118 119 es den Sammlern an Geschick fehle. — rubrum mare der Persische Golf. — avelli erg. margarita! — prout so wie. — expello, -ere hier: an den Strand werfen. — facilius eher. — natura die natürliche Beschaffenheit; Qualität. 13. obeo, -ire auf sich nehmen. — dilectus, -us Aushebung; Rekrutierung. — iniungo, -ere auferlegen. — munus, -eris Leistung (an den Staat). — impigre unverdrossen. — iam domiti, ut schon so weit gezähmt, daß. — nondum noch nicht so (weit gezähmt),... — divus Iulius ... potest videri osten-disse es kann scheinen, daß der vergöttlichte Iulius ... gezeigt hat. — principes die führenden Männer. — consilium politische Klugheit, Politik. — Gaium d. i. Caligula. — agi-tare de aliqua re etw. erwägen. — Britanniam intrare in Britannien einmarschieren. — nach constat erg. et intrassetl •— velox paenitentiae (erg. fuisset!) schnell in der Reue, d. h. er gab eine Sache, die ihm nicht mehr paßte, leicht auf. — ingenio mobili (abl. causae) infolge seines unsteten Charakters. — adversus Germaniam 39 n. Chr. — Claudius auctor (erg. fuitl) Claudius veranlaßte ... ; zur Erinnerung an diesen Feldzug (43 n. Chr.) erhielt sein Sohn den Namen Bri-tannicus. — in partem rerum adsumere (zu einem Teil der Unternehmung hinzunehmen =) mit einem Teil der Ausführung betrauen. — fortunae der hohen Stellung (Vespasians). — monstratus (erg. est) fatis Vespasianus Vespasian wurde vom Schicksal gezeigt, d. h. seine künftige Größe wurde vom Schicksal angedeutet. 41. Die Bewohner Germaniens (Germ. 2 und 4) Vgl. Einleitung der Textausgabe S. 13! 2. indigena, -ae im Lande geboren; Ureinwohner. — ad-ventus, -us Zuwanderung. — hospitium gastliche Aufnahme. — nec ... et ... einerseits nicht ... andererseits aber ... —• immensus, -a, -um ins Unermeßliche sich ausdehnend. — ultra (Adv.) drüben. Die Nordsee (Oceanus) liegt vom Mittelmeer aus jenseits von Germanien. — ut sie dixerim wie ich so sagen möchte, sozusagen. — adversus, -a, -um feindlich, d. h. Widerstand entgegensetzend. — porro (Adv.) ferner. — praeter abgesehen. — peteret (Pot. d. Vgh.) hätte aufsuchen sollen. — informem terris (abl. limit.) eine ge- staltlose Ländermasse. — tristem cultu aspectuque trübselig für die Bebauung und (selbst) für den Anblick. — nisi si patria sit (ein Land, das aus den angeführten Gründen unerfreulich sein dürfte) außer wenn es (jemandes) eigene Heimat sein sollte. — memoriae et annalium geschichtlicher Erinnerung und Darstellung. — terra editus aus der Erde geboren. — ut in licentia vetustatis wie derartiges bei der freien Gestaltungsmöglichkeit (Unsicherheit) der ältesten Überlieferung begreiflich ist. — deo d. i. Tuisto. — Vandilii Wandalen, ein ostgerm. Stamm. — nuper vor kurzer Zeit; „muß im Verhältnis zu langen mythischen Zeiträumen verstanden werden"; Germani, Germania ist Caesar geläufig. — additum erg. esse affirmantl — Tungri erg. vocentur! — natio Völkerschaft; Stamm. — gens Völkergruppe ; Gesamtvolk. — evalesco, -ere zu Kraft kommen; sich durchsetzen. — ita ... ut ... in d e r Weise ..., daß ... — a Victore nach dem Sieger. — ob metum aus Furcht, d. h. die Gallier fürchteten den Sieger und seinesgleichen. — a se ipsis d. h. nun nennen sie sich selber so. — invento nomine nachdem der Name einmal erfunden (aufgekommen, „kreiert") war. — Germani die Etymologie ist nicht gesichert. 4. accedo, -ere beitreten, beipflichten. — conubium Eheverbindung (Gen.: mit), Mischehe. — infectus, -a, -um (von inficere färben, tränken) verändert. — proprius, -a, -um eigentümlich, d. h. eigenartig, selbständig. — sincérus, -a, -um unvermischt, unverfälscht. — unde (rel. Anschluß) daher. — habitus corporum Körpergestalt, d. h. das Äußere ihrer Erscheinung. — quamquam (PleonasmusJ in ... numero trotz der ... Zahl. — laboris atque operum mühevolle Arbeit, z. B. Schanzarbeiten, wie sie vom römischen Soldaten verlangt wurden. — non eädem patientiä (abl. qual.) erg. sunt] — vor frigora erg.: wohl aber. — inediam erg. tole-rarel — caelo solove infolge des kalten Klimas oder des armen Bodens. Eine Personifikation der Germánia ist dargestellt auf dem Panzer der Augustusstatue von Primaporta: sie hat das Haupt trauernd in die Hand gestützt, bekleidet ist sie mit einem pelzgefütterten Mantel, in der Rechten hält sie ein Adlerschwert. Abb. in „Augustus" von Karl Hönn, 3. Aufl. 1943, Abb. 30. — 120 Der berühmte Kopf eines Germanen (Marmor, 1. Jh. v. Chr.) im Institut Royal du Patrimoine artistique zu Brüssel ist z. B. 1 abgebildet in R. Much „Die Germania des Tacitus", Abb. 1, :| ebendort (Abb. 4) auch die berühmte Darstellung des gefesselten Germanen vom Siegesdenkmal zu Adamklissi in Rumänien. 42. Von der Religion der Germanen (Germ. 9—10) 9. Die Götter. — Mercurium s. Verz. d. Eigenn.! Aus der naiven Überzeugung, daß die Götter im Grunde überall die gleichen seien, geht die sog. interpretatio Romana hervor, die Sitte, fremde Götter ohne weiteres mit dem Namen der eigenen zu bezeichnen. Als oberster Gott der Germanen konnte — in dieser Zeit — Wodan angesehen werden. Bei diesem konnte man einige Ähnlichkeiten mit Merkur (Hermes) feststellen. Wie dieser war er Seelenführer (nach Walhall), Gott der Erfindungen und des Verkehrs. Sein Hut und sein Speer konnten an den Reisehut (petasus) und den Heroldsstab (cadueeus) des griechisch-römischen Gottes erinnern. fas habere es als heiliges Recht betrachten. — Herculem, Martern s. Verz. d. Eigenn.! — concessis d. h. mit den für die einzelne Gottheit zulässigen ... — Isidi s. Verz. d. Eigenn.! — unde causa et origo erg. essent! — sacrum Gottesdienst, Kult. — nisi quod nur daß. — Signum Götterbild, Kultbild. — liburna Das Schiffssymbol findet sich nicht selten schon in der nordischen Bronzezeit (auch am Magdalens-berg in Kärnten), sodaß es kaum berechtigt ist, daraus auf den fremden Ursprung des Kultes zu schließen. — ex magni-tudine (adverbiale Bestimmung als Präd. Nomen zu arbitran-tur) ... arbitrantur sie glauben, es entspreche ... der Hoheit ... — in ullam humani oris speciem (irgendwie nach dem Aussehen des menschlichen Antlitzes =) irgendwie menschenähnlich. — assimulo, -are nachbilden; darstellen. — secretum (das) Geheimnisvolle. — sola reverentiä allein in der Verehrung (Andacht). 10. Die Ermittlung des Götterwillens. — sors, -rtis Los; Losorakel. — ut (ii,) qui maxime (wie die, welche am meisten =) wie nur irgendein Volk. — sortium consuetudo das übliche Verfahren beim Loswerfen. — virga dünner Zweig. — surculus Stäbchen. — nota Zeichen. — vestis, -is Tuch. — si publice consultetur wenn von Staats wegen eine Be- 121 fragung veranstaltet werden sollte. — singulos je eins. — si (notae) prohibuerunt d. h. wenn die Deutung der Lose für das Vorhaben ungünstig ausfällt. — adhuc dazu noch. — auspiciorum fides Bestätigung durch Vorzeichen. — etiam hic d. h. auch bei ihnen. — praesagium Vorahnung, Voraussage. — Pferdeorakel begegnen uns auch bei den Griechen in der ältesten Zeit (Homer, Ilias, XIX 399 ff.) und bei den Persern. — mortale opus Arbeit für Menschen. — premere sacro curru vor den heiligen Wagen spannen. — fides (erg. est) wird ... Glaube geschenkt. — se gemeint sind vor allem die sacerdotes. — illos d. s. equos. — conscius Mitwisser; hier: Vertrauter. — quoquo modo (auf welche Weise auch immer =) gleichviel auf welche Weise. — patriis armis mit den Waffen seines Landes. — committo, -ere zusammenbringen; hier: kämpfen lassen. 43. Das Familienleben bei den Germanen (Germ. 18—20) 18. Hochzeit und Ehe. — admodum (Adv.) sehr. — non libidine erg. plures uxores habent] — nuptiis ambire mit Heiratsanträgen umwerben. — dos, dotis Mitgift; hier: das vom Bräutigam dem Brautvater entrichtete Kaufgeld. — deliciae, -arum das Entzücken. — quibus nova nupta coma-tur (como, -ere; finaler Rel.S.) damit mit ihnen die junge Frau geschmückt werde. — framea (germanischer) Wurfspieß. — invicem dagegen, d. h. als Gegengabe. — sacrum Weihopfer, Weihe. — coniugales dei Schutzgottheiten des Ehebundes. — extra virtutum cogitationes außerhalb des Gedankenkreises der männlichen Tugenden, außerhalb der männlich-kriegerischen Gedankenwelt stehend. — ipsis in-cipientis matrimonii auspiciis schon durch die Weihen beim Beginn der Ehe. — admonere (mit A.c.I.) erinnern. — pas-suram bereit zu ... — iuncti boves die durch das Joch verbundenen Rinder erscheinen Tacitus als Symbol für die Gemeinschaft. — vivendum erg. essel — reddere hier: weitergeben. — referantur das Subj. ist aus quae zu entnehmen. — referre hier: vererben. 19. Ehe; Keuschheit. — saeptä pudicitiä agunt sie leben in wohlbehüteter Keuschheit. — spectaculorum es ist wohl an derbe Lustspiele gedacht. — litterarum secreta (n. pl.) heim- IX. ROM UND DIE FREMDEN VÖLKER Die Germanen In c. 1 und 2 seiner ,Germania' beschreibt Tacitus die Grenzen des Landes, Urgeschichte, Ursprungssagen und die Entstehung des Namens,Germanen'. Bei der Erwähnung von Herkules spricht er von einer dem Römer auffallenden Eigenart der germanischen Männer. ext Germ. 3-4 Die Männer, allgemeiner Volkstyp Fuisse apud eos et Herculem memorant, primum-que omnium virorum fortium ituri in proelia canunt. Sunt Ulis haec quoque carmina, quorum relatu, quem barditum vocant, accendunt animos, futuraeque pug-nae fortunám ipso cantu augurantur; terrent enim trepidantve, prout sonuit acies, nec tarn voces illae quam virtutis concentus videntur. Affectatur praecipue asperitas soni et fractum murmur, obiectis ad os scu-tis, quo plenior et gravior vox repercussu intumescat. 3.1 primum präd.: von (ihm) als dem ersten (Helden) ituri in proelia wenn (die Germanen) in die Schlacht ziehen relatus, us Vortrag, Gesang barditus, us Barditus. Das Wort in ungeklärt, eine Art Kampflied ipso cantu augurantur aus dem bloßen Klang sagen sie voraus prout je nachdem nec...quam...videntur und nicht so sehr als Stimmen erscheinen ihnen jene Klangerzeugnisse, sondern eher als gemeinsamer akustischer Ausdruck ihrer Kampfesstärke adfecto 1 anstreben fractum murmur stoßweises Dröhnen repercussu intumescere durch den Widerhall anschwellen Vorsichtige Zweifel äußert Tacitus an Berichten, nach denen auch Odysseus auf seinen Irrfahrten nach Germanien gekommen sei: „Ich habe nicht die Absicht, das zu bestätigen oder zu widerlegen. Jeder möge dies nach seiner Anschauung glauben oder nicht." Ipse eorum opinionibus accedo, qui Germaniae populos nullis aliis aliarum nationum conubiis in-fectos propriam et sinceram et tantum sui similem gentem extitisse arbitrantur. Unde habitus quoque corporum, tamquam in tanto hominum numero, idem omnibus: truces et caerulei oculi, rutilae comae, magna corpora et tantum ad impetum valida. Laboris atque operum non eadem patientia, minimeque sitim aestumque tolerare, frigora atque inediam caelo solove assueverunt. 4.1 Germaniae populos ... infectos ... extitisse dass die Völker Germaniens nicht verfälscht worden sind sondern als ... erhalten geblieben sind sincerus 3 echt, rein rutilus 3 rötlich blond tantum nur eädem patientiä (sunt) abl. qual. tolerare erg. adsueverunt frigora atque inediam erg. tolerare caelo solove auf Grund des Klimas oder der Bodenbeschaffenheit In c. 5 und 6 schreibt Tacitus über Bodenbeschaffenheit, Bodenerzeugnisse des Landes und über die Kampftechnik der Germanen. In der Schilderung der Kampfesweise kommt Tacitus auch auf die Rolle der Frauen zu sprechen: 138 Latein in unserer Welt «Tacitus und Plinius c, 7,1: „Besonders spornt sie zur Tapferkeit an, dass nicht Zufall und willkürliche Zusammenrottung, sondern Sippen und Geschlechter die Reiterhaufen oder die Schlachtkeile bilden." ommentar Germ. 3-4 JJ. Hercules Tacitus führt einen den Römern bekannten Götternamen an, meint aber eine germ. Gottheit: interpretatio Romana. Germ. 43 spricht Tacitus von den ,Alces' und erklärt: ,sed deos interpretatione Romana Castorem Pollucemque memorant.' asperitas soni Beim Schlachtgesang ist Lautstärke entscheidend. Dass davon auf den Kampfesmut geschlossen wird, lesen wir an vielen Stellen, hist. 4,18,3: „Als die Schlachtreihe (des Civilis) vom Kriegsgesang der Männer und dem Geheul der Frauen erdröhnte, erwiderten die Legionen und Kohorten den Lärm durchaus nicht in gleicher Stärke." Ironisierend paraphrasiert Heinrich Boll diese Stelle (,Die Zeit', 2. März 1979): „Sangesfreudig waren sie auch, aber ,der Gesang ist ihnen mehr ein Gleichklang tapferer Herzen als ein Zusammenklingen von Menschenstimmen. Vor allen Dingen ist ihnen darum zu tun, raue Töne und ein stoßweises Dröhnen hervorzurufen'. Das klingt nicht ganz so unvertraut, im Beben so mancher Männerbrust könnte sich da noch ,echt' Germanisches erhalten haben." 4.1 nullis aliis conubiis ... infectos Dass Autochthone (dazu TEXT 27 a, Agr. 30,2 k) „reinrassig" seien, ist ein Topos der antiken Ethnologie. Er ist in dieser Ausschließlichkeit nicht haltbar, wurde aber natürlich in der verbohrten und bornierten nationalsozialistischen „Rassentheorie" (germ. „Herrenrasse") reichlich ausgebeutet. Auch tantum sui similem gentem, ein Volk, das nur sich selbst gleicht, gehört zu den Topoi. So sagt etwa Poseidonios (ca. 135 - 50) von den Kimbern, sie seien „keinem anderen Volke ähnlich". laboris atque operum non eadem patientia ,labor' und ,opus' als Eigenschaften der röm. Legionssoldaten (Marsch, Schanz- und Befestigungsarbeiten) fehlen den Germanen - allerdings infolge ihrer andersartigen Kampftechnik, vgl. c. 6: Vom Platz zu weichen (loco cedere), wenn man nur wieder vordringt, hält man eher für wohl bedacht, nicht für feige, minimeque sitim et aestum tolerare Plutarch (griech. Biograf, 46 - 120), Marius 26, über die Schlacht von Vercellae gegen die Kimbern 101 v.Chr.: (Die Sonne schien den Kimbern direkt ins Gesicht). „Denn während diese stark im Ertragen von Kälte und ... in schattigen und kalten Gegenden aufgewachsen waren, verließ sie bei der Hitze ihre Kraft, sie keuchten und schwitzten furchtbar und hielten die Schilde vor ihre Gesichter." Der Einfluss von Klima und Gegend auf den Charakter war der griech. Medizin bekannt. In der Sammlung des Arztes Hippokrates gibt es ein Werk per! aerön hydätön töpön = Über (den Einfluss von) Luft, Wasser, Gegend. jrbeitsvorschläge 1 Vergleichen Sie die Schilderung der Germanen bei Caesar (BG I 39, s. TEXT 9) und bei Tacitus! Von welchen Motiven wird Caesar, von welchen Tacitus in der Beschreibung bestimmt? Latein in unserer Welt • Tacitus und Plinius 139 Manchmal ist auch von einer aktiven Teilnahme der Frauen am Kampf die Rede. Tacitus ann. 14,30: (Suetonius Paulinus versucht, die Insel Mona (Anglesey vor Wales) zu erobern.) „Da stand an der Küste die feindliche Schlachtreihe, ... dazwischen liefen Frauen herum, die nach Art von Furien im Leichengewand mit herabwallenden Haaren Fackeln vorantrugen." Nach Plut. Marius 19 kämpften in der Schlacht von Aquae Sextiae in den Reihen der Teutonen auch Frauen: vgl. TEXT 30, hist. 4,73,2 k. An wehrhafte Frauen erinnern Namen wie: Gerlind, Gertrud, Hildegund, Hedwig (,hild, gund, wig' = Kampf; ,lind' = Schild; ,ger' = Speer). Im germanischen Mythos begegnen uns die schlachtgewohnten Walküren! 8.1 obiectu pectorum Damit erinnern Mütter ihre Söhne, Frauen ihre Männer an enge Verbindung in Liebe. Vgl. Hekabe beim Abschied von ihrem Sohn Hektor, der gegen Achilleus in seinen letzten Kampf zieht - II. 22,84 f.: „Hektor, scheu diesen Anblick (der Mutterbrust) und hab mit mir auch Mitleid, wenn ich dir je die stillenden Brüste geboten." 2 Veleda vgl. TEXT 31, hist. 5,22,3 k Albruna Wenn die handschriftl. Überlieferung stimmt, ist der Name der Seherin mit „alb" = Alb (vgl. ,Alb-Traum') und „run" = Wahrsagerin zu verbinden. Vgl. Namen wie Gudrun, Sigrun. non adulatione Tacitus spielt damit ironisch auf den Kaiserkult in Rom an. So erhielt Livia, die Gattin des Augustus, unter Kaiser Claudius göttliche Ehren, sie wurde zur „diva" erklärt. Die Divinisierung erfolgte durch die „consecratio" griech. = Apotheösis. Ebenso erhielt Drusilla, die Schwester Caligulas, göttliche Ehren und Poppaea, die Gattin Neros, und ihre mit drei Monaten (!) verstorbene Tochter. ext Germ. 9-10 Götterglaube, Vorzeichen Deorum maxime Mercurium colunt, cui certis diebus humanis quoque hostiis litare fas habent. Herculem et Martern concessis animalibus placant. Pars Suebo-rum et Isidi sacrificat: unde causa et origo peregrino sacro, parum comperi, nisi quod signum ipsum in modum liburnae figuratum dočet advectam religionem. Ceterum nec cohibere parietibus deos neque in ullam humani oris speciem assimulare ex magnitudine caelestium arbitrantur: lucos ac nemora consecrant deorumque nominibus appellant secretum illud, quod sola reverentia vident. Auspicia sortesque ut qui maxime observant. Sortium consuetudo simplex. Virgam frugiferae arbori decisam in surculos amputant eosque notis quibus-dam discretos super candidam vestem temere ac for-tuito spargunt. Mox, si publice consultetur, sacerdos civitatis, sin privatim, ipse pater familiae precatus 9.1 lila 1 opfern concessis animalibus mit den (für die einzelnen Götter) zulässigen Tieren peregrinum sacrum ausländischer Kult, erg. sit nisi quod außer dass Signum ipsum das Zeichen der Göttin selbst liburna liburnica navis Schiff in modum liburnae figuratum nach Art eines Schiffes gestaltet docet = beweist aveho 3 h. auf dem Seewege bringen 2 in ullam humani oris speciem assimulare an irgendeine Menschengestalt angleichen ex magnitudine caelestium (esse) es sei der Größe der Götter angemessen secretum illud jenes geheimnisvolle Wesen ULI sortes Losorakel consuetudo Verfahren ut qui ma-xime observant Ellipse: ut ii, qui maxime observant wie kaum ein anderes Volk surculus Stäbchen discretus 3 (discer-nere) unterschieden temere ac fortuito Pleonasmus: aufs Geratewohl mox = deinde Latein in unserer Welt »Tacitus und Plinius 141 deos caelumque suspiciens ter singulos tollit, subla-tos secundum impressam ante notam interpretatur. Si prohibuerunt, nulla de eadem re in eundem diem consultatio; sin permissum, auspiciorum adhuc fides exigitur. Et illud quidem etiam hie notum, avium voces volatusque interrogare: proprium gentis equo-rum quoque praesagia ac monitus experiri. Publice aluntur iisdem nemoribus ac lucis, candidi et nullo mortali opere contacti; quos pressos sacro curru sacerdos ac rex vel princeps civitatis comitantur hin-nitusque ac fremitus observant. Nec ulli auspicio maior fides, non solum apud plebem: apud proceres, apud sacerdotes; se enim ministros deorum, illos conscios putant. Est et alia observatio auspiciorum, qua gravium bellorum eventus explorant. Eius gentis, cum qua bellum est, captivum quoquo modo inter-ceptum cum electo popularium suorum, patriis quemque armis, committunt: victoria huius vel illius pro praeiudicio accipitur. impressam ... notam das eingerifzfe Zeichen - vgl. e.: to write. prohibuerunt (sc. surculi) gnomisches Perf., im Dt. Präs. auspiciorum...fides exigitur die Bestätigung mit Hilfe von Vorzeichen wird eingeholt proprium gentis eine Besonderheit beim germanischen Volk 2 opus mortale Arbeit für Menschen pressos sacro curru angeschirrt an 3. quoquo modo intereeptum auf welche Weise auch immer gefangen committo 3 kämpfen lassen pro praeiudicio als Vorentscheidung Km| ommentar Germ. 9-10 9.1 Mercurio interpretatio Romana = Wodan, Odin. Merkur und Wodan sind „Wanderer" und „Seelengeleiter": Hut, Wanderstab. Der dies Mercurii (ital. mercoledi, frz. mercredi) wurde im Christentum zum Mittwoch, war aber urspr. der „Wodansdag" - e. Wednesday. Wodan war urspr. der Sturmgott, der an der Spitze der „wilden Jagd" (= Schar der gefallenen Helden) durch die Lüfte zieht, humanis hostiis Menschenopfer gab es auf einer frühen Kulturstufe bei vielen Völkern. Im Mythos spiegelt sich das als „verhindertes Opfer" wieder: im griech. Mythos: Iphigenie in Aulis. II. 23,134: Bei der Leichenfeier für Patroklus werden gefangene Trojaner geopfert. Im Alten Testament: Abraham und Isaak. Von Menschenopfern bei den Germanen berichtet auch Tacitus ann. 1,61: (nach der Schlacht im Teutoburger Wald) ... „barbarae arae, apud quas tribunos ac primorum ordinum centuriones mactaverant (mactare: opfern)." Hercules = Donar, Thor. Donar kämpft mit dem Hammer, Herkules mit der Keule gegen eine Reihe von Ungeheuern, beide verfügen über riesige Körperkraft und sind gewaltige Esser und Trinker. Seit dem 6. Jhdt. verdrängt Donar allmählich Wodan. Er wird mit Jupiter gleichgesetzt: lat. ,dies lovis' - ital. Giovedi, frz. jeudi; dt.: Donnerstag, e. Thursdy. Mars = Ziu, altnord. Tyr. Von dem Beinamen .Thiucsus' kommt die Bezeichnung Dienstag, lat. Martis dies - it. Martedi, frz. mardi. Der Name: gr. Zeus (gen.: Diös), lat. luppiter = Vater Ziu (Gen. lovis) und ,dies' (= Himmelslicht) haben dieselbe idg. Wurzel: dieu. Tacitus fasst die drei Götter zu einer Trias zusammen: Wodan, Donar, Thyr. concessis animalibus Tieropfer. Das Pferdeopfer galt als besonders wertvoll. Im Zuge der Christianisierung wurde daher der Genuss von Pferdefleisch mit einem religiösen Tabu belegt. Daher stößt in „germanischen" Landen der Genuss von Pferdefleisch auf Ablehnung! Gekreuzte 142 Latein in unserer Welt «Tacitus und Plinius Kultwagen von Slrettweg/Stmk. (Landesmuseum loanneum, Graz). Fund aus einem keltischen Fürstengrab. Auf dem Bronzewagen steht eine Göttin, die eine flache Schale trägt. Das darauf ruhende kesselartige Gefäß wurde erst 1991 gefunden. Die Göttin ist von nicht näher deutbaren Figuren umgeben. Die Darstellung weist in den Bereich des Fruchtbarkeits- und Totenrituals. Pferdeköpfe aus Holz an den Giebeln des niedersächs. Hauses dienten zur Abwehr von Unheil. Vgl. das Raiffeisen-Symbol! Isis Tacitus denkt hier an einen von außen (daher „zu Schiff") eingeführten Kult. Das Schiffssymbol ist aber den Germanen durchaus vertraut, wie Felszeichnungen in Norwegen beweisen. Dieses Symbol - Schiff auf Schlitten - ist auch auf dem Magdalensberg zu finden (Raum A des Repräsentationshauses). Möglich ist die Gleichsetzung mit Freya. Die äg. Isis wurde im Hellenismus und in Rom zu einer allumfassenden Weltgottheit, auch gleichgesetzt mit Venus ,dies Veneris' -it. venerdi, frz. vendredi; dt.: Freitag. Latein in unserer Welt «Tacitus und Plinius 143 2 nec cohibere parietibus deos Die Germanen kannten demnach keine Tempel, wie es bei einer Religion, die Naturkräfte verehrt, nahe liegend ist. Cicero (re p. 3,14) berichtet vom Perserkönig Xerxes: „X. soll befohlen haben, die Tempel der Athener (480 v.Chr.) zu verbrennen, weil er es für Frevel hielt, die Götter, deren Wohnstätte dieses Weltall ist, in Mauern eingeschlossen zu halten." Germanen verehren ihre Götter in Hainen und Wäldern, aber auch wie die Kelten auf Bergeshöhen. So berichtet Herodot 1,131 von den idg. Persern: „Dem Zeus pflegen sie oben auf Gipfeln der Berge zu opfern." Vgl. auch den auf heidnischen Kultbrauch zurückgehenden ,Vier-bergelauf in Kärnten, der vom Magdalensberg seinen Ausgang nimmt. in ullam humani speciem Die Darstellung der Götter in Menschengestalt ist für die Griechen typisch. Erst durch Vermittlung der Etrusker begannen die Römer ihre Götter als Menschen darzustellen. Bei den Germanen gab es aber Sinnbilder, Symbole für die Götter: aus Holz geschnitzte Darstellungen, deren Verwendung im Kult nicht geklärt ist. 10.1 auspicia sortesque Nicht die Tatsache, dass auch die Germanen die Zukunft erforschen wollen, interessiert Tacitus - sie ist allgemein verbreitet, sondern das ,Wie'. Die Erforschung der Zukunft kannten die Römer v.a. in der Form der Auspizie (Beobachtung des Vogelfluges) und der Haruspizie (Untersuchung der Eingeweide - Leber, Milz, Herz) der Opfertiere, „auspicium" wird aber auch ganz allgemein in der Bedeutung „Vorzeichen" gebraucht. Das Losorakel, das Tacitus als Besonderheit der Germanen erwähnt, war aber auch in Italien bekannt. Bei der Beschreibung der Clitumnus-Quelle (bei Spoleto) schreibt Plinius über die „Anwesenheit des Gottes" (ep. 8,8,5): „Dass der Gott anwesend ist und Orakel erteilt, beweisen die Losstäbchen (indicant sortes)." Allerdings galt diese Form des Orakels gebildeten Römern als Aberglaube - Cicero div. 2,85: „quibus in rebus temeritas et casus, non ratio nec consilium valet." Die germ. sortes sind Stäbchen von Frucht tragenden Bäumen - Esche, Eiche, Buche -, in die Zeichen eingeritzt waren - Runen (got. ,runa' = Geheimnis, unser Wort „raunen"). Erst später, feststellbar für das 2. Jhdt., sind diese Runen auch Lautträger. Unser Wort „Buchstabe" kommt nicht von diesen „Buchenstäbchen", hier liegt schon „Buch" = über zu Grunde - Stäbchen = Zeichen im Buch, temere ac fortuito vgl. o. Cicero div. 2,85. 2 equorum quoque praesagia Dass das Pferdeorakel eine Eigenheit der Germanen (proprium gentis) sei, ist ein Irrtum des Tacitus. Weissagende Pferde kannten Inder, Perser, Griechen. II. 19,400 ff. weissagt des Achilleus Pferd Xanthos den baldigen Tod seines Herrn. Der Kultwagen wurde aber nicht nur bei Prophezeiungen verwendet, sondern allg. bei Kultbegehungen, s. Bild, non solum apud plebem Tacitus spricht hier in abwertendem Sinn von dem Glauben an derlei Zukunftsdeutungen, die bei den Germanen nicht nur beim Volk, sondern auch bei den Vornehmen verbreitet war. So spricht Cicero div. (de divinatione = über die Weissagung) 2,51: „Höchst geistvoll ist der Ausspruch Catos, der erklärte, er wundere sich, dass ein Haruspex nicht lachen müsse, wenn er einem zweiten Haruspex begegne." Daher unser Ausdruck „Augurenlächeln". Der gebildete Römer unterschied zwischen seiner philosophischen Anschauung und der durch Tradition geheiligten Religion. Vgl. Plinius 10,96 und Cicero de nat. d. 3,5 f.: C. Aurelius Cotta, Konsul 75 v.Chr., Pontifex Maximus, vertritt als Philosoph einen Skeptizismus, aber er erinnert sich: „me et Cottam esse et pontificem." Und als solcher vollzieht er die Riten. 3 alia observatio Hier geht es um ein „praeiudicium", nicht um einen entscheidenden Zweikampf, in dem Einzelkämpfer an Stelle der Heere die Entscheidung herbeiführen, z.B.: Zweikampf Aeneas/ Turnus - Aen. 12,926 ff. Zweikampf der Horatier (Rom) und Curiatier (Alba Longa): Liv. 1,24: „Die Herrschaft werde dem zufallen, auf dessen Seite der Sieg sei" - ibi imperium fore, unde victoria fuerit. 144 Latein in unserer Welt «Tacitus und Plinius