Zwölf Fragen zu ausgewählten Textproben aus Trojanows Roman Der Weltensammler 1. Naukaram hat es geschafft, durch Verfolgung Burtons gleich nach seiner Landung in Indien sich dem englischen Offizier als Diener einzuschmeicheln und unentbehrlich zu machen. Die meisten Informationen über Burton erfährt der Leser allerdings weder vom allwissenden Erzähler, noch von Burton, noch direkt von Naukarams Gedanken, sondern aus seiner Erzählung an den Schreiber, der offentliche Schreiber heißtin Indien Lahiya. Naukaram braucht ein Empfehlungsschreiben an potenzielle neue englische Brotgeber in Indien, nachdem er in Europa von Burton entlassen wurde. Aus einem Empfehlungsschreiben wird ein Buch und die Dialoge zwischen Naukaram und dem Lahiya verunsichern den Leser: Wer erzöhlt und wer nimmt war? Die Kombination von telling (Erzählerbericht) und showing (Dialoge) zwingen den Leser wachsam zu bleiben. Wie ist die Szene (S. 31, Trojanow 2), in der Naukaram an Burton herantritt und seine Dienste anbietet, fokalisiert? Wer nimmt Bombay als eine rülpsende pralle Stadt wahr? 2. Wie wird das code switching, der Wechsel zwischen Englisch und dem Gujarati, einer der neuindoarischen Sprachen, im Roman (S. 32)signalisiert? Mit welchem Titel wird Burton von Naukaram angeredet? Es ist eine respektvolle Andredeform für Europäer im kolloniaen Indien, ein Mischwort aus Hindi und dem Arabischen. 3. Im Kapitel 59 (S. 210 ff.) versucht Naukaram im Pakistan, dem islamischen Teil des kollonialen Indien, aus dem britischen Gefängnis, wo der als Moslem verkleideter Burton gefangen wird. im Kapitel 57 erzählte Naukaram, wie es ihm gelang den Komandanten der Festung durch seine Schilderung Burtons zu fesseln: Er glaubte mir nicht. Mein Beharren aber, das beeindruckte ihn. [...] Der Kommandant war gereizt, ich hatte ihn geködert. Auch der Leser wird von Trojanow geködert, trotz mancher Abschweifung und Verzögerung die Geschichte von Naukaram und Burton zu verfolgen. Warum verleugnet Burton im Gefängnis Naukaram, warum weigert er sich seine Identität als Verschwörer gegen die Briten abzulegen? Wie wird der Leser „gezwungen“, zuerst selbst eine Antwort auf diese Frage zu suchen? 4. Wird dann dieses Geheimnis doch gelüftet? Warum dieser Erzähltrick? 5. Der Sprachlehrer Burtons sagt Fasten ist nicht dasselbe wie hungern. Welchen Stellenwert hat diese Aussage in Bezug auf den Leser, der Ausdrücke wie Tonga/ ein vom Pferd oder Maulesel gezogener Karren entziffern muss und sich in die Romanhelden hineinversetzt? 6. Kapitel 60 enthält ein Beispiel einer Anachronie. Es ist kaum anzunehmen, dass dieses Analepse zu der Ebene Naukaram – der Lahiya gehört. Welche Fuktion hat sie für die Rezeption des Romans durch einen europäischen Leser ? Die eines Köders, oder? 7. Im Kapitel 61 (S. 215 ff.) erzählt Naukaram, der sich die Abneigung Burtons gegen den Geruch der Manilas nicht erklären kann. Der Leser weiß mehr, wieso? Burton täuscht vor, schwer krank zu sein, um Indien verlassen zu können. Die Vortäuschung aber rächte sich, wie? 8. Was ist ein Lupanar? Kap. 62 greift zum Stoff, der häufig in trivialen Romanen aufgegriffen wird? Wird hier Trojanow trivial? 9. Im Kapitel 63 wird die Grenze zwischen dem Leser der vom Lahia verfassten Geschichte Naukarams und und der vom Trojanow verfassten Geschichte Burtons verwischt. Welche poetologische Aussagen enthält es? 10. Im Kapitel 63 geht es ums Geld. Welches? Inwieweit könnte sich auch in diesem Kapitel die Situation Trojanows als Romanautor widerspiegeln? 11. Im Kapitel 63 wird die Verwirrung des Lesers durch eine weitere metadiegetische Ebene noch größer. Warum? 12. Die Unzuverlässigkeit Burtons aus der Sicht der britischen Armee sollte ihn in den Augen der aktuellen Leser adeln. Kann man als Europäer den beschränkten Blickwinkel auf andere Kulturen überwinden? Was passierte am Ende der Kolonialära mit dem kolonialistischen Denken, gegen das sich Burten auflehnt, welche gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Konsequenzen dieser Stereotypen sind noch heute sichtbar ?