Joseph v. Eichendorff – Gedichte In der Fremde Aus der Heimat hinter den Blitzen rot Da kommen die Wolken her, Aber Vater und Mutter sind lange tot, Es kennt mich dort keiner mehr. Wie bald, ach wie bald kommt die stille Zeit, Da ruhe ich auch, und über mir Rauscht die schöne Waldeinsamkeit, Und keiner kennt mich mehr hier. Intermezzo Dein Bildnis wunderselig Hab ich im Herzensgrund, Das sieht so frisch und fröhlich Mich an zu jeder Stund. Mein Herz still in sich singet Ein altes schönes Lied, Das in die Luft sich schwinget Und zu dir eilig zieht. Waldesgespräch Es ist schon spät, es ist schon kalt, Was reitest du einsam durch den Wald. Der Wald ist lang, du bist allein, Du schöne Braut! Ich führ dich heim! "Groß ist der Männer Trug und List, Vor Schmerz mein Herz gebrochen ist, Wohl irrt das Waldhorn her und hin, O flieh! Du weißt nicht, wer ich bin." So reich geschmückt ist Roß und Weib, So wunderschön der junge Leib, Jetzt kenn ich dich - Gott steht mir bei! Du bist die Hexe Lorelei. - "Du kennst mich wohl - vom hohen Stein Schaut still mein Schloß tief in den Rhein. Es ist schon spät, es ist schon kalt, Kommst nimmermehr aus diesem Wald." Die Stille Es weiß und rät es doch keiner, Wie mir so wohl ist, so wohl! Ach, wüßt es nur einer, nur einer, Kein Mensch es sonst wissen soll! So still ist's nicht draußen im Schnee, So stumm und verschwiegen sind Die Sterne nicht in der Höh, Als meine Gedanken sind. Ich wünscht', ich wäre ein Vöglein Und zöge über das Meer, Wohl über das Meer und weiter, Bis daß ich im himmel wär! Es weiß und rät es doch keiner, Wie mir so wohl ist, so wohl! Ach, wüßt es nur einer, nur einer, Kein Mensch es sonst wissen soll! Mondnacht Es war, als hätt' der Himmel, Die Erde still geküßt, Daß sie im Blütenschimmer Von ihm nur träumen müßt. Die Luft ging durch die Felder, Die Ähren wogten sacht, Es rauschten leis die Wälder, So sternklar war die Nacht. Und meine Seele spannte Weit ihre Flügel aus, Flog durch die stillen Lande, Als flöge sie nach Haus. Schöne Fremde Es rauschen die Wipfel und schauern, Als machten zu dieser Stund Um die halbversunkenen Mauern Die alten Götter die Rund. Hier hinter den Myrtenbäumen In heimlich dämmernder Pracht, Was sprichst du wirr wie in Träumen Zu mir, phantastische Nacht? Es funkeln auf mich alle Sterne Mit glühendem Liebesblick, Es redet trunken die Ferne Wie vom künftigem, großem Glück. Auf einer Burg Eingeschlafen auf der Lauer Oben ist der alte Ritter; Drüber gehen Regenschauer, Und der Wald rauscht durch das Gitter, Eingewachsen Bart und Haare Und versteinert Brust und Krause, Sitzt er viele hundert Jahre Oben in der stillen Klause. Draußen ist es still' und friendlich, Alle sind ins Tal gezogen, Waldesvögel einsam singen In den leeren Fensterbogen. Eine Hochzeit fährt da unten Auf dem Rhein im Sonnenscheine, Musikanten spielen munter, Und die schöne Braut, die weinet. In der Fremde Ich hör' die Bächlein rauschen Im Walde her und hin. Im Walde, in dem Rauschen, Ich weiß nicht, wo ich bin. Die Nachtigallen schlagen Hier in der Einsamkeit, Als wollten sie was sagen Von der alten, schönen Zeit. Die Mondesschimmer fliegen, Als säh ich unter mir Das Scloß im Tale liegen, Und ist doch so weit von hier! Als müßte in dem Garten, Voll Rosen weiß und rot, Meine Liebste auf mich warten, Und ist doch so lange tot. Wehmut Ich kann wohl manchmal singen, Als ob ich fröhlich sei, Doch heimlich Tränen dringen, Da wird das Herz mir frei. Es lassen Nachtigallen, Spielt draußen Frühlingsluft, Der Sehnsucht Lied erschallen Aus ihres Kerkers Gruft. Da lauschen alle Herzen, Und alles ist erfreut, Doch keiner fühlt die Schmerzen, Im Lied das tiefe Leid. Zwielicht Dämmrung will die Flügel spreiten, Schaurig rühren sich die Bäume, Wolken ziehn wie schwer Träume - Was willst dieses Graun bedeuten? Hast ein Reh du lieb vor andern, Laß es nicht alleine grasen, Jäger ziehn im Wald und blasen, Stimmen hin und wieder wandern. Hast du einen Freund hienieden, Trau ihm nicht zu dieser Stunde, Freundlich wohl mit Aug' und Munde, Sinnt er Krieg im tück'schen Frieden. Was heut gehet müde unter, Hebt sich morgen neu geboren. Manches geht in Nacht verloren - Hüte dich, sei wach und munter! Im Walde Es zog eine Hochzeit den Berg entlang, Ich hörte die Vögel schlagen, Da blitzten viel Reiter, das Waldhorn klang, Das war ein lustiges Jagen! Und eh ich's gedacht, war alles verhallt, Die Nacht bedecket die Runde, Nur von den Bergen noch rauschet der Wald Und mich schauert's im Herzensgrunde. Frühlingsnacht Über Garten durch die Lüfte Hört ich Wandervögel ziehn, Das bedeutet Frühlingsdüfte, Unten fängt's schon an zu blüh'n. Jauchzen möcht ich, möchte weinen, Ist mir's doch, als könnt's nicht sein! Alte Wunder wieder scheinen Mit dem Mondesglanz herein. Und der Mond, die Sterne sagen's, Und im Traume rauscht's der Hain, Und die Nachtigallen schlagen's: Sie ist deine! Sie ist deine! Heinrich Heine – Gedichte Das ist ein Flöten und Geigen Das ist ein Flöten und Geigen, Trompeten schmettern darein; Da tanzt wohl den Hochzeitreigen Die Herzallerliebste mein. Das ist ein Klingen und Dröhnen, Ein Pauken und ein Schalmei'n; Dazwischen schluchzen und stöhnen Die lieblichen Engelein. Ein Jüngling liebt ein Mädchen Ein Jüngling liebt ein Mädchen, Die hat einen andern erwählt; Der andre liebt eine andre, Und hat sich mit dieser vermählt. Das Mädchen nimmt aus Ärger Den ersten besten Mann, Der ihr in den Weg gelaufen; Der Jüngling ist übel dran. Es ist eine alte Geschichte, Doch bleibt sie immer neu; Und wem sie just passieret, Dem bricht das Herz entzwei. Ich hab im Traum geweinet Ich hab' im Traum geweinet, Mir träumte, du lägest im Grab. Ich wachte auf, und die Träne Floß noch von der Wange herab. Ich hab' im Traum geweinet, Mir träumt', du verließest mich. Ich wachte auf, und ich weinte Noch lange bitterlich. Ich hab' im Traum geweinet, Mir träumte, du wär'st mir noch gut. Ich wachte auf, und noch immer Strömt meine Tränenflut. Friedrich Rückert - Tanzlied Sie: Eia, wie flattert der Kranz, Trauter, komm mit mir zum Tanz! Wollen uns schwingen, rasch uns erspringen mitten im wonnigen Glanz. Er: Weh, weh, wie pocht mir das Herz, sage, was soll mir der Scherz? Laß dich umschließen, laß mich zerfließen, ruhend im seligen Schmerz. Sie: Eia, der Walzer erklingt, Pärchen an Pärchen sich schwingt, Mädchen und Bübchen, Schelmchen und Liebchen! Frisch, wo's am dichtesten springt! Er: Wehe! mir sinket der Arm mitten im jauchzenden Schwarm. Wie sie sich fassen, muß ich erblassen, möchte vergehen im Harm. Sie: Eia, wie flattert der Kranz, heute für alle im Tanz, flatterig heute, morgen gescheute, morgen, o Trauter, dein ganz!