König Heinrich II. (1002-1024) Die Reform von Cluny Die Benediktinerabtei Cluny (bc' Mäcon, Dep. Saone-et-Loire) war das Zentrum der bedeutendsten monasti-schen Reformbewegungen des Hochmittelalters. Es war 910 von * Herzog Wilhelm III. von Aquitanien gestiftet worden. Es genoss von Anfang an das Privileg der freien Abtswahl und der Unabhängigkeit vom Bischof von Mäcon, zu dem das Kloster trotzdem ein gewöhnlich entspanntes Verhältnis pflegte. Andere Klöster schlossen sich dem reichen Cluny, das bald 400 Mönche zählte, an und versuchten, durch den Verband die Unabhängigkeit gegenüber weltlichen und bischöflichen Eingriffen zu gewinnen. Die Attraktivität von Cluny zeichnete neben seiner Unabhängigkeit und wirtschaftlichen Dynamik vor allem die Tatsache aus, dass seine Äbte ungewöhnlich lange im Amt blieben. In den zwei Jahrhunderten bis 1109 hatte es gerade sechs Äbte. Deutlichere Zeichen göttlichen Wohlgefallens ließen sich kaum finden. Häufig genug mussten sie freilich erkennen, dass sie mit der Exemtion zwar ihrer bisherigen geistlichen und weltlichen Aufsicht entgangen waren, dafür aber die Unterwerfung unter den Abt von Cluny und den Zentralismus des Rekonstruktions-zeichnung der gewaltigen Klosteranlage Clunys, die maßgeblichen Einfluss auf die mittelalterliche Baukunst ausübte. Blick auf die romanische Kirche Saint Pierre et Saint Paul, Cluny (Cluny UI). Mutterklosters in Kauf nehmen mussten. Bischof Adalbero von Laon bezeichnete Abt Odilo von Cluny (994-1049) als rex („König") und sein Mönchtum als militia („Militärdienst"). Die großen Abteien, die sich Cluny anschlossen, mussten sich gefallen lassen, ihre Äbte nicht selbst zu wählen, sondern von Cluny einsetzen zu lassen. Kleinere Klöster erhielten gar keine Äbte mehr, sondern waren nur noch Priorate und Zellen Clunys. Im 13. bis 15. Jahrhundert gehörten zum Ordensverband von Cluny 600 Konvente, darunter mehr als 500 einfache Priorate, die meist in der Zeit der Äbte Odilo und Hugo (1049-1109) von Cluny übernommen wurden. Zu den Grundsätzen des cluniazensischen Klosterverbands gehörte neben der Exemtion von weltlicher und geistlicher Herrschaft der Vögte und Bischöfe die Ablehnung der Investitur der Äbte durch Laien, die Verhinderung der Käuflichkeit (Simonie) der Priesterwürden und Ämter sowie das Verbot der Priesterehen. Mit diesen Grundsätzen kamen sie nicht nur den kirchlichen Reformkreisen entgegen, sondern vor allem auch den adligen Laien, die ein Interesse daran hatten, dass ihre Stiftungen im geistlichen und wirtschaftlichen Sinn verwendet wurden. Das Totengedenken der Klöster, das für die Stiftungen der Laien eine überragende Rolle spielte, sollte nicht durch unfähige und sittenlose Mönche vernachlässigt werden. Und ebenso sollten die Güter der Klöster nicht veruntreut werden. Die Freiheit von fremden Eingriffen trug, das zeigte der außerordentliche Erfolg der cluniazensischen Klosterwirtschaft, offensichtlich Früchte. Die Klöster ganze Regionen zu stabilen Faktoi schaftlichen und kulturellen Struktu werden. Deshalb brachte die Freiheit Klöster für den Adel, selbst wenn rechte beschränkt wurden, offenbar Linie Verlust von Kontrolle, sondern wirtschaftlicher und kultureller Poter In Deutschland übte die cluniaze nung (ordo Cluniacensis) schnell ein« nation aus. Die Klöster Siegburg, St Hirsau schlossen sich zuerst der Re gründeten selbst Reformkreise, ohr Deutschland jedoch zu Klosterverl; cluniazensischem Vorbild gekommer Zur Zeit des Investiturstreits war Ab^ von Cluny. Seine Beziehungen zu Pap waren sehr eng. Als Mönch Hildebi Papst in Cluny gewesen, jedoch nicht dortigen Konvents geworden. Abt H Pate von Heinrich IV. und 1077 in C; send. Dort beeinflusste er den Papsl mit der Markgräfin Mathilde von Tusz des Königs anzunehmen. 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Deshalb brachte die Freiheit (libertas) der Klöster für den Adel, selbst wenn seine Vogtei-rechte beschränkt wurden, offenbar nicht in erster Linie Verlust von Kontrolle, sondern Zuwachs an wirtschaftlicher und kultureller Potenz. In Deutschland übte die cluniazensische Ordnung (ordo Cluniacensis) schnell eine große Faszination aus. Die Klöster Siegburg, St. Blasien und Hirsau schlossen sich zuerst der Reform an und gründeten selbst Reformkreise, ohne dass es in Deutschland jedoch zu Klosterverbänden nach cluniazensischem Vorbild gekommen wäre. Zur Zeit des Investiturstreits war Abt Hugo der rex von Cluny. Seine Beziehungen zu Papst Gregor VII. waren sehr eng. Als Mönch Hildebrand war der Papst in Cluny gewesen, jedoch nicht Mitglied des dortigen Konvents geworden. Abt Hugo war der Pate von Heinrich IV. und 1077 in Canossa anwesend. Dort beeinflusste er den Papst gemeinsam mit der Markgräfin Mathilde von Tuszien, die Buße des Königs anzunehmen. Der Papst gab Cluny und seinem Verband vor allem wichtige Unterstützung in der Frage ihrer Befreiung von der Aufsicht der Bischöfe. Dies war aber auch einer der Gründe, warum viele Bischöfe im Investiturstreit nicht auf der Seite des Papstes, sondern des Königs standen. Reformkreise in Deutschland: Hirsau und Siegburg Zu den Parteigängern von Papst Gregor VII. gehörte das Kloster Hirsau im Schwarzwald. Es genoss wie Cluny die freie Abtswahl. Zu seinem bedeutenden Reformkreis gehörten die Klöster Schaffhausen, St. Georgen (Schwarzwald), Petershausen (Konstanz), Corvey und Pegau, Berge (Magdeburg), Prüfening (Regensburg), Michelsberg (Bamberg) und Admont. Einen Klosterverband hat Hirsau nie geschaffen. Die Verbindung unter den beteiligten Klöstern bestand in der gemeinsamen Forderung nach Autonomie und im gegenseitigen Totengedenken. Im Investiturstreit standen Hirsau und die ihm verbundenen Reformklöster fest auf der Seite des Papstes Gregor VII. Im Gegensatz zu Cluny haben die deutschen Klöster der Hirsauer Reformrichtung die Unabhängigkeit von weltlicher und bischöflicher Vogtei und Aufsicht nicht erreicht. Das karolingische Westwerk (873-885) der ehemaligen Klosterkirche zu Corvey (Höxter). Das Kloster Siegburg war ein Eigenkioster des Bischofs von Köln, das 1070 die cluniazensische Reform übernahm und seinem abhängigen Status anpasste. Diese Siegburger Reformrichtung eignete sich deshalb besonders, um skeptische Bischöfe zu überzeugen. Sie wurde bis zum Beginn des 12. Jahrhunderts in allen Kölner Bischofsklöstern eingeführt (St. Pantaleon und Groß St. Martin in Köln, Saalfeld, Brauweiler, Gladbach, Deutz, Flechtdorf). Weitere Klöster schlossen sich an: Huisburg, Iburg, Sinsheim, St. Paul in Utrecht, St. Peter in Erfurt, St. Moritz in Minden, Burtscheid, Gronau, Weerselo, Wietmarschen, Altenburg, Lorsch. Der Siegburger Abt Kuno (Konrad) übernahm als Bischof von Regensburg seit 1126 die Reform in seine Diözese, vor allem nach Mondsee und Waldsassen. Nonnenklöster mit Siegburger Observanz waren seit dem frühen 12. Jahrhundert Rolandswerth, Neuwerk, Königsdorf und St. Mauritius in Köln. Der Gang nach Canossa Heinrich erkannte die Gefahr, die ihm in Augsburg drohen würde. Er machte sich sogleich auf den Weg, um den Papst abzufangen, bevor dieser die Alpen überquert haben würde. Gregor VII. hörte von den Plänen des Königs und brachte sich im Schloss Canossa am Nordhang des Appennin, nahe bei Reggio, in Sicherheit. Das Schloss gehörte Mathilde von Tuszien, Schwiegertochter Gottfrieds des Bärtigen von Lothringen-Tuszien, die in der Markgrafschaft Tuszien herrschte. Anwesend war auch Abt Hugo von Cluny, Heinrichs IV. Taufpate, der sich an die Unterstützung des Reformwerks seines Klosters durch deutsche Könige erinnerte. Nachdem Heinrich vor der Burg drei Tage lang Buße getan hatte, überzeugten Mathilde und Abt Hugo den Papst, den Bann zu lösen. Der König entkam so der drohenden Koalition der deutschen Fürstenopposition mit dem Papst, erkannte aber auch die Superiorität des Papstes an. Die Reichskirche konnte besonders zufrieden sein. Sie hatte es jetzt mit einem König zu tun, der sich geistlicher Gewalt unterwarf. Sie Ansicht des Grabmals der Mathilde von Tuszien im Kloster und Museum San Benedetto in Polirone (Aufnahme 2006). befand sich bereits auf dem Weg zu eigener fürstlicher Autorität, wie es schon Erzbischof Adalbert von Bremen, der Vertraute des Königs, gegen seine sächsischen Nachbarn demonstriert hatte. Die Canossa-Säule vor der Harzburg Auf dem Burgberg, der sich über dem am Nordrand des Harzes gelegenen Kurort Bad Harzburg erhebt, steht die sogenannte Canossa-Säule. Die Harzburg war von Heinrich IV. errichtet und zu seinem Zufluchtsort geworden, die aufständischen Sachsen vertrieben ihn von dort und zerstörten sie, anschließend wurde sie wieder aufgebaut. Auf der Säule ist die Inschrift zu lesen: „Nach Canossa gehen wir nicht." 1875 wurde sie zu Ehren des Reichskanzlers Otto von Bismarck errichtet. In einer hitzigen Debatte im Berliner Reichstag am 14. Mai 1872 sprach der Kanzler diesen Satz aus. Er wollte damit sagen, dass er sich in der nach der Reichseinigung von 1871 ausbrechenden Auseinandersetzung zwischen der kaiserlichen Staatsgewalt und dem Vatikan um die Machtbefugnisse im Deutschen Reich, dem von Rudolf Virchow so bezeichneten „Kulturkampf", dem päpstlichen Machtanspruch nicht beugen würde. Am 18. Juli 1870 hatte Pius IX. das vom Ersten Vatikanischen Konzil festgeschriebene Unfehlbarkeitsdogma des Papstes verkündet. Die Auseinandersetzungen Bismarcks mit der katholischen Kirche und der Zentrumspartei endeten in den Achtzigerjahren des 19. Jahrhun- „Sohn, geh' nach Canossa du, /Ich bin schon zu alt dazu!", Karikatur auf die Übertragung des Kultusministeriums an Robert von Puttkamer im Juli 1879 während des Kulturkampfes. Holzstich nach Wilhelm Scholz (1824-1893). derts mit einem Kompromiss, als anstelle der Katholiken die Sozialdemokratie als Hauptgegner erschien und mit dem Sozialistengesetz bekämpft wurde. Der „Gang nach Canossa" aber, auch kurz „Canossagang" genannt, ist zu einer sprichwörtlichen Redewendung geworden, die heute noch oft zu hören ist. Sobn, acřf nad] <£anoffa ~\d> bin fdjort m alt ba;u! 153