Kulturelle Barrieren bei der Übersetzung von Tourismusprospekten. Am Beispiel der deutschen Übersetzung des Prospekts der finnischen Stadt Naantali Kathrin Büther (TU Darmstadt) [BIO] und Marian Lundenius (Universität Åbo Akademi, Finnland) [BIO] Email:kathrin.buether@ifs.tu-darmstadt.de und marian.lundenius@abo.fi 1. Übersetzte Tourismusprospekte – eine besondere Form interkultureller Kommunikation? Tourismustexte spielen in der Übersetzungspraxis finnischer Übersetzer eine große Rolle: „Texte aus der Tourismusbranche gehören zu den wichtigsten Auftragsquellen von Übersetzern, die vom Finnischen ins Deutsche arbeiten“ (Pesch 1999: 4). Abgesehen von der Arbeit Peschs (1999) gibt es allerdings bisher kaum Untersuchungen zu deutschsprachigen finnischen Tourismustexten, obwohl deutsche Touristen für den finnischen Tourismus eine der Hauptzielgruppen darstellen (vgl. Statistics Finland 2007). Auch Untersuchungen zur Übersetzung von Tourismustexten anderer Kultur- und Sprachpaare sind bisher rar; nennenswert ist hier noch die Arbeit von Neumann (2003) zur Textsorte „Reiseführer“ im kontrastiven Vergleich Deutsch-Englisch. Übersetzte Texte und die mit ihnen verbundenen Textproduktions– und -rezeptionsprozesse lassen sich als eine Form interkultureller Kommunikation auffassen (ähnlich z.B. auch Reiß/Vermeer 1984). Im Allgemeinen versteht man unter interkultureller Kommunikation eine Kommunikationssituation, in der Angehörige verschiedener Kulturen aufeinander treffen. Interkulturen entstehen nach Bolten dann, „wenn Mitglieder unterschiedlicher Lebenswelten gemeinschaftlich handeln“, d.h. sie „existieren […] nur in Abhängigkeit ihrer Beteiligten“ (Bolten 2001: 18). Nun treffen Personen im Falle von Übersetzungen zwar nicht direkt aufeinander, sondern nur mittelbar durch den Text, doch eine Ausweitung des Begriffs scheint uns durchaus gerechtfertigt: Zum einen muss der Übersetzer zwischen zwei Kulturen vermitteln und bei der Textproduktion sowohl die Ausgangs- als auch die Zielkultur berücksichtigen, und zum anderen tritt der Rezipient über den übersetzten, fremdkulturell geprägten Text (mittelbar) mit der Ausgangskultur in Kontakt. Bei übersetzten Tourismustexten ergibt sich zusätzlich, dass der Rezipient Informationen über die andere Kultur erwartet; d.h. die Thematisierung kultureller Eigenheiten wird als Textsortenmerkmal vorausgesetzt. Tourismustexte sollen explizit eine fremde Kultur vermitteln und für sie werben. Idealerweise soll bei der Übersetzung außerdem der kulturelle Hintergrund und das jeweilige Vorwissen der Touristen berücksichtigt werden. Diese Konstellation macht Tourismusprospekte für die Untersuchung kultureller Barrieren bei der Übersetzung besonders interessant. Bei dem hier untersuchten Tourismusprospekt handelt es sich um den Prospekt des finnischen Tourismusorts Naantali aus dem Jahr 2004 („Naantali 2004. Aurinkokaupunki.“) bzw. seine deutsche Übersetzung („Naantali 2004. Die Sonnenstadt.“). Dieser Prospekt ist uns aufgefallen, weil schon bei der ersten Durchsicht der deutschen Übersetzung viele Textstellen nicht ganz schlüssig bis unverständlich erschienen. Da Marian Lundenius nebenberuflich Touristenführerin in Naantali ist, kennt sie sich zudem sehr gut mit den Gegebenheiten vor Ort aus, was das Verstehen der Texte sowie die Suche nach Problemursachen und praktikablen Lösungen enorm erleichterte bzw. teilweise erst ermöglichte. Bei der Analyse war die Frage stets, was eigentlich ausgesagt werden sollte und warum diese Aussage nicht verständlich wird, d.h. worin die Gründe für die Entstehung der Problemstellen liegen. Die Bereitstellung von Lösungen ist hier das Hauptanliegen. Es geht allerdings weniger um konkrete Formulierungsstrategien o.ä., sondern vor allem um die Rahmenbedingungen des Übersetzens und Textens sowie die Gestaltung des gesamten Textes. Wie lassen sich Textproduktion und Übersetzung so gestalten, dass die erörterten Probleme vermieden werden können? Bei den Lösungsvorschlägen sollen sowohl Anforderungen der Übersetzungstheorie als auch Anforderungen der Praxis (z.B. Finanzierbarkeit) berücksichtigt werden. Zusammengefasst beschäftigen wir uns also mit folgenden Fragen: Welche Problemstellen ergeben sich bei der Übersetzung eines Tourismusprospekts, inwiefern können sie auf kulturelle Ursachen zurückgeführt werden, und wie sollte man mit den „kulturellen Barrieren“, wie wir sie hier zunächst plakativ genannt haben, umgehen? 2. Tourismusprospekte: Funktionen und Textsortenkonventionen Tourismustexte sind in erster Linie Gebrauchstexte. Touristen suchen darin Informationen, die ihnen Anleitung zum Handeln in einer fremden Umgebung liefern. Bei der Übersetzung von Gebrauchstexten sollte es in erster Linie das Ziel des Übersetzers sein, die Funktionalität des Textes zu erhalten. Es ist also notwendig, sich zu verdeutlichen, welche Funktionen Tourismusprospekte eigentlich erfüllen sollen. Die Funktion der Tourismusprospekte als Vermittler von Kultur wurde bereits kurz skizziert. Diese Funktion lässt sich als Unterfunktion der Informationsfunktion begreifen, die Tourismusprospekte aus Sicht der Rezipienten zweifelsohne haben bzw. haben sollten – der Rezipient erwartet Informationen zu den Gegebenheiten vor Ort, über kulturelle Eigenheiten, wichtige Sehenswürdigkeiten und Ausflugsziele, Restauranttipps und Öffnungszeiten. Die Informationsfunktion steht für die Touristen eindeutig im Vordergrund, wenngleich die Lektüre teilweise sicherlich auch nur zur bloßen Unterhaltung oder zur positiven Einstimmung auf den Urlaub erfolgt. Aus Sicht ihrer Herausgeber haben Tourismusprospekte jedoch vor allem Werbefunktion: Sie sollen für ein Urlaubsland, eine Region, eine Stadt und ihre Dienstleistungen in erster Linie werben und (zahlende) Touristen anlocken. Hier zeigt sich nun die Janusköpfigkeit dieser Texte, denn um die Werbefunktion optimal erfüllen zu können, müssen auch die Erwartungen der Rezipienten erfüllt werden, d.h. Information und Unterhaltung müssen geboten werden. Dem Rezipienten wiederum ist im heutigen Zeitalter massenmedialer Werbefluten durchaus bewusst, dass er umworben werden soll; unserer Ansicht nach ist davon auszugehen, dass er in gewissem Sinne auch Werbung in Tourismusprospekten „erwartet“. Man könnte sogar vermuten, dass eine beschönigende Darstellung teils von den Rezipienten gewünscht wird, nämlich damit sie später Bekannten und Freunden ein positives Bild vom Urlaubsort vermitteln können. Es ergeben sich insgesamt drei übergreifende Funktionen für Tourismusprospekte, nämlich Werbefunktion, Informationsfunktion (und Kulturvermittlungsfunktion) sowie Unterhaltungsfunktion. In die Reiß’sche Texttypologie eingeordnet, besitzt die Touristenbroschüre also sowohl operative (persuasive) als auch informative und expressive (z.B. unterhaltende) Anteile (zur Texttypologie siehe Reiß 1989: 105). Primär jedoch erfüllen Tourismusprospekte vor allem die Doppelfunktion Werbung und Information (vgl. Pesch 1999:50). Für eine nähere Definition des Begriffs „Werbung“ verweisen wir an dieser Stelle aus Platzgründen nur auf Kotler (2003:896) sowie auf die Diskussion bei Janich (2003:18f.). Im Unterschied zur Produktwerbung beinhaltet Tourismuswerbung nicht nur längere Texte, sondern verzichtet außerdem auf einige Tricks, die Werbetreibende sonst gern nutzen, da falsche Versprechungen in Tourismusbroschüren zu Schadenersatzforderungen führen könnten (vgl. Pesch 1999: 39). Tourismuswerbung lässt sich im Allgemeinen als Dienstleistungswerbung einstufen (vgl. Sowinski 1998:9). Je nach Textsorte steht der Werbeaspekt mehr oder weniger im Vordergrund bzw. wird in der Textausgestaltung anders umgesetzt, man denke etwa an Hotelprospekte oder Reisekataloge. Der hier untersuchte Tourismusprospekt kann als „Städteprospekt“ eingeordnet werden, denn es geht hier im Wesentlichen um die Dienstleistungen und Sehenswürdigkeiten einer kleinen Stadt und (eher am Rande) der sie umgebenden Ortschaften, der sich an bereits vor Ort befindliche Touristen richtet. Zu beachten ist des Weiteren, dass bei verschiedenen Teiltexten der Tourismusprospekte verschiedene Funktionen im Vordergrund stehen und die jeweils damit verbundenen Textsortenmerkmale und Textmuster recht unterschiedlich sein können (vgl. Smith 21999:241). So gibt es z.B. Teiltexte mit eher erzählendem oder beschreibendem Charakter, wie etwa Landschaftsbeschreibungen, oder auch solche, die tabellarisch aufzählend verfahren und bei denen die Informationsfunktion dominiert (z.B. Angaben über Öffnungszeiten). 3. Die kulturelle Dimension 3.1. … in der Übersetzungstheorie Die kulturelle Dimension findet in der Übersetzungstheorie erst seit den 1990er Jahren stärkere Beachtung (vgl. Stolze 2003:29). Reiß/Vermeer verwarfen 1984 die Idee einer kulturorientierten Übersetzungstheorie, u.a. weil sie „größere Verständnisschwierigkeiten“ befürchteten (Reiß/Vermeer 1984:2). Bei Schreiber wird das Problem der Kulturspezifik heruntergespielt, indem er behauptet, dass diese in den westlichen Kulturen verloren gehe (vgl. Schreiber 1993:40). Außerdem fragt er sich, wie zwischen „sprachlichen und außersprachlichen bzw. kulturellen Inkongruenzen“ unterschieden werden soll und kann, „denn diese läuft auf die schwierige […] Unterscheidung zwischen Sprachwissen und Weltwissen hinaus“ (Schreiber 1993:40). Wohl auch aus diesem Grund erwähnt Koller, wenn er übersetzungswirksame Faktoren erläutert, den kulturellen Aspekt nicht und spricht nur von der „‚Welt‘, wie sie in den Einzelsprachen unterschiedlich klassifiziert wird“ sowie von der Existenz unterschiedlicher „Wirklichkeiten in ihren einzelsprachspezifischen Repräsentationen“ (Koller 2001:17). Hier wird also lediglich an die Relation Welt-Sprache gedacht, nicht aber an die Relation Sprache-Kultur. Diese Relation ist jedoch ebenfalls äußerst übersetzungsrelevant – z.B. ist es ja durchaus möglich, dass bestimmte Themen in einer Kultur ausführlich thematisiert werden, in einer anderen jedoch nicht. Dies hat weniger mit dem Sprachsystem, sondern vielmehr mit dem kulturgebundenen Kommunikationssystem zu tun. Die Unterscheidung zwischen Welt-, Kultur- und Sprachwissen ist eine grundlegende – auch wenn das jeweils damit verbundene Wissen sich nicht festschreiben lässt, sondern vielleicht je nach Zeit, Ort, und Person anders zu kategorisieren ist. In der hermeneutischen Übersetzungstheorie finden sich dazu weiterführende Ansätze. Kupsch-Losereit (1993:207–210) unterscheidet drei „außersprachliche Verstehensbedingungen“, nämlich Horizont, Situation und Weltwissen. Besonders interessant ist dabei der Aspekt der „Situation“, der die in der jeweiligen Situation aktuellen Bedingungen und die realisierten Teilausschnitte des individuellen Erfahrungshorizonts umfasst (vgl. Kupsch-Losereit 1993:207–210). Weil das Verhältnis der Situation (Kontext) zum verbalisierten Situationsanteil (Text) kultur- und sprachspezifisch unterschiedlich ist, muss die Situation im Zieltext unter Umständen nämlich anders verbalisiert werden als im Ausgangstext. Kupsch-Losereit sieht den Übersetzer in einer Doppelrolle, denn er muss einerseits den Text aus seinem eigenen Horizont heraus verstehen, andererseits aber bei der Übersetzung den Horizont der potentiellen Rezipienten berücksichtigen (vgl. Kupsch-Losereit 1993:208). Die Leitfrage des Übersetzers sollte folgendermaßen lauten: „Kann der ZT-Leser mit seinem Wissen und seinen Erwartungen diese Übersetzung in sein Vorwissen eingliedern? Mit welchen zielkulturellen sprachlichen Mitteln wird die Textfunktion erfüllt, welche kultur- und sprachbedingten Text- und /oder Funktionsveränderungen sind notwendig?“ (Kupsch-Losereit 1996:223). Fakten, die voraussichtlich über den Horizont des Rezipienten hinausgehen, sollten so präsentiert werden, dass er sie dennoch in sein gedankliches System integrieren kann, d.h. die Übersetzung muss sich den Verstehensbedingungen des Rezipienten anpassen. In einem Gespräch kann mangelndes Welt- oder Situationswissen durch direktes Nachfragen und Explikation kompensiert werden, dies ist bei schriftlicher Kommunikation jedoch nicht möglich. Daher muss der Text diese Problematik vorwegnehmen und die „kommunikative Differenz“ (Koller 2001:60) überbrücken. Hilfreich hierbei ist das von House entworfene Konzept des „cultural filtering“ (siehe House 1997; Thome 2007b). Koller (2001:60) nennt als idealtypische Überbrückungs-Strategien die „adaptierende“ (d.h. kulturelle Elemente der Ausgangssprache durch solche der Zielsprache ersetzende) und die „transferierende Übersetzung“ (in der versucht wird, spezifische Elemente der Ausgangskultur auch als solche im Zieltext zu vermitteln). Fabricius-Hansen bemerkt dazu berechtigterweise: „Es sind Strategien, die – oder deren Ergebnisse – in ihren jeweiligen extremen Erscheinungsformen leicht erkennbar, aber selten anzutreffen sind; in Wirklichkeit haben wir es natürlich mit einer Skala der Anpassung bzw. Verfremdung zu tun, so daß konkrete Übersetzungen (‚Translate‘) mehr oder weniger angleichend bzw. mehr oder weniger verfremdend erscheinen, und zwar relativ zu einer u. a. zeitlich bestimmten Varietät der Zielsprache.“ (Fabricius-Hansen 2000:65) Die Polaritäten der Übersetzungstheorie sind also in der Praxis so nur selten wiederzufinden. Stolze, die der hermeneutischen Übersetzungstradition zuzurechnen ist, versucht die kulturellen Inkongruenzen, die hier „angeglichen“ oder „verfremdet“ werden sollen, weiter zu kategorisieren: · „reale Inkongruenzen in Übersetzungstexten entstehen, wenn Realia aus einer Kultur in der anderen unbekannt sind; · formale Inkongruenzen betreffen die Übersetzungsschwierigkeit bei Texten, die als solche zwar in der Zielkultur auch bekannt, jedoch in anderer sprachlicher Gestalt üblich sind; · semantische Inkongruenzen betreffen die kulturspezifischen Konnotationen von Wörtern, die in Übersetzungen bei wörtlicher Übertragung abweichende/unerwünschte Assoziationen auslösen könnten, oder die bei Interpretation aus der Sicht der Zielkultur den gemeinten Sinn der Mitteilung verfälschen“ (Stolze 1993:264). Für die von ihr dargestellten Inkongruenzen bietet Stolze nun verschiedene „kompensatorische Übersetzungsstrategien“ (Stolze 1993:267) an, mit diesen Inkongruenzen umzugehen. Es werden explikative, paraphrasierende, referentielle und modifizierende Verfahren vorgestellt (siehe Stolze 1993:267-271). Das modifizierende Verfahren scheint allerdings erst in Frage zu kommen, „wenn die Verständnisbarriere nicht durch Erklärung, Ergänzung oder Vergleich überbrückt werden kann“ (Stolze 1993:269). Dazu zählt Stolze sowohl die Neuformulierung einzelner Sätze (z.B. „Mit freundlichen Grüßen“ statt „sincerely“), den Einsatz textsortenspezifischer Konstruktionsmuster (womit vor allem Satzkonstruktionsmuster gemeint sind), die Beachtung zielgruppenspezifischer Wortwahl und die Umgestaltung des Textes nach zielsprachlichen Normen (vgl. Stolze 1993:269ff.). Kupsch-Losereit stellt etwas konkretere, weitergehende Forderungen auf. Der Übersetzer kann durch bestimmte „verstehensbedingte Vertextungsstrategien“ (Kupsch-Losereit 1996:223) wie etwa Textorganisation, thematische Progression, Textkohäsion und –kohärenz das Verstehen des Rezipienten steuern und so dem Entstehen von (kulturellen) Missverständnissen vorbeugen. Zu beachten sind bei der Anpassung des Zieltextes an die Zielkultur u.a. kulturspezifische Ausprägungen von Textsorten, Sprachgebrauchsnormen und Kollokationen, Selbstdarstellungskonventionen, Sprachverhaltenskonventionen und Konversationsmaximen sowie die funktionale Übersetzung kulturinterner Informationen. Selbst eine Umstrukturierung des Textes wird in der Folge nicht ausgeschlossen, sondern eher als Regelfall angesehen (vgl. Kupsch-Losereit 1996:223). Der Einsatz der Vertextungsstrategien ist wiederum selbst kulturspezifisch (vgl. Kupsch-Losereit 1993:214). Grundsätzlich sollte es das Ziel des Übersetzers sein, die Funktionalität und damit auch die Kohärenz des Zieltextes zu gewährleisten. Das wiederum ist nur möglich, wenn auch die kulturelle Dimension des Textes und der jeweiligen Textsorte berücksichtigt wird. Die Forderung, die Übersetzung auf den Zweck (=Skopos) zu orientieren, wird in der Übersetzungstheorie vor allem von Reiß/Vermeer (1984) im Zuge der sogenannten „Skopostheorie“ vertreten. Welche Translationsstrategie gewählt wird, ist abhängig vom Zweck der Translation. In der Übersetzung („Translat“ genannt) sehen Reiß/Vermeer nurmehr ein Informationsangebot in der Zielkultur und –sprache über ein Informationsangebot der Ausgangskultur und -sprache (vgl. Reiß/Vermeer 1984:19,35–94). Das bedeutet gleichzeitig, dass es keine identische Weitergabe von Informationen geben kann, denn bei einem Informationsangebot über einen Text handelt es sich ja eindeutig nicht mehr um den Text selbst. Damit wird die Idealvorstellung einer zum Ausgangstext totaläquivalenten Übersetzung, wie sie in der traditionellen Übersetzungstheorie propagiert wird (z.B. bei Koller 2001:81), zu einer bloßen Illusion degradiert. Der Ausgangstext verliert dabei für die Übersetzung zunehmend an Bedeutung. Dies führt uns zu einer grundlegenden Frage der Übersetzungstheorie. Die Übersetzungswissenschaft streitet sich, ob es sich bei einem so bearbeiteten Zieltext noch um eine Übersetzung handelt, ob das Ergebnis noch in ihren Gegenstandsbereich fällt (vgl. Koller 2001:16,81-85; Schreiber 1993:2f.) und wie Bearbeitung und Übersetzung gegeneinander abzugrenzen sind. Koller befürchtet eine analytisch nicht zu bewältigende Heterogenität durch eine solche Ausweitung des Untersuchungsgegenstandes (vgl. Koller 2001:82) und hält eine Gegenstandsbestimmung von der übersetzerischen Praxis her deshalb für sinnlos. Aus dem gleichen Grund möchte er Textproduktion und –reproduktion strikt trennen (vgl. Koller 2001:85). In der Praxis ist eine solche strikte Trennung jedoch kaum möglich. Vielmehr bewegen sich die Verfahrensweisen auf einer Art Kontinuum (Übertragung …freie Übersetzung …. willkürliche Bearbeitung … eigener Text); zudem kann die Bearbeitung auch nur Teiltexte betreffen und somit in „reine“ Übersetzungen eingebettet sein. Bei Vermeer (2007:120f.) findet sich eine feinere Untergliederung einer solchen „Stufenleiter“, die sowohl die Mikro- als auch die Makroebene von Texten berücksichtigt. Ihre Erläuterung würde hier jedoch zu weit führen. Entsprechend dieser Auffassung wird der Terminus „Bearbeitung“ für die Übersetzungstheorie bei Thome (2007a) als „spezifischer Umgang mit unterschiedlich umfänglichen Elementen von Texten und in diesem Sinne als Teiltextbearbeitung verstanden. Da diese zudem im Rahmen von Übersetzungen untersucht wird, ist sie als interlinguale Teiltextbearbeitung einzugrenzen“ (Thome 2007a: 38). Zudem soll sie „ausschließlich in ihren obligatorischen, d.h. von den inner- und/oder außertextlichen Gegebenheiten her notwendigen Ausprägungen beobachtet“ und damit zum Gegenstand der Übersetzungswissenschaft gemacht werden. Wenngleich es nur schwer festzumachen ist, inwiefern die Bearbeitung tatsächlich obligatorisch ist, möchten wir uns grundsätzlich dieser Formulierung anschließen. Abschließend muss gesagt werden, dass keine Übersetzungstheorie uneingeschränkt für jeden Übersetzungsvorgang gelten kann. Ob und inwieweit die Forderungen einer Theorie erfüllt werden, sollte abhängig von der jeweiligen Textsorte und dem Skopos sein; z.B. sollte die Skopostheorie nicht in ihrer ganzen Radikalität auf literarische Texte angewendet werden (vgl. Stolze 32001:207). Nicht zuletzt sollte dabei auch der kulturelle Abstand eine Rolle spielen, wie Pesch fordert: „Je größer der kulturelle Abstand, desto mehr muss der Translator bearbeitend wirken“ (Pesch 1999:33). Lambert stellt sowohl das Primat des Ausgangstextes als auch das des Zieltextes in Frage (vgl. Lambert 21999:249). Als Begründung dafür führt er vor allem an, dass der „binäre Gegensatz zwischen einer Ausgangssprache (bzw. –kultur) und einer Zielsprache (bzw. –kultur) nur bestimmte zeitgenössische übersetzerische Situationen erfaßt, während die Mehrzahl der für eine Massenpublikum gedachten Übersetzungen das Ergebnis internationaler Konzeptionen sind, bei denen die ‚literarischen‘ Erwartungen wirtschaftlichen Planungen multinationalen Zuschnitts untergeordnet werden“ (Lambert 21999:249). Dies sollte theoretisch auch auf Tourismusprospekte zutreffen, und zwar insbesondere, da hier der Text aus wirtschaftlichen Gründen zumeist so konzipiert werden sollte, dass er leicht in verschiedene Sprachen übertragen werden kann. In der Praxis verhält es sich jedoch oftmals so, dass die Übersetzungsaufträge implizit das Primat des Ausgangstextes beinhalten. Wie vor allem bei Bühler betont wird, sind jedoch „nicht Theorie und Praxis […] unvereinbar, sondern ‚philologisches Übersetzen‘ und die Berufspraxis der Übersetzer/Dolmetscher haben wenig bis gar nichts miteinander zu tun“ (Bühler 2000:365). Die Frage ist nun, inwiefern die Forderungen auf Tourismusprospekte übertragen werden können. Diese sind eindeutig der Kategorie der Gebrauchstexte zuzurechnen, wenngleich einige Teiltextsorten auch Merkmale literarischer Texte beinhalten (z.B. Landschaftsbeschreibungen). Die Hauptfunktionen des Textes sind jedoch vor allem Information und Werbung, nicht ästhetischer Genuss. Der ästhetische Genuss ist hier nur Mittel zum Zweck, bzw. die Ästhetik touristischer Texte dient auch dazu, den Hauptzweck – nämlich die Werbung – zu verschleiern und die Information leicht verdaulich zu machen. Die Ästhetik eines Textes hängt eng mit den kulturspezifischen Textsortenkonventionen zusammen. Die Forderung nach einer möglichst ausgangstextnahen Übersetzung ist somit – vor allem in Bezug auf Gebrauchstexte – geradezu unsinnig. Werden solche Texte dennoch „eins zu eins“ übersetzt, so kann das dazu führen, dass der (Gebrauchs-!)Text in der Zielsprache bzw. Zielkultur gar nicht mehr funktioniert, also nicht zu gebrauchen ist. Es ist somit wichtiger, die ästhetischen Merkmale des Textes den Textsortenkonventionen der Zielkultur anzupassen, als die Ästhetik der Ausgangskultur zu bewahren. 3.2 … in Übersetzungspraxis und -verständnis Bei der Übersetzung selbst spielt das Übersetzungsverständnis im jeweiligen Land eine große Rolle. Schmid (2000:63) erkennt ganz richtig, dass es nicht nur in den zu übersetzenden Texten eine kulturelle Dimension gibt, sondern dass dies auch auf den Übersetzungsprozess selbst zutrifft. Der Übersetzer ist Teil einer bestimmten „Übersetzungskultur“, der er sich ebenso bewusst machen sollte: „Sie umfaßt das Kulturelle am Wie des Handelns aller am Translationsvorgang Beteiligten: · das Kulturelle an der Wahl dessen, was übersetzt und was nicht übersetzt wird, · das Kulturelle an der Aufnahme und Wirkung von Übersetzungen und · vor allem die in der öffentlichen Meinung sowie in Forschung und Lehre vertretene Auffassung, was eine ‚gute‘ Übersetzung ausmacht, nach welchen Kriterien der Translator sein Handeln ausrichten und begründen kann“ (Schmid 2000:63). Auch Pesch erkennt, dass es hier kulturspezifische Unterschiede gibt (vgl. Pesch 1999: 20). Das in der Übersetzungstheorie vorherrschende Idealbild des Übersetzers und des Übersetzungsprozesses findet sich so in der Praxis nur selten wider. Tatsächlich lauten die Übersetzungsaufträge meist einfach „Übersetzen Sie diesen Text“, wobei impliziert wird, dass nur übersetzt werden soll und eben nicht bearbeitet (vgl. Pesch 1999: 79). Abweichungen vom Ausgangstext sind z.B. aus layout-technischen Gründen „in der Regel unerwünscht“ (Smith 21999: 241). Es wird davon ausgegangen, dass Veränderungen am Ausgangstext mit dem Auftraggeber abgesprochen bzw. gar nicht erst in Erwägung gezogen werden. Dies führt im Allgemeinen zu einer Übersetzung, die sehr nah am Ausgangstext formuliert ist – so auch im Falle des Naantali-Prospekts. Die Auftraggeber machen sich weder über Skopos noch Zielgruppe Gedanken, vielfach ist gar kein Bewusstsein für diese entscheidenden Fragen vorhanden. Bei Smith (21999:241) wird diese Übersetzungspraxis folgendermaßen beschrieben: „In der Tourismuswerbung orientieren sich die Übersetzer häufig am AT, weil Tourismustexte ein und derselben Broschüre oft mehrsprachig in Parallelfassungen abgedruckt werden. Manchmal dient sogar eine der Übersetzungen selbst als Vorlage für weitere Übersetzungen. Abweichungen vom AT sind in der Regel unerwünscht. Durch diese Vorgangsweise verfehlt die Werbung jedoch ihr eigentliches Ziel.“ (Smith 21999:241) Von den Forderungen der Übersetzungstheorie ist diese Praxis weit entfernt – wenngleich auch die Übersetzungswissenschaft sich über die Vorgehensweisen ja nicht ganz einig ist. Stolze kritisiert etwa die Einschätzung Wilss’, dass wesentliche Perspektivenänderungen des zu übersetzenden Textes nur auf Veranlassung des Auftraggebers vorgenommen werden dürften. Falls dies weiterhin als „translatorische Norm“ gelte, würden bestimmte übersetzerische Fehlleistungen nicht zu vermeiden sein (vgl. Stolze 1993:272). Pesch bezeichnet insbesondere das „Bestreben, den Ausgangstext als heilig zu behandeln und kein Wort hinzuzufügen oder wegzulassen“, als ein „Kennzeichen nichtprofessionellen Übersetzens“ (Pesch 1999: 9). Für Finnland kann festgestellt werden, dass ein professionelles Übersetzungsverständnis tatsächlich vielfach fehlt. Auf den hohen Stellenwert des Ausgangstextes in Finnland gehen wir im Folgenden noch näher ein. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Pesch die finnischsprachigen Originaltexte der Tourismusprospekte sogar generell als nicht ausreichend bezeichnet, um als Grundlage für eine „funktionale deutschsprachige“ Information zu dienen (Pesch 1999:34). Wir werden sehen, ob wir diese These in unserer Analyse bestätigen können. 3.3. Kulturelle Differenzen Finnland/Deutschland Die Frage ist nun, wie groß der kulturelle Abstand tatsächlich ist. Welche kulturellen Barrieren sind in Bezug auf Finnland und Deutschland denkbar und welchen Einfluss könnten sie auf Rezeption und Produktion von Tourismusprospekten haben? Inwiefern könnten sich deutsche Finnland-Touristen in ihrer Haltung und ihren Einstellungen von finnischen Touristen unterscheiden? Bei der Erörterung der kulturellen Differenzen beschäftigen wir uns vorwiegend mit den folgenden Aspekten: · High Context – Low Context · Personen- und Sachorientierung · Direktheit · Textsortenkonventionen 3.3.1. High Context – Low Context Nach der Theorie Edward T. Halls lassen sich Kulturen danach einordnen, wie viel Information in der Kommunikation verbalisiert wird oder aus dem Kommunikationszusammenhang erschlossen werden muss. Während für die Kommunikation in „High-context“-Kulturen (HC) die jeweilige Situation, die äußere Umgebung und die nonverbale Kommunikation eine große Rolle spielen und daher zum Verstehen der Kommunikation mehr Hintergrundwissen benötigt wird, wird in „Low-context“-Kulturen (LC) die äußere Umgebung eher ausgeblendet. In HC ist daher die Kommunikation oft indirekt, in LC eher direkt (vgl. Apfelthaler 1999: 46). Hier spielen grundsätzliche Kommunikationsprinzipien eine Rolle. So ist es in der normalen Konversation üblich, den Informationsumfang den jeweiligen Informationsbedürfnissen anzupassen. Eine Verletzung dieser Regel kann verschiedenes bewirken. Überflüssige und trotzdem gegebene Informationen wirken belehrend, nicht ausreichende Informationen sorgen für Verwirrung (vgl. Hall 1984: 40). Stolze weist darauf hin, dass die „angeblich universellen Konversationsmaximen von Grice […] in Wahrheit der angelsächsischen Kommunikationsform als der expliziteren ‚Low-Context-Communication‘“ (Stolze 2003: 293) entsprechen. Hall verzichtet auf eine Kategorisierung der verschiedenen Länder, gibt aber – wie Apfelthaler anmerkt – „immer wieder Hinweise darauf, welche Nationen zu welcher Gruppe zu zählen seien“ (Apfelthaler 1999: 47). Konkrete Untersuchungen zu Deutschland und Finnland finden sich z.B. bei Kostera. Er vergleicht die beiden Länder und setzt sie in Relation zu den von Hall untersuchten Ländern. Kostera (2001: 100f.) konstatiert, dass die verschiedenen Nationen bezüglich „High-context“ und „Low-context“ auf einem Kontinuum eingestuft werden können. Japan und China stünden hier als „Prototypen“ für HC weit links, am rechten Ende fänden sich als typische LC Slawen und Angloamerikaner. Finnland und Deutschland wären in der Mitte des Kontinuums anzuordnen, wobei Finnland eher Richtung HC tendiert. Dabei ist zu beachten, dass die Einstufung immer relativ ist. Nach Hall besitzen die Deutschen ein „Informationsnetz“ mit geringer Dichte, d.h. der Anteil der übermittelten Informationen in einem Gespräch ist sehr viel größer als der Anteil der gespeicherten Informationen, d.h. der Kontext findet weniger Beachtung (vgl. Hall 1984: 38f.). Die Deutschen benötigen im Allgemeinen also mehr Informationen. Die Kommunikationsstrategie der Finnen, so wenig Informationen wie möglich zu geben, kann daher die Verwirrung bzw. Unzufriedenheit der deutschen Rezipienten nach sich ziehen. Sie wünschen sich einfach mehr Informationen, als ihnen gegeben werden. Smith erörtert die kulturelle Dimension von High Context und Low Context in Bezug auf Werbetexte und betont, dass bei der Übersetzung von Werbebotschaften aufgrund ihrer „Texteigenschaften“ die unterschiedlichen Kontextbedürfnisse der Zielkultur besonders beachtet werden müssen (vgl. Smith 21999: 240). Smith zielt dabei vermutlich auf Werbetexte mit einem eher geringen Verbalanteil, wie etwa Anzeigenwerbung, ab. Bei Tourismustexten lässt sich von einem vergleichsweise hohen Verbalanteil ausgehen; dennoch ist gerade hier die Kontextualisierung des Gesagten (Text, Bild, verbalisierte Information, vorausgesetztes Hintergrundwissen) von größter Bedeutung. Smith erläutert: „Bei solchen Texten ist es angebracht, die Relevanz des Informationsgehalts zu reflektieren: Der ausländische Besucher braucht manchmal mehr, manchmal weniger oder andere Informationen als der einheimische Tourist. Bei der Übersetzung eines Prospektes sollte dies beachtet werden“ (Smith 21999:241). 3.3.2. Personen- und Sachorientierung Außerdem sollte klar sein, dass diese Einordnung immer von Durchschnittswerten ausgeht, und dass das Kommunikationsverhalten einzelner Personen teilweise erheblich davon abweichen kann. Auch können in bestimmten Kommunikationssituationen die Verhaltenskonventionen dazu führen, dass Angehörige einer HC in ihrer Kommunikation Züge von LC zeigen. Das bedeutet, dass HC und LC sich zumindest teilweise überschneiden (vgl. Kostera 2001: 102). So sind Finnen einerseits personen-, anderseits sachorientiert (vgl. Kostera 2001: 102). Der Sprecher oder Verfasser ist in Finnland sehr wichtig, d.h. die Finnen sind in dieser Hinsicht sehr autoritätsgläubig und konzentrieren sich an dieser Stelle auf Personen und Relationen und nicht auf den Inhalt der Kommunikation. Die Tendenz zu einer allzu wortgetreuen Übersetzung könnte also auch daraus resultieren, dass die Autorität des Originalverfassers nicht in Frage gestellt werden soll. 3.3.3. Direktheit Deutsche und Finnen haben hinsichtlich ihres Kommunikationsverhaltens einige Gemeinsamkeiten, aber es gibt auch deutliche Unterschiede. Finnen wie Deutsche empfinden sich bezeichnenderweise gegenseitig als zu direkt. So schreibt Kostera (2001: 72), Deutsche seien der Ansicht, dass die Finnen „loukkaavan suorapuheisia“ (beleidigend direkt reden); die Finnen ihrerseits empfinden die Deutschen als „liian suoraviivaisiksi ja kriittisiksi“ (zu direkt und kritisch). Pesch (1999: 27) beschreibt den Kommunikationsstil der Finnen (im Gegensatz zu dem der Deutschen) folgendermaßen: „Finnen lieben sachliche und knappe Kommunikation. […] Finnen neigen dazu, Selbstverständliches unerwähnt zu lassen, während Deutsche alles haarklein darlegen wollen. In Finnland ist Sachlichkeit die oberste Tugend bei Verhandlungen, gefolgt von Ehrlichkeit und Verlässlichkeit. Auch die Zwei-Sprachen-Politik Finnlands zwingt zu knappem Ausdruck, da alle offiziellen Äußerungen gleich zweimal erzeugt werden müssen.“ (Pesch 1999:27) In einer sach- und wortzentrierten LC wie der deutschen ist man direkter und gibt mehr Informationen verbal. Die HC-orientierten Finnen streben nach Harmonie und Konsens und versuchen daher, Negatives eher implizit auszudrücken (vgl. Kostera 2001: 103). Daraus können im Deutschen bei relativ direkter Übersetzung Probleme entstehen, denn die Deutschen benötigen explizitere Informationen. Die finnische Tendenz, Offensichtliches nicht zu sagen, hat z.B. auch zur Folge, dass Bildtexte für unnötig gehalten werden. Die Beschreibung eines schönen Ortes scheint überflüssig, wenn man diesen sehen kann. 3.3.4. Textsortenkonventionen Textsortenkonventionen sind kulturspezifisch ausgeprägt. Das gilt auch für Tourismusprospekte. Will man die Funktionalität der Tourismusprospekte erhalten, so müssen auch die Textsortenkonventionen der Zielkultur beachtet werden. Daher möchten wir hier kurz auf evtl. vorhandene Unterschiede bei den Textsortenkonventionen von Tourismusprospekten in Finnland und Deutschland eingehen. Ein grundsätzliches Problem scheint es zu sein, dass Tourismusprospekte oft aus einer lokal verhafteten Perspektive heraus geschrieben werden, d.h. es wird ein „Insider-Standpunkt“ eingenommen (vgl. Smith 21999: 241). Rezipienten mit einem anders geprägten kulturellen Hintergrund, die aufgrund dessen Verständnisschwierigkeiten haben könnten, werden nicht berücksichtigt. Dies lässt sich auch auf Finnland übertragen. Als Produzenten der Tourismusinformationen bleiben die Finnen sehr in ihrem eigenen, lokalen Denken gefangen – wobei sich die Frage stellt, ob dies nicht auch für Finnen, die aus anderen Teilen des Landes kommen, problematisch sein könnte. Als Rezipienten von Tourismusinformationen in ihrem eigenen Land sind die Finnen allerdings sehr genügsam. Nach Pesch sind die Finnen mit dem Dienstleistungsangebot in ihrem Heimatland so vertraut, dass sie in Tourismusbroschüren „keine detaillierten Erklärungen“ benötigen; es „genügen stichwortartige Aufzählungen der Attraktionen und Aktivitäten“ (Pesch 1999: 28). Außerdem nehmen die Finnen Texte im Allgemeinen sehr wörtlich; sie glauben an das geschriebene Wort und beurteilen dementsprechend den Wahrheitsgehalt von Texten. Der Originalverfasser wird in der finnischen Kultur besonders hoch geachtet, wie wir bereits festgestellt haben. Es ist zu vermuten, dass die Produzenten glauben, mit der sprachlichen Übertragung bereits alle informatorischen „Pflichten“ gegenüber den ausländischen Touristen zu erfüllen. Sollte es dennoch Verständnisschwierigkeiten geben, so sind die Touristen daran selbst schuld. Auf der anderen Seite scheint die Ansicht weit verbreitet zu sein, dass die ausländischen Touristen so viel wie möglich über die einheimische Geschichte und Kultur erfahren wollen und sollten (vgl. Pesch 1999: 5). Dies ist wohl einer der Gründe dafür, dass die Texte der Tourismusbroschüren recht ausführlich sind. Allerdings werden nur oberflächliche Informationen gegeben, Erklärungen für bestimmte Traditionen oder Gebräuche bekommt der Tourist kaum. Bolten macht darauf aufmerksam, dass Reiseberichte und ähnliche Kulturinformationen sich meist auf die „Beschreibung von Kulturen“ beschränken, die „Erklärung ihrer historisch gewachsenen Systemzusammenhänge“ jedoch ebenso wichtig ist (Bolten 2001: 21f.), wenn ein echtes Verständnis der vorgestellten Kultur ermöglicht werden soll. Sonst bleibt der Rezipient bei der Interpretation der ihm fremden Kultureme auf seine eigene Perspektive beschränkt (vgl. Bolten 2001: 22). Wie man sich leicht denken kann, begünstigt dies Fehlinterpretationen; der Tourist könnte sogar ein völlig falsches Verständnis von seiner Gastkultur entwickeln. Ein weiteres Textproblem ist es, dass die Kohärenzbedingungen in Ausgangs- und Zielsprache nicht gleich sind. In der finnischen Ausgangskultur sind weniger Kohäsionsmittel üblich als in der deutschen Zielkultur. Auch dies hängt wiederum damit zusammen, dass im Deutschen mehr Information im Text gegeben wird, während die Finnen mehr Informationen aus dem Kontext beziehen. In Finnland tendiert man zwar dazu, auf Überredungswerbung zu verzichten, weil man dem Kunden auf Basis der gegebenen Information die freie Wahl überlassen will. Das bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass sehr viele Informationen gegeben werden. Auch wird nicht darauf vertraut, dass der Konsument aufgrund der gegebenen Informationen die Entscheidung für das Produkt trifft, sondern es wird versucht, ihm diese Entscheidung abzunehmen (vgl. Pesch 1999: 40f.). Im Vergleich zu den deutschen Broschüren sind die finnischen Broschüren laut Pesch uneinheitlicher gestaltet; zudem spricht er davon, dass dort „zuviel Inhalt auf zu wenig Raum geboten“ (Pesch 1999: 79) werde. Entsprechend macht er einige normative Angaben zur idealen (deutschsprachigen) Touristeninformation. Dabei unterscheidet Pesch Texte, die sich an potentielle, im Ausland befindliche Touristen richten und somit eine eindeutige Werbefunktion haben, sowie Texte, die sich an Touristen richten, die bereits vor Ort sind und bei denen infolgedessen die Informationsfunktion im Vordergrund stehen sollte. Falls aus Kostengründen beide Funktionen kombiniert werden müssen, so plädiert Pesch dafür, den Prospekt in zwei Teile zu gliedern, um im ersten Teil der Werbefunktion, im zweiten Teil der Informationsfunktion gerecht zu werden (vgl. Pesch 1999: 42). 4. Der Touristenprospekt der Stadt Naantali 4.1. Die Stadt Naantali Mit einer halben Million Besuchern pro Jahr ist Naantali eines der beliebtesten Reiseziele Finnlands. Dabei handelt es sich allerdings um einen ausgesprochenen Sommerurlaubsort, der im Winter aufgrund der vergleichsweise geringen Einwohnerzahl von etwa 14.000 (vgl. Naantali 2007) fast menschenleer ist. Das Naantali Spa-Hotel und die Muminwelt stellen die größten Anziehungspunkte der Stadt dar. Die Muminwelt gehört mit jährlichen Besucherzahlen zwischen 200.000 und 300.000 zu den 20 meistbesuchten (Eintritt kostenden) Touristenattraktionen Finnlands (vgl. Santasalo 2007). 4.2. Auftraggeber, Ziele und Finanzierung des Prospekts Die Gesellschaft „Naantalin matkailu“ (dt. „Naantalis Fremdenverkehrsbüro“) ist verantwortlich für die Touristeninformation und den Service für die Hafengäste. Die Tätigkeiten des Büros werden vor allem von der Stadt Naantali und den umliegenden Gemeinden finanziert, die zu diesem Zweck mit Naantali kooperieren. Der Prospekt selbst wird teils aus den regulären Einnahmen der Touristeninformation, teils aus Werbegeldern finanziert. So gibt es in dem Prospekt viele meist kurz gehaltene Beschreibungen kommerzieller Angebote – so etwa von Restaurants oder Boutiquen. Dafür beteiligen sich die dargestellten Unternehmen je nach Größe des Artikels mit mindestens 200 Euro an den Druckkosten des Prospekts. Allerdings werden die Artikel nicht als Anzeigen gekennzeichnet. Daher nimmt der Leser sie möglicherweise zunächst nur als Information wahr, nicht als Werbung. Der Touristenprospekt in seiner jetzigen Gestalt wurde 1999 entworfen, als Marita Lindqvist die Betriebsleitung der Touristeninformation übernahm. Seitdem haben sich kleinere und größere Veränderungen in Layout und Textgestaltung ergeben. In einem Telefoninterview (*) bezeichnete Lindqvist den Prospekt als eine Art „Gebrauchsanweisung“ für Naantali. Der Naantali-Prospekt hat vorrangig das Ziel, den Besucherströmen, die in der Touristeninformation nach Auskunft fragen, die Möglichkeit zu geben, sich selbständig zu informieren, was er wann wo in Naantali und Umgebung unternehmen kann. Der Prospekt wird vor allem lokal in der Touristeninformation in Naantali ausgeteilt, kann aber auch auf Bestellung an künftige Besucher versendet werden. Außerdem liegt er auf einheimischen Touristikmessen aus und wird von den Mitarbeitern des „Naantalin matkailu“ beispielsweise auch beim Besuch ausländischer Touristikmessen mitgenommen und verteilt oder zu Treffen mit ausländischen Kooperationspartnern mitgebracht. 4.3. Auflage und Textproduktion Der Prospekt wird jährlich aktualisiert und in einer Gesamtauflage von 100 000 Exemplaren pro Jahr gedruckt. 50 % davon erscheinen in finnischer Sprache, jeweils 20 % in schwedischer und englischer Sprache und 10 % in deutscher Übersetzung. Die Auflage und ihre Aufteilung basiert auf Erfahrungswerten des Touristenbüros, d.h. auf der durchschnittlichen Nachfrage der Touristen nach den verschiedenen Sprachversionen. Nach Mitte des Sommers bekommt man allerdings oft die deutschen Prospekte nicht mehr, d.h. hier wird die Nachfrage unterschätzt. Für jede neue Auflage werden lediglich einige Textteile geändert und aktualisiert. 4.4. Die Übersetzung und die Übersetzer Originalprospekt ist der finnische Prospekt; die fremdsprachigen Versionen wurden auf der Basis dieses Originalprospekts erstellt – es wurde also aus dem Finnischen ins Schwedische, Englische und Deutsche übersetzt. Alle Sprachversionen besitzen den gleichen Aufbau. Für die jeweiligen Neuauflagen lässt „Naantalin matkailu“ nur die auch in der finnischen Version ausgetauschten oder hinzugekommenen Texte neu übersetzen. Anschließend werden die einzelnen Sätze und Absätze durch Mitarbeiter des „Naantalin matkailu“ wieder in das Textganze eingefügt. Die zu übersetzenden Absätze oder Sätze werden in einer Datei zusammengestellt und ohne Kontext per E-Mail an den Übersetzer übermittelt, d.h. es ist kaum möglich, die einzelnen Sätze sinnvoll in den Text einzubetten. Ein kompetenter Übersetzer würde einen so gestalteten Auftrag wohl kaum annehmen; nicht zuletzt aus Kostengründen wird der Übersetzungsauftrag entweder an einen Mitarbeiter des „Naantalin matkailu“ mit entsprechenden Sprachkenntnissen oder an einen der autorisierten Reiseführer von Naantali vergeben. 2004 wurde ein Übersetzungsbüro beauftragt. Dies führte allerdings zu negativeren Rückmeldungen durch die Touristen als bei der Übersetzung durch die heimischen Touristenführer, möglicherweise weil diese ein besseres Hintergrundwissen besitzen oder leichter imstande sind, sich fehlende Informationen zu beschaffen. In beiden Fällen waren die Ergebnisse nicht zufriedenstellend. Das Naantali Spa schickt seine Texte sowohl auf finnisch als auch in den benötigten Übersetzungen. Die übrigen Dienstleister, die ihre Texte im Touristenprospekt veröffentlichen, schicken ihre Texte hingegen nur auf Finnisch, und die Touristeninformation lässt sie dann für die verschiedenen Sprachversionen übersetzen. Interessanterweise enthält der Text des Naantali Spa sehr viel weniger Fehler. 4.5. Die Zielgruppe: Der deutsche Tourist in Naantali Der Naantali-Prospekt ist in seiner Gestaltung vor allem auf den finnischen Touristen zugeschnitten. In Naantali spielen unter den Touristen finnische (und schwedische) Familien mit Kindern die größte Rolle, insbesondere als Besucher der Muminwelt. Die Kinder haben in Finnland einen großen Einfluss auf die Urlaubsgestaltung der Familien (vgl. Pesch 1999: 28). Von finnischer Seite gab es auch tatsächlich sehr positive Rückmeldungen über den Prospekt. Da hier die deutschsprachige Version untersucht werden soll, kümmern wir uns an dieser Stelle nicht weiter um die Zielgruppen der schwedischen und englischen Übersetzung. Die Zahlen der Tourismusstatistiken sprechen eine eindeutige Sprache. Von rund 4,5 Mio. Finnlandtouristen mit Wohnsitz im Ausland kamen 2003 insgesamt 547 558 aus Deutschland. Damit stellen die deutschen Finnlandtouristen nach den Schweden und Russen die größte Gruppe der Finnlandtouristen; und Deutschland wird zu einem der wichtigsten Zielländer für Werbematerial, das Touristen nach Finnland locken soll (vgl. Statistics Finland 2007). Die deutschen Finnlandtouristen sind oft erwachsene Paare ohne Kinder aus gehobenen Einkommensschichten, die im eigenen Auto reisen (vgl. Pesch 1999: 28f.). Der deutschsprachige Prospekt bedient vor allem solche Touristen aus dem deutschen Sprachraum; außerdem vielleicht auch einige ausländische Reisende, die Deutsch als Fremdsprache gelernt haben und dies evtl. besser beherrschen als Englisch. Pesch ist der Ansicht, dass das Textergebnis nur optimal sein könne, wenn für Deutsche, Österreicher und Schweizer jeweils eigene Versionen des Ausgangstextes erstellt werden könnten (vgl. Pesch 1999: 10). Doch auch bei einer innerhalb Deutschlands relativ einheitlichen Medienlandschaft und somit einheitlichen Textsortenkonzepten gibt es doch große kulturelle Unterschiede beispielsweise zwischen Nord- und Süddeutschland. Das kann dazu führen, dass ein Norddeutscher Verständnisprobleme dort hat, wo ein Süddeutscher sie vielleicht nicht hat – ein wirklich „optimales“ Resultat ist im Grunde nur durch die Erstellung individueller Broschüren möglich, was selbstverständlich eine idealistische Vorstellung bleiben muss. Selbst die Erstellung landesspezifischer Broschüren für Deutschland, Österreich und die Schweiz scheitert an ökonomischen Hürden. So stellen die Bundesbürger immer noch die größte deutschsprachige Touristengruppe; und daher wird auf ihre Bedürfnisse am meisten Rücksicht genommen. Außerdem wird dies von den Touristen auch nicht erwartet, d.h. sie fragen nicht nach einem Prospekt „für Deutsche“, sondern nach einer Broschüre „auf Deutsch“. Es stellt sich die Frage, ob verschiedene Versionen für die verschiedenen deutschsprachigen Länder tatsächlich honoriert würden oder ob dies nicht sogar gegenteilige Reaktionen hervorriefe. 5. Typische Problemfelder im Naantali-Prospekt Viele „Fehler“ bzw. problematische Stellen im Naantali-Prospekt sind rein grammatische, stilistische oder orthographische Fehler. Sie haben ihre Ursache meist in den mangelnden sprachlichen Kompetenzen der beauftragten Übersetzer, d.h. deren Sprachkenntnisse und Übersetzungsfähigkeiten sind nicht ausreichend – und ein gründliches Korrekturlesen durch Dritte zu teuer. Daneben können aus einer unprofessionell gestalteten Textproduktion, aus der generellen Zusammenarbeit zwischen Übersetzer und Auftraggeber bzw. weiterverarbeitenden Stellen oder ähnlichem weitere, neue Fehler entstehen. Da beispielsweise orthographische Fehler sehr leicht durch angemessene übersetzungstechnische Hilfsmittel vermieden werden könnten, spricht das Vorhandensein zahlreicher solch „einfacher“ sprachlicher Fehler im Naantali-Prospekt nicht unbedingt für die Qualität der Übersetzung und Textproduktion insgesamt. Hier sollen nun vor allem die Problemstellen näher betrachtet werden, deren Vorhandensein entweder kulturell bedingt ist und/oder Irritationen bzw. Unverständnis beim fremdkulturellen Rezipienten bewirkt. Wir werden nun die typischen Problemfelder, die wir identifizieren konnten, näher beleuchten und anschließend mögliche Ursachen und Lösungen diskutieren. Dabei geht es uns nicht um eine eindeutige Klassifikation der Probleme, sondern zunächst einmal um ihre bloße Darstellung und grobe Einordnung. Die identifizierten Problemfelder sind die folgenden: · Andere Layout- und Textsortenkonventionen · Irreführende Übersetzung von Eigennamen · Fehlende Erläuterungen · Verwirrende Informationen, „Rätselaufgaben“ · Verdrehen von Fakten/Andere Informationen als im Originaltext · Fehlende Informationen/Weniger Informationen als im Originaltext Diese Auflistung ist keinesfalls abschließend, denkbar sind (in anderen Korpora) sicherlich auch Problemstellen ganz anderer Art. Wir haben absichtlich vergleichsweise plakative Benennungen gewählt, wobei es uns darum ging, das jeweilige „Verständnisproblem“ möglichst anschaulich darzustellen. Bei der Durchführung der Untersuchung waren zum Teil langwierige Diskussionen und Recherchen notwendig, um herauszufinden, was mit den problematischen bzw. unverständlichen Textstellen eigentlich ausgesagt werden sollte. Dabei war es besonders hilfreich, dass Marian Lundenius durch ihre nebenberufliche Tätigkeit als Fremdenführerin in Naantali über das entsprechende Hintergrundwissen verfügte. Im Folgenden möchten wir nun einige wenige Beispiele aus dem Korpus darstellen und schließlich erörtern, welche Wirkung der Text möglicherweise auf den deutschen Rezipienten haben könnte. 5.1. Andere Layout- und Textsortenkonventionen Wie von Pesch festgestellt, ist die Gestaltung der finnischen Tourismusprospekte uneinheitlicher im Vergleich zu deutschen Exemplaren dieser Textsorte (vgl. Pesch 1999: 79). Tatsächlich ist auch die funktionale Einteilung des Naantali-Prospekts vergleichsweise uneinheitlich. So entsteht bei Betrachtung von Seite 2 der Eindruck, dass links beschreibende Texte stehen, während rechts praktische Informationen wie Daten und Öffnungszeiten dargestellt werden. Diese Einteilung wird fortgesetzt, dann allerdings mitten auf der dritten Seite umgekehrt. Auch die Orientierung an graphischen Elementen wie farbigem Hintergrund o. ä. führt nicht zu besseren Ergebnissen. Das inkonsequente Layout des Naantali-Prospektes erschwert dem Touristen die Orientierung im Text unnötig. Es ist nicht auf den ersten Blick zu erkennen, an welcher Stelle im Text die gesuchten Informationen zu finden sind, da zudem auch ein Inhaltsverzeichnis nicht vorhanden ist. Der Tourist muss sich zunächst an die andere Textkonzeption (und auf die große Textmenge auf engem Raum) gewöhnen und kann sich nicht sofort auf den Inhalt konzentrieren. Andere Textsorten wie beispielsweise Briefe, Protokolle oder Todesanzeigen weisen im Finnischen einen sehr viel höheren Grad an Einheitlichkeit auf. Die uneinheitliche Gestaltung der Textsorte „Touristenbroschüre“ ist vielleicht darauf zurückzuführen, dass hier die Textsortenkonventionen noch nicht so verfestigt sind wie bei anderen Textsorten. Hinzu kommt, dass einige Informationen zu Öffnungszeiten und Preisen im Fließtext gegeben werden, die übersichtlicher und damit rezipientenfreundlicher in einer Art Tabelle untergebracht wären. Auch die Reihung von Zahlenangaben im Fließtext lässt den Text unruhig erscheinen und verringert die Lesbarkeit des Textes. Im Deutschen würde man solche Preis- und Abfahrtsinformationen wie in Abb. 1 wohl eher in Tabellenform geben. Abb. 1: Beispiel für unübersichtliche Anordnung von Informationen im Prospekt Stilistisch weist der Naantali-Prospekt auch einige Eigenheiten auf, die sich in einem deutschen Prospekt wohl so nicht finden ließen. Die Sätze sind meist recht kurz gehalten und verfallen in eine Art „Werbestil“, d.h. auf Verben wird teilweise ganz verzichtet, auch wenn es sich nicht um Aufzählungen handelt. Ein solcher Stil ist für finnische Texte relativ ungewöhnlich, denn ein Satz ohne Verb ist im Finnischen eigentlich unmöglich. Wir vermuteten daher zunächst, dass der stichwortartige Stil eine Spezifik des Naantali-Prospekts sei. Pesch (1999:28) bestätigt dies jedoch für finnische Tourismustexte allgemein. In diesem eher stichwortartigen Stil erfolgen auch die Beschreibungen der Dienstleistungen der Anbieter aus Naantali. So wird die Werbeabsicht des Textes für den Rezipienten offensichtlich und dadurch evtl. die Werbewirkung eingeschränkt. 5.2. Irreführende Übersetzung von Eigennamen Ein Problem des Prospektes ist die uneinheitliche und missverständliche Übertragung der finnischen Eigennamen ins Deutsche, ein sehr eindeutiges Zeichen, dass es sich nicht um eine professionelle Übersetzung handelt. Teilweise werden Ortsbezeichnungen ins Deutsche übersetzt, ohne dass daran gedacht wird, dass die Information so für den deutschsprachigen Urlauber völlig unbrauchbar wird. Steht beispielsweise im Prospekt Der mit Holzschildern gekennzeichnete Sonnenpfad ist 13 km lang., so ist diese Information völlig nutzlos, denn auf den Holzschildern steht sicherlich nicht Sonnenpfad (was man für eine werbesprachliche Bezeichnung halten könnte), sondern das finnische Wort Aurinkopolku. An anderer Stelle heißt es im Original: Im Norden beginnt der Sonnenpfad am Trimm-dich-Pfad Suovuori. Hier wird immerhin die finnische Bezeichnung verwendet, so dass sich der Urlauber orientieren kann. Nicht zuletzt um der Einheitlichkeit willen sollte nun auch die deutsche Übersetzung von Suovuori gegeben werden („Moorberg“). An anderer Stelle wird zwar die Übersetzung gegeben, es wird jedoch gar nicht deutlich, dass dies die Übersetzung ist, da sie nicht gegenüber dem übrigen Text abgegrenzt wird. So heißt es etwa im Prospekt: Der Goldstrand Kultaranta, am gegenüberliegenden Ufer der Naantalibucht, dürfte Finnlands bekanntestes Ferienhaus sein. Der nicht des Finnischen mächtige Rezipient kann nur annehmen, dass es sich bei Goldstrand um eine ausschmückende, werbesprachliche Bezeichnung handelt. Für den deutschen Rezipienten wird an dieser Stelle insgesamt zu wenig Information expliziert. Zunächst wird es ihm wahrscheinlich unlogisch erscheinen, dass ein „Goldstrand“ ein „Ferienhaus“ sein kann. Auch ist die Bezeichnung „Ferienhaus“ in diesem Zusammenhang stilistisch nicht ganz glücklich gewählt, denn es handelt sich um das Ferienhaus der finnischen Präsidenten bzw. Präsidentinnen. 5.3. Fehlende Erläuterungen Erläuterungsbedürftig ist auch die Bezeichnung „Sonnenstadt“ für Naantali. Sicherlich kann sich jeder dazu seine eigenen Gedanken machen; auch kann die Bezeichnung als bloße Werbephrase abgetan werden – ob die Werbewirkung auch entsprechend ist, ist fraglich. Außerdem wird die Bezeichnung nicht nur als Prospektuntertitel (Naantali. Die Sonnenstadt) verwendet, sondern taucht auch im Text selbst auf. Tatsächlich hat die Bezeichnung eine Geschichte, die nirgendwo erwähnt wird, für den Touristen aber interessant zu erfahren wäre. Naantali liegt ganz in der Nähe von Rymättylä, und das ist der Ort in Finnland mit den meisten Sonnenstunden. Außerdem hatte die ehemalige (mittelalterliche) Stadtmauer ein inzwischen zerstörtes Tor, auf dem ein Sonnenzeichen aus Holz angebracht war. Dieses Sonnenzeichen ist in ähnlicher Form noch heute Symbol für Naantali und taucht beispielsweise auf Anstecknadeln auf. Bekannt ist es heute vor allem, weil einer der Verkehrskreisel in Naantali in Form des Sonnensymbols bepflanzt wird. Das Zeichen ist vermutlich entstanden, als das Kloster der Stadt von Masku nach Naantali verlegt wurde, weil der ursprüngliche Standort zu feucht war und es in Naantali sonniger war. Tatsächlich hat die Stadt für Finnland vergleichsweise viele Sonnenstunden. Entsprechende Erklärungen zu diesem Leitthema fehlen im Prospekt leider völlig, obwohl sie für die Attraktivität der Stadt sprächen und die Werbewirksamkeit des Prospekts erhöhen könnten. Da solche – für die Touristen interessanten – Informationen aber fehlen, können wir Pesch nur recht geben, wenn er feststellt, dass der finnische Originaltext oft nicht genug Informationen enthalte, um als Vorlage für die Übersetzung zu dienen (vgl. Pesch 1999:34). Ein grundsätzliches Hindernis, zusätzliche Erläuterungen einzufügen, ist die Standardisierung der Prospekte mit standardisiertem Layout und gleicher Typographie (hierzu siehe auch Pesch 1999: 35f., 43f. sowie Schopp 2003). Das scheint es schwierig zu machen, Platz für zusätzliche Erklärungen zu finden. Wir haben jedoch durch eigenes Experimentieren festgestellt, dass sich viele Erläuterungen ohne zu große Texterweiterungen geben lassen (und im Notfall kann außerdem auf einen kleineren Schriftfont zurückgegriffen werden). 5.4. Verwirrende Informationen, „Rätselaufgaben“ Das Problem der falschen Informationen taucht, weniger offensichtlich auch an anderer Stelle auf. Die Produzenten des Prospekts berücksichtigen nämlich seltsamerweise nicht, dass ihr Prospekt erst im Sommer von den Touristen vor Ort gelesen wird, sondern schreiben aus ihrer eigenen Sicht zum Zeitpunkt der Erstellung. Das zeigt sich in den Beschreibungen der Muminwelt, wenn angekündigt wird: Im kommenden Sommer wächst auf der Heimatinsel der Mumins ein Dschungel mit Lianen und Mangobäumen – und daraus ergibt sich ein echtes Dschungelabenteuer. Wenn der Prospekt tatsächlich für Touristen gedacht ist, die bereits in Naantali sind, dann ergibt dieser Satz kaum Sinn, denn die allermeisten Besucher kommen im Sommer, wenn die Muminwelt bereits geöffnet hat. Geht man von einem Rezeptionszeitpunkt im Sommer aus, so müsste man schreiben In diesem Sommer/Nun wächst … oder einfach Auf der Heimatinsel der Mumins wächst … ohne nähere zeitliche Angaben. Die finnische Implizitheit zeigt sich auch, wenn es um die Darstellung bestimmter Dienstleistungen geht. So lautet die Beschreibung zu einem Ladengeschäft: Wir führen auch finnische Euro-Münze [sic]. Ein Bild auf der gleichen Prospektseite zeigt die finnischen 1- und 2-Cent-Münzen, die im normalen Münzverkehr Finnlands nicht auftauchen, da die Preise aufgerundet werden. Daraus könnte der – mit diesen Fakten vertraute – deutsche Rezipient nun schließen, dass hier die 1- und 2-Cent-Münzen zu kaufen sind. Tatsächlich ist es jedoch so, dass das Geschäft nur komplette Sets finnischer Euro-Münzen verkauft, die auch diese 1- und 2-Cent-Münzen beinhalten. Dem deutschen Rezipienten werden solche „Rätselaufgaben“ vermutlich zumindest ein bisschen seltsam vorkommen. Besser wäre daher, man würde in der deutschen Version stattdessen schreiben: Wir führen auch komplette Sets finnischer Euro-Münzen. 5.5. Verdrehen von Fakten/Andere Informationen als im Originaltext Einige Fehler erschließen sich erst beim Vergleich mit dem finnischen Originaltext. So heißt in der deutschen Version: Durch diese Sommerresidenz der Landesväter wird Naantali zum Haupturlaubsort Finnlands. Hier werden einige Fakten verdreht. Falls Naantali tatsächlich der Haupturlaubsort Finnlands wäre, so wäre sicherlich nicht Kultaranta (mit etwa 20.000 Besuchern) der Grund dafür, sondern vor allem die Muminwelt (mit 200.000-300.000 Besuchern jährlich) (vgl. Santasalo 2007). Außerdem schließt die Bezeichnung Landesväter die amtierende Präsidentin nicht ein. Im finnischen Original steht außerdem die richtigere, wenngleich scherzhafte Bezeichnung lomapääkaupunki (dt. „Ferienhauptstadt“) statt Haupturlaubsort. Sie geht darauf zurück, dass während des Sommerurlaubs der Präsidentin bzw. des Präsidenten auf Kultaranta manchmal außerordentliche Sitzungen der Regierung stattfinden. Zumindest ein Teil dieser Informationen sollte im Prospekt verbalisiert werden. An anderer Stelle tauchen Informationen auf, die dem Ortskundigen als offensichtlich falsch auffallen, z.B. ist die Rede von einem Taxi, das die Bootsanlieger zu den nahe gelegenen Lebensmittel- und Alkoholgeschäften transportieren soll. Dazu heißt es „Ankunft nach ca. einer halben Stunde.“ Diese Fahrtzeit scheint etwas unrealistisch, denn selbst zu Fuß braucht man bis zu den nächstgelegenen größeren Geschäften nur etwa 10 Minuten. In der finnischen Version hingegen findet sich die Information, dass das Taxi nach etwa 45 Minuten zurückfährt. Ob das Taxi kostenlos ist oder nicht, wird nicht ersichtlich, soll aber wohl vermutet werden. 5.6. Fehlende Informationen/Weniger Informationen als im Originaltext Besonders interessant ist, dass sich im Prospekt trotz der Treue zum Originaltext und der teils wortwörtlichen Übersetzung in der deutschen Version einige Abweichungen zum Originaltext finden. Nun könnten solche Abweichungen ja eigentlich sogar sinnvoll sein, etwa wenn dadurch das andere kulturelle Hintergrundwissen der Touristen oder ihre anderen Rezeptionsgewohnheiten berücksichtigt werden. Das scheint jedoch nicht der Fall zu sein, denn durch das Weglassen von Informationen sind im Naantali-Prospekt vor allem Sinnentstellungen und sogar Falschaussagen entstanden. Teilweise fehlen entscheidende Fakten, um den Inhalten überhaupt einen Sinn entnehmen zu können. Auch für dieses Problem gibt es diverse Beispiele im Naantali-Prospekt. Zur Illustration führen wir hier ein Textbeispiel an, das auch für den Außenstehenden noch relativ einfach nachzuvollziehen ist (Abb. 2): Abb. 2: Fehlende/andere Informationen Abgesehen von den zahlreichen orthographischen und grammatischen Fehlern bleiben hier auch Bezüge unklar. So lässt sich aus der Textstelle nicht klar erschließen, was eigentlich mittwochs in der Kapelle stattfindet (ein Gottesdienst oder eine Messe mit Abendmahl?). Tatsächlich handelt es sich um ein Abendmahl, das jedoch in den Monaten Juli und August in der Klosterkirche stattfindet, nicht im Gemeindezentrum. Da Juli und August die Monate mit den höchsten Besucherzahlen sind, ist diese Zusatzinformation u. U. durchaus relevant. Auch die Angaben betreffend der übrigen Messe- und Abendmahl-Zeiten sind missverständlich und unvollständig. Der Gottesdienst findet nämlich jeden Sonntag statt, und am 1., 3. und letzten Sonntag gibt es zusätzlich eine Messe mit Heiligem Abendmahl. Diese Informationen sind im finnischen Originaltext noch vorhanden, und es ist unersichtlich, warum sie nicht übernommen wurden. Andererseits gibt es im finnischen Originaltext den Satz über die Augenblicke der Stille und Besinnung nicht. In einem anderen Abschnitt geht es um die Führungen durch Kultaranta, die Sommerresidenz der finnischen PräsidentInnen. Hier wird auf den ersten Blick klar, dass in der finnischen Version mehr Informationen enthalten sind, denn dort wird eine kleinere Schriftgröße verwendet. In der deutschen Version finden sich folgende Informationen (siehe Abb. 3): Abb. 3: Fehlende Informationen Hier wird beispielsweise nicht explizit erwähnt, dass es sich bei den Ort- und Zeitangaben in der Mitte um Busabfahrtszeiten aus der Stadt handelt, oder dass es sich bei der „Pforten-Zeit“ sowohl um die Abfahrtszeit für die Rückfahrt mit dem Bus als auch um die Startzeit der zweiten Führung handelt – und dass diese zweite Führung dann 5 bzw. 3 € kostet (exklusive der Busfahrt). All diese Informationen sind in der finnischen Version vorhanden. Sinnvoll wären in der deutschen Version folgende Einfügungen: Der Preis schließt die Hin- und Rückfahrt mit dem Bus und die Führung ein. Ankunft auf Kultaranta ca. 14 Uhr. Rückfahrt mit dem Bus ab Eingangspforte: 15 Uhr. Autofahrer können sich der Führung entweder um 14 oder um 15 Uhr an der Eingangspforte von Kultaranta anschließen (Erw. 5 €, Kind 3 €). Die Führung dauert etwa 45 Min. Fraglich bleibt dann zwar noch, in welcher Sprache die Führungen eigentlich stattfinden, aber zumindest der logistische Rahmen wäre geklärt. 5.7. Mögliche Wirkung auf den (deutschen) Rezipienten Da sich die oben dargestellten Problemstellen häufen und der Tourist damit eher verwirrt als informiert wird, kann das Ziel der Touristeninformation, eine „Gebrauchsanleitung“ für Naantali zu liefern, als verfehlt betrachtet werden. Es ist zu beachten, dass die Übersetzungsfehler, sofern sie nicht zu Verständnisschwierigkeiten führen, nicht per se eine negative Wirkung haben. Es ist auch möglich, dass die Rezipienten sie „niedlich“ oder „lustig“ finden (wie z.B. Abendteuerplatz oder die Wortneuschöpfung naturschön). Allerdings führen textsortenunübliche Formulierungen in einer Art „Werbestil“ dazu, dass die Werbeabsicht für den Rezipienten offensichtlich wird und somit die Werbewirkung anders ausfällt als beabsichtigt. Ist der Rezipient erst einmal darauf aufmerksam geworden, dass es sich um Werbung handelt, liest er den Text aus einer ganz anderen Perspektive. Er hat Informationen erwartet, wurde aber in seinen Erwartungen enttäuscht und findet Werbung vor. Auch diese enttäuschten Erwartungen verändern die Wirkung der Broschüre auf den Rezipienten. Sobald die Übersetzungsfehler jedoch die Verständlichkeit beeinträchtigen und Kommunikationsprobleme auslösen, ist nicht mehr allein die Werbefunktion, sondern auch die Informationsfunktion betroffen. Durch fehlende Erläuterungen o.ä. unbrauchbare Informationen wie die Wegbeschreibungen, die Öffnungszeiten der Kirche oder die Eigenart, teilweise nur die deutschen Bezeichnungen für die verschiedenen Pfade (Sonnenpfad) und Orte (Goldstrand) zu geben, wird der Tourist daran gehindert, die Information in der Realität nutzen zu können (und somit die Informationsfunktion beeinträchtigt). Dies könnte vielleicht zu Verärgerung führen – denn wozu benötigt der Tourist dann noch eine „Gebrauchsanweisung“ für Naantali, wenn die darin enthaltenen Informationen nicht zu gebrauchen sind und der Rezipient sich ein Verständnis des Textes erst hart erarbeiten muss? Betrachten wir abschließend noch einmal die einzelnen Funktionen eines Tourismusprospekts, die wir in Abschnitt 2 erläutert haben. Die Informationsfunktion kann nur mangelhaft erfüllt werden, da es viele Fehlinformationen gibt und die Informationen unübersichtlich präsentiert werden, so dass sich der Rezipient nur schwer im Text orientieren kann. Die Erwartung des Touristen, korrekte Informationen schnell zu finden, wird also nicht erfüllt. Zudem ist die Übersetzung insgesamt unprofessionell, was auch dem Laien auffallen wird. Allzu werbesprachliche Formulierungen lenken den Touristen auf die Werbeintention der Produzenten. Daher ist vermutlich auch die Werbewirkung entsprechend eingeschränkt. Auch die Funktion, zwischen den Kulturen zu vermitteln, kann der Prospekt nicht erfüllen. Er bietet kaum Erläuterungen zur finnischen oder lokalen Kultur und ist aus einer extremen Innensicht heraus geschrieben. 6. Ursachenforschung Für die Probleme im Naantali-Prospekt lassen sich unserer Ansicht nach zwei Hauptursachen benennen: das Übersetzungsverfahren (womit hier der gesamte Übersetzungsprozess vom Auftrag bis zur Rechnung gemeint ist) und die Textverarbeitungstechnik einerseits, und die lokale Perspektive der Textproduzenten andererseits. Beide Ursachen beinhalten kulturelle Implikationen; sowohl die Verfahren als auch die Perspektiven sind stark kulturgeprägt. Bei der Lösungssuche gilt es, diese kulturellen Implikationen zu berücksichtigen. 6.1. Übersetzungsverfahren und Textverarbeitungstechnik Ein grundlegendes Problem des Prospekts „Naantali 2004“ ist die Art der Texterstellung und -bearbeitung. Es wird nie der Text als Ganzes verändert, sondern es werden jeweils nur diejenigen Textteile, die verändert werden sollen, herausgenommen, verändert und vielleicht übersetzt, um dann wieder an der passenden Stelle eingesetzt zu werden. Was nicht mehr dort stehen soll, wird entfernt; allerdings kann es passieren, dass das Wiedereinfügen bzw. das endgültige Textdesign durch jemanden vorgenommen wird, der die jeweilige Sprache gar nicht oder nur eingeschränkt beherrscht. So werden viele Fehler gar nicht bemerkt, und andere wiederum entstehen dadurch erst. Das Herausnehmen und Wiedereinfügen einzelner Textabschnitte hat offenbar dazu geführt, dass einzelne Textabschnitte nun doppelt vorkommen, während andere fehlen, dass einzelne Informationen unterschlagen werden oder dass schon nicht mehr aktuelle Informationen aus früheren Jahren versehentlich stehen gelassen wurden. Da zudem die Übersetzung einzelner Textteile vorgenommen wurde, ohne den Kontext zu berücksichtigen, sind weitere Informationsverluste entstanden. Die Folge ist, dass sich die Informationen der Originalversion teilweise nicht mit denen der fremdsprachigen Version decken. Wenn dies intentional gesteuert wäre, um unterschiedliches kulturelles Hintergrundwissen zu berücksichtigen, dann wäre es begrüßenswert, da es den Text für den Touristen verständlicher machen könnte. Hier ist es jedoch umgekehrt; die Veränderungen am Text führen hier nämlich dazu, dass das Textverständnis noch erschwert wird. Das Verfahren verhindert, dass der Text zu einer formalen und inhaltlichen Einheit werden kann, auch weil der (unprofessionelle) Übersetzer die einzelnen Textabschnitte ohne Berücksichtigung des Kontexts übersetzen soll. Inhaltliche Ungereimtheiten, Stilbrüche und mangelnde Textkohärenz können die Folge sein. Selbst wenn der Übersetzer sich der Tatsache bewusst wäre, dass Kohäsionsmittel in verschiedenen Sprachen unterschiedlich verwendet werden, so ist es doch wegen der Copy/Cut-Paste-Methode kaum möglich, ausreichende Kohärenz herzustellen. Fordert der Übersetzer mehr Informationen, so bekommt er diese zwar, aber dieses „Rückfragen“ fällt den Finnen kulturbedingt relativ schwer. Leichter ist es bei einer persönlichen Beziehung zum Auftraggeber, denn dann ist der Ansprechpartner bekannt. Schwieriger ist es bei einer längeren „Rückfrage-Kette“, wie etwa bei der Auftragsvergabe an ein Übersetzungsbüro, das wiederum den Auftrag an freie Mitarbeiter weitergibt. Bei einer solchen langen „Rückfrage-Kette“ ist es außerdem fraglich, ob der Aufwand, eine Frage weiterzuleiten, in Kauf genommen wird. Dies ist auch eine Kostenfrage, und außerdem können auf dem langen Weg Informationen verloren gehen. Eine direkte Kommunikation könnte dieses Problem lösen, ist jedoch nicht immer möglich, weil die Übersetzungsbüros die Auftraggeber nicht preisgeben. Durch die Rückfragen darf außerdem nicht das Gefühl entstehen, dass der Übersetzer den Auftraggeber kritisieren will, und er darf auch nicht den Anschein erwecken, dass er lediglich aus Neugier nachfragt. Das hat damit zu tun, dass es im gesellschaftlichen Umgang in der finnischen Kultur als unerwünschte Unterbrechung gilt, wenn jemand nachfragt und somit „stört“. Die nachfragenden Personen riskieren damit, „dumm“ oder „unprofessionell“ zu erscheinen (zu den Schwierigkeiten der Rückkopplung Translator-Auftraggeber sowie zur Kostenseite der Tourismusbroschüren siehe auch Pesch 1999: 35). Zu diesen kultur- und verfahrensbedingten Problemen kommen die knappe Finanzierung der Textproduktion und Übersetzung sowie ein eklatanter Zeitmangel: Die Texte müssen oft innerhalb kurzer Zeit verarbeitet werden und an die Druckerei weitergereicht werden. 6.2. Lokale Perspektive Zu den kulturell bedingten Kommunikationsproblemen gehören auch solche, die durch kulturell unterschiedliche Textsortenkonventionen verursacht werden. Das offenbar unterschiedliche Informationsbedürfnis wird bereits in den Wegbeschreibungen des Naantali-Prospektes offensichtlich. Immerhin ist erkannt worden, dass die Touristen den Weg zu bestimmten Orten nicht ohne Anleitung finden können. In den Wegbeschreibungen sind meist auch alle nötigen Informationen enthalten, allerdings leider so knapp und verklausuliert formuliert, dass sie für Nicht-Einheimische missverständlich sein könnten. Ist dem (unprofessionellen) Übersetzer die Tatsache, dass der Rezipient die einheimischen kulturellen Gegebenheiten nicht kennen kann, nicht bewusst oder bekannt, so entstehen daraus Kommunikationsprobleme. Es wird nicht daran gedacht, dass bei einer Übersetzung mehr zu verändern ist als nur die Sprache. Die Finnen pflegen dabei eine ausgesprochene Innensicht, d.h. der Text richtet sich an finnische Rezipienten und beschreibt den Finnen bekannte Tatsachen. An den anderen kulturellen Hintergrund ausländischer Rezipienten wird bei der Erstellung des Textes kaum gedacht. Dieses Denkmuster setzt sich in der finnischen lokalen Denkweise fort, in der lokale Gegebenheiten für Selbstverständlichkeiten bzw. für allgemeines Weltwissen gehalten werden. Somit können sogar Finnen, die nach Naantali kommen und den finnischen Prospekt lesen, damit Verständnisschwierigkeiten haben, denn es wird Wissen vorausgesetzt, das auch sie nicht haben können. Hierbei spielt außerdem eine Rolle, dass der finnische Rezipient keine Selbstverständlichkeiten lesen will, was zur Folge hat, dass in finnischen Texten vieles nur implizit gesagt wird. Beispiele für so geartete Kommunikationsprobleme finden sich zuhauf innerhalb des Korpus. 7. Die Suche nach Lösungswegen Über den typischen „Mängelbericht“ hinausgehend möchten wir schließlich nach Lösungswegen für die aufgezeigten Probleme suchen. Dabei geht es uns weniger darum, Anleitungen zum Formulieren zu geben oder festzulegen, wann genau in einer Übersetzung weitere Erläuterungen nötig sind, um dem Rezipienten der Zielkultur das Textverständnis zu ermöglichen (was in Abschnitt 2 teilweise angeschnitten wird). Vielmehr geht es uns um umfassendere Lösungen, die die Gesamtsituation und damit den gesamten Textproduktions- und Übersetzungsprozess in den Blick nehmen. Wichtig ist es dabei, die kulturellen Implikationen der Ausgangs- und Zielkultur zu beachten. Es kann daher keine Universallösungen geben, wenngleich vieles sicherlich auch für andere Kultur- und Sprachpaare übernommen werden kann. Bei der Suche nach Lösungen versuchen wir, möglichst viele der kritischen Faktoren mit zu berücksichtigen, die auf praktischer Seite der Umsetzung entgegenstehen – wie etwa das Übersetzungsverständnis, den Kostenfaktor, das kulturelle Hintergrundwissen, die Textproduktionsverfahren oder die zeitliche Dimension. 7.1. Standardisierung oder Diversifizierung? Aus Wirtschaftlichkeitsgründen erscheint zunächst eine möglichst weitgehende Standardisierung des Prospekts geboten – gleiches Layout, gleiche Bilder, gleicher Text (vgl. zu den Begriffen Standardisierung und Diversifizierung auch Mast 2002: 351). Insbesondere das Layout setzt einer zielkulturorientierten Anpassung des Textes Grenzen. Janich (2003: 215) verneint allerdings die Möglichkeit standardisierter Werbung, und zwar schon aus dem Grund, weil es immer unterschiedliche kulturelle Bedeutungen geben wird. Das Persuasionskonzept der Werbung wiederum hängt aber maßgeblich von diesen kulturell unterschiedlichen Konnotationen und Assoziationen ab, die die Rezipienten mit den Werbebotschaften verbinden (vgl. Janich 2003: 215). Langfristig könnte auch die Diversifizierung des Prospekts, d.h. die Anpassung der jeweiligen Sprachversionen an das kulturelle Vorwissen der Zielgruppen, durchaus wirtschaftlich sein. Es würde nämlich zu weniger Nachfragen in der Touristeninformation und damit zu geringeren Personalkosten führen. Da dies angeblich einer der Hauptzwecke des Naantali-Prospekts ist, erscheint es durchaus angebracht, diesen Zweck etwas hartnäckiger zu verfolgen und mehr Geld für die Übersetzung und Textkonzeption auszugeben. Im Falle des Naantali-Prospekts haben wir es im Grunde genommen mit standardisierten Prospekten zu tun. In allen Sprachversionen sind Text und Layout, einmal abgesehen von Unterschieden in der Schriftgröße und den oben dargestellten Abweichungen, fast identisch. Allerdings ist der Text viel zu wenig auf diese Standardisierung ausgerichtet. Das zeigt sich darin, dass sich im Text sehr viele auf das lokale bzw. finnische Publikum ausgerichtete Informationen und Formulierungen finden. Ein weiteres Problem ist es, dass auch der finnische Originalprospekt einige Fehlinformationen und Formulierungsfehler enthält. Das bedeutet im Grunde, dass bei einer Übersetzung die Informationen des Ausgangstextes für den Zieltext „verbessert“ werden müssten, um die beabsichtigte Wirkung zu erzielen. Da 50 Prozent der Auflage in finnischer Sprache erscheinen und die Finnen tatsächlich auch die meisten Touristen in Naantali stellen, ist dies zunächst legitim. Andererseits werden die restlichen 50 Prozent der Auflage in fremdsprachigen Versionen gedruckt. An die Bedürfnisse dieser Zielgruppe wurde aber augenscheinlich kaum gedacht; die Prospekte werden aus einer Art „Innen-Sicht“ heraus verfasst und eignen sich daher nicht für eine direkte Übertragung in andere Sprachen. Der Text muss also auch im Original auf die Übersetzung in unterschiedliche Zielkulturen ausgerichtet werden, wenn eine weitgehende Standardisierung aus technischen und wirtschaftlichen Gründen notwendig ist. Dennoch möchten wir auch dann für eine Prüfung der Texte auf notwendige kulturelle Anpassungen plädieren. Es gilt der vielzitierte Grundsatz: „So viel Standardisierung wie möglich, so viel Differenzierung wie nötig.“ 7.2. Ausrichtung des Textes auf eine jährliche Aktualisierung Eine jährliche Aktualisierung ist bisher zwar Praxis bei der Produktion des Naantali-Prospekts, es fehlt jedoch – ähnlich wie bei der Standardisierung – eine entsprechende Ausrichtung des Textes auf dieses Vorgehen. Zu aktualisierende Fakten und beschreibende Texte werden kaum eindeutig voneinander getrennt. Das hier angewandte Copy/Cut-Paste-Verfahren, um die jährliche Aktualisierung durchzuführen, ist bei einem so strukturierten Text kaum anwendbar und führt daher auch zu einem wenig kohärenten und verständlichen Text. Die Forderung Stolzes, den Blick auf das Textganze zu richten (vgl. Stolze 1993:271) und eben nicht nur einzelne Sätze zu übersetzen, ist im Falle einer jährlichen bloßen Aktualisierung (und eben nicht Neu-Verfassung) einer Tourismusbroschüre jedoch ebenfalls kaum anwendbar – denn es wird eben nicht der gesamte Text neu übersetzt, sondern lediglich einzelne Abschnitte. Es würde jedoch das Resultat wesentlich verbessern, wenn in diesen neu verfassten Abschnitten der übrige Text zumindest nicht ganz unbeachtet bliebe. Wünschenswert wäre es also, dass der Übersetzer den gesamten Text vorliegen haben sollte, um sich in den neu verfassten Textabschnitten darauf zu beziehen und selbige auf den übrigen Text abzustimmen. Dadurch könnte beispielsweise die unnötige Wiederholung einzelner Worte oder Informationen vermieden werden. Noch besser wäre es, wenn der gesamte Text überarbeitet würde. Eine Lösung des Problems könnte im Falle des Naantali-Prospekts darin bestehen, „harte Fakten“, die sich jährlich ändern und somit aktualisiert werden müssen, so weit wie möglich vom übrigen Text zu trennen, und den übrigen Text so gestalten, dass er jedes Jahr wieder verwendet werden kann und auch in den Übersetzungsversionen auf die jeweiligen Zielgruppen ausgerichtet wird. Das würde zwar höhere Übersetzungs- und Texterstellungskosten im ersten Jahr verursachen, in den Folgejahren jedoch könnten die Kosten erheblich geringer gehalten werden, weil lediglich Daten und Öffnungszeiten ausgetauscht werden müssten. Ob eine solche Trennung permanenter und zu aktualisierender Textteile möglich ist, muss allerdings die Praxis zeigen. Aber: Die Sprachversionen machen insgesamt 50 % der Auflage aus (50 000 Exemplare). Daher lohnt sich eine eingehende Beschäftigung mit ihnen in jedem Fall. 7.3. Auf die Touristen eingehen Wie bereits erwähnt, sollen mit dem Prospekt auch weniger Rückfragen seitens der Touristen und damit eine Arbeitserleichterung der Mitarbeiter in der Touristeninformation erreicht werden. Zu diesem Zweck wäre es hilfreich, wenn die Nachfragen der Touristen ernst genommen und bei der Überarbeitung des Prospekts berücksichtigt würden. Im Falle des Naantali-Prospekts wird nämlich wohl zumeist nicht angenommen, dass dahinter ein grundlegendes Verständnisproblem stecken könnte, sondern es wird eher auf einen beschränkten persönlichen Verständnishorizont, auf pure Neugierde oder mangelnde Beschäftigung mit dem Text zurückgeführt. Voraussetzung für die Berücksichtigung ist selbstverständlich eine ausführliche Dokumentation der Nachfragen, die aber wahrscheinlich aus Zeitgründen oftmals vernachlässigt werden muss. 7.4. Professionalisierung des Übersetzungsverfahrens Wie die Analyse gezeigt hat, kann die Nichtberücksichtigung kultureller Implikationen bei der Gestaltung des Zieltextes dazu führen, dass der Zieltext nicht so funktioniert wie beabsichtigt – etwa weil Informationen nicht verstanden werden, nicht nutzbar sind oder schlichtweg fehlen. Einige Fehler im Prospekt könnten sehr leicht behoben werden. Ihr Vorhandensein deckt sehr gut die unprofessionelle Arbeitsmethodik auf, mit der der Prospekt erstellt wurde. Aus den Fehlern in der Ausdrucksweise und der Grammatik ist zu schließen, dass die Übersetzer nicht über ausreichende Sprachkenntnisse verfügten bzw. ihnen der Übersetzungskontext fehlte. Dass dieser Übersetzungskontext allerdings nicht angefordert wurde, zeugt ebenfalls von einer unprofessionellen Arbeitsweise. Die vorhandenen Fehler weisen teilweise auch darauf hin, dass nicht in die Muttersprache übersetzt wurde. Daher schließen wir uns der oft wiederholten Forderung an, dass nur in die Muttersprache übersetzt werden sollte. Hier geht es aber nicht nur um das Wissen über die Zielkultur, sondern auch um das Wissen über die Ausgangskultur. Wünschenswert wäre es daher, dass die übersetzten Versionen von Tourismusprospekten abschließend durch einen zielkulturellen Touristen UND einen einheimischen Übersetzer korrigiert würde. Entscheidend ist, dass der zielkulturelle Tourist als Muttersprachler nicht nur ein ausreichendes Sprachgefühl mitbringen sollte, sondern dass er auch den Verstehenshorizont des zukünftigen Rezipienten nachvollziehen kann. Wünschenswert wäre außerdem eine profunde Ortskenntnis des einheimischen Übersetzers – denn bei einem solchen, aus lokaler Perspektive geschriebenen Prospekt reichen landeskundliche Kenntnisse nicht aus, um die Richtigkeit der Informationen beurteilen zu können. Nach Pesch (1999: 32) wäre es zudem nützlich, wenn Translatoren über Erfahrungen als Fremdenführer verfügten. Dieser Aussage können wir aus unseren eigenen Erfahrungen bei der Analyse des Prospekts nur zustimmen, denn ohne das Hintergrundwissen Marian Lundenius’ als Fremdenführerin hätten wir die Untersuchung kaum durchführen können. Manche Fehler hätten wir ohne ihre fundamentale Ortskenntnis vielleicht nicht einmal bemerkt. Die beiden Interaktionspartner – „Testtourist“ und Fremdenführer – müssen bei Unklarheiten ein Verständnis der Situation explizit aushandeln und diese unklaren Stellen für den zukünftigen Rezipienten explizieren bzw. so ändern, dass die Information verständlich wird. Der begrenzte Platz für Text ermöglicht leider kaum erklärende Kommentare des Übersetzers. Auch soll ja nicht spürbar werden, dass es sich um eine Übersetzung handelt. Um allen Forderungen (Knappheit, Verständlichkeit, Funktionalität) gerecht zu werden, wird daher eine „Bearbeitung“ innerhalb der Übersetzung an vielen Stellen notwendig. Diese Lösung wäre optimal, ist jedoch aus finanziellen und auch zeitlichen Gründen vermutlich nicht praktikabel – es sei denn, dieser Vorgang wäre nur etwa alle fünf Jahre notwendig, weil die Texte entsprechend standardisiert und auf die jährliche Aktualisierung ausgerichtet sind. 7.5. Fazit Wie wir gesehen haben, lohnt es sich, auf verschiedenen Ebenen im Textproduktions- und Übersetzungsprozess anzusetzen, um Verbesserungen zu erreichen. Eine ganzheitliche Betrachtung des Übersetzungsprozesses ist unabdingbar, wenn die Übersetzungstheorie zu einer besseren Übersetzungspraxis beitragen will. Wünschenswert wären nähere Untersuchungen zum Rollen- und Aufgabenverständnis des Übersetzers in den verschiedenen Ländern, um herauszufinden, wie weit dieses Rollenverständnis vom Idealbild in der Theorie entfernt ist und wo man ansetzen müsste, um Theorie und Praxis einander anzunähern. Nicht zuletzt würde damit auch ein Bild davon gezeichnet, inwiefern auch der Vorgang des Übersetzens selbst kulturgeprägt ist. Dem Auftraggeber und auch unprofessionellen Übersetzern sind die beschriebenen Anforderungen und Probleme offenbar nicht bewusst, Lösungswege daher noch viel weniger. Wie bereits in 6.1 dargestellt, sind insbesondere die Rückfragekette und der direkte Kontakt zum Übersetzer nicht immer unproblematisch. Wir fragen uns daher abschließend, wie man diese Situation verändern kann und die Auftraggeber langfristig für die Übersetzungsschwierigkeiten im Kulturkontakt sensibilisieren kann. Nützlich wäre es sicherlich, ein Bewusstsein dafür in der breiten Öffentlichkeit zu schaffen – denn im Prinzip kommt jeder als Auftraggeber einer Übersetzung in Frage, und in der heutigen globalisierten Welt sollte das entsprechende Wissen fast zum Allgemeinwissen gehören. Eine weitere Frage schließt sich an: Welche Strategien hat der Übersetzer, um auch „beratungsresistente“ Auftraggeber zu einer entsprechenden Kooperativität zu bewegen und damit eine professionelle Übersetzung zu ermöglichen? Hilfestellung hierbei könnten Berichte aus der Praxis bieten, wo dieses Unterfangen erfolgreich gelungen ist. Wichtig wäre es zudem im Falle der Tourismusprospekte, wenn der Auftraggeber Verantwortung für das Textganze übernähme, insbesondere da die kleinen Cafés und Anzeigengeber, die einzelne Textabschnitte liefern, kaum das nötige Wissen über Textproduktion und Übersetzung haben können. In der 2007er-Ausgabe des Naantali-Prospekts wird dies jedoch sogar explizit abgelehnt: Die Beteiligung an der Broschüre ist für die vorgestellten Partner kostenpflichtig und das Material wird von einem jeden selbst zusammengestellt. Naantalin Matkailu übernimmt für die Texte keine Verantwortung und ist auch für den Inhalt die vorgestellten Leistungen nicht verantwortlich. Rein rechtlich mag man sich so absichern können, und in Bezug auf Leistungsbeschreibungen ist dies vielleicht sogar sinnvoll und notwendig. Den Auswirkungen jedoch, die ein uneinheitliches und verwirrendes Textganzes vielleicht für das eigene Image und für die Attraktivität des Prospektes hat, wird man so nicht aus dem Weg gehen können. 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