Syntaxtheorie und konkrete Satzanalyse Theoretisch grundlegend für das Vorstellen der Satzanalyse des Satzes sind die Begriffe Konstituenz, Dependenz und Mitteilungsstruktur. Die Analyse geht also von der Ermittlung der Konstituenten gegebener Sätze aus, interpretiert die Konstituentenstruktur im Rahmen von Dependenzbeziehungen und beachtet die konkrete lineare Konstituentenabfolge im Zusammenhang der Mitteilungsstruktur. Dabei wird vorausgesetzt, dass Sätze im Zusammenhang von Texten geäußert werden und daher auch nur Sätze aus Texten analysiert werden sollten. Die folgende Darstellung knüpft an den vor allem an der Valenzgrammatik orientierten neueren Beschreibungen der deutschen Syntax an, wie sie in den verbreiteten Grammatiken vorliegen. 1. Die operationale Ermittlung der Satzglieder In einem Satz stehen die Wörter nicht einzeln und isoliert, sondern sie stehen untereinander in näheren und ferneren Beziehungen und geben dies unter anderem in ihrer Flexionsform und in ihrer Stellung im Satz zu erkennen. Diese sprachliche Organisation wird durch den Begriff Syntax ausgedrückt. Syntax bezeichnet den Satzbau als Regelsystem der Sprache, die sprachwissenschaftliche Teildisziplin, die sich mit der Analyse und Beschreibung dieses Regelsystems beschäftigt, und schließlich auch das Buch, in dem diese Beschreibung gegeben wird. Wichtige Analyseverfahren werden u. a. an einzelnen Sätzen aus dem Text von Peter BICHSEL (Ein Tisch ist ein Tisch) sichtbar gemacht. Im obersten Stock des Hauses hat er sein Zimmer. Die engere Zusammengehörigkeit einzelner Teile des Satzes wird erkennbar, wenn man Umstellproben (auch: Verschiebproben, Permutationstest) vornimmt. Die Umstellung erfolgt jeweils an den Satzanfang vor die finite Verbform. Einige Wörter können einzeln umgestellt werden, andere, wenn sinnvolle Anordnungen entstehen sollen, nur als ganze Gruppe. [Er]hat[sein Zimmer][im obersten Stock des Hauses]. [Sein Zimmer]hat[er][im obersten Stock des Hauses]. [Im obersten Stock des Hauses]hat[er][sein Zimmer]. Diese Möglichkeiten ergeben sich, wenn wir den Satzmodus beibehalten, d.h. beim Indikativsatz (Aussagesatz-Modus) bleiben. Geschlossen umstellbare Einheiten heißen Satzglieder. Die Satzglieder des Satzes sind: [im obersten Stock des Hauses] – [er] – [sein Zimmer]. Im nächsten Satz ergeben sich folgende Möglichkeiten der Umstellung: Er hatte jetzt eine neue Sprache, die ihm ganz allein gehörte. Jetzt hatte er eine neue Sprache, die ihm ganz allein gehörte. Eine neue Sprache, die ihm ganz allein gehörte, hatte er jetzt. Satzglieder des Satzes sind demnach: [er] – [jetzt] – [eine neue Sprache, die ihm ganz allein gehörte]. Dieser Satzgliedbestimmung scheint die folgende Umstellung zu widersprechen: Eine neue Sprache, hatte er jetzt, die ihm ganz allein gehörte. Der Ausdruck eine neue Sprache erweist sich hier als allein umstellbar. Er wäre demnach allein als Satzglied anzusehen, was der früheren Bestimmung widerspräche. Es zeigt sich hier, dass das Kriterium der geschlossenen Umstellbarkeit so angewendet werden muss, dass die größte geschlossen umstellbare Gruppe gewählt wird. Als zusätzliche Probe kann die Ersatzprobe (auch: Austauschprobe) eingeführt werden. Was bei der Umstellprobe als Ganzes an den Anfang rücken kann, wird als Ganzes der Ersatzprobe durch möglichst kurze Einwortausdrücke unterworfen. Eine neue Sprache, die ihm ganz allein gehörte, hatte er jetzt. Etwas hatte er jetzt. Umstellprobe und Ersatzprobe sind die wichtigsten Verfahren bei der Ermittlung der Satzkonstituenten. 2. Die Bestimmung der Satzglieder im Rahmen der Verbvalenz Die Funktion der übrigen Satzglieder lässt sich vom Verb aus bestimmen. Die Weglassprobe lässt erkennen, welche Satzglieder für den Satz grammatisch konstitutiv sind und welche fehlen können, ohne dass der Satz grammatisch unvollständig wird. Das Verb ist in keinem Fall weglassbar; es bildet den grammatischen Kern des Satzes. In dem Satz Er hatte jetzt eine neue Sprache, die ihm ganz allein gehörte ist nur das Satzglied jetzt weglassbar: Er hatte [DEL: jetzt :DEL] eine neue Sprache, die ihm ganz allein gehörte Die Satzglieder er und eine neue Sprache, die…sind notwendig, um mit dem verbalen Satzkern hatte zusammen einen grammatisch vollständigen Satz zu bilden. Vom verbalen Satzkern aus lassen sich die nicht-weglassbaren Satzglieder feststellen und als verbabhängig beschreiben. Die verbabhängigen Satzglieder werden als Ergänzungen bezeichnet, die übrigen als Angaben. Das Verb haben erfordert in der hier vorliegenden Bedeutung ‛besitzen’ stets zwei Ergänzungen, eine Ergänzung im Nominativ: Wer hat etwas? und eine im Akkusativ. Was hat er? Die lässt sich durch Ersatzproben für diese beiden Satzglieder überprüfen: Er eine neue Sprache. Der Mann hatte eine andere Ausdrucksweise. Die Familie einen neuen Wagen. Die Struktur derartiger Sätze lässt sich abstrakt darstellen: oder Die Symbole E[Nom], V und E[Akk] stehen für die Bestandteile eines Satzes; die Verbindungslinien sollen die Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den Bestandteilen ausdrücken. Der Ersatz des Verbs durch andere Verben mit ähnlicher Bedeutung lässt die Abhängigkeit der Ergänzungen von Verb besonders deutlich werden: Er hatte eine neue Sprache. Er verfügte über eine neue Sprache. Ihm gehörte eine neue Sprache. Verfügen fordert zwei Ergänzungen, und zwar eine Ergänzung im Nominativ und eine mit der Präposition über eingeleitete Ergänzung, die man Präpositional-Ergänzung nennt. E[Nom] E[Präp (über)] Elipsa: V Gehören fordert zwei Ergänzungen, und zwar eine Ergänzung im Nominativ (eine neue Sprache) und eine im Dativ (ihm). Elipsa: V Textové pole: EDat Textové pole: ENom Die vom Verb geforderten Satzglieder bezeichnen die an dem von Verb bezeichneten Vorgang oder Zustand beteiligten Größen; sie werden Aktanten genannt. Der ganze Satz bezeichnet einen Sachverhalt; man Spricht in diesem Sinne vom propositionalen Gehalt des Satzes oder kurz von der Proposition. Zum Sachverhalt ‛Besitz einer Sache’ gehören zwei Aktanten, die ihrer Bedeutung nach den Besitzer und die besessene Sache bezeichnen. Man spricht in diesem Zusammenhang von semantischen Rollen. Bei dem Verb haben in der Bedeutung ‛besitzen’ bezeichnet die Nominativ-Ergänzung den Besitzer, die Akkusativ-Ergänzung das Besessene. In der Nominativ-Ergänzung wird die Semantische Rolle des Handelnden, das Agens realisiert, in der Akkusativ-Ergänzung die des die Handlung Erleidenden, das Patiens. Der alte Mann hatte eine neue Sprache E[Nom ] E[Akk] Besitzer ‛besitzen’ Besessenes Agens Patiens Bei der Wahl eines anderen Verbs für denselben Sachverhalt ändern sich die semantischen Rollen der Aktanten nicht, auch wenn sie syntaktisch eine andere Gestalt erhalten. Das Verb gehören beschreibt den Sachverhalt ‛Besitz’ gewissermaßen aus umgekehrter Sicht: Eine neue Sprache gehörte ihm . etwas gehört jemandem E[Nom] E[Dat] Besessenes ‛besessen werden’ Besitzer Patiens Agens Die Fähigkeit des Verbs, Ergänzungen in bestimmter Zahl und Gestalt an sich zu binden, nennt man Valenz oder Wertigkeit und spricht von einwertigen, zweiwertigen usw. Verben. Im Blick auf die Valenz wird das Verb als Satzkern aufgefasst. Der verbale Satzkern und die von ihm abhängigen Ergänzungen konstituieren den Satz. Die hier im Ansatz vorgeführte Valenzgrammatik hat sich bei der Beschreibung der Syntax der deutschen Gegenwartssprache besonders bewährt. Im Hinblick auf das Prinzip der Abhängigkeit, der Dependenz, spricht man auch von Dependenzgrammatik. Bei manchen Verben sind nicht alle Ergänzungen in jedem Satz realisiert. Das kann an kontextbedingten Ersparungen (Ellipse) liegen, zum Beispiel in einer Äußerung Er gibt, wenn situativ klar ist, dass er den Mitspielern die Karten gibt. Bei manchen Verben sind grundsätzlich Aktanten fakultativ, zum Beispiel bei dem Verb reden: jemand redet – jemand redet über etwas Sofern in einem gegebenen Satz eine fakultative Ergänzung realisiert ist, kann sie bei der Weglassprobe nicht von einer freien Angabe unterschieden werden. Sie bleibt aber inhaltlich als Bezeichnung eines Aktanten mit dem Verb verbunden. Eine der durch die Valenz geforderten Ergänzungen ist gegenüber den anderen hervorgehoben. Die Ergänzung im Nominativ (Subjekt des Satzes) und das verbale Satzglied (Prädikat des Satzes) stimmen in der Flexionskategorie des Numerus und der Person überein: Er hatte eine neue Sprache. 3.Person 3. Person Singular Singular Wir haben eine neue Sprache. 1.Person 1. Person Plural Plural. Eine Übereinstimmung in Flexionskategorien nennt man Kongruenz (tsch.: shoda); zwischen verbalem Satzkern und Ergänzung im Nominativ besteht Kongruenz. Durch diese Kongruenz mit dem verbalen Satzglied wird die Nominativ-Ergänzung gegenüber allen anderen Satzgliedern hervorgehoben. Ihre Sonderstellung wird auch in der Satzgliedbezeichnung Subjekt berücksichtigt. Die anderen Ergänzungen in den übrigen Kasus werden auch Objekte genannt. Für die Kasusforderung des Verbs an die Objekte wird auch der Begriff Rektion (tsch.: řízenost) verwandt. 3.Die freien Angaben Er hatte [DEL: jetzt :DEL] eine neue Sprache, die ihm ganz allein gehörte Das weglassbare Satzglied jetzt bezeichnet den Zeitpunkt, zu dem der ausgedrückte Sachverhalt vorlag. Für viele Sachverhalte lassen sich Zeit und Ort angeben sowie weitere Umstände, unter denen sich der Sachverhalt vollzieht. Als Beispiel wird der verkürzte erste Satz der Erzählung von Thomas Mann gewählt: Gustav Aschenbach[…]hatte an einem Frühlingsnachmittag des Jahres 19..[…]von seiner Wohnung in der Prinzregentenstraße zu München aus allein einen weiten Spaziergang unternommen. Gustav Aschenbach[…]hatte [DEL: an einem Frühlingsnachmittag des Jahres 19 :DEL] ..[…][DEL: von seiner Wohnung in der Prinzregentenstraße zu München aus :DEL] [DEL: allein :DEL] einen weiten Spaziergang unternommen. Nach Umstell- und Ersatzproben zur Ermittlung der Satzglieder und Weglassproben zur Ermittlung der valenzabhängigen Ergänzungen bleibt als grammatisches Satzminimum übrig: Gustav Aschenbach hatte einen weiten Spaziergang unternommen. Weglassbar sind die Satzglieder: an einem Frühlingsnachmittag des Jahres 19.. von seiner Wohnung in der Prinzregentenstraße zu München aus allein Es handelt sich um eine Temporalangabe, eine Lokalangabe und eine Modalangabe, in denen Umstände der Zeit, des Ortes und der Art und Weise beschrieben werden. In der graphischen Darstellung des Satzes können die Angaben nicht dem Verb untergeordnet werden, da sie nicht von ihm gefordert sind; sie betreffen vielmehr den Sachverhalt, das Geschehen insgesamt. Das wird deutlich bei dem zur Sicherung des Angabestatus in vielen Syntaxdarstellungen empfohlenen geschehen-Test, einer Paraphrase mit dem Verb geschehen. (Aschenbach hatte einen Spaziergang unternommen) und das geschah an einem Frühlingsnachmittag… und das geschah von seiner Wohnung aus… und das geschah allein Mit diesem Test lassen sich auch die freien Angaben von den fakultativen Ergänzungen unterscheiden. G.A. einen Spaziergang an einem F. von seiner W. aus allein Die Angaben werden in der Graphik dem Satz selbst untergeordnet; die gestrichelten Linien signalisieren den Unterschied zu den durchgezogenen Linien für die Dependenzbeziehungen. 4.Wörter und Syntagmen als Satzglieder Satzglieder können aus einem Wort oder aus Wortgruppen bestehen. Die beteiligten Wörter lassen sich nach ihren Wortarten unterscheiden: Bsp.: [Er]hat[sein Zimmer][im obersten Stock des Hauses]. Jetzt hatte er eine neue Sprache, die ihm ganz allein gehörte. er : Personalpronomen der dritten Person Maskulinum im Nominativ Singular sein Zimmer: Possessivpronomen der dritten Person Maskulinum im Akkusativ Singular Neutrum, Substantiv mit Genus Neutrum im Akkusativ Singular eine neue Sprache: unbestimmter Artikel im Akkusativ Singular Femininum, Adjektiv im Akkusativ Singular Femininum, Substantiv mit Genus Femininum im Akkusativ Singular. Innerhalb der aus mehreren Wörtern flektierender Wortarten bestehenden Satzglieder herrscht Kongruenz in der Flexionskategorien Kasus, Numerus und Genus. Das Genus ist jeweils mit einem Substantiv für das ganze Satzglied vorgegeben. Adjektiv, Artikel oder Pronomen richten sich in ihrer Flexion nach dem Genus des Substantivs. Solche Syntagmen werden auch als Nominalphrase, Substantivgruppe, oder Nominalgruppe bezeichnet. Durch die Umstellprobe ist nachgewiesen, dass es sich bei der Wortgruppe im obersten Stock des Hauses um ein einziges Satzglied handelt. Die Kongruenzverhältnisse lassen zwei Teile dieses Satzglieds erkennen. Innerhalb der Teilgruppen im obersten Stock und des Hauses besteht jeweils Kongruenz im Genus, Kasus und Numerus. im obersten Stock: Dat. Sing. Mask. des Hauses: Gen. Sing. Neutr. Die Teilgruppe des Hauses ist eine Erweiterung der Teilgruppe im obersten Stock. Die Erweiterung ist weglassbar, sie kann nur zusammen mit dem Element auftreten, auf das sie sich bezieht. Derartige Erweiterungen von Satzgliedern heißen Attribute. Das übergeordnete Bezugselement, von dem sie abhängen, heißt Kern (Kopf) oder Nukleus.[1] Die Abhängigkeit lässt sich auch graphisch darstellen. im obersten Stock : Kern des Hauses : Genitiv-Attribut In dem Syntagma im obersten Stock ist obersten nicht weglassbar, wohl aber ersetzbar: im obersten Stock ersten zweiten Es handelt sich ebenfalls um eine Erweiterung zu dem Kern Stock. Das lässt sich zusätzlich zeigen, wenn man im zu in einem auflöst, wodurch obersten weglassbar wird: In einem Stock des Hauses hat er sein Zimmer. Damit dieser Satz einen kommunikativen Sinn erhält, bedarf das Wort Stock jedoch einer näheren Bestimmung. Ein Attribut wie obersten ist hier also notwendig, das Genitiv-Attribut hingegen frei. 5.Satzförmige Satzglieder und Erweiterungen von Satzgliedern Er musste lachen, weil er all das nicht verstand. Satzglieder können selbst auch Satzgestalt besitzen. Die Umstellprobe erweist den weil-Satz als Satzglied des gesamten Satzes: Er musste lachen, weil er all das nicht verstand. Weil er all das nicht verstand, musste er lachen. Die Ersatzprobe mit deshalb bestätigt diesen Befund: Deshalb musste er lachen. Ebenso lässt sich der dass-Satz als Satzglied bestimmen: -und das besondere war, dass das alles dem Mann plötzlich gefiel. Umstellprobe: und dass das alles dem Mann plötzlich gefiel, war das besondere. Ersatzprobe: und das war das besondere. Der weil-Satz oder seine Entsprechung deshalb fungiert im Gesamtsatz als Angabe, da er nicht von dem verbalen Ausdruck musste lachen gefordert wird. Diese Angabe in Satzform ist in sich wie ein Satz beschreibbar, wenn man die die Verbindung und Unterordnung kennzeichnende Konjunktion weil abtrennt: Er verstand all das nicht. ([DEL: Er musste lachen, weil :DEL] E[DEL: e :DEL] r verstand all das nicht [DEL: verstand :DEL] .) Der dass-Satz oder seine Entsprechung das fungiert im Gesamtsatz als vom Verb geforderte Nominativ-Ergänzung (das war das besondere). Diese Ergänzung in Satzform ist auch als Satz beschreibbar, wenn man die Konjunktion dass abtrennt: Das alles gefiel dem Mann plötzlich. und [DEL: dass :DEL] das alles gefiel dem Mann plötzlich [DEL: gefiel, war das besondere :DEL] Sätze, die als Satzglieder in anderen Sätzen fungieren, heißen Gliedsätze. Jetzt hatte er eine neue Sprache, die ihm ganz allein gehörte. Auch Attribute können Satzgestalt besitzen. Der Ausdruck eine neue Sprache, die ihm ganz allein gehörte ist durch Umstell- und Ersatzprobe als ein Satzglied erwiesen. Die Erweiterung die ihm ganz allein gehörte ist weglassbar, sie kann nicht ohne die Bezugsgruppe eine neue Sprache auftreten. Sätze, die als Teile von Satzgliedern fungieren, heißen Gliedteilsätze. Gliedsätze und Gliedteilsätze sind abhängige Sätze, die Teile von übergeordneten Sätzen, den Träger- oder Matrixsätzen, bilden. Sie werden nach der syntaktischen Funktion klassifiziert. abhängige Sätze Gliedsätze Gliedteilsätze = Attributsätze Ergänzungssätze Angabesätze Eine andere Einteilungsmöglichkeit wird durch die Art der Einleitung und die damit zusammenhängende Position des Verbs begründet. 6.Die Mitteilungsstruktur des Satzes Das Verfahren der Umstellprobe könnte den Eindruck erwecken, als sei die Reihenfolge der Satzglieder beliebig. Tatsächlich ist aber in jedem Satz im Text eine bestimmte Reihenfolge gegeben, die nicht zufällig ist, sondern Ausdruck der Mitteilungsstruktur und so zu der Bedeutung des Satzes beiträgt. In dem Text von Peter BICHSEL gibt es Sätze, die diese Mitteilungsstruktur in sehr einfacher Form zeigen: Er wohnt in einer kleinen Stadt, […] Er trägt einen grauen Hut […] und er hat einen dünnen Hals […]. In diesen Sätzen wird mit dem Personalpronomen er auf den am Anfang eingeführten alten Mann Bezug genommen; er ist das nun bekannte Thema, über ihn erfolgen weitere Mitteilungen, die alle neue Informationen enthalten, wie insbesondere an den unbestimmten Artikel (einer, einen) sichtbar wird. 8. Analysebeispiel In dem Text von Peter BICHSEL lässt sich folgender Satz abgrenzen: - und das Besondere war, dass das alles dem Mann plötzlich gefiel. Anstelle des Anschlusses mit Gedankenstrich wäre auch ein Satzanschluss mit Punkt und Großschreibung am Anfang (Und…) denkbar. Der Satz enthält zwei Verbformen: war und gefiel, die einen Aufbau des ganzen Satzes aus zwei Teilsätzen anzeigen. Die Konjunktion dass bezeichnet syntaktische Unterordnung und ist typisch als Einleitewort abhängiger Sätze. Wenn der dass-Satz untergeordnet ist, muss er Teil des Trägersatzes sein. Die Umstellprobe und die Ersatzprobe haben ihn in Abschnitt 5. bereits als Satzglied erwiesen: -und dass das alles dem Mann plötzlich gefiel, war das besondere. -und das war das besondere. Die Konjunktion und lässt sich nicht umstellen, sie ist kein Satzglied, sondern verbindet hier lediglich den Satz mit dem vorhergehenden Text. Das Verb sein (in der Form war) wird in dem Satz zweiwertig verwendet; beide Ergänzungen stehen im Nominativ, wobei eine der anderen prädikativ zugeordnet ist: S V (war) E[Nom präd]E[Nom] das das Besondere Die Nominativ-Ergänzung ist selbst satzförmig und kann zunächst getrennt analysiert werden: Umstellproben: das alles gefiel dem Mann plötzlich dem Mann gefiel das alles plötzlich plötzlich gefiel dem Mann das alles Weglassprobe: dem Mann gefiel das alles [DEL: plötzlich :DEL] → dem Mann gefiel das alles Verbvalenz: gefallen E[Nom] E[Dat] plötzlich ist Temporalangabe. Satzstruktur: S V (gefiel) E[Dat ]E[Nom ]A[temp] dem Mann das alles plötzlich Bei der Darstellung des ganzen Satzes wird die Darstellung des abhängigen Satzes in die des übergeordneten eingefügt: Und dass das alles dem Mann plötzlich gefiel, war das Besondere. S [ ]V (war) [ ] E[Nom präd]E[Nom ] = S (dass) V (gefiel) A[temp ]E[Dat ]E[Nom] plötzlich dem Mann das alles Bei umfangreicheren Sätzen wird diese verbreitete Art der Darstellung in sog. Strukturbäumen oder Baumgraphen schnell unübersichtlich. Dann erweist sich die folgende Form als vorteilhafter: -und das Besondere war das, dass das alles dem Mann plötzlich gefiel,. das Besondere war das E[Nom ] – E[dat ]– A[temp] – V Erg.-Satz mit dass präd E[Nom ] – V – E[Nom ]= dass-Satz S und [ ] das alles dem Mann plötzlich gefiel Bei dieser Darstellung werden die Satzglieder hintereinander notiert, die Gefügestruktur wird mit den Kästen graphisch veranschaulicht, was besonders bei Satzgefügen mit vier, fünf oder noch mehr Teilsätzen hilfreich ist. Ein weiterer Vorteil dieser Darstellung liegt darin, dass hier die Reihenfolge der Satzglieder abgebildet werden kann. Sie besitzt auch syntaktische Funktion und ist deshalb bei der Satzanalyse zu berücksichtigen. Die bei den Strukturbäumen explizit mögliche Veranschaulichung der Dependenz geht hier natürlich verloren; die Dependenz steckt hier in der Bezeichnung der Satzglieder als E = Ergänzung und A = Angabe. WEITERFÜHRENDE ERLÄUTERUNGEN ZU NEBENSÄTZEN: Morphosyntaktische Klassifikation der Nebensätze Was die morphosyntaktische Gestalt der Nebensätze angeht, sind zwei Aspekte von besonderer Bedeutung: die Einleitung des Nebensatzes und die Stellung des finiten Verbs. Zunächst einmal können Nebensätze eingeleitet wie in (1) - (4) oder nicht-eingeleitet wie in (5) und (6) sein: (1) Eine Tatsache ist, dass Versprechen seltener gehalten als gegeben werden. (2) Das Problem war gelöst, als man sich traf. (3) Niemand verstand, was mit dieser Behauptung gemeint war. (4) Die Erwartungen, die wir hegten, wurden enttäuscht. (5) Man befürchtet, die Aktien fallen schneller als erwartet. (6) Hätte man noch darauf zu hoffen gewagt, wäre die Entscheidung anders ausgefallen. Nicht-eingeleitete Nebensätze können Verbzweitsätze wie (5) oder Verberstsätze wie (6) sein. In der Regel sind Nebensätze aber eingeleitet und damit fast immer Verbletztsätze. Sie können nach ihren Einleitungselementen klassifiziert werden. Bei den Einleitungselementen sind zu unterscheiden: * Subjunktoren wie in (1) und (2) * W/D-Elemente wie (3) und (4) Subjunktoren erfüllen im Nebensatz keine syntaktische Funktion einer primären (Satzglieder) oder sekundären Komponente ( Attribute, vgl. http://hypermedia.ids-mannheim.de/call/public/sysgram.ansicht?v_typ=d&v_id=1950). Als Subjunktoren treten einfache und komplexe Elemente auf. Die meisten Subjunktoren sind einfache Elemente der entsprechenden Wortklasse (wie dass, ob, wenn, während, weil, vgl. Subjunktor). Als komplexe Subjunktoren können bestimmte feste Verbindungen betrachtet werden: * Präposition + einfacher Subjunktor wie anstatt dass, ohne dass * Adverb + einfacher Subjunktor wie sodass, insofern (als), insoweit (als) und * Partikel + einfacher Subjunktor wie zumal (da) Hinzu kommen einige noch komplexere Verbindungen wie Partizip II (+ Korrelat/Komplement) + dass wie vorausgesetzt, dass angenommen, dass gesetzt den Fall, dass abgesehen davon, dass und die erstarrte satzförmige Floskel es sei denn, dass. Auf dem Wege zur Grammatikalisierung als Subjunktor sind Verbindungen aus Präpositionalphrase + dass wie unter der Voraussetzung/Annahme, dass unter der Bedingung, dass im Falle, dass für den Fall, dass Man beachte auch, dass hier in einigen Fällen statt eines Subjunktorsatzes mit dass auch ein Verbzweitsatz folgen kann: angenommen/vorausgesetzt/im Fall, er kommt. Nebensätze mit W/D-Elementen enthalten als Einleitungselement: * ein W-Pronomen wie wer, was, welcher * ein W-Adverb wie wann, wie, wo * ein W-Präpositionaladverb wie wodurch, wofür, womit * eine Form des D(emonstrativ)-Pronomens (traditionell: Relativpronomens) der/die/das Im Gegensatz zu Subjunktoren fungieren W/D-Elemente als primäre oder sekundäre Komponenten des Nebensatzes, das heißt, sie sind Komplemente (Ergänzungen), Supplemente (Angaben, Adverbialbestimmungen) oder Attribute . Die einen marginalen Typ darstellenden Einleitungselemente von Proportionalsätzen so und je (z. B. So nett er ist, so schwierig ist er /Je älter sie wurde, desto ruhiger wurde sie) sind Teile einer Adjektivphrase und insofern Teile von Teilen des Untersatzes. Hier bedingen die Nebensatzeinleiter obligatorisch das Vorkommen eines Korrelates im Obersatzrest (so...so, je...desto/umso), sodass man von einer zweiteiligen Verknüpfung sprechen kann. Derartige Sonderfälle werden in der folgenden Abbildung nicht berücksichtigt. Abbildung: Morphosyntaktische Gestalt der Nebensätze © IDS Mannheim. Zuletzt geändert am 29.04.2011 11:34. ________________________________ [1] Kopf Thematisch verwandte Bezeichnungen: * Kern * Nukleus Als Kopf bezeichnet man den Kern einer Phrase, d. h. einer Wortgruppe aus einem oder mehreren Elementen, die funktional zusammen gehören, aufeinander folgen, zusammen verschiebbar sind und kein finites Verb enthalten. Der Kopf bildet das strukturelle und funktionale Zentrum der Wortgruppe, indem er die Formmerkmale anderer Elemente der Wortgruppe steuern kann. Bsp: das alte Haus, völlig verrückt, am alten Marktplatz In den obigen Beispielen steuert das Nomen Haus das Genus Neutrum von Artikel und Adjektiv, die Präposition an den Kasus Dativ von Nomen und Adjektiv. Die Wortart des Kopfs gibt der gesamten Wortgruppe ihren Namen. Nominalphrase: das alte Haus Pronominalphrase: er mit seinen Hirngespinsten Präpositionalphrase: am alten Marktplatz Adjunktorphrase: wie ein Therapeut Adjektivphrase: recht berühmt Adverbphrase: knapp daneben