19.07.08 Tipps: Was Heiraten dem Geldbeutel bringt Trauscheine Der Bund fürs Leben wird aus Liebe geschlossen. Doch es geht auch ums liebe Geld, denn Änderungen bei Steuer, Versicherungen, Güterstand[1] und Erbrecht stehen an. Was ganz unromantisch ist und was man dennoch vor der Heirat wissen sollte. Von Steffen Preißler Ein geldwerter Vorteil liegt auf der Hand. Ehepaare profitieren vom Splittingtarif bei der Einkommensteuer. Als Faustformel gilt: Je höher der Steuersatz und je größer der Einkommensunterschied, desto mehr bringt das Splitting. Während sich Singles mit der Steuerklasse I abfinden müssen, haben getraute Paare die Wahl - und zwar jedes Jahr aufs Neue. "Verdient ein Partner 60 Prozent des gemeinsamen Arbeitslohnes oder mehr, nimmt er am besten Steuerklasse III und der andere die Klasse V", sagt Uwe Rauhöft vom Neuen Verband der Lohnsteuerhilfevereine. Bei dieser Kombination hat zwar die Klasse V hohe Abzüge. Insgesamt fließt aber der geringste Teil vom Lohn an das Finanzamt. Die Klasse IV für beide Partner bietet sich an, wenn sie etwa gleich verdienen. Der Idealfall aus steuerlicher Sicht ist, wenn nur ein Partner Gehalt bekommt. Dann kann er in die Steuerklasse III wechseln, die die größte Ersparnis bringt. Wer eine ungünstige Kombination gewählt hat, erhält zu viel gezahlte Steuern mit der Steuererklärung zurück. Doch vorteilhafter ist es, schon monatlich weniger Steuern zu zahlen. Die Ehe macht es möglich. Gleich nach der Hochzeit kann eine Änderung der Steuerklasse bei den bezirklichen Kundenzentren beantragt werden. Ein solcher Klassenwechsel kann bis zum 30. November eines Jahres beantragt werden. Mit der Ehe muss auch das Vertragswerk bei den Versicherungen neu geordnet werden. Doppelte Verträge bei der Haftpflicht- oder Hausratversicherung werden überflüssig, wenn man zusammenzieht. Das spart Geld. "Der neue Partner kann in den einen bestehenden Haftpflicht-Vertrag aufgenommen werden, wenn es sich nicht um einen speziellen Single-Tarif handelt", sagt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten. Der jeweils jüngere Vertrag kann vorzeitig beendet werden. Das gilt auch für eine Hausratversicherung, die nun überflüssig wird, wenn ein gemeinsamer Hausstand gegründet wird. Der weiter bestehende Vertrag muss angepasst werden, wenn die gemeinsame Wohnung größer ausfällt. Eventuell muss auch die Kfz-Versicherung geändert werden, wenn der Nutzerkreis nur einen Ehepartner vorsieht. "Vorsorglich sollten sich die Partner jeweils beim anderen als Fahrer eintragen lassen", rät Rudnik. Je nach erreichtem Schadenfreiheitsrabatt[2] kann es sich auch lohnen, ein Auto als Zweitwagen laufen zu lassen. "Häufig übersehen werden bei Versicherungen die Bezugsrechte im Todesfall, weil man sich mit diesem Thema nicht gern beschäftigt", sagt Rudnik. Das betrifft die Lebensversicherung und die Unfallversicherung. Hier sollte der Partner als Bezugsberechtigter eingetragen werden. In der gesetzlichen Krankenversicherung besteht die Möglichkeit, den nicht arbeitenden Ehegatten beitragsfrei mitzuversichern. Der mitversicherte Ehegatte darf monatlich nicht mehr als 355 Euro verdienen. Unschädlich ist auch ein 400-Euro-Job. Die Verdienstgrenzen werden jährlich neu angepasst. In der privaten Krankenversicherung gibt es diese Form der Familienversicherung nicht. Im Gegensatz zu Versicherungsverträgen können andere Verträge wegen einer Hochzeit nicht vorzeitig aufgelöst werden. Dazu gehören Telefon- und Internetverträge mit einer festen Laufzeit. In diesem Fall können Sie nur auf die Kulanz des Anbieters hoffen. Auch beim Mietvertrag gibt es kein Sonderkündigungsrecht, wenn eine Wohnung überflüssig wird. "Die Kündigungsfrist beträgt meist drei Monate", sagt Michael Kopff vom Mieterverein zu Hamburg. Um in die Wohnung des Partners zu ziehen, ist keine Erlaubnis des Vermieters nötig. Bis dass der Tod euch scheidet, lautet das Versprechen für den Bund der Ehe. So weit kommt es meist nicht. Fast jede zweite Ehe geht in die Brüche. Deshalb ist es wichtig, sich auch mit dem Güterstand der Ehe zu beschäftigen. Denn wer heiratet, gibt etwa 400 eherechtlichen Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) das Jawort. Wird nichts anderes vereinbart, leben die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. "Jeder Ehegatte bleibt Eigentümer seines Vermögens - auch während der Ehe", sagt Fachanwalt Christoph Thieme. "Es ist deshalb ratsam, dass die Ehepartner bereits bei Ehebeginn gemeinsam ein Vermögensverzeichnis über ihr jeweiliges Anfangsvermögen erstellen." Ausgeglichen wird am Ende der Ehe nur, was während der gemeinsamen Zeit hinzugekommen ist. Im Todesfall erhöht sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Partners um ein Viertel[3]. Bei einer Scheidung wird geteilt, was während der Ehe hinzukam. Angenommen der Mann steigerte sein anfängliches Vermögen um 200 000 auf 300 000 Euro, während die Frau im gleichen Zeitraum nur 100 000 Euro auf die hohe Kante legen konnte. Von der Differenz in Höhe von 100 000 Euro stehen der Frau nun 50 Prozent als Zugewinn zu. Die Berechnung erfolgt allerdings nur auf Antrag und ist in der Praxis komplizierter. Denn in den Fällen, wo es wirklich etwas zu verteilen gibt, wird es sich nicht nur um Geldvermögen handeln. Im Gegensatz dazu ist der Ausgleich bei den erworbenen Rentenansprüchen während der Ehe die Regel. Die Folgen davon werden oft erst Jahrzehnte später sichtbar. Andere Güterstände wie Gütergemeinschaft oder Gütertrennung müssen vor dem Notar vereinbart werden und setzen eine individuelle rechtliche Beratung voraus. Denn die Folgen können gravierend sein, insbesondere für das Erb- und Pflichtteilsrecht[4]. Wer nur aus Angst vor den Schulden des Partners auf Gütertrennung besteht, kann sich das Geld für den Notar sparen. "Auch in der Zugewinngemeinschaft haftet jeder für seine eigenen Schulden", sagt Thieme. Anderes gilt nur, wenn der Partner zum Beispiel einen Darlehensvertrag mit unterzeichnet. Dennoch kann durch Schulden der spätere Ausgleich beeinträchtigt werden. "Auch wenn ein Partner die Ehe mit Schulden eingegangen ist, wird sein Anfangsvermögen mit mindestens Null bewertet", sagt Thieme. Das gemeinsam erwirtschaftete Geld fließt aber zunächst auch in seine Schuldentilgung und beeinträchtigt den späteren Ausgleich, der davon unberücksichtigt bleibt. Alle gesetzlichen Vorgaben aus der Ehe können mit einem Ehevertrag auf die eigene Situation zugeschnitten werden. So lassen sich auch Schulden des Partners berücksichtigen. Mit Blick auf das neue Unterhaltsrecht kann der Ehevertrag vor allem für Frauen eine Option sein, wenn sie ihre Berufstätigkeit wegen der Kindererziehung aufgeben und im Falle einer Trennung nicht auf sich selbst gestellt sein wollen. "Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen", heißt es im neugefassten Paragrafen 1569 des BGB. "Mit dem Begriff Obliegenheit wird signalisiert, dass Unterhalt nach der Scheidung die Ausnahme und nicht die Regel darstellen soll", sagt die Hamburger Anwältin Karin Damm. "Ex-Frauen kann früher zugemutet werden, das Kind in einen Kindergarten zu geben und eine Tätigkeit aufzunehmen", ergänzt Thieme. Ob alte oder neue Erbschaftsteuer: Paare mit Trauschein sind im Erbschaftsfall deutlich begünstigt im Vergleich zu nur zusammenlebenden Paaren, die wie Fremde behandelt werden. Sie haben keine gesetzlichen Ansprüche auf das Erbe und wird ihnen doch etwas vermacht, greift die hohe Erbschaftsteuer zu. Wie viel der Ehepartner erbt, hängt von den Familienverhältnissen und dem Güterstand ab. Ehepartner haben jetzt im Erbfall einen Freibetrag von 307 000 Euro und nach dem neuen Erbschaftsteuerrecht in Höhe von 500 000 Euro. Leben die Eheleute in Zugewinngemeinschaft und sind Kinder da, dann erbt der Ehepartner die Hälfte. Ohne Kinder fallen ihm drei Viertel des Vermögens zu. Soll die übrige Verwandtschaft oder minderjährige Kinder vom Erbe ausgeschlossen werden, ist ein Testament unter Ehepaaren ratsam. Denn zumindest am Beginn der Ehe steht die große Hoffnung: bis dass der Tod euch scheidet. ________________________________ [1] Ordnung der vermögensrechtlichen Beziehungen von Ehegatten untereinander: gesetzlicher, vertraglicher G. [2] Je länger ein Versicherungsnehmer schadenfrei fährt, desto höher wird sein Schadensfreiheitsrabatt, ausgedrückt durch die SF-Klasse. [3] Gegenüber Kindern des Erblassers steht ihm deshalb eine Erbquote von 1/2 statt 1/4 zu. [4] Der Pflichtteil ist ein gesetzlicher Erbanspruch, der immer dann eingreift, wenn der Erblasser durch Testament einen nahen Angehörigen von der Erbfolge nach seinem Tod ausschließt. Insoweit ist der Erblasser durch das gesetzliche Pflichtteilsrecht in seiner Testierfreiheit eingeschränkt. Den nächsten Angehörigen wird durch das gesetzliche Pflichtteilsrecht eine Mindestbeteiligung am Vermögen des Erblassers gesichert. Der im Testament von der Erbfolge ausgeschlossene nächste Angehörige wird zwar nicht Erbe, er erwirbt jedoch einen Geldanspruch gegen den oder die Erben.