Also kein Strauss und Enzensberger, sondern etwas anderes, da hier keine singulären Erscheinungen, sondern Tendenzen zu analysieren sind, lenke ich ihr Augenmerk auf ein Werk im Spannungesfeld einiger symptomatischen Tendenzen. Gehe also davon aus, dass um 2000 einige autobiographisch angelegte Werke erschienen sind, die Autoren verfasst haben, die in etwa gleich so alt sind, also zwischen 1927-29 geboren wurden.. also gleich zwei Tendenzen, ähnlich alte Autoren verfassen ihre Autobiographien, oder stark autobiografisch gefärbte Texte, (autobiografische Romane) also eine Genrebezogene und eine Generationbezogene Tendenz. Konkrete Namen und Werke: slide 2. G. Grass, R. Baumgart, M. Walser, und 2015 hat sich ihnen auch Enzensberger angeschlossen, schreiben ihre Autobiograhien, die dann heissen, siehe Slide 2. Auch wenn man – wie es etwa bei Baumgart der Fall ist, das ganze Leben Revue passieren lässt, der Schwerpunkt liegt meist deutlich auf der für sie prägenden Zeit, also auf den 30 und 40 er Jahren, auf der Zeit, wo sie sozialsiert wurden, und den ersten Lebensproben ausgesetzt wurden. Zentrale Rolle für das „Damals“ stellt die Epoche des NS dar: etwa Baumgart eröffnet die tatsächliche Handlung mit der Schilderung seiner Erinnerungen an die Ankunft Hitlers in Breslau, wo Baumagrt aufwuchs, Springernder Brunnen geht mit dem Ende des Krieges zu Ende, Grass´Zwiebel fügt dem nur noch die ertsen etwa 14 Nachkriegsjahre hinzu. Also der Schwerpunkt liegt auf den einzelnen Variation dessen, wie man in die Epoche des NS hineinwuchs und wie man mit dieser Prägung umging. Mit einer Ausnahme, und die stellt eben Enzensberger dar. Seine A. spielt sich nicht auf der Front ab, weder an den ersten, noch den letzten Kriegstagen, ja nicht mala m Vorabend des Krieges, von Bedeutung ist nicht die Frage wie und warum man Hitler akzeptierte, sondern etwas ganz anderes: die Orte sind Russland, wieder mal Russland, zum Teil Berlin, USA und Kuba, a nicht die 30. Und 40er, sondern die frühen und späten 60er Jahre. .. was heisst das? Ein genauso alter Autor, der genauso wie seine Generationsgenossen unter Hitler aufgewachsne ist, und sogar paar Tage auf dessen Seite irgendwo in bayerischen Wäldern gekämpft hat, hat nicht vor, sich in seinem Alterswerk Kalrheit darüber zu verschaffen, was er in den 30er und 40er Jahren, sondern was er in den 60er Jahren getan hat. Für sein Problem, das einer Autobiografischen Bearbeitung wert ist, hält er nicht, dass er der braunen, also der rechten nazistischen Totalität unterlag, sondern eher das, in wie weit er in den 60er Jahren bei seiner Unterstützung der Studentenbewegung zu gehen bereit war, also bei der Unterstützung der neuen Linken, die immer radikaler wurde, und in einigen Fällen im linken Terrorismus kulminierte. Sein Rückblik gilt also nicht dem Hitler in (uns) sich, sondern dem Karl Marx in sich, oder Fidel Castro, respektive Che Guevara. Für Enzensberger war diese Affinität zu der Studentenbewegung, oder genauer, seine Sympathie für die linke Version der Geschichtsphilosophie dermassen prägend, dass er kein Bedürfnis verspürt, sich davon freizuschreiben, wovon sich Grass, Walser, Baumgart freischreiben, die ihrer braunen Vergangenheit nachgehen, sondern er erzählt nur von der roten Versuchung, der er selten widerstehen konnte. Kommentar des ersten Bildes, Inhalt des Buches. Aufzeihnungen und tagebuchnotitzen, die fast 50 jahre alt sind, dann einschub, datiert 2015, also von heute aus geschrieben, dann eine Passage, die nicht mehr aufzeichnunge n oder tagebuchnotizen genannt ist, sondern erinnerungen „an einen tumult“, zu dem es offensichtlich 67-70 gekommen ist, dann das kapitel 1970ff. Mit dem untertitel danach, hinter jedem kapitl ein kurzes postskriptum 2014, das nur einige infos nachliefert., am ende dann ein gedicht zu den 70er jahren. Im mittelpunkt also die 60er Jahre, alles, was danach kommt, ist als danach bezeichnet.. auch das gedicht vermittelt den eindruck, die 70er jahre sind keiner grossen erinnerung wert, siehe das Gedicht Andenken, Sichwortartig die Szenen, treffen der linken europäischen schrifsteller in leningrad, 63, man will den linken westeuropaischen Autoren Russland zeigen.. man fliegt sogar zu Nikita Chrustschow zu Besuch, man spricht mit ihm, man badet mit ihm, dann der zweite Aufenthalt in Russland, E. bereist per Zug das ganze Russland, mit seinem Begleiter und Dolmetscher Kostja Bogatyrjow. Darunter Teilnahme an einigen Kongressen, dann Begegnung einer gewissen, 23 jährigen Mascha, also maria makarowova, … ich finde sie bezaubernd,, .. „so beginnt ein amor fou, der das Zeug hat, sich zu einem vehementen russischen roman zu entwickeln.“ .. E. reist dann noch einige Monate weiter, doch es interessiert ihn immer weniger, weil er ständig an diese Mascha denken muss. .. dann packt er sie mit und geht nach Deutschland…. Dann die Szenen aus den jahren 67-68 in deutschland, krawalle, kommune I, demonstrationen, es wird immer hektischer, enzensberger ist standig unterwegs, als stipendiat in Amerika, dann haute r demonstrativ ab, ist paar monate in kuba, dann wieder in deutschland, zwischendurch immer wieder in oslo, bei seiner ersten frau.. also Tumult. Was muss, oder will ich alles berücksichtigen, wenn ich diese Autobiografie von Enzensberger sinnvoll kontextualisieren will? A. autobiografische Aussagen seiner Zeitgenossen /26-29/ , seien es schon als Autobiografie deklarierte Texte, oder Texte an der Grenze, aut. Roman. B. aut. Texte der Autoren, die sich nicht an N. erinnern, weil sie erst nach dem Krieg oder in dessen Verlauf auf die Welt gekommen sind, daher in den Mittelpunkt ihrer Lebensgeschichte die Studentenrevolte 1967-69 stellen. Deshalb ziehe ich heran auch die Autobiografie eines prominenten Protagnisten der SR, P. Schneider, „Mein 68er“., der im Jahre 1940 geboren ist. Bild vom Handout: Resümme: E. ist um zwei Jahre jünger als Grass und Walser, genasuo alt wie Baumgart, und doch zieht es ihn mit dem Thema näher zu Schneider, der 11 Jahre jünger ist. Er ist genau dazwischen, er ist nicht ganz da, wo er generationsmässig gehört, er ist also nicht gerade oder nicht nur ein typischer Exponent der für seine Generation typischen autobiografischen Schreibweise, da er darin zu der jüngeren Generation des Jahres 68 tendiert. Doch zugleich, und dies hal tich für einer Überlegung wert, könnte seine Schreibweise über das Jahre 68 Spuren dessen beinhalten, wie seine Generationsgenossen ihre Autobiografien – über ihre Jugendjahre in den 30. und 40er Jahren - geschrieben haben. Oder von der anderen Seite her: dass er thematisch in die Nähe der typischen 68er kommt, heisst noch nicht, dass er über das Jahr 68 wie ein typischer, oder geborener 68er schreibt. Seine Generation: siehe handout, sehr differenziert (ideologische Unvereinbarkeit von J. Habermas, T. Nipperdey, R. Dahrendorf, J. Fest, M. Walser, G. Grass, H.M. Enzensberger), daher viele Bezeichnungen (Hitlerjugendgeneration, Aufbaugeneration, suchende, verratene Generation des Jahres 45, Skeptische G.) Verdacht, die naz. Indoktrinierung sei zu tief gewesen, als dass man es hätte überwinden können. Dieser Verdacht wirkt unterschwellig nach: Belege, 2006 Grass autobiografie und schon wird das Argument reaktiviert, Hitler sitze so tief in dieser Generation, dass es nur eine Frage der Zeit sei,wann er sich auch bei diesen Autoren zu Wort melde, und dass sie ihn lange Jahre zum Schweigen bringen wollten, kann darin nichts ändern, es macht diese Autoren nich verdächtiger und verlogener.. Ich werde hier mit dem Terminus s. G. arbeiten, der von H. Schelsky stammt. Er definierte sie in der Abgrenzung zu zwei vorhergehenden G. der Jugendbewegung (Jahrhundertwende) und der politischen Generation (zwischenkriegszeit). Die Generation der Jugendbewegung reagierte ihrerseirts auf die Gründerwelt des ausgehenden 19. Jahrhunderts, indem sie zur reinen Natürlichkeit, Einfalt, Freiheit, Wandern, Kameradschaft zurück fand, politische Generation, prägend für die politisch hitzige Zwischenkriegskriegszeit fand Zuflucht in Ideologien, in grossen Taten, im kollektivistischen Aktivismus, und politischem Planen. Die Skeptische Genration ging laut Schelsky auf Distanz sowohl zu der G. der Jugendbewegung, als auch zu der G. der politisch aktiven Geneartion. Wie haben sich die Angehörigen dieser G (1927–1930) selber definiert? Laut G. Grass: sie waren „zu jung, als dass sie Nazis hätten sein können, doch alt genug, um vom Systém mitgeprägt worden zu sein, der 1933–1945 zunächst Staunen und dann Schrecken hervorrief.“. Nicht unschuldig, doch ohne direkte Verantwortung, was jedoch, wie Grass wiederholt betonte, nicht ihr Verdienst war, sonder nur glücklicher Zufall. Ch. von Krockow, 1927, erklärte diese G. für alt genug, „um den KRieg, Mahcht und Fall des Dritten REiches wahrzunehmen, zugleich für jung genug, damit sie nochmals von vorne beginnen könnte“.[1] Zurück zu Schelskys Definition der Skeptiker: was macht laut ihm die Skepsis dieser G. aus? die Kriegs und Nachkriegsjahre berlehrten diese G davon, dass alles, was der Mensch mit besten Willen und im Glauben an gerechte politische Ideale tut, meist ideologischen Zwecken und abstrakten und anonymen Organisationen dient. Folge: man wollte sich nicht mit politischen Systemen identifizieren, man glaubte nicht an Ideologie (Ideologieabstinenz), politische Ideale hielt man für sinnlos. Stattdessen legte man Wert auf Aufbau, Familie, Bildung, Technik, Moderne, Arbeit, Alltäglichkeit. (Stichwort: Konkretismus). Abgelehnt wurde also sowohl jedwede Romantik, als auch kolektivistischer Idealismus. Slide: „Weil tief misstrauisch, deshalb höchst unpatetisch. Je mehr Bedürfnis, sich der realen Nachkriegswelt anzupassen, desto weniger Verständnis für revolutionäre Losungen und begeisterten Idelaismus, der nicht danach zu fragen braucht, ob seine Ideale überhaupt realisierbar sind. Je weniger Sinn für allesumwerfende PRogramme, desto skeptischer und toleranter, wenn wir unter Toleranz die Fähigkeit verstehen, mit den eigenen Schwächen wie auch mit den Schwächen der anderen zu leben“. Wie nimmt sich hier E. aus? Er scheint gar nicht dazu zu passen, vor allem die Sätze: „desto weniger Verständnis für revolutionäre Losungen und begeisterten Idelaismus, der nicht danach zu fragen braucht, ob seine Ideale überhaupt realisierbar sind.“ widersprechen seinem Bild. Wie bei manch anderen intellektuell „unstabilen“ Autoren sucht die Forschung auch Enzensberger dadurch beizukommen, dass sie sein Schaffen in recht schwarz-weisser Manier in zwei möglichst gegensätzliche Phasen gliedert. Erstens in die kritisch-nonkonformistische Phase eines jungen Linken, die etwa 1970 zu Ende gegangen sei. Und in dieser Phase hätte erg ar nicht in das Bild der Skeptischen Generation gepasst. Und zweitens in die späte Phase eines desillusionerten Systembefúrworter, der in den 80er Jahren mit der Bundesrepublik seinen Freiden geschlossen, ja zum Teil sogar die konservative Tendenzwende mitgemacht habe. Eben darin habe Enzensberger sich selbst verraten, indem er opportunistisch zum unkritischen Verteidiger der Bundesrepublik und ihrer „Normalität“ geworden sei. Also der Linke Revolutionär, dann Bruch, Kurswechsel um 180 Grad, und ein enttäuschter, desillusionierter Exrevolutionär, der nun die BRD nicht mehr kritisierte, eher schonte, schützte und unterstützte. – eben hier könnte man sagen, erst in höherem Alter ist er insofern zu einem Skeptiker geworden, als er seine linke, revolutionäre Phasis über Bord geworfen hat, grundlegend revidiert, ja sich von ihr losgesagt hat.. Ja, obwohl es so aussieht, so einfach ist es nicht. Die Vorstellung von zwei gegensätzlichen, sich ausschliessenden Phasen, die darauf besteht, dass man entwender das eine, oder das andere sein kann, ist aus mindestens zwei Gründen unhaltbar. Sie sieht darüber hinweg, wie konsequent dieser Autor bereits seit den frühen 1960er Jahren gegen die Prinzipien der Avantgarde argumentierte (stichwortartig: wer vorne ist, ist im Recht; das Neue ist prinzipiell immer besser als das Alte, und zwar in der Politik, wie auch in der Kunst); aus dem 1962 publizierten Essay Aporien der Avantgarde geht seine Distanz gegenüber der avantgardistischen Obsession, das eben Erreichte möglichst zu überwinden, eindeutig hervor. Bei der Wahl zwischen zwei Alternativen entscheidet sich Enzensberger in der Regel nicht für eine der Alternativen, sondern eher gegen den Zwang, sich zwischen zwei Alternativen entscheiden zu müssen, indem er darauf hinweist, dass zwei gegensätzliche Alternativen in ihrer Radikalität nur noch zwei Seiten desselben Irrtums sind. Was heisst das für ein adäautes Bild der Autorschaft von Enzensberger? Dass es nicht ratsam ist, Enzensberger in das Korsett der „entweder-oder“ Strukturen einzuzwängen, adäquater seinem Denken sind Metaphern einer unlinearen „Zick-Zack“[2] Bewegung. Enzensberger, so könnte man pointiert sagen, kultivierte seine Fähigkeit, sich prinzipiellen Zweifeln auszusetzen. Das scheint auch die „heikelste“ Etappe seines Denkens, also die stürmischen Jahre um die Studentenrevolte 1967 - 68 zu betreffen, auf die er dann auch in der Autobiografie zu sprechen kommt. Obwohl Enzensberger zugab, dass er „in den theatralischen Happenings von 1968 bis zum Hals steckte“, dass er also alles, auch den Schwachsinn der Jahre mitmachte, nachträglich stilisierte er sich mithilfe der Generationsargumente über die Studentengeneration, da er, so sein Argument, immerhin zehn Jahre älter gewesen sei als die Wortführer der Studenten (etwa R. Dutschke oder P. Schneider), und ganz andere Lebenserfrahrungen mit totalitären Regimen gehabt habe, als die Studenten, die erst am Kriegsende oder sogar nach dem Krieg geboren seien. Enzensbergers Einstellung ist also nicht eine prinzipielle, sondern eine kontextuelle: Wagte es jemand, prinzipielle Nützlichkeit dieses Prozesses, also der Studentenbewegung in Frage zu stellen, konnte Enzensberger in der Regel nicht umhin, diesen Prozess zu verteidigen. Sobald man aber die „Studentenrevolution“ unkritisch sah, trat er als ihr Mentor und Kritiker auf den Plan, der nicht erst im Rückblick, sondern schon damals, also Ende der 60er Jahre keinen Hehl aus Lächerlichkeit und Überspanntheit mancher revolutionären Pläne gemacht haben will. Von der unumstrittenen Attraktivität der Generationsargumente zehrte er also einerseits, um seine Zugehörigkeit zu der prinzipiell nützlichen Studentenbewegung hervorzuheben, andererseits, um seinen Abstand zu einigen überspannten revolutionären Plänen und Schritten deutlich zu machen. Was heisst das für Enzesbergers Selbstbild im Laufe der Zeit, also für seine Autorschaftskonzeption? Ich denke und schreibe etwas, dann ändert sich das, was ich denke und schreibe… wie stehe ich zu dieser Änderung, wie stelle ich sie dar? Als einen Bruch, oder als etwas eher Kontinuierliches… setze ich mich jetzt von der früheren Phase ab, revidiere ich die Gedanken, rechne ich mit meiner Jugend ab, bekenne ich mich dazu, dass ich geirrt habe und nun nicht mehr irre, nun wahres mache und denke, oder wie kann ich es sonst machen. ??? Anstatt zwei Bildern von sich selbst zu produzieren (also der junge linke Revolutionär und der alte spiegeleverkehrt konservative Systembefürworter), skizziert er das Selbstporträt eines Menschen, der nichts widerrufen muss, nichts revidieren, nichts bereuen muss. Enzensberger stilisiertre sich als ein Chamäleon, der sich verwandelnd immer derselbe bleibt, der vor seinen eigenen Widersprüchen und Fehlern keine Angst hat, sie also nicht zu verstecken sucht, sondern sie vielmehr mit Genuss kultiviert und ausstellt. – also keine Abrechnung, keine Revision, kein Bedürfnis Fehler zu bekennen….aber auch kein Bedürfnis am Hintergrund der früheren Fehler seine momentane Fehlerlosigkeit, ja Wahrhaftigkeit hervortreten zu lassen.. vielmehr nur das Bedürfins zu eigener Widersprüchlichkeit zu stehen, zu der damaligen wie der jetzigen. also kurzes Resümme: wir wissen, - Welches Bild der Generation produzieren ihre Vertreter. - Wie steht dazu Enzensberger. Und wir wissen noch nicht, welche Rolle dabei Enzensbergers A. spielt. Und wie uns diese Frage all die Texte beantworten helfen könnten, in deren Kontext ich diese A. so verbissen einzubetten versuche. Was wird für mich an den autobiografischen Texten von Bedeutung sein? Slide. 1. Ich (Er) damals. Was habe ich gemacht, warum habe ich es gemacht, was habe ich dabei gedacht? Welches Selsbtbild von meinem Damals wird produziert? 2. Wie kann ich von von heute aus über Damals sprechen? Wie kann sich der Erinnernde auf den Erinnerten beziehen? Ihn bewerten? Mit welchen Konsequenzen? Lässt sich über Damals glaubwürdig erzählen? Worauf kann man sich stützen; Ist die damalige Zeit festzuhalten? Ist man imstande, ihr beizukommen, sie auf den Begriff zu bringen? 3. Gibt es Analogien zwischen der autobiografischen Aussage über die 1930-40er und über die 1960er Jahre innerhalb einer Generation, also bei Grass, Walser, Baumgart und Enzensberger. 4. Wie nimmt sich Enzensbergers Aussage über die 60er Jahre neben der Version von Schneider aus, also neben den Erinnerungen eines dezidierten 68ers an diese Zeit. Analogien und Unterschiede jenseit der Generationsschemata Den Vergleich beginne ich bei Walser und seinem autobiografischen Roman Ein springernder Brunnen aus dem Jahre 98, in dem lange Pasagen der Problematisierung der Erinnerung, also des Prozesses, der eigenen Vergangenheit beizukommen, gewidmet sind, dazu ein Zitat, der die zentralen Punkte trifft. Davon werden wie auch ausgehen, also: slide Denn über die eigene Vergangenheit könne keiner souverän verfügen. Man rekonstruiere sie nur aus großem Abstand und mit Rücksicht auf die jeweiligen Anforderungen der Gegenwart. Abgeschlossen und unzugänglich wie in einem Traum erscheint dem 1927 Geborenen eine Kindheit, in der persönliche Erinnerungen so wenig mit dem übereinstimmen, was inzwischen im kollektiven Gedächtnis der Deutschen verankert ist. Was besagt dieses Zitat über die Punkte, die uns interessieren.- also wir verfügen über die Vergangenheit nicht souverän. Gründe: zu grosser Abstand und Zwang, Druck. -die Art, in der wir die Vergangenheit rekonstruieren, ist nicht interesselos. - die Vergangenheit, nein, die Art, wie wir über sie verfügen, wie wir uns ihr nähern können, gleicht laut Walser der Art, wie wir über unsere Träume verfügen..Also Erinnerung an die Kindheit, als Erinnerung an einen Traum. Worauf beruht diese Analogie? im Moment des Träumens sind wir dabei, nachdem wir aufwachen, können wir allenfalls die Bedeutung verstehen, den Traum als solchen, den Traumüberfluss verstehen wir nicht, er entzieht sich unserem Zugriff, und je mehr wir ihn umstellen, desto weniger ist es noch DER TRAUM als solcher, den wir geträumt haben. Welche Möglichkeiten hat man dann überhaupt, wenn man sich trotzdem erinnern will an die zeit damals, die man als Kind und jugendlicher erlebt hat? Ohne dass man all das, und das schient für Walser enorm wichtig zu sein, was man jetzt, lange nach dem Krieg, über diese Zeit weiss, der erinnerten Wahrnehmung des Kindes dick auftragen würde. Dazu zwei kurze Selbstzitate: slide Die traditionelle Form des Ich-Berichtes ist auszuschließen, würde sie doch nahelegen, daß er, der Erzähler, über seine Kindheit schreibe, um sich zu rechtfertigen, um zu erklären, wieso aus einem Gastwirtjungen ein linker Schriftsteller wurde. "Es empfiehlt sich, vorübergehend in der dritten Person zu bleiben. Eben weil Weitergehendes in der ersten Person leicht unglaubwürdig wirkt. Also: Einer kann die Meinungen, die er öffentlich geäußert hat, nicht zurücknehmen, aber er kann sie auch nicht mehr so vortragen wie etwa zehn Jahre vorher. Seine Meinungen und er sind einander ein bißchen fremder geworden." Also er bleibt in der dritten Person, um das eigene Selbstrechtfertigungsbedürfnis auf Distanz zu halten. Er will primär die damalige Person und ihre Sicht als solche retten. Also kein einfaches Unterfangen, über Kindheit im Nazionalsozialismus zu schreiben, nochmals das Dilemma des Erzählers: er kann sich nur als ein historisch belehrter, über die NS Zeit informierter Erzähler erinnern, doch eben dies scheint ihm ein Betrug an den Figuren, an der welt, in der sie damals gelebt haben, zu sein slide: „Ich müsste sprechen, wie man heute über diese Zeit spricht. Es bliebe nichts als ein Mensch, der von heute aus spricht. Der nächste also, der über Vergangenheit spricht, als wäre er schon damals, was er heute ist.“[3] (Über Deutschland reden, 1988)- 282. Oder noch von einer anderen Seite aus betrachtet: Die Vergangenheit mag es nicht, wenn ich ihrer habhaft werden will. Je direkter ich mich ihr nähere, desto deutlicher begegne ich statt der Vergangenheit dem motiv, dass mich gerade jetzt heisst, die vergangenheit aufzusuchen. Öfter ist es ein mangel an rechtfertigung, der einen ins Vergangene weist. Man sieht Gründe, die es rechtfertigen könnten, dass man ist, wie man ist. Erinnerungen an die Zeit um 33, soviel wird bei Walser deutlich, ist stärker als Erinnerungen an jede andere Zeit, die 60 er Jahre eingeschlossen dem Druck ausgestzt, der daraus entsteht, dass wir alle heute allzu gut wissen, was wir über die NS zeit denken sollen, wir, beziehungsweise diejenigen, die damals aufgewachsne sind, wiessen heute allzu gut, wie sich sich damals hätten benehmen müssen, um in den heutigen Augen zu bestehen. Der Erzähler des autobiografischen Romans Ein springender Brunnen hat eine klare Vorstellung davon, wie er /Johann/ sich damals hätte benehmen müssen, und wie er heute seine damaligen Schritte zu bewerten hat. Diesen Druck versucht er auszuschalten, diese Erwartungen interessieren ihn weniger als die Art, wie die Zeitgenossen damals die Zeit wahrgenommen hatten. Angestrebt ist keine Vergangenheitsbewältigung – Akteure entsprechen nicht den heutigen Massstäben, na und, sie versagen oft, sie täuschen sich, sie sündigen, sie schauen weg, na und, angestrebt ist allenfalls ein Bericht darüber, wie man damals subjektiv die Welt wahrgenommen hatte. Er erzählt nicht über DIE deutsche Geschichte, sondern über seine deutsche Geschichte , also über Leute, die lebten, ohne zu wissen, dass manche ihre Taten rückblickend als kleine Schritte betrachten werden können, durch die jeder einzelen Deutsche das ganze damalige Deutschland an Auschwitz näher gebracht hat. Einschub: Baumgart: kopie. S. 10: Dem Druck der Jüdin, von dem bei Baumgart die Rede ist / „ja, ihr wollt alle nur ihre Jugend schönen“/, entzieht er sich genauso, wie es Baumagrt vorschlägt, also indem er gegen den allzu klugen, historisch belehrten (Baumgart sagt sogar „kolonialistischen“) Blick auf unsere Kindheit und Jugend seine eigene Lebensgeshcichte aufbietet, seine „nur“ subjektive Wahrheit. Sein Text unterläuft absichtlich die nachkriegsdeutsche politisch korrekte Vorstellung davon, wie man über diese Zeit zu shcreiben hat. Diesem Druck hält er nicht nur dadurch stand, dass er Auschwitz nicht eerwähnt, was man ihm oft genung vorgeworfen hat, sondern auch dadurch, dass er von den Figuren seiner Autobiografie nicht verlangt, als Faschisten oder als Antifaschisten zu handeln. Stattdessen zeigt er, dass die meisten von ihnen beides zugleich waren. Nicht entweder oder, sondern der Blick, der versucht, beides zu erfassen. /an einer anderen Stelle spricht er von der Notwenidgkeit einer Perpsektive, die imstande wäre beides zu erfassen, dass sie damals einen Blick hatten, mit dem sie hingesehen und zugleich weggeschaut haben./ Verallgemeinerung;: im Springenden Brunnen verlagert sich der Schwerpunkt von dem bewertenden Erzähler zu den Figuren. Zugleich wird der Erzähler immer diskreter; keine Bewertung, schon gar nicht eine Abrechnung mit den Figuren, sondern Diskretion. Interessanter Zusammenhang: je weniger sich die Figuren ihrer Zeit widersetzen können, also je weniger sie zum Beispiel aufgrund ihres niedrigen Alters eines Widerstands fähig sein können, desto mehr rückt in den Vordegrund die Frage nach den Kompetenzen des Erzählers, also die Frage ob sie der Erzähler beurteilen könne und dürfe. Würde er seine Kompetenzen überschreiten, so wird nahegelegt, dann würde er sic han seinen Figuren vergreifen, was heisst, er würde ihnen etwas uneigentliches unterstellen, sprich eine klare, eindeutige Meinung, die wir heute auf diese Figuren projizieren wollen. Er würde also nur das vorfinden, was er in sie projiziert hat. Er würde also einen Johann vorfinden, der ein faschistisches oder ein unfaschistisches Kind war, je nach dem Wunsch des Autobipografen. Dass faszinierende ist aber eben die Spannung dazwischen, Johann war nicht entweder oder, er war sowohl als auch. Dass dies keine Ausnahme ist, sondern eine generationstypische Erscheinung ist, lässt sich unschwer belegen, indem man für einen kurzen Augenblick Grass Autobiografie heranzieht, die ich vor einem Jahr interpretiert habe. Jetzt also nur die Schlussfolgerungen. Auch in der Zwiebel-Autobiographie weigert sich der alte, sich erinnnerde Autobiograf Grass, an jenen siebzehnjährigen Jungen, der er selber am Kriegsende war, Masstasäbe anzulegen, die seine damalige Möglichkeiten bei weitem übersteigen und eher den Anforderungen der heute gültige Erinnerungskultur entprechen würden, nicht dem, was man damals wusste und woran man sich damals orientierte. Er weigert sich also seine heutige Überlegenheit zur Geltung zu bringen. Diese Überlegenheit (der alte Grass weiss, was der junge damals nicht wissen konnte), die der alte Grass den jungen Grass hätte spüren lassen, wäre uneverdient, ja lächerlich, weil beide existentiell identisch sind. Eben die Tatsache, dass der alte nur deshalb mehr weiss, weil er älter als der junge G. ist, ist für ihn der Grund, um auf diesen Vorteil, also auf jegliches moralische Urteil zu verzichten. Die Strategie ist dieselbe wie bei Walser: man lenkt das Augenmerk vom moralischen Profil der Person, an deren Jugend man sich erinnert, hin zu der Kompetenz des Autobiografen, dieses morlaische Profil zu klassifizieren. Auch Grass also vollzieht in seiner Autobiografie etwas, was man philosophisch als epoche bezeichnen könnte, also die absichtliche Weigerung, Urteile abzugeben, weil der Urteilende nie genug wissen kann, um ein gerechtes Urteil abgeben zu können. Also: Verlallgemeinerung: junger Held, der recht konform lebt, mitmacht. Dieser Figur könnte man doch den Konformismus problemlos vorwerfen. Die autoren tun es aber nicht, stattdessen nehmen sie eine diskrete Haltung. Wollen sie dadurch ihre Jugend nur schönen, siehe Baumgart? Ich schlage was anderes vor: Unter welchen Bedingnungen könnte man den Juigendlichen dieser Generation ihre damalige Konformität vorwerfen? Um ihnen ihre damalige Konformität nachträglich vorwerfen zu können, müsste man imstande sein, in aller Klarheit sagen zu können, welche realen Möglichkeiten sie zum nonkonformistischen Verhalten hatten, Welche möglichkeiten hatten sie überhaupt.. ? Was hiess es für diese jugebndlichen sich anders als gewünscht, anders als erwartet, als konform, als mitmachend zu benehmen? Ansttat moralistisch zu fragen, wie konnten sie mitmachen, würde ich realpragmatisch fragen, wie konnten sie nicht mitmachen? Dazu ein paradigamtisches Beispiel, Walser. Anita zuliebe setzte sich Johann über mütterliche Verbote hinweg, blieb über Nacht weg und schwänzte die Schule. Was soll man tun? Was soll man nicht tun? Was macht Johann eigentlich? Und Warum macht er das? --- Die einzige Widerstandsform ist die Rebelie gegen die müterlichen Verbote und väterlichen Befehle. Von diesem leichtfertigen Verstoß bis zu politisch motivierter Rebellion, zum bewusste politischen Widerstandsakt, ist es ein langer Weg, den die Helden hier nicht gegangen sind, also die Autobiographen haben keinen Grund ihn nachträglich dazuzustilisiere. Also keine Heldentaten, allenfalls Ungehorsam, leichtfertige Verstösse, kindisches Verhalten, lächerliche Flüchten. Was hiess es eigentlich, anders zu sein, zu rebellieren;? In den Fällen, wo man anders als die anderen, als die Mehrheit reagiert hatte, tat man es nicht, weil man dazu politische Motivation gehabt hätte; man tat es, weil man dazu private, dem Alter enstprechende Motivation hatte, keinesweg also Gründe, vor unseren heutigen, vor unseren moralischen und im Sinne der Erinnerungskultur politisch korrekten Blicken bestehen würden. Grass wie auch Walser dichten ihren Helden keine anderen Motivationen für ihre Taten an, eben weil sie gut wissen, wie einfach und bequem es wäre. Sie zeigen, um das Bild von Baumgart zu übernehmen, siehe Kopie S. 128, wie sie sich der nazistischen Gesellschaft, die für sie weder ein Glücksfall, noch ein Unglücksfall war, angepasst hatten, oder wie sich sich ihr bestenfalls entziehen konnten, mit den „egozentrischen, privatistischen Rückzugsversuchen“. Also keine heroische, aus Überzeugung gewählte Rebellion, sondern eine zwangsläufige, „natürliche“ und hormonengesteuerte Rebellion aus Egoismus. Freilich gehörten zu diesen Rückzugsversuchen auch Versuche, sich in die Welt der Kunst zurückzuziehen.. zu den Bildern, zu den Buchstaben.. doch nicht nur das, bekanntlich ist etwa Grass` Autobiographie durch drei Forem des Hungers strukturieriert, erstens war es der Hunger nach Esssen, also der Hunger eines im Krieg völlig ausgehungerten Jugendlichen, zweistens der Hunger nach Kunst, und drittens der Hunger nach Körper, nach körprerlicher Liebe. Nach all dem waren die Jugednlichen Helden hungrig, nicht nur der junge Grass, sondern auch der junge Walswer und Baumgart und und… viele andere Zeitgenossen. Das, was man nicht darf, was verboten, oder um es mit Johann zu sagen, was beichtwürdig ist, war herzlich wenig politisch motiviert, sondern es hing mit dem Erkennen seines eigenen (Johann, ein wahrer Onanist) und dann des weiblichen Körpers zusammen; dies zieht sich da wie ein roter Faden durch viele Texte dieser Generation.. Kein politisch motiviertet Widerstand, sondern allenfall ein Widerstand am Leitfaden des Leibes. Diese Rebellion ist ihr Widerstandsakt, zu dem sie sich nachträglich bekennen können; würden sie von heute aus behaupten wollen, sie hätten dadurch politischen Dissens, Kritik, nonkonformismuswillen oder einfach Widerstand ausgedrückt, kämen sie sich lächerlich vor. Sie wollen nicht tun, als wären sie schon damals, was sie heute sind. Siehe handout, Walsers Zitate. Und, deshalb rede ich jetzt davon so langwierig, die Verschränkung des Privaten, Intimen, Körperlichen mit dem Politischen hört nicht mit dem Jahre 45 auf, sondern geht weiter, um ihren nächsten Kulminationspunkt um 68 zu erleben. Diese Verschränkung lohnt es sich zu verfolgen, weil sie eine Brücke zwischen der skeptischen Generation und der Generation des Jahres 68 bildet. Wie sieht diese Verschränkung der Politik mit dem Privaten, persönlichen oder intimen in Texten aus, in denen es nicht um die Jahre unter Hitler geht, sondern um die Jahre unter dem Zeichen der politischen und sexuellen Revolution, die man in den 60er Jahren auf die Beine stellen wollten. Also weg von Walser und Grass und hin zu Schneider und Enzensberger, nur zur information Schneider war damals 28 Enzensberger 39. Also Schneider, Enzensberger: alles Private wird politisch, alles Politische privat, das war die Parole der Studentenbewegung. Auszüge, Schneider 69. Die Verschränkung des Politischen mit dem Privaten findet man zwar vor, doch es werden eher seine Schattenseiten aufgedeckt. Grosse Politik, Ziele, Ambitionen, Ideale, Solidarität mit den Ländern der Drtitten Welt versus: private Verkümmerung, Unfähigkeit, mit Beziehungen zurecht zu kommen, Müdikeiten, Resigantion, man weiss nicht mehr wofür man eigentlich kämpft, aber um recht zu behalten kämpft man weiter. Jeden Abend geht man demonstrieren, ohne zu wissen warum, wogegen und wofür. Revolution als perpetum mobile, sie werden verschlungen. Das Private leidet darunter, schwindet, Die Eltern waren keine Eltern mehr, sie waren nur noch die Tätergeneration, die man unbarmherzig zur Rede stellte, auch andere Bestandteile des privaten bürgerlichen Lebens durften keine Rolle spielen. – Kinder, undenkbar.., jn. Heiraten undenkbar. Dieser Deformation waren sich beide bewusst, respektive damals haben sie sie ahnend und spürend erlebt, heute betrachten sie sie schon wissend aus Distanz. Gegen diese Verkümmerung des Privaten, gegen das für die 60er Jahre typische Aufgehen des Privaten im Politischen, das beiden offensichtlich genauso stark zusetzte, schreiben beide an. Sie betonen das Private im Gegenzug, ja sie decken auf, dass sie vieles, sogar das Wichtigste nicht deshalb gemacht haben, weil sie dazu politische Gründe gehabt hätten, sondern weil sie dazu private Gründe hatten. Hinter vielem standen einfach ihre Frauen, ihre Politik resultierte oft aus ihrer Unfähigkeit, mit Frauen zurande zu kommen, ihr Leben bürgerlich zu regeln, oder darass, dass sie sich einfach nur widersprüchlich und dumm benommen hatten und nicht wussten, was sie tun. Hier wäre ein Hinweis auf ihre vergeblichen Versuche um Bürgerlichkeit möglich: Baumgart, Zitat, s. 268. Dahinter stecken Enzensberger, Walser und Grass.. verspätete Jünglinge, die nie zu richtigen Männern geworden sind.. Wer Enzensbergers oder Schneiders Rolle in diesen Jahren nur politisch erklärt und deren Aktivitäten nur als Folgen von rational durchdachten Stretegien und Diagnosen interpretiert, macht einen Fehler. Im Rückblick auf Walser oder Baumgart gesagt: historische Gerechtigkeit scheint auch hier zu walten; so wie sich Walser weigert, den wenigen Belegen seines jugendlichen Ungehorsams politische Motivation zugrund zu legen, zeigen auch Schneider und Enzensberger, dass vieles, was man heute für politisch begründete Aktionen hält, die aus ideologischen Überezugungen heraus gemacht worden sein sollen, anders, also alzumenschlich motiviert war und oft einfach nur zufällig, dummer- oder widersprüchlicherweise enstanden ist. Belege: Schneider: 279-280, zitiert seine damaligen Bemerkungen und Erklärungen.. dann sagt er genug.. und korriegiert sie… indem er sagt, was er sich damals selber verschwiegen hat.. dass er sexuell verfallen ist diesem Mädchen.. dass er zum Revolutionär wurde, um ihr zu imponieren. Widerspruch 293. Manchmal ist mir, als könnte ich nichts mehr ändern, nur noch beschreieben, .. in einer Rede heisst es dann: was wir da sehen und erleben, ist überhaupt nicht mehr zu beschreiben, nur noch zu ändern. Bei enz.: 110. weil niemand ohne deine russin versteht, wo du physisch und psychisch gelandet bist. .. sie wollte mit ihm ein neues Leben beginnen, also er machte vieles, was er sonst wohl nicht gemacht hätte, wegen ihr, und nicht wegen irgendeiner politischen Überzeugung.. Etwa die Reise nach kuba: 140. Er sieht darin eine chance für sie beide.. also keine Revolution, sondern ein Wunsch, irgendwo zu sein, wo beide gleich unheimisch sind. Weitere Verbindungspunkte zu Walser, Grass und Baumgart: Skepsis hinsichtlich der Frage, ob wir an die Zeit überhaupt herankommen können, ob sie erzählerisch vermittelbar sei. Hier: der Blick auf die 60er Jahre ist ähnlich prekär: kommen wir überhaupt noc han unsere Erinnerungen heran?. 3 Kopien. S. 128, 219, 236.: Was ist das Geimeinsame? Davon ist es nur ein Schritt zum weiteren Verbindungspunkt, der all die genannten autobiographien zusammenbringt.: Erinnerungen an die Nazijahre wie auch auf die 60er Jahre brechen mit Legenden, schwarzweißen Bildern auf: im Falle der Nazijahre wäre ein schwazw. Bild die Vorstellung, die das Gute und Böse scharf voneinander scheidet: sie unterlaufen diese Klisches, indem sie Bilder in den Raum stellen, in denen „das Gleichzeitige des Ungleichzeitigen“ erfasst wird, in denen also zum Beispiel Schrecken und Alltäglihckeit nebeneinanderlaufen: baumgart, 126-127, Hammerstein: 242-247. Bei 68 wird eben die Folgerichtigkeit und prinzipienbewusste rationale Konsequenz demaskiert: man hatte also nicht an einem Strang gezogen, man hatte für das politische Agierene nicht immer edle oder rationale Gründe. Man demaskiert auch, wie einfach es die Atmosphäre der 60er Jahre machte, eigene Versagungen zu entschuldigen: wenn der Schriftsteller in der Krise, dann ist darin Kapitalismus schuld, der das schreiben obejktiv unmöglich macht. Jeder Schriftsteller in der Krise kann sich immer darauf hinausreden, dass Enzensberger doch im Jahre 68 die bürgerliche Literatur für tot erklärte hatte, also die eigene schriftstellerische Unfähigkiet erscheint plötzlich weniger als Versagen denn als Belege dafür, dass jeder des Schreibens unmächtige Autor im Rechte ist. Nochmals zum Punkt 1. Ich damals, also im Jahre 68. 1a. Wie zeichnet man die eigene Lebenslinie nach, was für ein Bild von der eigenen Entwicklung in der exponierten Zeit wird produziert? Autobiografie als eine geschichte darüber, wie ich das geworden war, was ich nun bin. Schneider und Freiburg und die 50er Jahre. 22-24. Schn. Der Held kopiert die Zeittendenzen, er wächst in den 50er Jahren in Freiburg auf, die Stadt wird als eine typische Stadt der 50er Jahre geschildert, also auch er ist ein typischer Mensch der 50 er Jahre, ein typischer Freiburger.. zugleich deutet er darauf hin, dass er sich davon bald lossagen wird: „ich passte in das kulturbeflissene Idyll, das ich später gern als Spiesserparadies bespöttelte.“ Die 50er Jahre als politisch, geschichtspolitisch sterile Zeit, lauter Rückzugsmöglichkeiten nur ins Existanzialistische oder Äsotherische (Steiner, Heidegger), aber kein Bedürfnis, sich der Vergangeheit zu stellen (als hätte der Krieg gar nicht stattgefunden, Münster nur irrtümmlicherweise zerstört, er allergisch gegen alles Runde, nervös und gespannt, Existentailiasmus, Nihilismus, Existenz Gottes aber keine Politik, wenn Krieg, dann… Kriegsende, der Vater im Gefangenenlager und seine abenteurliche Flucht. unpolitische Zeit.., Je mehr die 60 er Jahre heranrücken, desto häufiger schildert er sich als einen Feigling. Das wirkt auf den ersten Blick recht sympatisch, ein Feigling in einer Zeit, die immer mutiger, immer souveräner wurde, die sich über alle Gesetze hinwegzusetzen versuchte. Er war also feige, er gesteht selbstkritisch, wie abhängig er von allen Helden der Revolution war, auch von seiner Freundin, die er vergötterte. Er hat also überwiegend mitgemacht, selbstverständlich auch viel Schwachsinn..USA SA SS. Hat dumme Parolen mitgebrüllt. Da macht er kein Hehl darüber, S. 109 Der Mut, damit irgendwann Schluss zu machen, hat ihm offensichtlich damals gefehlt, dazu war er feige. Von dem Mut ist im Epilog die Rede, siehe letzter Absatz im Handout. „Es war eine schöne…“, Doch hat es mit seiner Feigheit (oder fehlendem Mut) ihre Bewandtnis: er war feige, um „gegen die spinnenden Führer in der eigenen Gruppe“ aufzustehen (siehe Epilog), doch er war zugleich feige, bei allen Gewaltaktionen mitzumachen. Als Akteur, also damaliger Akteur wollte er vor allem die zweite Feigheit überwinden, also mitmachen, nicht nur Sprüche, Plakate und Reden kreieren, sondern auch in der ersten Reihe demonstrieren, und sich verprügeln lassen: was ihm offensichtlich gelungen ist. Siehe 130-131. Als nachträglicher Betrachter sieht er das jedoch anders: er wirft sich vor allem die erste Feigheit vor, dass er also nicht aufgestanden ist gegen die Spinner in den eigenen Reihen, und er versucht nachträglich die zweite Feigheit als das darzustellen, was ihn davor hatte oder hätte schützen können, der Gewalt zu entsagen, (also darin konsekvent feige gewesen zu sein). Passage 129-131.. Fragen dazu: Was bereute er damals, und was bereut er jetzt, und wie macht sich dies in seiner Schilderung bemerkbar? Wer nicht wirft, ist feige, diese Feigheit bereute er damals, er kam sich in dieser Szene mit der „Werfgerin“ als Versager /ich war durchgefallen/, wohl – aber das ist nur eine Vermutung, sind auch andere Komponente im Spiel – auch als männlicher Versager, jemand der Hemmungen hat (sie spricht von Ladehemmung), wo sie offensichtlich fehl am Platze sind. /eine der Parolen war damals auch die falschen bürgerlichen Hemmungen zu überwinden.. siehe S. 98: Kampf gegen die sexuellen Besitzverhältnisse./ Doch wer wirft, das ahnte er damals, und weiss es definitiv erst jetzt, ist feige, gegen die spinnenden Führer in der eigenen Gruppe aufzustehen, also ist feige, der Brutalität Einheit zu gebieten, ist also selber brutal: dementsprechend schildert er diese Werferin auch, ihr Spruch, das weiss er heute, entstammt dem militärischen Wortschatz: dadurch wird aus dieser Revolutionärin nur noch eine Soldatin, die einfach den Unterschied zwischen Sachen und Menschen missachtete, und dazu die ganze Revolution zu einem Revival der Totalität machte.[4] Sich selbst schildert er als ihren Gegensatz: schon beim Anblick eines Polizisten will er dahinter einen Menschen erblickt haben, wodurch er sich deutlich abhebt von den durchschnittlichen Studenterevolutionären. Seine Postion bestätigt er dann nochmal diskursiv, siehe S. 130 oben. Anderswo bringt er seine Meinung nochmals zur Geltung: S. 206 (ist nicht abgedruckt): „die unterscheidung zwischen Gewalt gegen Sachen und Gewalt geen Menschen hätte sich als das erwiesen, was sie war: ein intellektueller Strohhalm, der bei der ersten Belastungsprobe knickte.“ Wie stellt er sich heute dazu, was er damals gemacht hat, also B. Seine damalige Feigheit scheint in einer direkten Relation zu dem Bestreben zu stehen, mit dieser Feigheit heute abzurechnen.. Als heutiger Betrachter, Erzähler und Kommentator tendiert er stark zur Selbstironie, ja zu richtig karrikaturistischen Bildern der Revolution und ihrer Protagonisten.: er verurteilt sich selsbt, seine damaligen Reaktionen befremden ihn, er schämt sich für manches, (Wie konnte ich nur, wie schaffte ich es überhaupt). Bei den Kommentaren seiner damaligen Tagebucheintragungen nimmt er kein Blatt vor den Muind: „wenn es nicht so idiotisch wäre, ja es war idiotisch mein Lieber. Jetzt weiss er Bescheid, wie schrecklich er sich benommen hatte und bringt es auch zur Geltung: Er ist historisch belehrt und glaubt seinen jetzigen Standpunkt zur Geltun bringen zu müssen.. 97-98. Szene mit Axel Springer. Oft streut er geradezu Asche aufs Haupt , manchmal geht er sogar so weit, dass er nun zum zweiten mal damit abrechnet, jetzt also damit, wie sie in den 60er Jahren mit allem abgerechnet haben. Also: er schildert sich selbst und seine „Kumpanen“ so , als wären sie damals mitten in einem Spiel (fast etwas Traumhaftes, siehe Walsers Kindheit, oder die ganz erste Szene des Buches – nicht abgedruckt – wo sie sich Rollen verteilen fast wie dei Handwerker im Sommernachtstraum, wobei sie sich dar ganzen Absurditöät nicht ganz bewusst sind, sie vielleicht nur ahnen), und dieses Spiel treibt sie immer weiter. Wer auf Fragwürdigkeit des Spiels hinweist, disqualifiziert sich selbst als „Klienbürger, Klassenfeind etc.“ DAher wohl auch die ständigen Hinweise auf die Widersprüchlichkeit des ganzen damligen Lebens: „tagsüber kampfbereit und euphorisch, nachts in meinen Alpträumen und Ängsten gefangen.“ Und auch seine Fragen, „wie konnte ich damals das doch so klar Unvereinbare doch verbinden, wie konnte ich mit diesen Widersprüchen leben.“ Also Fragen, die zeigen, dass er jetzt unter anderem die damals offensichtlich gespaltene Persönlichkeit in diesem Buch wieder repearieren, also zu einer Einheit zusammenleimen will, sich seiner selbst vergewissern will. Und etwas ähnliches, was er mit seinem Buch bezweckt, und somit komme ich schon zu Enzensbergers Tumult, erwartet er auch von Enzensberger. Siehe (194-197) also eine intelligente Selbstkorrektur der eigenen Irrtümer, eine Selbstrevision via Bekenntnis. Mal schauen, ob diesen Aufforderungen Es. Texte gerecht werden können. Die Frage sollte vimehr lauten: wollen E.s Texte dieser Aufforderung gerecht werden? Schreibt E. seine A. als einer Art Bekenntnisautobiografie… die dem Muster der Bekenntnisse folgt, zu dem Schneider tendiert. Also das,was kulturell und literarisch zumindest seit Augustinus Aurelius´ „Bekenntnisse“ erprobt ist: ich lebte falsch, machte Fehler, dann habe ich es eingesehen, wurde besser und jetzte rechne ich aus der Position eines bekennenden Bekehrten mit meinen früheren Sünden ab. Enzensbergs Modell der (Auto)biographie scheint ein ganz anderes zu sein, da wird also nicht Augustin zum Vorbild, sondern andere..? (M. de Montaigne, Nietzsche??) Der Unterschied ist deutlich genug, man sieht ihn in der Autobiographie „Tumult“ genauso gut wie in der Biographie „Hammerstein oder Eigensinn“. Stichwortartig: Im Mittelpunkt jeweils zwei umstrittene Figuren, Hammerstein und Enzensberger, zwei umstrittene Rollen, im Jahre 33 bzw. 68., Menschen, die offensichtlich viele Fehler gemacht haben, denen man sicherlich einiges vorwerfen könnte. Hammerstein, dem obersten Offizier der Reichswehr, einem konservativen General, könnte man etwa vorwerfen, dass er in der ersten Hälfte der 30er Jahre, als es noch möglich war, und er dazu sicher genug Gelegenheiten gehabt hatte, kein klares Nein zu Hitler gesagt hat, obwohl er ihn sehr kritisch sah. Und E., einem linken Intellektuellen, über dessen Vorbildrolle, ja Gururolle für die Studenten keine Zweifel bestehen /siehe Schneider 194-197/, könnte man vorwerfen, dass er sich lange seine Illusionen über die linke Revolution nicht nehmen liess, sogar nach Kuba ging, um die Revolution live zu erleben und zu unterstützen; vorzuwerfen wäre ihm weiter, dass er, statt einzusehen, dass hier auf dem Weg zur freien Gesellschaft vollkommen unfreie Verhältnisse in Kauf genommen werden (Lager für Regimekritische, Hinrichutngen, Zensur etc.), diese sozialistischen Experimente mitmachte, ja sogar die sich radikalisierende Linke in Deutschland gelten ließ. Also wie im Lehrbuch haben wir in Tumult und Hammerstein zwei Geschichten über die Gefahr, die der deutschen bürgerlichen Gesellschaftsordnung drohte, einmal von rechts /und links/,[5] Was ist für die Art der Schilderung dieser in gewissem Sinne „historischen“ Figuren zentral? – an dem Schicksal der Familienmitglieder Hamerstein ist es das Wort Eigensinn. …. Also, das Leben, Denken, Verhalten der einzelnen Menschen kann von den ideologischen Prädispositionen allenfalls beeinflusst, nie determiniert werden. E. zeigt, dass Hammersteins Kinder unterschiedliche Wege gegangen sind – dass der Vater ein konservativer General und die Mutter geborene von Lüttwitz war (Kapp-Putsch), hindert die Kinder nicht daran, sich recht eigensinnig zu entwickeln, von der rechten bis zur extremen Linken. Kinder gehören zur konservativen Oppsition des Widerstands vom 20. Juli 44, aber es sind darunter auch Spinonen der DKP und der Komminterna. Zugleich erzählt E. auf der Grundlage von Dokumenten von zum Teil unglaublichen und sicherlichen nicht allgemein bekannten Verbindung zwischen links und rechts, zwischen Deutschland und Russland /deutsche und russische Offiziere haben in der Zwischenkriegszeit einander geschult, in Russland wurden deutsche Panzereinheiten eingeschult, dank einer der Töchter von Hammerstein, die für die Kominterna arbeitetete, sind geheime Papiere in die Hände der Russen gekommen. Die zitierten Dokumente dienen in seinem Fall nicht der Selbstvergewisserung, sondern der heilsamen Verunsicherung, E. destruiert das Blockdenken, die Schablonen des Lagerdenkens, der Schwarz-Weissen Sicht. Zeigen lässt sich das unter anderem an dem Thema Schweigen, Verschweigen. In Bezug auf die Vergangenheit, zumal auf die Vergangenheit der Jahre 33-45, gilt in Deutschland die These, wer schweigt, der verschweigt etwas.. Vgl. damit, wie hier mit dem Schweigen der Familie Hammerstein umgegangen wird. S. 340 ff. Was besagt es über E.s. Einstellung? Denselben Eigensinn, den er Hammersteins Kindern einräumt, kann auch der General beanspruchen, und schliesslich Enzensberger selbst. Die Folge ist die uns schon bekannte Haltung: je eigensinniger die Figuren, desto weniger darf die Erzählinstanz moralisieren. Bei H. ist dann Folgendes zu sehen: Ob Hammerstein als oberster Offizier der Reichswehr mehr hätte tun können, um aus seiner hellsichtigen Verachtung der Nazis die Konsequenz zu ziehen und die Machtübernahme Hitlers zu verhindern, kann und will Enzensberger nicht klären. Er vermeidet diesbezüglich alle Urteile und hält stattdessen eine schwebende Distanz zu seinen Figuren ein. Das Fazit ist wieder das bekannte Verzichten auf das entweder oder: Hammerstein schreckte zwar vor der offenen Revolte zurück wie so viele Deutsche, doch überlebte die NS. Zeit, ohne politisch-moralisch vollends zu kapitulieren. Weder ein Held, noch ein Verräter. Sowohl Mitläufer, als auch jemand, der sich das Rücckgrat nicht brechen ließ. Jemand, der über die Vergangenheit schweigen kann, ohne dadurch automatisch etwas zu verschweigen. Enzs. auf nachträgliches Moralisieren verzichtender Blick scheint mir insofern heilsam, als er die einzelnen Lebenswege nachzeichnet, ohne sie nachträglich abzutun.. er versucht sie zu rekonstruieren, also nachzuerzählen, und zwar mit Sinn für Paradoxe, für geschichtliche Zufälle, für Unberechenbarkeit, für Eigensinn, Eigentümlichkeit, Kontingenz etc. .. deutlich schreibt er aus der skeptischen Position heraus, also gegen die Vorstellung argumentierend, der später Geborene weiss es immer besser, er weiss, wie man es besser hätte machen sollen, und/oder weiss auch das, was die Leute damals nicht wissen konnten, und schon dadurch ist er privilegiert. Klar zu sehen ist es an den sogenannten Totengesprächen, postumen Unterhaltungen. Man spricht hier mit den Toten, als wären sie heute noch am Leben, man konfrontiert sie damit, was man heute über sie weiss.. vgl.. 47, 176. Bei E. ist es genau umgekehrt, als man erwarten würde: Die Spätergeborenen wissen entweder nie genug über die bereits längst Verstorbenen, oder sie können sich auf den Wissensvorsprung nicht ganz verlassen. Sie ziehen gegen die Erwartung in allen diesen Konfrontationen immer den Kürzeren. Tumult kommt ohne Totengespräche aus, derjenige, den man hier auszufragen hat, lebt ja noch.. es ist E. selbst. Doch sonst ist die Situation dieselbe: er weiss heute selber viel besser, was er hätte machen müssen, was man darüber geschrieben hat, wo er einfach geirrt hatte. Stellen wir zum letzten mal Enzensberger und Schneider nebeneinander, um die Titel zu vergleichen: Schn. Sagt: Rebellion und Wahn, Mein 68: Ausgeglichenheit, also bei der Revolution gabs nützlichen Rebellionszwang aber auch schädlichen Wahn. Identifizierung, sogar doppelte. Er sagt mein 68, zugleich ist im Augenblick des Verfassens 68 Jahre alt. Er verwendet einen Epochenbegriff. E. sagt einfach Tumult: absichtliche kein Epochenbegriff, sondern Resignation auf Begrifflichkeit, es ist offen, chaotisch, keine grosse Identifizierung.. er tut so, als hätte er kein grosses Interesse daran, seinem Lebensweg auf den Grund zu gehen, er tut alles, um sein Desinteresse an sich selsbt, an seiner Biografie zu zeigen. In Prämissen 2015 deutlich zu sehen. Wie ist es zu diesem Buch gekommen? "Ich habe", sagt Enzensberger, "ein sehr schwaches autobiografisches Gedächtnis, weil mich das auch nicht sonderlich interessiert." Ein typischer HME-Move. Wo alle neugierig wissen wollen, wie er seine damalige Rolle heute selbst sieht, wiegelt er ab und erklärt kokett: Für mich selbst interessiere ich mich eigentlich nicht so rasend. "Aber dann", fährt er fort, "fragten die Leute vom Marbacher Literaturarchiv, wie es denn um mein Archiv stehe. Da habe ich gesagt: Ich habe kein Archiv, ich habe einen Misthaufen. Das meiste schmeiße ich weg, es ist ja auch viel hygienischer, wenn man viel wegschmeißt. Aber es gibt Pappschachteln im Keller mit Briefen von Adorno und Ingeborg Bachmann. Wenn ihr wollt, schaut euch das an." Die Marbacher Manuskripte-Profis stiegen hinab in den Keller, vertieften sich in die Kisten und kamen zurück mit Aufzeichnungen aus den Jahren zwischen 1963 und 1970. Es waren regelrecht ausformulierte Texte, die vor allem von Enzensbergers unendlich vielen Reisen in dieser Zeit berichten – sein Interesse war geweckt. Seine Prämissen 2015. 105-107. Worauf resigniert er also? Was bezweckt er mit dem Herausgeben? Er bekundet mangelndes Interesse an der eigenen Autobiographie, er sei einfach kein guter Adept dafür.. er glaubt nicht daran, dass man dadurch als Leser etwas Sinnvolles erfährt (Lüge, Selbstinsezenierung etc.) und auch als Autor vertsrickt man sich allzu oft und allzu gerne in Selbstinszeniereungnen. Wenn schon so etwas, dann solle darin möglichst Zufall regieren, kein sich selbst bewusster Autobiograph, der etwas aus grossem Abstand erfinden würde. Also keine Ambitionen, keine Selbstrechtfertigung, keine reuigen Bekenntnisse, keine Selbstrevision, keine –Selbstkritik. .. er will sich selbst weder schonen, noch niedermachen. .. „Fehlbar sind wir alle. Aber das können wir doch zugeben. Meine Verranntheiten sind mir nicht heilig.“ Er habe also keinen Grund sie zu verschweigen. Das Motto könnte lauten: mit seinen Problemen muss jeder selber fertig werden. In den Tagebuchnotizen und –aufzeichnungen hält er lediglich fest, kommentiert nicht. Hier ist deutlich zu sehen, wie er sich oft vor der Politik in das Private und wiederum vor dem Privaten in die Politik versteckte. Vgl. S. 97. Er ist dabei seine Frau zu verlassen, doch die Reihenfolge und Gewichtverteilung der Schilderung suggerieren, dass ihn dazu politische Umstände gebracht haben, über Folgen des Tumults in seinem Herzen hinwezukommen. (Knistern im Gebälk der BRD... dringende Zusammenarbeit mit U. Johnsonn, also Haus in Berlin kaufen, Gründung einer neuen Zeitschrift.., und irgendwann dazwischen eine Notiz davon, dass da Liebesbriefe aus Moskau eintreffen, der russische Roman also nicht mehr zu verschweigen sei.) Er kommt da wirklich nicht gut weg, aber er lässt es trotzdem (oder deshalb) so stehen. Es folgt die Szene mit der Rede vor 25000 Leuten. Die Botschaft aus ihrer Schilderung ist meiner Meinnung nach folgende: A. er hat keinen Grund zur Selbstrevisionen, Selbstkorrekturen; daran, was er gesagt hatte, wolle er nichts ändern. B. er konnte dem Rückfall in pure Damagogie widerstehen, weil er C. dank Generationserfahrung einsah, dass es – etwa im Unterschiede zu Schneider - sich nur um Revival der Totalität handele, nun unterm roten Vorzeichen. ..und so konnte er dem Druck der Zeit wieder entgehen. Kapitel „Erinnerungen an einen Tumult“. Hier treffen der junge und der alte Enzensberger aufeinander. Wie stehen die beiden zueinander? Unterschiede und Gemeinsamkeiten versus Schneider bzw. Grass, Walser und Baumgart? Die beiden kennen einander besser, als sich jeder von ihnen ohne den anderen kennt. Sie können sich nichts vormachen, sich etwas vorspielen, das hätte keinen Sinn. Der Alte durchschaut alle Ausreden, jedes Alibi des Jungen. – wichtig, er ist weder bereit, dem jungen eine Absolution zu erteilen, noch will er ihm etwas vorwerfen, mit ihm abrechnen… da er sich selbst in ihm nicht wiedererkennt, behandelt er ihn wie einen jüngeren Bruder, den er zwar gut gekannt hat, aber an den er jetzt lange nicht gedacht hat – daher eine eher bescheidene Ambition: er will nur wissen, was er sich damals gedacht hat. Was ist hier anders? Sein Konzept hat zum Ziel, sich selbst wie auch dem jeweils anderen keine Entlastung zu bieten. Also wenn man sich in den Alten und den Jungen spaltet, ist es in der Regel so, dass da ein Teil auf Kosten des anderen Teils privilegiert (entlastet) wird. Konkret: wenn der Alte mit dem Jungen abrechnet, etwa so wie es Schneider macht, dann kann er das nur so machen, dass er er sich über ihn stellt als jemand, der sich zum Gewissen des Jungen macht, um selbst kein Gewissen haben zu müssen. Also die Punkte, die er somit dem Jungen abnimmt, kassiert er, obwohl fraglich ist, ob er Recht darauf hat. Wenn der Alte den Jungen schont, alibistisch betrachtet, funktioniert es noch fraglicher. Der Alte kassiert zugleich die Punkte, die er dem Jungen künstlich zugespielt hatte. Enzensberger macht weder das erste, noch das zweite. Der Alte verlangt von dem Jungen keine Beichte, aber zugleich lässt er nicht zu, dass der Junge ihm etwas beichten würde. Es gibt hier also keine Möglichkeit für die beiden, sich dem jeweils anderen drunter und drüberzustellen. Andererseits hat der Junge, wie es hier heisst, von dem Alten keine Absolution zu erwarten. Die beiden können sich also nicht mithilfe des jeweils anderen entlasten. Jedem von ihnen bleibt nichts anderes übrig, als mit seinen Problemen selber zurecht zu kommen. Dessen eingedenk, dass man in keinem Augenblick genug weiss, um ein gerechtes Uretil zu treffen, und dass jedes Moraliseren /der anderen wie auch sich selbst, wie in dieser autobiographsichen Spaltung zu sehen war/ auf eine Entlastung hinausläuft, weist Enz. das bekenntnisshafte Modell (Augustin, Schneider) der Autobiographie zurück, und neigt zu dem Modell, das Grass und Walser ausprobiert haben. Zugleich ist kaum zu übersehen, dass der ganze Gestus der Autobiographie, so scharf die beiden Instanzen miteinander ins Gericht gehen, und sich nichts schenken, sich um keinen preis entlasten wollen, ein versöhnender, mit menschlichen Limiten abgefundener ist; es ist ein Gestus, der Verständnis für die Fehler(haftigkeit) der anderen wie auch seine eigenen zeigt, und damit ein skeptischer, da er es sich einfach untersagt, Urteile auszusprechen. Damit gerät E. nicht nur in enge Verwandschaft zu seinen Generationsgenossen, die zu genau diesem Gestus in ihren „braunen“ Autobiografien gedunden haben, sondern zugleich auch zu Schelskys Defintion des Skeptischen, die ja der Skepstischen Generation eben die Toleranz attestiert, mit den eigenen Schwächen wie auch mit den Schwächen der anderen zu leben zu müssen, ja leben zu können. ________________________________ [1] Christian Graf von Krockow: „Das Missverhältnis der Erfahrungen – Versuch zu einem Dialog“. In C. Richter (eds.): Die überflüssige Generation. Jugend zwischen Apathie und Aggression. Königstein 1979, s. 205. [2] Ders.: Zickzack. Frankfurt am Main 1997. [3] Tamtéž, s.897. [4] Es gibt hier lange Passagen, in denen er über die Militariserung seines eigenen Wortschatzes nachdenkt, die er selber bei sich bemerkte: .jaktoze jsme jednoho dne prestali rikat delnici, ale zacli rikat delnicka trida, místo revolty revoluce, ne podnikatel, ale vladnsouci trida., ne protivnik, ale charakterova maska, nebo kontrarevolucionar, fašist? Ja uz jsem nebyl ja, ale wir. Vrchol je veta raf po vrazde schleyera: wir haben seine klägliche existenz beendet. [5] Hammerstein gelingt es wunderbar beide dieser Gefahren in den Blick zu nehmen, im Tumult ist nur von der linken Sackgasse die Rede. Vgl. 355 und den Stammbaum der Familie Hammerstein.