6. Mit Kreuz und Schwert Kampf den letzten Heiden Europas Seit 1305 zogen Jahr für Jahr Fürsten und Ritter mit ihrem Gefolge gen Osten, ins Ordensland, wo heute Polen an Russland und Litauen grenzt. Ihr Ziel: die letzten Heiden Europas zu bekehren und das Land zu beherrschen. Nachdem alle Bastionen der Kreuzfahrer im Heiligen Land von muslimischen Truppen zurückerobert worden und Jerusalem 1244 endgültig gefallen war, mussten sich die Kreuzritter eine neue Herausforderung suchen. Sie fanden sie im Osten Europas, wo bis auf die Litauer alle heidnischen Gegner der Christen im Ostseeraum "bekehrt" worden waren. Der Deutsche Orden sollte hier eine maßgebliche Rolle spielen und die Teilnahme am "Litauer-Kreuzzug" wurde zu einer der klassischen Bewährungsproben des spätmittelalterlichen Rittertums, die den Beteiligten zudem die Vergebung ihrer Sünden und Reichtum versprach. Kurzgeschichte des Deutschen Ordens Der Orden ging aus einer 1189 während der Belagerung Akkons gegründeten Hospitalbruderschaft hervor, die sich zunächst der Pflege deutscher Pilger und Kreuzritter annahm. Bereits 1198 wurde die von den Staufern unterstützte Bruderschaft, an deren Spitze der auf Lebenszeit gewählte Hochmeister stand, nach dem Vorbild der Templer in einen Ritterorden mit weißem Mantel und schwarzem Kreuz umgewandelt. Friedrich II. machte den 4. Hochmeister des Ordens, Hermann von Salza, zu seinem engsten Vertrauten und Berater in den Auseinandersetzungen mit dem Papsstum. Einfluss und Besitztümer des Deutschen Ordens vergrößerten sich stetig während des 13. Jahrhunderts. Seine Aktivitäten verlagerten sich mehr und mehr vom Heiligen Land in den Ostseeraum. 1225 wurde dem Orden die Herrschaft über das Kulmerland an der Weichsel übertragen. Von dort aus betrieb er ab 1231 die Eroberung der Gebiete der baltischen Prußen. Expansionsmacht auf dem Vormarsch Der Deutsche Orden hatte sich im Laufe des 13. Jahrhunderts - vor allem durch die Unterstützung europäischer Monarchen und der Kirche - neben der Hanse zum stärksten und größten Machtfaktor im Nordosten Europas entwickelt. Der ursprüngliche Ordensgedanke, kranke Kreuzritter zu pflegen, spielte schon lange keine Rolle mehr. Marienburg in Westpreußen. Quelle: ZDF Die machtvollen Backsteinbauten der Marienburg in Westpreußen waren ab 1309 Sitz des Hochmeisters des Deutschen Ordens Für seine Politik hatte der Deutsche Orden nicht nur den Segen des Papstes. Kaiser Friedrich II. zum Beispiel hatte den Orden bereits 1226 in der Goldbulle von Rimini ermächtigt, das heidnische Gebiet im Norden zu erobern, die Bewohner zu bekehren und selbst die Herrschaft in dem eroberten Gebiet auszuüben. "Heidenland" galt Papst wie Kaiser schlicht als herrenloses Land. Damit war die Grundlage für den Deutschordensstaat geschaffen, der in seiner größten Ausdehnung Preußen, Livland, Kurland, Estland und die Insel Gotland umfasste. "Reise" nach Preußen Entlang der baltischen Küste bis nach Königsberg hatte der Deutsche Orden Stützpunkte. Ehe die "Reise"- wie der Kriegszug gegen die Litauer genannt wurde - beginnen konnte, mussten aber Flüsse und Sümpfe zugefroren sein. Bis zum Beginn der Treibjagd auf die Heiden vergnügte man sich daher in Königsberg. Die "Königsberger Saison" war ein fester Termin im Veranstaltungskalender der europäischen Ritterschaft. Manche Ritter kamen nur einmal nach Preußen, manche öfter, viele sogar Jahr für Jahr. Prominente Namen darunter: der Herzog von Brabant, der Herzog von Bourbon, der König von Ungarn, der Markgraf von Namur und der Herzog von Österreich. Sie alle hinterließen als Andenken gemalte Wappen. Heraldiker Wim van Aanroj über die Teilnehmer an den so genannten "Preußenreisen": "Es ist auffällig, dass die Teilnehmer an den Kreuzzügen nicht nur aus bestimmten Regionen kamen. Es waren Adlige aus ganz Europa, die nach Preußen zogen, um Rittertaten zu vollbringen, um Ruhm und Ehre zu erwerben und Ablass zu erhalten. Sie hatten sich auch an Kreuzzügen ins Heilige Land, nach Spanien und in die Türkei beteiligt. Aber nun war Preußen für sie ein festes Reiseziel. So wie es heutzutage zum Beispiel üblich ist, in Frankreich Urlaub zu machen." Heiden werden exekutiert. Quelle: ZDF Öffentliche Exekution von Heiden Verbrannte Erde Über 300 Kreuzzüge führte der Deutsche Orden zwischen 1305 und 1409 gegen die Litauer. Bis zu viermal pro Jahr zog man brandschatzend, plündernd und mordend gegen die Heiden. Bei der Bekehrung der "letzten Heiden in Europa" mit Feuer und Schwert hinterließen die Kreuzritter nichts als verbrannte Erde. Wer nicht fliehen konnte, wurde gefangen genommen und zwangschristianisiert. Adlige wurden in der Marienburg festgesetzt. Allerdings konnte der Deutsche Orden nur bis 1410 seine Stellung im Osten behaupten. Litauen verbündete sich mit Polen und bereitete dem Orden in diesem Jahr in der Schlacht bei Tannenberg eine Niederlage. Der Niedergang des Deutschen Ordens war eingeläutet.