung des von den Bauern bewirtschafteten Bodens in ihr volles Eigentum (meist bei Entschädigung der Grundherren), die Aufhebung der grund- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit sowie die Aufteilung der gemeinschaftlich genutzten Allmenden und die Beseitigung des Flurzwangs, der die Bauern einer Gemarkung zu gleichem Fruchtbau und gleichzeitiger Feldbestellung verpflichtete. Damit wurden die Bauern zu gleichberechtigten Staatsbürgern. -In den deutschen Territorialstaaten vollzog sich die Bauernbefreiung auf dem Weg staatlicher Reformen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, beeinflusst durch die Aufklärung, die Konfrontation mit Frankreich und zugleich aus wirtschaftlichen, Staats- und finanzpolitischen Erwägungen. - In Preußen wurde die Gutsuntertänigkeit 1807 im Rahmen der preußischen Reformen (>6.ii) für alle Bauern beseitigt; doch führte die bis zur abschließenden Gesetzgebung von 1850 uneinheitlich geregelte Ablösungspflicht der Bauern zur Vermehrung des Großgrundbesitzes und zur Entstehung einer Schicht besitzloser Landarbeiter, da die meisten Bauern einen großen Teil ihres Hoflandes als Entschädigung an die Gutsbesitzer abtreten mussten und dadurch vielfach die Existenzgrundlage verloren. - Im Gegensatz zu Preußen wurde in den Gebieten westlich der Elbe und in Süddeutschland durch die Bauernbefreiung das Bauernland nicht vermindert; hier hat die Bauernbefreiung den Bauern lediglich zum vollen Eigentum über ihre Höfe verholfen. - In Österreich wurde die Leibeigenschaft durch Joseph II. 1781 aufgehoben; die wirtschaftliche Befreiung 141 Kapitel 6 durch völlige Aufhebung der Erbuntertänigkeit erfolgte aber erst 1848. Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein wurde am 25. Oktober 1757 in Nassau geboren. Aus einem reichsritterlichen Geschlecht stammend, trat er 1780 in den preußischen Staatsdienst ein. 1804 wurde er zum preußischen Finanz- und Wirtschaftsminister ernannt. Er suchte den Staat fur die Auseinander- Bauernbefreiung in Europa setzung mit dem Frankreich Napoleons v bereiten, scheiterte jedoch schließlich ni' ^ formplänen, die die Staatsverwaltung bps, und wurde im Januar 1807 von König Frin ■ Wilhelm III. entlassen. - Auf seinem Stam . verfasste Stein 1807die »Nassauer Denkscl ■? in der er sein Programm einer Erneuerun /' preußischen Staates darlegte. Nach dem Fw ? von Tilsit (*■ 6.9) wurde Stein auf Betreiben v poleons leitender Minister. Unter ihm wiiú' die preußischen Reformen (> 6.11) durchges " Er leitete 1807 die Bauernbefreiung (► 6iI2) ^ erneuerte 1808 die Staatsverwaltung durch pí fiihrung von verantwortlichen Ressortrnkľ tern und verwirklichte in der Städteordnii- Fi n n 1 a rtu ' If* £ * o VEREINIGTES KÖNIGREICH GROSSBRITANNIEN UND IRLAND KÖNIGREICH P DANEMARK * tó>' l "i "\ í' u oreussen >„ vi > j ^J>^Xr^'. KAISERRERJj, R U S/í L A n\ í /' y <\ Großherzogtum •^Warschau KAISERREICH > FRANKREICH^elvet,'1 /'Rap^blík,- ". u*// ■\ 3 ŕ'CH '■' Ungarn ^fe Ä 3 Vc ebie.'te der MilU'á' j // řV KÖNIGREICH" SPANIERN 'nV %av KÖNIGREICH SARDINIEN KÖNIGREICH NEAPEL bSMANISCHES/ REJCH _. '■ i------1 frühe und junge Freibauern- 1-----J gebiete ____ zu Beginn der Franz. Revolution noch j I nicht vollständig durchgeführte Befreiung i------1 frühe Befreiung durch Umwand- i------i vollständige Befreiung der Bauern ------ lung in Geldpachtsystem durch die Franz. Revolution ____vollständige Befreiung im Gangef I I außer bei (nicht spannfähigen) Kleinbauern I I Beginn der Bauernbefreiung I------1 bis zur Franz. Revolution voll ständig durchgeführte Befreiung -1 persönliche Befreiung z. Zt. Napoleons i------1 k . Bauernbefreiun„ J ohne Aufhebung der Grundherrschaft '------' Kelne BauernDerreiung 142 , Jahres die Selbstverwaltung der iesse (-egen weiter gehende Reformpläne ver-, SO* ' .c[, der altpreußische Widerstand; Na-s'e drängte auf seine Entlassung, da Stein P° .. fbereitung für eine Erhebung in Nord- 6.15) klug nutzende Koalitionspolitik in den Befreiungskriegen begründet. Auf dem Wiener Kongress sicherte er Preußen bedeutenden Gebietszuwachs. Seitdem unterstützte er die Restaurationspolitik Metternichs, behielt aber im Innern den gemäßigten Reformkurs bei. Et starb am 26. November 1822 in Genua. 1808 brach mit dem spanischen Unabhängigkeitskrieg, den er nicht siegreich beenden konnte, das »Zeitalter der Erhebung der Völker« gegen Napoleon an. Dieser Krieg hatte Signal- Napoleonische Zeit 'J^wlijiiiliii C%' 1 31 i^-r- Wiii í 1 Y" I Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein (rechts) zusammen mit Gerhard von Scharnhorst (links) und Karl August Freiherr von Hardenberg. Holzstich, um i860 Wirkung vor allem für die deutsche Erhebung, die 1809 gleichzeitig in Österreich, Tirol und Norddeutschland begann. Beim Angriff auf die österreichische Hauptarmee erlitt Napoleon am 21. und 22. Mai bei Aspern und Eßling seine erste Niederlage, die er aber bei Wagram am 5. und 6. Juli ausgleichen konnte. Da Preußen passiv blieb und die norddeutschen Freikorps scheiterten, musste Österreich im Oktober den Frieden von Schönbrunn schließen, in dem es Teile Ga-liziens an das Herzogtum Warschau und an Russland verlor, Salzburg, Berchtesgaden und das Hausruck- und Innviertel an Bayern sowie das so genannte Illyrien (Westkärnten, Osttirol, Teile Kroatiens mit Istrien und Dalmatien) an Frankreich abtreten musste; es wurde damit eine von Frankreich abhängige Macht zweiten Ranges. Der Tiroler Freiheitskampf unter Andreas Hofer endete mit einer Niederlage der Tiroler. Die Entscheidung über seine Kontinentalherrschaft suchte Napoleon 1812 im Russlandfeldzug, nachdem sein im Frieden von Tilsit (► 6.9) geschlossenes Bündnis mit Zar Alexander I. 1809 zerbrochen war: einerseits durch Napoleons vielfachen Einbruch in russische Interessensphären, andererseits durch Alexanders Missachtung der Kontinentalsperre (> 6.10) seit 1811 und seine Bündnisse mit Großbritannien (1810) und Schweden (1812). Im Frühjahr 1812 begann der Aufmarsch der rund 700 000 Mann starken Großen Armee, zu der 20 Nationen Truppenkontingente zu stellen 143 Kapitel 6 hatten. Am 24. Juni überschritt sie die russische Grenze. Die russische Armee konnte sich in die Weite des russischen Raumes zurückziehen, wobei sie nach der Taktik der »verbrannten Erde« sämtliche Vorräte vernichtete. Auf diese Weise gelangte Napoleon bis nach Moskau, das aber von sämtlichen Bewohnern geräumt, am 14. September 1812 über den Köpfen der Großen Armee angezündet wurde. Nach vergeblichem Warten auf ein russisches Friedensangebot zwang der Wintereinbruch Napoleon im Oktober zum Rückzug; dieser führte in die Niederlage von Smolensk (16./17. November). Beim Übergang über die Beresina (26.-29. November) verlor er 96 % der Truppen und kehrte allein nach Paris zurück, während die preußisch-russische Konvention von Tauroggen die Befreiungskriege (► 6.15) einleitete. Nach dem Fehlschlagen der deutschen Erhebungen von 1809 (>-6.i4) schuf erst die vernichtende Niederlage der französischen Großen Armee im Russlandfeldzug 1812 günstigere Voraussetzungen für einen nationalen Befreiungskampf gegen Napoleon. Im Dezember 1812 schloss General Graf Yorck von Wartenburg, der Befehlshaber des preußischen Hilfskorps der Großen Armee, mit einem russischen General eigenmächtig die Konvention von Tauroggen, der die Erhebung Preußens folgte. Im Frühjahr 1813 kam es zwischen Friedrich Wilhelm III., der der nationalen Stimmung erst nach langem Zögern mit dem Aufruf »An mein Volk« im März 1813 nachgab, und Alexander I. zu Allianzabsprachen. Napoleon führte im Frühjahr 1813 erneut ein den preußischen und russischen Armeen zahlenmäßig überlegenes Heer nach Deutschland und zwang die Alliierten zum Rückzug nach Schlesien. Im August erklärte auch Österreich Frankreich den Krieg. Doch der alliierte Vorstoß gegen die napoleonische Hauptarmee scheiterte Ende August in Dresden. Der Beitritt Bayerns zur Koalition leitete die Auflösung des Rheinbunds (► 6.6) ein. Ende September ergriff die Schlesische Armee unter Blücher die Initiative. In der Völkerschlacht bei Leipzig (► 6.16) siegte im Oktober das Koalitionsheer; Napoleon entkam, doch seine Herrschaft in Deutschland brach zusammen. 1814 marschierten die Alliierten in Frank- 144 Nachdem die Befreiungskriege mit der Besetzung von Paris durch die Alliierten am 31. März 1814praktisch beendet waren, dankte Napoleon i. am ó.April 1814 in Fontainebleau ab reich ein. Nach der Einnahme von Paris im Mätz musste Napoleon abdanken und wurde auf dit italienische Insel Elba verbannt. Im Mai 1814 schlossen die Verbündeten mit dem nach Frankreich zurückgekehrten Bourbonenkönig Ludwig XVIII. den 1. Pariser Frieden, der Frankreich im Wesentlichen die Grenzen von 1792 zugestand. Die abschließende europäische Friedensregelung wurde jedoch auf den Wiener Kongress (ŕ-6.18) verwiesen. Die Rückkehr Napoleons im März 1815 vereinigte die Siegermächte zu sofortiger Gegenaktion. Napoleon wurde trotz anfänglicher Erfolge im Juni bei Waterloo (*■ 6.17) besiegt und nunmehr auf die britische südatlantische Besitzung Sankt Helena verbannt, wo er 1821 starb. Der 2. Pariser Friede vom November 1815 sicherte Frankreich lediglich die Grenzen von 1790. Im Herbstfeldzug 1813 der Befreiungskriege (►6.15) ermöglichte die Schlesische Armee , ffl preußischen Generalfeldmarschall ,tet Anfang Oktober den Verbündeten ^ dem österreichischen Feldmarschall a»ter enberg bei Wartenburg den Elbüber- nun gemeinsam die Entscheidungs- ^* ht einzuleiten. Bei Leipzig standen sich « Oktober 205000 Mann der Alliierten 000 Mann der Armee Napoleons ge- """■■fier weshalb man von einer »Völker- gen L,., spricht. Zunächst konnten sich beide 'n einem hartnäckigen Kampf trotz ho- Seiten Verluste halten und während der Nacht "i7 Oktober ihre Truppen verstärken. Am Oktober wurde Napoleon jedoch besiegt 1 nacn Leipzig hineingedrängt, wo sich die nzosen von ihren rückwärtigen Verbindun- «reitgehend abgeschnitten sahen und sich r jer Nacht zum 19. Oktober in westlicher „.yhtung zurückzogen. Napoleon entkam, aber • Kämpf um die Vorherrschaft in Europa war ntschieden; Napoleon musste Deutschland räumen. Während in Wien die führenden Staatsmänner der in den Befreiungskriegen (ŕ-6.15) siegreichen Mächte über die Neuordnung Europas berieten, kehrte Napoleon im März 1815 überraschend nach Frankreich zurück. Der Bourbonenkönig Ludwig XVIII. floh ins Ausland. Die Alliierten erneuerten sofort ihr Bündnis, erklarten Napoleon für geächtet und setzten ihre Truppen nach Frankreich in Marsch. Im Frühsommer 1815 sollte ihre unter dem britischen Feldmarschall, dem Herzog von Wellington, und dem preußischen Generalfeldmarschall Blücher nach Nordfrankreich vorrückende Nordarmee im heutigen Belgien konzentriert werden. Um dies zu verhindern, warf sich Napoleon zunächst den Preußen entgegen und schlug sie am 16. Juni bei Ligny. Während er die Preußen auf dem Rückzug vermutete, wandte er sich gegen den bei Waterloo südlich von Brüssel stehenden Wellington, mit dem er sich im 18. Juni ein erbittertes Gefecht lieferte. Nur noch mit Mühe hielten die Truppen Wellingtons dem ständigen Ansturm der Franzosen stand. »Ich wollte, es würde Nacht oder die Preußen kämen«, soll Wellington ausgerufen haben. Da eilte Blücher ihm mit seinen Truppen zu Hilfe und griff völlig unerwartet die Flanke der französischen Linien an. Napoleon Napoleonische Zeit wurde geschlagen, die von Blüchers Generalquartiermeister Gneisenau geleitete Verfolgung hatte die Auflösung seines Heeres zur Folge. Die Schlacht bei Waterloo, von Blücher nach einem nahe gelegenen Gehöft Belle-Alliance genannt, war bei einem Gesamtverlust von 53 000 Toten neben der Völkerschlacht bei Leipzig (ŕ-6.16) die entscheidende Schlacht der Befreiungskriege. Nach dem Sturz Napoleons kamen im Herbst 1814 in Wien die europäischen Monarchen und Staatsmänner zusammen, um die politische Neuordnung Europas zu regeln. Der Wiener Kongress erarbeitete - eine verhandlungstech- - %.-. '' \~£ ''" - ($- ■ -/) ""■:>' * 'f • - f3 0 •■"'■ ' " ~ ,' ' .' ''''" • : @ ' *\ ' "'r / fe- C '-j '{~*>-<)*i«*- ; ■■"'.. ©*- ■*&■■ "j »""•■■■0 0 ' tiif>" ' "' t V^-y ö 1 . Die Wiener Kongressakte vom Juni 1815. Das Bild zeigt die für die französische Regierung bestimmte Ausfertigung (Paris, Außenministerium) nische Neuheit - seine Ergebnisse in Kommissionen und trat formell erst durch seinen Schlussakt ins Leben. Eine herausragende Rolle spielten neben dem österreichischen Staatskanzler Fürst Metternich (> 7.7), der den Vorsitz innehatte, der russische Zar Alexander I., der britische Außenminister Viscount Castlereagh, der preußische Staatskanzler Fürst von Hardenberg (> 6.13) und der französische Vertreter Talleyrand, dessen diplomatisches Geschick seinem Land eine nahezu gleichberechtigte Position zurückgewann. Im Zentrum der durch die Rückkehr Napoleons von Elba im März 1815 schließlich beschleunigten Verhandlungen 145 BRil ft' K.M'ITEL 6 si.nul. nachdem die französische Frage bereits im i. Pariser Frieden geregelt worden war (> t..i:,), die territoriale Neuordnung des übri-;vn luropa, insbesondere der russische An-••linii li auf Polen und die preußische Forderung n u'li Annexion Sachsens. M m •'inigte sich schließlich auf einen Kompro-nii'-.. Russland erhielt den größten Teil des I li -r/i üjtums Warschau als Königreich in Perso-ir.lmiion, das so genannte Kongresspolen; l'ii-uKin bekam die Nordhälfte Sachsens, die Kii.-iiiiande, Westfalen, das restliche, bisher •.i lirtfilische Vorpommern sowie aus seinen I i'.iviimngen von 1793/95 (►5.18) Danzig, "I Iii »111 und Posen zugesprochen. Auch die in ih-u-i ^niiveränität belassenen deutschen Mittel--1.1 Hi'ii machten erhebliche Territorialgewinne. I).:■ 1 »■ ue Königreich Hannover blieb mit Groß-l'i 11.1111 den in Personalunion verbunden. Öster-u'iili wurde im Umfang von 1797 (1*6.2) b/u. 1K03/05 (^-6.4; 6.5) wiederhergestellt; es wi /i.-iitete auf den Breisgau sowie die österrei- chischen Niederlande, die dem neu gehjij Königreich der Vereinigten Niederlande * schlossen wurden. Die Schweiz erhieltm' a Wallis, Neuenburg und Genf drei neue Ka 5 und die Garantie ihrer immer währenden u" tralität. An die Stelle des 1806 aufgelösten u zuletzt auf Betreiben Großbritanniens / Gleichgewicht der europäischen Mächte',»: damit vorrevolutionäre Zustände wieder k musste andererseits aber auch den politisrv Veränderungen im Gefolge der napoleoniscĽ Herrschaft Rechnung tragen. Sein Werk istiľ seinen restaurativen Zügen schon früh heftj«", nationaler und liberaler Kritik ausgesetzt gev sen; jedoch ist auch nicht zu übersehen, dass* ihm gelang, eine europäische Friedensordnuf* zu errichten, die sich in ihren Grundzügen b:-zum r. Weltkrieg behauptete. Europa nach dem Wiener Kongress KÖNIGREICH _______600 krr NORWEGEN Flächenfärburm • Sankt - _pü!?£sburs KÖNIGREICH SCHWEDEN VEREINIGTES KÖNIGREICH GROSSBRITANNIEN UND IRLAND 1 o'i.li.n" KÖNIGREICH FRANKREICH ?9&V {Bt* KÔN10 ™Bc-rliii KAISERREICH RUSSLAND Frankfurt. KAISERREICH ÖSTERREICH KÖNIGREICH SPANIEN %. V %. /?f ich Napoleonische Zeit paten (774-1792 Ludwig XVI, von Frankreich 1786-1797 Friedrich Wilhelm II. von Preußen 14. Juli 1789 Sturm auf die Bastille in Paris 1790-1792 Kaiser Leopold II. 27. Aug. 1791 Pillnitzer Konvention April 1792 Ausbruch der Revolutionskriege 1792-1806 Kaiser Franz II. (1804-1835 als Franz I. Kaiser von Österreich) 20. Sept. 1792 Kanonade von Valmy 21. Jan. 1793 Hinrichtung Ludwigs XVI. Febr. 1793 1. antifranzösische Koalition 27/28. Juli 1794 Sturz und Hinrichtung Robespierres 1795 Basler Friedensschlüsse 17. Okt. 1797 Friede von Campoformio 1797-1840 Friedrich Wilhelm III. von Preußen 1798/99 2. antifranzösische Koalition 9. Nov. 1799 Staatsstreich Napoleons 3. Dez. 1800 Schlacht bei Hohenlinden 9. Febr. 1801 Friede von Lunéville (Anerkennung der Rheingrenze) 25. Febr. 1803 Reichsdeputationshauptschluss 2. Dez. 1804 Kaiserkrönung Napoleons 1805 3. antifranzösische Koalition 2. Dez. 1805 Dreikaiserschlacht bei Austerlitz 26. Dez. 1805 Friede von Preßburg 12. Juli 1806 Gründung des Rheinbundes 6. Aug. 1806 Ende des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation 14. Okt. 1806 Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt 2i. Nov. 1806 Verhängung der Kontinentalsperre gegen Großbritannien 7./8. Febr. 1807 Schlacht bei Preußisch-Eylau April 1807 4. antifranzösische Koalition 7./9. Juli 1807 Friede von Tilsit 9. Okt. 1807 Edikt zur Bauernbefreiung in Preußen 19. Nov. 1808 Städteordnung des Freiherrn vom Stein April 1809 Erhebung Österreichs und Tirols gegen Napoleon 21./22. Mai 1809 Schlacht bei Aspern und Eßling 5./6. Juli 1809 Schlacht bei Wagram 14. Okt. 1809 Friede von Schönbrunn 24. Juni 1812 Beginn des Russlandfeldzuges Napoleons 14. Sept. 1812 Brand Moskaus 16./17. Nov. 1812 Schlacht bei Smolensk 26.-29. Nov. 1812 Übergang über die Beresina 30. Dez. 1812 Konvention von Tauroggen 17. März 1813 Friedrich Wilhelms III. Aufruf »An mein Volk« 16.-19. Okt. 1813 Völkerschlacht bei Leipzig 6. April 1814 I.Abdankung Napoleons 1814/15-1824 LudwigXVIII. von Frankreich 30. Mai 1814 I.Friede von Paris 1814/15 Wiener Kongress (Abschluss mit Deutscher Bundesakte) März 1815 Rückkehr Napoleons 18. Juni 1815 Schlacht bei Waterloo 22. Juni 1815 2. Abdankung Napoleons 20. Nov. 1815 2. Friede von Paris H7