í^ŕ1 Kapitel 4 ". .:.',." Fürstentümer entweder in weltliche umgewandelt und damit erblich wurden oder gänzlich weltlichen Landesherrschaften einverleibt wurden und dass Kirchengüter eingezogen und Klöster aufgehoben wurden. Durch diese so genannten Säkularisationen verschoben sich jedoch nicht nur die Machtverhältnisse im Reich, sondern die Grundlagen der Reichskirche und damit der Reichsverfassung wurden untergraben. Da einerseits Kaiser Karl V. (1519-56) die Reformation bekämpfte und auch eine Reihe von Reichsständen sich dem neuen Glauben nicht anschloss, andererseits aber alle Versuche, diesen zu unterdrücken, fehlschlugen, kam es zu einer konfessionellen Spaltung des Reiches. In dieser Lage sah sich Ferdinand I. unter dem zusätzlichen Druck der Fürstenopposition gegen die kaiserlichen Herrschaftsansprüche gezwungen, das Augsburgische Bekenntnis von 1530, die gemeinsame Glaubensgrundlage der Lutheraner, 1555 reichsrechtlich anzuerkennen. Der Augsburger Religionsfriede, eines der wenigen »Grundgesetze« des Reiches, war kein Ausdruck religiöser Toleranz - dieser Gedanke setzte sich erst seit dem 18. Jahrhundert durch -, sondern er versuchte den religiös-politischen Konflikt durch rechtliche Bestimmungen zu entschärfen, um die Reichsverfassung zu retten und den Frieden im Reich zu erhalten. Kaiser Karl V. dankte 1556 ab, nachdem er seine weit gespannten Ziele nicht hatte verwirklichen können. Zwar war seine Machtgrundlage dank der vom Glück begünstigten Familienpolitik seines Großvaters Maximilian I. weitaus größer als die seiner Vorgänger, aber einer Vorherrschaft des Kaisers stellten sich sowohl im Reich als auch im europäischen Umkreis unüberwindliche Hindernisse entgegen. Insbesondere der schon unter Maximilian I. (1493-1519) zutage getretene Gegensatz zwischen den Habsburgern und dem französischen Königshaus Valois (ab 1589 Bourbon) bildete bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts einen der grundlegenden Faktoren der europäischen Politik. Frankreich schloss in dem Bestreben, die Umklammerung durch den österreichisch-burgundisch-spanischen Länderkomplex der Habsburger aufzubrechen, Bündnisse mit anderen Reichsfeinden, vor allem den Türken, und griff zunehmend in die innerdeutschen Streitigkeiten ein. Im Dreißigjährigen Krieg (1618-48) brachte diese Politik das Reich an den Rand der Auflösung. Das war allerdings nur 90 möglich, weil der Religionskonflikt sich in: nem erbitterten Bürgerkrieg entladen hattšj dem alle Beteiligten ausländische Verbürg suchten. Der Augsburger Religionsfriede, der als Schluss der Reformationsepoche gilt, hatte; letztlich nicht einen dauerhaften Ausgl( zwischen den Religionsparteien herbeigefij Das konfessionelle Zeitalter, wie man den Z räum von 1517 bis 1648 nennt, wurde in der genden Phase vielmehr von den sich verscj fenden Konflikten um die Auslegung des S gionsfriedens bestimmt. Die Absicht des ] sers, durch den Vertrag weitere Säkularisa nen zu verhindern, wurde von den protests sehen Fürsten vielfach durchkreuzt, wähl die katholischen Fürsten zu einer Politík; Gegenreformation, d.h. zur Rekatholisiei evangelischer Gebiete, übergingen. Die Ki anfangs um Vermittlung bemüht, griffen ir rem eigenen Herrschaftsgebiet zunehmen« gegenreformatorischen Maßnahmen. Dadi wurde 1618 ein Aufstand in Böhmen ausge] in den sogleich das Reich verwickelt wurdej Im Dreißigjährigen Krieg verbanden sich] giöse und politische Gegensätze zwischen, Fürsten, ständische Interessengegensätze 5 sehen dem Kaiser und den Fürsten sowie ei päische Machtauseinandersetzungen zu eii unentwirrbaren Konflikt. Die Religionsfi trat allerdings nach dem Kriegseintritt Frá reichs 1635 gegenüber dem Kampf um die i herrschaft in Europa zurück. Der Westfälis Friede, der die Reichsverfassung von 1648 zum Ende des Heiligen Römischen Reic 1806 bestimmte, versuchte ein Gleichgew zwischen den Konfessionen herzustellen, bestätigte die Landeshoheit der Reichsstäi Der moderne Staat der Neuzeit bildete sicr| mit in Deutschland künftig nicht auf der El des Reiches, sondern auf der der Einzelsta; aus, zumal die katastrophalen Folgen des Ki ges die Fürsten zu gezielten Wiederaufbl maßnahmen veranlassten. 4-Í Die Erfindung des Buchdrucks Die Bücher des Mittelalters bestanden aus j sammengehefteten und gebundenen, Hand beschriebenen Pergamentblättern, stelle des Pergaments setzte sich im ausgeh] Mittelalter allmählich das billigere Papier h In der Regel wurden die Bücher als ein-aW Exemplare für einen Auftraggeber angefragt zUnächst nur in Klöstern und an Königs--f n' später auch in den weltlichen Schreib- SrtoinftmumtnmaüOita&mt. fan» a ill« que ifabtti mottom* necita tmrapta Ränt nt ftnfimt 1?» ipBbr' ltfEOB'0 nitO fluAtfu ÜMÜ DEutU* - jt-quá (e alianim negofo. rifl'.iif.'iiiiíiiiirSi'ori-ios-iärnat in tma quo ^ nnniintiob.it rat» twďt raupte et tt3?~ »äuoJttimmaOtü; fjm mxotne a malo. «gjgs^sa^^Wňqsuua&pitii' |mítns61it.Iitfuit)ioMiati?íiptf JsmjUatnáu-ttmamiUataratliKiiin: BttumpMtfiíuaabminmtimuťm; IfteataMt família ra&u niraw.État Im mr iUt niiirniusinat oräte urim-' i. Kt íbiint Blíj nuB tt ídtítíjaut iulittmnroB-unuTquirqiiuDE ■»■UM Jtmintnitii uBtabaittntefiuť §W ruao-w oratiuut tt btbtôt aim ItuUEunqi in otbtm tmufuTtat Sito if tanuiuň nutntet ab tas rab tt tnuta l&mtttillos :cäruct[caftF tulutUa of&< '■ •- u otofauBa ptt ľuiguloa. ilm> ,y ®> jiitni -SiáTa 1 p'rtbmrflKmnrtwmtoi&itormü.&it 1 o ärifbaríobniiutíBlmbuB.iíiiiaBá düt Die ni unnlTntt Bbj Cä ut alTiOnä: taraiuDiia: anuitintcttas mam Ta* njanŕuíDiíitimo.lOntEijmiiaílňiri y 4 ▲ Die Erfindung des Drückens mit beweglichen Lettern durch den Mainzer Johannes Gutenberg hatte revolutionierende Wirkung. Spalte aus der 4z-zeiligen Gutenberg-Bibel mit dem Anfang äes Buches Hiob Stuben der Städte und besonders im Umkreis der Universitäten. Die Verbreitung literarischer, wissenschaftlicher und sonstiger Werke War nur durch Abschriften möglich, wobei-stets 3 Reformation und Glaubenskriege 1 die Gefahr sinnentstellender Textabweichungenbestand. Um 1440/50 erfand Johannes Gensfleisch zur Laden, genannt Gutenberg, Sohn eines Mainzer Patriziers, die Technik der Herstellung völlig gleicher, auswechselbarer Metalltypen: Er schnitt Stahlstempel in Form von spiegelverkehrten Buchstaben und anderen Schriftzei-cheh und schlug sie in Kupfer; in die dadurch entstandene Gegenform (Matrize) wurde Blei gegossen, das nach dem Erkalten spiegelverkehrte Lettern ergab. Diese setzte Gutenberg zu Druckformen zusammen, färbte sie mit Druckerschwärze ein und stellte mithilfe einer ebenfalls von ihm konstruierten Druckerpresse ganze Buchseiten in der jeweils gewünschten Anzahl her. Bald wurden auch Illustrationen, Initialen und andere Schmuckformen mechanisch vervielfältigt. Die neue Technik verbreitete sich von Mainz aus schnell über ganz Europa. Sie ermöglichte eine rasche und vergleichsweise billige Herstellung auch umfangreicher Werke in hoher Auflage; so wurde schon 1455 die berühmte Gutenberg-Bibel in lateinischer Sprache gedruckt. Damit schuf Gutenbergs Erfindung die Voraussetzung für einen intensiveren geistigen Austausch, ja allgemein für eine Steigerung des Schriftlichkeitsgrades der europäischen Kultur. 4--2 Humanismus und Renaissance Die Begriffe Humanismus und Renaissance, als Epochenbegriffe für die Übergangszeit vom Mittelalter zur Neuzeit erst seit dem 19. Jahrhundert geläufig, werden oft in demselben Zusammenhang, zum Teil sogar gleichbedeutend gebraucht. Tatsächlich ist es unmöglich, sie klar voneinander abzugrenzen, da sie auf denselben geistigen Grundlagen beruhen; im Allgemeinen denkt man bei Humanismus an die philosophischen, philologischen und literarischen Äußerungen dieser Epoche, bei Renaissance teilweise nur an Literatur, Musik und vor allem bildende Kunst der Zeit, teilweise an eine den Humanismus mit umfassende Strömung der Kultur- und Geistesgeschichte. Beide Bewegungen entstanden in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Italien, dem damals kulturell und wirtschaftlich höchstentwi- 91 .-»•■pjlf y&l Kapitel 4 :''| A Während im 15.JI1. in Deutschland auf geistigem Gebiet Humanismus und Renaissance Platz griffen, erreichte in der Baukunst die Spätgotik ihren Höhepunkt. Innenansicht der Kirche Sankt Martin in Amberg ekelten Land Europas. Dort setzte eine Rückbesinnung auf die Antike ein, zunächst auf die klassische lateinische Sprache, die römische Literatur und Wissenschaft, dann auch auf die griechische Antike. Diese »Wiedergeburt« (= Renaissance) der antiken Tradition wandte sich vor allem gegen die von der Scholastik geprägte Dogmatik der spätmittelalterlichen Kirche; aber die meisten Humanisten blieben der christlichen Lehre verpflichtet, wenn auch die Verbreitung einer von der Kirche unabhängigen Bildung eine Tendenz zur Säkularisierung (Verweltlichung) mit sich brachte. Von Italien her strahlten Humanismus und Renaissance im 15. und 16. Jahrhundert auf Europa aus, wobei in Deutschland der Humanismus im Vordergrund stand. Kennzeichnend für den deutschen Humanismus war nicht nur der Rückgriff auf das griechisch-lateinische Bildungsgut, sondern zum Teil auch eine betont »nationale« Haltung, die den Wert der eigenen Vergangenheit hervorhob. Nicht zufällig wurde 92 gerade in dieser Zeit Tacitus' »Gerrria\ (► 1.5) wieder entdeckt. Zum Teil in Verbindung mit dem nation; Impuls trat ein anderer Grundzug des d, sehen Humanismus in Erscheinung: die Ri an der Verweltlichung von Papsttum und Gel lichkeit, an der Geldgier der Kurie, der Vs chung der Scholastik. Ihren Höhepunkt die Polemik im Streit um den Tübinger Rei lehrer Johannes Reuchlin, den Begründer hebräischen Sprachforschung, der wegen sei Stellungnahme gegen die Vernichtung der ßerbiblischen jüdischen Literatur in Koni mit der Inquisition geriet. Zu seiner Verte"! gung veröffentlichte Reuchlin 1514 eine wähl seines Briefwechsels unter dem Titel »1 rorum virorum epistolae« (Briefe berühi Männer). Daraufhin erschien anonym eine gierte Briefsammlung mit dem Titel »Episti obscurorum virorum« (Dunkelmännerbriel eine in barbarischem Latein verfasste Satire' die sinnentleerte Spitzfindigkeit der Spät» lastik, auf die Borniertheit, Heuchelei und moral von Mönchtum und Weltklerus. Unbestreitbar hat der Humanismus der Rei madon den Weg geebnet: durch seine Kriti] den kirchlichen Missständen, durch die Fori rung der Sprachstudien, ohne die Luthers' beiÜbersetzung nicht möglich gewesen und durch seine Bemühungen um das >i dungswesen. Im eigentlichen theologisi Bereich freilich blieben die Humanisten g überwiegend auf dem Boden der alten Kiri Der wohl berühmteste Humanist zur Zeit; Reformation, Erasmus von Rotterdam, se; , sich zwar für eine Erneuerung des Christ turns ein, doch die Radikalität der lutherisc Lehre lehnte er ab. 4.3 Kirchenreform Eine Reform der Kirche an Haupt und G dem - dieses Ziel hatten schon die KonzI des 15. Jahrhunderts angestrebt. Zwar war' äußere Einheit der abendländischen Christ; heit nach dem großen Schisma wieder hei stellt worden, aber eine grundlegende Neuq nung der kirchlichen Institutionen war ni zuletzt am Widerstand des Papsttums gescí tert, das seine Autorität gegenüber den Konz vätern bedroht sah (►3.23). Während die naissaneepäpste mit dem Ausbau des Kirch Staats ihre weltliche Machtstellung festigt Reformation und Glaubenskriege i gen, sondern allgemein ein gerade in einer Zeit gesteigerter Religiosität verbreitetes Unbehagen an der »Anstaltskirche«, in der kirchliche Ämter in erster Linie als Einnahmequelle erstrebt wurden, in der oft mehrere Pfründen in einer Hand vereinigt waren, während die geistlichen Pflichten von mangelhaft ausgebildeten und schlecht bezahlten Vikaren versehen wurden, und in der selbst die Gnadenmittel mit einem gehörigen Maß Geschäftstüchtigkeit verwaltet wurden. Nicht zufällig war der Ablasshandel (^4.4) auslösendes Moment der Reformation. 4-4- Ablasshandel Die Lehre der katholischen Kirche vom Ablass beruht auf der Unterscheidung voň Sündenschuld und Sündenstrafen: Die Sündenschuld wird durch das Sakrament der Buße getilgt, während die zeitlichen Sündenstrafen zur Läuterung des reuigen Sünders im irdischen Leben oder im Fegefeuer abzubüßen sind. Da die Kirche über die überschüssigen Verdienste Christi und der Heiligen als »Kirchenschatz« verfügt, kann sie den Gläubigen für bestimmte Leistungen (z.B. Pilgerfahrten) Ablass der Sündenstrafen gewähren. Die spätmittelalterliche Ablasspraxis nahm einerseits aufgrund der gesteigerten Volksfrömmigkeit, andererseits infolge des wachsenden Finanzbedarfs der Kurie, die zunehmend Ablass für Geldzahlungen gewährte, immer größere Ausmaße an. A Papst Klemens VII. inmitten von Ablasshändlern. Um 1524 entstandener Holzschnitt von Hans Holhein dem Jüngeren 93 ten sie in mehreren Konkordaten den eu-* -"sehen Herrschern Sonderrechte in den rt?\ej\ ihrer Länder ein. Auch mit Kaiser p-edrich III. kam 1448 ein Konkordat zu- de bei dem die Reichsfürsten allerdings "derüngen zu ihren Gunsten durchsetzten. Schon damit war der Weg zu dem später in den -eschen Territorien eingerichteten so ge-e ten landesherrlichen Kirchenregiment be- schritten. Trotzdem blieb in Deutschland der F'nfhiss Roms stärker als in den westeuropäi-hen Ländern. Daher war man hier auch mehr als anderswo geneigt, die Kurie als Wurzel aller Übel in der Christenheit zu betrachten. Besonders erregte der steigende Geldbedarf der Moste, bedingt durch die umfangreichen Bauvorhaben, die luxuriöse Hofhaltung und die Kosten für die Kriegführung des Kirchenstaats, allgemeines Ärgernis, da die Kurie für die Vergabe von Pfründen, für Dispense, Ablässe und anderes immer neue Gebühren und Abgaben einführte. Darüber hinaus führte man Klage über die päpstliche Verwaltungspraxis und Gerichtsbarkeit. Alle diese Kritikpunkte wurden erstmals 1456 als »Gravamina (= Beschwerden) der deutschen Nation« auf einem Kurfürstentag in Frankfurt vorgetragen und dann in ähnlicher Form immer erneut, aber vergeblich wiederholt. 1520 griff Luther die Gravamina in seiner Schrift »Ah den christlichen Adel deutscher Nation« auf. Doch nicht nur diese papstfeindliche Tendenz kam schließlich in der Reformation zum Tra- ^ Kapitel 4 1517 trat im Gebiet des Kurfürstentums Brandenburg und des Erzstifts Magdeburg der Leipziger Dominikaner Johann Tetzel als Prediger für einen Ablass auf, dessen Erlös dem Bau des Petersdoms in Rom zugute kommen sollte. Tatsächlich aber war die Hälfte des eingenommenen Geldes dazu bestimmt, die Schulden des jungen Albrecht von Brandenburg bei dem Augsburger Finanzhaus Fugger abzutragen, denn Albrecht hatte hohe Schulden auf sich nehmen müssen, um die Häufung seiner geistlichen Ämter (er war Erzbischof von Mainz und Magdeburg und Administrator des Bistums Halberstadt) bei der Kurie zu erkaufen. Die Auswüchse des Tetzelschen Ablasshandels (Ablass für die Sündenstrafen Verstorbener und sogar für eigene zukünftige Sünden gegen entsprechende Zahlung) veranlassten Luther zur Abfassung seiner berühmten 95 Thesen (►4.6), ohne dass er allerdings etwas von den politischen Hintergründen dieses Geschäfts ahnte. 4.5 Luther Am 10. November 1483 wurde Martin Luther im thüringischen Eisleben geboren. Sein Vater gelangte in Mansfeld als Hüttenpächter allmählich zu Wohlstand, sodass er seinem begabten Sohn das Studium ermöglichen konnte. 1505 erwarb Martin in Erfurt den Magistergrad, doch kurz nach dem Beginn des Jurastudiums trat er aufgrund eines Gelübdes, das er spontan während eines schweren Gewitters abgelegt hatte, in das Erfurter Augustiner-Eremitenkloster ein. Während seines Klosterlebens, das ihn bis zur Professur an der Universität Wittenberg (ab 1512) führte, verschärfte er seine Askese immer mehr, und dennoch fühlte er sich stets als Sünder vor Gott. In seinen Vorlesungen beschäftigte ihn insbesondere der Begriff der Gerechtigkeit Gottes, die er als den Maßstab auffasste, den Gott an die Menschen anlegt und dem diese wegen ihrer Unvollkommenheit nie genügen können. Erst nach Jahren des Ringens - der Zeitpunkt ist ungewiss - eröffnete sich Luther in dem so genannten Turmerlebnis (im Turmzimmer des Wittenberger Klosters) eine ganz neue Sichtweise: Die Gerechtigkeit wird den Menschen um ihres Glaubens willen geschenkt, d.h., sie kann nicht durch menschliche Leistung erworben werden, sondern ist allein eine Gnade Gottes. 94 ▲ Martin Luther. Porträt aus der Werkstadt Lucas Cränachs des Ä/tej ren (1528; Wittenberg, Lutherhallem Diese Erkenntnis (später zur »Rechtfertiguni lehre« erweitert) bedeutete im Grunde schj den Durchbruch zur Reformation, aber ' sam wurde sie erst durch die gegen den Abl$ handel (^4.4) des Dominikanermönchs Tel gerichteten 95 Thesen vom 31. Oktober il (►4.6). Obwohl Luther überzeugt war, da die Lehre der Kirche gegen ihre Feinde zu f| teidigen, brach sich in der breiten Zustimmffl zu den Thesen sogleich der lange angestag Protest gegen die verweltlichte Kirche BS (►4.3). Nachdem die Dominikaner in Rj den Ketzerprozess veranlasst hatten, wui Luther im Oktober 1518 in Augsburg von I dinal Cajetan verhört, aber er weigerte sicfi widerrufen. Während sich der Prozess we| politischer Rücksichtnahme des Papstes | Luthers Landesherrn, den sächsischen Kurfi ten, verzögerte, löste sich Luther von der Aul rität der römischen Kirche und entwicki seine Theologie in den »reformatoriscffl Hauptschriften« von 1520. Die päpstlij Bannandrohungsbülle verbrannte er im zember 1520 und verweigerte am 18. April i auf dem Reichstag zu Worms erneut den1 derruf. wenn er nicht durch die Heilige Schrift , Yejnunftgründe widerlegt werde. Das da-'"'fhin vom Kaiser durchgesetzte Wormser ,-fo verhängte über Luther die Reichsacht d forderte die Verfolgung seiner Anhänger, tnnte jedoch gegen den Widerstand der lu-. jscji gesinnten Reichsstände nicht verglicht werden. fher übersetzte unterdessen im Schutz der Wartburg das Neue Testament ins Deutsche, die Bibel allen Christen unmittelbar zu-oäneüch zu machen (das Alte Testament lag erst °' v0Uständig vor). Als unter dem Einfluss radikaler reformatorischer Kräfte in Wittenberg Unruhen ausbrachen, kehrte er im März 1522 zurück und setzte den Neuerungen Grenzen. Schon diese Wirren zeigten, dass aus Luthers Forderung nach der alleinigen Autorität der Heiligen Schrift ganz andere Konsequenzen gezogen werden konnten, als er selbst es tat. So kam es zugleich mit der Abwendung vom Papsttum zur Konfessionsbildung innerhalb der evangelischenBewegung(^4.io). Überdies verband sich der religiöse Impuls 1524/25 im Bauernkrieg (► 4.11) mit sozialen Forderungen, deren Berechtigung Luther zunächst anerkannte, doch im weiteren Verlauf verurteilte er das Vorgehen der Bauern aufs Schärfste als eine Gefahr für das Evangelium. Diese Haltung kostete ihn viele Sympathien, umso mehr, als er auf dem Höhepunkt des Aufstands die ehemalige Nonne Katharina von Bora heiratete. In Luthers Stellungnahme zum Bauernkrieg zeigte sich eine Überzeugung, die - später in der »Zweireichelehre« systematisiert - die politische Ethik des Luthertums grundlegend prägte: dass ohne obrigkeitliche Ordnung als Setzung Gottes auch die Freiheit des Evangeliums nicht möglich sei. Da alles, was in irgendeiner Form organisiert werden muss, dem weltlichen Zuständigkeitsbereich zugewiesen wurde, fiel dem Staat letztlich auch die Sorge für die äußere Ordnung der Kirche zu, was Luthers eigentlicher Absicht zuwiderlief. Das »landesherrliche Kirchenregiment« hatte allerdings schon vorre-formatorische Wurzeln (►4.3). Zur Neugestaltung von Gottesdienst und Lehre trug Luther selbst entscheidejid bei durch seine »Deutsche Messe« (1526), den Kiemen und Großen Katechismus (1529) und die Schaffung des evangelischen Kirchenlieds. - Am 18. Februar 1546 starb er in Eisleben; er wurde in der Wittenberger Schlosskirche bestattet. ' Reformation und Glaubenskriege i 4- -Ö Thesenanschlag und reformatorische Hauptschriften Die in lateinischer Sprache verfassten 95 Thesen vom 31. Oktober 1517 waren nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt (der Anschlag an der Tür der Wittenberger Schlosskirche wird heute vielfach bezweifelt), sondern als theologischer Diskussionsbeitrag gedacht. Sie richteten sich nicht grundsätzlich gegen den Ablass, sondern gegen die in der Ablasspredigt verkündete falsche Sicherheit des Heils, stellten aber mit ihrem Bußbegriff die kirchliche Bußpraxis infrage. Populär wurden die Thesen vor allem dadurch, dass sie den Unwillen der Laien über das Finanzgebaren der Kirche wiedergaben (►4-4)- Luthers Bruch mit der mittelalterlichen Kirche spiegelt sich erst in den Schriften des Jahres 1520 in voller Schärfe wider. Besondere Bedeutung kommt zwei großen Kampfschriften zu: In »An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung« appellierte Luther an Kaiser und Reichsstände, angesichts des Versagens der geistlichen Autoritäten die erforderlichen kirchlichen wie sozialen Reformen in die Hand zu nehmen und das seit langem allenthalben verlangte Konzil einzuberufen. Hatte Luther schon bei der Leipziger Disputation mit dem Ingolstädter Theologen Johannes Eck 1519 erklärt, dass sich auch Konzilien irren könnten, so sprach er nun überhaupt der geistlichen Gewalt den Vorrang vor der weltlichen ab, ja er hob die Trennung zwischen beiden auf, indem er das »allgemeine Priester-tum« aller getauften Christen verkündete. Den eigentlichen Angriff auf die scholastische Theologie führte Luther in der Schrift »Von der Babylonischen Gefangenschaft der Kirche«, in der er nur Taufe, Abendmahl und - mit Einschränkungen - Buße als Sakramente gelten ließ, wobei er für das Abendmahl den Laienkelch forderte und das Verständnis des Abendmahls als Opfer ablehnte; auch hier wie in der Rechtfertigungslehre der Grundgedanke: Der Mensch kann Gott nichts geben, sondern sich nur beschenken lassen (d. h. im Abendmahl mit dem Opfer Christi). Ohne polemischen Bezug zu den theologischen Auseinandersetzungen ist eine dritte program- 95 yitf* Kapitel4 ;.. ■_ '_:;,_.'s.,„- ..-,'*-i,-_, i mansche Schrift Luthers von 1520: »Von der Freiheit eines Christenmenschen«. Darin hebt er den Widerspruch zwischen den Aussagen »Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand Untertan« und »Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann Untertan« in der Bindung an Christus auf: Die durch den Glauben gewonnene ietzte Sicherheit in Christus macht den Gläubigen frei zum Dienst am Mitmenschen, ohne ihn dem Zwang zu »guten Werken« zu unterwerfen. Kurz zuvor hatte Luther in dem Sermon (Predigt) »Von den guten Werken« klargestellt, dass Werke zwar keine Vorbedingung des Heils, aber selbstverständliche Früchte des Glaubens seien. So stand Martin Luther, als der Bann gegen ihn erfolgte, tatsächlich nicht mehr auf dem Boden der alten römisch-katholischen Kirche; an eine Reformation im Sinne einer inneren Erneuerung der Kirche war nicht mehr zu denken, zu- mal Luther im Papsttum selbst zunehmend c Antichrist sah. 4-./ Das Weltreich der Habsburger Die Voraussetzungen für den Aufstieg des } ses Österreich zu europäischer Großmächte lung schuf Kaiser Friedrich III. durch die ] Verbindung seines Sohnes Maximilian mit j ria, der Erbin Herzog Karls des Kühnen' Burgund (1477). Damit machte er sich ali dings den französischen König zum Feind,] das Erbe seines burgundischen Verwand; ebenfalls beanspruchte. Der burgundische I derkomplex war jedoch im 14. und 15. Jahrhj dert über das eigentliche Herzogtum, die B v Rothenburg ob der Tauber ■iif«:.»u*.... Ansbach .Heilbronn'"We,nsbei8 Straßburi Stuttgart Ki-irs'iii Khiinoan ■. Gmünd ' Ingol Ulm..«Leipheim ?3±. Augsburj • Baltringen : ^lIRsr^-n *™insen ^mSm* sfühlingertV . . .Kempten ^- s\ Raw jZwettl Freistadt Nied^JX osterreich r^^-^^-* stmnV Österreichs y ^ Lilienfeld, fei.. _, . .Jttingen „^-ľ Lindau Ädmont Sankt Gallen Luthers »Turmerlebnis« ist bei Zwingli nicht festzustellen. Äußerer Anlass der Reformation in Zürich war ein Wurstessen in der Fastenzeit 1522. Zwingli verteidigte die Tat in seiner Schrift »Von Erkiesen und Freiheit der Speisen«. Nachdem der Zürcher Rat die evangelische Predigt erlaubt hatte, legte Zwingli sein Priesteramt nieder, und 1523 veröffentlichte er 67 »Schlussreden«, in denen er zahlreiche Institutionen und Lehren der katholischen Kirche als nicht schriftgemäß ablehnte. In der Folgezeit setzte er im Zusammenwirken mit dem Rat schrittweise die Abschaffung aller nicht streng biblisch begründeten Elemente des kirchlichen Lebens wie Messe, Heiligenbilder, Gemeindegesang, Prozessionen und Klöster durch und wirkte damit auf viele Reformatoren in der Schweiz und in Oberdeutschland. Von Luther trennte ihn nicht nur die Radikalität, seiner Maßnahmen, sondern auch ein tiefgreifender Lehrunterschied. Dennoch bemühten sich beide Seiten um einen Ausgleich, um gegen die katholischen Mächte einen Rückhalt zu ^ Atter- ■_ Salzburg"4 '-'-" f Aussee- \.f Aomont _> ' :. ■> I ■ :■.. i. ■.- Schladming ,ť"S ■ Mui ^leoBerr. Windisch- ..," '-äiernfark Matiei. Obervellach Murau \ \ finden. So kam auf Betreiben des Landgrafen Philipp von Hessen 1529 das »Marburger Religionsgespräch« zwischen Luther und seinem Freund Philipp Melanchthon einerseits sowie Zwingli und dem Baseler Reformator Johannes Oekolampad andererseits zustande. Es scheiterte jedoch an der Abendmahlsfrage: Während die Schweizer das Abendmahl nur als symbolisches »Wiedergedächtnis« der Erlösung durch Christi Tod gelten lassen wollten, beharrten die Wittenberger auf der leiblichen Gegenwart Christi (Realpräsenz). Damit war dem von Zwingli und Philipp von Hessen angestrebten antihabsburgischen Bündnis praktisch der Boden entzogen. Auch in der Eidgenossenschaft engagierte sich Zwingli im Kampf gegen die katholisch gebliebenen Kantone Uri, Schwyz, Unterwaiden, Zug und Luzern. Nachdem ein erster konfessioneller Krieg 1529 mit einem Waffenstillstand geendet hatte, arbeitete Zwingli auf eine neue Auseinandersetzung hin. In diesem Krieg fiel er als Feldprediger am 11. Oktober 1531 bei Kappel. Sein Nachfolger Heinrich Bullinger rettete sein y*i" Kapitel 4 Erbe und einigte sich 1549 mit dem Genfer Reformator Johannes Calvin (►4.13) auf ein gemeinsames Bekenntnis. \m 4.I3 Calvin Am 10. Juli 1509 wurde Jean Cauvin, der später dem Brauch der Humanisten gemäß die lateinische Namensform Johannes Calvinus wählte, in Noyon (Picardie) geboren. Er studierte die Rechte und widmete sich dann humanistischen Studien, die ihn auch mit reformatorischen Gedanken in Berührung brachten. Seine Entwicklung zum aktiven Bekenner des evangelischen Glaubens war jedoch ein langer Prozess. Ende 1533 floh er wegen einer der Ketzerei verdächtigten Rede seines Freundes aus Paris, denn in Frankreich wurden die Protestanten streng verfolgt. Bereits 1535 verfasste er in Basel sein später immer wieder überarbeitetes theologisches Hauptwerk »Institutio Christianae Religionis«, eine Zusammenfassung der evangelischen Lehre und zugleich eine Verteidigung seiner evangelisch gesinnten Landsleute. Entscheidend für sein ganzes weiteres Leben wurde ein Aufenthalt in Genf 1536, wo ihn der dort wirkende Reformator Guillaume Farel bat, zu bleiben und ein kirchliches Amt zu übernehmen. Calvin fügte sich widerstrebend, aber in dem Bewusstsein, zum Werkzeug Gottes berufen zu sein. In kurzer Zeit begann er mit der reformatorischen Durchgestaltung des ganzen öffentlichen und privaten Lebens der Stadt. Sein Plan, alle Bürger auf den in seinem Genfer Katechismus formulierten Glauben zu vereidigen, traf allerdings auf massiven Widerstand. 1538 wurde Calvin (ebenso Farel) aus Genf verbannt, jedoch nach drei Jahren zurückgerufen. Nun setzte er seine Kirchenordnung, die »Or-donnances ecclésiastiques«, durch, die mit den vier Ämtern der Prediger, Lehrer, Ältesten (meist Ratsherren) und Diakone eine enge Verbindung von Kirchenleitung und Stadtregierung schuf. Das aus Ältesten und Pfarrern zusammengesetzte Konsistorium hatte den Lebenswandel aller Gemeindeglieder zu überwachen. Die strenge Lehr- und Kirchenzucht wurde mit eiserner Härte und ohne Ansehen der Person verwirklicht. Das verwickelte Calvin in zahlreiche Prozesse, als deren Höhepunkt die Ketzerverbrennung des mit Calvin bekannten Michel Servet, eines Gegners derTrinitätslehre, 1553 in Genf gilt. II Calvins unerbittliche Strenge ist nur von s,v Überzeugung her zu verstehen, dass der 1 Gottes unter allen Umständen Geltung schafft werden müsse. Dieser Grundzug pr„ seine ganze Theologie. Damit hängt auch se* Prädestinationslehre zusammen, d. h. die A fassung, dass Gott die Menschen nach sein souveränen, unerforschlichen Ratschluss z ewigen Leben oder zur ewigen Verdammnis stimmt habe. Diese Lehre wurde von den de: sehen Lutheranern nicht geteilt. Der Str punkt, an dem es schließlich zum Bruch z sehen den beiden Richtungen kam, war all dings die Abendmahlslehre, in der sich Cal den Zwinglianern angenähert hatte (►4* Die tief gehende Entfremdung führte d dass die Anhänger Calvins im Augsburger' gionsfrieden (►4.14) nicht anerkannt wurd Außerhalb Deutschlands jedoch beeinflus Calvin den Protestantismus entscheidend. \, über seinen Tod (am 27. Mai 1564) hinaus seine Lehre dem Widerstand der französisch Hugenotten und der protestantischen Nied länder gegen ihre Unterdrückung Rückhalt. í 4.I4 Augsburger Religionsfriede Trotz der Erfolge Kaiser Karls V. (^4.9) gé die lutherischen Reichsstände im Schmalkal" sehen Krieg 1546/47 erwies sich die Wieď herstellung der Glaubenseinheit im Heili Römischen Reich als unmöglich. Nachd Baris Bruder Ferdinand I. mit dem Führer:' Fürstenopposition, Kurfürst Moritz von _ . sen, im Passauer Vertrag 1552 einen vorläufi' Kompromiss in der Glaubensfrage ausgeha delt hatte, kam auf dem von Ferdinand gelei ten Augsburger Reichstag von 1555 gegen c Willen des Kaisers ein endgültiger Ausgle.. zustande. Die Anhänger des Augsburgisch Bekenntnisses von 1530, d.h. die Lutheran wurden als gleichberechtigt anerkannt. _ freie Wahl des Bekenntnisses blieb aber auf Reichsstände und die Reichsritterschaft . schränkt; nach ihrem Bekenntnis hatte sich ihrer Untertanen zu richten. Andersgläubi sollten ohne Verlust an Besitz und Ehre aü wandern dürfen. Djeses Prinzip umschri man später mit der Formel »Cuius regio, eius'r ligio« (wes das Land, des die Religion). Ausn men von diesem Grundsatz bildeten zum ein Bestimmung, dass Reichsstädte, die die Jesse wieder eingeführt hatten, sie auch wei- hin neben dem evangelischen Gottesdienst A lden mussten, und zum anderen der von den Protestanten nicht gebilligte »geistliche Vorbe- i, if« der für den Fall des Konfessionswechsels istlicher Reichsfürsten diese zum Verzicht if ihr Amt zwang und damit die weitere Säku- 1 risatíon der Bistümer verhindern sollte. An- ' •1™^}*i(«l W t™«-~ lf§«^ A«rJi £*-* afWiÄir« >-ř*#- iS^&*H jM-ŕ*, WJ ▲ Die Urkunde des Augsburger Religionsfriedens von 1555, der die Gleichberechtigung der beiden Konfessionen im Reich festschrieb dererseits gestand Ferdinand in einer gesonderten Erklärung zu, dass lutherische Untertanen geistlicher Reichsfursten weiterhin bei ihrem Bekenntnis bleiben durften. Die beiderseits bekräftigte Versicherung, man werde keinen Reichsstand wegen seiner Konfessionszugehörigkeit mit Krieg überziehen, bewährte sich tatsächlich für mehr als sechs Jahrzehnte. Doch die •im Dreißigjährigen Krieg (►4.21) gipfelnden Reformation und Glaubenskriege Spannungen zeigten, dass der Konfessionskonflikt mit rechtlichen Mitteln letztlich nicht zu lösen war. Zugleich mit der Religionsfrage kam auf dem Aügsburger Reichstag die für die Verfassungsentwicklung des Reiches bedeutsame Reichsexekutionsordnung zum Abschluss. Die Wichtigkeit der Landfriedenswahrung hatte sich erst 1552/53 von neuem erwiesen, als Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach Franken verwüstet hatte und schließlich von Moritz von Sachsen, der dabei den Tod fand, besiegt worden war. Daraufhin beschloss der Reichstag 1555, anknüpfend an Reformversuche des Reichsregiments von 1521, ein Verfahren zur Sicherung des Landfriedens auf der Grundlage der zehn Reichskreise (►3.26). Die zu den jeweiligen Reichskreisen gehörigen Reichsstände hatten nun neben der Gestellung von Truppen für das Reichsheer gemäß der Reichsmatrikel auch die so genannte Reichsexekution gegen Landfriedensbrecher zu vollstrecken, zum Teil im Auftrag des Reichskammergerichts, das für den Reichslandfrieden zuständig war. Die Aufstellung der Kreistruppen oblag in jedem Reichskreis einem Kreisobersten. Ein bzw. zwei kreisausschreibende Fürsten beriefen die Kreistage ein. Die Reichskreise waren also eine von den Ständen, nicht vom Kaiser getragene Institution. Sie bewährten sich in der Landfriedenswahrung, traten aber in den Kriegen gegen äußere Feinde zunehmend gegenüber den eigenen Heeren der Reichsfursten zurück. 4-. 15 Gegenreformation Der Zeitraum vom Augsburger Religionsfrieden (1555) bis zum Westfälischen Frieden (1648) wird in der deutschen Geschichtsschreibung als Zeitalter der Gegenreformation bezeichnet. Dieser Begriff drückt aus, dass die der Reformation (►4.10) folgende Epoche durch die gewaltsame Rekatholisierung protestantisch gewordener Gebiete gekennzeichnet ist. Es wurde jedoch nachgewiesen, dass der Aufschwung des Katholizismus keineswegs auf bloßer Durchsetzung »von oben« beruhte, sondern seine Wurzeln schon in den kirchlichen Reformbestrebungen des 15. Jahrhunderts hatte. Für diese innere Erneuerung setzte sich die Bezeichnung »katholische Reform« durch. Sie stand freilich in enger Wechselwirkung mit der eigentlichen Gegenreformation.